eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 65/3

Tribologie und Schmierungstechnik
tus
0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
0601
2018
653 Jungk

Untersuchung der Auswirkungen von leitenden und nichtleitenden Schmierfetten auf die Oberflächeneigenschaften bei spannungsbeaufschlagten Wälzlagern

0601
2018
Dani Bechev
Timo Kiekbusch
Benjamin Radnai
Bernd Sauer
Im Rahmen dieses Beitrags werden Untersuchungen zu den Auswirkungen von isolierenden und leitfähigen Schmierfetten auf die Oberflächen von spannungsbeaufschlagten Wälzlagern vorgestellt. Bei alleiniger Variation des Schmierfettes bei ansonsten identischen Last- und Versuchsbedingungen wurde bei einigen Lagern Krater- und bei anderen Riffelbildung auf den Laufbahnoberflächen festgestellt. Es wurden Schmierfette mit unterschiedlichen Grundölen und Verdickern bei EDM-Strömen untersucht, um den Stromdurchgang im Lager und die daraus resultierenden Oberflächenveränderungen zu analysieren. Die Laufbahnoberflächen wurden nach den Versuchen vermessen. Auf Basis der 3D-Oberflächenkenngrößen und der gemessenen und ausgewerteten elektrischen Parameter (EDM-Spannungsamplitude, EDM-Stromamplitude und EDM-Anzahl) konnte ein Zusammenhang zwischen Schmierstoffart, Oberflächenmodifikation und elektrischen Kenngrößen erkannt werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen helfen bei der Bewertung von Schadensmechanismen in spannungsbeaufschlagten Kontaktstellen in Wälzlagern und zeigen die Auswirkungen des Schmierstoffes auf die Entwicklung der Laufbahnoberflächen.
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Aus Wissenschaft und Forschung 5 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Einleitung Im Bereich der Bahntechnik, Fahrzeugtechnik, Elektromobilität und Nutzfahrzeugtechnik sowie in vielen anderen Sektoren, in denen drehzahlvariable, umrichtergespeiste Elektromotoren und Generatoren eingesetzt werden, steigt die Anzahl der elektrischen Aggregate und dadurch die Anzahl der durch Stromdurchgang verursachen Schäden in Wälzlagern. Dieses Problem betrifft sowohl die metallischen Lagerbauteile als auch die Schmierstoffe. Zur Ansteuerung der elektrischen Antriebe werden Frequenzumrichter eingesetzt, die durch hohe Untersuchung der Auswirkungen von leitenden und nichtleitenden Schmierfetten auf die Oberflächeneigenschaften bei spannungsbeaufschlagten Wälzlagern D. Bechev, T. Kiekbusch, B. Radnai, B. Sauer* Eingereicht: 19. 11. 2017 Nach Begutachtung angenommen: 15. 1. 2018 Im Rahmen dieses Beitrags werden Untersuchungen zu den Auswirkungen von isolierenden und leitfähigen Schmierfetten auf die Oberflächen von spannungsbeaufschlagten Wälzlagern vorgestellt. Bei alleiniger Variation des Schmierfettes bei ansonsten identischen Last- und Versuchsbedingungen wurde bei einigen Lagern Krater- und bei anderen Riffelbildung auf den Laufbahnoberflächen festgestellt. Es wurden Schmierfette mit unterschiedlichen Grundölen und Verdickern bei EDM-Strömen untersucht, um den Stromdurchgang im Lager und die daraus resultierenden Oberflächenveränderungen zu analysieren. Die Laufbahnoberflächen wurden nach den Versuchen vermessen. Auf Basis der 3D-Oberflächenkenngrößen und der gemessenen und ausgewerteten elektrischen Parameter (EDM-Spannungsamplitude, EDM-Stromamplitude und EDM-Anzahl) konnte ein Zusammenhang zwischen Schmierstoffart, Oberflächenmodifikation und