eJournals

Vox Romanica
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1992
511 Kristol De Stefani
VOX ROMANICA 51 · 1992 VOX ROMANICA ANNALES HELVETICI EXPLORANDIS LINGUIS ROMANICIS DESTINATI CONDITIAB J.JUD ETA.STEIGER EDITI AUSPICIIS COLLEGII ROMANICI HELVETIORUM A RICARDA LIVER ET PETER WUNDERLI 51·1992 FRANCKE VERLAG BASEL Herausgeberkommission: Michel Burger (Universität Genf), Alexi Decurtins (Dicziunari rumantsch grischun), Rudolf Engler (Universität Bern), Marc-Rene Jung (Universität Zürich), Andres Kristol (Universität Zürich), Georges Lüdi (Universität Basel), Zygmunt Marzys (Universität Neuenburg), Federico Spiess (Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana), Frans;:ois Voillat (Glossaire des patois de la Suisse romande). Publiziert mit Unterstützung der Schweizerischen Akademie der Geisteswissenschaften Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved A. Francke Verlag Basel und Tübingen ISSN 0042-899 X ISBN 3-7720-2191-3 Satz und Druck: Laupp & Göbel, Nehren Buchbinderische Verarbeitung: Braun & Lamparter, Reutlingen Printed in Germany Inhalt Der Zeiten Lauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI G. Lüor, Gerold Hilty: 30 Jahre im Dienste der Vox Romanica XV S.HErNIMANN, Briefe von Jakob lud an Hugo Schuchardt . . . 1 RrcARDA LrVER, «Rationale signum et sensuale. » Concezione linguistica e stile nel prima libro del De vulgari eloquentia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 EDELTRAUD WERNER, Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen - Systemanalyse und Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 P. WuNDERLI, Le systeme des «pronoms personnels» en moyen franr; ais . . . . . 83 P. VAN REENENILENE SCH0SLER, Ancien et moyen franqais: Si «thematique». Analyse exhaustive d'une serie de textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 R. MARTIN, L'article TENIR du Dictionnaire du Mayen Franqais (DMF) . . . . . 129 G. Dr STEFANO, La notion de corpus en moyenfranqais. A l'occasion du «Dictionnaire des locutions en moyen fran1,ais» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 W. ZwANENBURG, Composition savante et moyen franr;ais . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 BIRGIT GERECKE, Kopplungsadverbien, «ci», «qa», «la» und «illec» im Mitte/ französischen 179 M. PrnRRARD, La nominalisation de propositions et la distinction conjonctionlrelatif . . . . 195 MARIA DoLORES GoRDON PERAL, Nuevas aportaciones a la lexicologfa hispdnica. Derivados del lat. vg. FICTus en Castellano y Mozaraba . 211 Besprechungen . . . . . . . . 221 Nachruf auf Heinrich Lausberg 309 Nachrichten 313 Indices . . . . . . . . . . . . . 329 Besprechungen - Comptes rendus ROBERT MARTIN, Pour une logique du sens, 2 e edition revue et augmentee (P. Wunderli) 221 JEAN DAvrn/ GEORGES KLEIBER (ed.), Determinants: Syntaxe et semantique. Colloque International de linguistique organise par la Faculte des Lettres et Sciences Humaines de Metz, Centre d'Analyse Syntaxique (6-8 decembre 1984) (P. Wunderli) . . . . . . 223 PETER KocHITHOMAS KREFELD (ed.), Connexiones Romanicae. Dependenz und Valenz in romanischen Sprachen (Edeltraud Werner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 GEORG BossoNG, Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie in der Romania. Von den Anfängen bis August Wilhelm Schlegel. (Edeltraud Werner) . . . . . . . . 231 MICHELANGELO PrcoNE, Il racconto (C. Wittlin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 JuAN PAREDES Nü1srnz (ed.), Literatura yfantasia en la Edad Media (C. Wittlin) . . . . 234 AUGUST DAUSES, Theorien des Sprachwandels. Eine kritische Übersicht (R. de Dardel) 234 J6zsEF HERMAN, Du latin aux langues romanes. Etudes de linguistique historique reunies par SANDOR Krss, avec une preface de de JACQUES MONFRIN (Ricarda Liver) . . . . . 237 MARTIN HARRIS/ NIGEL VrNCENT (ed.), The Romance Languages (R. de Dardel) . . . . . 240 ROGER WRIGHT (ed.), Latin and the Romance Languages in the Early Middle Ages (B. Löfstedt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 HANS GEISLER, Akzent und Lautwandel in der Romania (P. Wunderli) . . . . . . . . . . 249 VI Besprochene und angezeigte Werke BIRTE STENGAARD, Vida y Muerte de un Campo Semantico. Un estudio de la evoluci6n semantica de los verbos latinos stare, sedere e iacere del latfn al romance del s. XIII (C. Wittlin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Actes du XV/ Ir Congres International de Linguistique et de Philologie Romanes, Universite de Treves (Trier) 1986. III: Grammaire diachronique et histoire de la langue; Dialectologie et geographie linguistique; Textes non-litteraires (B. Löfstedt) . . . . . . 260 WOLFGANG PöcKL/ FRANZ RAINER, Einführung in die romanische Sprachwissenschaft (R. de Dardel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 HARTWIG KALVERKÄMPER (ed.), Fachsprachen in der Romania (C. Wittlin) . . . . . . . . 262 WILHELM PoETTERS, Begriff und Struktur der Novelle. Linguistische Betrachtungen zu Boccaccios «Falken» (J.-C. Mühlethaler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 W. DAHMEN/ O. GsELL/ G. HoLTUs/ J. KRANER! M. METZELTIN/ O.WINKELMANN (ed.), Zum Stand der Kodifizierung romanischer Kleinsprachen. Romanistisches Kolloquium (Ricarda Liver) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 DARIO PETRINI, La koine ticinese. Livellamento dialettale e dinamiche innovative (P. Wunderli) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 GrovAN BATTISTA PELLEGRINI, La genesi del retoromanzo (o ladino) (Ricarda Liver) . . . 271 JOACHIM SCHULZE, Sizilianische Kontrafakturen. Versuch zur Frage der Einheit von Musik und Dichtung in der sizilianischen und sikulo-toskanischen Lyrik des 13. Jahrhunderts (Grazia Lindt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 CHARLES DAHLBERG, The Literature of Unlikeness (R. Trachsler) . . . . . . . . . . . . . 276 M. SHEPHERD, Tradition and Re-creation in the Thirteenth-Century Romance: »La Manekine» and »Jehan et Blonde» by Philippe de Remi (H. Klüppelholz) . . . . . . . . 278 MICHELLE SzKILNIK, L'Archipel du Graal. Etude de l'«Estoire del Saint Graal» (R. Trachsler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 EDELGARD E. DuBRUCK,(ed.), La Passion Isabeau. Une edition du manuscrit Fr. 966 de Ja Bibliotheque Nationale de Paris avec une introduction et des notes (C. Wittlin) . . . 281 ToBLER-LOMMATZSCH, Altfranzösisches Wörterbuch. Adolf Toblers nachgelassene Materialien, bearbeitet und herausgegeben von Erhard Lommatzsch, weitergeführt von Hans Helmut Christmann, 89. Lieferung, Zweite Lieferung des 11. Bandes, venteler-vi"aire (Th. Städtler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 MAURICE GREVISSE, Le bon usage. Grammaire fran9aise. Douzieme edition refondue par ANDRE GoossE (Edeltraud Werner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 L'Ordre des mots enfram,;ais (K. Hansen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 CHRISTIANE BEINKE, Der Mythos «franglais». Zur Frage der Akzeptanz von Angloamerikanismen im zeitgenössischen Französisch mit einem kurzen Ausblick auf die Anglizismen-Diskussion in Dänemark (C. Wittlin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 BRIGITTE PALAZZOLo-NöDING, Drei Substandardregister im Französischen: «familier», «populaire», «vulgaire». Ergebnisse einer Wörterbuchuntersuchung und einer Umfrage in Draguignan (Petra M. E. Braselmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 SABINE LORENZ, Die Konkurrenz zwischen dem «futur simple» und dem «futur periphrastique» im geschriebenen Französisch der Gegenwart (Barbara Schäfer) 305 ÜRLANDO GRoSSEGESSE, Konversation und Roman (A. Schor) . . . . . . . . . . . . . . 307 Mitarbeiter des 51. Bandes (kursiv gedruckt sind die Seiten der Originalartikel) A.Arens ..... Petra Braselmann . R.de Dardel . . . Birgit Gerecke .. 309 302 .234, 240, 262 179 Maria Dolores Gord6n Peral . K.Hansen .. 211 291 S.Heinimann . H.Klüppelholz Grazia Lindt . Ricarda Liver . B.Löfstedt G.Lüdi .. R. Martin . 1 278 274 .lX, 41, 237, 265, 271 .248, 260 Xlll 129 J.-Cl.Mühlethaler 263 M.Pierrard ... 195 P.van Reenen . 101 Barbara Schäfer 305 A.Schor ... 307 Lene Sch\'lsler . 101 Th.Städtler .. 284 G.di Stefano . 165 R.Trachsler...... 276, 280 Edeltraud Werner..... 57, 224, 231, 289 C.Wittlin ...233, 234, 258, 262, 281, 301 P.Wunderli ...lX, 83, 221, 223, 249, 267 W.Zwanenburg ......... . .. 169 Dieser Band ist Gerold Hilty aus Anlaß seines 65. Geburtstags am 12. August 1992 in Dankbarkeit für seinen fast dreißigjährigen Einsatz für die Vox Romanica und in Anerkennung seines wissenschaftlichen Werkes gewidmet Der Zeiten Lauf Mit dem 51. Band übernehmen Ricarda Liver (Bern) und Peter Wunderli (Düsseldorf) auf Beschluß des vom Collegium Romanicum bestellten Kuratoriums die Redaktion der Vox Romanica von Gerold Hilty (Zürich). Ihm gehört unser herzlicher und aufrichtiger Dank dafür, daß er während fast dreißig Jahren die von Jakob Jud imd Arnald Steiger 1936 in einer äußerst schwierigen Situation begründete schweizerische romanistische Fachzeitschrift (cf. VRom. l [1936]: ls.) in aufopfernder Weise betreut und ihr internationales Ansehen trotz zahlreicher Schwierigkeiten nicht nur bewahrt, sondern weiter gemehrt hat. Dank dem großen Einsatz ihrer Begründer überstand die Vox Romanica die schwierige Zeit des 2. Weltkrieges unbeschadet. 1952 verstarb dann Jakob Jud (cf. VRom. 12 [1951/ 52]: 1x-x1x), und das gemeinsam begonnene Werk wurde von Arnald Steiger mit großer Energie und trotz vielfältiger Probleme allein weitergeführt. Nach seinem vorzeitigen Tod im Jahre 1963 war die Vox Romanica verwaist. Unter dem Dach des Collegium Romanicum übernahmen es Carl Theodor Gossen, Gerold Hilty und Toni Reinhard, das Überleben einer schweizerischen Romanistenzeitschrift sicherzustellen und sie im Rahmen ihrer ursprünglichen Konzeption fortzuführen natürlich unter Berücksichtigung der veränderten Forschungslage, die sich in fast drei Jahrzehnten ergeben hatte (cf. VRom. 23 [1964]: ls.). Das «Triumvirat» sollte allerdings nur kurze Zeit Bestand haben, denn bereits 1965 verstarb Toni Reinhard völlig unerwartet (cf. VRom. 24 [1965]: 1-4). Carl Theodor Gossen und Gerold Hilty teilten sich nun bis zu Gossens Tod im Jahre 1983 in die Redaktionsarbeit (cf. VRom. 41 (1982]: l-10). Von da an lastete die ganze Bürde wieder auf den Schultern eines einzigen Herausgebers - und dies für rund zehn Jahre. Gerold Hilty zieht sich von diesem mühsamen Geschäft zum Zeitpunkt seiner Emeritierung zurück; er kann mit Stolz auf 50 Jahrgänge der Vox Romanica zurückblicken, von denen mehr als die Hälfte ihr Erscheinen seiner sachkundigen Betreuung verdankt. Die neuen Herausgeber sind mit dem Schicksal der Vox Romanica schon seit langen Jahren in der einen oder anderen Form befaßt und kennen die Probleme eines hochspezialisierten Fachorgans mit äußerst begrenztem Leserkreis zur Genüge. Dies wird sie allerdings nicht hindern, die Konzeption der Gründer beizubehalten: Die Vox Romanica soll eine schweizerische romanistische Zeitschrift mit internationaler Öffnung (auch über Europa und die USA hinaus) bleiben. Natürlich gilt auch heute wieder, was schon 1963 gegolten hatte: Die Romanistik hat sich weiterentwickelt, ältere Arbeitsgebiete stehen nicht mehr XII Der Zeiten Lauf gleichermaßen im Vordergrund und neue Forschungsschwerpunkte machen ihnen den Rang streitig. Die traditionellen Arbeitsgebiete werden auch weiterhin ihren gesicherten Platz in der Vox Romanica haben, aber auch neuere Strömungen wie Soziolinguistik, Pragmatik, Diskursanalyse, «neue» Rhetorik usw. sollen in ihr zu Gehör kommen. Wir laden deshalb alle schweizerischen Romanisten in allen vier Landesteilen ein, die Vox Romanica als IHR Publikationsorgan par exellence zu betrachten ganz unabhängig von der von ihnen vertretenen Forschungsrichtung; wir würden uns über ein reiches Angebot an publikationswürdigen Manuskripten freuen. Nicht weniger willkommen sind uns aber auch gehaltvolle Arbeiten nicht aus der Schweiz stammender oder in der Schweiz wirkender Kollegen. Gleichzeitig bitten wir alle an unserer Zeitschrift Interessierten, sich aktiv an dem seit einiger Zeit überall und immer mehr verfallenden Rezensionswesen zu beteiligen und so zu einer möglichst umfassenden Information der Leser beizutragen. * Die wechselvolle Geschichte der Vox Romanica betrifft nicht nur ihre Herausgeber, sie macht auch vor dem Verlag, in der sie erscheint, nicht halt. Die Zeitschrift war ursprünglich eine Gemeinschaftsproduktion der Verlage Niehans und Droz (wobei Niehans die führende Rolle zukam). 1942 erfolgte dann der Wechsel zu Eugen Rentsch, wo die Zeitschrift allerdings nur bis 1946 verblieb. Von da an trug sie ständig das Impressum des A. Francke-Verlags, doch hat sich hinter diesem Etikett in den letzten Jahren einiges getan. Ende der 80er Jahre schritt der Inhaber zur sukzessiven Auflösung seines Unternehmens. Ein erster Teil (u.a. mit Francke München) wurde an die Verlagsgruppe G. Narr in Tübingen veräußert. Der in Bern domilizierte Rest (u.a. mit der Vox Romanica und den Romanica Helvetica) ging 1989 in den Besitz des K. G. Saur Verlags (München) über, der selbst zur Verlagsgruppe Reed International P.L.C. gehört. Die doppelte Nutzung des Namens Francke in Deutschland führte zu schwierigen juristischen Problemen, die im April 1992 dahingehend bereinigt wurden, daß Gunter Narr auch den bei Saur angesiedelten Teil des Francke-Verlags fast vollständig übernahm. Wir freuen uns, daß sowohl die Vox Romanica als auch die Romanica Helvetica nun wieder in einem romanistisch profilierten Verlag angesiedelt sind und hoffen auf eine lange und fruchtbare Zusammenarbeit. * Der vorliegende Band enthält einen allgemeinromanistischen Beitrag, eine italianistische Arbeit, eine kontrastive italienisch-französische Studie, eine Untersuchung zum Französischen und einen hispanistischen Artikel. Dazu kommt noch ein besonderer Schwerpunkt im Bereich des Mittelfranzösischen. Neben dem Der Zeiten Lauf XIII review article von Birgit Gerecke sind fünf Beiträge aufgenommen worden, die auf dem 7. Internationalen Kolloquium über das Mittelfranzösische (Gent, 16./ 17. Mai 1991) präsentiert wurden; es handelt sich um Arbeiten von P. Wunderli, P. van Reenen/ Lene Sch0sler, R. Martin, G. di Stefano und W. Zwanenburg. Die übrigen Kolloquiumsbeiträge werden in den Zeitschriften Travaux de Linguistique und Le Mayen Fraru; ais erscheinen. Wir hoffen, daß diese Zusammenarbeit auch in Zukunft bei Bedarf fortgesetzt werden kann und es erlauben wird, weitere Bände mit einem deutlichen thematischen Schwerpunkt zu realisieren. Ricarda Liver! Peter Wunderli Gerold Hilty: 30 Jahre im Dienste der Vox Romanica Lieber Gerold, gleich in den ersten sprachwissenschaftlichen Proseminaren am Zürcher Romanischen Seminar waren wir anfangs der 60er Jahre auf die Vox Romanica hingewiesen worden, die uns als Arbeitsinstrument rasch vertraut wurde. Wie groß war da unser Erstaunen, als eines Tages ein aufgeregter älterer Kommilitone in den kleinen Seminarraum kam, in welchem wir regelmäßig arbeiteten, und uns das Titelblatt des neuesten Faszikels zeigte: Ehrfürchtig und auch ein bißchen stolz lasen wir den Namen <unseres> Professors zwischen jenen von Carl Theodor Gossen und Toni Reinhardt. Der Tod Deines Lehrers Arnald Steiger im Jahre 1963 hatte die von ihm und Jakob Jud 1936 in schwierigen Zeiten gegründete Zeitschrift verwaist zurückgelassen. Wenige Semester zuvor auf den Zürcher Lehrstuhl berufen, hattest Du mit den beiden Kollegen - und mit der Unterstützung des Collegium Romanicum den Mut gehabt, die Herausforderung der Weiterführung der renommierten Zeitschrift in einer veränderten Publikationslandschaft anzunehmen. Wegen des allzu frühen Todes Reinhardts 1965 teiltest Du dann die Verantwortung für die Zeitschrift für fast 20 Jahre mit Deinem Basler Kollegen und Freund Gossen. Nach dessen Hinschied hast Du schließlich während eines vollen Jahrzehnts die ganze Arbeitslast weitgehend allein getragen - und hast dabei überdies in den letzten Jahren einen doppelten Verlegerwechsel mit all den damit verbundenen lästigen Umtrieben durchgestanden. Nun wünschtest Du, ab Band 50 die Verantwortung an ein jüngeres Redaktorenteam abzutreten. Zwar ungern nur, aber glücklich über die von Dir vorbereitete Nachfolge, ist die Herausgeberkommission Deinem Wunsche nachgekommen. So erscheint dieser Band der Vox, <Deiner> Vox, nach dreißig Jahren zum ersten Mal ohne Deinen Namen auf dem Frontispiz. Grund genug, nicht nur im Namen der ganzen nationalen und internationalen Romanistengemeinde ein herzliches Dankeschön zu sagen, sondern auch einen Augenblick auf die drei Jahrzehnte der von Dir entscheidend mitgeprägten Geschichte unserer Zeitschrift zurückzublicken. Rückblick und Ausblick nanntet ihr 1963 eine kurze, das erste von Euch betreute Faszikel einleitende Standortbestimmung (ls.). Diese betraf zunächst eine inhaltliche Öffnung. Standen 1936 noch Dialektologie und Sprachgeographie im Vordergrund, so beanspruchten daneben, meintet ihr, «heute in der schweizerischen Romanistik andere Gebiete, wie die Geschichte der romanischen Schriftsprachen und der mittelalterlichen Literaturen, breiten Raum. All diesen und XVI Gerold Hilty: 30 Jahre im Dienste der Vox Romanica weiteren Bereichen der romanischen Philologie» wollte die Vox Romanica dienen. Von den Ansprüchen her kompromißlos sollte die Zeitschrift «den Charakter eines von echtem Erkenntniswillen und strenger Zucht geprägten Forschungsorgans» bewahren. Schließlich ging es darum, wie es ihrer ursprünglichen Konzeption entsprach, «in erster Linie der schweizerischen Forschung zu dienen», aber das Gespräch auch mit «ausländischen Gelehrten» und «über die engen Landesgrenzen hinweg [zu] fördern». Wurden diese hochgesteckten Ziele erreicht? Die Vox Romanica hat sich, dies sei als erstes erwähnt, als Begegnungsort der Schweizer Romanisten sprachwissenschaftlicher und mediävistischer Ausrichtung konsolidiert, und dies nicht nur in den 60er Jahren (mit Beiträgen von Ricarda Liver, Heinrich Schmid, Konrad Huber, Alexi Decurtins, Carl Theodor Gossen, Siegfried Heinimann, Peter Wunderli, Hans-Erich Keller, Gustav Ineichen, Marc-Rene Jung u.a. allein 1964-65), sondern auch bis in die jüngste Gegenwart. Dies ist in einer Zeit der wuchernden Spezialpublikationen, mit eigenen Zeitschriften für einzelne Autoren, methodologische Ausrichtungen oder gar Lehrstühle, keineswegs mehr selbstverständlich. Einträchtig und ohne sich in enge sprachliche und/ oder thematische Korsette einzwängen zu müssen, stehen so Beiträge zu fast allen romanischen Sprachen und Literaturen nebeneinander, fügen sich Studien zu Ortsnamen, zur Sprachtypologie, zur historischen Lexikologie, zu den Troubadours und zum Libro de Apolonio, um nur einige Beispiele aus dem Band 48 zu nennen, zu einem faszinierenden Mosaik zusammen. Daß die Zeitschrift <großen Namen> genügend attraktiv ist, zeugt von ihrem guten Ruf und ihrer großen Vergangenheit; daß sie gleichzeitig auch jungen Forschern offen steht wie mancher junge Romanist (der Schreibende eingeschlossen) hat nicht von der Redaktion der Vox für seinen ersten Aufsatz wohlwollende Unterstützung, gepaart mit strenger, aber aufbauender und weiterführender Kritik erhalten! -, ist eine Investition in ihre Zukunft. Freilich hätte eine Zeitschrift von Schweizer Romanisten für Schweizer Romanisten in der heutigen wissenschaftlichen Welt keine Daseinsberechtigung mehr. Mögen auch die politischen Grenzen bestehen bleiben, jene der Wissenschaft sind längst gefallen. Daß die Vox Romanica nicht nur ihre Leser, sondern auch ihre Autoren in der ganzen Welt sucht, ist deshalb selbstverständlich; daß sie sie auch findet, ist, Gerold, doch in großem Maße Deine Leistung. Einmal mehr unterscheidet sich die Vox Romanica dabei wohltuend von gewissen ausländischen Publikationen, welche ihr Heil in der Einsprachigkeit in einer der großen Verkehrssprachen suchen. In anderswo in Vergessenheit geratender vielsprachiger Schweizer Tradition sind nicht nur alle großen Landessprachen gleichberechtigt; auch Spanisch und Englisch sind gut vertreten, wie ein Blick auf die Bände 47 und 48 beweist, die neben 8 deutschen, 7 französischen und 4 italienischen auch 6 spanische und 3 englische Beiträge enthalten. Nun bestimmen neben der Auswahlpolitik des Herausgebers auch seine eigenen, in der Zeitschrift erscheinenden Aufsätze deren Bild maßgeblich. Hier sind Gerold Hilty: 30 Jahre im Dienste der Vox Romanica XVII zunächst Deine in schöner Regelmäßigkeit erscheinenden und nahtlos in die 1963 formulierte Ausrichtung der Vox passenden Studien zu den ältesten Sprachdenkmälern und zu den Anfängen der literarischen Sprache zu erwähnen (z.B. zu den <Straßburger Eiden> und zur <Sainte Eulalie> 1966 bzw. 1968 und nochmals 1978, zu den Ursprüngen der französischen und kastilischen Literatursprache 1973 bzw. 1984). Nicht zuletzt dank dieser Studien gelang es der Zeitschrift, in diesem von ihr privilegierten Bereich der internationalen Forschung maßgebliche Impulse zu geben. Ebenso exemplarisch sind Deine beiden Gallus-Aufsätze zur Romania submersa an der Westgrenze des Rätoromanischen (1985 und 1986), welche dank philologischer Akribie, onomastischer Methodologie und breitesten kulturhistorischen Kenntnissen ein faszinierendes Bild von den damaligen Verhältnissen im Kontaktgebiet zwischen Germania und Romania zeichnen. Daß Dir neben der Pflege der historischen romanischen Sprachwissenschaft auch theoretische und synchrone Fragestellungen ein wichtiges Anliegen waren, beweisen freilich u.a. Deine Arbeiten zu Tempus, Modus und Aspekt (1965 und 1967) und zur lexikalischen Semantik (1971 und 1972). Diese Aufsätze haben nicht nur die Diskussion in den beiden Bereichen entscheidend mitbestimmt, sie waren auch prägend für das Bild der Zeitschrift, welche sich als Forum für fruchtbare Auseinandersetzungen profilierte ich erinnere an die Diskussionsbeiträge von Harald Weinrich (1967) zu Fragen des Tempussystems sowie von Hans-Martin Gauger (1972) und Gert Wotjak (1974) zur Auffassung der Bedeutung als Semstruktur. Aber Du hast es stets mit Erfolg verstanden, nicht nur das Gleichgewicht zwischen Deinen eigenen, auseinanderstrebenden Forschungsinteressen zu bewahren (oft in schöner, jährlicher Alternanz), sondern auch jenen Bereichen Raum einzuräumen, die weiter von Deinen eigenen Arbeitsgebieten weglagen, ob es dabei nun um die Erschließung neuer Dimensionen ging (so figurieren in Band 48 zwei Aufsätze zur Sprachtypologie, welche in den letzten Jahren einen neuen Aufschwung erlebt hat), oder um die Pflege von Bewährtem (ein deutliches Schwergewicht desselben Bandes 48 liegt auf dem Gebiet der mittelalterlichen Literatur). So haben Deine Verwurzelung in der besten romanistischenTradition, zusammen mit Deiner Offenheit Neuem gegenüber, Dein unbestechliches Bemühen um wissenschaftliche Qualität, Deine Freude an der wissenschaftlichen Diskussion und Dein Mut zur Vielfalt der Vox Romanica über viele Jahre hinweg ein besonderes Gepräge gegeben. Wieviel unerquickliche, ermüdende Arbeit Du dazu aufwenden mußtest, weißt wohl nur Du allein. Aber Du darfst mit Stolz im Sinne des großen Schweizer Romanisten AdolfTobler sagen, Du hättest «ein kostbares Erbe mühevoll gewonnenen Besitzes nicht geschmälert, vielmehr ( ...) vermehrt den Nachkommenden [überliefert]». Dafür sind Dir Leser, Autoren und Herausgeber der Vox Romanica dankbar - und hoffen gleichzeitig, daß Dir die neugewonnene Muße die Möglichkeit gebe, mit zahlreichen Aufsätzen das Gesicht der Zeitschrift weiterhin maßgeblich mitzuprägen. Ad multos annos! Georges Lüdi Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt In Band 31 (1972) dieser Zeitschrift haben wir fünf Briefe von Hugo Schuchardt (1842-1927) an Jakob Jud (1882-1952) veröffentlicht, in denen der Grazer Gelehrte auf Wunsch des Empfängers seinen Werdegang als Sprachwissenschaftler skizziert. In einer Fußnote fügten wir bei, Juds Briefe seien leider verloren. Heute geht es darum, diese Bemerkung zu korrigieren. In der Universitätsbibliothek Graz liegen 81 Briefe und Postkarten, die Jud in den Jahren 1910 bis 1926 an Schuchardt geschrieben hat. Das teilte mir am 23.April 1991 freundlicherweise Frau Dr. Michaela Wolf mit 1, die im Rahmen eines Projektes zur Aufarbeitung des Schuchardt-Nachlasses die romanistische Korrespondenz bearbeitet hat 2. Die Jud-Briefe machen einen kleinen Teil des Schuchardtschen Brief-Nachlasses aus, der rund 15 000 Schriftstücke umfaßt. Zahlenmäßig übertroffen wird Jud durch Leo Spitzer, dessen Brief-Corpus nach Mitteilung von Frau Wolf 450 Stück zählt. Beiden ist gemein, daß sie zu den bevorzugten Korrespondenten gehören, wie aus einer Briefstelle Schuchardts zu ersehen ist, auf die wir schon in Vox Romanica 31 hingewiesen haben und die hier noch einmal im Wortlaut zitiert sei (Brief an Spitzer vom 12.-14.Mai 1921) 3 : «Es ist merkwürdig, das Briefschreiben wird mir noch saurer als alles andere Schreiben ... Wenn ich nun doch besonders an Sie und Jud nicht nur wirkliche, sondern auch lange Briefe schreibe, so geschieht dies keineswegs nur, um den Wünschen meiner Empfänger zu entsprechen, sondern auch einem Drang zu genügen. Ich möchte so manches ins richtige Licht setzen, auch wenn das niemanden interessiert; keinem zur Freud, keinem zum Leiden: wer so nahe an 0 ist, dem ist alles l. » Es sind so kommentiert Spitzer gleichsam Briefe an die Nachwelt. Entsprechend schreibt auch Jud richtige Briefe. In der Regel umfassen sie mehrere Seiten (meist Format DIN AS). Es kommt vor, daß er sich an einem 1 Dafür möchte ich ihr an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen. Zu danken habe ich auch der Universitätsbibliothek Graz und insbesondere Herrn Dr. Walter Slaje, der mir den Zugang zu den handschriftlichen Beständen in zuvorkommender Weise erleichtert hat. 2 In Fachkreisen hat man in den 70er Jahren die Bedeutung Hugo Schuchardts neu entdeckt. Anläßlich der 50. Wiederkehr des Todesjahres haben die Linguisten der Universität Graz 1977 ein Schuchardt-Symposium veranstaltet. Die Vorträge, ein Teil der Diskussionen und drei Aufsätze wurden publiziert von K. L1CHEM und H. J. SIMON: Hugo Schuchardt, Schuchardt- Symposium, SB Wien 373 (1980). Im selben Jahr ist der Katalog der Schuchardt-Bibliothek von BRrGITTA WEiss in 2. erweiterter Auflage in Graz erschienen. Cf. P. SwrGGERS, RLiR 51 (1987), 169-172 (mit weiterer Literatur zu Schuchardt). 3 Zitiert von L. SPITZER, Hugo Schuchardt als Briefschreiber, Extrait de la Revue internationale des etudes basques 21 (1930), 3 N 2. 2 Siegfried Heinimann Ferientag, wo ihn keine Vorlesungspflichten drücken, von seinem Temperament hinreißen läßt und mehr als zehn Seiten mit seinen kräftigen Schriftzügen füllt. Selbst die Postkarten enthalten meist mehr als kurze Informationen oder bloße Grüße. In der Absicht, nach der Veröffentlichung von 15 Briefen Juds an Karl Jaberg (in Band 49/ 50 [1990/ 91] dieser Zeitschrift) das Bild des Zürcher Gelehrten zu ergänzen und zu verdeutlichen, haben wir aus den 81 Schreiben 25 Briefe und zwei Postkarten (Nr. 4 und 7) an Hugo Schuchardt ausgewählt, die zugleich Licht auf die Persönlichkeit des Grazer Meisters und auf die freundschaftliche Beziehung der beiden werfen. Man mag an diesen Schreiben auch ermessen, welchen Einfluß Schuchardt auf die Romanistik in der Schweiz ausgeübt hat 4• Jud fand bei Schuchardt, was er bei anderen Sprachwissenschaftlern vermißte: die Verbindung von gründlichen linguistischen Einzeluntersuchungen mit der Frage nach den großen Zusammenhängen und letztlich nach dem Wesen der Sprache. Schon als Gymnasiast hatte er sich gewünscht, diesen bedeutenden Gelehrten persönlich kennen zu lernen. Sein Wunsch ist im April 1914 in Erfüllung gegangen. Obwohl er nie bei Schuchardt Vorlesungen gehört hat, betrachtet er sich als dessen Schüler. Halb scherzhaft nennt er sich einmal seinen Jünger 5• Unsere Auswahl ist wie nicht anders zu erwarten subjektiv. Subjektiv sind auch die Kürzungen, die wir bei den ausgewählten Briefen da und dort vorgenommen haben. Die Alternative wäre der vollständige Abdruck des ganzen Corpus, was im Rahmen einer Zeitschrift wohl nicht machbar ist und unseres Erachtens auch nicht sinnvoll wäre. Die Anmerkungen werden dem Leser wo nötig über die Lücken hinweg helfen 6. Die ausgewählten Briefe sollen dem Leser Ein- 4 Von Schuchardts Wirkung auf die schweizerische Sprachforschung in der ersten Jahrhunderthälfte zeugen weitere Texte, auf die hier kurz hingewiesen sei: Zum 70. Geburtstag haben die Schweizer Romanisten ihrem Grazer «Lehrer» eine Festgabe dargebracht. Sie ist mit dem Titel Etrennes helvetiennes erschienen als Band X-XII (1911-13) des Bulletin du Glossaire des patois de la Suisse romande und enthält u.a. Beiträge von Cornu, Gauchat, Jaberg, Jud, Tappolet. In der Widmung nennen sich die zehn Verfasser «quelques linguistes qui, sans avoir eu Je privilege d'entendre ses le1;ons, s'efforcent de s'inspirer de ses feconds enseignements ...» Walther von Wartburg (1888-1971) hat bei Schuchardt brieflich Rat eingeholt betr. FEW und hat ihm die ersten Faszikel des Wörterbuchs zugesandt; cf. P. SwrGGERS, Lumieres epistolaires sur l'histoire du FEW: Lettres de W.v. W. a H.Sch., RLiR 54 (1990), 347-359. Schuchardt erscheint hier als «unser aller Meister». Auch Karl Jaberg (1877-1958) stand in Publikationsaustausch und Briefwechsel mit Sch. Die UB Graz bewahrt 18 Briefe und Postkarten von Jaberg an Schuchardt auf. Nur drei Antwortschreiben finden sich im Jaberg-Nachlaß des Romanischen Seminars der Universität Bern. Jabergs Hochschätzung des Grazer Gelehrten kommt in dem von ihm verfaßten Nekrolog zum Ausdruck. Eine meisterhafte Skizze von Schuchardts Forscherpersönlichkeit hat Jaberg ein paar Jahre später in einem seiner letzten öffentlichen Vorträge entworfen. Beide Texte sind abgedruckt in K.J., Sprachwissenschaftliche Forschungen und Erlebnisse, Bd. 1, p. 298-305; Bd. 2 (Neue Folge), p. 20-22 (RH 6 [1937] und 75 [1965]). Unverkennbar ist, vor allem in der zweiten Schrift, die geistige Verwandtschaft der beiden Gelehrten. - Cf. auch N 98. 5 Schuchardts Anrede lautet stets «Lieber Freund». 6 Bei der Wiedergabe der Briefe halten wir uns an dieselben Richtlinien wie in VRom. 49/ 50. In den wenigen Zitaten aus Schuchardts Briefen behalten wir die eigenwillige Interpunktion des Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 3 blicke vermitteln in Juds Forschung und Lehre, in seine weit ausgreifenden Pläne, seine leidenschaftliche Hingabe an große Aufgaben. Während des Kriegs und der ersten Nachkriegsjahre treten oft andere Themen in den Vordergrund: Kriegsschuld, Friedensverhandlungen, Ansprüche der Sieger, Sympathie und Antipathie gegenüber den kriegführenden Nationen. Nur weniges haben wir davon ausgewählt. Wollte man Juds politische Äußerungen richtig werten, müßte man auch die z. T. verlorenen Briefe Schuchardts daneben halten können. Fühlbar ist in der ganzen Korrespondenz, wie sehr die beiden Partner unter den Zeitereignissen leiden. Bibi. lud Brevier Brevier Verz. PK SB Wien UBG Verz. Verwendete Abkürzungen Bibliographie Jakob Juds, in: J. J., Romanische Sprachgeschichte und Sprachgeographie, Ausgewählte Aufsätze, hg. von K. HUBER und G. INEICHEN, Zürich 1973, p. 571-590 Hugo Schuchardt-Brevier, Ein Vademecum der allgemeinen Sprachwissenschaft, zusammengestellt und eingeleitet von LEo SPITZER, 2. erweiterte Auflage, Halle 1928 Verzeichnis von Schuchardts Druckschriften im Brevier, p. 15 ss. Postkarte Sitzungsberichte der Wiener Akademie Universitätsbibliothek Graz Brevier Verz. Die übrigen Abkürzungen entsprechen dem in Vox Romanica üblichen Verfahren. Nr.1 Geehrter Herr Professor! UBG 5150 Zürich, 4. IV. 10 Sprensenbühlstr. 