Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
0601
2018
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JungkEinfluss triboinduzierter Schichten auf Schäden und Reibungsverhalten von Zahnrädern unter besonderer Berücksichtigung des Einlaufvorgangs – experimentelle und analytische Untersuchungen
0601
2018
Andreas Ziegeltrum
Stefan Emrich
Thomas Lohner
Klaus Michaelis
Alexander Brodyanski
Rolf Merz
Michael Kopnarski
Bernd-Robert Höhn
Karsten Stahl
Im Rahmen des DFG SPP 1551 „Ressourceneffiziente Konstruktionselemente“ wurde der Einfluss des Einlaufs und der triboinduzierten Schichten auf die Flankentragfähigkeit und das Reibungsverhalten von Zahnrädern systematisch untersucht. Für geradverzahnte Stirnräder wurden Kriterien für eine Einlaufempfehlung abgeleitet, die ohne konstruktiven Aufwand zum ressourceneffizienten Betrieb von Zahnradstufen in Getrieben beitragen. Weiterhin zeigen die Untersuchungen am Zweischeiben- und Stirnradverspannungsprüfstand gegenüber den Veränderungen der Oberflächenrauheit einen übergeordneten Einfluss der im Einlauf und Betrieb gebildeten tribo - induzierten Schichten auf die Flankentragfähigkeit und das Reibungsverhalten von Zahnrädern. Die oberflächenanalytische Charakterisierung chemischer, struktureller und mechanischer Eigenschaften der in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs entstandenen triboinduzierten Schichten liefert Erklärungsgrundlagen zur Flankentragfähigkeit und zum Reibungsverhalten.
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Aus Wissenschaft und Forschung 12 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 1 Einleitung Die Tragfähigkeit und Lebensdauer von Getrieben wird maßgeblich durch die Schadensformen Grübchen, Grauflecken, Fressen und Verschleiß bestimmt. Ein optimaler Einlauf der Zahnräder kann ohne konstruktiven Aufwand bereits zu einer wesentlichen Steigerung der Flankentragfähigkeit führen. Die initiale Betriebsphase eines Einfluss triboinduzierter Schichten auf Schäden und Reibungsverhalten von Zahnrädern unter besonderer Berücksichtigung des Einlaufvorgangs - experimentelle und analytische Untersuchungen A. Ziegltrum, S. Emrich, T. Lohner, K. Michaelis, A. Brodyanski, R. Merz, M. Kopnarski, B.-R. Höhn, K. Stahl* Eingereicht: 15. 12. 2017 Nach Begutachtung angenommen: 17. 2. 2018 Im Rahmen des DFG SPP 1551 „Ressourceneffiziente Konstruktionselemente“ wurde der Einfluss des Einlaufs und der triboinduzierten Schichten auf die Flankentragfähigkeit und das Reibungsverhalten von Zahnrädern systematisch untersucht. Für geradverzahnte Stirnräder wurden Kriterien für eine Einlaufempfehlung abgeleitet, die ohne konstruktiven Aufwand zum ressourceneffizienten Betrieb von Zahnradstufen in Getrieben beitragen. Weiterhin zeigen die Untersuchungen am Zweischeiben- und Stirnradverspannungsprüfstand gegenüber den Veränderungen der Oberflächenrauheit einen übergeordneten Einfluss der im Einlauf und Betrieb gebildeten triboinduzierten Schichten auf die Flankentragfähigkeit und das Reibungsverhalten von Zahnrädern. Die oberflächenanalytische Charakterisierung chemischer, struktureller und mechanischer Eigenschaften der in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs entstandenen triboinduzierten Schichten liefert Erklärungsgrundlagen zur Flankentragfähigkeit und zum Reibungsverhalten. Schlüsselwörter Flankentragfähigkeit, Einlauf, triboinduzierte Schichten, Oberflächenanalytik, Reibung, Fressen, Grübchen, Tribochemie Within the framework of the DFG SPP 1551 „Machine elements for resource efficiency”, the influence of running-in and tribofilms on the load carrying capacity and the friction behavior of spur gears was investigated systematically. A recommendation for the running-in of spur gears was derived, which contributes to resource efficient operation of transmissions without design effort. Investigations on the twin-disk and gear test rig show a superordinate influence of tribofilms over surface roughness changes on the friction and damage behavior of gears. Surface analyses of chemical, structural and mechanical properties of tribofilms, which are mainly determined by interactions of lubricant and surface, provide explanatory approaches for friction behavior and load carrying capacity. Keywords Load carrying capacity, running-in, tribofilms, surface analysis, friction, scuffing, pitting, tribochemistry Kurzfassung Abstract * Andreas Ziegltrum, M. Sc. 1 Stefan Emrich, Dr.-Ing. 2 Thomas Lohner, Dr.-Ing. 1 Klaus Michaelis, Dr.-Ing. 1 Alexander Brodyanski, Dr. rer. nat. 2 Rolf Merz, Dr.-Ing., Dr. rer. nat. 2 Michael Kopnarski, Prof. Dr. rer. nat. 2 Bernd-Robert Höhn, Prof. Dr.-Ing. 1 Karsten Stahl, Prof. Dr.-Ing. 1 1 Lehrstuhl für Maschinenelemente FZG - Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau Technische Universität München, 85748 Garching 2 Institut für Oberflächen- und Schichtanalytik IFOS Technischen Universität Kaiserslautern 67663 Kaiserslautern T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 12 tribologischen Systems unterliegt einer Konditionierung, bei der sich die Funktionsflächen an die tribologische Belastung anpassen. Untersuchungen zeigen häufig einen deutlichen Einfluss des Einlaufs auf Flankentragfähigkeit und Reibungsverhalten von Zahnrädern [1][2][3][4][5][6][7]. Neben der reinen Glättung der Oberflächenrauheit, kann die Ausbildung von triboinduzierten Schichten (im Folgenden Triboschichten genannt) während des Einlaufs das Reibungs- und Schadensverhalten deutlich beeinflussen [8]. Durch die hohe Leistungsdichte in Getrieben werden Zahnräder vermehrt in Misch- und Grenzschmierung betrieben, wo der Schmierstoff und insbesondere Schmierstoffadditive maßgeblich Einfluss nehmen. Triboschichten bilden sich der Vorstellung nach vor allem an Festkörperkontakten. Deren Aufbau wird häufig in Bereiche mechanischer, mechanisch-chemischer und chemischer Wechselwirkung unterteilt [9][10]. Oberflächenaktive Schmierstoffadditive können mit der Oberfläche Bindungsmechanismen über Physorption, Chemisorption oder chemische Reaktion eingehen [11]. Bekannte Prinzipien bei der Bildung von Triboschichten sind Reaktionsschichten und Auftragsschichten [12]. Bekannte Gruppen von oberflächenaktiven Schmierstoffadditiven sind u. a. Antiwear und Extreme Pressure Additive sowie Friciton