elektrischen Kenngrößen erkannt werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen helfen bei der Bewertung von Schadensmechanismen in spannungsbeaufschlagten Kontaktstellen in Wälzlagern und zeigen die Auswirkungen des Schmierstoffes auf die Entwicklung der Laufbahnoberflächen. Schlüsselwörter Schädlicher Stromdurchgang im Wälzlager, Riffelbildung, EDM-Ströme, Oberflächenanalyse Within this article, the effects of insulating and conductive greases on the surface of a current-loaded rolling bearing were investigated. After carrying out tests under constant load and test conditions with only variation of the lubricating grease, some bearings showed cratering and others ripples on the raceways. Lubricants with different base oils and thickeners in EDM currents were tested to analyze the current flow in the bearing and the resulting surface modifications. The raceway topologies were measured after the tests. On the basis of the 2D and 3D surface characteristics and the measured and evaluated electrical parameters (EDM voltage amplitude, EDM current amplitude and number EDM), a relation between the type of lubricant, surface modification and electrical parameters could be recognized. The results of the investigations allow for the evaluation of damage mechanisms in current-exposed rolling contacts and show the effects of the lubricant on the evolution of the raceway topologies. Keywords Insulating and conductive greases, current-loaded rolling bearings, ripples Kurzfassung Abstract * M.Sc. Dani Bechev Dr.-Ing. Timo Kiekbusch (Robert Bosch GmbH) Dr.-Ing. Benjamin Radnai (Stadler Service AG) Prof. Dr.-Ing. Bernd Sauer Technische Universität Kaiserslautern Lehrstuhl für Maschinenelemente und Getriebetechnik 67663 Kaiserslautern T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 5 risiert ist und es fließt kein hoher Strom. Bei einem Durchschlag ist ein Spannungszusammenbruch zu erkennen und es fließt hoher Entladestrom im Kontakt. Bekannte strombedingte Schäden sind Kraterbildung auf der Lagerlaufbahn, Riffelbildung quer zur Laufbahn und Verbrennung des Schmierstoffes in der Kontaktzone zwischen Wälzkörper und Laufbahn. Am Lehrstuhl für Maschinenelemente und Getriebetechnik (MEGT) der TU Kaiserslautern wurde ein Prüfstand entwickelt und aufgebaut, der es gestattet, die elektrischen Bedingungen bei definierten Versuchsrandbedingungen im Wälzkontakt gezielt einzustellen. Mit dem neu entwickelten Prüfaufbau ist es erstmals gelungen, die elektrisch-physikalischen Bedingungen im Wälzkontakt, die Rolle des Schmierstoffes und der Schmierfilmdicke für den Stromdurchgang mit Blick auf den einzelnen Kontakt zu erforschen. [6], [7] Zielsetzung Im Rahmen dieses Beitrags wurden einerseits die Auswirkungen von isolierenden und leitfähigen Schmierfet- Aus Wissenschaft und Forschung 6 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Schaltfrequenzen ihrer Halbleiterelemente von über 10 kHz eine Gleichtaktspannung (engl. common mode voltage u com ) durch Überlagerung dreier pulsweitenmodulierter Rechteckspannungsverläufe erzeugen. Bedingt durch die schnellen Schaltvorgänge der in den Umrichtern verwendeten Bipolartransistoren mit isoliertem Gate (IGBT) entstehen steile Spannungssprünge an den Taktflanken. Durch den sehr schnellen Spannungswechsel ergeben sich hohe Gradienten in der Ausgangsspannung des Umrichters. [1], [2], [3] Dadurch entstehen