eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 65/4

Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
0801
2018
654 Jungk

Der Einfluss von Metalloberflächen auf die Wirkung von Schmierstoffen

0801
2018
Joachim Schulz
Katja Vlasov
Jürgen Rigo
Ein wesentlicher Aspekt der Tribologie- und Schmierungstechnik ist die Frage nach den Zusammenhängen und der Vorhersagbarkeit von Phänomenen der Wechselwirkung von Schmierstoffen mit Metalloberflächen. In den vergangenen Jahren wurden Untersuchungen zu Wechselwirkungen von Verschleißschutzadditiven und Schwefelträgern vorgestellt. Dabei konnten deutliche Unterschiede in der Wechselwirkung mit unterschiedlichen Metalloberflächen (C-Stahl bzw. rostfreier Stahl) beobachtet werden. Jüngste Untersuchungen zeigten, dass alleine eine unterschiedliche, vor allem mechanische, Vorbehandlung von Metalloberflächen (C-Stahl) zu deutlich unterschiedlichen tribologischen Ergebnissen führen kann.
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Aus Wissenschaft und Forschung 5 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 4/ 2018 Einleitung In der Additiv- und Schmierstoffbranche gibt es kontroverse Meinungen zu Wechselwirkungen von Schmierstoffen und den darin enthaltenen Additiven mit Metalloberflächen. Auf der einen Seite das „alte“ Reaktionsschicht-Modell, auf der anderen Seite das „jüngere“ Adsorptions-Modell. Beide Modellvorstellungen können nur mit mehr oder weniger fundierten Indizien aufwarten. Definitive Beweise, auch wenn das oft gerne anders dargestellt wird, gibt es für keines der beiden Modelle. Für viele Phänomene in der Metallbearbeitung (Zerspanung / Umformung) aber auch darüber hinaus, scheint das Adsorptions-Modell plausiblere Erklärungen zu bieten. Im aktuellen Beitrag soll nun der Versuch unternommen werden, zu zeigen, dass die Metalloberflächen der tribologischen Partner selbst die Leistung eines Schmierstoffs bzw. der darin enthaltenen Additive beeinflussen können. D. h. eine Veränderung der Oberflächen der Tribopartner kann zu einer deutlichen Veränderung der Reibund/ oder Verschleiß-Verhältnisse führen. Für den Formulierer von Schmierstoffen ergibt sich daraus die Konsequenz, die Zusammensetzung des Schmierstoffs an die Oberflächen des Tribokollektivs anzupassen. Es ist seit langem bekannt, dass Schmierstoffe (auch aus der gleichen Produktionscharge) zu unterschiedlichen Ergebnissen (auf die Leistung bezogen) führen können. Da sich die Zusammensetzung des Schmierstoffs innerhalb einer Charge in der Regel nicht verändert und auch die Oberfläche des Werkzeugs als quasi konstant angesehen werden kann, bleibt nur die Werkstückoberfläche. Von dieser ist wenig bekannt. Allerdings wird es allgemein akzeptiert, dass das Gefüge eines Werkstoffs, auch in einem Coil, einer gewissen Schwankungsbreite unterliegt. Diese Schwankungen sollten sich auch auf die Oberfläche auswirken. Eine Aufklärung einer Metalloberfläche hinsichtlich ihrer chemischen Konstitution ist allerdings ein sehr schwieriges Unterfangen, ganz zu schweigen von einer zeitnahen Online-Überwachung. Der Einfluss von Metalloberflächen auf die Wirkung von Schmierstoffen J. Schulz, K. Vlasov, J. Rigo* Eingereicht: 20. 11. 2017 Nach Begutachtung angenommen: 15. 12. 