Modifier. Unter tribologischer Belastung entstehende triboinduzierte Schichten können das Reibungsverhalten und Schadensverhalten von Verzahnungen maßgeblich beeinflussen [13][14][15][16][17] [18][7][19][20]. Im Rahmen der ersten Förderperiode des DFG SPP 1551 „Ressourceneffiziente Konstruktionselemente“ lag der Untersuchungsfokus auf dem Einfluss des Einlaufs auf das Reibungs- und Schadensverhalten von Zahnrädern. Da die Veränderung der Oberflächengestalt während des Einlaufs keine eindeutige Erklärungsgrundlage für die beobachtete Beeinflussung der Flankentragfähigkeit und des Reibungsverhaltens darstellte, wurde dies auf den dominanten Einfluss des Schmierstoffs und der gebildeten Triboschichten zurückgeführt. Deshalb lag der Untersuchungsfokus der zweiten Förderperiode auf systematischen Modell- und Komponentenuntersuchungen zur Ausbildung und Entwicklung von Triboschichten. Die entsprechenden oberflächenanalytischen Untersuchungen wurden beim Projektpartner am Institut für Oberflächen- und Schichtanalytik (IFOS) in Kaiserslautern durchgeführt. In Kooperation mit dem Institut für Maschinenkonstruktion (IMK) in Magdeburg wurden Simulationen des geschmierten Kontaktes durchgeführt, sodass übergeordnet die Bereiche Beanspruchung, Beanspruchbarkeit und Oberflächenanalytik gemeinsam adressiert werden können. 2 Untersuchungen mit Fokus auf das Einlaufverhalten In Förderperiode I wurden zunächst Modelluntersuchungen zum Einlaufverhalten am FZG-Zweischeibenprüfstand durchgeführt. Die anknüpfenden experimentellen Untersuchungen zum Reibungs- und Schadensverhalten von Zahnrädern bilden die Grundlage zur Ableitung einer Einlaufempfehlung. Die Inhalte und Formulierungen dieses Abschnitts sind teilweise von Lohner [1][21][22] übernommen. Für umfassendere Ergebnisdarstellungen wird auf [1] verwiesen. 2.1 Betrachtete Prüfschmierstoffe Für die Untersuchungen am FZG-Zweischeibenprüfstand werden drei Schmierstoffe LM, LM+EP und LM+PD betrachtet ( Tabelle 1 ). Die Bezeichnung LM ( L ubricant M ineral oil) steht dabei für das nicht additivierte mineralölbasierte Grundöl. EP und PD bezeichnen ein E xtreme P ressure und P lastic D eformation Additiv. Das Grundöl LM entspricht dem Mineralöl FVA3 nach Laukotka [23]. Der verwendete Schmierstoff LM+EP wird von Laukotka [23] als FVA3A bzw. FVA3+4%A99 bezeichnet und näher spezifiziert. Das PD-Additiv entspricht dem Additivpaket eines Praxisschmierstoffs. Aus Wissenschaft und Forschung 13 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Tabelle 1: Viskositätswerte und Elementkonzentrationen der Prüfschmierstoffe (Förderperiode I) Bezeichnung LM LM+EP LM+PD Kinematische Viskosität ν(40 °C) bei 40 °C in mm 2 / s 93,1 94,1 89,7 Kinematische Viskosität ν(100 °C) bei 100 °C in mm 2 / s 10,6 10,6 10,0 Calcium Ca in mg/ kg 0 8 196 Bor B in mg/ kg 0 1 0 Zink Zn in mg/ kg 0 5 1105 Phosphor P in mg/ kg 0 661 3033 Barium Ba in mg/ kg 0 0 1 Molybdän Mo in mg/ kg 0 0 1966 Schwefel S in mg/ kg 1186 14600 5482 2.2 Untersuchungen am FZG-Zweischeibenprüfstand Der schematische Aufbau des verwendeten FZG-Zweischeibenprüfstandes ist in Bild 1 dargestellt. Die beiden Prüfscheiben werden unabhängig voneinander über zwei Drehstrommotoren und stufenlos einstellbare Reibradgetriebe angetrieben. Dabei werden die Drehzahlen der Prüfwellen und somit die Umfangsgeschwindigkeiten T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 13 tenrauwerts Ra spezifiziert, wobei die nominelle Rauheit im fertigungsfrischen Zustand Ra 0 = 0,5 µm beträgt. Die Vermessung erfolgt dabei quer zur Schliffrichtung in Umfangsrichtung der Prüfscheiben mit dem Tastschnittverfahren bei einer Taststrecke von 4,8 mm und einer Grenzwellenlänge von 0,8 mm. Jeder Versuch wird bei Linienberührung und Grenzschmierung durchgeführt. Die Betriebsbedingung wird für jeden Versuch für t = 30 min (2387 Lastwechsel der langsamer rotierenden Prüfscheibe) konstant gehalten. Im Grunde kann jeder so durchgeführte Versuch als Einlauf interpretiert werden, während dem sich die Oberflächen des tribologischen Systems anpassen und sich triboinduzierte Schichten bilden. Zur Untersuchung des Einlaufverhaltens wurde die Hertz’sche Pressung p H = {1000|1300} N/ mm 2 , die Öleinspritztemperatur ϑ Öl = {60|100} °C, die Summengeschwindigkeit v Σ = {1|2|3} m/ s und die Gleitgeschwindigkeit v g = {0,33|0,66|1,00} m/ s variiert. Bild 2 (links) zeigt für p H = 1300 N/ mm 2 , ϑ Öl = 60 °C, v Σ = 1 m/ s und v g = 0,33 m/ s die gemessenen Reibungszahlen im Vergleich der Schmierstoffe LM, LM+EP und LM+PD. Jede Messkurve wurde mit jeweils fertigungsfrischen Prüfscheiben ermittelt. Für jeden Versuch nähert sich die Reibungszahl µ, ausgehend von einem Maximalwert, einem annähernd stationären, Massentemperaturbeeinflussten Endwert an. Im Vergleich der Schmierstoffe LM, LM+EP und LM+PD ergeben sich stark unterschiedliche Reibungszahlabnahmen, wobei diese in der Reihenfolge der Schmierstoffe LM+EP, LM und LM+PD zunehmen. Bild 2 (rechts) zeigt exemplarisch gemessenen Rauheitsparameter Ra, Rpk und Rsk der Prüfscheiben vor und nach Einlauf für die Schmierstoffe LM, LM+EP und LM+PD. Jeder Messwert ist als Mittelwert von je drei Aus Wissenschaft und Forschung 14 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 der Prüfscheiben v 1 und v 2 aufgenommen. Die Normalkraft F N im Scheibenkontakt wird über eine Kraftmessdose gemessen. Durch die Abstützung des horizontal verschiebbaren Schlittens der oberen Prüfwelle über eine Kraftmessdose kann die bei Schlupf zwischen den Scheiben wirkende Reibkraft F R annähernd wegfrei gemessen werden. Die Ölversorgung wird durch Einspritzschmierung unmittelbar in das Einlaufgebiet des Scheibenkontaktes sichergestellt. Ein Ölaggregat regelt die Öleinspritztemperatur ϑ Öl auf ±1 K genau. Die zylindrischen Prüfscheiben haben einen Durchmesser von 80 mm, eine Breite von 5 mm und sind aus 16MnCr5 gefertigt und einsatzgehärtet. Die Massentemperatur der oberen Prüfscheibe wird mit einem Glaskörper-Pt100 Widerstandsthermometer 4 mm unter der Scheibenoberfläche gemessen. Die Prüfscheibenoberflächen sind in Analogie zu dem bei Verzahnungen üblichen Querschliff quer zur Umfangsrichtung geschliffen und mithilfe des arithmetischen Mit- F N Schlitten Öl-Einspritzung Schnellspanner Stellmotor Rahmen Kraftmessdose Feder Gestell Schwinge Drehpunkt