parasitäre Spannungen und Lagerströme, die Lagerschäden und Schmierstoffschäden verursachen. Dies führt zu unerwünschten Lager- und Getriebebzw. Maschinenausfällen. Die auftretenden Lagerströme können dabei in kapazitive Umladeströme, Entladeströme (EDM - „electrical discharge machining“), Rotor-Erd-Ströme und Zirkular-Lagerströme unterteilt werden. [4], [5] EDM-Ströme treten auf, wenn der trennende Schmierfilm zwischen Wälzkörper und Laufbahn die am Lager anliegende parasitäre Spannung nicht mehr halten kann und es zu einem Durchschlag kommt. [1] Im Normalfall baut sich eine Spannung auf, die durch ihren typischen Verlauf (drei Stufen hoch, drei Stufen runter) charakte- Tabelle 1: Verwendete Schmierfette im Rahmen dieser Untersuchung Fett Drehzahluntere obere Grundöl- Grundöl- Walkpene- Grundöl Verdicker leitfähig kennwert Gebrauchs- Gebrauchsviskosität viskosität tration d*nm temperatur temperatur DIN51562 DIN51562 DIN ISO 2137 [mm/ min] [mm 2 / s] [mm 2 / s] [0,1 mm] bei ca. 40 °C bei ca. 100°C 1 1 000 000 -50 °C 180 °C 55 9 265-295 PAO/ Ester Polyharnstoff nein 2 1 000 000 -45 °C 180 °C 72 9,5 250-280 Esteröl Polyharnstoff nein 3 500 000 -35 °C 140 °C 82 12,5 250-265 synth. Lithium- Kohlenspezialwasserstoff/ seife Mineralöl ja 4 1 000 000 -40 °C 180 °C 90 9 265-295 PAO/ Ester Polyharnstoff ja 5 600 000 -50 °C 150 °C 100 14,5 265-295 synth. Lithium- Kohlenseife wasserstoff nein 1 000 000 -40 °C 200 °C 130 20 240-270 PFPE, PTFE, Esteröl Polyharnstoff nein 7 500 000 -30 °C 160 °C 165 18 265-295 Mineralöl, Polyharnsynth. stoff Kohlenwasserstoff nein 8 600 000 -50 °C 260 °C 190 34 265-295 PFPE PTFE nein 9 - -20 °C 130 °C 220 19 285-315 Mineralöl Bariumkomplexseife nein 10 300 000 -40 °C 260 °C 420 40 265-295 PFPE PTFE nein Fett 1 2 3 4 5 7 8 9 - 10 leitfä fä f hig Gru ru r ndöl- Wa Wa W lkp kp k ene- Gru ru r ndöl Ve Ve V rdicker viskosität tration DIN51562 DIN ISO 2137 [mm 2 / s] [0,1 mm] bei ca. 100°C Gru ru r ndölviskosität DIN51562 [mm 2 / s] bei ca. 40 °C obere Gebrauchstemperatu tu t r Drehzahluntere kennwert Gebrauchsd*nm temperatu tu t r [mm/ min] T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 6 ten auf die Oberflächenveränderungen von spannungsbeaufschlagten Wälzlagern untersucht. Dazu kommen Schmierfette mit unterschiedlichen Grundölen und Verdickern bei Betriebsbedingungen mit EDM-Lagerströmen zum Einsatz. Andererseits wurde untersucht, was für eine Auswirkung die Schmierstoffvariation auf die Riffelbildung im Wälzlager hat. Durch Untersuchung des Temperaturverhaltens der verwendeten Schmierfette (s. Tabelle 1 ) bei Kurzzeitversuchen und dadurch Variation der Schmierfilmdicke wurde untersucht, wie sich das Lager und der Schmierstoff bei EDM-Strömen verhalten. Durch Dauerversuche wurde das Langzeitverhalten des Schmierstoffes und des Lagers analysiert. Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu ermöglichen, wurden die Versuche unter konstanten Last- und Versuchsbedingungen bei alleiniger Variation des Schmierfettes durchgeführt. Auf Basis der 3D-Oberflächenkenngrößen und der gemessenen und ausgewerteten elektrischen Parameter (EDM-Spannungsamplitude, EDM- Stromamplitude und EDM-Anzahl) wurden die Zusammenhänge zwischen Schmierstoffart, Oberflächenmodifikation und elektrischen Kenngrößen analysiert. Verwendete Prüftechnik Im Versuchsfeld des MEGT wurden mehrere Prüfstände zur Untersuchung des schädlichen Stromdurchgangs