Tribologie und Schmierungstechnik
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expert verlag Tübingen
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2018
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JungkHighspeed Aufnahmen an drehenden Wälzlagern zur kinematischen Untersuchung des WEC-Wälzlagerschadens
0201
2018
Manuel Zuercher
Jonas Feuerecker
Benjamin Pohrer
Walter Holweger
Christian Späth
Volker Knöthig
Eberhard Schlücker
White Etching Cracks werden derzeit in der Fachwelt intensiv diskutiert. Deren endgültige Ursache ist noch nicht gefunden. Dabei gibt es sehr viele Ansätze, die eine mögliche Erklärung für diese Gefügeveränderung geben. In dieser Arbeit wird die Kinematik von Lagern unter WEC kritischen Bedingungen mit Hilfe von Highspeed Aufnahmen betrachtet. Zudem wird die Schmierstoffverteilung untersucht, um diese mit der WEC Entstehung in Zusammenhang zu bringen.
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Aus der Praxis für die Praxis 1 Einleitung: Bei White Etching Cracks (WEC) handelt es sich um Gefügeveränderungen, die schon nach relativ kurzer Betriebszeit im Gefüge unterhalb der Laufbahnoberfläche auftreten können. Im Schliffbild erscheinen Sie als weit verzweigte weiße Rissnetzwerke (Bild 1). Zur Schädigung der Lager kommt es, sobald diese Strukturen die Oberfläche erreichen, wodurch große Stücke aus den Laufflächen oder den Kugeln ausbrechen und schlagartig zum Totalausfall der Lager führen können. In den letzten Jahren sind diese unkonventionellen Frühermüdungserscheinungen in verschiedenen Anwendungen aufgetreten. Unter anderem sind Lager in Windkraftanlagen verstärkt betroffen. So zeigt eine Statistik des National Renewable Energy Laboratory (NREL), dass 76 % der Getriebeausfälle in Windkraftanlagen auf Lagerausfälle infolge von Axialrissen oder White Etching Cracks zurückzuführen sind. Diese Statistik basiert auf Untersuchungen aus den Jahren 2009 bis 2015 und berücksichtigt 750 Getriebeschäden [1],[2]. Bis heute kann das Auftreten von WEC mit keinem klassischen Berechnungsverfahren für die theoretische Lebensdauer von Lagern vorhergesagt werden. Die resultierenden Ausfälle der Lager treten oft vor dem Ende der theoretischen berechneten Lebensdauer auf. Beispielhaft sind Wälzlager in Windkraftanlagen auf eine Lebenszeit von 20 Jahre ausgelegt, wovon viele nur einen Bruchteil dieser Zeit, teilweise unter einem Jahr erreichen [3]. 48 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 * Manuel Zuercher M.Sc. 1 , Jonas Feuerecker M.Sc. 1 , Dr. Ing. Benjamin Pohrer 1 , Prof. Dr. Walter Holweger 2 , Dr. Christian Späth 3 , Dr. Volker Knöthig 3 , Prof. Dr. Ing. Eberhard Schlücker 1 1 Lehrstuhl für Prozessmaschinen und Anlagentechnik, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen-Nürnberg. 2 Schaeffler Technologies AG & Co. KG, 91074 Herzogenaurach 3 TUNAP Industrie Chemie GmbH & Co. Produktions KG, 82515 Wolfratshausen Highspeed Aufnahmen an drehenden Wälzlagern zur kinematischen Untersuchung des WEC-Wälzlagerschadens M. Zuercher, J. Feuerecker, B. Pohrer, W. Holweger, C. Späth, V. Knöthig, E. Schlücker* Bild 1: White Etching Crack White Etching Cracks werden derzeit in der Fachwelt intensiv diskutiert. Deren endgültige Ursache ist noch nicht gefunden. Dabei gibt es sehr viele Ansätze, die eine mögliche