Federbänder Kraftmessdose Bild 1: FZG-Zweischeibenprüfstand zur Reibungszahlmessung (schematisch) aus Lohner [1] Bild 2: Gemessene Reibungszahl µ über der Versuchszeit am FZG-Zweischeibenprüfstand (links) und Rauheitsparameter Ra, Rpk und Rsk vor und nach Einlauf der Prüfscheiben im Vergleich der Schmierstoffe LM, LM+EP und LM+PD (nach Lohner [1]) 0 5 10 15 20 25 30 0 0.02 0.04 0.06 0.08 Versuchszeit in min Reibungszahl LM LM+EP LM+PD Ra 0 ≈ 0,5 µm p H = 1300 N/ mm 2 ϑ Öl = 60 °C v Σ = 1 m/ s v g = 0,33 m/ s , , , , s | FVA3 +EP +PD -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 Ordinate in m rel,0 0.24 | Öl =60°C | v =1m/ s p H =1300N/ m m 2 | v g =0.33m / s Erklärung zur Darstellung Nach Einlauf Vor Einlauf 0 Δ Δ ΔRa ΔRpk ΔRsk , , , , , , , , , , LM LM+EP LM+PD T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 14 Tastschnittmessungen von oberer und unterer Scheibe zu verstehen. Basierend darauf, und stützend auf weiteren Untersuchungen in [1], lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang der Rauheitsabnahmen mit den betrachteten Schmierstoffen erkennen. Untersuchungen der Randzonen mittels REM und der Scheibenoberfläche durch lichtmikroskopische Aufnahmen zeigen teilweise „ruppige“ Oberflächenstrukturen für LM+EP im Vergleich zu LM+PD und LM sowie deutliche farbliche Unterschiede der Oberflächen. Oberflächenanalytische Untersuchungen wurden u.a. mittels Photoelektronenspektroskopie (XPS) und Augerelektronenspektroskopie (AES) durchgeführt. Dabei zeigen sich sehr lokal ausgeprägte Triboschichten, die für mit LM+PD gelaufene Prüfscheiben u.a. auf MoS 2 und MoO 3 basieren (Lohner et al. [21]). 2.3 Untersuchungen am FZG-Stirnradverspannungsprüfstand Die Untersuchungen an Zahnrädern aus 16MnCr5E wurden an Verspannungsprüfständen basierend auf DIN ISO 14635-1 [24] bei Tauchschmierung durchgeführt. Die Grübchenlebensdauer und Fresstragfähigkeit wurden am FZG-Stirnradverspannungsprüfstand, der Wirkungsgrad am FZG-Wirkungsgradprüfstand untersucht. Bild 3 zeigt den schematischen Aufbau des FZG-Stirnradverspannungsprüfstandes und des FZG-Wirkungsgradprüfstandes. Beide Prüfstände basieren auf dem Prinzip der mechanischen Verspannung. Die Verzahnungen in Prüf- und Übertragungsgetriebe werden über die mechanische Verspannkupplung verspannt. Der Elektromotor muss lediglich die Verlustleistung in Prüf- und Übertragungsgetriebe bereitstellen. Während im FZG- Stirnradverspannungsprüfstand ( Bild 3 links) im Übertragungsgetriebe eine deutlich tragfähigere Schrägverzahnung verbaut ist, ist im FZG-Wirkungsgradprüfstand ( Bild 3 rechts) das Prüf- und Übertragungsgetriebe identisch. Der FZG-Wirkungsgradprüfstand ist ein modifizierter FZG-Stirnradverspannungsprüfstand, der beispielsweise von Hinterstoißer, Michaelis und Höhn [25] verwendet wurde. Hierbei wird zusätzlich zum Verspannmoment das eingespeiste Verlustmoment über eine Drehmomentmesswelle aufgenommen. Das Verlustmoment teilt sich aufgrund der verwendeten ausgeglichenen Verzahnung vom Typ C (Höhn, Oster und Schedl [26]) gleichmäßig auf das Prüf- und Übertragungsgetriebe auf und kann über die Rückrechnung in lastabhängige Verzahnungsverluste mithilfe der Verzahnungsgeometrie in eine mittlere Verzahnungsreibungszahl µ mz umgerechnet werden. Bild 4 zeigt exemplarisch die experimentell am FZG- Wirkungsgradprüfstand ermittelte mittlere Verzahnungsreibungszahl µ mz während des Einlaufs der Prüfverzahnung vom Typ C (Ra 0 = 0,5 µm) für die Schmierstoffe LM, LM+EP und LM+PD. Die Einlaufbedingung orientiert sich an der in Bild 2 betrachteten Betriebsbe- Aus Wissenschaft und Forschung 15 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Bild 3: Schematische Darstellung des FZG-Stirnradverspannungsprüfstandes (links) und des FZG-Wirkungsgradprüfstandes (nach Lohner [1]) Prüfgetriebe Prüfrad Prüfritzel Verspannkupplung Drehmomentmesswelle Verspannmoment Elektromotor Übertragungsgetriebe Prüfgetriebe Prüfrad Prüfritzel Verspannkupplung Drehmomentmesswelle Verspannmoment Elektromotor Übertragungsgetriebe (2. Prüfradsatz) Drehmomentmesswelle Verlustmoment Schwungmasse 2.4 2.8 3.2 x 10 4 0 0.4 0.000 0.010 0.020 0.030 0.040 0.050 0.060 0.070 0.080 0.090 Mittlere Verzahnungsreibungszahl mz v t =0,74m/ s, t=163min rel,C,0 ≈0,12 (Ra 0 =0,5µm) LM LM+EP LM+PD , , , , , , , , , , p C =1488N/ mm 2 , Öl =60°C Lastwechselzahl am Ritzel , , , , Bild 4: Gemessene mittlere Verzahnungsreibungszahlen µ mz während des Einlaufs am FZG-Wirkungsgradprüfstand der Prüfverzahnung Typ C (nach Lohner [1]) T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 15 nem reduzierten Additivgehalt verwendet. Dazu wird LM+EPred aus drei Teilen LM und einem Teil LM+EP gemischt. LM+EPred erreicht im Stufentest A10/ 16,6R/ 90 eine mittlere SKS von etwa 10,25. Nicht eingelaufene Verzahnungen erreichen im Sprungtest S-A10/ 16,6R/ 90, bei dem die Prüfverzahnungen direkt mit der zu erwartenden Schadenskraftstufe belastet werden, eine mittlere SKS von etwa 5,5. Für die betrachteten Einlaufbedingungen MI-Ref, 2S-Ref und SE-Ref, die sich wesentlich durch eine Zunahme der Last charakterisieren, kann für den Einlaufschmierstoff LM eine tendenzielle Abnahme der SKS im Vergleich zu nicht eingelaufenen Verzahnungen erreicht werden (Lohner [1]). Aus Wissenschaft und Forschung 16 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 dingung am FZG-Zweischeibenprüfstand (Hertz’sche Pressung im Wälzpunkt p C = 1488 N/ mm 2 , Umfangsgeschwindigkeit v t = 0,74 m/ s, Öltemperatur ϑ Öl = 60 °C). Zur Bestimmung von µ mz wurden gemessene lastabhängige Lagerverluste von Hinterstoißer [2] verwendet. Bild 4 zeigt, ähnlich zu den Versuchen am FZG-Zweischeibenprüfstand, bereits nach wenigen tausend Lastwechseln eine stationäre Reibungszahl. Hierbei weist LM+PD die größte Reibungszahlabnahme während des Einlaufs auf, während bei LM+EP und LM deutlich niedrigere Reibungszahlabnahmen zu beobachten sind. Bild 5 zeigt für die in Bild 4 dargestellte Betriebsbedingung exemplarisch die gemessenen Rauheitsparameter Ra, Rpk und Rsk der Prüfverzahnung vor und nach Einlauf für die Schmierstoffe LM, LM+EP und LM+PD. Jeder Messwert repräsentiert dabei einen Mittelwert von je 80 Tastschnittmessungen (zwei Versuche je Parametervariation, 16 Zähne Ritzel, 24 Zähne Rad). Die deutlich unterschiedlichen Reibungszahlen im Vergleich