im Wälzlager aufgebaut. Diese Prüfstände lassen sich in den mechanischen und den elektrischen Aufbau untergliedern (s. Bild 1 ). Mit den Prüfständen können die Auswirkungen der Einflussparameter Kraft, Drehzahl, Temperatur, Strom, Spannung, Schaltfrequenz und Drehfrequenz des Umrichters auf die sich ausbildenden Lagerströme über einen definierten Strompfad durch das Lager untersucht werden. Untersuchte Schmierfette Um die Auswirkungen von isolierenden und leitfähigen Schmierfetten auf die Oberflächenveränderung der spannungsbeaufschlagten Wälzlager zu untersuchen, wurden Schmierfette mit unterschiedlichen Grundölen und Verdickern untersucht, von denen zwei elektrisch leitfähig sind. Die übrigen sind elektrisch isolierend. Die grundlegenden Schmierstoffdaten können Tabelle 1 entnommen werden. Aus Wissenschaft und Forschung 7 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Bild 1: Prüfstand zur Untersuchung des schädlichen Stromdurchgangs im Wälzlager, linksmechanischer Aufbau, rechtselektrischer Aufbau T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 7 durch die Common-Mode-Spannung U CM [6]. Nach der ersten Messung wurde die Wasserkühlung abgestellt. Um die Lagertemperatur kontinuierlich und gezielt zu erhöhen wurde eine Heizmanschette verwendet. Die Wärmezufuhr erfolgte entweder bis ein kontinuierlicher Strom zwischen dem Außen- und Innenring des Prüflagers floss und keine Spannung mehr aufgebaut werden konnte (Übergang zur Mischreibung) oder die Außenringtemperatur des Prüflagers 90 °C erreicht hatte. Bei jeder Temperaturerhöhung des Prüflageraußenringes um 0,25 °C erfolgte eine Messung von Lagerspannung und strom. Für jedes der zehn Schmierfette wurde ein Dauerversuch ohne Vorkonditionierung bei Last von 100 N durchgeführt. Bei Vorversuchen wurde festgestellt, dass bei geringer Last die Wahrscheinlichkeit der Riffelbildung höher wird. Die Versuchsdauer lief über 120 h. Die Spannung wurde von Beginn an angelegt. In 15 Minuten Intervallen erfolgte eine Messung der Strom- und Spannungsverläufe am Prüflager. Nach Ablauf der 120 h wurde der Versuch beendet. Die Dauerversuche sollten den realen Gebrauch der Wälzlager in einer E-Maschine abbilden. Aus diesem Grund wurde die Temperatur der Wälzlager nicht reguliert und die Lager wurden bei ihrer Behaarungstemperatur von ca. 50 °C am Innenring und ca. 35 °C am Außenring betrieben. Die Werte für die Drehzahl, axiale Kraft, fiktive Drehfrequenz und die Schaltfrequenz wurden so gewählt, dass eine möglichst schnelle Riffelbildung infolge von EDM-Strömen produziert wird. Diese Versuchsbedingungen wurden bei einigen Voruntersuchungen als schädigend identifiziert. Das Ziel der Dauerversuche lag darin, die Auswirkungen von Schmierfetten unterschiedlicher Zusammensetzung auf EDM-Ströme und die Entstehung von Riffel zu untersuchen. Durch die Wahl geeigneter Parameter wurde die Wahrscheinlichkeit für die Bildung von Riffel auf dem Lageraußenring infolge von EDM-Durchschlägen erhöht. Auswertung der Prüfstandsversuche Die Auswertung der durchgeführten Messungen der Temperaturversuche und der Dauerversuche erfolgte über eine am MEGT in Labview ® selbstprogrammierte Software. Diese wurde im Rahmen des FVA-Forschungsprojekts FVA 650/ I „Untersuchung des Schädigungsmechanismus und der zulässigen Lagerstrombelastung von (isolierten) Wälzlagern in E-Motoren und Generatoren verursacht durch parasitäre