14 Empfangen Sie meinen allerherzlichsten Dank für die so tiefe und eindringliche Umarbeitung von Meyer-Lübkes Studie über die Dreschgeräte 7, die ich nun beide erst gelesen, aber noch nicht in eigen Fleisch und Blut übergeführt habe. Ihr Artikel hat nun meinen Plan, durch eine Rezension einige Probleme anders als Meyer-Lübke darzulegen, vorläufig überflüssig gemacht: Sie sagen alles besser und gehen viel mehr in die Tiefe, als ich es zu tun vermocht hätte. Nur auf einen Punkt möchte ich hinweisen: Auf der Karte fleau des Atlas ist für das Dep. Aude natürlichflagellum angegeben: schlägt man nun die Karte jument des Atlas Verfassers bei. Was Jud unterstreicht, wird kursiv gedruckt. Die Orthographie wird nicht modernisiert. 7 Sachwortgeschichtliches über den Dreschflegel, ZRPh. 34 (1910), 257-294 (Brevier Verz. 596). 4 Siegfried Heinimann linguistique auf, so findet man auf Punkt 776, 787 equa angegeben mit dem bezeichnenden Zusatz: «pour battre le ble», was also auf Austreten des Kornes mit Hülfe des Pferdes hinweisen dürfte. (...) Ihre Diskussion über flagellum befriedigt mich mehr als diejenige von Meyer- Lübke, wenn auch natürlich weitere Sachstudien an Ort und Stelle notwendig sein werden, um das ganze Problem einer Lösung entgegenzuführen. - Ein frischer Zug geht durch den romanischen Blätterwald. Vor acht Tagen war ein Kleeblatt bei unserem teuren Meister Gillieron, der uns seine neuesten sprachgeographischen Arbeiten vorlegte: eine prächtige Studie über midi mijour und eine weitere noch interessantere über caput in Südfrankreich. So ist denn überall begründete Hoffnung vorhanden, dass wir aus diesen unfruchtbaren Wortklaubereien und etymologischen Versuchen zu richtiger Wortforschung gelangen, die nicht sich damit begnügt, ein lateinisches Grundwort aufzustellen, sondern Geschichte sein will. Freuen wir uns, dass unsere Wissenschaft so starker methodischer Umwälzungen fähig ist: das beste Zeichen, dass sie marschiert! Sie, geehrter Herr Professor, und Gillieron haben uns Jüngeren die reichste Anregung zu neuer Forschungstätigkeit gegeben. Leider kann ich Ihnen erst in einigen Wochen einen kleinen Beweis meines herzlichsten Dankes zustellen, den ich Ihnen schulde: es wird eine Antwort auf . Meyer-Lübkes aune-verne-Kritik sein 8• Empfangen Sie, verehrter Meister, meinen nochmaligen allerherzlichsten Dank. Nr.2 Ihr ergebener J.Jud UBG 5154 22. IV. 11 Sehr geehrter Herr Professor! Für die freundliche Zusendung des Separatums schulde ich Ihnen aufrichtigen Dank: in der Tat war ich daran, eine eingehende Rezension von Meyer-Lübkes Etymologischem Wörterbuch abzufassen 9, als die Spuren der Überarbeitung des letzten Winters sich zeigten, so dass ich mitten drin abbrechen musste. Prinzipiell stehe ich durchaus auf ihrem Boden und lege diesen Standpunkt eingehend in der 8 Sprachgeographische Untersuchungen: V. Fr. aune 'Erle', 2. Teil, ASNS 124 (1910), 83-108 (Bibl. lud 22); wieder abgedruckt in J. Juo, Romanische Sprachgeschichte und Sprachgeographie, Zürich 1973. 9 Juds Rezension der Lieferungen l und 2 des REW ist erschienen in ASNS 127 (1911, ausgegeben 1912), 416-438 (Bibl. lud 30); Schuchardts Rezension in ZRPh. 35 (1911), 383s. (Brevier Verz. 617). Cf. Brief Nr. 5 N 13. Briefe von Ja_kob Jud an Hugo Schuchardt 5 Einleitung dar: es ist in der Tat für mich unverständlich, dass, nachdem Sie in so beredten Worten zuletzt in der Grazer Festschrift den Wert der Persönlichkeit des Forschers für die wissenschaftliche Forschung im allgemeinen betont haben 10, gerade hier eine trostlose Namenlosigkeit hat Eingang finden müssen. So hoch ich die Leistung Meyer-Lübkes als solche werte, so ist doch manches wenig tief erfasst, die Grundlinien Gillieronscher Forschung z. T. sind wenig eingehalten: mancher Richterspruch wird autoritär verkündet, den anzuerkennen nicht leicht wird. Unsere romanische Sprachforschung krankt vielleicht etwas an der zu stark lokal begrenzten Centralisierung, wodurch eine anders geartete Auffassung unter den jüngeren Forschern nicht zum Durchbruch gelangen kann. Doch, verehrter Meister, Sie werden sich auf keinen Fall entmutigen lassen, und wir Jüngern, die wir so sehr in Dankesschuld bei Ihnen stecken, hoffen sehnlichst, dass Sie uns . bald jene Studien über die Insektennamen schenken möchten, die Sie uns einst in Aussicht gestellt hatten. Sie wissen wohl bereits, dass Edmont diesen Monat nach Corsica geht, um dort an 60 Punkten ein Questionnaire von 3200 Wörtern aufzunehmen: das Material wird als Appendix zum grossen Atlas in kleinerem Format auf Karten geboten werden; ein gewaltiges Material wird sich hier für den Forscher ergeben. Sollten Sie einmal in die Schweiz kommen, so würde es Gillieron ungemein Freude machen, Sie kennen zu lernen: wir erzählen ihm von Ihren Arbeiten so viel, dass er längst unsere Bewunderung für Sie teilt. Mit ergebenen Grüssen Ihr J. Jud Nr.3 UBG 5156 2. II. 12 Geehrter Herr Professor! Zu Ihrem heutigen Geburtstage empfangen Sie, geehrter Herr Professor, meine aufrichtigen Wünsche, an die sich die feste Hoffnung schliesst, es möchten Ihnen noch manche Jahre frohen Schaffens und trefflicher Gesundheit beschieden sein. Wir alle, die eine kleine Ecke des ager rornanus umzupflügen wünschen, stekken in tiefer Schuld bei Ihnen: Sie haben unser wissenschaftliches Denken von den ersten tastenden Versuchen auf dern Gebiet der Romanistik entscheidend beeinflusst und mit weitem Blick der Forschung neue aussichtsreiche Bahnen 10 Sprachgeschichtliche Werte, in: LTPQMATEU: , Grazer Festgabe zur 50. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner, 1909, p. 155-173 (Brevier Verz. 579); Sonderdruck p. 1-18. 6 Siegfried Heinimann gewiesen; heute möchte ich Ihnen meinen tiefgefühlten Dank für die stetige tiefgehende Förderung aussprechen, die aus Ihren Arbeiten für alle die ausging, welche neuen Zielen zuzustreben sich bemühen möchten. Ihnen ein von echter Liebe und reichlicher ungetrübter Freude umsonntes, schaffensfreudiges neues Dezennium wünschend, verbleibe ich Nr.4 Sehr verehrter Herr Professor! Ihr dankbarer J.Jud UBG 5160 PK 3. XII.12 Die fein durchdachte Darlegung über das V erhältnis von Wort und Sache habe ich mit wirklichem, tiefem Genuss heute Abend gleich nach dem Eintreffen Ihres Separatums gelesen 11: der Grundsatz der unendlich abgestuften Methode, die sich dem Gegenstand der Forschung stets anzupassen hat, dürfte jedem willkommen sein, der sich weigert, gewisse Methoden als die allein seligmachenden anzuerkennen. Auf Ihre uns in Aussicht gestellte Auseinandersetzung mit Wundt freue ich mich: mit Recht sollte dem Bezeichnungswandel ein breiterer Raum zugewiesen werden. Empfangen Sie die besten Wünsche zum bevorstehenden Jahresende und Festtagen von Nr.5 Verehrter Meister! Ihrem ergebenen J.Jud UBG 5165 23. III. 14 Zunächst möchte ich Ihnen meinen herzlichen Dank für Ihre Ermunterung sagen 12, die mir so spontan vor allen andern zugekommen ist. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie sehr ich mich freue, dass wenigstens in den grossen Linien ich mich Ihrer Zustimmung erfreuen darf, die mir der stärkste Ansporn ist, auf dem einmal betretenen Wege vorwärts zu schreiten. V or lauter neuen Plänen komme 11 Offenbar Schuchardts Aufsatz Sachen und Wörter in Anthropos 7 (1912), 827-839 (Brevier Verz. 629). Unvollständig abgedruckt im Brevier, p. 122ss. 12 Der ermunternde Brief ist nicht erhalten. Er bezog sich vermutlich auf Juds Aufsatz über Probleme der altromanischen Wortgeographie, ZRPh. 38 (1913), 1-74 (Bibi. lud 39). Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 7 ich leider nicht immer zur Ausführung meiner Arbeiten: es liegen nicht weniger als vier angefangene Untersuchungen auf meinem Schreibtisch, aber einzig die Zukunft weiss, wann ich zu Ende kommen werde. Ihre Zustimmung hat mir aber auch deswegen Freude bereitet, weil ich in letzter Zeit mehr denn je das Ziel hämischer Bemerkungen gewisser übereifriger Paladine von Meyer-Lübke geworden bin 13: ich werde oft wie ein dummes, mutwilliges Kind behandelt, das keine Ahnung hätte, welche Arbeitsleistung die Abfassung eines romanischen etymologischen Wörterbuchs bedeutet. Und doch darf ich mit ruhigem Gewissen die Ansicht vertreten, dass ich die Vorzüge und die Mängel der letzten zusammenfassenden Leistung des Wiener Meisters gewiss sehr wohl aus eigener Erfahrung einzuschätzen weiss. Mit welcher Spannung erwarte ich Ihre Arbeit über die lateinischen Lehnwörter im Berberischen 1 4 ; hier müssen sich doch prächtige Probleme für die sprachliche Eigenart der mediterranen Südromania ergeben: hoffentlich dürfen wir diese reiche Frucht bald kosten! Gillieron arbeitet gegenwärtig an Problemen der Geschlechtsnamengeographie; er hat die gewaltigen Adressbücher Frankreichs auf gewisse Geschlechtsnamen hin untersucht und erzielt dadurch ein höchst fesselndes Bild der Verbreitung gewisser Wörter (z.B. von Handwerkernamen) in der Epoche des ausgehenden Mittelalters. Er hat mir eine Anzahl von Problemen dargelegt, die wirklich fördernd sein werden. Und nun noch ein seit langer Zeit still gehegter Wunsch! Wer wie ich so starke Anregung in Ihren Arbeiten erfahren hat, bedauerte oft, dass gewisse Ihrer Arbeiten in unzugänglichen Zeitschriften vergraben sind (z.B. in Globus usw.). Könnten Sie Ihre Zustimmung zum Plane geben, eine Anzahl solcher in nichtromanischen Zeitschriften veröffentlichten Arbeiten in einem Band zu vereinigen und mit ausreichenden Indices auszustatten? Den Band würde wohl Winter gewiss übernehmen, und die Auswahl der Arbeiten, die Sie zur Wiederveröffentlichung empfehlen würden, sollte das ganze weite Gebiet Ihrer Tätigkeit umfassen. Damit Ihnen Ihre kostbare Arbeitszeit nicht geraubt würde, wäre ich gerne bereit, die Indices anzufertigen, um so einen kleinen Teil meiner Schuld abzutragen, in der ich bei Ihnen stehe. Ein alter Wunsch seit meinen Studentenjahren geht er je in Erfüllung? war, Sie in Graz einmal aufsuchen zu dürfen; ich hege noch immer die leise Hoffnung, diesen Plan diesen Frühling ausführen zu können, wofern ich Ihnen nicht ein ungebetener Gast bin 15: Empfangen Sie, verehrter Meister, meine herzlichen Wünsche. Ihr Jud 13 Meyer-Lübke hat eine Entgegnung auf Juds Rezension des REW publiziert in ASNS 129 (1912), 228-233; dazu nimmt Jud Stellung in ASNS 129, 233-235 (Bibi. lud 37). Cf. N 9. 14 Cf. Brief Nr. 16 mit N 61. 15 Von Schuchardt ermuntert, besuchte Jud den Grazer Meister an Ostern 1914; cf. UBG 5166, 5167 (nicht publiziert). 8 Nr.6 Verehrter Meister! Siegfried Heinimann UBG 5170 31.XII.14 In wenigen Stunden läutet das alte Jahr aus, ein Jahr der schmerzlichsten Erlebnisse und auch einiger schöner Erinnerungen. Brauche ich Ihnen zu sagen, dass unter die letzteren die Frühlingsreise nach Graz gehört? Für all die frohen Stunden, die wie ein ferner Traum weit hinter uns liegen, auch heute meinen wärmsten Dank! Unter die schmerzlichsten Erlebnisse dieses Jahres sind sicher die der letzten Monate zu rechnen. Nicht als ob ich je an den goldenen Friedensfrühling geglaubt hätte, aber an einen solchen starken Rückschlag mit all den schweren Begleiterscheinungen hätte ich nie geglaubt. Dabei befindet sich der Kriegsführende in einer glücklicheren Lage als der sogenannte «Neutrale»: jener schwingt mit seinen Volksgenossen mit, dieser wird von den verschiedensten Einflüssen bearbeitet; es ringen in seiner Seele Stammesinstinkte, alte innige Beziehungen und Erinnerungen, die uns mit den verschiedenen kriegsführenden Ländern verbinden, nationale Pflichten ganz eigener Art in einem Lande, das, wie das unsrige, Romanen und Deutschschweizer in einem Staatsverbande vereinigt; all dies macht aus dem sogenannten «Neutralen» einen tief gequälten Menschen, der sich von seinen kriegsführenden Nachbarn gerade darin unterscheidet, dass er ein stetig «Wahrheitsuchender» ist, dem der Glaube, die Wahrheit zu besitzen, völlig fehlt. Mit wahrer Leidenschaftlichkeit habe ich alle Dokumente geprüft, und ich erwarte mit wachsender Ungeduld das «rote Buch» Oesterreich-Ungarns, um mir ein festeres Urteil zu bilden, um dann doch wieder neuen Zweifeln Raum zu geben. Inmitten dieses inneren Sturmes, der mir schwer zusetzt, habe ich doch reichlich innere Erfahrungen durchgemacht: ich habe manchen meiner Mitmenschen wachsen sehen, andere kleiner werden; Krisen derartigen Umfangs und solcher Tiefen fördern oft manches zu Tage, was sich in ruhigen Zeiten sorgfältig versteckt, und es hat mich besonders gefreut, dass die starke Vaterlandsliebe in allen unseren Nachbarn so tiefe Wurzeln geschlagen und sie zu den schwersten Opfern bereit gefunden hat. Glauben Sie, verehrter Meister, dass, wenn die Gefahr an unseren Schweizertoren sich einstellt, ich der erste bin, mein Gewehr herunterzuholen und in ein Wehrkleid zu schlüpfen, und so denken heute Intellektuelle der romanischen und deutschen Schweiz in gleicher Weise. Wir werden sehen, ob unser Opfer noch nötig sein wird. Diese Wochen habe ich fast gar nichts Positives geleistet: ich betäube meinen Geist mit Ausziehen von Materialien. Ich möchte nämlich so etwas wie eine Centrale des sämtlichen lexicologischen Materials der Romania hier schaffen und habe zu diesem Behufe seit langem mit systematischem «spoglio» begon- Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 9 nen 16. Ein Traum? Gewiss einer, aber er hilft mir, hie und da die traurige Wirklichkeit zu verlassen. Leider stellen sich mir eine Anzahl von Schwierigkeiten entgegen, so u. a. die Unauffindbarkeit gewisser älterer Wörterbücher. Ich muss einmal versuchen, einen Weg zu finden, diesem Übelstand abzuhelfen. Im ganzen dürften etwas gegen 400 000 fiches bereits beieinander sein, und die nächsten 10 Jahre hoffe ich, sie etwa verfünffachen zu können, indem ich Hülfskräfte heranziehe. Ob aber die Bemeisterung des ganzen Materials noch gelingen wird? Und nun noch herzlichen Dank für Ihre neueste Publikation, in die ich heute als staunender Schüler eingetreten bin mit der gleichen Andacht, wie ich etwa zum ersten Mal in eine Moschee eintreten würde. Aber nach Ihren Fahrten nach den kreolischen Gebieten dürfen wir doch noch einige Kreuz- und Querfahrten im romanischen Gestrüpp erwarten? Oder sicher die versprochene Zusammenfassung des romanischen Einflusses im Baskischen und in den nordafrikanischen Sprachen? Ihnen wünsche ich also nochmals alles Gute im kommenden Jahr, Ihrem Vaterlande bald Ruhe nach dem schweren Ringen! Nr.7 Ihr stets dankbarer J.Jud UBG5174PK 24.V.15 Verehrter Meister; Zunächst warmen Dank für Ihre Abrechnung mit Schulten 17; es ist eigentümlich, wie oft linguistisches Denken bei Historikern fehlt und Trugschlüsse häufig sind. Es täte einmal wirklich not, dass über das Verhältnis von Sprache und Volk ein Linguist eine das Prinzipielle betonende kleine Arbeit publizieren würde. Hätten Sie nicht Lust, diese Kopfklärung durchzuführen? Herzlichen Dank für den Brief; Bovet wird Ihren Artikel nächstens bringen 18: er freute sich sehr, auf Ihre Mitarbeit rechnen zu dürfen. In welch schwerer Zeit leben wir heute! Wieviele moralische Werte leiden Schiffbruch! Ist dies nicht alles 16 Vergleiche, was in Brief Nr. 12 von dem geplanten Romanischen etymologischen Wörterbuch gesagt ist; ferner unsere Einleitung zu den Briefen Juds an Jaberg in VRom. 49/ 50 (1990/ 91). 17 Adolf Schulten (1870-1960), Althistoriker, lehrte ab 1907 an der Universität Erlangen. Auf welche seiner zahlreichen Schriften hier angespielt wird, wissen wir nicht. Cf. Lurs PERIcoT, Adolfo Schulten, su vida y su obra, Barcelona 1940. 18 Ernest Bovet, Professor für romanische Literaturen an der Universität Zürich 1901-21 (später Generalsekretär der Vereinigung für den Völkerbund), war Herausgeber der Zeitschrift Wissen und Leben. 10 Siegfried Heinimann die Katastrophe aller sogenannten Realpolitik, die sich in den letzten Jahren geradezu zu einem politischen Dogma herausgebildet hatte? Umwertung mancher Werte auch der Wissenschaft als völkerverbindenden Faktors! ist gewiss an der Tagesordnung bei manchem, der diesen gewaltigen Ereignissen zuschauen muss. Herzlichen Gruss und beste Wünsche Ihr Jud Nr.8 UBG 5177 17.IX.16 Verehrter Meister! Die so unerwartete Nachricht vom Verlust unseres lieben Herrn Nedwed hat mich tief ergriffen: ein Mensch mit solch reichen Anlagen ein Opfer des Krieges, ich wollte zunächst einfach daran nicht glauben! Da taucht gestern wieder ein blasser Hoffnungsstrahl auf: der Bericht läuft ein, dass sein Verlust vielleicht doch nicht so sicher sei, und so lebe ich weiter der Erwartung, dass dieser frohen Nachricht kein niederschmetterndes Dementi folge! Zunächst habe ich Ihnen noch mitzuteilen, dass Prof. Gaidoz sich stets noch einer ordentlichen Gesundheit erfreut (...). Endlich sage ich Ihnen wärmsten Dank für die so überaus willkommene Bibliographie 19, die wirklich den Fachgenossen wertvolle Dienste leisten wird. Ihre weitausgreifende Tätigkeit hat in so vielen Zeitschriften sich geäussert, dass man immer wieder neue Überraschungen in der Unkenntnis gewisser Seiten Ihrer Forschung erlebt. Und da Sie mir so gütigst helfen wollen, meinen Schuchardt-Band in dem die in nicht streng romanistischen Zeitschriften erschienenen Arbeiten vereinigt sind zu vervollständigen, so unterbreite ich Ihnen mit Freuden den Wunschzettel und bitte den Geber, ob dessen Reichtum und Ausdehnung nicht bestürzt zu sein! (...) Ihre Mitteilungen betreffend Saussures Buch 20 haben mich ausserordentlich 19 Schuchardt hat 1916 ein Verzeichnis seiner Druckschriften veröffentlicht (Brevier Verz. 688). 20 Am 28.August 1916 dankt Sch. für den Cours de linguistique generale, den ihm Jud gleich nach Erscheinen zugestellt hat, und teilt seinen ersten Eindruck mit (unveröffentlicht). Er schreibt über das Buch u. a.: «Es macht mir einen sehr gewinnenden Eindruck, auch vermittelst der einfachen Bildchen und Umrisse, welche Tafelzeichnungen wiedergeben. Sie bewahren das Gepräge der Vorlesungen. (...) Ich werde mich besonders bemühen festzustellen was Saussure über die Probleme gedacht hat die mir am Herzen liegen. [Interpunktion des Originals] (...) Auf einer einzigen Stelle ist bisher mein Blick haften geblieben: S. 268 f. Die beiden Fragen: was ist Sprachverwandtschaft? und wie lässt sie sich erweisen? sind nicht erledigt. Der Satz: La parente universelle des langues n'est pas probable ruft nach Begründung. (...) S.s Buch wird mir Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 11 gefesselt: wenn unser Plan, eine Revue de dialectologie in unserer Schweiz zu veröffentlichen 21 ich bitte Sie aber herzlich, davon niemandem Mitteilung zu machen, da wir Schweizer nicht gern Dinge ausposaunen wollen, deren Verwirklichung noch nicht sicher gestellt ist -, so würden wir im ersten Heft mit der lebhaftesten Freude eine Kritik des Saussureschen Buches gerade von Ihnen erwarten. Könnten Sie sich dazu entschliessen? Es berührt doch den Leser eigenartig, bei der Lektüre von De Saussures Buch den Forscher in so losem Contakt mit der romanischen Forschung zu sehen: den Kern des Buches dürfen wir wohl in dieser klaren Anschauung von der Sprache als historischer und a-historischer Erscheinung sehen: in dem, was Saussure über die statistique dans la linguistique sagt, ist der Ausgangspunkt zu sehr fruchtbarer Weiterforschung gegeben, wobei allerdings die «fremden» Romanisten 22 mitzumachen wohl es sich versagen müssen. Endlich noch eine Frage bibliographischer Natur. Ich erinnere mich, bei Anlass des Besuches in Graz im untersten Gestell eines der Mittelräume Ihres gastlichen Hauses ein spanisches dialektales Wörterbuch eingesehen zu haben, das mir bis heute unbekannt geblieben ist: könnten Sie mir dessen Titel angeben? - Ihnen, verehrter Meister, herzlichen Dank für alles Liebe, das Sie mir erwiesen haben. Ihr ergebener Jud Herrn Prof. Cornu besten Gruss 23. Nr.9 UBG 5181 22. I.17 Verehrter Meister! Meinen Neujahrsbrief2 4 dürften Sie wohl unterdessen erhalten haben: meinerseits möchte ich Ihnen warmen Dank für die drei Exemplare Ihrer Berberischen Hialebhafte Anregung gewähren und reichen Nutzen wenn ich noch dazu komme wie ich seit sehr langer Zeit plane meine Anschauungen allgemein-sprachwissenschaftlicher Art in einer kurzen Schrift zusammenzufassen. » Sch. bespricht dann den Cours auf Juds Anregung im Lbl. 38 (1917), 1-9 (Brevier Verz. 701). Weiteres über Saussure in Schuchardts Briefen vom 1. Februar und vom 29./ 30. September 1917; cf. VRom. 31 (1972), 5s. 21 Ergänze: sich verwirklichen läßt. 22 Gemeint sind die Romanisten nicht-romanischer Muttersprache. 23 Der Waadtländer Romanist Jules Cornu (1848-1919) lehrte zunächst an den Universitäten Basel und Prag; 1901 übernahm er die Nachfolge Schuchardts in Graz. Cf. Brief Nr. 18 und Juds Nekrolog in Romania 46 (1920). 24 Datiert vom 24. Dez. 1916. Wir nehmen ihn nicht auf. 12 Siegfried Heinimann tustilgung 25 abstatten, von denen ich eins Herrn Prof. Gauchat, das zweite an Herrn Dr. Hubschmied weitergegeben habe. Ich bin in die Arbeit mit derselben Verwunderung eingetreten, wie einer, der zum ersten Mal in eine Moschee eintritt: des Staunens kein Ende inmitten einer doch recht fremden Welt. Aber wenn ich mich vielleicht mit Energie hinter die arabisch-berberischen Sprachen setzen könnte, so würde ich ebenfalls so warme Freude an ihrer Eigenart bekommen, wie ich sie für die romanische Vielheit empfinde: am meisten hat mich das Versprechen in der Einleitung gefreut 26• Nächstes Semester gedenke ich an der Universität eine Vorlesung zu halten: Die Forschungsarbeit Hugo Schuchardts. Das soll zu einer intimen Feier werden für Sie, die Sie uns so reiche Anregung geschenkt und so viele Samen auf hoffentlich fruchtbares Erdreich ausgestreut haben. (...) In der vorletzten Woche habe ich die Etymologie des weit verbreiteten ambosta 27 (piemont.-südfranz.-westschweiz.-span.-catal.) 'was man mit beiden Händen fassen kann' aufgefunden: es steckt wohl darin nichts anderes als ein gallisches Compositum ambi-bosta (cf. bret. boz 'hohle Hand' bei Henry und Pedersen ) mit jener kollektiven Bedeutung von ambi, die im Bretonischen heute noch belegt ist (cf. Henry, s. am.). Oder ist darüber eine andere Vermutung geäussert worden? Ein ambo (ae? ) bosta(s) scheint mir weniger ratsam. - Haben Sie endgültigen Bericht von Nedweds 28 ? Empfangen Sie warmen Gruss von Ihrem stets ergebenen J.Jud Nr.10 Verehrter Meister, UBG 5183 2.V. 17 Gerade am 48. Jahrestage Ihrer Probevorlesung begann ich die meinige über Ihre Forschungsarbeit mit der Besprechung Ihres Vortrages: Ueber die Klassifikation der romanischen Mundarten 29 . Etwa 25 Studenten und -innen folgen den Darle- 25 SB Wien 182 (1916), 1-60 (Brevier Verz. 687). 26 In der Einleitung spricht Sch. über eine Arbeit, die er «unter den Händen» habe über die romanischen Lehnwörter im Berberischen. Cf. N 61. 27 Cf. Jun, RFE 7 (1920), 339-350 (Bibl. lud 88); Bündner Monatsblatt 1921, 37-51 (Bibl. lud 99); jetzt FEW 24, 411: gall. *ambosta. 28 Cf. Brief Nr. 8. 29 Sch. hielt seinen Probevortrag (Habilitationsvorlesung) Über die Klassifikation der romanischen Mundarten an der Universität Leipzig am 30. April 1870. Veröffentlicht hat er ihn erst 1900 (Brevier Verz. 352). Das Thema der Klassifikation nimmt er in seinem Antwortschreiben Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 13 gungen. Sie ersehen daraus, welch guten Klang Ihr Name unter den Zürcher Romanisten besitzt. In der Einleitung meiner Vorlesung versuchte ich, ein kurzes Lebensbild zu entwerfen, aber welch bedauerliche Lücken musste ich in meinem Bericht konstatieren. Gerade über Ihre Forschungsreisen bin ich trotz Gubernatis Mitteilungen durchaus ungenügend unterrichtet. In Friedenszeiten hätte ich Sie freundlichst um einen kurzen eigenhändigen Lebensabriss gebeten, aber jetzt muss ich ganz darauf verzichten. Vielleicht erzählen Sie mir im nächsten Brief, ob Diez auf Ihre Studienrichtung wirklich entscheidenden Einfluss ausgeübt hat 30 , welche Lehrer Sie in Halle besonders schätzten und wie Sie die Jahre 1866-70 verbracht haben. Mit dem Grundgedanken, die Klassifizierung der romanischen Mundarten sei ein Ding der Unmöglichkeit, bin ich nicht einverstanden, denn ich teile hier die Anschauungen von Ascoli - Horning - Gauchat, mit denen Sie ja wiederum in der Annahme von mächtigen sprachlichen Irradiationszentren einig gehen. Es scheint mir, dass wir auch zwei Arten von Klassifizierung der romanischen Sprachen unterscheiden sollten: eine geschichtliche und eine heute noch empfundene Einteilung der Romania. Die Corsen sind geschichtlich sicher toskanisch (früher vielleicht sardisch)-italienisch, heute aber rechnen sie sich zur französischen Sprachfamilie; die Wallonen waren eine Zeitlang im Begriffe, sich auch sprachlich als nichtfranzösisch zu betrachten; der Südfranzose der ungebildete erhebt heute kaum Anspruch auf sprachliche Autonomie, wenn auch sie ihm die historische Sprachforschung zusichert; dem Kölner ist die sprachliche Verwandtschaft mit dem Flämen bei weitem nicht so bewusst wie mit dem Frankfurter oder dem Münchner usw. Nach Ihrer Habilitationsvorlesung gedenke ich, Ihre Schrift: Ueber die Lautgesetze 3 1 zu besprechen, hierauf Ihr Vulgärlatein 32 , daran anschliessend Ihre Arbeiten über die Mischsprachen, dann auf Ihre Forschungstätigkeit im iberisch-baskischen Gebiet überzugehen, die leitenden Gesichtspunkte Ihrer Etymologien I und II 33 darzustellen, Ihren Anteil an der Forschung «Wort und Sache» 34 zu vom 29./ 30. Mai 1917wieder auf und verdeutlicht seine Auffassung; der Brief ist abgedruckt in VRom. 31 (19 72), 3ss. Die Habilitationsschrift trägt den Titel Über einige Fälle bedingten Lautwandels im Churwälschen, Gotha [1870 ] (Brevier Verz. 5). 30 Daß der Einfluss von FRIEDRICH DIEZ auf Schuchardts Studienrichtung sekundär war, erklärt Sch. in seinem Brief vom 29./ 30. Mai 1917 (VRom. 31 [19 72], 3 ). Der entscheidende Anstoß zur Beschäftigung mit dem Vulgärlatein kam von den römischen Inschriften in Trier. Diez lernte er erst später (1864 ) persönlich kennen ; er hat nie bei ihm Vorlesungen besucht. 31 Über die Lautgesetze: die grundlegende Schrift von 1885 gegen die Junggrammatiker (Brevier Verz. 172); abgedruckt im Brevier, p. 51-87. Cf. Brief Nr. 24. 32 Gemeint ist natürlich Der Vokalismus des Vulgärlateins, 3 Bände, Leipzig 1866-68 (Brevier Verz. 2a -2c ). 33 Romanische Etymologien I, SB Wien 13 8 (189 7), p. 1-82; II, SB Wien 141 (189 9 ), p. 1-222 (Brevier Verz. 317, 3 3 5). 34 Sachwortgeschichtliches über den Dreschflegel (zit. oben N 7); Grundsätzliches in der Schrift Sachen und Wörter von 1912 (zit. oben N 11). 14 Siegfried Heinimann berühren und endlich «la ville de Paris» 35 vorzunehmen. Ich freue mich herzlich auf die reiche Anregung, die sich im erneuten Contakt mit Ihren Arbeiten bei mir einstellen wird. (...) Ihrer Rezension von Saussures Werk kann ich nicht ganz gerecht werden. Mir scheint in Saussures Werk ein gewaltiger Anreiz zu ganz neuer biologischer Erforschung der Gegenwartslitteratursprachen zu liegen. Mit warmem Gruss (auch an Herrn Prof. Cornu) Nr.11 Verehrter Meister! Ihr stets dankbarer Jud UBG 5184 14.VI.17 Empfangen Sie wärmsten Dank für die seelisch so fesselnden Auskünfte über Ihre Jugendzeit sowie über die Epoche der Anfänge Ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit 36. In mehr als einen Punkte namentlich das frühe Hervortreten ganz bestimmter Neigungen erinnern Sie mich an die Erinnerungen von WrNTELER 37 , der, wie Sie wohl in Wissen und Leben gelesen haben, bereits in früher Jugend den Problemen der Lautartikulation sein Interesse zugewandt hatte. Als ich letzthin mit Prof. Jaberg in Bern über Wintelers Aufzeichnungen mich unterhielt, da kam uns beiden der Wunsch, Sie möchten ebenfalls sich darüber einmal eingehend äussern, wie stark die Anlage (und nicht nur etwa der Lehrer) für die Richtung und die Begeisterung für das Studium entscheidend ist. Glauben Sie, dass irgendwie die sprachlichen Neigungen von Bridel 38 nachgewirkt haben? Sind 35 ZRPh. 36 (1912), 725-727 (Brevier Verz. 643), eine syntaktische Notiz über den Typus urbs Romae (gegen Meyer-Lübke). 36 Der Dank bezieht sich auf den Brief vom 29.Mai 1917 (abgedruckt in VRom. 31 (1972), 3ss.) und auf den darin erwähnten «Brief von neulich», der nicht erhalten ist. Über seinen Werdegang und namentlich über seine frühen Begegnungen mit fremden Sprachen und älteren Sprachstufen berichtet Sch.später wieder in seiner Schrift Der Individualismus in der Sprachforschung, SB Wien 204/ 2 (1925) (Brevier Verz. 767, wo irrtümlich 202/ 4 steht), abgedruckt im Brevier, p. 416ss. Der Selbstdarstellung gewidmet sind ferner Sch.s Briefe an Jud vom 6.9.17, 16.9.17, 19.9.17, 10.11.19, alle abgedruckt in VRom. 31 (1972). 37 Der Glarner JosT WrNTELER (1846-1929), Verfasser u.a. einer grundlegenden Darstellung der Kerenzer Mundart (1876), spricht von seinem frühen Interesse an der Sprache in seinen Erinnerungen aus meinem Leben, abgedruckt in der Zeitschrift Wissen und Leben 17 (1916/ 17). 38 Schuchardts Mutter war bekanntlich Waadtländerin, Nichte von Philippe Sirice Bridel (1757-1845, Le Doyen Bridel genannt), Verfasser eines Glossaire du patois de la Suisse romande (1866 postum ediert von L.FAVRAT); cf. VRom. 31 (1972), lüs. Sch. glaubt nicht, daß seine «ersten Antriebe zu sprachwissenschaftlicher Tätigkeit» sich durch Vererbung erklären (Brevier, p. 422). Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 15 Sie überhaupt mit der Familie Bridel im Contakt geblieben? War Ihre verehrte Mamma doppelsprachig? Wie lange sind Sie in Rätien (Bünden) gewesen? Aus Ihrem Briefe darf ich wohl schliessen, dass Sie in Italien Ascoli nur persönlich aufgesucht haben, oder haben Sie ihn auch einmal als akademischen Lehrer gehört? Sind die Vorarbeiten zu der Herausgabe von Cola Rienzis Leben nicht weit gediehen 39 ? Die Studentenschar, die über Ihre Forschungen informiert sein will, ist stets treu dem Munde, der von Ihren Arbeiten zu sprechen sich freut. Bis heute habe ich Ihre Habilitationsvorlesung und «Über die Lautgesetze» besprochen 40: die letztere Arbeit betrachte ich stets als eine Ihrer weittragendsten Arbeiten, und es reizte mich, den Studenten so schlagend zu zeigen, wie die moderne Forschung ganz in den von Ihnen vorgezeichneten Bahnen wandelt und Ihre Anschauungen in weitgehendem Masse bestätigt. Ich habe dabei vor den Studenten auch mich darüber geäussert, dass es so eigentümlich wirke, wenn Sie bei vielen Romanisten und Indogermanisten immer als der Verfasser des «Vokalismus des Vulgärlateins» gelten, als ob die kaum 40 Seiten starke Schrift «Über die Lautgesetze» in ihrer Bedeutung nicht beträchtlich über Ihr Jugendwerk hinausreiche. Seite 39 verlangten Sie von den Sprachforschern, sie sollten Gesetze höherer Ordnung gewissermassen das Leitmotiv der vielen kleinen Lautgesetzchen zu entdecken versuchen: es ist nun recht sonderbar zu sehen, dass weder GRÖBER in seinem Artikel: Eine Tendenz der französischen Sprache 41 noch MEYER-LüBKE in seiner Charakterisierung des Rumänischen-Dalmatischen-Albanesischen in den Mitteilungen des Rumänischen Instituts 42 an Ihre Anregungen explicite angeknüpft haben: sind sich beide des «Anregers» nicht mehr bewusst gewesen? Nächstes Mal bespreche ich kurz Ihren «Vokalismus», wobei ich mir erst recht klar geworden bin, wie schwer die Beurteilung eines Werkes ist, wenn wir es nach seiner Bedeutung innerhalb der zeitgenössischen Forschung einschätzen sollten: das Neue sehe ich vor allem darin, dass Sie dem Latinisten hinsichtlich der «Vitalität» einer vulgärlateinischen Form durch die Angabe der fortlebenden romanischen Form ein sicheres Kriterium an die Hand gaben. Ich bin leider zu wenig mit dem Stand der vulgärlateinischen Forschung Mitte der 60er Jahre vertraut, um hier die wirklich neuen Gesichtspunkte richtig zu bewerten: existiert über Ihr Werk eine Besprechung, die das prinzipiell Neue richtig hervorhob? In seiner Geschichte 39 Sch. antwortet am 22. Sept. 1918: «An eine Neuausgabe der Vita di Cola di Rienzo in römischer Mundart habe ich 1867/ 68 ernstlich gedacht. » 1925 schreibt er: «In Rom las ich Bellis romaneske Sonette, schrieb romaneske Wörterbücher ab (...), plante eine Neuausgabe vom altromanesken Leben Cola di Rienzi's, wozu ich ein Dutzend Handschriften verglich. » (Individualismus in der Sprachforschung [zit. oben N 36], p. 13. 