der Schmierstoffe lassen sich, wie auch schon am FZG- Zweischeibenprüfstand beobachtet, nicht mit den Rauheitsabnahmen in Zusammenhang bringen [1]. Bild 6 zeigt Versuchsergebnisse zur Fresstragfähigkeit nicht eingelaufener und eingelaufener Prüfverzahnungen vom Typ A10 (Ra 0 = 0,5 µm) im Stufentest A10/ 16,6R/ 90 und Sprungtest S-A10/ 16,6R/ 90 am FZG-Stirnradverspannungsprüfstand. Die Prüfbedingungen und die Zahnradgeometrie sind in Höhn et al. [27] und DIN ISO 14635-1 [24] beschrieben. Da LM+EP im Stufentest A10/ 16,6R/ 90 eine Schadenskraftstufe SKS von 14 bzw. >14 erreicht, wird als Prüfschmierstoff für die Fressversuche LM+EPred mit ei- FVA3 +EP +PD -1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 Ordinate in m 2S-Ref, Typ C ( rel,C,0 0.12 | Öl =60°C | v t =0.74m/ s | p C =1488N/ mm 2 | t=163min) Erklärung zur Darstellung Nach Einlauf Vor Einlauf 0 Δ Δ ΔRa ΔRpk ΔRsk , , , , , , , , , , , LM LM+EP LM+PD Bild 5: Gemessene Rauheitsparameter Ra, Rpk und Rsk der Prüfverzahnung Typ C vor und nach Einlauf bei der Einlaufbedingung aus Bild 4 (nach Lohner [1]) 2 456 7 8 9 10 11 12 13 14 KraftstufeKS 14 61 94 136 183 239 302 373 450 535 627 714 Ritzeldrehmoment T 1 inNm Fressen kein Fressen A10/ 16,6R/ 90 S-A10/ 16,6R/ 90 LM+EP LM+EPred ohne Einlauf MI-Ref LM 2S-Ref LM SE-Ref LM 2S-Ref LM+EP 2S-Ref LM+PD v t =16,6m/ s, Öl =90°C Ra 0 0,5µm, Typ A10 Rad treibt Kraftstufe KS Ritzeldrehmoment T 1 in Nm 535 450 373 302 239 183 136 94 61 14 627 714 14 13 12 11 10 9 8 765 42 kein Fressen Fressen Bild 6: Versuchsergebnisse der Fresstragfähigkeitsuntersuchungen mit nicht eingelaufenen und eingelaufenen Prüfverzahnungen Typ A10 im Stufentest A10/ 16,6R/ 90 und Sprungtest S-A10/ 16,6R/ 90 (nach Lohner [1]) T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 16 Demgegenüber ist bei einem Einlauf mit LM+EP oder LM+PD eine deutliche Steigerung der SKS und damit eine etwa dreifache Fresstagfähigkeit im Vergleich zu nicht eingelaufenen oder mit LM eingelaufenen Zahnrädern zu beobachten. Dies wird maßgeblich auf die während des Einlaufs gebildeten triboinduzierten Schichten zurückgeführt, die die Wirkung der triboinduzierten Opferschichten hinsichtlich „Besetzung“ und „Verfügbarkeit“ der Oberfläche zum Vermeiden des Verschweißens der Zahnflanken beeinflusst. Untersuchungen zum Ermüdungsverhalten wurden am FZG-Stirnradverspannungsprüfstand mit Prüfverzahnungen vom Typ C (Ra 0 = 0,5 µm) nach der Methode PT C/ 9/ 90 (Höhn, Oster und Schedl [26]) durchgeführt. Lichtmikroskopische Aufnahmen der Zahnflanken nach Referenzversuchen ohne vorangegangenem Einlauf zeigen für LM+EP und LM+PD deutlich unterschiedliche Schadensbilder, wobei für LM+EP nach 40 Mio. Lastwechseln am Ritzel deutliche Graufleckenbildung und für LM+PD nach 35 Mio. Lastwechseln Grauflecken und Grübchen zu beobachten sind. Laufversuche mit LM+EP als Prüfschmierstoff zeigen für mit LM eingelaufene Prüfverzahnungen bereits nach 27 Mio. Lastwechseln am Ritzel Grauflecken und Grübchen und ein auffällig anderes Schadensbild als bei LM+EP oder LM+PD als Einlaufschmierstoff. Wie bei den Untersuchungen zur Fresstragfähigkeit, wird dies maßgeblich auf die während des Einlaufs triboinduzierten Schichten zurückgeführt, da diese den oberflächennahen Werkstoffbereich deutlich verändern (Lohner [1]). Untersuchungen zum Reibungsverhalten am FZG-Wirkungsgradprüfstand mit der Prüfverzahnung vom Typ C werden für die Schmierstoffe LM+EP und LM+PD für einen weiten Betriebsbereich in Abhängigkeit von der Zahnflankenrauheit für Ra 0 = {0,2|0,5|0,8} µm durchgeführt. Eine Erhöhung der Rauheit führt bei gleicher Betriebsbedingung zu einem erhöhten Festkörpertraganteil. Während dies bei LM+EP vor allem für niedrige Umfangsgeschwindigkeiten zu einer Erhöhung der mittleren Verzahnungsreibungszahl µ mz führt, werden für LM+PD kleiner werdende mittlere Verzahnungsreibungszahlen mit steigender Zahnflankenrauheit beobachtet. Dabei führt die niedrige Festkörperreibungszahl der mit LM+PD gebildeten Triboschichten [21] analog zu den Untersuchungen am FZG-Zweischeibenprüfstand (Abschnitt 2.2) bei Mischschmierung im Vergleich zu LM+EP zu sehr niedrigen Reibungszahlen. 2.4 Abgeleitete Einlaufempfehlung für Stirnräder Die abgeleitete Einlaufempfehlung bezieht sich auf Anwendungsfälle mit beabsichtigter Mikro-Anpassung der Zahnflanken (Anpassung der Gestaltabweichungen 3. bis 6. Ordnung). Die größte Bedeutung in der Praxis wird dem Einlauf zur Vermeidung von Frühausfällen Aus Wissenschaft und Forschung 17 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Variationsgröße Geometriedaten Schmierstoffdaten Materialdaten Berechnung der mittleren Pressungsverteilung über der Eingriffsstrecke Randbedingungen ja nein Berechnung der maximalen spezifischen Grenzreibungsleistung zu Einlaufbeginn nach Gl. (6.1) Drehmoment am Ritzel für Einlauf nein Berechnung der minimalen Schmierfilmdicke im Wälzpunkt zu Einlaufbeginn nein Mögliche Kombination aus Drehzahl am Ritzel , Öltemperatur und Schmierstoffviskosität für Einlauf Randbedingungen , Variationsgrößen , , Oberfläche ja ja , , , , Bild 7: Ablauf zur Wahl einer geeigneten Einlaufbedingung (aus Lohner [1]) T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 17 dar. Ziel der oberflächenanalytischen Charakterisierung chemischer, struktureller und mechanischer Eigenschaften der in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs induzierten Schichten ist es, Erklärungsansätze zur beobachteten Flankentragfähigkeiten und zum Reibungsverhalten zu liefern. 3.1 Betrachtete Prüfschmierstoffe Die Untersuchungen mit Fokus auf triboinduzierte Schichten wurden mit den in Tabelle 2 dargestellten Schmierstoffen, deren Additivpakete an Praxisformulierungen angelehnt sind, durchgeführt. Die Schmierstoffe LM+EP und LM+PD sowie das Grundöl LM (FVA3) stammen aus Förderperiode I. Die Schmierstoffe LM+EPII und LM+EPIII basieren wie LM+EP auf Schwefel und Phosphor. Der Schmierstoff LM+ZP ist der Schmierstoff LM+PD ohne Molybdänkomponente. 