Tribologie und Schmierungstechnik
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0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
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JungkGfT-Förderpreis Masterarbeit
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Georg Oidtmann
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Nachrichten 46 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 4/ 2020 Numerische Untersuchung der Einflüsse einer begrenzten Ölmenge auf die Schmierfilmausbildung in Wälzkontakten Numerical investigation of the effects of starved lubrication on the film formation in rolling contacts Georg Oidtmannd * Einleitung Die Lebensdauer und die Effizienz von Wälzlagern werden maßgeblich durch die Schmierfilmausbildung im elastohydrodynamischen (EHD) Kontakt zwischen Wälzkörpern und Lagerringen bestimmt. Durch die vollständige Trennung der Oberflächen werden die Reibung und der Verschleiß des Wälzlagers minimiert. In ölgeschmierten Wälzkontakten steigt die Schmierfilmhöhe in der Regel mit zunehmender Drehzahl bzw. Rollgeschwindigkeit an. Bei Schmierung mit begrenzter Ölmenge wird dieser Anstieg ab einer bestimmten Rollgeschwindigkeit verhindert, da nicht genügend Schmierstoff zur Verfügung steht. Diese Schmierstoffverarmung im Kontakt wird als Starvation bezeichnet und durch die Schmierstoffbereitstellung vor dem Kontakt bestimmt. Das Auftreten von Starvation bewirkt aufgrund der abnehmenden Schmierfilmhöhe je nach Betriebsparametern einen Schmierungszustand in der Mischreibung. Die Folgen sind eine erhöhte Reibung sowie Verschleiß und damit hohe Energieverluste sowie vorzeitige Lagerausfälle, die mit hohen Kosten verbunden sind. Daher spielt die Abschätzung des Schmierungszustandes bei der Auslegung von Wälzlagern eine maßgebliche Rolle. Allerdings ist dies derzeit nur bedingt möglich, da die Einflüsse durch die Betriebsparameter auf die Schmierstoffbereitstellung bei begrenzter Ölmenge nicht vollständig geklärt sind. Insbesondere der Einfluss des Benetzungsverhaltens auf die Schmierstoffbereitstellung in Wälzkontakten ist noch nicht ausreichend untersucht. Ziel dieser Arbeit ist es daher mittels numerischer Strömungssimulationen (Computational Fluid Dynamics - CFD) die Schmierstoffströmung um einen Kontakt abzubilden und ein Modell abzuleiten, mit dem die Schmierstoffbereitstellung vor den Kontakt in Abhängigkeit der Betriebs- und Schmierstoffparameter, wie Rollgeschwindigkeit und Viskosität sowie des Benetzungsverhaltens abgeschätzt werden kann. Dieses Modell wird anschließend genutzt, um die Schmierfilmausbildung bei begrenzter Ölmenge zu berechnen und das Auftreten von Starvation zu identifizieren. Simulationsmodell In dieser Arbeit wird die Geometrie des Wälzkörpers drei Mal variiert. Als Wälzkörper werden Tonnenrollen gewählt. Die Tonnenrollen unterscheiden sich jeweils in ihrer Profilierung in Längsrichtung (z-Richtung). Die Geometrie des Strömungsraumes ist exemplarisch für einen Wälzkörper in Bild 1 dargestellt. Die Schmierfilmhöhe im Kontaktpunkt beträgt für alle Modelle 2 μm. Dieser Wert liegt deutlich über den zu erwartenden Schmierfilmhöhen (typische Schmierfilmhöhen eher im Bereich kleiner 1 μm), jedoch bewirkt eine Reduzierung der Schmierfilmhöhe eine deutliche Abnahme der Netzqualität. Der erwartete Fehler der konstanten Schmierfilmhöhe