4 ° Cf. N 29 und 31. 41 G. GRÖBER, Eine Tendenz der französischen Sprache, in: Miscellanea linguistica in onore di Graziadio Ascoli, Torino 1901, p. 263-273. 42 W. MEYER-LÜBKE, Rumänisch, Romanisch, Albanesisch, in: Mitteilungen des Rumänischen Instituts an der Universität Wien, Bd. 1, Heidelberg 1914, p. 1-42. 16 Siegfried Heinimann der Forschung des Vulgärlateins ist von Ettmayer 43 diesem Wunsch nach scharfer Charakterisierung des Neuen in den einzelnen Beiträgen zur Aufhellung des vulgärlateinischen Problems m.E. nicht gerecht geworden. Gerade er hätte uns mit seiner historischen Dokumentierung hervorheben sollen, welches die neuen Perspektiven waren, die sich mit Ihrem «Vokalismus» der Forschung eröffneten. Mir scheint, dass Sie als ein Vorgänger Wölfflins noch viel stärker als er den Compass der vulgärlateinischen Forschung nach dem Romanischen umrichten wollten, dabei aber weder von den Latinisten richtig verstanden noch von den Romanisten genügend unterstützt wurden. - (...) Sie dürfen glauben, dass es uns alle herzlich freuen würde, wenn Sie Ihre Anschauungen noch einmal zusammenfassen würden. Was nun Ihre spezielle Frage betreffend Mundartabgrenzung betrifft, so vertreten Sie S.8 Ihrer Habilitationsschrift die Anschauung der Unmöglichkeit des Grenzpfahls zwischen Piemontesisch und Provenzalisch, ebenso p.28 die Gebiete ..., und es scheint mir da mit Prof. Gauchat, dass wir a priori feste Mundartgrenzen zu verwerfen kein Recht haben, sondern zunächst die Forschung auf dem Terrain abwarten müssen. Eine Mundartgrenze, wie sie etwa zwischen Sopraporta und Sottoporta im Bergell existiert, zeigt eine Mundartgrenzlinie, wie sie schärfer gar nicht gedacht werden kann. Ob die Grenzlinie zwischen Piemontesisch und Provenzalisch scharf ist, bejaht mir Jaberg, der an Ort und Stelle die Mundarten aufgenommen hat. Geht die räumliche Entfernung parallel mit der sprachlichen Differenzierung? Die Frage ist nicht so leicht zu bejahen noch zu verneinen. Fassen wir die romanischen Mundarten von Chur bis nach Brindisi als Einheit auf, so ist z.B. die Diphtongierung von offenem und geschlossenem e, o unter Einfluss von -u und -i in den rätischen (z.T. alpinlombardischen) Mundarten, wie in den süditalienischen Mundarten nachzuweisen, nicht aber etwa im Emilianischen oder Venezianischen. Die Diphtongierung von r; > ei, oi erscheint in Rätien und in den Abruzzen und südlich von Neapel; die Bewahrung von pl, fi im Borminischen, auf einem kleinen Mittelstreifen der Marche. Wir müssten uns also zunächst klar werden über die Wahl der lautlichen, morphologischen Züge, die wir für den Grad der Differenzierung unter den Mundarten von Norden nach Süden entscheidend ins Feld führen wollen. Steht das ostwallonische fies mit Erhaltung des s dem südfranzösischen festo näher als fete? Das pikardische k vor a dem südfranzösischen k? Vielleicht geben Sie mir noch einige Angaben darüber, welchen Wertmasstab Sie in der Wahl der sprachlichen Züge beobachtet haben wollen. In den nächsten Tagen sende ich Ihnen eine kleine Schrift über das Rätische zu, die für weitere Kreise im Bündnerland bestimmt war 44 . 43 K. VON ETTMAYER, Vulgärlatein, in: W. STREITBERG (ed.), Geschichte der indogermanischen Sprachwissenschaft II: Die Erforschung der indogermanischen Sprachen I, Straßburg 1916, p. 231-280; zu Schuchardt: p. 237s. etc. 44 Ist das Bündnerromanische eine italienische Mundart? in: Bündner Monatsblatt 1917, 129-143 (Bibl. lud 63). Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 17 Hoffentlich ist die arge Hitzwelle in Graz vorbei und damit Ihre Ermattung, die uns alle sehr nahe berührte. Nochmals herzlichen Dank für alles Liebe, das Sie mir stets mit Ihrem Vertrauen beweisen. Warme Wünsche begleiten Sie von Ihrem stets lernbegierigen J.Jud Nr.12 UBG 5185 Guggisberg, 6.VIII. 17 Verehrter Meister! Meinen warmen Dank für alle Ihre lieben Zeilen. (...) Leider war ich in den ersten 14 Tagen meiner Ferien ein recht lässiger Briefschreiber: ich freute mich wieder einmal dermassen meiner Ruhe nach all der «Hatz» des Semesters und gab mich so sehr dem Genusse hin, wieder einmal ganze Bücher hintereinander lesen zu können, dass ich fast den ganzen Tag im Grase draussen lag und alle Pflichten vergass. Verzeihen Sie gütigst diesen Schlendrian! Das verflossene Semester war recht anstrengend: neben 17 Stunden am oberen Gymnasium, in denen ich mich ordentlich ausgab, die zwei Stunden Proseminar, in dem den Studenten eine Einführung in das Arbeitswerkzeug (artes et negotia) des Romanisten wie in die Grundbegriffe der romanischen Sprachwissenschaft, Philologie (im engeren Sinne) und der romanischen Litteraturwissenschaft geboten werden musste, dann die wenn auch nur einstündige Vorlesung über Ihre Forschungsarbeit liessen mich tüchtig ermüden: dazu trat dann noch ein Vortrag über «neue Richtungslinien in der Ausbildung der Neuphilologen», an den sich eine sehr ergiebige Diskussion anschloss. Darf ich bei all dem auf Ihre Nachsicht gegenüber dem nicht stets exakten Schreiber Anspruch erheben? Ich wage es wenigstens zu hoffen. Ich glaube, Ihnen bereits mitgeteilt zu haben, dass ich in der Vorlesung bei Ihren Ideen über die gewaltige Ausdehnung der Mischsprachen mich sehr lange verweilt habe: ich betrachte Ihre Anschauungen in dieser Frage als die allerwichtigsten und leider als die am wenigsten unter den Sprachforschern anerkannten: Das Kapitel bei Paul ist merkwürdigerweise recht dürftig ausgefallen 45. Auch in Delbrücks Einführung ist ein sprachlicher Schematismus unverkennbar, der so recht zeigt, wie wenig der grosse syntaktische Forscher mit dem, was Saussure als 45 Der Sprachmischung widmet HERMANN PAUL Kap. 22 seiner Prinzipien der Sprachgeschichte, erstmals in der 2. Aufl. (1886). Er zitiert darin ScHUCHARDT, Slawo-deutsches und Slawo-italienisches (1884), und verweist, ohne zu präzisieren, auf «andere Arbeiten desselben über Mischsprachen». 18 Siegfried Heinimann «l'etude de la parole» bezeichnet, sich eingehender abgegeben hat 46 . Immer wieder staune ich ob der geringen Bemühung und Durchdringung romanischer und indogermanischer Sprachwissenschaft in Deutschland in Frankreich steht es dank Meillet wesentlich besser: man meint wirklich, dass die romanische Sprachwissenschaft nur die Brosamen der Indogermanisten auflese. In der Schweiz haben wir in de Saussure und Planta zwei Pole: jener völlig von der romanischen Sprachwissenschaft unberührt, dieser in starkem innerem Verhältnis zu ihr. Niedermann in Basel ist ebenfalls im Romanischen stark zu Hause. Wie erklärt sich wohl dieser Umstand in Deutschland? Doch wohl aus der Tatsache, dass in Deutschland die romanische Sprachforschung jahrzehntelang nach Diez ich sehe ab von der französischen Sprachforschung sehr stiefmütterlich behandelt wurde. Wäre wohl Wundts «Sprache» nicht anders ausgefallen, wenn er als Gewährsleute nicht Brugmann und Leskien, sondern etwa Sie und Gauchat hätte heranziehen können? Aber selbst auf dem Gebiet der französischen Sprachforschung verdanken wir prinzipielle Förderung in Deutschland nur dem Syntaktiker Tobler und Gröber, der für sprachliche Erscheinungen oft eigenartige neue Gesichtsfelder eröffnet hat: sein in Ascolis Festschrift veröffentlichter Aufsatz 47 ist perspektivenreich, wenn auch die leitende Idee bereits vor Gröber von Ihnen mehrfach ausgesprochen worden ist, nämlich man müsse die Lautgesetze unter solche höherer Ordnung subsumieren: es ist eigenartig zu sehen, dass weder Gröber noch Meyer-Lübke in seiner ähnlichen Studie in den Mitteilungen des Rumänischen Instituts 48 an Sie angeknüpft hat. Und das führt mich wiederum zu einem Vorschlag, den ich Ihnen früher bereits vorgelegt und den ich heute wiederholen möchte: Sie möchten die Zustimmung geben zu einem Bande, der Ihre Anschauungen zu prinzipiellen Fragen chronologisch darstellen würde: unter bestimmten sachlichen Gesichtspunkten könnte hier ein Werk geschaffen werden, das Ihren Ideen den schönsten Resonanzboden schaffen müsste. Dabei würde es wenig verschlagen, wenn gewisse ältere Anschauungen überholt wären (ich denke an gewisse Capitel des «Vokalismus»): dies würde durch eine Anmerkung von Ihrer Seite angedeutet werden können. Mein Freund Hubschmied und ich würden eine solche Zusammenstellung sehr gerne besorgen und Ihnen zur Begutachtung unterbreiten: der Erlös des Bandes könnte, wenn Sie damit einverstanden sind, einem wissenschaftlichen Unternehmen zugewandt werden. Ich erwarte auf diesen Punkt Ihre gütige Ansichtsäusserung. Ich hätte jetzt eigentlich Ihnen einmal von den weitgeförderten Vorarbeiten des Romanischen etymologischen Wörterbuchs reden wollen, das mir bald über 46 BERTHOLD DELBRÜCK, Einleitung in das Studium der indogermanischen Sprachen, 5. Aufl., Leipzig 1908. Kurzer Hinweis auf Untersuchungen lebender Sprachen: Winteler, Ascoli, Leskien (p. 103s.). 47 Cf. N 41. 48 Cf. N 42. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 19 den Kopf hinaus steigt, weil ich es vielleicht zu breit angelegt habe 49: das Ausziehen möglichst aller gedruckten Dialektwörterbücher dürfte zu 3/ 4 in einem Jahre beendigt sein, leider geht die Anordnung dieses gewaltigen Zettelmaterials nicht gleichen Schritt. Aber ich will davon absehen und bei dem geringen spatium, das der sonst schon grosse Brief mir noch erlaubt, auf Ihre Briefe zurückkommen 50 . ( . . . ) Haben Sie die Probeartikel des Rätischen Wörterbuches 51 eingesehen? Wenn sie auch nicht die definitive Form aufweisen, so zeigen sie doch zur Genüge, wie reiche Ernte hier eingebracht worden ist. Es ist einfach erstaunlich, welchen Schatz von Sprichwörtern, pittoresken Redensarten die Bündner Mundarten aufweisen. Überhaupt ist auf dem Gebiet der romanischen Metaphern eigentlich traurig wenig geleistet worden. Und doch liesse sich hier reichliche Ernte einheimsen. Mir schwebt immer ein Artikel vor, in dem ich zeigen möchte, in welchem Umfang der Thesaurus linguae latinae aus dem romanischen Wortschatz ergänzt werden könnte. Ich hätte hier allerlei hübsche Funde mitzuteilen. Aber nun basta! Ihnen wünsche ich nun einen ruhigen, heiteren Herbst, frische Arbeitsfreude für die berberischen Lehnwörter und sonst alles Gute! Nr.13 Ihr stets ergebener J.Jud UBG 5187 3.X.17 Verehrter Meister! Wärmsten Dank schulde ich Ihnen für die überaus aufschlussreichen Briefe 5 2, die Ihnen wohl ebenso viel Mühe und innere Erregung gekostet haben, wie sie mir ganz unerwartet die Erklärung für gewisse Eigenarten Ihrer Arbeitsmethode gegeben haben. Wiederum staune ich ob der frühen Vorbereitung, die sich bereits im Kinde durchsetzt, für die späteren Richtlinien des Lebensweges und der Lebensarbeit: dass das Baskische wie die «Inschrift» die romantische Phantasie so früh gefangen nehmen, erinnert mich an die aus meiner Jugend bezeugte 49 Cf. Brief Nr. 6, wo Jud von einer zu schaffenden »Centrale des sämtlichen lexicologischen Materials der Romania» spricht. 50 Anschliessend folgen zwei Seiten über die Problematik des Begriffs Mundartgrenze und über die damit zusammenhängende Frage der Klassifikation der Mundarten. 51 Gemeint ist das Dicziunari Rumantsch Grischun, das 1917 noch nicht diesen Namen trug. Der erste Faszikel mit diesem Titel ist 1938 erschienen. 52 Es sind die Briefe vom September 1917 (abgedruckt in VRom. 31 [1972]), in denen Sch. seinen Werdegang darstellt. 20 Siegfried Heinimann Tatsache, dass ich bereits in der zweiten Klasse Gymnasium ein rudimentäres, aber gross angelegtes lateinisches Lexicon anzulegen begann in dem Glauben, dass kein solches existiere: diese lexicographische Ader ist nicht mehr verschwunden, sondern hat sich geradezu zur Hauptarterie ausgebildet. Dagegen haben Sie mich noch nichts wissen lassen darüber, ob Sie eventuell mit dem Plane der Herausgabe charakteristischer Stellen Ihrer Arbeiten in Form eines Bandes sich einverstanden erklären könnten: ob Sie auch bestimmte Wünsche formulieren möchten und ob Sie z.B. in Bezug auf den Verlag sich äussern wollten. Ich vermute, dass ich auch für die Erlaubnis des Abdrucks aus den Zeitschriften Ihre ausdrückliche Zustimmung haben müsste, sonst befürchte ich, dass mein Plan ins Wasser fallen muss, wenn ich Ihrer Genehmigung nicht teilhaftig werde. Ein goldener Herbst ist in unser Land eingezogen, der eine Sonnenpracht und einen Erntesegen überall ausstreut, dass man alles Kriegselend vergessen möchte, aber ach so viel erinnert auch den lebensfreudigsten Naturschwärmer an die schwere Zeit! Der kommende Winter verspricht sehr hart zu werden: unsere Schulen müssen sich einschränken, das Semester wird gekürzt, die Ferien verlängert, Brotkarten und Kohlenrationierung sind an der Tagesordnung. Dazu ein Grollen gegen freches, unerbetenes Schieber-Spekulantenpack, das sich bei uns mehr denn je breit macht: wo das hinaus will, fragen sich alle einsichtigen Männer. Vor vier Wochen hatte ich Gelegenheit, bei Gillieron seine letzte Studie über die Geschichte von abeille in Frankreich 53 eine Arbeit von 250 Seiten teilweise zu lesen: eine Untersuchung, die zu dem Weittragendsten, was aus seiner Feder geflossen ist, gerechnet werden muss. Vier Jahre hintereinander hat er an diesem Problem gebrütet, und er bietet uns eine Lösung, die überraschende Einblicke in das Verhältnis des mundartlichen Wortschatzes zu demjenigen von Paris gewährt: sie wird Anfang des nächsten Jahres fertig gedruckt sein. Aber ob überhaupt die geisteswissenschaftliche Arbeit bei der gewaltigen Rekonstruktionsarbeit nach dem Kriege den ihr gebührenden Platz wieder einnehmen wird? Herrn Dr. Spitzers Besprechung von Toblers Wörterbuch 54 ist ausgezeichnet gelungen und verdient warme Unterstützung. Auch Ihnen wünsche ich so recht warme, sonnige, alle Lebensgeister weckende Herbsttage 55. Mit nochmaligem herzlichen Dank Ihr Jud 53 Genealogie des mots qui designent l'abeille d'apres ! 'Atlas linguistique de la France, 1918 in Paris erschienen. Jud liest bei Gillieron die Druckbogen. 54 Göttingische gelehrte Anzeigen 179 (1917), 429-445. 55 Am Rand Bemerkungen zu boche und camelin. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 21 Nr.14 UBG 5188 25. XII.17 Verehrter Meister, Mit einem wirklich schweren Schuldgefühl ergreife ich heute die Feder, um Sie für mein ausserordentlich lang dauerndes Stillschweigen um gütige Nachsicht zu bitten. Und auf Ihre gütige Nachsicht darf ich nur deswegen Anspruch machen, weil Sie unschwer verstehen, dass bei meiner schweren Belastung von Schul- und Universitätspflichten ich nicht immer in der Stimmung bin, abends spät Briefe zu schreiben. Man schiebt dann seine Briefschuld von einem Tag auf den andern und schliesslich treten die Ferien ein, die endlich dem Abladen solcher Gewissenskonflikte die günstigste Gelegenheit gewähren. Also nochmals bitte ich für freundliche Nachsicht! Das letzte Quartal war besonders streng wegen der weitläufigen Vorbereitung für eine Vorlesung: Probleme der italienischen Orts- und Eigennamenforschung, wo der Forscher oft in einem wahren Urwald sich zu befinden wähnt: so sehr fehlen hier gangbare Strassen und sichere Wegweiser. Sind auch einige Lichtungen geschlagen: in der Garfagnana und in Venetien durch Pieri, Olivieri, Prati; in der Lombardei durch Salvioni, so sind doch die Hauptprobleme noch so wenig scharf herausgearbeitet, dass der Forscher fast verzweifeln muss. Und wenn man sich gar in die Geschichte der vorrömischen Namen vertieft, so weiss man wirklich oft nicht, wessen Anschauungen man teilen soll. Für die einen ist das Suffix -ona der italienischen Städtenamen illyrisches Kennzeichen, für die andern illyrisch-keltisch; -ua von Mantua, Padua ist den einen etruskisch, den andern illyrisch usw. Eine ganze Woche hindurch studierte ich die Verteilung der -ago- Namen in Oberitalien, die recht merkwürdig ist: sie fehlen fast völlig in den Poniederungen und in den Hochalpentälern, gruppieren sich um bestimmte römische Kolonien herum usw. Und doch ist es gut, sich vorzunehmen, ein solches Neuland umzustechen: so reichliche Probleme steigen einem auf, und andere Gesichtspunkte werden wieder lebendig! Doch ich rede ja immer von Forschung, die Ihnen in diesem Augenblick ferner liegt; ich möchte Sie mit diesen Problemen nicht allzu lange aufhalten und schnellstens zu Ihrer wirklich eindrucksvollen Abhandlung über die Verwandtschaft der Sprachen 56 ablenken, die mir bei der Lektüre grossen Gewinn brachte, aber auch Widerspruch ausgelöst hat. Der Widerspruch bewegt sich in der Richtung, dass ich gerne gesehen hätte, welches die Wahl der Merkmale sein muss, um von einer stetigen geographischen Abstufung reden zu können. Angenommen, die Gascogne liege am Anfang der Reihe a, b, c, d, e, f, g, h: h sei das 56 Sprachverwandtschaft, SB Berlin 37 (1917), p. 518-529 (Brevier Verz. 695); abgedruckt im Brevier, p. 189ss. 22 Siegfried Heinimann Portugiesische: keine dazwischen liegende Mundart weist Fall des -nauf, genügt z.B. die Übereinstimmung zwischen ae (Castilisch) in Bezug auf/ > h, um jene Übereinstimmung auszuschalten? Ich gebe zu, dass bei «ungestörten» Verhältnissen sich die geographische Abstufung mit der sprachlichen in correlatem Verhältnis befindet: aber hat die sprachliche Betrachtung je solche primitive Lagerung zu untersuchen Gelegenheit? Und ist es nicht gerade eines der reizvollsten Probleme zu zeigen was Sie am Schlusse so eindringlich betonen-, dass Sprachgeschichte Volksgeschichte oder besser Geschichte der Sprechenden einer Volksgenossenschaft oder der Menschheit ist? Ist die Gruppierung der italischen [sie] Mundarten nicht auch ein Capitel der Geschichte der italienisch Sprechenden? Voll und ganz kann ich mich allerdings mit Ihren Anschauungen befreunden in Bezug auf die Kriterien, die von inneren und äusseren Sprachformen ausgehen. Hier [Schluss des Briefes fehlt.] Nr.15 Verehrter Meister! UBG 5189 Guggisberg, 29. VII.18 In den schweren Zeiten, die uns seelisch erschüttern wie zerreissen, wird das Briefschreiben bald eine Erholung, bald eine Qual: eine Erholung, wenn man es über sich bringt, anderen sein Herz auszuschütten; eine Qual, wenn man der Überzeugung ist, dass andere ebensoviel, wenn nicht mehr, leiden und doch tapfer ihr Schicksal zu tragen wissen. Ich bin im letzten Jahre immer stiller geworden, weil in mir der Wille, selbst alle die inneren Conflikte in mir auszufechten, den Sieg davon getragen hatte über den Wunsch, andere zu Mitwissern der unausgetragenen seelischen Kämpfe zu machen. Meine Freunde beklagen sich bitter über meine Reserve, bezichtigen mich der Nachlässigkeit, der Undankbarkeit; sie haben vollauf Recht, und doch: wer wollte mir einen Stein nachwerfen? Ich kann nur eines tun: ich muss meine Freunde um Verzeihung für mein Nichtkönnen bitten. Zunächst meinen wärmsten Dank für den Brief, der über Ihre Beziehungen mit G. Paris so eingehend berichtet hat 57 (.•• ) Ich habe neulich die paar Seiten, die Sie G. Paris in einem Ihrer trouver-Artikel 58 unmittelbar nach dessen Tode gewid- 57 Auf einem undatierten Beiblatt zu seinem Brief an Jud vom 29. April 1918 berichtet Sch. ausführlich über seine erste Begegnung mit Gaston Paris in Vevey am 9. Sept. 1867. (Schuchardts Quelle ist ein Brief, den er damals von Genf an seine Eltern schrieb.) Zusammenfassend heißt es auf dem Beiblatt: «Mit G. Paris habe ich trotz Krieg, Politik, Dreyfus, trouver u. ä. bis zu seinem Tode in den besten Beziehungen gelebt. » Brief und Beiblatt liegen in der Karl Jaberg-Bibliothek des Romanischen Seminars der Universität Bern (nicht veröffentlicht). 58 Jud bezieht sich hier offenbar auf Schuchardts Artikel trouver in ZRPh. 27 (1903), 97ss. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 23 met hatten, wiederum aufmerksam gelesen: ich finde, dass Sie die sprachwissenschaftliche Bedeutung des französischen Gelehrten sehr treffend eingeschätzt haben: es ist in der Tat wahr, dass er in seinen Forschungen wenig neue Wege eingeschlagen hat: aber vielleicht hatten Sie damals eines übersehen: er hat doch in einigen das heilige Feuer geweckt. Ohne G. Paris hätte Gillieron nie an einen Sprachatlas gedacht: und welche Anregung ist doch so indirekt aus seinem Unterricht hervorgegangen! Gewiss steckt ja nicht Parissche Methode in einer solch machtvollen Arbeit wie diejenige, die Gillieron eben über abeille veröffentlicht: aber bedarf es in der hartnäckigen Erforschung verwickelter Probleme nicht ebensosehr der tiefen Begeisterung wie der Methode? Wenn ich Gillieron von G.Paris erzählen höre, dann wird mir jeweils bewusst, wie sehr die Beurteilung eines Gelehrten nach dem wissenschaftlichen Ertrag seiner Arbeit doch recht unvollkommen sein muss. (...) Meine Arbeiten 59 schreiten stets vorwärts: Ende dieses Jahres dürften wohl 5/ 6 aller französischen Dialektwörterbücher ausgezogen sein. Die italienischen sind noch etwas im Rückstande, aber Ende des nächsten Jahres dürfte auch hier die Ernte weit fortgeschritten sein. Aber eines macht mir allerdings immer mehr Sorgen: die Unterkunft dieser Materialien, die sich in einer Menge auftürmen, dass meine Räumlichkeiten nicht mehr genügen wollen. Und bei den teuren Wohnungsmieten bedeutet dieses Problem des Raumes neue Schwierigkeiten. ( ... ) Ich wünsche, dass Ihnen der Sommer recht wohl bekommen möge: vor allem soll die arglistige Grippe Sie gütigst bewahren! Meine Familie hat sich für vier Wochen in Guggisberg niedergelassen und erfreut sich hier der Essensfülle, die in den Städten der Sage angehört. Warme Wünsche und herzlichen Gruss mit der Bitte, mir mein Stillschweigen gütigst nachsehen zu wollen! Nr.16 Verehrter Meister! Stets Ihr ergebener Jud UBG 5192 11.III.19 Auch Briefe haben ihre Schicksale! Der vorliegende war mehr als einmal begonnen, dann wieder abgebrochen, beiseite gelegt, abermals angefangen worden. Die Ereignisse des letzten Winters waren so überwältigend für den, der sie wirk- 59 Cf. Briefe Nr. 6 und 12. 24 Siegfried Heinimann lieh innerlich miterlebte, dass man sich stets scheute, zu ihnen Stellung zu nehmen. Ich will versuchen, die von Ihnen angeschnittene Frage betreffend die Stellung der deutschen Romanisten eingehend zu besprechen 60 . (... ) Romanist soll unter den Jungen nur noch der werden, der geistiges und seelisches Einfühlungsvermögen und auch den entsprechenden Willen, fremde geistige Art zu vermitteln, besitzt. Ich erinnere mich, wie Sie, verehrter Meister, das italienische Volksleben oder das kymrische in gewissen Ihrer Aufsätze liebevoll interpretiert haben: nicht als praeceptor, sondern als freudvoll Geniessender, dass eine so reiche Varietät unter den Menschen existiert. (...) Jetzt, da der Frühling machtvoll durch Europa rauscht, dürfte auch die Notlage mit dem doch bald zu erwartenden Präliminarfrieden etwelche Linderung erfahren: die knappen Mittel zum Leben werden allerdings aufs schwerste den Luxus wissenschaftlicher Forschung belasten. In diesem Punkte sieht die Lage in allen Staaten Europas recht düster aus. Aber es kann kein Zweifel obliegen [sie], dass die Wissenschaft als Lebensprinzip und als «geistiges Bildungsprinzip» in den hinter uns liegenden Krisen nicht gut abgeschnitten hat. Sie haben ja oft beklagt, wie sehr der Geist in der Forschung fehle, wie oft der Diskussion prinzipieller Probleme ausgewichen wurde, nur um auf dem «sicheren Festlande der Tatsachen» zu verbleiben. Ein solcher Block von Tatsachenmaterial ist das Etymologische Wörterbuch von Meyer-Lübke: aber ich kann mir nicht helfen: der Eindruck ist für mich stets ein trostloser: ich bewundere den Mut, ein solches Material anzuhäufen und kritisch zu zensieren: aber liegt hier wirklich geistige Perspektive vor? Ich sehe nur Steinhaufen, nie aber eine Aussicht ins gelobte Land. Und in dieser Hinsicht bleibt doch Diezens Etymologisches Wörterbuch immer noch unerreicht. Ihre so weittragende Arbeit über die romanischen Lehnwörter im Berberischen 6 1 traf mich schwer Grippekranken im Bett: und doch, kaum war das Fieber vorbei, durchlas ich Ihre Abhandlung wie einen Roman, der mich aus der fieberhaft verknäuelten Welt wieder zuerst in die richtigen Bahnen des Denkens zurückführte. Und über einige Probleme, die mir bei der Lektüre aufgestossen sind, möchte ich mich heute unterhalten: natürlich liegen sie auf dem romanischen, nicht auf dem afrikanischen Ufer, das mir wie ein Wunderland erscheint. Aber Sie haben von Süden her so helle Strahlen auf das romanische Ufer geworfen, dass der Romanist so oft wie der Afrikaner 62 zu Ihrem Werke greifen wird: das folgende habe ich für einen Bericht in der Romania verwertet: bis die Correc- 60 Es folgen vier Seiten, auf denen Jud sein Bedauern darüber ausdrückt, daß die deutschen Romanisten wenig beitragen zur Verständigung mit den romanischen Ländern. Wir greifen den folgenden Abschnitt heraus, der wie eine Schlußfolgerung klingt. 61 Die romanischen Lehnwörter im Berberischen, SB Wien 188/ 4 (1918), p. 1-82 (Brevier Verz. 704). Jud hat die Arbeit angezeigt in Romania 45 (1918/ 19), 272-275 (Bibl. lud 86). 62 Lies: Afrikanist. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 25 turbogen eingetroffen sind, teilen Sie mir vielleicht gütigst mit, wo ich falsch gesehen habe 63. ( ... ) Mit der gleichen Post sende ich Ihnen auch Gillierons Arbeit 64 zu, die für mein Empfinden eine der tiefschürfendsten Arbeiten über den neufranzösischen Wortschatz darstellt. Wie hier der Wortschatz als ein eng ineinander gewobenes Tuch aufgefasst wird, bei dem die Wegnahme einzelner Fäden die ganze Struktur verändert, das ist eine Erkenntnis, die mir nie mit so eindringlicher Deutlichkeit sich offenbart hat wie bei der Studie über abeille. Ich habe diesen Winter meinen Studenten das Problem ecclesia basilica aufgerollt, später dasjenige von os bucca labrum maxilla; und es ist mir wieder so recht deutlich geworden, dass das «Fachsystem» der etymologisch numerierten Typen ein ebenso grosser Unsinn ist, wie wenn einer eine Geschichte der Architektur schriebe, in der er die Geschichte der Türe, des Fensters, der Schwelle, des Fensterladens, des Kamins usw. durch alle Zeiten hindurch zu verfolgen sich anschickt und dabei dem Leser zumuten würde, sich hieraus die Vorstellung eines Hauses des 13.Jahrhunderts zu bilden. Das Problem der Ordnung meiner Materialien, die immer gewaltiger anschwellen, drängt mir immer wieder das Problem der Verarbeitung auf: ich sehe keinen Ausweg als den der Monographien. ( ...) Ihnen alle guten Wünsche zum Frühling und herzliches Gedenken! Ihr Jud P.S. (...) Ihre Auffassung von der «Schule» teile ich durchaus: wir Schweizer haben uns stets als «Schüler Hugo Schuchardts» betrachtet, wenn auch keiner zu Ihren Füssen oder vor Ihrem Katheder sich niedergelassen hatte. Nur spielt ja beim Schüler voce viva stets ein persönliches Element mit: es ist doch wohl kein Zufall, dass soviele französische Romanisten sich auf ihren Lehrer Gaston Paris beriefen, nicht aber auf den ihnen doch wohl bekannten (und gefürchteten? ) Paul Meyer! - Aber nun genügt's! 63 Es folgen wortgeschichtliche Einzelheiten üb�r fünf Seiten. Wir lassen sie weg und geben den Schluß des Briefes (leicht gekürzt) und das Ende des zweiseitigen Postscriptums. Der ganze Brief umfaßt 16 Seiten, wovon vier großformatig. 64 Cf. N 53. 26 Nr.17 Verehrter Meister! Siegfried Heinimann UBG 5193 20.V.19 Warmen Dank schulde ich Ihnen für Ihren lieben ausführlichen Brief, ferner für die beiden Karten (1. verspätet, 2. heute eingetroffen), die mich zur sofortigen Beantwortung Ihrer Zeilen aufrüttelten 65 . (...) Unsere Diskussion hinsichtlich der Umstellung der Arbeit und des Zieles bei den deutschen Romanisten möchte ich nicht in dem Sinne weiterführen, als ob ich nur das Tadelnswerte östlich des Rheins, das Lobenswerte westlich des Rheins fände. Aber eines ist mir doch immer klarer geworden: unsere Neusprachler die V ermittler einer fremden Geistesart an den Mittelschulen hatte die Universität durchaus ungenügend ausgebildet. Erste Pflicht hätte darin bestanden, Leute von diesem Berufe wegzuweisen, die innerlich sich nicht mit fremdem Empfinden und andersgearteten Anschauungen vertraut machen können noch wollen.(...) Aber warum scheut sich die Universität, ins volle Leben des gegenwärtigen Italien oder Frankreich hineinzugreifen? Wir vertrinken im Historismus. (...) Wir haben an der Masse des Stoffes statt an dessen Qualität uns gefreut; wir glaubten, dass, je ferner die Kulturerscheinung unserer Zeit entrückt sei, umso grössere Objektivität erreichbar werde, als ob nicht auch in demselben Masse das lebendige Interesse des heutigen Menschen für diese uns fremd gewordenen Phänomene abnehmen müsste. Und da muss ich nun schon gestehen, dass die französischen Germanisten, die ich kennen zu lernen Gelegenheit hatte, in jeder Beziehung das moderne Deutschland besser kannten als die deutschen Neuphilologen Frankreich.(...) Aber nun will ich schliessen: die Kritik, die mich ebensosehr trifft wie andere, ist ja viel leichter als das Bessermachen! (...) Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass Sie uns noch den zweiten Teil des Romanobaskischen schenken, den wir nach dem Beiheft der Zeitschrift immer 65 Die beiden Karten sind nicht erhalten. Der Brief ist datiert vom 3.April 1919. Sch. klagt darin über seine Niedergeschlagenheit, seine Unfähigkeit zu arbeiten: «Wir sind ja alle in verzweifelter Lage und in verzweifelter Stimmung.» Zur Frage, was die Universität zum Völkerfrieden beitragen sollte, schreibt er: «Für mich ist das Studium der Sprachen, besonders der romanischen von je als Förderungsmittel des mir als Ideal vorschwebenden Völkerfriedens oder Völkerbundes erschienen. Es hat sich in diesem Kriege ganz nutzlos erwiesen.» Ähnlich - und ebenso resigniert klingt es später in einem Brief an Leo Spitzer: «Lasciate ogni speranza (...) Ich hatte einst das Gefühl als Romanist habe man auch eine sittliche Funktion, sei ein wenig, ein ganz klein wenig Vorarbeiter des allgemeinen Völkerfriedens ...» (L. SPITZER, Hugo Schuchardt als Briefschreiber, Revue internationale des etudes basques 21 [1930], 27, 9.Febr.1926, nach der Lektüre einer Rede Mussolinis.) - Den Brief von Jud beantwortet Sch. postwendend am 26.Mai. Er klingt ebenso trostlos wie der vorangehende. Der verlorene Krieg, die territorialen Forderungen Frankreichs und die wirtschaftliche Notlage bedrücken ihn in gleichem Mass. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 27 noch erwarten dürfen 66. Und Sie dürfen, verehrter Meister, dasjenige Forschungsgebiet nicht im Stich lassen, auf dem Sie stärkeres Echo gefunden haben als irgend ein Deutscher seit Diez. Ihre Forschung und Ihre Problemstellung sind nicht österreichisch noch deutsch noch europäisch, sondern Ihre ganze Arbeit ist dem Suchen nach den tiefsten Gründen sprachlichen Seins und Werdens geweiht: eine solche Arbeit kennt keine Grenzen, sie adelt den Menschen, den wir lieben müssen, ob er südlich oder nördlich der Alpen wohnt. Und so rufe ich aus voller Überzeugung: Europa muss sich wieder finden. Sie aber dürfen als Altmeister dieser europäischen Wissenschaft uns in der Not nicht im Stiche lassen! Nr.18 Verehrter Meister! Warmen Gruss und Wünsche von Ihrem Jud UBG 5198 8.XII.19 Die Kunde von dem Hinschied von Prof. Cornu 67 hat mir sehr weh getan: ich hatte den aufrechten Mann gern wie einen lieben väterlichen Freund, der mir besonders während des Krieges sehr nahe gekommen war. (...) Herzlichen Dank schulde ich Ihnen ferner für die höchst interessante und fesselnde Darstellung von Ihrem Verhältnis zu A. Tobler 68: Ihr Einstehen für den intereuropäischen Charakter der Diezstiftung und Diezehrung fügt sich prächtig zum Bilde, das sich Aussenstehende stets von Ihnen entwarfen: Deutscher, aber zugleich Weltbürger! Diese Stellung über nationalem Hader, die Sie so oft und warm gegen Andersdenkende vertreten und verfochten haben, sicherte Ihnen unsere warme Sympathie und zog Ihnen die dauernde Verehrung der Schweizer zu. Wenn Sie so stark unter dem Unglück Deutschlands leiden, weil Sie ein gesundes Europa ohne ein gesundes Deutschland sich unmöglich vorstellen können, so begreifen wir dies vollauf; Sie haben ein Recht darauf, inmitten nationaler Leidenschaft auf Ihr Deutschtum als Weltbürgertum sich zu berufen, weil Sie beide in sich vereinigen 69. Dass Sie vielleicht heute zu einseitig die deutsche 66 Der 1. Teil erschien 1906 unter dem Titel Baskisch und Romanisch, Zu de Azkues Baskischem Wörterbuch als Beiheft 6 zur ZRPh. (Brevier Verz. 504). Später erschienen in der ZRPh. verschiedene romano-baskische Miszellen. Sch. ist den baskischen Studien treu geblieben bis an sein Lebensende. 67 Cf. N 23. 68 Über seine Beziehungen zu Adolf Tobler (Berlin), nach denen Jud sich erkundigt hattesie waren nicht eng-, berichtet Sch. in einem Brief vom 24. Okt. 1919 (unveröffentlicht) und weiteres am 10. Nov. desselben Jahres (abgedruckt in VRom. 31 (1972], 19ss., spez. 22s.). 69 Im Original: vereinigten. 28 Siegfried Heinimann Schuld nur als einen Teil der europäischen Gesamtschuld anerkennen wollen, verstehe ich sehr gut: in dem Augenblick, da Millionen Menschen leiden, ist die Aufrollung der Schuldfrage unendlich kleinlich und lindert des Nächsten Not in keiner Weise. Nur Verzeihen und Vertrauen hilft uns hinweg: aber ach die Menschen sind grausam und unerbittlich, man wäre oft geneigt, sich schaudernd von ihnen abzuwenden. Die erste Stunde des Neuerscheinungskollegs habe ich Ihnen gewidmet: ich besprach mit den Studenten die Berberischen Lehnwörter (die Rezension ist unterdessen in der Romania erschienen 70. (...) Sie sehen, Sie sind nicht vergessen, auch nicht verschollen, sondern lebendig und werden es für die Jungen bleiben. Meinen und Prof. Gauchats Studenten ist der Name Schuchardt ein Symbol: darf Sie das nicht auch ein bisschen freuen? (...) 71 Warmen Gruss und Gedenken Jud Nr.19 UBG 5203 20. II. 20 Verehrter Meister! (••.)72 Für Ihre lieben, anerkennenden Worte herzlichen Dank 7 3: dass Sie stets noch weitere Perspektiven zu eröffnen vermöchten, ist ja selbstverständlich. Ich muss mich damit begnügen, ein kleines Lichtzentrum zu sein. Für Ihre beiden Aufsätze: Über den Sprachursprung 74 habe ich Ihnen, glaube ich, noch gar nicht gedankt: ich bin da stets nur Lernender und freue mich, dass Ihnen stets aufs neue die Freude wird, Ihre abschliessenden Anschauungen und neu anregenden Ausblicke zu Papier zu bringen und zu fixieren. Was Sie über die Rückprojizierung der im heutigen sprachlichen Leben wirkenden Kräfte in die Vergangenheit sagen, findet meine volle Billigung: man wird nie vorsichtig genug sein können bei der Übertragung des heutigen Kräfteparallelogrammes auf die Vergangenheit. Aber anderseits halte ich doch dafür, dass die «paläontologische» Sprachbetrachtung noch sehr viel von der Einsicht in das Wesen der heutigen sprachlichen 70 Romania 45 (1919), 272-275 (Bibl. lud 86). 71 Es folgen vier Seiten (davon zwei in Großformat) über etymologische Probleme. 72 Der Anfang des Briefes handelt über Büchersendungen u. ä. 73 Sch. hat sich offenbar anerkennend geäussert über Juds Rezension der Romanischen Lehnwörter im Berberischen; der Brief ist nicht erhalten. Cf. Juds Brief Nr. 18 mit N 70. 74 Sprachursprung I und II, SB Berlin 1919, Bd. 39, 716-720; Bd. 45, 863-869 (Brevier Verz. 711, 712). Teil III ist erst 1920 erschienen (Verz. 726) und ein Exkurs dazu 1921 (Verz. 741). Alle vier Stücke sind abgedruckt im Brevier, p. 254ss. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 29 Vorgänge zu lernen hat: ich denke z.B. an Gillierons Arbeiten, die m. E. für die ganze Anschauung von gesprochenem Latein und geschriebenem neue Ausblicke eröffnen. Wir sind von der indogermanistischen Sprachforschung noch viel zu sehr an Statistik gewöhnt. Sie und Gillieron haben stets nicht den einzelnen Faden, sondern das Gewebe untersucht. Aber das Gewebe ist in seinem Muster nur heute besser erkennbar, verfetzt und von Motten zerfressen starrt uns dasjenige der vergangenen Zeit entgegen. Daher hätte ich eigentlich gerne den Mahnruf an die Petrefaktenforscher deutlicher noch formuliert, als Sie es für richtig hielten. Trombettis Forschungen 75 zu verfolgen bin ich leider ausser Stande: er operiert mit zu vielen Unbekannten und mit zu reichlichen vorgefassten Meinungen. Mich stösst seine etwas selbstsichere Art ab: aber vielleicht tue ich ihm Unrecht. Urtel hat mir neulich seine Arbeit zugestellt 76: aber in seinen Zeilen stand nichts von Ihrer Rezension, die mir übrigens durchaus wohlwollend scheint. Dass er stets etwas rasch zu urteilen und zu schliessen geneigt ist, wird bei seiner ganzen Anlage und Forschernatur 77 nicht weiter verwunderlich sein: er hat ein so neues und ertragreiches Arbeitsfeld entdeckt, dass er vor Freude gar nicht weiss, wo er es in Angriff nehmen soll. Aber mich freut doch stets seine nimmermüde Begeisterung für die wissenschaftlichen Entdeckungen. Die engadinischen Briefe, die Sie mir in Aussicht stellten, sind noch nicht eingetroffen 78• Was gedenken Sie, verehrter Meister, für Ihren grossartigen Briefwechsel mit den führenden Gelehrten zu tun? Hoffentlich anvertrauen Sie diese Dokumente einem gut geleiteten Archiv mit der Bestimmung, dass nicht jeder nach Belieben darin schnüffeln kann. ( ... )79 Ihnen wünsche ich gute Genesung, damit ich bald wieder von Ihnen tröstliche Nachricht erhalte! Mit herzlichem Gruss verbleibe ich Ihr Jud 75 Im ersten Teil seiner Berliner Akademieschrift von 1919 (zit. oben N 74) setzt sich Sch. kritisch auseinander mit ALFREDO TROMBETTI, L'unita d'origine del linguaggio (1905) und lehnt dessen einseitig monogenetische Auffassung ab. 76 HERMANN URTEL, Zur baskischen Onomatopoesis, SB Berlin 1919, Bd. 13, 138-157. Schuchardts Rezension erschien im Lbl. 40 (1919), 397-406 (Brevier Verz. 716). Urtel beginnt seine wissenschaftliche Laufbahn mit einer Heidelberger Dissertation (1897) über die Neuenburger Mundart, beschäftigt sich weiter mit französischen Patois, aber auch mit umfassenden gesamtromanischen Problemen und wendet sich später dem Iberischen und dem Baskischen zu. 77 Im Original: Forschungsnatur. 78 Am 12. Dez. 1919 hatte Jud an Sch. geschrieben: «Das Rätische Idioticon wünscht, daß ich Sie anfrage, ob Sie die Freundlichkeit hätten, Ihre in Ihrem Besitz liegenden rätischen Briefe ihm für das Idioticon zu überlassen. » Sch. hat darauf offenbar positiv reagiert; sein Antwortschreiben ist nicht erhalten. 79 Hier steht Persönliches über Nedwed (cf. Nr. 8) und Cornu (cf. Nr. 8 N 23) u. a. 30 Nr.20 Verehrter Meister! Siegfried Heinimann UBG 5204 14.IV. 20 Ihre Sehnsucht nach unserem Lande begreife ich und fühle ich lebhaft nach: und wenn die Reise etwas bequemer und namentlich rascher sich vollzöge, hätte ich Sie gleich zu einem Besuche in der Schweiz eingeladen: wir würden es uns als grosse Ehre anrechnen, Ihnen diese Freude bereiten zu dürfen. Aber wir wagen an eine Realisierung nicht zu denken! Mein Stillschweigen für ein paar Monate mag ich nur dadurch erklären, dass ich Ihnen nun den Plan verrate, an dem Prof. Jaberg und ich unermüdlich gearbeitet haben: es handelt sich um den Sprachatlas Oberitaliens und der rätischen Mundarten. Wir haben seit Jahren (1912) diesen Plan gehegt und ihn nie aus dem Auge verloren: jetzt ist er im Marsch. Das ganze Jahr 1919 arbeiteten wir an der Ausarbeitung des Questionnaire, an der Ausbildung des Explorators, an der finanziellen Sicherung des Unternehmens für die ersten anderthalb Jahre. Nun ist die Arbeit geleistet: der Explorator, Herr Dr. Scheuermeier, ist seit dem 19.November 1919 unterwegs, die Aufnahmen (etwa 20) von Bündens Tälern sind bereits vorhanden, die Photos sachlicher Art sind erprobt und last not least: die finanziellen Mittel wenigstens bis auf den Betrag von 29 mille gesichert. (...) Das Stillschweigen über all diese Vorbereitungen erklärt sich ja ohne Schwierigkeiten daraus, dass es uns beiden zuwider ist, über einen Plan zu sprechen und ihn darzulegen, bevor er in Ausführung begriffen ist. Und wir wünschen auch heute noch keine weite Oeffentlichkeit, sondern stille unentwegte Arbeit im Dienste des Unternehmens, von dem wir uns für die italienische Sprachforschung neue Wege versprechen. Ihnen aber wollte ich das wie auch Wagner 80 nicht länger vorenthalten, denn ich weiss, wie sehr Sie der Plan interessieren muss. Wir gedenken, am Nordrande Italiens je einige französische und deutsche Grenzmundarten heranzuziehen, um als Vergleichsobjekt zu dienen. Gillieron schreibt mir, dass Saroihandy für den baskischen Teil nun ebenfalls der Idee eines Atlasses nähertritt. Mir schwebt eigentlich als Abschluss meiner Lebensarbeit immer noch die Durchführung eines deutschschweizerischen Atlasses vor, der so ungemein interessant sein müsste: man wendet mir nur immer ein, das sei nicht Sache der Romanisten! - Ich laboriere immer noch am Problem von amblaz 'Jochriemen' herum 81. (...) 80 Max Leopold Wagner (1880-1962) wurde erst 1924 zur Mitarbeit am AIS beigezogen. Über seine Exploratorentätigkeit in Sardinien berichtet er in seinen Briefen an Karl Jaberg; sie sind auszugsweise publiziert in der Festschrift für Johannes Hubschmid zum 65. Geburtstag, Bern 1982, p. 451-466. 81 Cf. JuD, Rätoromanisch umblaz, bündnerdeutsch amblaz, Bündner Monatsblatt 1921, 37-51 (Bibi. lud 99). Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 31 Übermorgen wandere ich nach Bünden: mit Herrn Dr. Scheuermeier gedenke ich im Lugnez gemeinsam eineAufnahme zu machen (...)An jedem Ort soll er eineAnzahl Photos von Geräten aufnehmen, die als Bilderatlas einst veröffentlicht werden sollen. Das ist die teilweise Verwirklichung Ihrer Idee: Sprach- und Bilderatlanten! (...)Aber nun genügt es: ich habe zu lange geplaudert und will mich befleissigen, das nächste Mal nicht soviel von mir zu berichten: le moi est hai"ssable! Warme Wünsche und stetes Gedenken! Nr.21 Verehrter Meister! Ihr ergebener Jud UBG 5207 22.XII.20 (... ) 82 In Herrn Dr. Scheuermeier, dessenArbeit 83 ich Ihnen in seinemAuftrage nächstens zustellen möchte, haben wir einen ganz tüchtigen Explorator gewonnen: Liebe zur Sache,Ausdauer bei allem Widerwärtigen, Geschick in derAuswahl seiner Gewährsleute, wirklich einen Jungen haben wir gewonnen, den man lieben muss. Seit 5/ 4 Jahren ist er nun fast ununterbrochen unterwegs und übernimmt alle Entbehrungen mit einer Begeisterung für das Unternehmen, dessen Gelingen ihm anvertraut ist. Aber ich habe nun immer wieder von meinem (oder besser gesagt: unserem) Pflegekinde 84 gesprochen, dem die ganze Liebe Jabergs und auch die meinige gilt: die des kinderlosen Jaberg ist noch fast leidenschaftlicher als die meinige, die wenigstens ebenfalls meinen beiden Jungen zugute kommt. Als vor wenigen Tagen ich mit Dr. Hubschmied mich unterhielt (der an Ihrem Leben und Leiden stets den allerherzlichstenAnteil nimmt), da stellten wir wieder einmal die grosse Schuld fest, in der wir bei Ihnen stehen. Und wir fragten uns, wie es sich denn eigentlich erkläre, dass Sie Ihre grossen Diskussionen über methodische Fragen in der Sprachforschung meistens mit Romanen ausfochten. Überhaupt wieviel stärkere Bewunderung hat Ihre Forschung bei Nichtdeutschen ausgelöst! Womit hängt also diese Tatsache zusammen? Wenn ich mir vergegen- 82 Jud berichtet ausführlich über den Fortgang der Mundartaufnahmen für den AIS. Sch. hatte sich am 17. Dezember danach erkundigt. 83 Gemeint ist die Dissertation von PAUL ScHEUERMEIER, Einige Bezeichnungen für den Begriff 'Höhle' in den romanischen Alpendialekten, Beih. ZRPh. 69, Halle 1920. 84 Gemeint ist natürlich der AIS. 32 Siegfried Heinimann wärtige, welche Romanisten im Deutschen Reich zu Ihrer Forschung Stellung genommen haben, so gelangt man geradezu zu einem beschämenden Ergebnis: hie und da eine Verbeugung von Foerster, sonst nichts; denn Toblers Wege haben sich doch kaum je mit den Ihrigen gekreuzt. Schüler in dem Sinne, wie Sie den Ausdruck gefasst wissen wollen 85 , haben Sie unter den Romanisten nur in Oesterreich und der Schweiz gewonnen: ist das wirklich Zufall? (...) Sie haben, verehrter Meister, durchaus Recht: die Fülle des Materials kann leicht die Schaffensfreude ersticken. Ich gedenke, meine bedeutenden Materialien lexicologischer Art der Forschung eines Tages in irgend einer Form zur Verfügung zu stellen: ich finde es egoistisch, den Zugang zu solchen Materialien nicht dem Forschenden weit aufzusperren. Könnten Sie mir einen Rat geben, wie das am besten zu machen wäre? Wenn Sie die Einleitung ins Baskische 86 drucken lassen wollten, so würde ich sofort einen Prospektus mit andern unterzeichnen, um durch Subskription den Druck des Werkes zu sichern. Ich bin sicher, wir brächten eine bestimmte Zahl von Subskribenten zusammen! Also nur vorwärts an die Fertigstellung des Manuskriptes! Was aus Ihrer Hand kommt, darf nicht verloren werden! Spitzer 87 ist ein lieber Mensch, aber er hat eine zu nervöse Hast im Arbeiten. Stets von einer bewundernswerten Neueinstellung auf alle neuen Probleme; er ist der Impressionist, aber doch gar nicht zu missen! Wer würde es ihm gleichmachen, in diesem Wagemut Arbeiten zu besprechen, Stellung zu nehmen und sich stets neuen Problemen zuzuwenden? Gewiss nicht wir schwerflüssigen Schweizer Gelehrten! Und nun noch ein Wunsch: wir möchten in unserem romanischen Seminar eine · kleine Galerie berühmter Forscher aufstellen: Photos, wenn möglich eigenhändig unterzeichnet, damit die Studenten den Menschen im Forscher sehen! Darf ich Sie freundlichst bitten, mir diesen Wunsch zu erfüllen? Und jetzt, verehrter Meister, zürnen Sie nicht dem, der weiter noch an die Zukunft des ganzen Affentheaters glaubt 88 ! Ihnen herzlich zugetan Ihr Jud 85 Zu «Schüler» cf. Brief Nr. 16 Postscriptum; ferner Brevier, p. 407s. und Schuchardts Brief vom 29.Mai 1917 (abgedruckt in VRom. 31 [1972], 3). 86 In seinem Brief vom 26.Dez. 1920 (unveröffentlicht) berichtet Sch., er habe vor längerer Zeit eine «Einführung ins Baskische» entworfen, deren Veröffentlichung ihm «sehr am Herzen liege». Sie ist 1923 bei Niemeyer in Halle a.S. erschienen mit dem Titel Primitiae linguae Vasconum, Einführung ins Baskische (Brevier Verz. 753). Sie geht aus vom Gleichnis vom verlorenen Sohn (Luk. 15,llss.) in der NT-Version von Leizarraga aus dem Jahr 1571. 87 Sch. hatte sich am 17.Dez.1920 anerkennend und scherzend über Leo Spitzer geäussert, dem wir bekanntlich das von Jud angeregte Schuchardt-Brevier verdanken. Cf. N 91. 88 Bedrückt von der Weltlage, schreibt Sch. am Schluß des langen Briefes vom 17.Dez. 1920: «(...) unsere ganze Zukunft ist dunkel, und nicht am wenigsten die wissenschaftliche. Aus dem Genfer Affentheater [gemeint ist der Völkerbund] verzeihe mir Freund Bovet das Wort wird das Heil der Welt nicht hervorgehen.» Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt Nr.22 Verehrter Meister! 33 UBG 5212 15.III.21 Das Bild von unserem Nationalhelden Winkelried 89, der in der Schlacht bei Sempach eine Gasse für seine Kampfbrüder sich bahnte, will ich nicht allzu weit ausführen: aber sicher ist, dass er den Opfertod suchte, nicht um die anderen zu tyrannisieren, sondern um ihnen zu helfen. Wenn ich nun versuche, all den dräuenden Nöten, die auf Sie einstürzen, etwas zu steuern, so fühle ich mich in der «lignee» derer, die versuchen, durch all die Wirrnisse des Lebens einen Weg denen zu bahnen, die ich liebe. Dass ich nicht falsch interpretiert werde, das darf ich von denen erhoffen, die mich am Werke gesehen haben. Meine liebe Frau und ich danken Ihnen warm für die beiden Photographien, die uns ein teures Andenken sind: die Widmungsworte haben uns besonders gefreut. Wir beide sind uns der Pflichten wohl bewusst, die eine so aussergewöhnlich privilegierte Stellung wie die des Schweizers uns auferlegt. Wenn wir nun aber die von Hass und Liebe getragenen Stimmungen unserer nördlichen und westlichen Nachbarn nicht einfach mitmachen, sondern die Lage eines jeden Volkes zu verstehen suchen und auch verstehen wollen, so bleiben wir auch da unserer Aufgabe treu. Als ich letzten Herbst durch die Schlachtfelder Frank-_ reichs, durch die Ruinen von Verdun und Reims und der Dörfer bis an den Chemin des Dames 90 pilgerte, da habe ich zum ersten Mal so recht tief empfunden, welche Hasswelle dieser Krieg entfesselt hat. (...) So kommt es mir denn vor, dass, wenn ich mit einem Franzosen diskutiere, ich den Deutschen helfe, mit einem Deutschen den Franzosen, mit einem Italiener den Südtirolern. Sie werden das mangelnden festen nationalen Boden nennen! Ich sehe gerade in dieser Stimmung und in dieser Einstellung den Standpunkt des «au-dessus de la melee». (...) So jetzt haben wir aber, verehrter Meister, genug Politica behandelt. Ich freue mich also zunächst des Breviers 9 1, womit einer meiner herzlichsten Wünsche 89 W'inkelried: Die materielle Not, in die Sch. infolge der Inflation in den ersten Nachkriegsjahren geraten war, sucht Jud auf verschiedene Arten zu lindern. Unter anderem veranlaßt er, dass Niemeyer dem Grazer Meister die Zeitschrift für romanische Philologie kostenlos zusende (Postkarte Juds vom 7.Febr.1921). So viel Unterstützung glaubt Sch. nicht annehmen zu können. In verschiedenen Briefen protestiert er, meist in scherzhaftem Ton, gegen alle die «Wohltaten». «Sie (...) trampeln auf meinem Selbstbestimmungsrecht herum», heißt es am 10.Febr.1921. Der Brief vom 24.Febr. beginnt mit den Worten: «Wo ist die Freiheit, der Arnold von Winkelried eine Gasse machte? Versklavung selbst auf dem Gebiet der Wissenschaft! » 90 Höhenzug nw. von Reims, dep. Aisne. 91 Am 7.Febr. 1921 hatte Jud auf einer Postkarte mitgeteilt: «Das Brevier für Sprachforscher aus Hugo Schuchardts Schatzkästlein ist nun durch Spitzer gesichert: hoffentlich erleichtern Sie 34 Siegfried Heinimann endlich in Erfüllung geht: nämlich Ihren Gedanken und Anschauungen die starke Durchschlagskraft zu gewähren, die sie verdienen. Eine solche Ehre ist eigentlich noch keinem Sprachforscher zuteil geworden: könnte man sich ein schöneres Denkmal vorstellen als eine solche Auslese aus der Arbeit Ihres Lebens? Der Aufruf zur Deckung des Zuschusses der Druckkosten ist bereits unterwegs (...): Sie sehen, verehrter Meister, die Solidarität der schweizerischen Linguistengarde ist vollkommen. Dieselbe Solidarität hat sich neulich bei einer Spende für Kluge bewährt 92 und erweist sich auch als tragfähig für eine Spende zu Gunsten des Thesaurus linguae latinae. (...) Und nun, verehrter Meister, nüt für unguet! Stets Ihnen herzlich zugetan J.Jud Nr.23 UBG 5214 Guggisberg, 4.VIII.21 Verehrter Meister! Unsere Correspondenz hat einen monatelangen Unterbruch erfahren: ich wusste, dass Sie in einem intensiven Briefaustausch (im diplomatischen Jargon würde man sagen: Depeschenwechsel) mit Spitzer sich befanden und meine Nachrichten nicht die Aktualität jener anderen hatten. War es da nicht das Beste für mich, in die Ecke zu stehen, bis das Werk abgeschlossen war 93 , das Ihre Aufmerksamkeit voll und ganz verdiente? Das letzte Vierteljahr war ein wissenschaftlich wenig ergiebiger Zeitraum für mich: die zwölf Wochen Universität und Schule bei der immer drückenderen Hitze liess jede Initiative erlahmen. Ich frage mich ja überhaupt mehr als einmal im Jahre, ob es sich eigentlich verantworten lässt, wissenschaftliche Forschung fortzuführen, wenn solche Last auf einen drückt: dabei ist ja gar nicht vorauszusehen, dass dieser Raubbau an Geist und Kraft einmal in nächster Zeit ein Ende ihm die Arbeit durch freundliche Mithülfe. » Ein reger Briefwechsel zwischen Spitzer und Schuchardt bezeugt, daß der Meister dem Herausgeber des Breviers seine Hilfe nicht versagt hat. Das bestätigt auch Spitzers Vorrede zur 1. Auflage (1922). 92 Kluge: Am 17. Dez. 1920 klagt Sch. über seine abnehmende Sehkraft und fügt bei: «Von blinden Kollegen erregt mir keiner ein grösseres Mitleid als Friedrich Kluge, den ich übrigens nicht persönlich kenne. Er wurde am 1. Okt. 1919 (um jüngeren Kollegen Platz zu machen die Humanität äussert sich heutzutage oft recht wunderlich) in den unfreiwilligen Ruhestand versetzt, und damit zugleich, wie er mir schreibt, in eine schwere Notlage, da sein Ruhegehalt zu klein zum Leben ist, er tritt nun aus allen Vereinen, auch aus den wissenschaftlichen aus. » Die Spende der schweizerischen Romanisten und Germanisten war als Beitrag zum Gehalt von Klu§es Helferin gedacht, wie Jud am 22. Dez. 1920 berichtet. 9 Das Brevier, dessen 1. Auflage 1922 erschienen ist. Cf. N 91. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 35 nehme 94. (... ) Dazu tritt ja dann noch die immer tiefere Erkenntnis von der Stückarbeit all unseres Schaffens: ich bewege mich langsam in der Linie der immer grösser werdenden Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung und dem Fortschreiten der romanischen Linguistik überhaupt 95. ( ...) Aber nun Schluss mit diesem «unfachwissenschaftlichen» Brief! Ich möchte Ihnen ein gutes Sommerende und einen guten Herbst wünschen und Sie freundlich bitten, des zürcherischen Botens sich etwa zu erinnern. Nr.24 Verehrter Meister! Mit warmem Gruss Ihr Jud UBG 5217 30. I. 22 Der 80. Geburtstag, den Sie Ende der kommenden Woche feiern, ist für Ihre alten und jungen Freunde in Europa so recht der Anlass, wiederum zu gedenken all der Förderung, die Ihre Schüler (in der Auslegung, die Sie dem Wort geben) 96 Ihnen verdanken. Nicht das blosse Ausweiten des Tatsachenmaterials, sondern die Sehnsucht nach weiten Horizonten haben wir alle bei Ihnen geholt: die innere V erknüpfung allen Sprachgeschehens mit psychischem, politischem und kulturellem Wandel haben Sie, verehrter Meister, uns immer wieder eingeschärft, und, wenn wir Jüngeren, ohnmächtig dem gewaltigen Flug des Adlers zu folgen, etwa an unserem Können verzweifelten, dann hatten Sie ein gütiges Ermutigungswort gleich bei der Hand, um uns zu neuem Aufflug anzuspornen. V or einigen Wochen skizzierte ich Herrn H. Steiner die Phasen des Einflusses, den Sie auf die schweizerischen Forscher ausgeübt haben: Ihre kleine, aber umso inhaltsreichere Schrift: Über die Lautgesetze 97 hat wuchtig bei der Generation Morf und seinen Schülern eingeschlagen: Sie erinnern sich wohl, mit welcher klaren Einsicht Morf in seiner Zürcher Antrittsvorlesung 98 sich über die Bedeutung Ihrer Schrift geäussert hat. Die zweite Generation (Hubschmied, Jaberg und ich) standen in erster Linie unter dem Eindruck des Wortforschers, der neue Wege bahnte mit jener 94 Jud wurde erst auf das Wintersemester 1923/ 24 zum vollamtlichen Professor ernannt; cf. Brief Nr. 25. 95 Jud beklagt anschliessend den Rückgang der romanischen Sprachwissenschaft an den deutschen Universitäten zu Gunsten der neuem Literaturgeschichte und schließt nach einigen persönlichen Bemerkungen über den verstorbenen Kollegen Cornu. 96 Cf. N 85. 97 Cf. N 31. 98 In seiner Zürcher Antrittsvorlesung über das Studium der romanischen Philologie (1889) legte Heinrich Morf (1854-1921) Gewicht auf die Vermittlung von Schuchardts Auffassung über die sprachgeschichtlichen Vorgänge. Die Vorlesung ist abgedruckt in Morfs gesammelten Schriften Aus Dichtung und Sprache der Romanen, 2. Reihe, Straßburg 1911. 36 Siegfried Heinimann Kampfesfreude, die uns mitriss. So haben Sie, verehrter Meister, in dem Lande, zu dem Sie stets warme Liebe hegten, für Ihre Ideen Widerhall gefunden, und es danken dem Meister von Graz alle jene, die in der Forschung nicht Handwerksarbeit, sondern Künstlerwirken sehen wollen. Ihr 80. Geburtstag wäre wohl, wenn der Krieg nicht die Geister getrennt hätte, in der ganzen Sprachforschergilde in herzlichem Gedenken all Ihrer grossen Forschungsarbeit gefeiert worden: aber in der Not erkennt man seine wahren Freunde. Mögen am Samstag einige Briefe weniger bei Ihnen die Wünsche bringen, umso echter sind diejenigen der Gratulanten, die sich jetzt einstellen. Und wollen Sie, verehrter Meister, inmitten des Chorus freundlicher Stimmen, auch aus weiter Feme die meine heraushören: sie ist nicht die lauteste, aber eine der herzlichsten. Ihnen ein achtzigstes Jahr in voller Gesundheit wünschend, verbleibe ich in warmem Danke Ihr J. Jud Nr.25 UBG 5221 17. IV. 23 Verehrter Meister, Der in Aussicht gestellte Brief liess länger auf sich warten, als ich es geplant: aber die letzten drei Monate brachten soviel Unvorhergesehenes 99, dass ich nicht die notwendige Ruhe fand, mein Versprechen einzulösen. Zuerst kam mein Vortrag über die tessinische Ortsnamenforschung (Mitte Februar), der mir ausserordentlich viel zu schaffen gab, dann wurde mein Vater schwer krank, so dass er Wochen zwischen Leben und Tod schwebte: hierauf meine Ernennung zum Extraordinarius an der Universität, die Grippe packte mich selber für acht Tage an; es folgte der Abschied vom Gymnasium, der mir schwer fiel, und schliesslich in den letzten drei Wochen die Ausarbeitung meiner Antrittsvorlesung, die am 10. Juni festgesetzt ist. Jetzt vor Anfang des Semesters will ich noch rasch meine mich arg drückenden Briefschulden begleichen: das Versprechen, das ich Ihnen gegeben, drückt mich ganz besonders. Indirekt durch Prof. Spitzer habe ich erfahren, wie sehr das Brevier Ihren Wünschen entgegengekommen ist: es ist wirklich ein Monumentum, das berufen ist, Ihren Worten ein Echo zu sichern, wie es kaum einem Sprachforscher beschieden ist. Es wäre eigentlich für uns interessant zu erfahren, welche im 99 Im Original: Unvorgesehenes. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt 37 Brevier aufgenommenen Gedankengänge Sie heute zu modifizieren wünschten: für eine zweite Auflage wäre eine solche Revision mit der in Noten hinzuzufügenden neuen Fassung der Gedanken überaus wertvoll. (...) Mit dem kommenden Semester beginnt nun ein neuer Abschnitt meines Lebens: nicht als ob ich restlos glücklich wäre (denn die Mittelschule bot mir im Französischunterricht ein seelisches Gleichgewicht zur mehr rationalistischen Sprachwissenschaft), aber andererseits muss doch die Concentration der Arbeit auf ein Gebiet und an einer Schule mir die Last vermindern. Dazu tritt nun der Abschluss der Mundartaufnahmen in Italien durch Herrn Dr. Scheuermeier in grössere Nähe (Oktober 1923), und da gilt es, sich eingehend mit den Problemen der Drucklegung auseinanderzusetzen. Und bei der starken Betonung des Sachlichen in unseren Aufnahmen ist 100 die Darstellung des Sachlichen innerhalb der sprachlichen Formen eine sehr heikle Aufgabe, die Jaberg und ich mit Hilfe einer Reihe von Probekarten zu lösen versuchen müssen. Also «une corvee immense» erwartet die beiden Initianten. (...) Sonst ist nicht viel zu erwarten in diesen Zeiten: Deutschland 101 wendet sich gegenwärtig ganz Spanien zu, und die Sprachforschung ist gegenwärtig weniger denn je in der Universität als «aktuell» empfunden; in Italien ist merkwürdige Sterilität in allen methodischen Fragen. Die Ermattung macht sich überall sehr stark fühlbar. Die «Dacoromania» ist dagegen ein erfreuliches Symptom im Osten Europas 102. ( •.• ) Aber nun soll mein Brief nicht allzu lang werden. Ihnen wünsche ich guten Frühling und stets starke Arbeitsfreude. Mit herzlichen Grüssen verbleiben (...) 10 3 Ihre ergebenen M. und J.Jud 100 Im Original: spielt. 101 Gemeint ist natürlich die romanistische Forschung und Lehre in Deutschland. 102 Der 1. Band der Zeitschrift Dacoromania ist 1921 mit der Jahrzahl 1920/ 21 in Cluj/ Klausenburg erschienen. 103 In einem zweiseitigen Postscriptum erteilt Jud sprachgeographische Auskünfte, vor allem aus dem ALF. - 1924/ 25 werden die Briefe spärlicher und auch weniger leidenschaftlich. Von 1925 ist ein einziger erhalten, von 1924 deren zwei und eine Postkarte. Dominierendes Thema ist jetzt der Italienische Sprachatlas, der sich weiter nach Süden ausdehnt als ursprünglich geplant, und die Frage einer Zusammenarbeit mit italienischen Dialektologen. Wir lassen diese Briefe beiseite und geben noch die zwei von 1926. Nr. 27 vom 26. Dez. 1926 ist der letzte, den Jud an Sch. gerichtet hat, wenn nicht ein späterer verloren gegangen ist. Am 21. April 1927 ist Hugo Schuchardt gestorben. Schuchardts Briefe an Jud sind nur bis zum 8. Mai 1922 erhalten. 38 Nr.26 Verehrter Meister! Siegfried Heinimann UBG 5229 3. II. 26 Zu Ihrem Geburtstag möchte ich Ihnen warme Glückwünsche darbringen; wenn auch Ihr Brief etwas mutlos klang, so wollen wir doch hoffen, dass die seelische und körperliche Krise rasch vorübergehen wird. Ihr prächtiger Lebenselan hat immer wieder über alle solchen Beschwerden den Sieg davongetragen. Herzlichen Dank schulde ich Ihnen für den letzten Aufsatz: Der Individualismus in der Sprachforschung 104: Sie haben da ein Problem angeschnitten, das Ihnen stets am Herzen lag und über das so manche Forscher sich ausschweigen. Die seelenlose «Objektivität» der Forschung hat einer ganzen Generation von Forschern den Gedanken verwehrt, eine Selbstprüfung vorzunehmen, die periodisch für den Gelehrten und für die Forschung heilsam wäre. Wir feiern Prof. Gauchats 60. Geburtstag Samstag abend mit der Überreichung eines Bandes 105, es werden da eine schöne Zahl von schweizerischen Romanisten sich einfinden, um ihm zu huldigen, der zugleich noch mit der Würde des Rektors · für zwei Jahre ausgestattet worden ist. Von Gillieron habe ich in den letzten Tagen nicht eben guten Bericht: es scheint, dass sein Magen nicht mehr recht reagiert. Sie können sich denken, dass seine Schweizer Freunde sehr um ihn besorgt sind: wir hatten ihn im letzten Herbst in seinem kürzlich gekauften eigenen Haus besucht und ihn wie immer voll Kampfeslust und neuer Ideen gefunden. Ein solches Temperament in unserer Forschung zu missen, wäre ein Gedanke, an den man sich fast nicht gewöhnen könnte. Darf ich Ihnen verraten, dass ich nächsten Sommer im Proseminar Ihr Brevier mit den Studenten besprechen werde? Sie sehen, Sie veralten nie, denn die Jungen sollen in Ihre Gedankenwelt wieder eingeführt werden, damit der Kontakt zwischen den grossen Führern und den Epigonen nicht verloren gehe. Also nochmals alles Gute und Liebe für das kommende Jahr! Stets Ihr J.Jud 104 Cf. N 36. Es ist die letzte Schrift von Sch., die noch zu seinen Lebzeiten erschienen ist. 105 Festschrift Louis Gauchat, Aarau 1926. Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt Nr.27 Verehrter Meister, 39 UBG 5230 26. XII. 26 Zum kommenden Jahre wünschen wir Ihnen wiederum alles Gute: möge der angebrochene Winter Ihnen nicht allzu schwer fallen jetzt, da die schlimmen Nachkriegsjahre langsam sich zu lichten beginnen. In den letzten Monaten habe ich sehr wenige Nachrichten von Ihnen erhalten: hoffentlich ist das ein gutes Zeichen, dass bei Ihnen alles seinen normalen Gang geht. Ich selber habe ein sehr schweres Jahr hinter mir: der Umzug der Wohnung von Zürich nach dem Vorort Zollikon bedeutete schon eine starke Anspannung aller Kräfte, der Bau des Hauses eine nicht minder grosse, die sich seit letztem Neujahr bis in den Hochsommer ausdehnte. Jetzt da nun dies alles vorüber ist, ermesse ich erst, wie stark ich mit allen wissenschaftlichen Arbeiten in Rückstand geraten bin. Besonders die Vorbereitungen für das erste Faszikel des Atlas haben darunter zu leiden gehabt. Ueber den Gang der linguistischen Studien werden Sie nicht wenig erfreut sein: die Indogermanisten weiten sich immer mehr zu allgemeinen Sprachforschern aus, wogegen dieselbe Tendenz sich bei den Romanisten von Ausnahmen abgesehen kaum verfolgen lässt. Die romanische Sprachwissenschaft pflegt in Deutschland nur noch eine ganz geringe Zahl von Forschern: die ausgesprochene Tendenz zur einseitigen Bevorzugung der Literaturwissenschaft auf den Lehrstühlen der Universitäten wird über kurz oder lang den Nachwuchs aussterben lassen. In Hinblick darauf, dass die nächsten zehn Jahre ganz dem Atlas gewidmet sein müssen, fehlt mir jeglicher Antrieb, grössere Arbeiten zu unternehmen. Es ist mir, als ob ich in ein ganz dunkles Tunell eintrete, dessen kleine Lichtöffnung ganz in der Ferne sichtbar ist. Wenn ich den Ausgang des Tunells, d. h. die Veröffentlichung des Atlanten mit Jaberg zusammen erreiche, dann sind die beiden Unternehmer des Atlanten schneeweisshaarige Männer. Und nun alles Gute, auch von meiner Frau, und warme Wünsche J.Jud Bern Siegfried Heinimann «Rationale signum et sensuale» Concezione linguistica e stile nel primo libro del De vulgari eloquentia 1. Introduzione Leggendo e rileggendo il De vulgari eloquentia, si e eolpiti dal faseino ehe esereita questo trattato danteseo non finito, non solo per la novita del pensiero, ma anehe per l'arte dell'espressione. Stupisee la raffinata pluralita stilistiea, insolita nel genere del trattato, eon la quale Dante eonduee il lettore per il sentiero dei suoi ragionamenti. Hans Rheinfelder ha rilevato nel 1957 l'interesse ehe il De vulgari suseita anehe dal lato stilistieo 1• Ma in genere la eritiea ehe sie oeeupata del trattato si e eoneentrata sui tanto diseussi problemi di eontenuto. E vero ehe Vineenzo Mengaldo, nelle note al testo della sua magistrale edizione del De vulgari 2 , addita puntualmente i fenomeni stilistiei degni di attenzione. Ma si tratta di osservazioni singole, per lo piu dell'identifieazione di determinate figure retoriehe o di eommenti su fatti lessieali. Anehe negli artieoli dello stesso autore nell' Enciclopedia Dantesca relativi al De vulgari eloquentia 3 , si eerea invano una valutazione eomplessiva della forma del testo 4 • Se mi sono proposta di oeeuparmi, nelle osservazioni ehe seguono, dello stile del De vulgari, e perehe sono eonvinta ehe l'argomento meriterebbe una trattazione piu approfondita. Prima di tutto perehe la pluralita stilistiea del trattato latino e eome un preludio alla maestria stilistica della Commedia. Ma anehe (ed e questo l'aspetto ehe mi preme sottolineare) perche esiste un rapporto intrinseeo tra la eoneezione linguistiea di cui tratta il primo libro (concezione del linguaggio umano in genere e del volgare illustre italiano in partieolare) e la forma del testo 5 • Dante nel capitolo III, d'aecordo con la tradizione tomistica, definisce il linguaggio umano eome «rationale signum et sensuale» (III/ 2). Questa bipolarita familiare L «Dantes Stilkunst in seinem Büchlein von der italienischen Kunstsprache», in: RHEINFELDER 1975: 51-63. 2 MENGALDO 1979. Se citiamo MENGALDO senza anno, ci riferiamo sempre all'edizione de! De vulgari eloquentia del 1979. 3 «De vulgari eloquentia» in: Enciclopedia Dantesca II, Roma 1970: 399-415. Cf. «illustre», «lingua», «pantera». 4 Nell'articolo «stili» dell'Enciclopedia Dantesca (di MENGALDO anch'esso) non si parla dello stile delle apere in latino. Lo stesso vale per BALDELLI 1978. , Un apprezzamento simile sembra essere alla base dell'ultimo paragrafo di RHEINFELDER 1957. 42 Ricarda Liver a noi moderni (almeno da Saussure in poi) per Dante e un effetto neeessario della natura umana ehe parteeipa sia alla ratio sia alla materia (cf. Convivio III/ VII/ 5). Ma l'elemento razionale, all'interno del segno linguistieo bipolare, e privilegiato in quanto e proprio la parteeipazione alla ratio ehe fa l'uomo: «seeondo l'umanitade propriamente, eioe seeondo ragione» (Conv. III/ XI/ 14). E tra «quelle operazioni ehe sono proprie de l'anima razionale», Dante pone in prima luogo la faeolta del linguaggio (Conv. III/ VII/ 8). Come vedremo, il eoneetto di ratio e fondamentale e onnipresente nel trattato. Nondimeno ha la sua importanza anehe l'altro polo, quello «sensuale», sia nella eoneezione linguistiea di Dante, sia nella sua prassi stilistiea nel De vulgari. La natura doppia del linguaggio umano, razionale e materiale in uno, trova riseontro in quella ehe ehiamerei la polarita stilistiea fondamentale del trattato, eioe la tensione eontinua tra ragionamento astratto di earattere filosofieo-seolastieo e eoneretizzazione espressiva. Cereheremo di rintraeeiare in seguito le strategie stilistiehe attraverso le quali Dante avvieina il suo pensiero alla sensibilita del lettore, offrendogli «ponti e seale» per arrivare, eoll'aiuto della fantasia, alla eomprensione di eontenuti astratti. Queste strategie sono varie e vengono sfruttate in modo raffinato e svariato. Si e aeeennato alla tensione astratto-eonereto. Nello stesso ordine di idee, si puo seorgere nel trattato un'alternanza tra espressione e�plieita ed espressione implieita o definizione «e negativo» (per esempio nei eapitoli da XI a XV, dove si diee quel ehe il volgare eereato non e, versa i eapitoli da XVI a XVIII dove lo si definisee positivamente). La maero-strutturazione del testo viene effettuata attraverso una divisione tematiea primaria, spesso aeeompagnata e assottigliata da proeedimenti metatestuali 6 • Frequenti eambiamenti di registro stilistieo (di tonalita) eostituiseono un ulteriore fattore strutturante. L'abbondanza di figure retoriehe non e eerto dovuta solo al bisogno di fregiare il testo di «ornatus», bensi e da vedere eome un tentativo di sfruttare il lato «sensuale» della lingua, di dare eorpo al eontenuto teorieo. Soprattutto le frequenti metafore e similitudini, spesso eombinate tra di loro, eoneretizzano o fingono di eoneretizzare quel contenuto eentrale ehe e l'ideale linguistieo proposto da Dante. 6 Cf. CONTE 1988: 138. «Rationale signum et sensuale» 43 2. Strategie stilistiche nei primo libro del De vulgari eloquentia 1 2.1 Strutturazione del contenuto e segnali metatestuali 8 La struttura del cantenuta (avvero macrostruttura tematica) del prima libro del De vulgari e malta chiara; madificanda la schema stabilita dal Mengalda, secanda cui una prima parte camprenderebbe i capitala da I a X, una secanda quelli da XI a XIX 9 , la si puo descrivere came segue: I Introduziane al trattata intern Da II a X/ 2 Parte introduttiva: natura, arigine e storia del linguaggia umana Da X/ 3 a XVIII Parte centrale: il valgare illustre italiana, suddivisa in due parti: Da XI a XV Rassegna dei valgari d'Italia Da XVI a XVIII Definiziane del valgare illustre XIX Canclusiane del prima libro. Ognuna di queste parti e marcata chiaramente came satta-unita tramite segnali metatestuali. Cam'e da aspettarsi nel genere del trattata, la presenza di tali segnali e particalarmente forte nel capitola introduttiva e in quella conclusiva. Nel prima capitala, l'autare dichiara la sua intenziane («lacutiani vulgarium gentium prodesse» I/ 1) e definisce il sua argamenta (la «vulgaris locutia» naturale, apposta alla «gramatica» artificiale, I/ 2-3). Nell'ultima capitolo del libro, Dante riassume il risultata della discussiane precedente (XIX/ 1) e preannuncia il cantenuta del secanda libro e dei libri seguenti (XIX/ 2-3). I segnali metatestuali sana i verbi in prima persona (dicimus . . . quod I/ 2, dicimus XIX/ 1 ecc.) e le espressioni deittiche all'interno del testo («ut palliciti sumus in principia huius aperis» XIX/ 2, «in inmediatis libris tractabimus» XIX/ 2) 10. Mi sembra indubbia ehe la cesura tra le due parti principali del libro non e, came vuale il Mengaldo, l'inizio del capitalo XI, bensl la meta del capitolo X. I due primi paragrafi di X cantinuano il discarso di IX dave Dante esamina le cause della diversificaziane dell'«ydioma tripharium» e del mutamento linguistica in genere. All'inizio del capitalo XI, l'autare riprende il tema dell'«ydioma tripharium» e si damanda quale delle tre lingue, la lingua d'oi'l, quella d'oc o la lingua del si, meriti 7 Ci limitiamo al primo libro perche costituisce un testo chiuso in se. Inoltre, la variazione stilistica e molto piu grande nel primo libro ehe non nel secondo, piu limitato tematicamente e piu tecnico. s Puo sembrare problematico designare Ja strutturazione metatestuale come «strategia stilistica». Si potrebbe obiettare ehe appartiene alla linguistica testuale piuttosto ehe alla stilistica. Ma a parte le difficolta e lo scarso consenso in quel ehe riguarda una definizione de! concetto di «stile» (cf. SANDERS 1977: 7-9), mi pare legittimo un punto di vista ehe considera «stilistiche» le leggi di strutturazione di un testo (anche letterario) nella loro totalita. 9 MENGALDO 1979: 5. 10 CL CONTE 1988: 138 s. 44 Ricarda Liver di essere preferita alle altre. Dopo aver dato un giudizio elegantemente indiretto a favore dell'italiano, Dante inizia la parte relativa al volgare italiano nel paragrafo 3 con una netta dichiarazione metatestuale ehe manca invece all'inizio del capitolo XI: Nos vero iudicium relinquentes in hoc et tractatum nostrum ad vulgare latium retrahentes, et receptas in se variationes dicere nec non illas invicem comparare conemur. Dicimus ergo ... Questa divisione ehe mette in evidenza la struttura tematica del libro, ne rivela inoltre una composizione perfettamente simmetrica (1 + 8 e mezzo + 8 e mezzo + 1), procedimento non inconsueto in Dante. E significativo pure ehe la prima meta del libro (X/ 2) finisce con la (prima) menzione degli Stilnovisti. Rimane comunque il fatto ehe la seconda parte del capitolo X, pur facendo parte tematicamente della seconda meta del libro, ne e una specie di prologo. 11 vero tema di questa seconda parte, la ricerca del volgare illustre, comincia all'inizio del capitolo XI colla metafora della venatio (cf. qui sotto p. 49). E altamente significativo il segnale metatestuale ehe marca Ja suddivisione della seconda parte del libro. All'inizio del capitolo XVI, dopo aver constatato l'esito negativo della caccia al volgare illustre nei volgari d'Italia dei capitoli da XI a XV, Dante afferma ehe a questo punto e neccessario cambiare metodo di ricerca: «rationabilius investigemus» (XVI/ 1). L'avverbio rationabilius, contrastando fortemente col cotesto metaforico, sta a indicare ehe dopo il metodo d'investigazione empirico adottato finora, Dante passera ad un'indagine deduttiva astratta 11 • I richiami alla ratio sono frequenti, sia nelle parti metatestuali, sia nel testo base. Ci soffermiamo brevemente sui casi piu significativi. Nel primo paragrafo del capitolo VI, Dante dichiara ehe trattera in seguito della lingua di Adamo. Nei paragrafi 2 e 3, qualificati dall'autore stesso come digressione (cf. VI/ 4: «redeuntes igitur ad propositum»), Dante si scalda contro il municipalismo o campanilismo ehe crede ehe il proprio idioma sia il piu bello del mondo, per opporre poi ad una tale limitatezza il proprio atteggiamento di cosmopolita il quale, rigettando i sentimenti ehe gli ispira l'amore irriflesso per la propria patria, si forma un giudizio oggettivo basato sulla riflessione. L'antitesi fortemente accentuata tra ratio e sensus («rationi magis quam sensui spatulas nostri iudicii podiamus», VI/ 3), riecheggiata dall'opposizione sensualitas-ratiocinantes nella frase seguente, allude alla definizione della lingua quale «rationale signum et sensuale» (III/ 2). II carattere armonico del volgare di Bologna, giudicato da Dante in modo piu benigno ehe altri dialetti italiani, viene spiegato come l'effetto logico della commixtio oppositorum: 11 Cosl il MARIGO, citato da MENGALDO nella nota al testo. «Rationale signum et sensuale» 45 ratiorrabile videtur esse quod eorum loeutio per eommixtionem oppositorum lern suavitatem remaneat temperata (XV/ 5). ad laudabi- Dante insiste sul eoneetto di rationabile, perehe antieipa qui un prima elemento definitorio positivo del volgare illustre eereato, il earattere equilibrato e temperato di una lingua urbana. Questo earattere equilibrato del volgare illustre sara messo in evidenza con una metafora nel eapitolo XVIII dove si tratta della curialitas: quia eurialitas rril aliud est quam librata regula eorum que peragenda surrt (XVIII/ 5). Ed eeeo ehe si ripresenta il eoneetto di ratio quale tratto eomune dei membri della euria ideale: sie membra huius gratioso lumine ratiorris unita surrt (XVIII/ 5). E gratiosum questo lume essendo dono divino, eome diee il passo gia eitato del Convivio sulla faeolta del linguaggio in quanto proprieta umana: quelle operazioni ehe sono proprie de l'anima raziorrale, dove la divina luee piu espeditamerrte raggia (Conv. IIINII/ 8). In eonclusione, i frequentissimi riehiami alla ratio 12 , spesso in antitesi a sensus, sono segnali ehe rammentano al lettore la eoneezione dantesea del linguaggio umano insieme razionale e materiale eon privilegio evidente del lato razionale. 2.2 Procedimenti stilistici miranti alla concretizzazione o figurazione di contenuti astratti La ricchezza e vivacita del linguaggio figurato evidentissima nella Divina Commedia si osserva anehe nei trattati, soprattutto nel Convivio. Metafore e similitudini sono presenti anehe nei trattati latini, nella Monarchia forse in misura minore rispetto al De vulgari eloquentia dove Dante sfrutta questi proeedimenti in un modo ehe a Rheinfelder e sembrato straordinario 13 . Difatti, l'uso ehe Dante fa dello strumento stilistico del parlare figurato nella parte dedicata al volgare illustre e di una raffinatezza senza pari. In un primo approccio, si puo constatare ehe Dante traduce dei contenuti astratti in immagini eoncrete e suggestive, cosl il processo dell'investigazione razionale nella metafora della caccia (VI/ 1, XI/ 1, XVI/ 1) o il concetto di un ideale linguistico (il volgare illustre) nell'allegoria della pantera (XVI/ 1). Un'analisi stilistica piu approfondita del tessuto testuale rivela invece una situazione molto piu complessa 12 Cf., altre ai luoghi citati, IV/ 3, IV/ 4, VI/ 1, VIII/ 1. IX/ 1, IX/ 5, XVIII/ 1. 13 RHEINFELDER 1975: 57-59. 46 Ricarda Liver e sottile. Prima di tutto, ci si rende eonto ehe il diseorso di Dante, inveee di seguire un'andatura argomentativa eome la si aspetterebbe in un trattato 14 , proeede in un'altra maniera. II suo modo di «mentis enucleare eoneeptum», eome deserive nel eapitolo II ogni atto di parola, eonsiste (e mi riferiseo in cio ehe segue ai eapitoli da XI a XVIII relativi al volgare illustre) nel dire e non dire, nell'alternare espressioni esplieite eon affermazioni implieite, nell'illustrare asserzioni astratte eon immagini eonerete e nel eombinare diversi eampi metaforiei tra di loro. (Notiamo tra parentesi ehe questo deviare dallo stile trattatistieo usuale, limitando ad un minimo le asserzioni esplicite, ha eontribuito senz'altro alle diseussioni perpetue della eritiea sulla vera intenzione di Dante riguardo al eoneetto di volgare illustre.) Abbiamo gia notato (cf. sopra p. 42) ehe nella prima parte della diseussione intorno al volgare illustre, nei eapitoli da XI a XV, Dante ragiona «e negativo», dieendo quel ehe non eil volgare illustre, mentre ehe i eapitoli da XVI a XVIII lo definiseono positivamente. I eapitoli da XI a XV sono rieehi di partieolari eonereti, i eapitoli da XVI a XVIII inveee privilegiano un ragionamento di stile seolastieo. Si oppone dunque un'affermazione negativa di espressione prevalentemente eonereta ad un'affermazione positiva di espressione prevalentemente astratta. Dieo «prevalentemente» perehe le strategie rilevate non sono esclusive. Ein prima linea il diseorso metaforieo ehe fa da legame stilistieo tra le due parti. Con la maerostruttura «eonereto/ negativo» - «astratto/ positivo» Dante allude al fatto ehe il volgare illustre dev'essere eoneepito eome un ideale. Che questo ideale sia realizzato nella poesia degli Stilnovisti (X/ 2, XVII/ 4) non toglie ehe il eoneetto come tale sia quello di un ideale. II earattere ideale del volgare illustre si desume sia da affermazioni esplieite sia da espressioni in eui la nozione d'ideale e implicita. E ovvio ehe le affermazioni esplieite sono eolloeate nei eapitoli di earattere teorieo deduttivo. Il eapitolo XVI introduee il eoneetto dell'unita base ehe si trova in tutte le eose, I'unum ac simplicissimum ehe ne ela misura e il eomune denominatore. Cosi nelle azioni degli uomini ei sono eerti signa (si potrebbe dire: norme di eomportamento) in base ai quali gli uomini sono giudieati: per l'uomo in assoluto e la virtu, per l'uomo in quanto eittadino ela legge, per l'uomo in quanto italiano sono «quedam simplieissima signa et morum et habituum et loeutionis», tra eui il volgare in questione. II earattere ideale, normativo e di giusto mezzo o eontemperamento d'opposti 15 del volgare illustre risulta anehe dagli epiteti cardinale, aulicum e curiale, eommentati nel eapitolo XVIII. Ma piu ehe le affermazioni (piu o meno) esplicite astratte, sono eerti proeedimenti stilistiei quali Ja metafora, l'antitesi e la formula paradossale ehe fanno risaltare il earattere ideale del volgare illustre. La piu suggestiva delle immagini equella della pantera (XVI/ 1). Piuttosto ehe 14 Cf. ! a discussione su «style» e «non-style» in BoYDE 1971: 23-40. 1s Cf. MENGALDO ad IINII/ 6, N 9. «Rationale signum et sensuale» 47 d'una metafora si tratta di un'allegoria 16• La pantera, nei bestiari medievali ehe si rifanno al Physiologus, sta a signifieare Cristo 17 . Se Dante seeglie quest'emblema eome figura simboleggiante l'eeeellenza del volgare illustre, lo fa perehe puo eontare sulla eomprensione del lettore medievale per eui l'assoeiazione pantera - Cristo e automatiea. L'altissimo valore assegnato al volgare illustre risulta anehe dal eonfronto esplieito tra questa forma ideale di linguaggio e Dio, «simplieissima substantiarum» (XVI/ 5). Dante introduee questo eonfronto eome eommento esplieativo alla formula paradossale «in qualibet redolet eivitate nee eubat in ulla» ehe earatterizza il volgare illustre (XVI/ 4), variazione del preeedente «redolentem ubique et neeubi apparentem» riferito alla pantera (XVI/ 1). Due eose sono da osservare: 1) La formula paradossale e topiea nel linguaggio saerale eristiano in eontesti dove si tenta di deserivere la natura divina non afferrabile dall'intelligenza umana. Dante ne fa largo uso nella preghiera di S. Bernardo alla Vergine in Paradiso XXXIII 1 8• Se earatterizza qui il volgare illustre mediante una formula paradossale, sottolinea eon questo proeedimento stilistieo il earattere ideale e quasi-divino dell'argomento eentrale del trattato. 2) Il verbo redolere, legato nella sua aeeezione primaria eonereta ('far sentire un odore') alla pantera nella tradizione del Physiologus, ha fin dall'antiehita un signifieato traslato in riferimento a fatti linguistici e stilistiei. Lo stesso vale per altri termini appartenenti al eampo metaforieo della eaeeia usati nel De vulgari, eosi venari (VIil, XI/ 1), investigare (XVI/ 1), tenticula (ibid., latino classieo tendicula) 1 9• Il earattere ideale del volgare illustre, oltre ehe dall'allegoria della pantera e dalle formule paradossali eollegate eon essa, viene sottolineato anehe dalla frequenza dell'antitesi nell'argomentazione dantesea. Le antitesi prineipali del primo libro relative al volgare illustre 20 sono tutte imperniate sull'idea dell'unum, di un eentro ideale ehe eostituisee la norma e la misura delle manifestazioni divergenti. Dante insiste sul eoneetto del denominatore eomune nel eapitolo XVI, dove parla 16 Per la delimitazione dell'allegoria dalla similitudine cf. MrcHEL 1987: 544ss. 17 Cf. MENGALDO ad I/ XVI/ 1 e l'articolo «pantera» dello stesso autore nell'Enciclopedia Dantesca. A proposito della connotazione religiosa dell'allegoria della pantera, Mengaldo parla di un «evidente alone religioso di cui Dante avvolge nel trattato la sua nozione di volgare illustre» (MENGALDO 1973: 270). 1s Cf. LrvER 1979: 393 e N 176. 19 MENGALDO ad VI/ 1 e ad XVI/ 1. Nell'articolo «pantera» dell'Enciclopedia Dantesca il MENGALDO fa notare ehe in questi casi Dante «rida attualita e vivezza di metafore concrete a vecchi traslati ormai cristalizzati nell'uso scientifico e privi delle originarie connotazioni» (MEN- GALDO 1973: 270). Non credo tuttavia ehe il significato originario concreto dei lessemi in questione sia scomparso dalla coscienza di chi usa queste voci, dato ehe si continua ad impiegarli anche nell'accezione primaria. 20 Lasciamo da parte l'importante antitesi «naturalis artificialis» e i problemi interpretativi connessi con essa. Cf. a proposito DRAGONETTI 1961: 9ss., CoRTI 1981: 31ss., MENGALDO ad I/ I/ 4. 48 Ricarda Liver dei «simplicissima signa» dai quali si riconosce l'italiano (e ne fa parte appunto il volgare illustre): hec nullius civitatis Ytalie propria sunt, et in omnibus comunia sunt (XVI/ 4). In concreto, l'ideale linguistico proclamato e un'espressione urbana, come risulta dall'osservazione finale di XI/ 6: Cumque hiis montaninas omnes et rusticanas loquelas eicimus, que semper mediastinis civibus accentus enormitate dissonare videntur, ut Casentinenses et Fractenses, dove enormitas va preso nel senso etimologico di 'deviazione dalla norma'. Anche la condanna di Guittone, Bonagiunta ed altri poeti toscani e giustificata col biasimo della mancanza di urbanita, espressa nell'antitesi «quorum dicta ... non curialia sed municipalia tantum invenientur» (XIIl/ 1). Se la lingua di Bologna e giudicata piu benignamente di altri volgari d'Italia, e perche eorum locutio per commixtionem oppositorum . . . ad laudabilem suavitatem remaneat temperata (XV/ 5). Nel capitolo XVII, dove Dante spiega perche il volgare illustre e «magistratu sublimatum», definisce il proprio merito linguistico e quello dell'amico Cino da Pistoia in quattro formule antitetiche parallele: Magistratu quidem sublimatum videtur, cum de tot rudibus Latinorum vocabulis, de tot perplexis constructionibus, de tot defectivis prolationibus, de tot rusticanis accentibus, tarn egregium, tarn extricatum, tarn perfecturn et tarn urbanurn videarnus electum ut Cynus Pistoriensis et amicus eius ostenderunt in cantionibus suis (XVII/ 3). Per concludere le osservazioni su procedimenti stilistici atti a rilevare il carattere ideale del volgare illustre, ci soffermiamo un attimo su un aspetto particolare dell'uso dantesco della metafora. 11 discorso figurato di Dante nel De vulgari eloquentia, piu ehe in metafore isolate, si spiega in veri e propri campi metaforici 21: quello della caccia, quello del lavoro del sarchiare o diradare, quello dell'attivita di un padre di famiglia ecc. Inoltre, questi campi metaforici sono (non sempre, ma spesso) interdipendenti, si sovrappongono l'uno all'altro. L'osservazione acuta di Patrick Boyde relativa all'uso della metafora nelle Rime di Dante 22 vale anche per il De vulgari: afferma il Boyde ehe la metafora in Dante non e un ornamento stilistico secondario, bensl una forma di concepire un contenuto fin dalla partenza, di modo ehe uso proprio e 21 Usiamo il termine di «carnpo» qui in un senso analogo a quello di «campo lessicale», cioe per indicare un insieme strutturato di unita espressive ehe hanno in cornune certi tratti semantici. Cf. WEINRICH 1976, in particolare p. 325ss. 22 BoYDE 1971: 151s., 328s. «Rationale signum et sensuale» 49 uso metaforieo eonfluiseono («osmosis between proper and metaphorieal terms», p. 328) 23• Boyde parla anehe di «image-clusters», termine applieabile anehe alla eombinazione di eampi metaforiei nel De vulgari. Nel eapitolo VII, sul quale avremo oeeasione di tornare sotto un altro aspetto, Dante si rammariea della natura umana ineorreggibile, sempre reeidiva nel peeeato. L'uomo ehe al peeeato originale ha aggiunto un seeondo, per il quale e stato punito da Dio eol diluvio, e infine un terzo, la eostruzione della torre di Babele, viene paragonato allo seolaro ehe eontinua a malfare finehe, la terza volta, e punito: «non ante tertium equitabis» (VII/ 2) 2 4. All'immagine dello seolaro punito dal maestro si sovrappone quella del figlio punito dal padre. Sono eomuni alle due sfere figurative i termini designanti le pereosse e gli effetti di queste ( verbera e vibices). L'allusione all'ambito seolastieo, tratto realistieo e attualizzante, e inserita in un eampo metaforieo di impronta nettamente bibliea, la eoneezione di Dio eome un padre ehe eastiga il proprio figlio per il suo bene 25 • Piu eomplessa ehe in questo primo esempio di eombinazione di eampi metaforiei si presenta la tessitura metaforiea nella seeonda parte del primo libro. L'immagine predominante e quella di una eaeeia in un terreno diffieile, eoperto da un boseo fitto e impenetrabile. Abbiamo visto ehe la selvaggina perseguitata, la pantera ehe elude lo sforzo dei eaeeiatori perehe «fa sentire il suo profumo ovunque e non si manifesta in nessun luogo», perehe «fa sentire il suo profumo in ogni eitta, ma non ha la sua dimora in alcuna» 2 6, evoea un apprezzamento altamente positivo. Al eontrario, tutto eio ehe_impedisee la eaeeia, i «eespugli aggrovigliati e rovi» (XI/ 1) e il boseo stesso 27 , e dotato di un valore evoeativo di segno opposto. Sul piano del linguaggio non figurato, sono i volgari d'Italia imperfetti ehe non soddisfanno le esigenze dell'ideale linguistico proposto da Dante. E signifieativo, per la eompenetrazione di diseorso primario e diseorso figurato di eui sie detto, il fatto ehe Dante, all'inizio della parte ehe deserive la venatio, definisee l'oggetto della eaeeia in un'espressione non figurata: «decentiorem atque illustrem Ytalie venemur loquelam» (XI/ 1). L'immagine della pantera appare soltanto nel eapitolo XVI, al punto del passaggio dalla parte empiriea a quella deduttiva (cf. sopra p. 47). A partire dal paragrafo 6 del capitolo XI, al eampo metaforico della caccia si sovrappone un altro eampo figurato, quello dell'agricoltore ehe vaglia il grano. Se nei primi paragrafi del capitolo si parlava di eicere (1), di decerpere e abicere (3), di eruncare (5), nel paragrafo 6 appare il verbo cribrare. Eil eapitolo XII inizia: n Cf. sopra p. 44 l'accenno alla polivalenza stilistica tradizionale di certi termini all'interno di dati campi metaforici (redolere, investigare). 24 Cf. MENGALDO, ad loc. 2s Cf. MENGALDO, ad loc. 2° La traduzione dei brani citati (XVI/ 1 e XVI/ 4) e de! MENGALDO. Cosi anche in cio ehe segue. n Cf. XV/ 1 «de ytalia silva». Non si puo fare a meno di pensare alla «selva oscura» dell'inizio della Commedia. 50 Ricarda Liver Exaceratis 28 quodam modo vulgaribus ytalis, inter ea que remanserunt in cribro comparationem facientes honorabilius atque honorificentius breviter seligamus. Nel eapitolo XV/ 7, alla fine della venatio, si diee: cribellum cupientes deponere, ut residentiam cito visamus ... Cosl, quasi senza aeeorgersene, si passa dalla prima immagine del eaeciatore ehe si apre un passaggio nel boseo tagliando rami e spine e strappando eespugli alla seeonda, quella dell'agricoltore ehe eol vaglio seevera il grano dalla loppa. L'evidente sfondo evangelieo di quest'ambito metaforieo 29 eerto non e easuale. Gia nel primo eampo metaforieo, quello della eaecia faticosa, l'aeeento e tutto sulle azioni di eliminazione di vegetazione sgradita, un tema presente aneh'esso nelle parabole evangeliehe 30 . Lo sfondo biblieo e presente anehe nel eapitolo XVIII, dove aneora una volta s'osserva una sovrapposizione di eampi metaforici. I1 volgare illustre, qualifieato eome eardinale perehe, eosl eome il eardine, eostituisee il eentro e la norma direttiva di tutto cio ehe si muove intorno ad esso, e paragonato ad un paterfamilias: Nonne cotidie extirpat sentosos frutices de ytalia silva? Nonne cotidie vel plantas inserit vel pantaria plantat? Quid aliud agricole sui satagunt nisi ut amoveant et admoveant, ut dictum est? (XVIII/ 1). I1 predicato dipaterfamilias, nobilitato dall'equazione «paterfamilias = Dio» nelle parabole evangeliehe 31 , eonferisee al volgare illustre quello stesso prestigio di eonnotazione saerale ehe gli da l'allegoria della pantera. Le operazioni delpaterfamilias e dei suoi agricole riprendono quelle dei eaeeiatori di XI/ 1; ma, in questo punto eulminante del primo libro, alle azioni intente all'estirpazione di quanto e'e di nocivo, s'aggiungono azioni ereative: a extirpat e eontrapposto inserit e plantat, a amoveant admoveant 32 • S'impone a questo punto un'ultima osservazione. Nel eampo metaforieo «paterfamilias volgare illustre» oeeupano un posto importante le persone ehe eseguono la volonta del signore. Sul piano del eontenuto, sono i poeti ehe realizzano l'ideale del volgare illustre nelle loro opere. Se in XVIII/ 1, in eoneordanza eon l'ambiente 2s Questo verbo, formato evidentemente come parasintetico da acus 'pula', non e attestato nei dizionari di latino classico. Manca anche nella maggiorparte dei dizionari di latino medievale, ad eccezione di Du CANGE e HABEL. 29 Cf. Matteo 3/ 12, Luca 3/ 17 e MENGALDO ad De vulg. I/ Xl/ 6. La metafora del setaccio tornera in 11/ VIl/ 3. 30 Cf. Matteo 13/ 24-30 e 40, e vedi MENGALDO ad Xl/ 1. Da notare inoltre ehe il verbo eicere, usato da Dante diverse volte per l'azione di eliminare piante sgradite, nel Nuovo Testamento viene impiegato quasi esclusivamente nel senso di 'scacciare il demonio, esorcizzare'. 31 Cf. Matteo 20/ l; 21/ 33. 32 Cf. Matteo 15/ 13: «Omnis plantatio, quam non plantavit Pater meus caelestis, eradicabitur». «Rationale signum et sensuale» 51 agrieolo del diseorso metaforieo del passo, Dante parla di agricole, altrove li ehiama familiares et domestici (X/ 2; XVII/ 5 e 6). Fa notare il Mengaldo ehe questa terminologia sa di linguaggio politieo 33 . Si vede ehe i eampi metaforiei del nostro testo, oltre ad essere variamente eollegati tra di loro, sono anehe differenziati all'interno rispetto ai livelli assoeiativi o «registri» evoeati dalle singole unita lessieali (linguaggio biblieo, linguaggio poetieo 34 , linguaggio politieo). 