Erklärung für diese Gefügeveränderung geben. In dieser Arbeit wird die Kinematik von Lagern unter WEC kritischen Bedingungen mit Hilfe von Highspeed Aufnahmen betrachtet. Zudem wird die Schmierstoffverteilung untersucht, um diese mit der WEC Entstehung in Zusammenhang zu bringen. Schlüsselwörter Kugellager; White Etching Crack; Ölvolumenstrom; Schlupf; Highspeed Videoaufnahmen; Elektrische Zusatzlast White Etching Cracks still are an intensely discussed topic among experts. Due to a wide range of possible explanations, there is no final answer to the question why this structural change appears. In this work, bearings which are running under WEC conditions are filmed by a high speed camera to investigate the bearing kinematics. Additionally, the lubricant distribution in the bearing is also examined and brought into connection to the WEC development. Keywords Ball bearing; White Etching Crack; Lubricant volume flow; Slip; high-speed recording; electric load Kurzfassung Abstract T+S_1_18 06.12.17 12: 20 Seite 48 Aus der Praxis für die Praxis Aufgrund der anhaltenden Aktualität des Sachverhalts haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten viele Institutionen intensiv mit White Etching Cracks beschäftigt, mit dem Ziel einerseits die Ursachen der Gefügeveränderungen zu ermitteln und andererseits Möglichkeiten der Schadensprävention zu erarbeiten. Ein Konsens ist leider in keinem der beiden Bereiche festzustellen, weswegen weiterhin in jede Richtung geforscht wird. Einzig die Tatsache, dass es sich um kein klassisches Schadensbild handelt, konnte bisher deutlich aufgezeigt werden [3]. Ein kürzlich veröffentlichtes Review von M.-H. Evans fasst viele der am stärksten diskutierten Theorien zusammen und zeigt anschaulich verschiedene Ansatzpunkte auf, die sich zu der Thematik entwickelt haben. Einer der am meist diskutierten Hypothesen geht davon aus, dass die Gefügeveränderungen durch atomaren Wasserstoff hervorgerufen werden. Eine andere Theorie geht von Mikrorissen an der Oberfläche aus, die sich im Gefüge ausbreiten und erst in tieferen Bereichen zu größeren WEC-Rissen werden [2],[4]. Neben dem Entstehungsmechanismus unterhalb der Oberfläche steht auch der Einfluss von äußeren Parametern wie angreifende Kräfte, Schlupf, Schmiermittelzusammensetzungen oder andere zusätzliche Belastungen im Fokus der Forschung. So haben Untersuchungen gezeigt, dass bestimmte Additive Gefügeveränderungen veranlassen können [2][4]. Auch die Gegenwart elektrischer Entladungen im Kontaktbereich des Lagers scheint Einfluss auf die Entstehung zu besitzen [2]. Diese Entladungen entstehen, da sich ähnlich wie in einem Kondensator die Wälzkörper und die Laufflächen elektrisch aufladen können. Das Schmiermittel erfüllt die Funktion eines Dielektrikums. Diese Aufladungen können entweder extrinsisch durch Elektromotoren, Turbinen oder Blitzschlag entstehen, oder intrinsisch durch die Reibung im Lager [5]. Im Speziellen, kann Schlupf bei der intrinsischen Aufladung eine große Rolle spielen. 