auf den Meniskusabstand wird als gering eingeschätzt. Eine Betrachtung des Volumenstroms durch den Kontakt im Verhältnis zum gesamten Volumenstrom zeigt, dass lediglich 0,1 % der Strömung durch den Kontakt fließt. Da der Großteil der Strömung nicht durch den Kontakt fließt, sollte der Einfluss der Schmierfilmhöhe auf den Meniskusabstand vernachlässigbar sein. Die Länge des Models beträgt in Strömungsrichtung 40 mm. Der Abstand zwischen zwei hypothetisch aufeinander folgenden Wälzkörpern beträgt somit 20,95 mm. Quer zur Strömungsrichtung werden die Wälzkörper komplett abgebildet. Die Wälzkörper haben eine Breite von 15 mm. Da die Wälzkörper symmetrisch zur Mittellinie der Laufbahn in Rollrichtung sind, wird lediglich eine Hälfte des Wälzkörpers modelliert. Die Breite des Models beträgt somit 7,5 mm. Die Wälzkörper werden im Umfang nicht komplett abgebildet, sodass Effekte der Strömung auf den Wälzkörper vernachlässigt werden. Die Höhe des Models wird so gering wie möglich gewählt, um das Volumen des Strömungsraums gering zu halten, sodass die Zellanzahl und damit die Rechenzeit minimal ist. Um die Schmierstoffbereitstellung bei verschiedenen Betriebs- und Stoffparametern zu ermitteln, wurden die Geometrie, die Geschwindigkeit, die Viskosität, die Oberflächenspannung und das Benetzungsverhalten variiert. Der Einfluss der Geschwindigkeit, der Viskosität und der Oberflächenspannung kann in der Kapillarzahl zusammengefasst werden. Das Benetzungsverhalten GfT-Förderpreis Masterarbeit * Georg Oidtmann, Master of Science RWTH Aachen Institut für Maschinenelemente und Systementwicklung 52062 Aachen Nachrichten 47 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 4/ 2020 wurde über den Kontaktwinkel des Öls auf den Oberflächen verändert. Simulationsergebnisse Bild 2 zeigt den Zusammenhang zwischen Meniskusabstand und der Kapillarzahl für den Wälzkörper R42 bei konstantem Ölvolumen und verschiedenen Kontaktwinkeln. Der Meniskusabstand nimmt in Übereinstimmung mit der Literatur [Nog18] mit zunehmender Kapillarzahl ab. Bei niedrigen Kapillarzahlen ist der Unterschied zwischen dem 55° und 11° Kontaktwinkel noch sehr groß. Der Unterschied nimmt mit zunehmender Kapillarzahl jedoch immer weiter ab. Der Verlauf des Meniskusabstands für die Kontaktwinkel 11° und 44° ist ab einer Kapillarzahl von 0,302 nahezu identisch. Ferner wurde nachgewiesen, dass der Einfluss größerer Kontaktwinkel mit zunehmend höheren Kapillarzahlen wegfällt. Der Verlauf des Kontaktwinkels von 55° zeigt vor allem bei niedrigen Kapillarzahlen einen sehr großen Unterschied im Meniskusabstand zu den beiden anderen Verläufen. Auch bei höheren Kapillarzahlen sind die Meniskusabstände bei 55° höher, jedoch wird der Unterschied mit zunehmender Kapillarzahl geringer. Die Strömungsbilder für die Kontaktwinkel 11° und 55° sind in Bild 2 rechts (1) und (2) dargestellt. Bei einem Kontaktwinkel von 55° lässt sich erkennen, wie die Ölbänder zwischen den Kontakten Tropfen bilden und das zusammenhän- 40 mm 7,5 mm x z y Laufbahn Wälzkörper 2 μm Kontaktmitte x y Wälzkörper Ölbänder Wälzkörper Halber Strömungsraum Bild 1: Darstellung des Strömungsraums um den Wälzkörper 1 2 Ölbandquerschnitt Ölbandquerschnitt R4 m Kontakt 0,28mm 0,045 mm Meniskusabstand in mm Kapillarzahl 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0,5 1 1,5 2 2,5 3 