2.3 Cambiamenti di registro Con l'espressione «eambiamento di registro» vorremmo indieare un proeedimento stilistieo sfruttato da Dante nel primo libro del De vulgari eloquentia ehe eontribuisee aneh'esso all'impressione di estrema varieta stilistiea del testo. Mi riferiseo ai eambiamenti di tonalita, un fenomeno ben familiare al lettore della Commedia abituato a passare dalla narrazione alla deserizione liriea, all'esposizione filosofiea, all'invettiva eee. Questi diversi «stili» ehe sono maneggiati da Dante appunto eome i registri di un organo (si possono susseguire, ma possono anehe essere variamente intessuti gli uni negli altri) potrebbero essere definiti quali espressioni speeifiehe riehieste da determinati tipi testuali 3 5. Sarebbe esagerato affermare ehe il De vulgari, per quel ehe riguarda la variazione di tonalita, sia eomparabile al grande poema. Sorprende tuttavia ehe in quest'opera appartenente al genere del trattato si trovi una variazione di tonalita ben superiore a quella degli altri trattati dantesehi, sia il Convivio, sia il De monarchia. Lo stile ehe ei si aspetta in un trattato di earattere seolastieo e espositivo, argomentativo, obiettivo. A questi tratti, largamente presenti nel De vulgari, si oppongono, in alcune parti del primo libro, dei tratti ehe si possono earatterizzare eome narrativi, mimetici, affettivi. 11 eapitolo ehe si distingue, per una sua tonalita partieolare, in modo piu vistoso dal tenore trattatistieo del primo libro, e il eapitolo VII dedieato all'episodio di Babele. Pju ehe un episodio, questa vieenda ehe sta all'origine della diversita delle lingue e per Dante un easo gravissimo nella storia dell'umanita, eomparabile al peeeato originale. Lo sdegno di Dante di fronte all'ineorregibilita della natura umana si traduee in uno stile omiletieo, affettivamente mosso, rieeo di interiezioni, di interrogazioni retoriehe, di anafore e di parallelismi (paragrafi 1 e 5). Dante si servira dello stesso registro nel eapitolo XII dove, dopo aver lodato l'eeeellenza morale di Federieo II e di Manfredi, modelli di alta umanita 33 Ad X/2. 34 Mi riferisco all'allegoria della pantera diffusa anche nella poesia lirica. Cf. MENGALDO 1973: 270. 35 Per i problemi connessi colla tipologia dei testi cf. tra l'altro il recente articolo GARAVELLI 1988. 52 Ricarda Liver («humana seeuti sunt, brutalia dedignantes», XII/ 4), si esaspera per la bassezza dei loro sueeessori: Racha, racha. Quid nunc personat tuba novissimi Frederici, quid tintinabulum secundi Karoli, quid cornua Iohannis et Azonis marchionum potentum, quid aliorum magnatum tibie, nisi «Venite carnifices, venite altriplices, venite avaritie sectatores»? (XII/ 5). Si preannuneiano qui le invettive della Commedia 36 • Nel eapitolo VII relativo a Babele si osserva poi un ulteriore eambiamento di registro. Nel paragrafo 6 la tonalita, da omiletieo-polemiea, diventa narrativodeserittiva. La seena della eostruzione dell'infausta torre, ispirata ovviamente dalla deserizione virgiliana della eostruzione di Cartagine 37 , e arrieehita da partieolari realistiei quali i termini teeniei di eerti arnesi artigianali («pars amussibus regulabant, pars trullis linebant», VII/ 6). Anehe nei eapitoli da XI a XV, nella rassegna dei parlari d'Italia, si possono individuare dei tratti realistiei, sebbene in un senso un poeo diverso. Fa notare il Mengaldo nell'artieolo «De vulgari eloquentia» dell'Enciclopedia Dantesca 3 8 ehe in questa parte del trattato esistono legami eolla poesia «eomieo realistiea». Questi legami consistono, seeondo lui, nelle eitazioni di frammenti appartenenti a questo genere, nella sottolineatura del rapporto fra deformita linguistiea e difetti morali, e nella mimesi (ehe in parte e iperearatterizzazione) di fenomeni dialettali. Per quel ehe riguarda la tonalita di questi eapitoli, si puo rilevare ehe all'andamento argomentativo e neutro del trattato si sostituisee spesso un atteggiamento polemieo, fortemente disapprovante (il tristiloquium dei Romani XI/ 2, l'imitazione seimmiesea del latino da parte dei Sardi XI/ 7, la presunzione dei Toseani XIII/ 1 eee.) o ironico e eanzonatorio (la lingua dei Genovesi ehe non potrebbe esistere senza la z XIII/ 6, i dialetti della Romagna effeminati e quelli della Lombardia orientale troppo duri XIV/ 2-5). Non parlerei, eomunque, di «registro» in questo easo, dato ehe i tratti stilistiei rilevati non si possono attribuire ad un preeiso tipo testuale. Lo stesso vale per due passaggi dove traspare, all'interno di un'argomentazione di tonalita diversa (sia polemiea, sia oggettiva), una nota piu personale non priva di patetieo. In tutt'e due i easi Dante aeeenna al proprio esilio. Nel primo esempio (eapitolo VI), dove Dante eritica aspramente il eampanilismo di quelli ehe eredono ehe il proprio volgare sia il piu bello del mondo, opponendo loro il proprio superamento razionale di un amore irriflesso, la tonalita affettiva e relegata nelle proposizioni eoneessive: 36 Per le invettive della Commedia (e una' del Convivio) indirizzate ai successori di Federico II e di Manfredi cf. MENGALDO, ad loc. 37 Eneide I/ 423ss. E stato il Marigo a rilevare il raffronto. Cf. MENGALDO, ad loc. 38 MENGALDO 1970. «Rationale signum et sensuale» 53 quanquam Samum biberimus ante dentes et Florentiam adeo diligamus ut, quia dileximus, exilium patiamur iniuste ... Et quamvis ad voluptatem nostram sive nostre sensualitatis quietem in terris amenior locus quam Florentia non existat ... (VI/ 3) Se in questo easo l'espressione dell'impegno personale di Dante e leggermente malineoniea, nel seeondo easo traspare piuttosto una sfumatura di orgoglio. Alla fine del eapitolo XVII si afferma ehe il volgare illustre rende gloriosi i suoi seguaei, il ehe, diee Dante nos ipsi novimus, qui huius dulcedine glorie nostrum exilium postergamus (XVII/ 6). I eambiamenti di tonalita nel De vulgari sono eertamente meno frequenti e meno signifieativi di quelli nella Commedia; tuttavia vi si scorge eome un presagio della varieta stilistiea del grande poema. 3. Conclusione Dal nostro esame dello stile del primo libro del De vulgari eloquentia risulta il ritratto di un testo elaborato nella sua forma d'espressione in corrispondenza stretta eol eontenuto. L'argomento del libro, il linguaggio umano in generale ed il volgare illustre italiano in particolare, viene svolto in uno stile caratterizzato in larga misura da una bipolarita ehe eorrisponde a quella attribuita da Dante al linguaggio umano stesso: eome la lingua e «rationale signum et sensuale», la forma espressiva del trattato dedicato a problemi linguistici oseilla tra argomentazione razionale astratta e coneretizzazione figurativa del pensiero. Isolando nella nostra analisi, per ehiarezza espositiva, alcuni dei proeedimenti stilistici signifieativi sotto questo aspetto (i segnali metatestuali relativi alla ratio, l'uso delle metafore e la loro eombinazione in eampi interdipendenti, il procedere per antitesi, la tensione tra enuneiati esplieiti ed implieiti), abbiamo tralasciato finora di rilevare la eoerenza fondamentale del testo nel quale gli elementi eitati sono integrati in un tessuto allo stesso momento ricco di sfumature ed omogeneo. Questa coerenza stilistica al di sopra o al di 1a dei singoli elementi espressivi miranti al rilievo e alla variazione e evidente alla lettura. La si scorge tra l'altro in eerte unita lessicali dove un signifieato astratto e un signifieato figurato sono eompresenti, eom'e il easo in alcuni dei termini base di certi campi metaforiei del primo libro (cosl venari e venatio, investigare, redolere; cf. sopra p. 47). Un ulteriore fattore di omogeneita e eostituito dalla presenza massieeia di espressioni di provenienza biblica. Abbiamo avuto oeeasione di aceennarvi piu d'una volta (cf. sopra p. 50). Se nel Convivio e nella Monarchia Dante ricorre soprattutto a certi libri 54 Ricarda Liver dell'Antico Testamento e alle epistole paoline 39, nel De vulgari sono spesso le parabole evangeliehe ehe forniseono gli spunti. Abbiamo insistito, nel eorso della nostra esposizione, sul earattere ideale del eoneetto del volgare illustre e sui mezzi espressivi ehe tengono eonto di questo fatto. Aggiungiamo ehe la definizione di questo eoneetto, se di definizione si puo parlare, non e data in un passaggio determinato unieo (eome'e inveee il easo per la definizione del linguaggio umano in III/ 2), ma viene avvicinata da lontano, in una prima tappa, attraverso un'argomentazione «e negativo» (eapitoli da XI a XV). Anehe i eapitoli da XVI a XVIII, dove l'autore annuneia un modo di ragionamento piu «razionale», non danno una vera e propria definizione del volgare illustre in ·termini astratti; Dante vi seeglie piuttosto la strada di enucleare, in un diseorso misto di ragionamento astratto e di illustrazione figurata, i tratti definitori del volgare illustre. Questi tratti sono implieiti nei quattro aggettivi earatterizzanti il volgare in questione, illustre, cardinale, aulicum e curiale, ma questi aggettivi stessi, piu figurativi ehe definitori, hanno bisogno di un eommento. Se manea una definizione esplieita del volgare illustre, viene effettuata inveee un'identifieazione del eoneetto ideale eon una realta esistente, la produzione poetiea degli Stilnovisti. La tensione tra ideale e realta, fondamentale nel trattato, viene evidenziata sul piano espressivo dai vari proeedimenti stilistiei rilevati. La raffinatezza eon eui Dante se ne serve, insieme alla svariata eontemperanza di tonalita diverse, fanno sl ehe nel trattato latino De vulgari eloquentia, eome nel eontemporaneo Convivio, si senta l'unghia del leone 40 • Berna Ricarda Liver Bibliografia BALDELLI, I. 1978: «Lingua e stile», in: Enciclopedia Dantesca, Appendice, 57-112 BoYDE, P. 1971: Dante's Style in his Lyric Poetry, Cambridge BusNELLI, G.NANDELLI, G. (ed.) 1964: Opere di Dante: Il Convivio, Firenze CoNTE, MARIA-ELISABETH 1988: «Linguistica testuale», in: Lexikon der Romanistischen Linguistik, vol. 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IV, Tübingen, p. 157-168 HABEL = HABEL, E./ GRÖBEL, F., Mitte/ lateinisches Glossar, Paderborn 1959 Lexikon der Romanistischen Linguistik, G. HoLTus / M. METZELTIN / C. SCHMITT (ed.), vol. IV: Italienisch, Tübingen 1988 LIVER, RICARDA 1979: Die Nachwirkungen der antiken Sakralsprache im christlichen Gebet des lateinischen und italienischen Mittelalters, Bern MENGALDO, P. V. 1970: «De vulgari eloquentia», in: Enciclopedia Dantesca, vol. II, p. 399-415 MENGALDO, P. V. 1971 a: «illustre», in: Enciclopedia Dantesca, vol. III, p. 365-367 MENGALDO, P. V. 1971 b: «lingua», in: Enciclopedia Dantesca, vol. III, p. 655-664 MENGALDO, P. V. 1973: «pantera», in: Enciclopedia Dantesca, vol. IV, p. 270 MENGALDO, P. V. 1976: «stili, Dottrina degli», in: Enciclopedia Dantesca, vol. V, p. 435-438 MENGALDO, P. V. (ed.) 1979: De vulgari eloquentia, in: DANTE ALIGHIERI, Opere minori, t. II, Milano/ Napoli, p. 3-237 MICHEL, P. 1987: Alieniloquium. Elemente einer Grammatik der Bildrede, Bern etc. RHEINFELDER, H. 1957: «Dantes Stilkunst in seinem Büchlein von der italienischen Kunstsprache», in: RHEINFELDER 1975 RHEINFELDER, H. 1975: Dante-Studien, ed. M. RoDDEWIG, Köln/ Wien SANDERS, W. 1977: Linguistische Stilistik. Grundzüge der Stilanalyse sprachlicher Kommunikation, Göttingen SAPEGNO, N. (ed.) 1985: DANTE ALIGHIERI, La Divina Commedia, Firenze VAsou, C. 1988: «La Bibbia nel Convivio e nella Monarchia», in: Dante e la Bibbia. Atti de! Convegno Internazionale promosso da «Biblia», Firenze, 26/ 27/ 28 settembre 1986, a cura di G. BARBLAN, Firenze, p. 19-39 WEINRICH, H. 1976: Sprache in Texten, Stuttgart Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen Systemanalyse und Vergleich 1. Einleitung Im folgenden Beitrag geht es um die systematische Beschreibung der Strukturen der Possessiva des Italienischen und Französischen als autonome Systeme in ihrer je einzelsprachlichen Fixierung. Ziel ist es, über eine System- und Normanalyse im Sinne von Eugenio Coseriu 1 die Possessivsysteme der beiden Sprachen, einschließlich normgesteuerter Regularitäten, herauszustellen, um dann in einem weiteren Schritt in einem System- und Normvergleich Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. Denn Struktur- und Feldanalysen versprechen nicht nur in bezug auf die lexikalische Gliederung der außersprachlichen Wirklichkeit durch die Einzelsprache interessante Ergebnisse 2. Das gleiche gilt auch für deren Gliederung durch primär einmal morphematisch kategorisierte Paradigmen. Dieser sprachliche Teilbereich hat bei kontrastiven Betrachtungen bislang so gut wie keine Rolle gespielt, sieht man von typologisch orientierten Arbeiten einmal ab, bei denen jedoch meist Sequenzierungsnormen sowie analytische bzw. synthetische Markierungsformen im Vordergrund stehen. Nun fehlen kontrastive Anmerkungen gerade auch zum Bereich der Possessiva nicht ganz, doch werden in der Regel nur Ausschnitte aus dem Gesamtspektrum betrachtet 3 . Eine systematische Gesamtschau fehlt bis heute. Die Untersuchung bewegt sich methodologisch im Spannungsfeld zwischen onomasiologischer und semasiologischer Sprachbeschreibung: Ausgangspunkt ist ein abstrakter Possessivitätsbegriff, und analysiert werden diejenigen geschlossenen Paradigmen, die dieses Konzept im Italienischen und im Französischen wiedergeben 4 . Es geht also nicht um eine systematische Erfassung der Möglichkeiten 1 Cf. E. CoSERIU, «System, Norm, Rede», in: m., Sprachtheorie und allgemeine Sprachwissenschaft. 5 Studien, München 1975, p.11-101. 2 Cf. hierzu z.B. die bei MARTINET angeführte Synopse zur Benennung von frz. bois im Italienischen, Dänischen, Russischen usw.: A. MARTINET, Elements de linguistique generale, Paris 21970, p.11s. 3 Cf. etwa L. SERIANNI, Grammatica italiana. Italiano comune e lingua letteraria, Torino 1988, bes. p.228-33, mit rudimentärem Hinweis auf das Englische und Französische; oder CHR. SCHWARZE, Grammatik der italienischen Sprache, Tübingen 1988, p. 31, mit seiner knappen Gegenüberstellung zum Deutschen. 4 In methodischer Hinsicht orientiert sich der vorliegende Beitrag an den von WuNDERLI in den 70er Jahren vorgelegten Untersuchungen zum altfranzösischen und mittelfranzösischen Possessivsystem - Analysen, die zwar nicht bilingual kontrastiv sind, aber als Bearbeitung 58 Edeltraud Werner des Possessivausdrucks schlechthin, der ohne weiteres auch durch Einheiten offener Paradigmen realisiert werden kann 5, etwa: la maison de Pierre! a Pierre la casa di Paolo la maison qui appartient a Pierre Pierre a! possede une maison la casa ehe appartiene a Paolo Paolo ha! possiede una casa alzo la mano j'ai mal aux yeux usw. usw. Für das Italienische interessiert in diesem Zusammenhang allein das folgende Paradigma: mio tuo suo nostro vostro loro mia tua sua nostra vostra loro miei tuoi suoi nostri vostri loro mie tue sue nostre vostre loro Für das Französische gilt es, mindestens zwei Paradigmen zu berücksichtigen: (A) mon ton und ma ta mes tes son notre votre leur sa notre votre leur ses nos vos leurs zweier unterschiedlicher Synchronien des Französischen durchaus kontrastiv interpretiert werden können. Cf. P. WuNDERLI, «Les structures du possessif en moyen fran1, ais», in: R. MARTIN (ed.), Etudes de syntaxe du moyen fram; ais, Metz 1978, p. 111-52; rn., «Strukturen des Possessivums im Altfranzösischen», VRom. 36 (1977), 38-76. 5 Solche onomasiologischen Beiträge stellen in der Forschung zwar den Normalfall dar, doch sollen sie hier nicht um eine neue Betrachtung ergänzt werden. Cf. dazu etwa stellvertretend R. W. LANGACKER, «Obervations on French Possessives», Language 44 (1968), 51-75; H. SEILER, «Zum Problem der Possessivität», FL 9 (1973), 231-50; C. VET, «Possessive Constructions in French», in: S. C. DrK, Advances in Functional Grammar, Dordrecht 1983, p. 123-40; etc., sowie zu früheren Sprachstufen H. RIEMER, Der Ausdruck des Besitzverhältnisses in der französischen Sprache, Berlin 1931; H. BENNEFELD, Der nominale Ausdruck des Besitzverhältnisses im Französischen, Bochum 1934; etc. - Onomasiologisch motivierte Auflistungen finden sich in neuerer Zeit auch bei SCHWARZE, Grammatik, p. 32/ 33, sowie ansatzweise bei M. DARDANO/ P. TRIFONE, La lingua italiana, Bologna 1985, p. 140. - In dem gleichen Kontext ist die Zuordnung etwa von proprio zu den Possessiva zu sehen, cf. u. a. SCHWARZE, Grammatik, p. 33; L. SATTA, Scrivendo e parlando. Usi e abusi della lingua italiana, Firenze 1988, p. 199/ 200; DAR- DANOITRIFONE, Lingua italiana, p. 139; MARIE-THERESE VrNET, «Quelques observations sur l'adjectif propre associe aux possessifs», in: Montreal Working Papers in Linguistics 7 (1976), 185-200. - DARDANo/ TRIFONE führen des weiteren altrui in diesem Zusammenhang auf. Es erstaunt dabei nur, daß keiner der Autoren auf die Existenz des Adjektivs nostrano hinweist. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen (B) mien tien sien nötre mienne tienne sienne nötre miens tiens s1ens nötres miennes tiennes s1ennes nötres für die geschriebene Sprache bzw. (A') (B') (: �, l H {; : : ; , l H / ; ; : ; , l l / ma/ / ta/ / sa/ / me/ } { / te/ } { / se/ } / mez/ / tez/ / sez/ / mje/ ltjsl / sje/ / mjrn/ / tjrn/ / sjrn/ vötre leur vötre leur vötres leurs vötres leurs lmtRI / v,;;tRI rno/ } / noz/ rvo/ } / voz/ / notRl 6 / votRI 59 / lreRI { flreRI } flreRzl flreRI für die gesprochene Sprache. Geschweifte Klammern verweisen auf kombinatorische Varianten. - Im Französischen haben wir es, verglichen mit dem Italienischen, mit äußerst komplexen Erscheinungen zu tun, zumal sprechsprachliches und schreibsprachliches System nicht nur formal, sondern auch strukturell divergieren. Dies hat seinen Grund darin, daß das graphische System im Französischen vornehmlich etymologisch und nicht, wie im Italienischen, weitgehend phonologisch motiviert ist. Während im Italienischen Lauttyp und Graphem fast in einem 1: 1-Verhältnis stehen 7, gibt die Graphie im Französischen meist nur historische Auskünfte über einen früheren Lautzustand sowie/ bzw. über die gelehrte Kenntnis von der etymologischen Herkunft eines Wortes zum Zeitpunkt der Orthographienormierung. Um unsere Ausführungen nicht unnötig zu verkomplizieren, beschränken wir uns hier auf die Darstellung der sprechsprachlichen Systeme, da die gesprochene Sprache verglichen mit der geschriebenen primär ist. Der Begriff «sprechsprachlich» umfaßt sowohl die spontane lautsprachliche Realisierung als auch laut Gelesenes, also die parole im Sinne Wunderlis in Abgrenzung zum discours, der für aktivierte Rede ohne die lautliche Realisierung reserviert wird 8 • Die Gegenüberstellung sprechsprachliches vs. schriftsprachliches System behalten wir einer eigenen Untersuchung vor. Unser Ansatz ist ein zeichentheoretischer, d. h. es wird davon ausgegangen, daß jede sprachliche Einheit, sei es eine lexikalische, sei es eine morphematische, sowohl über eine Inhaltsseite, ein Signifikat, als auch über eine Ausdrucksseite, einen Signifikanten, verfügt. Damit lehnen wir prinzipiell die Existenz sog. synse- 6 Zur Differenzierung [mtR] vs. [notR] siehe unten. 7 Lediglich für den phonologischen Unterschied zwischen / e/ und IE/ , zwischen / o/ und h/ sowie zwischen / s/ und / z/ fehlen im Italienischen eindeutige Graphemzuordnungen. Doch spielen diese lautsprachlichen Oppositionen im Rahmen des Possessivsystems keine Rolle. Hier ist es durchaus legitim, von einer 1: 1-Zuordnung von Laut/ Phonem und Graphem auszugehen. 8 Cf. P. WuNDERLI, Ferdinand de Saussure und die Anagramme. Linguistik und Literatur, Tübingen 1972, p. 75-78. 60 Edeltraud Werner mantischer Einheiten ab, die ihren Wert nur aus dem jeweiligen Kontext beziehen sollen 9• Auch die Morpheme einer Sprache verfügen über eine spezifische Inhaltsseite in Gestalt einer Bedeutungs- oder Semstruktur ansonsten wären sie zu kommunikativen Zwecken nicht einsetzbar. Semstruktur meint die hierarchische Strukturierung der Inhaltsseite sprachlicher Zeichen, die getragen wird von binären Merkmaloppositionen, Semoppositionen, deren Gesamtkonfiguration die Bedeutung einer Einheit festlegt 10 . Darüber hinaus gehen wir davon aus, daß die Morpheme einer Sprache, genau wie die Lexeme, in semantischen Feldern organisiert sind. Mit diesen Optionen ist auch klar, daß mit den vorliegenden Ausführungen weder generative Ansprüche 11 noch solche einer logisch orientierten Semantik verbunden werden. Die Analyse ist sprachimmanent angelegt. Ein Rückgriff auf nicht-sprachliche bzw. aus anderen Sprachen entlehnte Kategorien unterbleibt 12. Zunächst werden die Inhaltsstrukturen sowohl des italienischen wie auch des französischen Possessivsystems herausgelöst, wobei auch die Frage der Wortartenzugehörigkeit von zentralem Interesse ist. In einem zweiten Schritt werden diese Strukturen im Rahmen eines Systemvergleichs einander gegenübergestellt und Nutzungstypen aufgelistet. Den Abschluß bilden einige Überlegungen zur einzelsprachlichen Organisierbarkeit analoger inhaltlicher Strukturfelder. Materialquelle sind für das Italienische die Wochenzeitschrift L'Espresso 37 (1990), für das Französische L'Express 2078 (1991). Um Repräsentativität zu wahren, werden im Korpus fehlende Typen aus der Sekundärliteratur ergänzt. Da keine statistischen Auswertungen ins Auge gefaßt sind, erscheint uns dieses Vorgehen legitim. 9 Cf. etwa W. GmKE, «Sind Possessivadjektive Adjektive? », Linguistische Berichte 19 (1972), 45-55, bes. p. 51. 10 Zu dieser Sicht cf. G. HrLTY, «Bedeutung als Semstruktur», VRom. 30 (1971), 242-63. 11 An generativen Beiträgen wären u. a. zu nennen: ADRIANA BELLETTI, «Strutture coordinate e possessivi», RGG 3 (1978), 127-42; U. FrGGE, «Der französische Artikel ein Possessivpronomen», Poetica 4 (1971), 283-305; H. SEILER, FL 9 (1973), 231-50. 12 Ähnlich auch J. ScHMITT-JENSEN, «L'articolo determinativo e i possessivi. Immanenza e gerarchia», in: Scritti linguistici in onore di G.B. Pellegrini, Pisa 1982, bes. p. 533-41; die Quintessenz dieses Aufsatzes hat auch Eingang gefunden in S. BACH/ ]. ScttMITT-jENSEN, Sü/ Jre italiensk grammatik, [Kopenhagen] 1990, bes. p. 138, 199-206. Des weiteren sind als sprachimmanente Beiträge u. a. die Arbeiten von J. DAMOURETTEIE. PrcHoN, Des mots a la pensee. Essai de grammaire de la langue fran�aise, t. 6, Paris 1940, p. 612ss.; J. DAMOURETTE, «Quelques remarques sur les possessifs fran�ais», FM 6 (1938), 237-42 und ÜRNELLA CASTELLANr-PoLLr- DORI, «Ricerche sui costrutti col possessivo in italiano», SLI 6 (1966), 3-48, 81-137; SLI 7 (1967-1970), 37-98, zu nennen. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 61 2. Der semantische Kern der Possessiva Der semantische Kern im Sinne von A. Greimas 13, der dem traditionell «Possessivum» genannten Paradigma zugrundeliegt, ist eine personenbezogene Relationierung, die ihre spezifische Festlegung aus der Person des Sprechers bezieht. Possessiva zählen damit zu den Relationszeichen, genauer zu den Deiktika. Es sind also Einheiten, die keinen direkten, definitorischen Referenzbezug herzustellen vermögen, sondern diesen über das hie et nunc (moi-ici-maintenant) eines realen oder fiktiven Sprechers einer Äußerung begründen. Darüber hinaus kann . das Possessivum der 3. Person zusätzlich zur Errichtung eines textuellen, d. h. eines ana- oder kataphorischen Verweises herangezogen werden, z.B.: La questione, tuttavia, e reale. E non si risolve certo demonizzando la Lega e la sua sortita. (L'Espresso 37 [1990], 3) L'intervento e stato motivato dai 3 mila nigeriani «ostaggi» de! ribelle Charles Taylor e dall'internazionalizzazione de! conflitto voluta dal suo avversario Prince Johnson contro l'attuale regime di Samuel Doe. (ibid., 72/ 73) Das gleiche gilt für das Französische, vgl.: Pour toutes ces raisons, l'Allemagne a besoin de proteger sa monnaie et de contenir ! es pressions inflationnistes. (L'Express 2078 [1991], 19) «Mais pourquoi diable, ! es Fran�ais investissent-ils 25 millions de dollars pour restituer leur plus terrible echec a l'etranger? » (ibid., 25/ 26) Der Ausdruck eines echten Besitzverhältnisses, den man aufgrund der traditionellen Benennung der Paradigmen eventuell als zentralen Grundwert ansehen könnte 14 , etwa in la mia macchina il suo cane usw. ma voiture son chien usw. ist dabei nur einer der möglichen, und zwar der spezifischste der Nutzwerte des zugrundeliegenden semantischen Kerns. Die folgenden Beispiele übrigens die Mehrzahl aller Belege machen den allgemein personalrelationalen Wert der Possessiva jenseits eines konkreten Besitzausdrucks deutlich, vgl.: Nella mia iniziativa sono stato solo, solissimo. (L'Espresso 37 [1990], 9) Giuliano Amato, il costituzionalista de! Psi, e stato costretto da una discopatia a disertare il confronto con Cesare Salvi, il suo omologo del Pci. (ibid., 13) 13 Cf. A. GREIMAS, Semantique structurale. Recherche de methode, Paris 1966, p. 38ss. 14 So etwa bei DARDANo/ TRIFONE, Lingua italiana, p. 138; auf weitere Werte wird lediglich in Form eines Nachsatzes hingewiesen. 62 Edeltraud Werner La scena: i settemila metri quadri alla rotonda dell'Ardenza, tutti moquettati di rosa, della Festa nazionale del Garofano rosso, la grande kermesse delle donne socialiste, alla sua seconda edizione. (ibid., 19) Eine Paraphrase mit ehe appartiene a, appartenente a, X possiede Y, u. ä. wäre nirgends sinnvoll. Und auch der in der Literatur so gern bemühte Wert eines «ideellen Besitzausdrucks» 15 , der sich vielleicht noch auf das erste der drei eben zitierten Beispiele anwenden ließe, kann zur Erklärung der anderen beiden Belege nicht mehr herangezogen werden. Konkreter und ideeller Besitzausdruck erweisen sich lediglich als Aktualisierung eines wesentlich allgemeineren Grundwertes, der im nächsten Abschnitt präzisiert werden soll. Im Französischen verhält es sich nicht anders, vgl.: Dien Bien Phu, c'est le virage de notre histoire contemporaine. (L'Express 2078 [1991], 26) Bloque au retour, il [i. e. marechal Ma] attend. Le lieutenant F. G. vient a sa rescousse. (ibid., 26) Im Gegensatz zu den Personalpronomina, die ihren spezifischen Wert ebenfalls aus dem hie et nune des Sprechers ziehen 16, ist das Possessivum nicht identifizierend, sondern es bestimmt die Relation eines «Objekts» in bezug auf den Sprecher 17 . Über diesen erfolgt die Zuordnung zur jeweiligen Kommunikationsposition. Damit wäre die Basissemkonfiguration für das Possessivum herausgestellt, nämlich: frelational] L personal Beide Merkmale lassen sich zudem leicht über Substitutionstests getrennt operationalisieren. Betrachten wir dazu die folgenden Beispiele 18: (1) appena lo conobbi divenni suo amico ---;, . . . ne divenni amico (2) il suo vestito ---;, il vestito di lui! lei 15 Cf. u. a. PH. MENARD, Syntaxe de l'ancien fram; ais, Bordeaux 2 1973, p. 36. 16 Cf. hierzu auch P. WuNDERLI, «Les structures du pronom personnel en frarn;:ais», ZFSL 99 (1989), 130-41. 17 Cf. auch SERIANNI, Grammatica italiana, p. 228; FrGGE, Poetica 4 (1971), 283/ 84, der in der Possessivrelation allgemein eine abstrakte Zugehörigkeitsbeziehung sieht; ferner VET, «Possessive Constructions», p. 123-40, bes. p. 123; SCHWARZE, Grammatik, p. 30/ 31; sowie genau wie im hier verwandten Sinne WuNDERLI, «Structures», passim; rn., VRom. 36 (1977), passim. - Cf. bereits A. ToBLER, «Possessive Adjektive in seltneren Verwendungsarten», in: rn., Vermischte Beiträge, vol. 2, Leipzig 21906, p. 79-88, bes. p. 79/ 80. 18 Zum Test cf. DARDANOITRIFONE, Lingua italiana, p. 139. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen und für das Französische 19: (1) il se laisse aller a des violences sans mesurer leurs effets ---? • • • sans en mesurer les effets (2) il a pris sa main ---? il lui a pris la main (lui = z.B. a Pierre) 63 Im jeweils ersten Beispiel wird durch die Proform lediglich die relationale Komponente des Possessivums extrapoliert (ne, en), im jeweils zweiten hingegen sowohl die personale (luillei, lui) als auch die relationale (di, a). Für die Beschreibung des Possessivums ist es aufgrund der formalen Ausgestaltung der Paradigmen notwendig, das Merkmal 'personal' weiter zu untergliedern: Entsprechend dem durch Bühler erweiterten Organonmodell Platons sind für die Zeichenkonstitution drei Bereiche von Bedeutung 20 : Gegenstände und Sachverhalte Sender Empfänger In Anlehnung an Damourette und Pichon sprechen wir von einem lokutorialen Teilbereich (Relationserrichtung zur 1. Person, Sprecher, Sender), von einem allokutorialen Teilbereich (Relationserrichtung zur 2. Person, Angesprochener, Empfänger) und von einem delokutorialen Teilbereich (Relationserrichtung zur 3. Person, Besprochener/ s, Gegenstände und Sachverhalte) 21. Unter Berücksichtigung innersprachlicher Neutralisierungsmöglichkeiten ist der semantische Kern der Possessiva damit in der folgenden hierarchischen Form unter Zuhilfenahme eines binären Klassifikationsmodells darstellbar die für die beiden Sprachen relevanten Formenparadigmen werden schon einmal zugeordnet: 19 Zu diesem Testtyp cf. u. a. auch J. PERROT, «Remarques sur l'expression du rapport de possession en fran9ais», LFDM 13 (1962), 6-8; WuNDERLI, «Structures», p. 116s., und rn., VRom. 36 (1977), 40. 2 ° Cf. K. BüHLER, Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache, Stuttgart 2 1965, p. 25, 28, 102ss. 21 Cf. DAMOURETTEIPrcHON, EGLF I, § 50ss. 64 lokutorial (0) / 'mö'/ / 'mtR'I / 'mii:''/ / 'notR'/ 'mio' 'nostro' Edeltraud Werner relational nicht-lokutorial (+) � allokutorial (0) / 'tö'/ / 'v:JtR'/ / 'tii:''/ / 'votR'/ 'tuo' 'vostro' delokutorial (+) / 'sö'/ / 'lceR'/ / 'sii:''/ / 'lceR'/ �suo' 'loro' '+' zeigt an, daß es sich um den markierten Term einer Merkmalopposition, '0' daß es sich um den nichtmarkierten Term handelt, der gegebenenfalls für den markierten eintreten kann. In der Terminologie von N. Trubetzkoy 22 besteht zwischen zwei solchen Merkmalen eine privative Opposition. Der Substitutionstest bei der Junktion von Possessiva unterschiedlicher Bereiche verdeutlicht dies 23: ta Peugeot et sa Renault " vos voitures ma Peugeot et ta Renault " nos voitures ma Peugeot et sa Renault " nos voitures ma Peugeot et ta Renault et sa 2CV" nos voitures Für ta Peugeot et sa Renault kann lediglich vos voitures eintreten, der allokutoriale Bereich ist damit in bezug auf den delokutorialen Bereich nicht-markiert; für ma Peugeot et ta Renault ist nur nos voitures möglich, desgleichen für ma Peugeot et sa Renault und auch für ma Peugeot et ta Renault et sa 2 CV. Das gleiche gilt für das Italienische, vgl. la mia Ferrari e la tua Lamborghini � le nostre macchine usw. wie übrigens wohl für alle europäischen Sprachen. Damit erweist sich die lokutoriale Form in bezug auf die Possessiva als die am wenigsten markierte. Die den lokutorialen Bereich abdeckenden Formen können gegebenenfalls solche der beiden anderen Bereiche miterfassen. Erfolgt keine '0/ +'- 22 Cf. N.S. TRUBETZKOY, Grundzüge der Phonologie, Göttingen 41967, p. 67. 