3.2 Untersuchungen am FZG-Zweischeibenprüfstand Die Versuche am FZG-Zweischeibenprüfstand wurden mit den Oberflächenpaarungen quergeschliffen zu quergeschliffen und poliert zu poliert-laserstrukturiert (Lasertaschen mit Tiefe 7 µm, Breite 28 µm und Länge 15 µm ( Bild 9 )) mit der in Abschnitt 2.2 vorgestellten Scheibengeometrie und unter der in Bild 2 dargestellten Bedingung mit LM, LM+EP und LM+PD durchgeführt. Die mit quergeschliffenen Scheiben gemessenen Reibungszahlen und Massentemperaturen sowie Veränderungen der Oberflächenrauheit bestätigten die Ergebnisse aus Förderperiode I. Experimentelle und oberflächenanalytische Ergebnisse sind detailliert in Emrich et al. [28] vorgestellt. Im Folgenden werden exemplarische Ergebnisse gezeigt. Aus den zu untersuchenden Prüfscheiben wurden jeweils mindestens vier Segmente mittels Diamanttrennscheibe bei sehr langsamem Vorschub und ohne Verwendung von Kühl-/ Schmierstoffen präpariert. Unmit- Aus Wissenschaft und Forschung 18 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 durch Fressen zugeschrieben, was beispielsweise für Schiffs-, Windkraft- oder Austauschgetriebe aufgrund der üblicherweise gleich zu Beginn der Betriebsphase hohen Lasten besonders relevant ist. Basierend auf den systematischen Untersuchungen an Prüfscheiben und -verzahnungen in [1] wurde ein Vorgehen zur Wahl einer Einlaufbedingung definiert. Dabei erlaubt die maximale spezifische Grenzreibungsleistung q ̇ R,s,0,max die Berücksichtigung des maximalen Leistungseintrags aus Festkörperreibung in die Wälzkörperoberfläche, während über die minimale Schmierfilmdicke h m,C,w ein Betriebsbereich im verschleißgefährdeten Gebiet sichergestellt wird. Somit ist während des Einlaufs Fressen ausgeschlossen und Grauflecken werden weitestgehend vermieden. Als Zielgrößen für q ̇ R,s,0,max und h m,C,w werden 22,5 W/ mm 2 und 0,05 µm abgeleitet. Außerdem wird vorgeschlagen, die mittlere Flankenpressung im Eingriffsgebiet während des Einlaufs auf einen mittleren Wert von p̅ H = 1300 N/ mm 2 zu begrenzen. Bild 7 zeigt das entsprechende Ablaufdiagramm zur Wahl einer Einlaufbedingung für Zahnräder, das in Lohner [1] erläutert ist. Als Einlaufdauer werden, unter der Annahme, dass ein Einlauf bei Erreichen einer quasi-stationären Reibungszahl abgeschlossen ist, etwa 10000 Lastwechsel am Ritzel vorgeschlagen. Auch hinsichtlich niedrigerer Schadenssummen und der Vermeidung von Profilformabweichungen nach Einlauf sollte die Einlaufdauer so kurz wie möglich gewählt werden. 3 Untersuchungen mit Fokus auf triboinduzierte Schichten Die Ergebnisse aus Förderperiode I, die einen dominanten Einfluss des Schmierstoffs auf das Reibungs- und Schadensverhalten von Zahnrädern gegenüber dem Einfluss der veränderten Oberflächenrauheit zeigen, stellen die Motivation der Untersuchungen in Förderperiode II Tabelle 2: Viskositätswerte und Elementkonzentrationen der Schmierstoffe (Förderperiode II) Bezeichnung LM+EP LM+EPII LM+EPIII LM+PD LM+ZP Kinematische Viskosität ν(40 °C) bei 40 °C in mm 2 / s 91,1 93,4 91,6 91,6 91,5 Kinematische Viskosität ν(100 °C) bei 100 °C in mm 2 / s 10,5 10,8 10,6 10,5 10,6 Calcium Ca in mg/ kg 2 0 0 205 209 Bor B in mg/ kg 0 0 9 0 0 Zink Zn in mg/ kg 3 4 3 1113 1137 Phosphor P in mg/ kg 607 661 316 3099 2493 Barium Ba in mg/ kg 0 0 0 1 0 Molybdän Mo in mg/ kg 0 0 0 2055 0 Schwefel S in mg/ kg 13600 1647 4880 6025 3364 T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 18 telbar vor den Analysen wurden die Proben in einem dreistufigen Prozess im Ultraschallbad mit Cyclohexan, Aceton und Isopropanol gereinigt, um die Ölschicht der nach dem Prüflauf in Grundöl konservierten Prüfscheiben zu entfernen und so die zu untersuchenden Oberflächen für die eingesetzten oberflächensensitiven Analysemethoden zugänglich zu machen. Die sich nach der tribologischen Belastung im FZG- Zweischeibenprüfstand in Abhängigkeit des jeweils eingesetzten Schmierstoffs auf den Scheibenoberflächen einstellende Rauheit wurde mittels Weißlichtinterferometrie (WLI) dreidimensional vermessen. Zur Charakterisierung des tribologischen Funktionsverhaltens wurden die in DIN EN ISO 25178 definierten flächenhaften Parameter für geschichtete funktionale Oberflächen ermittelt. Die Analyse der Mikrorauheit auf den lasttragenden Oberflächenbereichen der Scheiben zeigte deutliche Unterschiede in Abhängigkeit des eingesetzten Schmierstoffs. Oberflächenbereiche mit Festkörperkontakt sind bei Verwendung von LM+PD vergleichsweise glatter bzw. stärker eingeebnet. Dass niedrigere Rauheiten und damit ein höherer Flüssigkeitstraganteil nicht in jedem Fall mit niedrigeren Reibungszahlen korreliert werden kann, zeigen die Ergebnisse an mit LM+EP eingelaufenen Scheibenoberflächen: Obwohl die Mikrorauheit auf den plateauförmigen Rauheitsbergen im Vergleich zum Grundöl LM deutlich niedriger ist, sind die gemessenen Reibungszahlen während des Einlaufs höher. Die Mikrotopografie lässt sich also nicht eindeutig mit den gemessenen Reibungszahlen korrelieren (Emrich et al. [28]). Die Überlagerung chemischer Informationen (AES) mit der topografischen Oberflächengestalt (WLI) am identischen Oberflächenausschnitt zeigt, dass sich die additivspezifischen Elemente von LM+PD (Mo, Ca, Zn, S) jeweils in lokal unterschiedlichen Konzentrationen auf den tribologisch hochbelasteten Bereichen der plateauförmigen Rauheitsbergen verteilen, was auf eine flächig inhomogene Triboschichtausbildung schließen lässt ( Bild 8 ). Bei den in den Rauheitstälern in vergleichsweise niedrigerer Konzentration lokal und lediglich vereinzelt detektierten LM+PD-additivspezifischen Bestandteilen handelt es sich vermutlich um Ölreste und/ oder dort abgelagertes Verschleißmaterial, welches durch die Probenreinigung nicht entfernt wurde. Die während des Einlaufs entstandenen Triboschichten zeigen in Abhängigkeit des verwendeten Schmierstoffs deutliche Unterschiede in ihrer chemischen Zusammensetzung (Raman-Spektroskopie). Die sich während des Einlaufs mit LM ausbildenden, triboinduzierten Schichten bestehen aus Eisenoxiden (Hauptkomponente) und Eisencarbonat, während bei LM+EP induzierte Triboschichten eine Mischung aus Eisenoxiden (Fe 2 O 3 , Fe 3 O 4 ), Eisencarbonat (FeCO 3 ) und Eisenphosphat (Fe 3 (PO 4 ) 2 ) vorliegt (Emrich et al. [28]). Godfrey et. al. [13][14] nennen Eisenphosphate häufig als Bestandteil triboinduzierter Schichten, die sich an mit Tricresyl- Phosphat („mildes EP-Additiv“) additiviertem Mineralöl geschmierten Stahloberflächen wiederfinden. Charakteristisch für mit LM+PD triboinduzierte Schichten sind Molybdänverbindungen. Insbesondere Molybdändisulfid (MoS 2 ) als Hauptkomponente