2 Materialien und Methoden Zur Untersuchung der Lagerkinematik wurde der Wälzlagerprüfstand (Bild 2) des Lehrstuhls für Prozessmaschinen und Anlagentechnik eingesetzt, mit dem bereits Untersuchungen im Zusammenhang mit den White Etching Cracks durchgeführt wurden [6]. Die Lager befinden sich im Inneren einer Druckkammer, die mit bis zu 5 bar Überdruck beaufschlagt werden kann. Die Versuche dieser Arbeit wurden jedoch bei Umgebungsdruck durchgeführt. Bei den verwendeten Lagern handelt es sich um Rillenkugellager vom Typ 6203. Obwohl es sich bei den Lagern um Radiallager handelt, werden sie in diesem Prüfstand axial vorgespannt. Dies ist aufgrund der Lagerbauweise problemlos möglich. Die axiale Vorspannkraft bei den WEC-Versuchen wurde zwischen 1100 N und 2200 N aufgebracht. Ist bei dieser Anlage die Kraft geringer, haben die Wälzkörper zu viel Spiel, ist sie größer wird die Belastungsgrenze der Lager überschritten und es kommt, aufgrund von Überlast, zu klassischen Frühausfällen. Die Versorgung mit Schmierstoff erfolgt über eine Umlaufschmierung. Durch eine Zahnradpumpe, die Volumenströme zwischen 0,1 ml min -1 und 144 ml min -1 realisieren kann, wird das Öl aus dem Sumpf abgezogen und zu der Lagerstelle transportiert. Auf dem Weg durchfließt es einen Coriolis-Massendurchflussmesser der den genauen Volumenstrom während der Versuche aufzeichnet. Die Welle wird über einen Servomotor angetrieben, mit welchem sich Drehzahlen von 50 bis 5500 Umdrehungen pro Minute realisieren lassen. Als Schmiermittel wurde ein legiertes teilsynthetisches Schaltgetriebeöl verwendet. Eine Besonderheit des Prüfstands ist die Möglichkeit über eine Gleichstromquelle eine elektrische Zusatzlast aufzubringen [5],[6]. Ein weiteres Merkmal ist die optische Zugänglichkeit des vorderen Lagers durch ein Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 49 Abbildung 2: Schematische Darstellung des Wälzlagerprüfstandes Die Lager befinden sich im Inneren einer Druckkammer, die mit bis zu 5 bar Überdruck beaufschlagt werden kann. Die Versuche dieser Arbeit wurden jedoch bei Umgebungsdruck durchgeführt. Bei den verwendeten Lagern handelt es sich um Rillenkugellager vom Typ 6203. Obwohl es sich bei den Lagern um Radiallager handelt, werden sie in diesem Prüfstand axial vorgespannt. Dies ist aufgrund der Lagerbauweise problemlos möglich. Die axiale Vorspannkraft bei den WEC- Versuchen wurde zwischen 1100 N und 2200 N aufgebracht. Ist bei dieser Anlage die Kraft geringer, haben die Wälzkörper zu viel Spiel, ist sie größer wird die Belastungsgrenze der Lager überschritten und es kommt, aufgrund von Überlast, zu klassischen Frühausfällen. Die Versorgung mit Schmierstoff erfolgt über eine Umlaufschmierung. Durch eine Zahnradpumpe, die Volumenströme zwischen 0,1 ml min -1 und 144 ml min -1 realisieren kann, wird das Öl aus dem Sumpf abgezogen und zu der Lagerstelle transportiert. Auf dem Weg durchfließt es einen Coriolis- Massendurchflussmesser der den genauen Volumenstrom während der Versuche aufzeichnet. Die Welle wird über einen Servomotor angetrieben, mit welchem sich Drehzahlen von 50 bis 5500 Umdrehungen pro Minute realisieren lassen. Als Schmiermittel wurde ein legiertes teilsynthetisches Schaltgetriebeöl verwendet. Eine Besonderheit des Prüfstands ist die Möglichkeit über eine Gleichstromquelle eine elektrische Zusatzlast aufzubringen [5],[6]. Ein weiteres Merkmal ist die optische Zugänglichkeit des vorderen Lagers durch ein Quarzglasfenster. Dadurch ist es möglich, mit einer High-Speed-Kamera die Bewegung des Lagers zu filmen, um diese und die Schmiermittelverteilung zu analysieren. Bei der verwendeten High-Speed- Kamera handelt es sich um eine Photron Fastcam SA-X2. 