Tribologie und Schmierungstechnik
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JungkMitteilungen der GfT | Junge Tribologen
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Nachrichten 74 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 5-6/ 2020 welche gerne die Weihnachtszeit in südlichen Gefilden verbringen, haben wir einige tribologische Hinweise zum Sonnenschutz. Wie mögen Sie ihre Schokolade am liebsten? Eine knackige dunkle Schokolade oder eher eine weiche Vollmilchschokolade, die auf der Zunge zergeht? Jeder hat seine Präferenzen, was den Geschmack der Schokolade angeht, aber auch das Mundgefühl spielt eine wichtige Rolle beim Genuss. Diese Analogie lässt sich auch auf Pflegeprodukte wie z. B. Sonnencreme übertragen, hier sind Kriterien wie Geruch, Haptik und nicht zuletzt der Schutzfaktor von Bedeutung. An dieser Stelle lassen sich nun einige Eigenschaften triologisch charakterisieren. Der Genuss der Schokolade beginnt mit dem ersten Abbeißen von der Tafel und dem damit verbundenen charakteristischen „Knacken“. Danach beginnt die Schokolade ihre tribologische Reise. Der Mund kann in verschiedene tribologische Systeme unterteilt werden - dies soll in Bild 1 verdeutlicht werden. Das betrachtete Tribosystem ist die Zunge mit den entsprechenden Rezeptoren für die sensorische Wahrnehmung der Schokolade, die gegen den Gaumen bewegt wird. Entsprechend der Wechselwirkungen zwischen Zunge, Gaumen und dem Lebensmittel entsteht ein spezifisches Reibverhalten. Dieses Reibverhalten soll in tribologischen Untersuchungen charakterisiert werden und so Korrelationen zwischen tribologischen Größen und der sensorischen Wahrnehmung eines Lebensmittels aufzeigen. Der Schwerpunkt der „Jungen Tribologen“ liegt auf der Annäherung junger Wissenschaftler an das Gebiet der Tribologie. Damit möchte der Arbeitskreis das Gebiet der Tribologie und die permanente Verbreitung des tribologischen Wissens unterstützen. Zusätzlich wollen wir jungen Menschen eine Plattform bieten, um ein Netzwerk für den Erfahrungs- und Wissensaustausch in einer lockeren und freundlichen Atmosphäre aufzubauen, und durch einfach gestaltete Experimente die Tribologie einem breiten Publikum näherbringen. Die Organisation, Gestaltung und Umsetzung tribologischer Experimente wird aktuell von fünf Mitgliedern der Arbeitsgruppe verantwortet. In der Regel wird jährlich ein Experiment auf der Tribologie-Fachtagung in Göttingen einem breiten Publikum vorgestellt, zusätzlich dienen diese auch als Vorführobjekt an Universitäten und Hochschulen. Mit den Experimenten werden grundlegende tribologische Problemstellungen untersucht, um unterschiedliche Auswirkungen der tribologischen Systemelemente aufzuzeigen. Bisher wurden bereits fünf Generationen von Experimenten aufgebaut. Die vierte und fünfte Generation wollen wir nun vorstellen: Passend zu Jahreszeit beschäftigt sich dieser Beitrag mit kalorienorientierter Tribologie und für diejenigen Leser, Mitteilungen der GfT | Junge Tribologen Spiel, Spaß und Spannung im Auftrag der Tribologie - Experimente der Jungen Tribologen - Bild 1: Tribologisches System Mund TuS_5_6_2020.qxp_TuS_Muster_2020 09.12.20 16: 09 Seite 74 Nachrichten 75 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 5-6/ 2020 Zur Charakterisierung wurde eine Tribozelle von Anton Paar herangezogen; Test-Setup, Probenpräparation und Belastungskollektiv sind in Bild 2 dargestellt. Ziel des Experimentes war es, die Eigenschaften von unterschiedlichen Schokoladen in dem natürlich gegebenen tribologischen System „Mund“ mittels der Kenntnis zum Verhalten tribologischer Kenngrößen zu quantifizieren. Als Kenngrößen zählen im vorliegenden Experiment die folgenden: • die Reibungszahl (als Kenngröße zur Quantifizierung von Reibung zwischen Festkörper und Festkörper, deren Oberflächen durch einen Zwischenstoff voneinander getrennt werden) • die Viskosität (als Kenngröße zur Quantifizierung von Reibung in Flüssigkeiten) Neben der Quantifizierung dieser Kenngrößen mussten die Teilnehmer ebenso das qualitative Verhalten der Kenngrößen in Abhängigkeit vom Einfluss der folgenden Parameter abschätzen: • Kraft (als Parameter, der die Belastung der Schokolade während des Kauens widerspiegelt) • Relativgeschwindigkeit (als Parameter, der die Geschwindigkeit des Kauens der Schokolade und somit auch die Zungenbewegung widerspiegelt) • Spalthöhe (als Parameter des Abstandes zwischen Zunge und Gaumen) • Stoff- und Formpaarung (als Parameter, der die Oberflächenbeschaffenheit und die Festkörpereigenschaften von Zunge und Gaumen widerspiegelt - z. B. Rauigkeit und Festigkeit) • Additive (als Parameter, der die Eigenschaften der Schokoladenbeschaffenheit bestimmt) Das Experiment wurde an unterschiedlichen Arten von Schokoladen durchgeführt, wobei die Teilnehmer die quantitative und qualitative Zuordnung anhand eines Fragebogens (Bild 3) vornehmen mussten. Hierfür wur- Bild 2: Test-Setup, Probenpräparation und Belastungskollektiv - „Tribo-Chocolate“ TuS_5_6_2020.qxp_TuS_Muster_2020 09.12.20 16: 09 Seite 75 Nachrichten 76 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 5-6/ 2020 den den Teilnehmern die ermittelten Stribeckkurven zur Verfügung gestellt. Neben schokoladenen Aussichten soll nun die Sonnenseite der Tribologie betrachtet werden. Hierfür wurde ein Experiment mit dem Namen „Anti- Skin-Wear“ entwickelt. Ziel war es, die Eigenschaften von unterschiedlicher Sonnencreme mit tribologischen Kennwerten zu quantifizieren. Diese Kennwerte wurden dann, durch Teilnahme am Experiment über das natürliche tribologische System „Haut“ überprüft. Eine Korrelation zwischen wissenschaftlich ermittelten Kennwerten und den Probandendaten wurde anschließend mit einem Fragenbogen überprüft. Bild 4 zeigt hierbei das Test-Setup, die Proben und das Belastungskollektiv. Besonders hervorzuheben ist die Verwendung von künstlicher Haut, um sicherzustellen, dass eine Korrelation der Haptik zwischen dem Teilnehmer und den ermittelten Daten gegeben war. Auch hier wurde den Teilnehmern ein Fragebogen (Bild 5) zur Verfügung gestellt, um das tribologische „Fingerspitzengefühl“ abzufragen. Diese zwei Experimente verdeutlichen wieder, dass Tribologie einfach mehr ist als nur Maschinenelemente und für diverse Fragestellungen herangezogen werden kann. Abschließend kann gesagt werden, dass auch die Jungen Tribologen bei der Entwicklung der Experimente an ihre Leistungsgrenzen gestoßen sind. Zu viel Schokolade an einem Tag sorgt nicht immer für gute Laune, und ein perfekter Sonnenschutz ist auch nicht mit einer erhöhten Menge an Sonnencreme gegeben! An dieser Stelle danken wir der Firma Anton Paar und Florian Rummel für die Unterstützung und Bereitstellung der Messmittel. Mit viel Kreativität und körperlichem Einsatz versuchen die Jungen Tribologen mit ihren Experimenten auch andere Technologien und Märkte für dieses interdisziplinäre Fachgebiet zu gewinnen. Hierbei wurde mit einfachen Experimenten und Beispielen die Tribologie „erlebbar“ und „schmackhaft“ umgesetzt, um weiterhin die Sensibilität und das Bewusstsein für dieses Wissenschaftsgebiet zu fördern, denn „Tribologie ist mehr als nur …“ Autoren: Anton Kalimullin, Sebastian Wandel, Max Baumann, Dennis Mallach, Stephan Henzler, Florian Rummel Bild 4: Test-Setup, Probenpräparation und Belastungskollektiv - „Anti-Skin-Wear“ Bild 5: Fragebogen - „Anti-Skin-Wear“ TuS_5_6_2020.qxp_TuS_Muster_2020 09.12.20 16: 09 Seite 76