scheint eine herausragende Rolle zu spielen. Weiter finden sich Molybdänoxid und Metallmolybdate, die mutmaßlich als Reaktionsprodukte der beteiligten Additivwirkstoffe Zink-Dialkyldithiophosphate (ZnDTP) und Molybdän- Dialkyldithiocarbamate (MoDTC) entstanden sind. Da- Aus Wissenschaft und Forschung 19 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 µm 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 Topografie Bild 8: Oberflächentopografie (oben, links) und ortsaufgelöste Elementkonzentrationsverteilungen (AES) einer mit LM+PD eingelaufenen Prüfscheibe (aus Emrich et al. [28]) T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 19 triebsphase Additivelemente des Einlaufschmierstoffs auf der Oberfläche, die eine Art „Erinnerung“ an frühere tribologische Belastungen implizieren. Ergänzende Untersuchungen mit poliert und poliertlaserstrukturiert gepaarten Prüfscheiben zeigen im Vergleich zu quergeschliffenen Scheiben ( Bild 2 ) für LM+PD ähnliche Reibungszahlabnahmen und für LM und LM+EP tendenziell Reibungszahlzunahmen während des Einlaufs. Bild 9 zeigt die Gegenüberstellung einer beim Kooperationspartner IMK Magdeburg simulierten Festkörperkontaktdruckverteilung mit einer exemplarischen lichtmikroskopischen Aufnahme einer mit LM gelaufenen poliert-laserstrukturierten Prüfscheibe. Durch die deterministisch laserstrukturierte Oberfläche werden während der Versuche bekannte Bereiche hoher und niedriger tribologischer Belastung erzwungen, die bei LM+PD im Vergleich zu LM und LM+EP deutlich weniger Verschleiß an Bereichen hoher tribologischer Belastung zeigen. 3.3 Untersuchungen am FZG-Stirnradverspannungsprüfstand Der Einfluss triboinduzierter Schichten auf die Grübchenlebensdauer, die Fresstragfähigkeit und das Reibungsverhalten wird mit den in Tabelle 2 dargestellten Schmierstoffen an Prüfverzahnungen aus 16MnCr5E im FZG-Stirnradverspannungsprüfstand (Abschnitt 2.3) untersucht. Um die Modellvorstellungen zur Grübchenbildung zu prüfen und einen Zusammenhang zwischen Triboschichten und Grübchenlebensdauer herzustellen, werden die geprüften Zahnflanken oberflächenanalytisch untersucht. 3.3.1 Versuchsergebnisse Bild 10 zeigt für die Untersuchungen zur Grübchenlebensdauer für die Schmierstoffe LM+EP, LM+EPII, LM+EPIII, LM+PD und LM+ZP die Versuchsergebnisse und exemplarische lichtmikroskopische Aufnahmen der Zahnflanken der verwendeten 17/ 18 Verzahnung (Ra 0 = 0,2 µm). Die Geometriedaten sind beispielsweise in Kadach [30] zu finden. Alle Verzahnungen wurden vor Prüfbeginn einem einheitlichen Einlauf unterzogen, wobei die Einlaufbedingung mit einem Ritzeldrehmoment von T 1 = 370 Nm, einer Ritzeldrehzahl von n 1 = 210 min -1 und einer Öltemperatur von ϑ Öl = 80 °C nach Abschnitt 2.4 definiert ist. Um den Einfluss von sich durch Temperatureinfluss auf den Rückflanken bildenden triboinduzierten Schichten (Inacker et al. [15]) auf die Ergebnisse auszuschließen, wurden die Prüfverzahnungen lediglich auf der Vorflanke geprüft. Für LM+EP und LM+PD wurden in Anknüpfung an die Versuchsbedingung von Inacker et al. [15] Versuche mit T 1 = 480 Nm (p C = 1756 N/ mm 2 ), n 1 = 3000 min -1 und ϑ Öl = 90 °C durchgeführt. Nach Kadach et al. [30] liegt diese Betriebsbedingung unterhalb der Dauerfestigkeit. Die beobachteten Flankenzustände sind unauffällig. Aus Wissenschaft und Forschung 20 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 mit stehen diese Ergebnisse im Einklang mit den Schlussfolgerungen von Lohner et al. [21], von denen auf Basis einer Auswertung der Literatur (z. B. Bec et al. [29]) und ausgewählten oberflächenanalytischen Untersuchungen ein Zusammenhang zwischen PD-Additiven und dem synergistischen Wirkmechanismus von MoDTC und ZnDTP vorgeschlagen wird. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahmen (TEM) zeigen, dass im Vergleich mit einem Einlauf mit LM, die entstandene Magnetitschicht (Fe 3 O 4 ) bei Verwendung von additiviertem Schmierstoff (LM+EP, LM+PD) deutlich dünner (ca. 1 - 3 nm) ist. Auf dieser Eisenoxidschicht etablieren sich die jeweiligen additivspezifischen triboinduzierten Schichten. Die LM+EP-induzierte Eisenphosphatschicht (Fe 3 (PO 4 ) 2 ) ist ca. 10 - 15 nm dick, die Stärke der sich aus Mo, S, O, Ca, P und Zn zusammensetzenden LM+PD-Schicht beträgt hier ca. 15 - 25 nm (Emrich et al. [28]). Weitere Untersuchungen am FZG-Zweischeibenprüfstand wurden zur Variation des Schmierstoffs in Einlaufphase und anschließender Betriebsphase bei gleicher Einlauf- und Betriebsbedingung durchgeführt. Obwohl die Reibungszahlen im Vergleich vom separaten Einlauf mit dem kombinierten Einlauf- und Betriebsversuch meist nur leicht verändert sind, zeigen Untersuchungen mittels Ramanspektroskopie und Sekundärneutralteilchenmassenspektrometrie (SNMS) nach der Be- Laserstrukturierte Oberfläche 150 µm 150 µm 280 µm 220 µm Festkörperkontaktdruck in N/ mm 2 Laufrichtung in µm Kontaktbreite in µm 1000 2000 3000 4000 2500 2000 1500 1000 500 0 3000 2500 2000 1500 1000 500 00 5000 3000 Bild 9: Simulierter Festkörperkontaktdruck (IMK Magdeburg) und exemplarische lichtmikroskopische Aufnahme einer mit LM gelaufenen poliert-laserstrukturierten Oberfläche T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 20 Für Versuche bei höherer Last mit T 1 = 580 Nm (p C = 1930 N/ mm 2 ), die nach Kadach et al. [30] im Bereich der Zeitfestigkeit liegen, wurden Grübchen für die Schmierstoffe LM+EP nach 16 bzw. 19 Mio. und für LM+EPII nach 34 bzw. 44 Mio. Lastwechseln am Ritzel beobachtet. Hingegen zeigen die Schmierstoffe LM+EPIII, LM+PD und LM+ZP Durchläufer mit je zweimal 50 Mio. Lastwechsel am Ritzel. Der Schmierstoff LM+EPII zeigt unmittelbar nach Grübchenbildung massive Fressschäden im Kopfflankenbereich des Ritzels und im Fußflankenbereich des Rades. Die Flankenzustände der Durchläufer sind hingegen wieder unauffällig, wobei der Schmierstoff LM+ZP tendenziell mehr Kratzer und Riefen auf der Zahnflanke zeigt. Im Wesentlichen wird bei den durchgeführten Untersuchungen bei Grübchenbildung von einem Rissausgang an der Oberfläche ausgegangen, was metallurgische Untersuchungen bestätigen. Demnach kommt es bevorzugt im Bereich negativen spezifischen Gleitens zu Anrissen an der Oberfläche, die durch die Wälzbeanspruchung geöffnet werden, sodass nach Käser [31] Schmierstoff eindringen und