hochfrequente Lagerströme“ erstellt [6], [7]. Zur Auswertung der Messungen wurden Lagerspan- Aus Wissenschaft und Forschung 8 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Prüfstandsversuche und Versuchsbedingungen Es wurden kurzzeitige Temperaturversuche und Dauerversuche mit Schrägkugellagern 7305B durchgeführt und ausgewertet. Die Lager wurden rein axial belastet, um eine gleichmäßige Lastverteilung und Schmierfilmdicke über den Lagerumfang und damit alle Wälzkörper zu realisieren. Last und Drehzahl sind bei allen Temperaturversuchen identisch. Bei den Dauerversuchen wurden ebenfalls gleiche Versuchsbedingungen eingestellt. Die Versuchsbedingungen sind in Tabelle 2 zusammengestellt. Vor jedem Versuch wurde der Schmierstoff zunächst 24 Stunden ohne Bestromung vorkonditioniert. Dies diente dazu, das Fett zu homogenisieren und die durch die Befüllung vorhandene Luft aus dem Fett zu verdrängen. Neben der Fettverteilung im Lager ändern sich in dieser Einlaufphase auch die elektrischen Eigenschaften des Schmierfetts, beispielsweise die Dielektrizitätskonstante ε r . Wie auch in [8] beschrieben wird die Einlaufphase genutzt, um die anschließenden Untersuchungen bei möglichst konstanten Fetteigenschaften durchführen zu können. Die Temperaturkurzversuche erfolgten nach dem Vorkonditionieren des Schmierstoffes. Prüfstand und Prüflager wurden zunächst mit Hilfe einer Wasserkühlung auf ca. 17 °C - 20 °C gekühlt. Während der Abkühlung waren die Lager in Betrieb weiterhin ohne Bestromung. Sobald das Prüflager abgekühlt war, wurde die Common-Mode-Spannung U CM angelegt und mit der Messung begonnen. Diese Spannung wird durch den elektrischen Aufbau des Prüfstandes erzeugt und ist ähnlich, wie die Common-Mode-Spannung, die zur Ansteuerung eines elektrischen Antriebes notwendig ist. Die am Lager angelegte Spannung entspricht der Lagerspannung U b , die sich in der realen elektrischen Maschine einstellt. Über das „Bearing Voltage Ratio“ BVR wird die über das Lager abfallende Spannung beschrieben. Das BVR charakterisiert den kapazitiven Spannungsteiler des E- Motors und ist gleich der Lagerspannung U b geteilt Tabelle 2: Versuchsbedingungen bei Vorkonditionierung, Temperaturversuchen und Dauerversuchen Vorkonditio- Temperatur- Dauernierung versuch versuch Drehzahl n / min -1 1000 1000 1000 Temperatur T/ °C Beharrungsca. 20°C bis 90°C Beharrungstemperatur temperatur Axiale Vorspannkraft F a / N 600 500 100 Versuchsdauer t / h 24 Individuell, ca. 8 120 Angelegte Spannung U b / V 0 20 60 Fiktive Drehfrequenz f rot / Hz 0 25 25 Schaltfrequenz f s / kHz 0 10 16 Drehzahl n / min -1 Te Te T mperatu tu t r T/ °C Axiale Vo Vo V rspannkraft ft f F a F a F / N / N / Ve Ve V rsuchsdauer t / h Angelegte Spannung U b U b U / V 0 Fiktive Drehfr fr f equenz f r f r f o ro r t / Hz 0 Schaltfr fr f equenz f s f s f / kHz 0 Dauerversuch Te Te T mperaturversuch Vo Vo V rkonditionierung T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 8 Bei den Dauerversuchen wurde alle 15 Minuten ein Messblock (mit drei Aufzeichnungen) aufgezeichnet. Für die Auswertung wurden die Spannungs- und Stromergebnisse sortiert und statistisch verarbeitet. Es wurde für jeden Betriebspunkt die EDM-Anzahl N-, die mittlere EDM Lagerspannungsamplitude U L - und die mittlere EDM Lagerstromamplitude i L - ermittelt. Für jede dieser Größen wurde das arithmetische Mittel gebildet und ebenfalls