3 Bestimmung von Schlupfzuständen Bei Schlupf handelt es sich im Allgemeinen um die Charakterisierung von Translations- und Rotationsanteilen zweier sich aufeinander drehender Körper. Ist der Schlupf klein oder gleich Null walzen beide Körper aufeinander mit der gleichen Lagerwelle Dosierpumpe Vorlagebehälter Kugellager Kugellager Ölsumpf Sichtfenster Druckbehälter Motor Massendurchflussmesser DC Highspeed Kamera Bild 2: Schematische Darstellung des Wälzlagerprüfstandes T+S_1_18 06.12.17 12: 20 Seite 49 Aus der Praxis für die Praxis Quarzglasfenster. Dadurch ist es möglich, mit einer High-Speed-Kamera die Bewegung des Lagers zu filmen, um diese und die Schmiermittelverteilung zu analysieren. Bei der verwendeten High-Speed-Kamera handelt es sich um eine Photron Fastcam SA-X2. 3 Bestimmung von Schlupfzuständen Bei Schlupf handelt es sich im Allgemeinen um die Charakterisierung von Translations- und Rotationsanteilen zweier sich aufeinander drehender Körper. Ist der Schlupf klein oder gleich Null walzen beide Körper aufeinander mit der gleichen Oberflächengeschwindigkeit. Ist die Geschwindigkeit unterschiedlich kommt es zu einer Gleitbewegung der beiden Körper zueinander und der Schlupf nimmt zu [7]. Im Wälzlager können prinzipiell zwei Fälle von Schlupf unterschieden werden. Zum einen der Mikroschlupf, dieser tritt bei allen Rollbewegungen auf und beschreibt einen kreisförmigen Bereich um die Kontaktzone der Reibpartner in welchem es immer zu Gleitbewegungen kommt. Zum anderen der Wälzkörperschlupf, der oft nur als Schlupf oder Käfigschlupf bezeichnet wird. In diesem Fall gleitet der gesamte Wälzkörper über die Laufbahn, ohne abzurollen [7]. In dieser Arbeit wird ausschließlich diese Art des Schlupfs behandelt. Um eine Aussage darüber treffen zu können, ob Schlupf für die Entstehung des WEC-Schadens ursächlich ist, wurden unter verschiedenen Bedingungen Highspeed Aufnahmen durchgeführt. Bild 3 zeigt exemplarisch ein Bild einer solchen Aufnahme. Die Kugeln und der Käfig sind deutlich zu erkennen. Während der Versuche hat sich eine Aufnahmerate von 13500 Bildern pro Sekunde als ausreichend erwiesen, um die kinematischen Daten herausarbeiten zu können. Da über die Videoaufnahmen die Geschwindigkeit der Kugeln für die Schlupfberechnung nicht bestimmt werden kann, wird an deren Stelle die Käfiggeschwindigkeit gemessen. Diese gemessene Geschwindigkeit, kann anschließend mit der theoretisch berechneten Käfiggeschwindigkeit, die von einem optimalen Abrollvorgang ausgeht, verglichen werden. Ist eine Abweichung vorhanden, ist Schlupf im Lager vorhanden. Dabei kann die Käfiggeschwindigkeit langsamer oder schneller als der theoretische Wert sein. Im Folgenden werden nun die bei verschiedenen Parametern gemessenen und theoretisch berechneten Käfigdrehzahlen gegenübergestellt. Über Formel (1) kann die Käfiggeschwindigkeit bei feststehendem Außenring berechnet werden [8]. (1) n k = Käfigdrehzahl [min -1 ] n i = Drehzahl Innenring [min -1 ] D w = Wälzkörperdurchmesser [m] D T = Teilkreisdurchmesser [m] α = Betriebsdruckwinkel Zunächst wurden bei einem Volumenstrom von 20 ml min -1 verschiedene Drehzahlen angefahren. Die Ergebnisse sind in Bild 4 dargestellt. Die durchgezogene Linie ist die