2017 Ein wesentlicher Aspekt der Tribologie- und Schmierungstechnik ist die Frage nach den Zusammenhängen und der Vorhersagbarkeit von Phänomenen der Wechselwirkung von Schmierstoffen mit Metalloberflächen. In den vergangenen Jahren wurden Untersuchungen zu Wechselwirkungen von Verschleißschutzadditiven und Schwefelträgern vorgestellt. Dabei konnten deutliche Unterschiede in der Wechselwirkung mit unterschiedlichen Metalloberflächen (C-Stahl bzw. rostfreier Stahl) beobachtet werden. Jüngste Untersuchungen zeigten, dass alleine eine unterschiedliche, vor allem mechanische, Vorbehandlung von Metalloberflächen (C-Stahl) zu deutlich unterschiedlichen tribologischen Ergebnissen führen kann. Schlüsselwörter Tribologie, Additive, Metalloberfläche, Brugger-Test An important aspect of tribology and lubrication is the question of the relationships and the predictability of phenomena of the interaction of lubricants with metal surfaces. In recent years studies on interactions of antiwear additives and sulfur carriers have been presented. Significant differences in the interaction with different metal surfaces (C steel or stainless steel) could be observed. Recent studies have shown that a different, especially mechanical, pretreatment of metal surfaces (C-steel) can lead to very different results. Keywords Tribology, additives, metal surface, Brugger-Test Kurzfassung Abstract * Prof. Dr. Joachim Schulz Dr. Katja Vlasov Fuchs WISURA GmbH, 28197 Bremen Jürgen Rigo Steinbeis Transferzentrum an der Hochschule Mannheim, Kompetenzzentrum Tribologie, 68163 Mannheim T+S_4_2018.qxp_T+S_2018 05.06.18 11: 15 Seite 5 Erscheinung für geschwefelte Ester, aber nicht für ein Polysulfid beobachtet. Hoffmann et al. [Hoff 16] führen das beobachtete Phänomen auf unterschiedliche Rauheiten der geschliffenen Reibrollen-Oberfläche zurück. Dem soll in den weiteren Ausführungen widersprochen werden. Experimenteller Teil Für die Untersuchungen wurden ein XCT-Gerät (Hochschule Mannheim) und ein Brugger-Gerät (Fuchs Wisura GmbH) zum Einsatz gebracht. Als Reibrolle wurde die Standardausführung - auf > 60 HRC gehärteter X210CrW12 (1.2436) - zum Einsatz gebracht. Die Prüfkörper bestanden aus 100Cr6 (1.3505), ebenfalls auf 60HRC gehärtet. Geschliffen wurden die Reibrollen (alle aus einer Produktionscharge) mit dem Standard SiC-Schleifstein, Körnung P 120 und Schleifpapieren der Körnung 60, 120, 320 und 800. Die Oberflächentopographie der zuvor vorbehandelten Reibrolle wurde mit Hilfe eines Weißlichtinterferometers Bruker GT K0X-12-108 3D gemessen. Das Weißlichtinterferometer fungiert als berührungsloser Vermesser von Topografien von Werkstücken mit einer großen räumlichen Tiefenauflösung. Hier können auch raue Oberflächen bis in den Nanobereich vermessen werden. Tabelle 1 zeigt die ermittelten Rauhigkeiten. Aus Wissenschaft und Forschung 6 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 4/ 2018 Es ist aber möglich unterschiedliche Zustände von Metalloberflächen im Labor zu simulieren. So konnte beobachtet werden, dass der gleiche Schmierstoff im Brugger-Test gemäß DIN 51347 unter Umständen andere Resultate liefert als im gleichen Modus mit der XCT-Maschine (XCT = Cross-Cylinder-Tester). Beide tribologischen Testmaschinen arbeiten nach dem gleichen Prinzip. Auch die Flächenpressungen lassen sich identisch einstellen. Der Unterschied in der Probenpräparation zwischen den beiden Verfahren besteht lediglich darin, dass die Reibrolle des Brugger-Tests mit einem Schleifstein und die Reibrolle des XCT mit Schleifpapier gleicher Körnung präpariert werden. Das gleiche Phänomen kann auch an einer der Testmaschinen (Brugger oder XCT) beobachtet werden, und zwar reproduzierbar, wenn beide Schleifverfahren zum Einsatz gebracht werden. Eine erste Vermutung deutete auf Feinstabrieb hin, der möglicherweise, wenn dieser durch nicht korrekte