Material durch „hydraulische Sprengwirkung“ ausbrechen kann. Bild 11 zeigt für die Schmierstoffe LM+EP, LM+EPII, LM+EPIII, LM+PD und LM+ZP die Versuchsergebnisse zur Fresstragfähigkeit im Stufentest A10/ 16,6R/ 90 (Höhn et al. [27]) mit der Prüfverzahnung vom Typ A10 (Ra 0 = 0,5 µm). Die Schadenskraftstufen korrelieren mit dem Elementgehalt an Schwefel der Schmierstoffe. Eine Aus Wissenschaft und Forschung 21 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 ‘ Ausfall (Grübchen) Durchläufer LM+EP LM+EPII LM+EPII LM+PD LM+ZP Verzahnungstyp: 17/ 18 Rauheit: Ra 0 0,2 µm Ritzeldrehzahl: n 1 =3000 min -1 Tauchschmierung: Öl = 90 °C LM+EP LM+PD LM+ZP LM+PD LM+EPIII LM+EPII LM+EP Bild 10: Versuchspunkte und repräsentative lichtmikroskopische Aufnahmen der Zahnflanken zur Grübchenlebensdauer für die Schmierstoffe LM+EP, LM+EPII, LM+EPIII, LM+PD und LM+ZP LM+EP LM+EPII LM+EPIII LM+PD LM+ZP S=13600 mg/ kg S=6025 mg/ kg S=4880 mg/ kg S=1647 mg/ kg S=3364 mg/ kg Verzahnungstyp: A10 Rauheit: Ra 0 0,5 µm Stufentest: A10/ 16,6R/ 90 Bild 11: Versuchsergebnisse der Fresstragfähigkeitsuntersuchungen im Stufentest A10/ 16,6R/ 90 für die Schmierstoffe LM+EP, LM+EPII, LM+EPIII, LM+PD und LM+ZP T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 21 duzierung von µ mz um ca. 20 % im Vergleich zum Schmierstoff LM+PD in Bild 12 (Lohner [36]). Dies verdeutlicht das Potential zur Effizienzsteigerung durch spezifische Schmierstoffformulierungen. 3.3.2 Oberflächenanalytische Untersuchungen Aus den Prüfverzahnungen zur Untersuchung der Grübchenlebensdauer wurden jeweils mindestens zwei tribologisch belastete Zahnflanken des Ritzels analog zu den Prüfscheiben (Abschnitt 2.1) präpariert. Bild 13 (links) zeigt exemplarisch die Positionen der Oberflächenanalysen auf der Zahnflanke. In Anknüpfung an Förderperiode I liegt der Fokus der oberflächenanalytischen Untersuchungen auf den Schmierstoffen LM+EP und LM+PD. Die Ergebnisse der Ramanspektroskopischen Analysen an Zahnflanken im Bereich des Einzeleingriffsbeginns B zur Identifikation chemischer Verbindungen innerhalb der Triboschichten in Abhängigkeit der eingesetzten Schmierstoffe LM+EP und LM+PD stimmen gut mit den in Abschnitt 2.1 dargestellten Ergebnissen an den Prüfscheiben überein. Während auch hier für die bei LM+EP gebildeten Triboschicht Eisenoxidsowie Eisen-Phosphor- und Eisen-Schwefelverbindungen charakteristisch sind, setzt sich die bei LM+PD gebildete Triboschicht hauptsächlich aus MoS 2 sowie Zink- und Phosphorverbindungen zusammen. Tiefenprofilierungen mittels SNMS zeigen u. a., dass bei T 1 = 480 Nm (p C = 1756 N/ mm 2 ) und gleicher Laufzeit von 50 Mio. Lastwechseln am Ritzel die an B über die gesamte Zahnflankenbreite gemessene Massenbelegung der mit LM+PD gelaufenen Zahnrädern ca. 5-fach höher ist als an Zahnflanken, die mit dem Schmierstoff LM+EP gelaufen sind. Im Rahmen von Strukturanalysen am Mikroquerschnitt (Focused Ion Beam FIB-Cut) konnten Aus Wissenschaft und Forschung 22 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 deutliche Abhängigkeit der Fresstragfähigkeit von der Art der Schwefeladditivierung bzw. dem Schwefelanteil findet sich auch in der Literatur (Forbes [16][17], Godfrey [14] und Klein [18]). Bild 12 zeigt die mit der Prüfverzahnung vom Typ C (Ra 0 = 0,2 µm) für die Schmierstoffe nach Tabelle 2 gemessenen mittleren Verzahnungsreibungszahlen µ mz über der Umfangsgeschwindigkeit v t exemplarisch für p C = 1302 N/ mm 2 und ϑ Öl = 90 °C. Zur Bestimmung von µ mz wurden gemessene lastabhängige Lagerverluste nach Hinterstoißer [2] verwendet. Mit zunehmender Umfangsgeschwindigkeit v t steigt die Schmierfilmdicke im Zahnkontakt und der Anteil an Festkörperreibung sinkt, wodurch der Anteil an Flüssigkeitsreibung zunimmt. Da Triboschichten großen Einfluss auf die Festkörperreibung haben, ist der Einfluss der betrachteten Schmierstoffe im Bereich niedriger Umfangsgeschwindigkeiten v t ausgeprägt. Hier zeigt sich für die Schmierstoffe LM+ZP, LM+EPII, LM+EP, LM+EPIII und LM+PD in absteigender Reihenfolge eine abnehmende Reibungszahl µ mz . Während LM+ZP, LM+EPII, LM+EP und LM+EPIII aufgrund hoher Festkörperreibungszahlen charakteristisch streng monoton abnehmende Verläufe für µ mz über v t zeigen, zeigt LM+PD aufgrund niedrigerer Festkörperreibungszahlen der charakteristischen Triboschichten besonders im Bereich niedriger Umfangsgeschwindigkeiten v t einen unterschiedlichen Verlauf. Wie Lohner et al. in [21] zeigen, ist die sehr niedrige Festkörperreibung von LM+PD auf die Bildung von Auftragsschichten mit MoS 2 als Festschmierstoff zurückzuführen. Um den Einfluss des PD-Additivs in einem Grundöl mit im Vergleich zum Mineralöl FVA3 niedrigerem Scherwiderstand zu untersuchen, wurde das Additivpaket im Schmierstoff LM+PD in einem Polyalphaolefin mit vergleichbarer Viskosität bei 100 °C gelöst und am FZG-Wirkungsgradprüfstand untersucht. Dabei zeigt sich eine weitere Re- Verzahnungstyp: C Rauheit: Ra 0 0,2 µm Drehmoment am Ritzel: T 1 = 183,4 Nm (p C = 1302 N/ mm 2 ) Öl = 90 °C Drehmoment am Ritzel: Bild 12: Gemessene mittlere Verzahnungsreibungszahl µ mz über der Umfangsgeschwindigkeit v t für die Schmierstoffe LM+EP, LM+EPII, LM+EPIII, LM+PD und LM+ZP T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 22 bei T 1 = 580 Nm (p C = 1930 N/ mm 2 ) an den betrachteten Analysepunkten B und C bis zu einer Tiefe von ca. 10 µm weder nach Laufversuchen mit LM+EP noch nach LM+PD Risse bzw. Rissnetzwerke auf µm-Skala detektiert werden ( Bild 13 rechts). Die tribologische Belastung während der Laufversuche führt in den untersuchten oberflächennahen Bereichen zu einer Kornfeinung des kristallinen Werkstoffgefüges, deren Ausprägung als ein qualitatives Maß für die mechanische Belastung der Stahloberfläche gedeutet werden kann. Bei mit LM+EP gelaufenen Zahnrädern reicht die derart beeinflusste Zone an B nach 19 Mio. Lastwechseln (Ausfall) signifikant weiter in die Tiefe (> 8 µm) als bei mit LM+PD gelaufenen Zahnrädern mit der ca. 2,6-fach längeren Laufzeit (50 Mio. Lastwechsel, Durchläufer). Bei Letzteren wird unterhalb der bereits in den REM-Aufnahmen am FIB-Schnitt gut erkennbaren Triboschicht eine ca. 0,4 µm tiefe Kornfeinungszone beobachtet. Auch von (Hein [32], Grescher, Brecher und Löpenhaus [33]) wird ein mit dem Schädigungsgrad zunehmend