lineare Regression aus den Messergebnissen, die gestrichelte entspricht den berechneten Werten. Es zeigt sich, dass mit steigender Drehzahl die Differenz zwischen theoretischer und gemessener Drehzahl zunimmt, allerdings nur in einem sehr geringen Maße. 50 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 Bild 3: Highspeed Aufnahme Zunächst wurden bei einem Volumenstrom von 20 ml min -1 verschiedene Drehzahlen angefahren. Die Ergebnisse sind in Abbildung 4 dargestellt. Abbildung 4: Käfigdrehzahl in Abhängigkeit von der Innenringdrehzahl Die durchgezogene Linie ist die lineare Regression aus den Messergebnissen, die gestrichelte entspricht den berechneten Werten. Es zeigt sich, dass mit steigender Drehzahl die Differenz zwischen theoretischer und gemessener Drehzahl zunimmt, allerdings nur in einem sehr geringen Maße. Dies könnte auf einen minimal erhöhten Schlupf am Außenring bei höheren Drehzahlen hindeuten. Wird als Nächstes die Abhängigkeit von Schlupf und Axialkraft bei 4500 min -1 betrachtet, zeigt sich das in Abbildung 5 dargestellte Verhalten. Zunächst wurden bei einem Volumenstrom von 20 ml min -1 verschiedene Drehzahlen angefahren. Die Ergebnisse sind in Abbildung 4 dargestellt. Abbildung 4: Käfigdrehzahl in Abhängigkeit von der Innenringdrehzahl Die durchgezogene Linie ist die lineare Regression aus den Messergebnissen, die gestrichelte entspricht den berechneten Werten. Es zeigt sich, dass mit steigender Drehzahl die Differenz zwischen theoretischer und gemessener Drehzahl zunimmt, allerdings nur in einem sehr geringen Maße. Dies könnte auf einen minimal erhöhten Schlupf am Außenring bei höheren Drehzahlen hindeuten. Wird als Nächstes die Abhängigkeit von Schlupf und Axialkraft bei 4500 min -1 betrachtet, zeigt sich das in Abbildung 5 dargestellte Verhalten. 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 5000 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 Käfigdrehzahl in min -1 Drehzahl Innenring in min -1 Berechnete Käfigdrehzahl Gemessene Käfigdrehzahl Bild 4: Käfigdrehzahl in Abhängigkeit von der Innenringdrehzahl T+S_1_18 06.12.17 12: 20 Seite 50 Aus der Praxis für die Praxis Dies könnte auf einen minimal erhöhten Schlupf am Außenring bei höheren Drehzahlen hindeuten. Wird als Nächstes die Abhängigkeit von Schlupf und Axialkraft bei 4500 min -1 betrachtet, zeigt sich das in Bild 5 dargestellte Verhalten. Es ist zu erkennen, dass im Zusammenhang mit einer Steigerung der Axialkraft ebenfalls die gemessene Käfigdrehzahl minimal ansteigt. Über den gesamten Bereich ist die berechnete Drehzahl wieder etwas kleiner als die Gemessene. Im Folgenden wird die Veränderung der Käfigdrehzahl in Abhängigkeit vom Ölvolumenstrom bei 4500 min -1 und 1500 N Axialkraft betrachtet (Bild 6). Ähnlich wie beim Axialkrafteinfluss liegt hier die gemessene Käfigdrehzahl über der berechneten. Der Einfluss der Änderung des Ölvolumenstroms ist größtenteils zu vernachlässigen, da nur eine minimale Änderung der gemessenen Käfigdrehzahl erfolgt. Um zu beurteilen, ob Schlupf bei diesen Untersuchungen zur WEC-Entstehung beiträgt, ist nachfolgender Zusammenhang wichtig. Der White Etching Crack Schaden tritt bei dem verwendeten Prüfstand-Setup nur bei einer zusätzlichen elektrischen Belastung mit dauerhaften elektrischen Entladungen durch das Lager [5] und einem