Reinigung, auf der Reibrolle verbleibt, wie ein Festschmierstoff wirken könnte. Dies konnte widerlegt werden, da unterschiedliche Reinigungsverfahren der Reibrolle nach dem Schleifvorgang zu keiner signifikanten Änderung der erzielten Ergebnisse führte. Auch die Vermutung, dass es an einem speziellen Additiv (Polysulfid) liegen würde, konnte nicht bestätigt werden. Im Rahmen von Voruntersuchung zu einer Masterarbeit wurde die beschriebene Tabelle 1: Rauigkeiten der geschliffenen Reibrollen Schleifkörnungen Rz-Werte in µm 3D-Oberflächen-Kennwerte in µm Sa Sq Nur mit Schleifstein 3,1 0,4 0,6 Schleifstein + 800 Schleifpapier 2,0 0,3 0,4 Schleifstein + 320 Schleifpapier 2,4 0,5 0,6 Schleifstein + 120 Schleifpapier 5,2 1,1 1,5 Schleifstein + 60 Schleifpapier 9,0 0,7 1,0 Tabelle 2: untersuchte Substanzen bzw. Mischungen Matrix 1 (X+A+B+C) % Grundöl Matrix 2 (X+A+B) % Grundöl / (C) % Additiv Typ M2 Matrix 3 (X+B+C) % Grundöl / (A) % Additiv Typ M3 Matrix 4a / 4b (X+A+C) % Grundöl / (B) % Additiv Typ M1a (X+A+C) % Grundöl / (B) % Additiv Typ M1b Matrix 5 (X+B) % Grundöl / (A) % Additiv Typ M3 / (C) % Additiv Typ M2 Matrix 6a / 6b (X+A) % Grundöl / (B) % Additiv Typ M1a/ (C) % Additiv Typ M2 (X+A) % Grundöl / (B) % Additiv Typ M1b / (C) % Additiv Typ M2 Matrix 7a / 7b (X+C) % Grundöl / (A) % Additiv Typ M3 / (B) % Additiv Typ M1a (X+C) % Grundöl / (A) % Additiv Typ M3 / (B) % Additiv Typ M1b Matrix 8a / 8b (X) % Grundöl / (A) % Additiv Typ M3 / (B) % Additiv Typ M1a / (C) % Additiv Typ M2 (X) % Grundöl / (A) % Additiv Typ M3 / (B) % Additiv Typ M1b / (C) % Additiv Typ M2 T+S_4_2018.qxp_T+S_2018 05.06.18 11: 15 Seite 6 Als untersuchte Substanzen kamen Mischungen aus den nachfolgend aufgeführten Additiven zum Einsatz: • (X) % Grundöl (Mineralöl) • Additiv Typ M1 (z. B. Ester, Fettalkohole) zur Besetzung der Hydroxidgruppen - (B) % • Additiv Typ M2 (z. B. Sulfonate, P-Ester) für den ionischen Anteil auf der Oberfläche - (C) % • Additiv Typ M3 (z. B. Schwefelträger, Chlorparaffine) zur Besetzung der oxydischen Gruppen - (A) % M1, M2 und M3 bedeutet Mechanismus 1, 2 bzw. 3 nach Schulz [Schu 10, Schu 13] Die genauen Konzentrationen unterliegen in diesem Fall dem Geheimnisschutz. Die Werte (Konzentrationen) der Komponenten X; A; B und C sind stets konstant. Wobei X + A + B + C = 100 % ergeben. D. h. im Fall, dass eine Komponente nicht in der Mischung enthalten ist, deren Konzentration zum Grundöl X hinzuaddiert wird. Daraus ergeben sich dann die entsprechenden Formeln in Tabelle 2. Vom Additiv Typ M1 wurden zwei Varianten untersucht, um den sterischen Einfluss der Moleküle zu klären. Ergebnisse Tabelle 3 und Bild 1 zeigen die Ergebnisse der Versuche am XCT-Gerät. Auffällig ist auf den ersten Blick, dass Matrix 1, 2, 3, 4 und 6 keinerlei Einfluss des Schleifverfahrens, sprich der präparierten Oberfläche, auf das Ergebnis zeigen. Matrix 5, 7 und 8 zeigen eine starke Abhängigkeit von der Oberflächenvorbehandlung. Matrix 3, 5, 7 und 8 enthalten Polysulfid, also eine M3-Typ Additiv, in gleicher Konzentration. Trotzdem bleiben die ermittelten Werte von Matrix 3, vom Schleifverfahren unabhängig. Somit ist auszuschließen, dass ein spezieller Effekt dieses Additivs eine Rolle spielt. Eine Interpretation der Werte ist im nachfolgenden Kapitel zu finden. Aus Wissenschaft und Forschung 7 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 4/ 2018 Tabelle 3: Ergebnisse der Teste am XCT-Gerät Matrix XCT-Wert [N/ mm 2 ] 1 19,3 20,6 21,3 20,7 19,7 2 41,0 43,8 41,4 43,9 34,3 3 114 115,8 117,5 112,9 113 4a 19,4 21,3 21,1 21 