oberflächennahes feinkörnigeres Gefüge beobachtet. Aus den Bereichen B und C der mit LM+EP und LM+PD gelaufenen Prüfverzahnungen wurden mittels fokussiertem Ionenstrahl (FIB) ultradünne Lamellen herauspräpariert und mittels TEM strukturell analysiert. In guter Korrelation mit den über SNMS-Tiefenprofilierung bestimmten Massenbelegungen der Zahnradflanken zeigen diese hochortsaufgelösten Analysen am Probenquerschnitt, dass durch den Schmierstoff LM+EP induzierte Triboschichten ( Bild 14 ) gegenüber durch LM+PD induzierte Schichten ( Bild 15 ) deutlich dünner sind. Zudem werden hier an der Analysestelle B von der Stahloberfläche ausgehende Anrisse nachgewiesen, die sich wenige Nanometer in die Tiefe fortsetzen. Kombinierte Analysen mittels Elektronenenergieverlustspektroskopie (EELS) zeigen, dass diese Anrisse von der aufliegenden Triboschicht nahezu vollständig ausgefüllt sind ( Bild 14 unten). Ein Risswachstum in die Tiefe, hypothetisch induziert durch die hydraulische Sprengwirkung des während der Überrollung in den Riss eingedrungenen Schmierstoffs, kann dadurch verhindert oder zumindest verzögert werden. Derartige Schädigungen im oberflächennahen Bereich des Stahlsubstrates können nach der über 2,6-fach längeren Laufzeit unter der mit 200 bis 250 nm signifikant stärker unter LM+PD ausgebildeten Triboschicht nicht detektiert werden ( Bild 15 ). Auffallend ist hier die erhöhte MoS 2 - Aus Wissenschaft und Forschung 23 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Bild 13: Visualisierung der Kornfeinungsbereiche am FIB-Querschnitt am Einzeleingriffsbeginn (B) und Wälzkreis (C) in Abhängigkeit der Schmierstoffe LM+EP und LM+PD (nach 19 Mio. bzw. 50 Mio. Lastwechsel am Ritzel, T 1 = 580 Nm) B 2 µm 1 µm Kornfeinungszone Triboschicht B 1 µm Kornfeinungszone Triboschicht C B C D E A B C D E A Ioneninduzierte SE-Bilder am FIB-Schnitt am Einzeleingriffsbeginn (B) und Wälzkreis (C) LM+PD Übersicht Analysepositionen LM+EP Übersicht Analysepositionen Ioneninduzierte SE-Bilder am FIB-Schnitt am Einzeleingriffsbeginn (B) und Wälzkreis (C) C 2 µm T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 23 Konzentration in den obersten Lagen der Triboschicht. Die Einheitszelle von Metall-Chalkogeniden wie MoS 2 weist hexagonale Symmetrie auf und schließt zwei benachbarte Lamellen ein (2H- Konfiguration). Starke kovalente Kräfte binden die Metallatome Mo und S in der Lamelle, wohingegen die benachbarten Lamellen über relative schwache van der Waals-Bindungen miteinander wechselwirken. Die schwache interlamellare Bindung erleichtert die Abscherung der Lamellen sobald die Gleitrichtung parallel zu den Scherebenen verläuft [34][35]. Mittels hochauflösender TEM-Analysen können die Netzebenen visualisiert und deren Abstände vermessen werden. Die Basalebenen des MoS 2 formieren sich nahezu parallel zur Stahloberfläche und der Scherbelastungsrichtung. Die im Prüfstand an Scheiben und Zahnrädern gemessene niedrige Reibungszahl kann demnach auf die leichte Verschiebbarkeit der hinsichtlich ihres Aufbaus graphitähnlichen MoS 2 -Lamellen in Scherrichtung zurückgeführt werden. Nanoindentationsmessungen zur Compoundhärtebestimmung der Triboschichten ergeben, dass die unter LM+EP und LM+PD gebildeten Triboschichten sowohl an B und C signifikant weicher sind als die originäre Stahloberfläche vor tribologischer Belastung. Es ist somit denkbar, dass die hier untersuchten Triboschichten Dämpfungseigenschaften besitzen und so durch Energiedissipation einer Materialermüdung des Stahls bzw. einer Riss- und Grübchenbildung vorbeugen oder diese zumindest zeitlich verzögern können. 4 Zusammenfassung Im Rahmen des SPP 1551 „Ressourceneffiziente Konstruktionselemente“ wurden umfangreiche Untersuchungen zum Einfluss des Einlaufs und triboinduzierter Schichten auf die Tragfähigkeit und das Reibungsverhalten von Zahnrädern durchgeführt. In Förderperiode I hat sich gezeigt, dass für das Reibungs- und Schädigungsverhalten die Ausbildung triboinduzierter Schichten gegenüber der Veränderung der Oberflächenrauheit während des Aus Wissenschaft und Forschung 24 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 3/ 2018 Stahl Triboschicht Schutzschicht (Präp.) Schutzschicht (Präp.) Bild 14: Chemisch-strukturelle Eigenschaften der unter LM+EP gebildeten Triboschicht (Grübchen nach 19 Mio. Lastwechseln am Ritzel, T 1 = 580 Nm) Bild 15: Chemisch-strukturelle Eigenschaften der unter LM+PD gebildeten Triboschicht (50 Mio. Lastwechsel am Ritzel, T 1 = 580 Nm) T+S_3_2018.qxp_T+S_2018 13.04.18 16: 24 Seite 24 Einlaufs von übergeordneter Bedeutung sein kann. So wurde beispielsweise abhängig vom Einlaufschmierstoff sowohl eine dreifache Steigerung als auch eine tendenzielle Abnahme der Fresslast gegenüber nicht eingelaufenen Prüfverzahnungen nachgewiesen. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden in eine anwendbare Einlaufempfehlung für Verzahnungen übersetzt. In Förderperiode II hat sich eine deutliche Abhängigkeit der Grübchenlebensdauer, der Fresstragfähigkeit und des Reibungsverhaltens vom verwendeten Schmierstoff gezeigt. Oberflächenanalytische Untersuchungen auf Mikrobzw. Nanometerebene ergaben deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung und Ausprägung der sich bildenden Triboschichten. LM+EP induzierte Triboschichten zeigten trotz niedrigerer Grübchenlebensdauer eine deutlich ausgeprägtere Kornfeinung der kristallinen Gefügestruktur mit niedrigerer Triboschichtdicke als mit LM+PD induzierte Triboschichten. Es wurde weiterhin beobachtet, dass von der Oberfläche ausgehende Anrisse von der aufliegenden Triboschicht nahezu vollständig ausgefüllt sind. Die Bildung von graphitähnlichen MoS 2 -Lamellen der LM+PD induzierten Triboschichten konnte nachgewiesen werden. Danksagung Die vorliegenden Untersuchungen wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens des von der DFG geförderten Schwerpunktprogramms SPP 1551 „Ressourceneffiziente Konstruktionselemente“ durchgeführt. Die Autoren möchten sich für die Förderung und Unterstützung bedanken. Literatur: [1] Lohner, T.: Berechnung von TEHD Kontakten und Einlaufverhalten von Verzahnungen. Dissertation Technische Universität München (2016). [2] Hinterstoißer, M.: Zur Optimierung des Wirkungsgrades von Stirnradgetrieben. 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