eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 67/5-6

Tribologie und Schmierungstechnik
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expert verlag Tübingen
1201
2020
675-6 Jungk

Mitteilungen der ÖTG

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2020
Adam Agocs
András Lajos Nagy
József Perger
Jan Rohde-Brandenburger
Bettina Ronai
Charlotte  Besser
Nicole Dörr
Wichtige Anforderungen an moderne Verbrennungsmotoren sind geringere Emissionswerte durch verringerten Kraftstoffverbrauch, höhere Leistungsdichte und längere Wartungsintervalle. Daher steigen die Anforderungen an alle Maschinenkomponenten, einschließlich der Motoröle. Der Ölzustand – bestimmt durch Additivabbau, Bildung von Alterungsprodukten und Kontaminationen – hat großen Einfluss auf die tribologische Leistungsfähigkeit [1-4]. Da die Ölalterung von zahlreichen Betriebsparametern abhängt, sind dazu Untersuchungen im realen Betrieb notwendig. Eine umfangreiche Feldstudie ausgewählter PKWs wird präsentiert, in der chemische Ölzustandsindikatoren mit Betriebsparametern korreliert werden.
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Nachrichten 78 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 5-6/ 2020 1 Durchführung der Feldstudie 12 PKWs wurden zwischen September 2019 und März 2020 in die Studie einbezogen. Die Flotte umfasst diverse Modelle eines deutschen Herstellers mit Selbstzündungs-Direkteinspritzung (CIDI, „Dieselfahrzeuge“) und Vierzylinder-Turbomotoren mit Direkteinspritzung und Funkenzündung (DISI, „Ottofahrzeuge“) in verschiedenen Leistungsklassen. Die Ottofahrzeuge können hinsichtlich ihrer Nutzung in „Langstreckenfahrzeuge“ und „Kurzstreckenfahrzeuge“ eingeteilt werden, abhängig von Fahrtdauer und Durchschnittsgeschwindigkeit. Bild 1 zeigt die Zusammenstellung der Flotte. Mittels integrierten Flottenverfolgungssystems wurden Daten, wie Fahrgeschwindigkeiten und Kilometerzählerstände, mit einem Abtastintervall von 10 Sekunden sowie Beginn und Ende jeder Fahrt aufgezeichnet. Die gesammelten 48 Gebraucht-Motorölproben wurden hinsichtlich ihrer chemisch-physikalischen Änderungen mit folgenden Methoden der Ölzustandsanalyse charakterisiert: • Kraftstoffverdünnung mittels Gaschromatographie und Flammenionisationsdetektion • Kinematische Viskosität (40 °C, 100 °C) und Viskositätsindex mittels Stabinger-Viskometer • Oxidation, Nitration, Rußgehalt, Restmengen von Antioxidantien und Verschleißschutzadditiv mittels Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie • Neutralisationszahl (NZ) und Gesamtbasenzahl (TBN) mittels Titration • Elementzusammensetzung mittels optischer Emissionsspektroskopie Überdies wurde eine Hauptkomponentenanalyse (PCA) durchgeführt. Diese ist eine explorative Methode, bei der eine Dimensionsreduktion und eine Darstellung der Daten durch Linearkombination erfolgt. Der sogenannte Score-Plot bildet die Objekte (hier die gesammelten Ölproben) in einem neuen Koordinatensystem als Punkte ab. Aus der Lage der Punkte zueinander können Ähnlichkeiten bzw. Unterschiede zwischen den Ölproben abgeleitet werden. 2 Ergebnisse und Schlussfolgerungen Hinsichtlich Viskosität zeigten Diesel- und Langstrecken-Ottofahrzeuge nur geringfügige Änderungen, wohingegen bei Kurzstrecken-Ottofahrzeugen eine signifikante Verringerung beobachtet wurde. Dies ist auf unterschiedliche Kraftstoffverdünnungen zurückzuführen. Weiters wurde bei Dieselfahrzeugen ein höherer Rußgehalt, jedoch geringere Oxidation und Nitration sowie ein langsamerer Abbau der Antioxidantien und des Verschleißschutzes beobachtet. Trotz des schnelleren Additivabbaus zeigten Ottofahrzeuge geringeren Verschleiß Mitteilungen der ÖTG Feldstudie über die Motorölalterung in Personenkraftwagen Adam Agocs, András Lajos Nagy, József Perger, Jan Rohde-Brandenburger, Bettina Ronai, Charlotte Besser, Nicole Dörr* Wichtige Anforderungen an moderne Verbrennungsmotoren sind geringere Emissionswerte durch