18,9 5 105,7 168,7 187,3 126,5 195 6a 40,2 38,6 41 43,5 39,7 7a 142,5 312 225 174,7 111,7 8a 154,8 411 419 425 366 Reibrolle geschliffen mit Stein Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 60 Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 120 Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 320 Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 800 Bild 1: XCT Werte der Matrix-Öle mit verschiedenen Schleifverfahren T+S_4_2018.qxp_T+S_2018 05.06.18 11: 15 Seite 7 Gerät, auch untereinander betrachtet, und des Prüfkörpers am XCT) chemisch unterschiedlich zu sein. Anders lassen sich die Ergebnisse nicht interpretieren, da es sich bei den untersuchten Mischungen um gleiche Chargen gehandelt hat. Generell betrachtet scheint es so zu sein, dass die Oberfläche des XCT-Prüfkörpers deutlich oxydischer, als die der Prüfkörper, die am Brugger verwendet wurden, ist. Der Prüfkörper mit einer Härte von 62,5 HRC scheint wiederum oxydischer als der Prüfkörper mit 61,9 HRC. Die Arbeitshypothese lautet dass der Anteil an oxydischen bzw. hydroxydischen Gruppen auf den beiden betrachteten Metalloberflächen die Möglichkeiten des Andockens (Adsorption) der Additive bestimmt. Zunächst ist es sehr spannend, dass die beobachteten Effekte sehr gering sind, wenn Mischungen mit nur einem Additiv Typ im Grundöl oder das Grundöl alleine untersucht werden. Das ist auch der Fall, wenn wie bei Matrix 3 eine aktive Schwefelverbindung in doch sehr hoher Konzentration (20 - 30 %) vorliegt. Der deutlich höhere Wert am XCT lässt sich zwanglos mit der höher oxydischen Oberfläche erklären. Ebenso die geringeren Werte von Matrix 2 und 4 am XCT. Auf Matrix 4 soll hier speziell eingegangen werden, auch wenn die beobachteten Effekte sehr klein sind. Auf dem XCT- Prüfkörper zeigt Matrix 4a, verglichen mit Matrix 1 keinen Effekt, d. h. es werden keine oder nur sehr wenige Oberflächenareale besetzt. Steigt der Anteil an Hydroxidgruppen finden sich deutlich mehr Andockstellen für Wasserstoffbrücken und der Brugger-Wert steigt. Durch das Schleifen mit Schleifpapier wird der Anteil an Hydroxidgruppen verringert und damit die Möglichkeiten für Mechanismus M1 reduziert, was sich im Abfall der ermittelten Werte widerspiegelt. Die Wechselwirkung des M1 Typ Additivs a scheint dabei etwas stärker als die des M1 Typ Additivs b zu sein. Möglicherweise kann das M1 Typ Additiv b, aufgrund einer anderen Stereochemie, auch mit oxydischen Gruppen wechselwirken. Deutlich größer sind die Effekte bei Kombination von Additiven oder bei Wechsel der Stereochemie (Matrix 5, 6a/ 6b, 7a/ 7b, 8a/ 8b). In Matrix 5 liegen M2- und M3-Typ Additive vor, die sich synergistisch ergänzen können, wenn beide Additive ausreichend Andockstellen finden. Der M3-Typ hat offensichtlich den größeren Einfluss auf das Ergebnis. Matrix 6a/ 6b wechselwirkt hauptsächlich mit den hydroxydischen Gruppen über Wasserstoffbrücken- und ionische Bindungen. Liegen diese Hydroxide nicht oder nur in geringer Anzahl vor bzw. werden reduziert, sinken die gemessenen Werte ab. Allerdings sind die Effekte gering. Aus Wissenschaft und Forschung 8 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 4/ 2018 Bei den Versuchen am Brugger- Gerät wurden zwei verschieden Prüfkörperchargen aus 100Cr6 verwendet. Die Standard-Qualität hatte eine Härte von 62,5 HRC, die zweite Charge von 61,9 HRC. Bei diesen Versuchen wurde neben den SiC Schleifstein ausschließlich Schleifpapier mit der Körnung 120 verwendet. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4 aufgelistet. Interpretation der Ergebnisse Zunächst sollen die Ergebnisse der Untersuchungen mit dem XCT- und dem Brugger-Gerät gegenüber gestellt werden (Tabelle 5). Bei der Interpretation der Ergebnisse ist aber stets der Umstand zu berücksichtigen, dass zwei Oberflächen, die der Reibrolle und die des Prüfkörpers, die Schmierstoffmischung beeinflussen. Eindeutig zu erkennen ist, dass die Werte zum Teil nicht übereinstimmen, wohl aber die Tendenzen und dass der Effekt des Schleifverfahrens in allen Fällen klar hervorsticht. Auch scheint die Oberfläche der Prüfkörper einen nicht unerheblichen Einfluss zu haben. Generell hat die Schmierstoffprüfung nach Brugger eine zulässige Abweichung von ± 10. Somit sollte man bei einer Interpretation der Ergebnisse kleine Schwankungen der Resultate nicht überbewerten. Einfluss der Rauigkeit Die Annahme, dass allein die Veränderung der Rauigkeit Reibrolle für die Veränderung der Ergebnisse verantwortlich ist führt direkt in eine Sackgasse. Die Mischungen Matrix 1,2,3 zeigen keinen wirklichen Effekt, unabhängig vom Prüfkörper und vom Schleifverfahren (Tabelle 1 / 4 / 5 und Bild 1) bei Mischung Matrix 6 ist am XCT kein Effekt und am Brugger-Gerät (in Abhängigkeit vom Prüfkörper und vom Typ des M1-Additivs) sogar ein negativer Einfluss des Schleifens mit Papier festzustellen. Wenn die Veränderung der Rauigkeit maßgeblich wäre, müssten die Ergebnisse einen einheitlichen Trend aufweisen, das kann hier mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Dass soll aber nicht heißen, dass die Rauigkeit gar keinen Einfluss hat, sondern nur eben nicht den entscheidenden. Einfluss der Metalloberfläche Die Metalloberfläche von Kohlenstoffstählen, um diese handelt es sich sowohl bei den verwendeten Reibrollen als auch bei den Prüfkörpern, besteht chemisch betrachtet, aus Eisenoxiden und Eisenhydroxiden, wie in [Schu 10] und darin zitierter Literatur erklärt wurde. D. h. die Additive in den untersuchten Mischungen können nur mit diesen beiden Gruppen auf den Metalloberflächen oder mit sich selbst wechselwirken. Durch die unterschiedlichen Schleifverfahren wird die Oberfläche offensichtlich verändert und damit die Wechselwirkung der Additive bestimmt. Auch scheinen die Oberflächen der verwendeten Prüfkörper (der beiden am Brugger- T+S_4_2018.qxp_T+S_2018 05.06.18 11: 15 Seite 8 Matrix 7a/ 7b wird wieder von der Anzahl der oxydischen Gruppen dominiert. M1 und M3 ergänzen sich. Das M1-Typ Additiv b wechselwirkt offensichtlich auch gemäß Mechanismus M3 und behindert dadurch das M3-Typ Additiv. Dadurch fallen die Werte von 7b verglichen mit / a ab. Matrix 8, also die komplette Mischung aller drei Additiv-Typen erbringt die höchsten Werte. Auch hier ist der Einfluss der oxydischen Gruppen unübersehbar. An Matrix 7a soll noch einmal exemplarisch der Einfluss der Oberflächen demonstriert werden. Die Reibrollen sind nach dem Schleifen mit Schleifpapier offensichtlich oxydischer als nach dem Schleifen mit dem Stein. Der oxydische Charakter der Prüfkörper nimmt in der Reihe Prüfkörper (verwendet für die XCT- Messungen), Prüfköper mit 65,5 HRC und Prüfkörper mit 61,9 HRC ab. In nachfolgender Tabelle 6 wird der oxydische Charakter durch die Anzahl an „+“ dargestellt, Aus Wissenschaft und Forschung 9 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 4/ 2018 Tabelle 4: Ergebnisse der Teste am Brugger-Gerät Matrix Brugger - Wert [N/ mm 2 ] Prüfkörper 62,5 HRC Prüfkörper 61,9 HRC 1 19,3 19,3 21,3 21,4 2 52,0 46,5 51,7 50,2 3 61,2 60,9 69,0 65,7 4a 37,7 22,3 28,7 22,9 4b 31,4 25,5 24,3 24,3 5 146,3 