Volumenstrom unter 15 ml min -1 auf. Er erscheint aber bei allen eingestellten axialen Vorspannungen, die axiale Vorspannung beeinflusst nur die Zeit bis es zum Ausbruch kommt. Bisher wurden in diesem Zusammenhang lediglich Versuche bei 4500 min -1 durchgeführt, daher kann über die WEC-Drehzahlabhängigkeit noch keine Aussage getroffen werden. Werden diese Erkenntnisse mit den kinematischen Untersuchungen verbunden, zeigt sich, dass Schlupf keinen direkten Einfluss auf die Schadensentstehung hat. Lediglich die Axialkraft hat einen geringen Einfluss, welcher aber in Bezug auf WECs nur sekundär zur Rissbildung beiträgt. Da weiterhin keine Veränderung durch Zu- oder Abschalten der elektrischen Zusatzbelastung zu erkennen war, kann Schlupf als Hauptursache bei diesem Versuchsaufbau für die WEC-Entstehung ausgeschlossen werden. Bei anderen Prüfständen könnte ein größerer Schlupf, wie er beispielsweise bei Tonnenlagern vorkommt, die elektrostatische Aufladung erhöhen und so die hier extern aufgebrachte elektrische Belastung ersetzen. 4 Die Schmierstoffverteilung im Wälzlager Neben den kinematischen Parametern ermöglichen die Highspeed Aufnahmen eine Betrachtung der Schmierstoffverteilung im Wälzlager. Die Aufnahmen veranschaulichen, wie der Schmierstoff von den Wälzkörpern aufgenommen wird (Bild 7). Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 51 Bild 5: Veränderung der Käfigdrehzahl mit steigender Axialkraft Bild 6: Veränderung der Käfigdrehzahl mit steigendem Volumenstrom Bild 7: Aufnahme des Öls durch den Wälzkörper Abbildung 5: Veränderung der Käfigdrehzahl mit steigender Axialkraft Es ist zu erkennen, dass im Zusammenhang mit einer Steigerung der Axialkraft ebenfalls die gemessene Käfigdrehzahl minimal ansteigt. Über den gesamten Bereich ist die berechnete Drehzahl wieder etwas kleiner als die Gemessene. Im Folgenden wird die Veränderung der Käfigdrehzahl in Abhängigkeit vom Ölvolumenstrom bei 4500 min -1 und 1500 N Axialkraft betrachtet (Abbildung 6). Abbildung 6: Veränderung der Käfigdrehzahl mit steigendem Volumenstrom Ähnlich wie beim Axialkrafteinfluss liegt hier die gemessene Käfigdrehzahl über der berechneten. Der Einfluss der Änderung des Ölvolumenstroms ist größtenteils zu 1000 1250 1500 1750 2000 2250 2500 2750 3000 1650 1675 1700 1725 1750 1775 1800 1825 1850 Gemessene Käfigdrehzahl Käfigdrehzahl in min -1 Axialkraft in N Berechnete Käfigdrehzahl Abbildung 5: Veränderung der Käfigdrehzahl mit steigender Axialkraft Es ist zu erkennen, dass im Zusammenhang mit einer Steigerung der Axialkraft ebenfalls die gemessene Käfigdrehzahl minimal ansteigt. Über den gesamten Bereich ist die berechnete Drehzahl wieder etwas kleiner als die Gemessene. Im Folgenden wird die Veränderung der Käfigdrehzahl in Abhängigkeit vom Ölvolumenstrom bei 4500 min -1 und 1500 N Axialkraft betrachtet (Abbildung 6). Abbildung 6: Veränderung der Käfigdrehzahl mit steigendem Volumenstrom Ähnlich wie beim Axialkrafteinfluss liegt hier die gemessene Käfigdrehzahl über der berechneten. Der Einfluss der Änderung des Ölvolumenstroms ist größtenteils zu 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 1650 1675 1700 1725 1750 1775 1800 1825 1850 Käfigdrehzahl in min -1 Volumenstrom in ml min -1 Gemessene Käfigdrehzahl Berechnete Käfigdrehzahl T+S_1_18 06.12.17 12: 20 Seite 51 Aus