verringerten Kraftstoffverbrauch, höhere Leistungsdichte und längere Wartungsintervalle. Daher steigen die Anforderungen an alle Maschinenkomponenten, einschließlich der Motoröle. Der Ölzustand - bestimmt durch Additivabbau, Bildung von Alterungsprodukten und Kontaminationen - hat großen Einfluss auf die tribologische Leistungsfähigkeit [1-4]. Da die Ölalterung von zahlreichen Betriebsparametern abhängt, sind dazu Untersuchungen im realen Betrieb notwendig. Eine umfangreiche Feldstudie ausgewählter PKWs wird präsentiert, in der chemische Ölzustandsindikatoren mit Betriebsparametern korreliert werden. Schlüsselwörter Motoröl, Ölalterung, Flottenversuch, Verschleiß, Verbrennungsmotor Kurzfassung * Adam Agocs, BSc 1,2 , András Lajos Nagy 3 , Dr. József Perger 4 , Dr. Jan Rohde-Brandenburger 3 , Bettina Ronai, BSc 1,2, Dr.rer.nat. Mag. Charlotte Besser 1 , Priv.Doz. Dr.techn. DI Nicole Dörrr 1 1 AC2T research GmbH, 2700 Wiener Neustadt, Österreich 2 TU Wien, Institut für Chemische Technologien und Analytik, 1060 Wien, Österreich 3 Széchenyi István Universität, Lehrstuhl für Verbrennungsmotoren und Antriebstechnologie, 9026 Győr, Ungarn 4 AUDI HUNGARIA Zrt, 9027 Győr, Ungarn TuS_5_6_2020.qxp_TuS_Muster_2020 09.12.20 16: 09 Seite 78 Nachrichten 79 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 5-6/ 2020 (Eisengehalt in den Ölen), was darauf hindeutet, dass in beiden Motortypen unterschiedliche Verschleißmechanismen vorherrschen. So wurde festgestellt, dass der Verschleiß in Ottomotoren überwiegend durch den Abbau des Verschleißschutzadditivs bedingt ist, bei Dieselfahrzeugen hauptsächlich von Ruß und seinen abrasiven Effekten beeinflusst wird. Bild 2 zeigt einen PCA Score-Score-Plot, in dem die Ölproben den 3 Kategorien Kurz- und Langstrecken-Ottofahrzeuge sowie Dieselfahrzeuge zugeteilt sind. PC1 entspricht dem chemischen Alterungsverlauf (zunehmende Oxidation, Nitration und NZ; abnehmende TBN). PC2 wird hauptsächlich durch abnehmende Viskosität und zunehmendem Viskositätsindex beschrieben. Die 3 Gruppen sind deutlich voneinander getrennt, was die oben diskutierten Unterschiede unterstreicht. Ölproben der Langstrecken-Ottofahrzeuge trennen sich entlang PC1 von den Dieselmotorenölen vor allem wegen der schnelleren chemischen Alterung. Außerdem ergibt sich eine Trennung von Kurz- und Langstrecken-Ottofahrzeugen entlang PC2. Grund dafür sind die Änderungen in der Viskosität und dem Viskositätsindex. 3 Danksagung Die präsentierten Ergebnisse wurden in Forschungsprojekten mit finanzieller Unterstützung seitens der beteiligten Projektpartner und des österreichischen COMET- Programms (K2-Projekt InTribology, Nr. 872176) erarbeitet. 4 Literatur [1] Dörr, N. et al.: Engine oils in the field - A comprehensive chemical assessment of engine oil degradation in a passenger car. Tribology Letters 67: 68, 2019 [2] Agocs, A. et al.: Production of used engine oils with defined degree of degradation in a large-scale device. Acta Technica Jaurinensis 13(2), 131-150, 2020 [3] Nagy, A. L. et al.: A friction and wear study of laboratory aged engine oil in the presence of diesel fuel and oxymethylene ether. Tribology-Materials, Surfaces & Interfaces 13(1), 20-30, 2019 [4] Nagy, A. L. et al.: Investigation of Used Engine Oil Lubricating Performance Through Oil Analysis and Friction and Wear Measurements. Acta Technica Jaurinensis 12(3), 237-251, 2019 130 140 155 185 221 SUV Cabrio Limousine Kombi Sportback Diesel Otto Langstrecke Kurzstrecke Leistung (kW) Motortyp Fahrzeugklasse Nutzung Bild 1: Zusammensetzung der untersuchten PKW-Flotte Abnehmende Viskosität Zunehmende Alterung PC1 Scores (44,9 % Varianz) PC2 Scores (19,4 % Varianz) Diesel Langstrecke Otto Kurzstrecke Otto Langstrecke Frischöl Bild 2: PCA Score-Score-Plot, die Ölproben sind den 3 Kategorien Kurzstrecken-Ottofahrzeuge, Langstrecken- Ottofahrzeuge und Dieselfahrzeuge zugeteilt TuS_5_6_2020.qxp_TuS_Muster_2020 09.12.20 16: 09 Seite 79