199,8 121,9 167,7 6a 63,9 55,5 51,2 53,3 6b 93,3 61,2 60,3 53,9 7a 97,1 230 73,2 141,5 7b 76,4 93,8 80,6 109 8a 189 270 171,6 200 8b 187,8 303 199,8 200 Reibrolle geschliffen mit Stein Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 120 Reibrolle geschliffen mit Stein Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 120 Tabelle 5: Vergleich der Ergebnisse Matrix XCT - Werte [N/ mm 2 ] Brugger - Werte [N/ mm 2 ] Prüfkörper 62,5 HRC Prüfkörper 61,9 HRC 1 19,3 21,3 19,3 19,3 21,3 21,4 2 41,0 41,4 52,0 46,5 51,7 50,2 3 114 117,5 61,2 60,9 69,0 65,7 4a 19,4 21,1 37,7 22,3 28,7 22,9 5 105,7 187,3 146,3 199,8 121,9 167,7 6a 40,2 41 63,9 55,5 51,2 53,3 7a 142,5 225 97,1 230 73,2 141,5 8a 154,8 419 189 270 171,6 200 Reibrolle geschliffen mit Stein Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 120 Reibrolle geschliffen mit Stein Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 120 Reibrolle geschliffen mit Stein Reibrolle geschliffen mit Stein + Schleifpapier Körnung 120 T+S_4_2018.qxp_T+S_2018 05.06.18 11: 15 Seite 9 Durch das Schleifen mit Schleifpapier, gleich welcher Körnung wird die Metalloberfläche der Reibrollen oxydischer, wobei es Unterschiede in der Quantität der Effekte gibt. Die Rauigkeit spielt eine eher untergeordnete Rolle. Literatur [Hoff 16] Hoffmann, T.; Drechsler, A., Lehmann, D.: Einflüsse der Oberflächenrauheit auf den Verschleißschutz von Schmierstoffen; Tribologie und Schmierungstechnik 4 / 2016 [Schu 10] Schulz, J.; Holweger, W.: Wechselwirkung von Additiven mit Metalloberflächen; expert Verlag - 2010; ISBN: 978-3-8169-2921-5 [Schu 13] Schulz, J., Decker, B., Rehbein, W., Feinle, P., Rigo, J.: Matrix-Effekte - Einfluss der Schmierstoffmatrix auf die Wechselwirkung von Additiven mit Metalloberflächen; Tribologie und Schmierungstechnik 2 / 2013 Aus Wissenschaft und Forschung 10 Tribologie + Schmierungstechnik · 65. Jahrgang · 4/ 2018 d. h. je mehr „+“, desto größer der Anteil an oxydischen Gruppen auf der Oberfläche. Zusammenfassung Die dargestellten Ergebnisse sind in sich konsistent und mit dem Modell nach Schulz sehr gut erklärbar. Eine Erklärung nach dem Reaktionsschichtmodell ist nicht möglich. Die Aussagen sind hypothetisch und wären durch eine aufwendige Analytik von Metalloberflächen zu untermauern. Allerdings sind die gefundenen Indizien sehr gewichtig und stehen auch im Einklang mit vorab gefundenen Ergebnissen. Es konnte gezeigt werden, dass der unterschiedliche chemische Aufbau der untersuchten Metalloberflächen massiv in das Wechselwirkungsgeschehen der Additive bzw. deren Mischungen eingreift. Jede diskrete Mischung liefert deutlich differenzierte Werte in Abhängigkeit des Charakters der Oberflächen. Der Anteil an oxydischen Gruppen zeigte sich als dominierend. Tabelle 6: Einfluss der Anzahl der oxydischen Gruppen auf den Oberflächen auf die Höhe der ermittelten Werte am XCT bzw. Brugger Prüfkörper Reibrolle XCTbzw. Brugger-Wert Beschreibung Anzahl Bearbeitung Anzahl [N/ mm 2 ] oxydischer oxydischer Gruppen Gruppen verwendet am XCT +++++ mit Stein +++ 142,5 geschliffen verwendet am XCT +++++ mit Papier ++++ 225 Körnung 120 geschliffen 62,5 HRC +++ mit Stein +++ 97,1 geschliffen 62,5 HRC +++ mit Papier ++++ 230 Körnung 120 geschliffen 61,9 HRC ++ mit Stein +++ 73,2 geschliffen 61,9 HRC ++ mit Papier ++++ 141,5 Körnung 120 geschliffen Aktuelle Informationen über die Fachbücher zum Thema „Tribologie“ und über das Gesamtprogramm des expert verlags finden Sie im Internet unter www.expertverlag.de Anzeige T+S_4_2018.qxp_T+S_2018 05.06.18 11: 15 Seite 10