der Praxis für die Praxis An dieser Aufnahme bei einem Volumenstrom von 3 ml min -1 zeigt sich, dass selbst bei geringem Ölvolumenstrom genug Schmierstoff vorhanden ist, um die Kugeln komplett zu benetzen. Somit wären laut Literatur die Lager ausreichend geschmiert [9]. Neben diesen Beobachtungen kann die Verteilung des Öls im Lagerumfang betrachtet werden. Hier sind zwei Effekte zu erkennen. Dazu gehört die Ausbildung eines Ölfilms zwischen Käfig und Lauffläche. Dies geschieht, da eine gewisse Menge an Schmierstoff von den Wälzkörpern mitgezogen wird und sich im Schmierspalt umlaufend um das gesamte Lager verteilt. Sobald die Menge an Schmiermittel nicht mehr ausreicht, um diesen Ölfilm aufrecht zu erhalten, kommt es an der entsprechenden Stelle oft zum Abreißen des Ölfilms und zum Heraustragen von Öltröpfchen (Bild 8). Der zweite Effekt, welcher beobachtet wurde, ist der Aufbau eines Öl-Rings am Außenring selbst. Dieser Ring überdeckt den zuvor genannten Effekt. In Bild 9 ist die Ausbildung 52 Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 Bild 8: Abreißen des Ölfilms zwischen Käfig und Wälzkörper Bild 9: Ausdehnung des Ölrings am Außenring in Abhängigkeit des Ölvolumenstroms; links oben: 3 ml min -1 , rechts oben: 7 ml min -1 , links unten: 14 ml min -1 , rechts unten: 45 ml min -1 T+S_1_18 06.12.17 12: 20 Seite 52 Aus der Praxis für die Praxis dieses Rings bei vier verschiedenen Volumenströmen dargestellt. Zu erkennen ist, dass sich dieser Ölfilm am Außenring mit steigendem Volumenstrom immer weiter ausbreitet und sich stabilisiert. In Bild 10 ist diese umlaufende Ausbreitung in Abhängigkeit vom Volumenstrom nochmals dargestellt. Es ist zu erkennen, dass der Ölfilm bei einem Volumenstrom von etwa 18 ml min -1 vollständig ausgebildet ist und einen geschlossenen Ring bildet. Erst ab dieser Schmiermittelmenge ist also genug Schmierstoff für die Entwicklung dieses Ölrings vorhanden. Wird der Zusammenhang der Entstehung von WECs mit einbezogen, korreliert dieses Phänomen direkt mit der Ausbildung des beobachteten Schmierzustandes. Bei niedrigerem Öl-Volumenstrom kommt es nicht zu der Ausbildung des geschlossenen Schmiermittelringes um den gesamten Umfang des Lagers. Dies bedeutet, dass an vielen Stellen das Schmiermittel länger verweilt, wodurch Additive eine längere Zeit haben, um zu reagieren. Dadurch können ungewünschte Nebenreaktionen auftreten, die zu der Bildung der White Etching Cracks beitragen könnten. Um dies verifizieren zu können, müssen noch weitere Versuche mit anderen Ölen und bei weiteren Parametern durchgeführt werden. Literatur [1] U.S. Department of National Renewable Energy Laboratory (NREL), “Statistics show bearing problems cause the majority of wind turbine gearbox failures,” 2015. [Online]. Available: http: / / energy.gov/ eere/ wind/ articles/ statisticsshow-bearingproblems-cause-majority-windturbine-gearbox-failures. [2] M.