der Vollschmierungszeitanteil ermittelt. Auswertung der Oberflächen der untersuchten Wälzlager Nach der Durchführung jedes Dauerversuches wurden die Laufbahnoberflächen der Außenringe untersucht. Dafür wurde das 3D-Messgerät „NanoFocus - µSurf explorer“ am Lehrstuhl für Messtechnik und Sensorik der TU Kaiserslautern verwendet. Mit diesem Messgerät können Analysen der 3D-Struktur, Schichtdicken und Geometriemessungen durchgeführt werden. [9] Nach den Oberflächenmessungen erfolgt die Charakterisierung der Oberflächen durch 2D (Ra, Rq und Rz) und 3D-Kenngrößen (Sk, Spk, Svk, Vm, Vv, Sa, Sq, Sz, Sal, Str). Ergebnisse der durchgeführten Temperaturversuche In Bild 3 ist die durchschnittliche EDM-Anzahl pro Sekunde über den Temperaturbereich von 20 °C bis 80 °C für die verschiedenen Schmierstoffe aufgetragen. Die grauen Linien im Hintergrund stellen die Messdaten dar. Pro Schmierfett wird eine geglättete Kurve dargestellt. Zu erkennen sind große Differenzen in der absoluten EDM-Anzahl und in der Temperaturabhängigkeit. Da die Versuche unter identischen Bedingungen durchgeführt wurden, sind die Ergebnisse mit der unterschiedlichen Zusammensetzung der Schmierfette zu begründen. Diese Ergebnisse zeigen, dass abhängig von den Einsatzbedingungen des Wälzlagers die richtige Wahl des Schmierstoffes dazu führen kann, dass EDM-Ströme vermieden werden können. Bei den Fetten 3 und 4 wurden keine EDM-Ströme erkannt, da diese Fette elektrisch leitfähig sind, deswegen sind diese auf Bild 3 und Bild 4 nicht dargestellt. Aus Wissenschaft und Forschung 9 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 nungs- und Lagerstromwerte aufgezeichnet. Die Auswertungsmethode ist in Bild 2 grafisch dargestellt. Bei den Temperaturversuchen wurden fünf aufeinanderfolgende Messungen für jeden Betriebspunkt aufgezeichnet. Ein solcher Messblock erfolgte nach jeder Temperaturerhöhung um 0,25 °C. Für jeden Betriebspunkt wurden folgende Parameter bestimmt: • Durchschnittliche EDM-Anzahl N- • Durchschnittliche EDM-Lagerspannungsamplitude (U L --) • Durchschnittliche EDM-Lagerstromamplitude (i L --) Für jeden dieser Parameter wurde jeweils das arithmetische Mittel gebildet. Überdies wurde der Vollschmierungszeitanteil für jeden Messblock berechnet. Dieser gibt in Prozent an, wie lange sich das Lager durchschnittlich von der Gesamtmesszeit je Betriebspunkt in der Vollschmierung befindet. Umladesowie Entladeströme werden dabei als vollschmierungsbedingte Lagerströme gezählt. Aus dem Verhältnis der Taktflanken der Common-Mode-Spannung zur Anzahl der vollschmierungsbedingten Stromereignisse kann der zeitliche Vollschmierungsanteil bestimmt werden. Bild 3: Ergebnisse der durchgeführten Temperaturversuche bei F a = 500 N, U b = 20 V, f rot = 25 Hz, f s = 10 kHz, die grauen Kurven im Hintergrund zeigen die ausgewerteten Messwerte, die Kurven für Fett 1 bis Fett 10 zeigen die geglätteten Messwerte Bild 2: Auswertemethode für die Erkennung von Lagerströmen bei Temperaturversuchen und Dauerversuchen [6], [7] T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 9 Untersucht wurden die Kernrauheit Sk, Spitzenhöhe Spk und Riefenhöhe Svk, aufgetragen auf die linke y-Achse. In Bild 5 ist die Grundölviskosität bei 40 °C für jedes Schmierfett auf die rechte y-Achse aufgetragen. Als Indikator für die Strombelastung der untersuchten Wälzla- Aus Wissenschaft und Forschung 10 