Kontaktwinkel = 55 ° Ölmenge = 25,98 μl 1 Ca = 0,152 R42 u 2 u Ca = 0,152 R42 Kontaktwinkel = 11 ° Ölmenge = 25,98 μl 55 ° 44 ° 11 ° R42 V Öl = 25,98 μl m Kontakt Bild 2: Meniskusabstand in Abhängigkeit der Kapillarzahl und des Kontaktwinkels Nachrichten 48 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 4/ 2020 gende Ölband unterbrochen wird. Diese Tropfenbildung wird vor allem bei niedrigen Kapillarzahlen beobachtet und wurde auch mit optischen Messungen festgestellt [Li18]. Die Ölbänder sind bei größeren Kontaktwinkeln höher, wie in den Ölbandquerschnitten zu erkennen ist. Das Ölband hat bei 55° eine Höhe von 0,28 mm und bei 11° eine Höhe von 0,045 mm. Dass die Ölbandhöhe einen Einfluss auf den Meniskusabstand hat, stimmt mit Erkenntnissen aus der Literatur überein [Svo13], [Liu92], [Chi74]. Näherungsgleichung Mit Hilfe der Methode der kleinsten Fehlerquadrate wurde aus den Simulationsergebnissen eine Näherungsgleichung abgeleitet, mit der der Meniskusabstandes in Abhängigkeit aller untersuchten Einflussgrößen berechnet werden kann. Gleichung 1 zeigt die Formel für den Meniskusabstand. (1) Gleichung 1 kann in Zusammenhang mit den Gleichungen von von H AMROCK und D OWSON [Ham76] verwendet werden, um die Schmierfilmhöhe bei gegebenen Betriebs- und Stoffparametern abzuschätzen. Fazit Es konnte der Einfluss des Elliptizitätsverhältnisses auf den Meniskusabstand ermittelt werden. Die Simulationen zeigen, wie das Öl aufgrund der Geometrie bei größeren Elliptizitätsverhältnissen weiter nach außen verdrängt wird und somit dem nächsten Kontakt zur Schmierung nur noch bedingt zur Verfügung steht. Die Schmierstoffbereitstellung ist also bei geringeren Elliptizitätsverhältnissen höher. Neben der Kapillarzahl und des Elliptizitätsverhältnis wurde zudem der Einfluss der initialen Ölmenge bestimmt. Der Meniskusabstand steigt dabei mit zunehmender Ölmenge. Für den Einfluss des Kontaktwinkels wurde gezeigt, dass für niedrige Kapillarzahlen (Ca < 0,304) der Meniskusabstand vom Kontaktwinkel abhängt. Nachdem der Einfluss der relevanten Parameter ermittelt wurde, konnten die Einflüsse zusammengefasst und eine Näherungsgleichung für den Meniskusabstand abgeleitet werden. Zusammen mit den Formeln von H AMROCK und D OWSON [Ham76] ist es nun erstmals möglich, die Schmierfilmhöhe in Abhängigkeit der Betriebs- und Stoffparameter sowie insbesondere der initialen Ölmenge und des Benetzungsverhalten zu berechnen. Mit Hilfe der Näherungsgleichung kann die Schmierfilmausbildung bei begrenzter Ölmenge berechnet und das Auftreten von Starvation identifiziert werden. Literatur [Ham76] Hamrock et al.: Isothermal elastohydrodynamic lubrication of point contacts IV - starvation results, 1976. [Li18] Li, X. M. et al.: Regulation of lubricant supply by wettability gradient in rolling EHL contacts. In Tribology International, 2018, 120; S. 565-574. [Svo13] Svoboda, P. et al.: Experimental study of starved EHL contacts based on thickness of oil layer in the contact inlet. In Tribology International, 2013, 67; S. 140- 145. [Liu92] Liu, J.; Wen, S.: Fully flooded, starved and parched lubrication at a point contact system. In Wear, 1992, 159; S. 135-140. [Chi74] Chiu, Y. P.: An Analysis and Prediction of Lubricant Film Starvation in Rolling Contact Systems. In A S L E Transactions, 1974, 17; S. 22-35. ! " # $ % # && ' # ( (