-H. Evans, “An updated review: white etching cracks (WECs) and axial cracks in wind turbine gearbox bearings,” Mater. Sci. Technol., vol. 0836, no. March, pp. 1-37, 2016. [3] J. Luyckx, “Hammering wear impact fatigue hypothesis WEC/ irWEA failure mode on roller bearings,” Wind turbine Tribol. Semin., 2011. [4] W. Holweger, M. Wolf, D. Merk, T. Blass, M. Goss, J. Loos, S. Barteldes, and A. Jakovics, “White Etching Crack Root Cause Investigations,” Tribol. Trans., vol. 58, no. 1, pp. 59-69, 2015. [5] B. Pohrer, M. Zuercher, S. Tremmel, S. Wartzack, and E. Schlücker, “Einfluss des tribochemischen Schichtaufbaus auf die Ausbildung elektrisch induzierter Wälzlagerschäden,” in GfT - Gesellsschaft fur Tribologie - Tribologie- Fachtagung, 2015. [6] B. Pohrer, M. Zuercher, W. Holweger, Y. Korth, M. Wolf, M. Goss, and E. Schlücker, “In situ IR-Spektroskopie an elektrisch beanspruchten Wälzlagern für White Etching Crack-Untersuchungen,” in GfT - Gesellsschaft fur Tribologie - Tribologie-Fachtagung, 2013. [7] H. Czichos, K. H. Habig, J. P. Celis, R. S. Cowan, K. Gerschwiler, A. Fischer, E. Santner, and M. Woydt, Tribologie-Handbuch: Tribometrie, Tribomaterialien, Tribotechnik. Vieweg+Teubner Verlag, 2010. [8] J. Brändlein, Ed., Die Wälzlagerpraxis : Handbuch für die Berechnung und Gestaltung von Lagerungen, 2. ed. Mainz: Vereinigte Fachverl., 2009. [9] Schaeffler Technologies AG & Co. KG, Schmierung von Wälzlagern. 2013. Tribologie + Schmierungstechnik 65. Jahrgang 1/ 2018 53 Bild 10: Verteilung des Ölfilms um den Lagerumfang Sobald die Menge an Schmiermittel nicht mehr ausreicht, um diesen Ölfilm aufrecht zu erhalten, kommt es an der entsprechenden Stelle oft zum Abreißen des Ölfilms und zum Heraustragen von Öltröpfchen (Abbildung 8). Der zweite Effekt, welcher beobachtet wurde, ist der Aufbau eines Öl-Rings am Außenring selbst. Dieser Ring überdeckt den zuvor genannten Effekt. In Abbildung 9 ist die Ausbildung dieses Rings bei vier verschiedenen Volumenströmen dargestellt. Zu erkennen ist, dass sich dieser Ölfilm am Außenring mit steigendem Volumenstrom immer weiter ausbreitet und sich stabilisiert. In Abbildung 10 ist diese umlaufende Ausbreitung in Abhängigkeit vom Volumenstrom nochmals dargestellt. Abbildung 10: Verteilung des Ölfilms um den Lagerumfang Es ist zu erkennen, dass der Ölfilm bei einem Volumenstrom von etwa 18 ml min -1 vollständig ausgebildet ist und einen geschlossenen Ring bildet. Erst ab dieser Schmiermittelmenge ist also genug Schmierstoff für die Entwicklung dieses Ölrings vorhanden. Wird der Zusammenhang der Entstehung von WECs mit einbezogen, korreliert dieses Phänomen direkt mit der Ausbildung des beobachteten Schmierzustandes. Bei niedrigerem Öl-Volumenstrom kommt es nicht zu der Ausbildung des geschlossenen Schmiermittelringes um den gesamten Umfang des Lagers. Dies bedeutet, dass an vielen Stellen das Schmiermittel länger verweilt, wodurch Additive eine längere Zeit haben, um zu reagieren. Dadurch können ungewünschte Nebenreaktionen auftreten, die zu der Bildung der White Etching Cracks beitragen könnten. Um dies verifizieren zu können, müssen noch weitere Versuche mit anderen Ölen und bei weiteren Parametern durchgeführt werden. 0 10 20 30 40 50 60 0 40 80 120 160 200 240 280 320 360 Ölfilm in ° Volumenstrom in ml min -1 Ölfilm zwischen Käfig und Lauffläche Ölfilm am Außenring Umzug oder Adressenänderung? Bitte T+S nicht vergessen! Wenn Sie umziehen oder Ihre Adresse sich aus sonstigen Gründen ändert, benachrichtigen Sie bitte auch den expert verlag. expert@expertverlag.de | Tel: (07159) 9265-0 | Fax (07159) 9265-20 T+S erreicht Sie dann ohne Verzögerung und ohne unnötigen Aufwand. Danke, dass Sie daran denken. T+S_1_18 06.12.17 12: 20 Seite 53