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 In Bild 4 ist der aus den elektrischen Messdaten berechnete Vollschmierungszeitanteil für die verschiedenen Schmierfette dargestellt. Diese Kenngröße zeigt, wann das untersuchte Wälzlager in Vollschmierung war und bei welcher Temperatur der Übergang zur Mischreibung stattfindet. Da die verwendeten Schmierstoffe unterschiedliche Grundöle, Verdicker und herstellerspezifische Additive haben, ergeben sich unterschiedliche Temperaturbereiche, in denen die Lager in Vollschmierung und in Mischreibung sind. Dabei ist zu beachten, dass natürlich auch eine Veränderung der Oberflächenrauheit Einfluss auf den Schmierungszustand des Lagers hat. Ergebnisse der Dauerversuche und der Oberflächenuntersuchungen In Bild 5 sind die Ergebnisse der durchgeführten Dauerversuche und der ausgewerteten Oberflächen dargestellt. Bild 4: Vollschmierungszeitanteil bei den durchgeführten Temperaturversuchen Bild 5: Ergebnisse der Oberflächenuntersuchungen: Kernrauheit (grau), Riefentiefe (dunkelgrau) und Spitzenhöhe (schwarz), auf die linke y-Achse, bei zehn spannungsbeaufschlagten Wälzlagern, nicht gelaufenes Referenzlager und gelaufenes, nicht bestromtes Referenzlager; Grundölviskosität bei 40 ° C (volle Linie mit Punkt) auf die rechte y-Achse und skalierte durchschnittliche EDM-Anzahl pro Sekunde (gestrichelte Linie mit Punkt) auf die rechte y-Achse; Bildaufnahmen der Wälzlageraußenringe (1 bis 10), bei 2, 4 und 8 graue Laufspur und keine Riffelbildung, bei 3, 5 und 6 graue Laufspur und leichte Riffelbildung, 1, 7, 9 ,10 stark ausgeprägte Riffelbildung. T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 10 ger dient die skalierte durchschnittliche EDM-Anzahl pro Sekunde. Die ausgewerteten Werte der durchschnittlichen EDM-Anzahl pro Sekunde wurden mit dem Faktor 0,1 multipliziert und lassen sich in dieser Form besser in Bild 5 darstellen. In Bild 5 sind zehn Bildaufnahmen (1-10) der Außenringe der untersuchten Wälzlager dargestellt. Die Bildaufnahmen zeigen, dass bei den Lagern mit Fett 2, 4, 8 keine Riffelbildung zu erkennen ist. Eine graue Laufspur kann deutlich erkannt werden. Bei Fett 3, 5 und 6 ist die graue Laufspur sichtbar und es kann ein Anfangsstadium der Riffelbildung erkannt werden. Bei Fett 1, 7, 9 und 10 werden eindeutig Riffeln erkannt. Die Untersuchung der Oberfläche zeigt, dass die Werte für Sk, Spk und Svk mit Erhöhung der Grundölviskosität des Schmierfettes (bei 40 °C) steigen. Diese Ergebnisse zeigen, dass mehr höhere Rauheitsspitzen im Kontakt entstanden sind und sich viele tiefe Krater auf die Oberflächen gebildet haben. Bei den Lagern mit Riffelbildung ist das sichtbar. Zusammenfassung und Ausblick Im Rahmen dieses Beitrages wurde gezeigt, dass die Auswahl des Schmierstoffes eine wesentliche Auswirkung auf das elektrische Verhalten und auf die Oberflächenveränderung des Lagers hat. Das Verhalten von zehn Schmierfetten in spannungsbeaufschlagten Wälzlagern, mit angelegter Lagerspannung, wurde durch kurzzeitige Temperaturversuche bei Lagerspannung U b = 20 V und Dauerversuche bei U b = 60 V untersucht. Die Temperaturversuche zeigen, dass es Temperaturbereiche und Schmierfilmdickenbereiche gibt, bei denen keine EDM-Ströme erkannt werden und dass es Bereiche mit sehr hoher EDM-Anzahl gibt. Bei den untersuchten, elektrisch leitfähigen Schmierfetten wurden keine EDM-Durchschläge erkannt, da die metallischen Bauteile des Lagers über den Schmierstoff elektrisch leitend verbunden sind. Die Untersuchung des realen Einsatzes der Wälzlager und der Schmierfette durch Dauerversuche hat gezeigt, dass bei einigen Versuchen keine Riffelbildung zu erkennen ist, sondern nur eine graue Laufspur. Zu erkennen ist eine Übergangsphase von grauer Laufspur zur Riffelbildung. Bei einigen Lagern wurde sehr starke Riffelbildung beobachtet. Mit Erhöhung der Grundölviskosität des Schmierfettes sind die Oberflächen rauer geworden. Das zeigen die Oberflächenuntersuchungen nach jedem Dauerversuch, charakterisiert durch Erhöhung der Kernrauheit, Spitzenhöhe und Riefentiefe. Grund dafür kann die höhere Durchschlagsspannung sein, die notwendig ist, um den höheren Schmierfilm bei höherer Viskosität durchzuschlagen. Es kann die Tendenz erkannt werden, dass mit Erhöhung der Grundölviskosität die Riffelbildung stärker ausgeprägt ist. Es konnte nicht belegt werden, ob die elektrisch leitfähigen Schmierfette zur Reduzierung der Riffelbildung führen können. Bei einem der beiden elektrisch leitfähigen Schmierfetten wurde leichte Riffelbildung erkannt und beim anderen nur eine breite graue Laufspur, was zeigt, dass durch das Wälzlager Strom geflossen ist. Literatur [1] Radnai, B.; Kiekbusch, T.; Sauer B.: Schmierfilmdickenabhängige Entladevorgänge in stromobelasteten Wälzlagern. In: ant Journal, Nr. 3 (2014), S. 22-27. [2] Radnai, B.; Kiekbusch, T.; Sauer B.: Einfluss der Schmierfilmdicke auf den Stromdurchgang an Wälzlagern, Bd. 2257. In: VDI-Fachtagung Gleit- und Wälzlagerungen 2015. Gestaltung, Berechnung, Einsatz, 2015 (VDI Berichte, 2257), S. 91-103. [3] Gemeinder, Y.; Schuster M.; Radnai B.; Sauer B.; Binder A.: Calculation and validation of a bearing impedance model for ball bearings and the influence on EDM-currents, XXI International Conference on Electrical Machines (ICEM´2014), Berlin, (2014), S. 1798-1804. [4] Muetze, A.: Bearing Currents in Inverted-FED AC-Motors, Dissertation, TU Darmstadt, 2003. [5] Wittek, E.; Kriese, M.; Tischmacher, H.; Gattermann, S.; Ponick, B.; Poll, G.: Capacitances and lubricant film thicknesses of motor bearing under different operating conditions, XIX International Conference on Electrical Machjines (ICEM), Rom, 2010. [6] Radnai, B.; Gemeinder, Y.; Sauer, B.; Binder, A.: Schädlicher Stromdurchgang, Untersuchung des Schädigungsmechanismus und der zulässigen Lagerstrombelastung von (isolierten) Wälzlagern in E-Motoren und Generatoren verursacht durch parasitäre hochfrequente Lagerströme, FVA Forschungsvorhaben Nr. 650 I, Heft 1127, 2015. [7] Radnai, Wirkmechanismen bei spannungsbeaufschlagten Wälzlagern, Dissertation, Maschinenelemente und Getriebetechnik Berichte, Band 20/ 2016, Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. Bernd Sauer, Kaiserslautern, 2016. [8] Baly, H.: Reibung fettgeschmierter Wälzlager; Dissertation, Universität Hannover, 2005. [9] Wiehr, C.; Seewig, J.: 3D-Kenngrößen nach ISO 2578, Arbeitskreis 3D-Rauheitsmesstechnik, Online verfügbar unter: http: / / ak-rauheit.de/ files/ 3D%20Kenngr%F6% DFen.pdf; 2014. Aus Wissenschaft und Forschung 11 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Aktuelle Informationen über die Fachbücher zum Thema „Tribologie“ und über das Gesamtprogramm des expert verlags finden Sie im Internet unter www.expertverlag.de Anzeige T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 11