23 Zu diesem Test cf. auch WuNDERLI, «Structures», p. 140s. - Es ist dies übrigens das gleiche Testverfahren und -ergebnis wie bei der Untergliederung der personalen Komponente im Zusammenhang mit den Personalpronomina (Cf. WuNDERLI, ZFSL 99 [1989], 131ss.). Die Markierungsverhältnisse der Kommunikationspositionen sind damit nicht auf den possessiven Teilbereich beschränkt, sondern geben ein generelles Prinzip der französischen und italienischen Einheiten mit dem Merkmal 'personal' wieder. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 65 Markierung, handelt es sich um eine sog. äquipollente Opposition, d. h. es gibt keine Überschneidungsbereiche. Dieser Oppositionstyp wird später von Bedeutung. Die Anführungsstriche geben an, daß anstelle der aufgeführten Einheit das komplette Formenparadigma gedacht werden muß. 2.1. Das italienische Possessivsystem Beginnen wir mit der Darstellung des Italienischen, da hier aus der Sicht des sprachlichen Systems die Verhältnisse einfacher liegen als im Französischen. Ausgehend vom eingangs aufgeführten Formenparadigma läßt sich eine Feldstruktur herauslösen, in der jede Form des Paradigmas ihren spezifischen Platz hat. Darüber hinaus kann dieser Systematik die jeweilige Semstruktur einer Einheit entnommen werden. - Die folgenden binären Scheidungen gilt es zu berücksichtigen: 1. die Scheidung zwischen lokutorialem bzw. nicht-lokutorialem Relationspol (wie eben dargelegt), 2. die Scheidung zwischen einer und mehreren Relationspersonen: unipersonal vs. pluripersonal 24 , 3. die Numerusscheidung: singular vs. plural und 4. die Genusscheidung: maskulin vs. feminin. Wir greifen hier und im weiteren Verlauf der Ausführungen aus Platzgründen exemplarisch den lokutorialen Bereich heraus und berücksichtigen die anderen beiden nur dann, wenn sie sich strukturell von diesem unterscheiden. Für das Italienische ergibt sich eine Feldstruktur, die folgendermaßen aussieht: unipersonal � singular plural � � m. (0) mio fern. (+) mia m. (0) miei fern. (+) mie lokutorial pluripersonal � singular plural � � m fern. m. fern. (0) (+) (0) (+) nostro nostra nostri nostre 24 Die Termini unipersonal und pluripersonal, sowie dann auch Unipossessiva und Pluripossessiva verwenden wir in Anlehnung an DAMOURETTE/ PrcHON, EGLF 6, p. 558. 66 Edeltraud Werner Die Opposition zwischen den Merkmalen 'unipersonaVpluripersonal' sowie 'singular/ plural' ist äquipollent, d. h. es gibt keine Überschneidungen im Anwendungsbereich. Die Opposition zwischen den Merkmalen 'maskulin/ feminin' hingegen ist privativ, wie Testbeispiele zeigen: suo figlio e sua madre sono arrivati tardi nostro figlio et nostra figlia sono arrivati tardi Der Akkord des Partizips erfolgt bei Bezugselementen mit unterschiedlicher Genusmarkierung durch die maskuline Form 25, d. h. das Maskulinum kann unter bestimmten Bedingungen das Femininum mit abdecken, ist also der nichtmarkierte Term der Opposition 'maskulin' vs. 'feminin'. Eine alternative Darstellungsmöglichkeit der Genusopposition wäre die folgende: '0 feminin' vs. '+ feminin'. Die formale Seite des Possessivums wird durch Numerus und Genus des Bezugsobjekts bestimmt. - Die gleiche Feldstruktur gilt auch für den allokutorialen Bereich, es müssen nur das zentrale Merkmal sowie die Signifikanten ausgetauscht werden, also 'lokutorial' durch 'allokutorial' sowie die Signifikantenleiste durch die Einheiten tuo, tua, tuoi, tue, vostro, vostra, vostri, vostre. Ähnlich liegen die Dinge im delokutorialen Teilfeld, nur daß hier bei den Pluripossessiva keine weitere semantische Ausgliederung erfolgt, vgl.: delokutorial unipersonal pluripersonal � singular plural � � m. fern. m. fern. (0) (+) (0) (+) suo sua suoi sue Ioro Der Punkt zeigt an, daß eine Form hinsichtlich einer sonst im System realisierten Opposition neutral ist 26. - Bleibt festzuhalten: Die italienischen Possessiva sind im unipersonalen Bereich immer eindeutig hinsichtlich Numerus und Genus markiert, im pluripersonalen Bereich fehlt eine Differenzierung jedoch in der delokutorialen Domäne. Die Form loro ist hinsichtlich jedweder Markierung, die über den Hinweis auf die personale Relationierung hinausgeht, indifferent. 25 Der gleiche Oppositionstyp liegt auch bei den Personalpronomina vor; vgl. hierzu auch N 23. 26 Zu dieser Darstellungsweise cf. auch WuNDERLI, ZFSL 99 (1989), 135-37. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 67 Die komplette Feldstruktur der italienischen Possessiva erhält man, indem man die Strukturen für die Teilbereiche der übergeordneten Merkmalkonfiguration lokutorial (0) [Possessiva] relational allokutorial (0) nicht-lokutorial (+) delokutorial (+) unterordnet. - Die Semstruktur der einzelnen Formen konstitutiert sich über die Merkmale, die einem Signifikanten hierarchisch zuordenbar sind, für mio also [relational, lokutorial, unipersonal, singular, maskulin], für loro [relational, delokutorial, pluripersonal] usw. Hinsichtlich der Wortartenzugehörigkeit ist das italienische Possessivum Adjektiv 27, welches wie zahlreiche Adjektive des Italienischen sowohl vor als auch hinter dem Substantiv auftreten kann 28 , vgl.: Aveva escluso da/ suo pensiero ogni contatto con la politica. (L'Espresso 37 [1990]. 102) Villaggio ha da poco finito di scrivere un libro ..., dove rievoca con malcelata autobiografia il mondo suo e di altri personaggi noti . . . (ibid., 110) La delinquenza, poi, ha delle caratteristiche tutte sue. (ibid., 46) Da parte mia, continua Pozzetto, ero un po' perplesso. (ibid., 109) 27 Cf. auch den Beitrag von A. BELLETTI, RGG 3 (1978), 127-42, die die Koordinierbarkeit von Possessivadjektiven mit weiteren Adjektiven sowie mit Translaten in adjektivischer Spezifizierungsfunktion analysiert, etwa la casa mia e di Gianni. - Wenn SCHWARZE, Grammatik, p. 30ss., die Possessiva zu den Postartikeln zählt, so bewegt er sich ausschließlich auf der Ebene von Sequenzierungsnormen (Norm und parole) und hebt nicht auf systematische Werte ab die Bevorzugung des Signifikanten ist übrigens ein auffallendes Charakteristikum dieser Grammatik. - Die hin und wieder anzutreffende Aufdeckung eines pronome possessivo, z.B. durch DARDANo/ TRIFONE, Lingua italiana, p. 162, das formal identisch sei mit dem aggettivo determinativo «mio», erweist sich damit als Phantom, da, was formal nicht geschieden ist abgesehen von Homonymen -, auch keine unterschiedlichen Grundwerte für sich beanspruchen kann. 28 Zum Wert der verschiedenen Adjektivpositionen im Italienischen cf. u.v.a.m. B. ScrA- RONE, Sur la place de l'adjectif en italien moderne, Den Haag/ Paris 1970; sowie die Literatur unter N 30. - Von grundlegendem Interesse zur panromanischen Erscheinung der Adjektivstellungsalternanzen cf. den Beitrag zum Französischen von P. WuNDERLI, «La place de l'adjectif: norme et infraction a la norme», TL 14/ 15 (1987), 221-35. 68 Edeltraud Werner Die Voranstellung ist heute in der Standardsprache 29 die nicht-markierte Position 30 . Wie jedes durch einen adjektivischen Spezifikator determinierte Nomen wird auch das durch ein Possessivum determinierte in bestimmten Fällen durch eine Einheit aus dem Artikelinventar begleitet, vgl.: E questo loro accordo ha rappresentato un'appello. (ibid., 81) Forse vorrei lavorare in un giornale fatto da un altro, ma da un altro ehe sia una mia creatura. (ibid., 32) Und wie jedes Adjektiv kann es im nominalen Umfeld mit weiteren adjektivischen Elementen determinativ kombiniert werden, vgl.: con grande mia sorpresa (zit. Schwarze, Grammatik, p. 32) lo stesso mio amico un altro mio amico (ibid., p. 32) In Verbindung mit einem Artikel kann das Possessivum darüber hinaus anstelle eines Nominalsyntagmas stehen, vgl.: No, sono sicuro: Berlusconi e un amico e la sua e un'amicizia ricambiata. (L'Espresso 37 [1991], 32) ----;; Ja sua amicizia Gli scenari ehe descriviamo in questa inchiesta sono infatti i probabili risultati dell'«operazione chirurgica» della divisione per tre di un Paese come il nostro, ehe . . . e gia molto lacerato e squilibrato tra regione e regione. (ibid., 42) ----;; il nostro paese Und es kann mit Hilfe des Artikels substantiviert werden, ohne daß es durch ein Nominalsyntagma substituierbar wäre. In einem solchen Fall liegt eine lexikalisierte Einheit vor. Das Possessivum wird zum Nomen mit einer Bedeutung von 'die Meinen', 'meine Habe' u. ä. Artikellosigkeit ist lediglich bei nachgestelltem Possessivum häufiger (z.B. per conto suo, di casa nostra, da parte mia), ist aber nicht durch die Position in der 29 Anders verhält es sich auf Dialektebene: Südlich einer Linie, die auf der Höhe von Rom beginnt, dem Tiberlauf folgt, Umbrien östlich von Perugia durchquert sowie den nördlichen Teil der Marken, um schließlich in der Gegend von Pesaro zu enden, ist die Nachstellung die nicht-markierte Positionsvariante. Cf. 0. CASTELLANI-POLLIDORI, SLI 6 (1966), 7ss., die sich für ihr Ergebnis auf die Karten Nm. 40, 72, 395, 942, 1108, 1279, 1548 und 1554 des AIS bezieht. 30 Zur Diachronie der Adjektivstellung sowie der Positionierung des Possessivums cf. u. a. LursA AuRIGEMMA, «Ricerche sulla posizione dell'aggettivo in italiano», CeS 20 (1982), 22-29; 0. CASTELLANI-POLLIDORI, SLI 6 (1966), 3-48, 81-137; SLI 7 (1967-70), 37-98; L. SERIANNI, «Mio padre/ padre mio: sull'anteposizione dell'aggettivo possessivo nelle allocuzioni», SLI l (1982), 137-54. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 69 linearen Dimension bedingt. Denn auch bei vorangestelltem Possessivum kann der Artikel fehlen (z.B. a sua volta, a suo tempo, a suo dire usw.). Es handelt sich hierbei fast ausnahmslos um lexikalisierte Wendungen. - Ferner fehlt der Artikel bei Verwandtschaftsbezeichnungen, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, vgl.: Intanto facevo amicizia con i colleghi di mio figlio e i loro genitori, e mi rendevo conto ehe c'e una tragedia di classe ... (ibid., 57) ... era iniziata Ja relazione tra sua moglie Franca e Weingraber ... (ibid., 24) Es geht um sog. relationale Nomina. 0. Castellani-Pollidori interpretiert diese Auffälligkeit des Italienischen im Zusammenhang mit den Eigennamen, die per se eine Artikelkomponente in einer Art wie Bally sagen würde cumul de signifies 31 mitumfaßten 32. Doch hat diese Sehweise für das Italienische durchaus ihre Probleme, da Eigennamen gerade in Verbindung mit dem Possessivum immer eine Einheit aus dem A_rtikelinventar bei sich haben, vgl.: ll mio Christopher, 21 anni, al contrario dei suoi fratelli e sorelle, ehe sono tutti al college, ha lasciato gli studi ed e andato in fabrica, ... (ibid., 57) so daß man, bliebe man bei der Interpretation 0. Castellani-Pollidoris, von der Extraposition einer immanenten Kategorie ausgehen müßte, für die es ansonsten im Italienischen keinerlei Parallelen gäbe. Betrachten wir diesen Fall von einer anderen Warte: Die Artikellosigkeit es geht ausnahmslos um den bestimmten Artikel, denn un mio figlio, questa mia sorella usw. sind ohne weiteres möglich ist an bestimmte Distributionen gebunden, d. h. sie ist nur bei vorangestelltem Possessivum anzutreffen, wenn das Nomen im Singular steht, wenn es nicht weiter durch Adjektive oder andere attributive Spezifikatoren determiniert ist 33 und wenn es keine morphologische Spezifizierung wie etwa Diminutiv- oder sonstige Kosesuffixe enthält 3 4 , vgl.: 31 Zur Terminologie cf. CH. BALLY, Linguistique generale et linguistique franr;aise, Bern 41965, p.134/ 35: «Nous disons qu'il y a cumul de signifies [...] quand un signifiant unique et indecomposable renferme plusieurs valeurs que des associations memorielles permettent d'analyser clairement». 32 Cf. 0. CASTELLANI-POLLIDORI, SLI 7 (1967-70), 98.- Zu dieser These cf. in neuerer Zeit den anregenden Beitrag von G. KLEIBER, Problemes de reference. Descriptions definies et noms propres, Metz 1981, p. 297-307. 33 Explikative Relativsätze sowie Appositionen sind möglich, vgl. z.B. «mia sorella, ehe de! resto e infermiera ... » (zit. SCHWARZE, Grammatik, p.44). 34 Der Artikel fehlt unter den angegebenen Bedingungen bei: padre, madre, fratello, sorella, figlio, figlia, zio, zia, nipote, marito, moglie, nonno, nonna, suocero, suocera, cognato, cognata, cugino, cugina, genero, nuora. Er steht immer bei: mamma, papii, babbo, bimbo, bimba, figliolo, figliola, die, anders als die anderen Einheiten, vornehmlich der gesprochenen Sprache angehören. 70 Edeltraud Werner sua madre vs. Ja loro madre la madre nostra - Ja mia mamma mia sorella vs. Je nostre sorelle - Ja mia sorellina Zudem gibt es bei weniger enge Verwandtschaftsbeziehungen ausdrückenden Einheiten eine Grauzone, wo der Artikel fakultativ möglich ist. Die Einschränkungen für das Fehlen des Artikels sind so eng an formale Faktoren gebunden, daß die Ursache kaum im Grundwert des Artikels zu suchen ist. Vielmehr dürfte die Erklärung in der Kombinatorik der Semstrukturen von Possessivum und jeweiliger Verwandtschaftsbezeichnung liegen. Bei allen betroffenen Verwandtschaftsbezeichnungen handelt es sich um personalrelationale Nomina 35 , um Nomina also, deren Semstruktur immer die Merkmale 'relational, personal' beinhaltet, genau wie die Possessiva auch. Relationszentrum ist bei diesen immer das hie et nunc des Sprechers, bei jenen hingegen eine definitorisch festgelegte Person, die durchaus auch der Sprecher sein kann. So sind etwa fratello, sorella, madre, padre, nonna usw. in ihrer Relation immer auf eine bestimmte Person hin definiert, die Relationszentrum wird und die die eindeutige Zuordnung genau wie bei den Possessiva steuert. Nur ist das Merkmal 'personal' hier nicht deiktisch, sondern definitorisch festgelegt 36 : Eine Aufspaltung in lokutorial, allokutorial und delokutorial ist nicht möglich. Der Verzicht auf den Artikel beruht wohl darauf, daß die begriffliche Aktivierung durch das Zusammenspiel der doppelten personalen und relationalen Merkmalkomplexe überflüssig wird. Doch weshalb dann der Artikel bei Vorhandensein eines pluralischen Merkmals, bei Koseformen usw.? Da der Plural als Numerus des 'mehr als 1' nicht mehr die Präzision des Singulars als Numerus des 'genau 1' enthält und da bei Koseformen die relationale Komponente zugunsten der affektischen in den Hintergrund tritt, wird der Artikel offensichtlich als formales Präzisierungselement eingesetzt, das die begriffliche Aktivierung mitträgt, die im Singular und bei nicht affektisch verformten Einheiten auch ohne den Artikel deutlich genug erscheint. Nicht der Grundwert des Artikels löst primär seine Setzung bzw. Nichtsetzung aus 37 , sondern der Präzisionsverlust der personalen Relation in pluralischen oder affektischen Kontexten. Dies soll an einem Beispiel mit pluralischer Markierung verdeutlicht werden. So läßt sich etwa le nostre sorelle nicht eindeutig einem definitorischen Relationszentrum zuordnen, wie die folgenden Paraphrasenmöglichkeiten deutlich machen: 'meine und deine Schwestern' 'meine und seine Schwestern' 35 Cf. hierzu etwa SEILER, FL 6 (1973), 23, der diese Lexemgruppe als eigenständigen semantischen Bereich mit spezifischen sprachlichen Charakteristika ansieht, dessen wissenschaftliche Untersuchung allerdings noch ausstehe. 36 BüHLER, Sprachtheorie, p. 147ss., würde hier von topomnestischem Zeigen sprechen. 37 Ähnlich auch P. SPORE, ltaliensk Grammatik, Odense 1975, § 165. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 'meine, deine und seine Schwestern' 'meine Schwester(n) und deine Schwester(n)' 'meine Schwester(n) und seine Schwester(n)' 'meine Schwester(n), deine Schwester(n) und seine Schwester(n)' Gelegentlich fehlt der Artikel auch bei appositiven Einschüben: 71 Quando parla di Aristide Gunnella, suo irriducibile avversario, La Malfa dichiara sprezzantemente ehe e un «piccolo stalinista». (ibid., 17/ 18) Doch hat die Setzung bzw. Nichtsetzung des Artikels auch hier nichts mit dem Auftreten des Possessivums zu tun: ob ein Artikel auftaucht oder nicht, hängt diesmal allein von den Verwendungsmodalitäten des Artikels ab. Das gleiche gilt für prädikativ verwendetes Possessivum, vgl.: Ma, in redazione, chiunque sia non mettera piede; Ja conduzione tecnico-politica e e restera mia. (ibid., 32). 2.2. Das französische Possessivsystem Betrachten wir auf die gleiche Weise die Verhältnisse im Französischen. Hier gilt es, wie eingangs gezeigt, zwei Paradigmen Rechnung zu tragen. 2.2.1. Das Paradigma / 'mo'/ , / 'tf/ 1, / 'so'/ . - Für das erste Paradigma läßt sich die folgende Feldstruktur herauslösen die Basisscheidungen sind die gleichen wie für das Italienische. Wir beschränken uns auch hier exemplarisch auf das lokutoriale Teilsystem: lokutorial unipersonal pluripersonal � � singular plural singular plural � t m. fern. (0) (+) t t / mö/ / ma/ / me/ / n:,tRf / no/ (0) (+) Das Teilfeld für den allokutorialen Bereich ist identisch strukturiert. Es müssen lediglich das zentrale Sem sowie die Signifikantenleiste ausgetauscht werden: 'allokutorial' an der Spitze und / tö/ , / ta/ , / tel, / v;;tR/ , / vo/ in der Signifikantenleiste. 72 Edeltraud Werner Auch im Französischen ist die Opposition zwischen den Merkmalen 'maskulin/ feminin' eine privative. Im Unterschied zum Italienischen gibt es bei der maskulinen Singularform sowie im Plural jedoch zwei Varianten, je nachdem, ob ein konsonantisch oder ein vokalisch anlautendes Wort folgt, vgl.: man chien ! möfjiU, aber: man ami / m: mami/ und mes chiens ! mefje! nas chiens / nofje/ , aber: mes amis / mezami/ nas amis / nozami/ Die Alternanz basiert auf einem allgemeinen Ausspracheprinzip des Französischen, für den Fall, daß ein wartbzw. silbenauslautender Nasalvokal oder ein / -z/ vor einem vokalisch anlautendem Folgeelement auftritt. Beide Aussprachenormen sind komplementär distribuiert. Innerhalb der Feldstruktur braucht auf diese Alternativen nicht verwiesen zu werden, da die Alternanz für das Possessivum nicht systemspezifisch ist, sondern in den Bereich satzphonetisch bedingter Adaptationsprozesse (Normebene im Sinne Coserius) fällt. Anders als im Italienischen kommt es im Französischen zudem unter bestimmten Bedingungen zu Formensynkretismen, nämlich dann, wenn der unipersonalen femininen Singularform ein vokalisch anlautendes Wort folgt. Dann springt die maskuline Realisierungsvariante ein, und zwar diejenige, die gleichfalls an das Vorhandensein eines Folgevokals gebunden ist, vgl.: ma maisan / mam:::zö/ aber: man amie = man ami / m: mami/ Das Oppositionsverhältnis läßt sich in der folgenden Graphik verdeutlichen: / m: m/ (0) Damit besteht im Französischen nicht nur zwischen den Merkmalen 'maskulin' und 'feminin' eine privative Opposition, sondern auch zwischen den singularischen maskulinen und femininen Unipossessiva selbst. Hinzu kommt, daß im Pluralbereich der Unipossessiva genau wie auch bei den Pluripossessiva generell die Genusscheidung neutralisiert ist, wohingegen die Numerusscheidung Bestand hat, wenn sie im delokutorialen Bereich der Pluripossessiva (______" / lceRI - / lceRz/ ) auch latent ist, d. h. nur dann realisiert wird, wenn das Folgewort mit einem Vokal anfängt, vgl.: Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen leurs maisons / keRmEzö/ , aber: leurs ami(e)s / lceRzami/ 73 Die Dinge liegen hier jedoch anders als in den beiden anderen Bereichen, wo die Scheidung 'singular' vs. 'plural' konstant ist: / mtRI vs. / no/ , / v:JtRI vs. / vo/ . Satzphonetisch vergleichbar wären zwar die Realisierungsvarianten / me/ - / mez/ , / no/ - / noz/ und / vo/ - / voz/ , doch trägt die Variation bei den Lokutiva und Allokutiva nicht die Singular-Plural-Scheidung, sondern ist ausschließlich durch die vokalische bzw. konsonantische Folgeumgebung im Plural gesteuert; der Singular ist immer eindeutig. Anders bei leurs, wo realisiertes Auslaut-/ z/ zwar auch immer die Pluraldomäne markiert, wo aber die / z/ -lose Variante hinsichtlich der Scheidung 'singular/ plural' neutral ist. Für das delokutoriale Teilsystem muß damit die Scheidung 'singular' vs. 'plural' ebenfalls berücksichtigt werden, doch handelt es sich diesmal nicht um eine äquipollente, sondern um eine privative Merkmalopposition, vgl.: unipersonal � singular � m. (0) / sö/ (0) fern. (+) / sa/ (+) plural t / sei delokutorial pluripersonal � singular (0) t /lreRI plural (+) t llreRzl 2.2.2. Das Paradigma / 'mje'/ , J'tje'/ , ! 'sje'/ . - Für das zweite faradigma des Französischen läßt sich unter Anwendung der gleichen Oppositionsterme die folgende lokutoriale Feldstruktur herauslösen 38 : unipersonal � maskulin (+) / mji:/ feminin (0) / mjrn/ lokutorial pluripersonal t / notRI 38 Man wird vielleicht versucht sein, für das Paradigma B ein wesentlich komplexeres System anzusetzen, als wir dies getan haben wenn man davon ausgeht, daß die Einheiten dieses 74 Edeltraud Werner In diesem System kommt neben der Scheidung in Uni- und Pluripossessiva nur noch eine Genusscheidung zum Tragen, ebenfalls mit dem Merkmal 'maskulin' als dem nicht-markierten Term, vgl.: Mon pere et ma mere sont arrives ce matin. ---+ Les miens sont arrives deja hier soir. Sowohl das allokutoriale als diesmal auch das delokutoriale Teilsystem sind analog strukturiert. Es müssen also nur die entsprechenden zentalen Seme sowie die Signifikantenleisten ausgetauscht werden: 'allokutorial' / tji::/ , / tjrn/ , / votRI, bzw. 'delokutorial' / sjic'./ , / tjrn/ , / lceRI. 2.2.3. Paradigma A vs. Paradigma B. - Welches ist nun der Unterschied zwischen den beiden französischen Possessivparadigmen? Ein Blick auf die Kontexte, in denen sie auftreten, zeigt, daß sich die Einheiten des ersten Paradigmas wie Paradigmas im pränominalen Bereich anzutreffen sind, wo es unter bestimmten Bedingungen zu einer Pluralmarkierung kommen kann. Dieses System würde dann folgendermaßen aussehen: unipersonal � singular (0) plural (+) � � m. (0) / mji,f (+) fern. (+) / mjrn/ (0) m. (0) / mji::z/ fern. (+) / mjrnz/ lokutorial pluripersonal � singular plural (0) (+) t t / notR/ / notRz/ Die Numerusscheidung wäre latent und an einen vokalischen Folgekontext gebunden. In der Singular-Plural-Opposition wäre die Singularform der nicht-markierte Term. Für das maskuline Unipossessivum muß die Variante [mirn] vor vokalisch anlautendem Folgewort berücksichtigt werden, so daß es zu einer Gleichlautung mit der femininen Form kommt eine Gleichlautung, die jedoch nur in singularischem Kontext auftritt, vgl.: (une) mienne amie! (un) mien ami [ynmjegami]/ [&mjrnami]. Singularische Unipossessiva stehen also auch hier in einer privativen Opposition, nur daß diesmal die feminine Form der nicht-markierte Term wäre. Eine Pluralmarkierung ist zu berücksichtigen, sofern das Folgewort mit einem Vokal anlautet: [lemji"zami] für das Maskulinum und [lemjrnzami] für das Femininum. - Doch in Anbetracht der Tatsache, daß die pränominale Verwendung der Einheiten des Paradigmas B nur marginal und im Standardfranzösischen sowie in der Umgangssprache so gut wie nicht (mehr) anzutreffen sind (cf. H. MITTE- RAND, «Grammaire frarn;;aise: Observations sur les predeterminants du nom», ELA 2 [1963], 126-34, bes. p. 129), haben wir auf eine Berücksichtigung der durch diese Verwendungsweise bedingten Variationsmöglichkeiten verzichtet. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 75 Artikel verhalten, d. h. gegebenenfalls mit einem bestimmten Artikel kommutieren können, vgl.: il a caresse mon chien il a caresse le chien Es handelt sich bei den Einheiten des Paradigmas A um semantisch erweiterte Artikel, erweitert um den spezifischen Wert der Possessiva 'relational, personal' 39 - Für die Einheiten des zweiten Paradigmas gilt dies nicht. Diese können Prädikatsnomen sein: Typ: etre sien, rester mienne Und sie können mit Hilfe eines Artikels, sei er nun semantisch erweitert (z.B. Demonstrativartikel) oder nicht (bestimmter oder unbestimmter Artikel), substantiviert werden: « ... l'Indochine, j'y ai debarque en 1952 ... » Schoendoerffer rendra hommage aux disparus. «Les notres et ! es leurs ... » (L'Express 2078 [1991], 24) Die Einheiten des Paradigmas B haben aufgrund ihrer prinzipiellen Substituierbarkeit durch Einheiten aus dem Adjektivinventar ihren systematischen Ort bei diesen, wenn sie auch weniger frei nutzbar sind. So geht ihnen heute etwa die für das Französische sonst charakteristische Positionsalternanz für qualitative Adjektive ganz sowie die Kombinatorik mit einem Nomen weitgehend ab 40 . Wir halten fest.: In semantischer Hinsicht sind die Einheiten des Paradigmas A substantivische Aktivatoren, wie alle französischen Artikel in der Transformationsgrammatik spräche man von 'Determinatoren' -, die des Paradigmas B sind Spezifikatoren, wie alle französischen Adjektive, so daß in die Feldstruktur der beiden Possessivparadigmen die Scheidung 'Spezifikator' vs. 'Aktivator' noch eingebaut werden muß, und zwar als Merkmale, die ihrerseits Vernetzungszentrum für weitere Paradigmen sind: das Merkmal 'Spezifikator' für sämtliche Adjektivparadigmen, das Merkmal 'Aktivator' für sämtliche Artikelparadigmen. Wir ordnen diese Scheidung zum einen wegen der privativen Opposition zwischen den singularischen Unipersonalia bei den Aktivatoren sowie zum anderen wegen (der Möglichkeit) der Aufhebung der Opposition zwischen aktivatorischen und spezifikatorischen Pluripersonalia in der Umgangssprache (/ notRI vs. / mtRI " / mtRI; / votr/ vs. / v:JtRI" / v:JtRI; / lceRI) der Scheidung 'singular' vs. 'plural' nach bzw. unter. Für das lokutoriale Teilsystem ergibt sich damit die folgende Synopse: 39 Cf. hierzu auch WuNDERLI, «Structures», p. 115s. 40 Siehe oben N 38. 76 Edeltraud Werner relational personal lokutorial unipersonal � singular (0) [ plural l aktivatorisch � (+) pluripersonal � singular (0) [plural l aktivatorisch � (+) aktivatorisch spezifizierend aktivatorisch spezifizierend (+) /\ /\ m. f. m. f. (0) (+) (0) (+) / mö/ / ma/ / mji\/ / mjm/ (0) (+) / me/ (0) + + / nJtR/ / notRI / no/ Während im singularischen Bereich durchgängig zwischen 'aktivatorisch' und 'spezifizierend' zu scheiden ist, kommt es im pluralischen Bereich immer zu einer Kumulation der Merkmale 'plural' und 'aktivatorisch'. / me/ und / no/ sind ausnahmslos Artikelformen. Eine Nutzung im spezifizierenden Bereich ist ausgeschlossen. Sie sind der markierte Term dieser Merkmalopposition sowohl auf dem Ast der Unipossessiva als auch auf dem der Pluripossessiva. Im nichtmarkierten singularischen Bereich hingegen muß zwischen den beiden Werten 1 relational personal lokutorial unipersonal � singular (0) � aktivatorisch spezifizierend A A m. [ m. [ (0) (+) (0) (+) / mö/ / ma/ / mji\/ / mjm/ (0) (+) [plural l aktivatorisch (+) t / me/ pluripersonal � singular (0) [plural l aktivatorisch (+) t / nJtR/ / no/ Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 77 'aktivatorisch' vs. 'spezifizierend' geschieden werden, wobei diese Opposition bei den Unipossessiva äquipollent, bei den Pluripossessiva hingegen privativ ist, da die Scheidung / notRI vs. / mtRI neutralisierbar ist: / mtRI kann die Funktion von / notRI in der Umgangssprache ohne weiteres übernehmen. / mtRI ist damit der nicht-markierte Term der Opposition. Für die Umgangssprache muß man damit ein um die Scheidung 'aktivatorisch' vs. 'spezifizierend' im pluripossessiven Bereich reduziertes System ansetzen, das aussieht wie das Schema p. 76 unten. Die Form / mtRI als nicht-markierter Term der Opposition 'singular' vs. 'plural, aktivatorisch' kann somit auch mit pluralischem Wert versehen werden, sofern nicht das Merkmal 'aktivatorisch' umgesetzt werden soll. - Die Verhältnisse bei den Possessiva des allokutorialen Bereichs sind analog. Und das gleiche gilt diesmal auch für den delokutorialen Bereich mit der diesmal allerdings zusätzlich distributionell bedingten aktivatorischen Pluralform / lreRz/ (vor vokalisch anlautendem Folgewort). Damit präsentiert sich der delokutoriale Teilbereich in der folgenden Gestalt: 1 relational] personal lokutorial unipersonal � singular (0) � aktivatorisch spezifizierend A A m. L m. L (0) (+) (0) (+) / sö/ / sa/ / sjr,/ / sjm/ [plural l aktivatorisch (+) i ! sei pluripersonal � singular (0) [plural ] aktivatorisch (+) i / lreR/ llreRZ/ Der Vergleich der umgangssprachlichen Teilsysteme für den lokutorialen und den allokutorialen Bereich mit dem delokutorialen Teilsystem macht deutlich, daß ganz offensichtlich eine Tendenz zur strukturellen Angleichung der drei Teilbereiche besteht. Und diese Angleichung erfolgt analog dem einfacher strukturierten delokutorialen System. Ausgleich also im Sinne des Ökonomieprinzips. 78 Edeltraud Werner 2.3. Vergleich Italienisch - Französisch 2.3.l. Systemvergleich. - Vergleicht man nun das italienische mit dem französischen System, so stellt man fest, daß im Französischen der Bereich [relational, personal] weiter ausdifferenziert ist als im Italienischen: Er ist sowohl über Einheiten aus dem Artikelinventar als auch über solche aus dem Adjektivinventar realisierbar. Das italienische Possessivum hingegen ist nur Adjektiv. Dahingegen differenziert das Italienische hinsichtlich der Komplexheit der Feldstrukturen in den Teilsystemen weiter und eindeutiger als das Französische. Privative Oppositionen bei Signifikanten, die das französische System fast durchgängig charakterisieren, gibt es im Italienischen nicht. Die Genus- und Numerusmarkierung ist bis auf den Detailbereich der delokutorialen Pluripossessiva (loro) immer eindeutig. Merkmallatenz ist, anders als im Französischen (etwa / lceRI vs. / lceRz/ ), gänzlich inexistent. Desgleichen gibt es keine Merkmalkumulation, einfach deshalb, weil im Italienischen die Opposition 'aktivatorisch' vs. 'spezifizierend' in diesem sprachlichen Teilbereich keine Rolle spielt. Im französischen Paradigma A sind damit zwei Werte in einer Art cumul de signifies vereinigt, die im Paradigma B und im Italienischen analytisch wiedergegeben werden: nämlich die personale Relationierung und die Aktivierung. Beide Werte können hier nicht in eine Abfolge 'Artikel + Possessivum' desynthetisiert werden. Während der französische Possessivartikel aufgrund der Interdependenzrelation zwischen Artikel und Nomen im entsprechenden Kotext nicht tilgbar ist, besteht eine solche Einschränkung für das Possessivadjektiv nicht. Es kann aufgrund seiner Determinationsrelation in bezug auf das Nomen jederzeit ohne strukturelle Konsequenzen getilgt werden, wenn auch mit einem Verlust im semantischen Spezifizierungsbereich 41. Zudem haben die Untersuchungen zum italienischen Possessivadjektiv gezeigt, daß auf die Realisierung der autonomen syntaktischen Funktion des Artikels in Verbindung mit dem Possessivum etwa im Fall bestimmter Verwandtschaftsbezeichnungen verzichtet werden kann, da dessen semantischer Wert im Possessivum in Verbindung mit diesem nominalen Teilsystem impliziert ist. Doch ist dieser Verzicht an genaue Bedingungen gebunden. 2.3.2. Nutzungsvergleich. - Hinsichtlich der textuellen Nutzungsmöglichkeiten und -frequenzen kommt es allein schon aufgrund des unterschiedlichen kategoriellen Status der Possessiva in den beiden Sprachen zu mehr oder minder großen Differenzen. Die meisten Entsprechungen gibt es zum französischem Possessivartikel. Im Normalfall entspricht diesem im Italienischen die Abfolge «Artikel + Posses- 41 Zur syntaktischen und semantischen Leistung von Adjektiven cf. EDELTRAUD WERNER, Translationstheorie und Dependenzmodell. Kritik und Reinterpretation des Ansatzes von Lucien Tesniere, Köln 1993, p. 174ss. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 79 sivum», was nicht weiter verwunderlich ist, da dies die Werte sind, die im französischen Possessivartikel in Form eines cumul de signifies vereinigt sind. - Interessant wird der Vergleich jedoch einerseits im Zusammenhang mit den Verwandtschaftsbezeichnungen, andererseits in Verbindung mit den Eigennamen. Bei den Verwandtschaftsbezeichnungen entspricht in bestimmten Distributionen dem französischen Possessivartikel im Italienischen das Possessivum allein, die Artikelkomponente bleibt also ausgespart: ma mere vs. mia madre. Wir haben oben versucht, die Artikellosigkeit sprachimmanent aus dem italienischen System heraus zu erklären. Auch aus der Sicht des Sprachvergleichs Italienisch - Französisch präsentiert sich das Ganze in einem nicht uninteressanten Licht: Aufgrund der Zugehörigkeit des französischen Possessivums zu den Artikeln kann ein Kompensationsmechanismus personalrelationaler Merkmale, so wie er im Italienischen funktioniert, nicht zum Tragen kommen. Der adjektivische Status des Possessivums im Italienischen hingegen gestattet eine «ökonomischere» Vertextung durch den Verzicht auf die Explizierung der Artikelkomponente, die im französischen System nicht vorgesehen ist. Auch· die Eigennamen sind im Hinblick auf ihre Kombinierbarkeit mit dem Possessivum nicht ganz uninteressant. So sind französische Eigennamen einerseits es sei denn, sie werden als Appellativa verwendet in der Standardsprache weder mit dem bestimmten noch mit dem unbestimmten Artikel kompatibel von diatopisch oder diastratisch konnotiertem la Marie usw. wird abgesehen. Der Possessivartikel hingegen ist durchaus akzeptabel, etwa: Mon Pierre m'a racconte une histoire etrange. Allerdings ist hier der Eigenname immer durch ein Appellativum substituierbar, im Beispiel etwa durch mon mari, mon fils usw., so daß der Possessivartikel in diesen Kotexten aufgrund der appellativen Interpretierbarkeit des Eigennamens legitimiert ist. Daneben ist auch ein anderer Substitutionstest möglich, nämlich der durch den Eigennamen allein - und dann bleibt auch die Artikelkomponente ausgespart (vgl. Pierre m'a racconte une histoire etrange). Bei den französischen Eigennamen kann man somit uneingeschränkt von einem cumul de signifies mit einer Komponente 'Aktivator' ausgehen 42 . In Verbindung mit dem Possessivum hingegen ist der Eigenname einfaches Appellativum und benötigt in dieser Eigenschaft den expliziten Artikel, der ja im Possessivum seinen Ausdruck findet. Und auch im Italienischen muß in Verbindung mit Eigennamen eine Artikelkomponente realisiert werden, sofern ein Possessivum auftritt: il mio Christopher. Doch anders als im Französischen fehlt bei einer Substitution durch eine Verwandtschaftsbezeichnung dann der Artikel: mon fils vs. mio figlio. Der Grund liegt 42 Cf. etwa auch KLEIBER, Reference, p. 297-303. 80 Edeltraud Werner erneut in den kumulierten Werten 'Artikel - Possessivum' im französischen <mon>. Und die Artikelsetzung bei Eigennamen im Italienischen und die Nichtsetzung bei Verwandtschaftsbezeichnungen resultiert aus dem nicht-personalrelationalen Wert der Eigennamen! Damit ist die unterschiedliche Semstruktur der französischen und italienischen Possessiva Erklärung für das unterschiedliche Realisierungsverhalten bei der Verwendung der Artikelkomponente in den besonderen Kontexten. Der Blick auf die systemgegebenen Feldstrukturen hat damit als ein Ergebnis die Rückwirkung von spezifischen Merkmalkonfigurationen auf die Kombinatorik auch bei Einheiten von geschlossenen Paradigmen deutlich gemacht. 2.3.3. Nutzungsspektrum. - Das Nutzungsspektrum von italienisch mio deckt einerseits das gesamte Nutzungsspektrum von frz. mon ab, gegebenenfalls in Verbindung mit einer Einheit aus dem Inventar der bestimmten Artikel. Die im Italienischen durchaus übliche Kombination des Possessivums mit unbestimmtem Artikel, mit Demonstrativartikel, mit Indefinitartikel usw. ist mit frz. mon nicht durchführbar, da dieses selbst die Artikelkomponente enthält und damit aufgrund syntagmatischer Kombinationsrestriktionen für Einheiten, die die gleiche Paradigmenzugehörigkeit besitzen, mit diesen Einheiten nicht kombinierbar ist. Doch gibt es im Französischen vom sprachlichen System her durchaus eine Möglichkeit, diesem Manko abzuhelfen, nämlich durch den Rückgriff auf das Paradigma B. Allerdings wird diese Ausweichmöglichkeit im Standardfranzösischen so gut wie nicht genutzt. Lediglich einige Autoren scheinen dieses systemimmanente Angebot anzunehmen 43. - Halten wir fest: das Nutzungsspektrum des italienischen Possessivums ist aufgrund seiner basiskategoriellen Zugehörigkeit zu den Adjektiven breiter gefächert als das seines französischen Pendants aus dem Artikelparadigma. Die Aktivierungskomponente ist im Italienischen allein aufgrund der Tatsache, daß dieser Wert nicht Bestandteil der Feldstruktur des Possessivums ist, semantisch weitaus besser diversifizierbar. An dieser Stelle ist noch eine Anmerkung zur Explizierung phorischer Werte mit Hilfe von Einheiten des delokutorialen Possessivsystems notwendig. Sowohl im Französischen als auch im Italienischen können solche Relationen mit Hilfe des Artikels etabliert werden, so daß der mögliche phorische Wert des französischen Possessivartikels außer Frage steht. Doch wie sieht es im Italienischen aus, wo Artikel und Possessivum verschiedenen Paradigmen angehören (das gleiche gilt auch für das französische Paradigma B)? Wir haben oben auch dem italienischen Possessivum phorischen Wert zugewiesen und müssen das nun begründen. Hier helfen die artikellosen Possessivverwendungen weiter. Betrachten wir dazu die folgenden Belege: 43 So etwa JEAN PAUL SARTRE in seinen autobiographischen Kindheits- und Jugenderinnerungen Les mots. Die Possessiva im gesprochenen Italienischen und Französischen 81 E i colleghi dell'ex leader missino Gianfranco Fini chiamano «Badoglio», cioe traditore, l'onorevole Franco Servello perche, dopo essere stato loro alleato, s'e messo con Pino Rauti, il nuovo e detestato segretario. (L'Espresso 37 [1990], 18) Patron e troppo, a suo dire. (ibid., 113) Secondo me, afferma, si sta ufficializzando quello ehe un buon arbitro gia fa per conto suo: ... (ibid., 37) Die Beispiele zeigen deutlich, daß auch ohne den Artikel ein phorischer Bezug zustandekommt, so daß die phorische Nutzbarkeit als possessivspezifisch angesehen werden muß. Damit sind sowohl der Artikel als auch das Possessivum virtuell Ausdrucksformen phorischer Relationen. 3. Allgemeine Schlußbetrachtungen Unsere Ausführungen haben gezeigt, daß man, ausgehend von einzelsprachlichen geschlossenen Formenparadigmen, Merkmal- und Feldstrukturen feststellen kann, die die Anwendung der Paradigmen steuern. Es ist deutlich geworden, daß solche Feldstrukturen in verschiedenen Sprachen durch unterschiedliche Kategorien realisiert sein können, in unserem Fall durch Artikel und/ oder Adjektive. Von Interesse wäre es nun, auch für andere romanische und nicht-romanische Sprachen ähnliche Vergleiche durchzuführen. Man könnte so unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in der intensiven Markierung possessiver Relationierungen aufdecken, die eventuell auch Rückschlüsse auf die kulturelle Bedeutung einer Possessivmarkierung in verschiedenen Gesellschaften ermöglichen könnten. Düsseldorf Edeltraud Werner Le systeme des «pronoms personnels» en moyen fran�ais 0. Vouloir decrire le «systeme» des pronoms personnels du moyen frarn;;ais semble etre une täche bien ardue, car il ne s'agit pas seulement d'analyser un etat de langue revolu definitivement et depuis longtemps, mais aussi et surtout de presenter cet aspect existentiel du phenomene langagier qui n'est jamais et nulle part directement saisissable. C'est pour cette raison qu'une systematique d'elements fonctionnels ne peut jamais etre realisee sans tenir compte de leur comportement en discours. Une systematique est, en fin de compte, une sorte d'essence distillee sur la base des donnees syntaxiques. La syntaxe forme donc toujours l'arriere-plan de nos reflexions, et nous suivrons de cette fas;on la demarche de Gerard Moignet (cf. surtout Mo1GNET 1981). 0.1. Avant d'entrer dans notre sujet, il s'agira tout d'abord de definir ce que nous entendons par un «pronom personnel», etant donne qu'il existe certaines confusions dans ce domaine: il en est des auteurs qui n'y comptent que les pronoms personnels «traditionnels», il en est d'autres qui rangent aussi les demonstratifs et les possessifs dans cette categorie (p. ex. SCHMITT JENSEN 1970), et il en est finalement qui completent la serie des «personnels» par les «pronoms adverbiaux» y et en (p. ex. MARCHELL0-N1z1A 1979: 173ss., MARTIN! WILMET 1980: 150ss.). Nous ne contesterons pas que ces formes ont d'une maniere ou d'une autre un rapport avec ce qu'on appelle la personne, et pourtant c'est d'une maniere sensiblement differente de celle du cas des «pronoms personnels» proprement dits. Les pronoms personnels proprement dits se rapportent pour ainsi dire directement au systeme deictique de la personne qui est constitue des deux personnes communicatives (locuteur et allocutaire) et de la personne non-communicative (delocutaire) 1. 11 en va tout differemment des demonstratifs et des possessifs: tout en dependant en fin de compte de la personne, les demonstratifs marquent le lieu ou l'espace (d'une extension variable) qui est attribue a l'une ou l'autre (ou a plusieurs) des personnes deictiques; les possessifs ne marquent pas la personne en tant que telle, mais l'existence d'une relation (dont la definition peut varier) entre une personne deictique (locuteur, allocutaire) et une entite (personne, objet, fait, etc.) non-deictique (WuNDERLI 1990) 2. En ce qui concerne les «pronoms adverbiaux» y et en, ces formes n'ont rien a voir avec la deixis: comme 1 Nous utiliserons dans ce qui suit Ja terminologie de DAMOURETTE/ PrcHON. 2 Pour des details ulterieurs sur ! es possessifs et ! es demonstratifs en moyen frans;ais cf. WuNDERLI 1978, 1980. 84 Peter Wunderli nous l'avons montre ailleurs, il s'agit de prophrases prepositionnelles qui ont la fonction de representer des sequences introduites soit par une forme du paradigme de <a), soit par une forme du paradigme de <de) (WUNDERLI 1982, 1987). Nous nous occuperons dans ce qui suit exclusivement des proformes se rapportant sans plus et sans passer par un autre concept aux personnes deictiques. Une telle limitation s'impose. Tout d'abord, les structurations dans les domaines du personnel, du possessif et du demonstratif sont loin de coi'ncider regulierement les donnees obligent tout au contraire a la conclusion qu'elles sont en principe independantes l'une de l'autre (WuNDERLI 1990). En outre, notre analyse des donnees dans le domaine du personnel en frarn;:ais moderne (WuNDERLI 1989) ainsi que ce que nous savons de la situation en ancien frans;ais 3 semblent promettre des conclusions importantes en ce qui concerne le developpement diachronique du systeme des personnels. Malgre tous les rapports qui existent entre les differents paradigmes de proformes que nous venons de mentionner, une analyse limitee promet pour le moment les resultats les plus solides aussi bien en ce qui concerne le fonctionnement du systeme des personnels en moyen frans;ais qu'en ce qui concerne le developpement historique de ce systeme. 0.2. En ce qui concerne les materiaux sur lesquels repose notre analyse, nous avons la chance de pouvoir recourir a deux presentations relativement recentes qui fournissent une documentation suffisante pour tous les aspects du pronom personnel et de son emploi qui importent dans le cadre de la perspective choisie, MARCHELLo-NrzrA 1979: 172 ss. et MARTIN! WILMET 1980: 147ss. En outre, nous nous sommes servi de bon nombre d'analyses anterieures a ces etudes qui, d'un point de vue methodique, sont certainement depassees, mais dont l'echantillonnage reste toujours valable, p.ex. HUMPHREYS 1932, FOULET 1935/ 36, GARDNERI GREENE 1958, etc. Nous avons, de plus, pu exploiter un corpus personnel qui nous a deja rendu service pour notre analyse du subjonctif en moyen frans;ais (WuN- DERLI 1970) ainsi que pour nos etudes anterieures sur les proformes et leur comportement syntaxique dans l'epoque en question 4• 1. Pour la presentation des faits, nous suivrons surtout MARTIN! WILMET 1980: 148-50 et MARCHELLO-NIZIA 1979: 173. Dans les deux ouvrages, les auteurs distinguent en principe trois series; dans la deuxieme ils font cependant etat de deux varietes, les formes du regime direct et celles du regime indirect. Chez Marchello-Nizia ces inventaires se presentent (avec quelques modestes modifications de notre part) sous la forme que voici 5: 3 Cf. ci-dessous. 4 Pour quelques-uns de ces titres cf. la Bibliographie. 5 Tenant compte de nos reflexions precedentes, nous ne retiendrons pas ! es formes y et en. Ne seront pas retenues non plus ! es formes avec voyelle elidee pour la simple raison qu'il ne Le systeme des «pronoms personnels» en moyen frarn,ais 85 sujet regime predicatif direct indirect je me me moi tu te te toi il/ ilz, on le, se li/ lui, se li/ lui, soi elle la, se li/ lui, se li/ lui/ elle, soi nous nous nous nous vous vous vous vous il/ ilz les, se leur, se eulx, soi elles les, se leur, se elles Ce tableau demande encore quelques commentaires: - Nous avons evite l'emploi des termes «tonique» et «atone» courants aussi bien dans les grammaires historiques que dans les grammaires descriptives, etant donne qu'il s'agit 1a de phenomenes appartenant au domaine de la phonetique historique qui sont inadequats pour decrire le comportement fonctionnel dans le domaine syntaxique. Nous preferons nous servir des termes «predicatif» et «nonpredicatif» employes aussi par MARTIN!WILMET (1980: 147) ou la predicativite est definie de la maniere que voici 6 : On dit qu'une forme est predicative lorsqu'elle acquiert par rapport au verbe une autonomie qui l'apparente au substantif. D'une fa1ton plus generale et qui permet le recours a un test operatoire, nous dirons qu'une forme predicative est une forme qui peut (mais ne doit obligatoirement) exercer la fonction d'attribut 7 dans une phrase. - Le moyen fran1tais est encore caracterise, pour l'expression de l'idee de la reflexivite, par la concurrence entre se/ soi d'un c6te et le/ la! les, lui/ elleleuxlelles de l'autre dans le domaine dela 3 e personne; la situation a ete fort bien resumee par MARCHELLo-NrZIA 1979: 188ss. et MARTINIWILMET 1980: 161ss.; en outre il existe les travaux de W ARNKE 1908 et surtout de BRANDT 1944 qui analysent la genese de la norme moderne. Cette discussion est marginale pour notre probleme et nous ne la reprendrons pas ici; nous retiendrons tout simplement que seuls se et soi sont specifiquement reflechis, tandis que les autres formes en question sont indifs'agit pas de formes autonomes, mais du produit de l'emploi d'une regle morphonologique sur une constellation contextuelle specifique. - 0, dans ! es tableaux qui suivent, signifie que le paradigme en question est indifferent quant a la distinction valable pour ! es deux autres series. 6 Cf. aussi MorGNET 1968 (qui fournitau moins pour nos besoinsun excellent resume de MO! GNET 1965). 7 Cf. aussi ! es termes allemands Prädikat et Prädikatsnomen. 86 Peter Wunderli ferentes a la distinction reflechilnon-reflechi et peuvent, en tant que termes nonmarques, toujours etre employees a la place des formes specifiques (selsoi). - Les anciennes formes li pour le masculin et le feminin, aussi bien dans le domaine des formes predicatives que dans celui des formes non-predicatives, jouent encore un certain röle dans la premiere moitie de l'epoque du moyen frarn;:ais (MARCHELLO-NIZIA 1979: 173, 177/ 78). D'apres MARTIN!WILMET 1980: 148, elles sont cependant devenues tout a fait exceptionnelles autour de 1460 et n'ont plus que le statut d'archai:smes. Dans un systeme de formes vivantes autour de 1460, il ne faut donc plus en tenir campte. Mais meme dans le cadre de la description d'un systeme valable pour la periode autour de 1400, il ne s'agit plus que de variantes de lui (ou de eile); pour faciliter notre tache et raccourcir notre expose, nous n'en tiendrons donc plus campte separement et les considererons comme impliquees dans ce que nous dirons sur lui. - II en va d'une fafon fort semblable pour les formes ilz (sg.) et il (pl.), dont MARCHELLo-N1zIA 1979: 173ss. tient encore compte, mais qui sont eliminees par MARTINIWILMET 1980: 148. Nous n'en tiendrons donc plus campte pour les memes raisons que dans le cas de li. Toutes ces reflexions nous permettent de partir, pour ce qui suit, d'un inventaire simplifie ou les formes li, ilz (sg.) et il (pl.) ne figurent plus. 2. Nous commencerons notre discussion par la serie II qui comprend les formes du type regime/ non-predicatif, aussi bien pour le regime direct que pour le regime indirect 8 • Dans le domaine de la 1 re et de la 2 e personne (aussi bien du singulier que du pluriel) les formes du regime direct et du regime indirect sont identiques; une distinction morphologique des deux paradigmes n'existe que pour la 3 e personne (sg. et pl.). II s'agit maintenant de savoir si dans le cas des premieres et deuxiemes personnes nous avons affaire a une homonymie ou a une polysemie. II en va de maniere semblable pour le reflechi: une forme specifique (identique pour le regime direct et le regime indirect) n'existe que pour les troisiemes personnes, tandis que dans le cas des premieres et deuxiemes personnes les formes du reflechi cofacident avec les formes non-reflechies. Pour resoudre ces questions, nous nous servirons du meme test que celui que nous avons deja employe dans WuNDERLI 1988: celui de la «combinaison homonymique», qui repose sur la constatation empirique que de vrais homonymes peuvent entrer dans des combinaisons syntagmatiques (type: nous, nous nous lavons), tandis que dans le cas des «faux homonymes» (deux acceptations d'une seule et meme forme), on aboutit a des constructions agrammaticales. Or, nous devons constater qu'en moyen franfais des constructions du type *je me me 8 Cf. aussi la discussion chez MARCHELLO-NrzrA 1979: 176ss. Le systeme des «pronoms personnels» en moyen frarn;:ais 87 montre 'je me montre a moi-meme', *tu te te decris 'tu te decris a toi-meme' etc. sont inacceptables comme en franfais moderne. Il en va de meme pour des phrases du type *il te te rend 'il te rend a toi-meme (il te rend ta liberte)' ou *il se s'abandonne 'il s'abandonne a lui-meme'; etc. Nous devons conclure de ces donnees que les formes me, te, nous, vous ne connaissent ni la distinction entre reflechi et non-reflechi ni celle entre regime direct et regime indirect. Ces distinctions n'existent que pour le domaine des troisiemes personnes, mais avec une restriction bien importante: dans le domaine du reflechi, il n'existe qu'une seule forme qui transcende les oppositions «de cas» (regime direct/ indirect) et «de nombre» (sg./ pl.). Ainsi nous aboutissons au systeme que voici pour les formes de la serie II (regime/ non-predicatif) 9: locuteur [0] allocutaire [0] sg. pl. sg. pl. [0] [+ l [0] [+ l t t t t me nous 2 te vous2 Serie II regime non-predicatif non-locuteur [+ l delocutaire [+ l � non-reflechi [0] � r. direct [0] � sg. pl. [0] [+] A t m. f. [0] [+] 1 1 le la / es r. indirect [+ l � sg. pi. [0] [+] t t lui 2 leur reflechi [+ l se 9 En allant de la tete du systeme a l'une des formes finales (output), on obtiendra l'inventaire des marques distinctives (semes) qui la caracterisent dans un ordre hierarchique reposant sur ! es phenomenes de neutralisation. - Pour les index attribues a certaines formes cf. ci-dessous. 88 Peter Wunderli Ce systeme est tout a fait identique a celui que nous avons trouve dans une etude anterieure pour le fran1:ais moderne (WUNDERLI 1989: 135ss.). 3. Des syncretismes existent non seulement a l'interieur de la serie II, mais aussi entre les differentes series. Ainsi les formes nous et vous se rencontrent dans l'inventaire de Marchello-Nizia dans les trois series (I, II et III), les formes eile et elles dans les series I et II. Encore une fois, il s'agit de savoir si nous avons affaire a une opposition possible non realisee (polysemie) ou a un cas d'homonymie. Aussi dans ce cas-ci, nous nous servirons du test de la «combinaison homonymique» pour resoudre notre probleme. Si nous l'appliquons a une sequence du· moyen fran1:ais comme nous nous lavons ou vous vous trompez, ces syntagmes peuvent correspondre, transposes au singulier, a moi/ je me lave et toi/ tu te trompes, ou avec une incise apres le sujet: moi [qui vous parle] me lave je [qui vous parle] me lave toi [mon eher ami] te trompes tu [mon eher ami] te trompes Ceci permet en tout cas la conclusion que les formes de la serie II peuvent se combiner avec celles des series I et III; elles ont donc un caractere autonome et entretiennent une relation homonymique avec les formes materiellement identiques. II est beaucoup plus difficile d'arriver a une conclusion en ce qui concerne la relation entre les formes des series I et III, et ceci pour la simple raison que le test de la «combinaison homonymique» semble echouer ici: le type nous, nous nous lavons, bien connu en fran1:ais moderne, est encore inexistant en moyen fran1:ais et se reduit a nous nous lavons. Cette construction est cependant ambigue, car le premier nous peut appartenir aussi bien a la serie I qu'a la serie III, et dans le premier cas il peut s'agir soit d'un emploi accentue, soit d'un emploi inaccentue. Il en va de meme pour vous, elle et elles. En outre, nous n'avons rencontre avec toutes ces formes aucune construction du type Nous, qui avons toujours dit la verite, nous ne mentirons pas aujourd'hui: Dans les exemples de ce type, le pronom devant le verbe manque regulierement, cf. p.ex.: ... ear bien saehiez que vous tous, qui nous emplaidiez, serez par moy honny et destruit, (Berinus § 100) Helas! je voy que vous, mes dames, En pourehassant tout Je contraire Du salut du eorps et des ames, Mettez si grant paine a desfaire Ce que vous a voulu Dieu faire, En signe que soyez parfaictes, Et voullez sembler et retraire Autres que Dieu ne vous a faictes. (Miroir des Dames v.137-44) Le systeme des «pronoms personnels» en moyen fran1;ais 89 MARTINIWILMET (1980: 152) donnent un certain nombre d'exemples ou ils considerent a juste titre le pronom sujet comme «cheville grammaticale», mais c'est toujours en correlation avec un sujet nominal qui se situe a une certaine distance du verbe, jamais avec un sujet pronominal dans une position analogue 10 . Nous manquons donc de taut critere objectif pour decider de la question de savoir si nous avons affaire a une situation polysemique ou a une situation homonymique dans le cas des formes sus-mentionnees. Etant donne que les deux paradigmes sont distincts pour toutes les autres formes, que les formes paralleles de nous et vous au singulier (je/ moi, tu/ toi) sont soigneusement distinguees et qu'il en va de meme pour le parallelisme entre feminin et masculin dans le cas de elle et elles d'un cöte, il/lui et ils/ eux d'un autre cöte, nous tendons vers la solution homonymique: dans le cas de nous, vous, elle, elles aussi nous considererons donc les deux series comme distinctes. 3.1. Cette decision prise, nous pouvons maintenant passer a la presentation hierarchique des series I et III; nous observerons pour ceci les memes principes adoptes deja dans WuNDERLI 1989 et WuNDERLI 1990. En ce qui concerne la serie I (pronoms sujets), le systeme est en principe identique a celui du fram; ais moderne (WuNDERLI 1989: 135), avec une difference fonctionnelle pourtant importante: en moyen franc,:ais, ces formes ne sont pas limitees au domaine non-predicatif, elles sont bien plus indifferentes a la distinction predicatiflnon-predicatif et peuvent pour cela s'employer dans les deux domaines. En outre, nous tiendrons egalement campte ici de 1a forme en/ on que nous avions ecartee dans notre etude sur le franc,:ais moderne. Pour son classement, nous suivrons BoYER 1975 qui la caracterise comme «indeterminee», tandis que toutes les autres formes de ce paradigme seraient determinees 11• Etant donne que en/ on peut fonctionner comme substitut des formes determinees (je, nous, vous, ils, etc.; cf. MARCHELLo-N1zrA 1979: 176), nous considerons cette forme comme terme non-marque de l'opposition en question. Cependant, il faut souligner que en/ on ne peut etre employe que pour des humains et tenir campte donc d'un trait 'humain' lie obligatoirement au trait 'indetermine', qui limite le domaine d'emploi du terme non-marque. Le systeme des formes «sujet» se presente donc de la maniere que voici: 10 Pour une situation analogue au XVI ° siede cf. GouGENHEIM 1951: 69. 11 Pour d'autres aspects, l'etude de BoYER est moins convaincante. D'apres sa presentation, il(s) et elle(s) appartiendraient aussi bien au domaine 'humain' qu'au domaine 'non-humain'; en fait, ces formes sont indifferentes a cette distinction. En ce qui concerne ! es formes predicatives lui, eux, elle(s), elles seraient caracterisees par le trait 'humain', ce qui est faux: rien n'empeche de les employer pour des non-humains; ces formes sont donc, elles aussi, indifferentes a la distinction humain! non-humain. 90 locuteur [0] allocutaire [0] sg. pi. sg. pi. [0] [ +l [0] [ +l je nous 1 tu vous 1 Peter Wunderli Serie I sujet non-locuteur [ +] delocutaire [ + l � determine non-determine m. f. [0] [ +l � � sg. pi. sg. pi. [0] [ +l [0] [ +] il ilz elle 1 elles 1 on 3.2. Le systeme des formes predicatives n'offre point de problemes: tout ce qu'il y a a dire a ce sujet, nous l'avons deja dit dans notre etude sur le pronom personnel en franvais moderne, a laquelle nous renvoyons (WuNDERLI 1989). Il faut cependant souligner encore une fois que du point de vue de la norme (et de la parole), la situation est nettement differente: Tandis qu'en franvais moderne les formes predicatives sont sans concurrence dans leur domaine d'emploi specifique, elles ont un rival, en moyen franvais, sous la forme des pronoms sujets dans le domaine du prime actant; en ce qui concerne les autres domaines d'emploi, moyen franvais et franvais moderne ne divergent pas. Le systeme de la serie III se presente ainsi sous la forme que voici: locuteur sg. [0] moi [0] pi. [ + l nous 3 Le systeme des «pronoms personnels» en moyen fran(;ais 91 allocutaire sg. [0] toi [0] pi. [ + l vous3 Serie III predicatif non-locuteur [ + l delocutaire [ + l � non-reflechi [0] � m. f. [0] [+] � � sg. pi. sg. pi. [0] [+ l [0] [+ l lui 3 eux elle 3 elles 3 reflechi [ + l soi 4. En ce qui concerne les trois series de «pronoms personnels», on peut dire que les systemes du moyen franc;;ais sont peu problematiques et coi:ncident, sur presque tous les points, avec les systemes correspondants du franc;;ais moderne, quoique les domaines d'emploi soient loin d'etre identiques. Et c'est justement cet aspect qui constitue le probleme central de notre etude. 4.1. II n'y a que le domaine d'emploi de la serie II qui au moins au niveau du systeme (non a celui de la norme) peut etre exclu de cette constatation: Ces formes sont toujours non-predicatives et exercent la fonction d'un regime. La situation est donc largement identique avec celle qu'on rencontre en franc;;ais moderne. Il en va bien differemment pour la serie I. Ces formes sont toujours sujet, mais cette constatation est loin de garantir une identite avec la situation moderne. Ces formes s'emploient, bien sür, comme des satellites du verbe, donc en position inaccentuee et avec fonction non-predicative, p. ex.: 92 Peter Wunderli Et aussi l'en voit communement que une femme qui est amoureuse, elle est tousjours joyeuse ... (Arrets d'Amour 120/ 67) ...; je ne quiers que paisible quietude et moy tirer celle part, ou je vous serai certain paranimphe et vraie mediatrice, affin que vous y puissies trouver bonne adventure. (Molinet, Naufrage 5/ 51-55) A cöte de cet emploi, qui est celui du fran9ais moderne, ces formes se trouvent aussi en positions autonomes ou elles portent (ou peuvent porter) l'accent du mot phonique et avec fonction predicative. Cet emploi bien connu en ancien fran9ais (cf. p. ex. MorGNET 1973: 127ss.) est encore suffisamment atteste en moyen fran- 9ais, quoique les formes de la serie I soient de plus en plus concurrencees dans cette fonction par les formes de la serie III. Voici quelques exemples: Ma fille, je qui suis ancienne et vieille vien devers toy pour toy conseiller et chastier, (Ovide moralise en prose 185) Belle, il faut que tou ce se face, Mais tous jours me veres en face Et je vous. ... (Froissart, Espinette 2 705-07) «O tu, roy plain de grant oultrage, Qui tant as fait de sanc espendre! Qui te fei:st a fourches pendre, Et assez plus grant mescheance, Ne feroit assez grant vengeance, Du sanc humain, que par ta coulpe, As espendu, ...» (Christine de Pizan, Mutacion 9772-78) ..., il a Ja mesme legende, a l'onneur de noblesse, fait translater de latin en francois, adfin meismement que les seigneurs qui voulentiers chassent, et tous autres aussi, puissent veoir comment il, qui tout Je tamps de sa jeunesse avoit este incredule, fut miraculeusement, en chassant, converty ... (Saint Hubert 2s.) Cet usage reste possible jusqu'a la fin de l'epoque du moyen fran9ais (MARCHELL0-N1z1A 1979: 183ss., MARTINIWILMET 1980: 150s.) et il est meme encore atteste au XVI e siede (GouGENHEIM 1951: 68s.). Nous devons donc conclure que les formes de la serie I sont indifferentes a la distinction predicatiflnonpredicatif et peuvent donc s'employer dans les deux domaines. En ce qui concerne les formes de la serie III, elles sont toujours predicatives. Depuis l'ancien fran9ais, elles s'emploient en fonction de regime (cf. p. ex. MoIGNET 1973: 133 ss.), et cet emploi (predicatif/ regime) continue a etre la fonction pour ainsi dire «normale» de ces formes en moyen fran9ais (MARCHELLO- NrzrA 1979: 188ss.); p. ex.: Si te pri que tant abaissiee Ne soye de toy, qui non digne M'as esleue a estre royne Et de ta couronne compaigne! (Christine de Pizan, Mutacion 11636-39) Le systeme des «pronoms personnels» en moyen frans;ais ..., et si ne puis trouver Ne en toi vit Grasce qui me puist resjoi'r, Mais eslongier et defui'r Et moi donner Aperte cause de morir; ... (Froissart, Espinette 1674-80) 93 Cependant, depuis l'ancien franyais, ces formes commencent a penetrer dans le domaine du sujet (FOULET 1935/ 36, MorGNET 1973: 137s.), et en moyen franyais, cet usage s'etend a tel point qu'il depasse en frequence l'usage des formes de la serie I en position predicative ou accentuee (MARCHELL0-N1z1A 1979: 180ss., MARTIN/ WILMET 1980: lSls.). En voici quelques exemples: ... si nostre seigneur Dieu n'y pourvoit de sa grace, moy Je plus simple des aultres, ... donnerai advertence d'aucunes chozes espantables et fort a redoubter ... (Molinet, Pieces III, 7-10) Pour ce, ne soyes si esbahys et ne demandes pas, toy qui es en commun royamme a tous, une seule Joy pour toy. (De Ja Sale, La Sale 221) Et qui resgarderoit tout, l'en devroit faire une derision de celui qui diroit que soy ou autre fust magnanime et il ne fust bon. (Oresme, Ethiques 76a) ...; car eulx pugnissent et establissent painnes et affliccions a touz ceulz qui font mal quelz que il soient, se il n'i sont contrains par force ... (Oresme, Ethiques 49c) Toutes ces donnees nous obligent donc a la conclusion que les formes de la serie III ont bien garde leur caractere predicatif en moyen franyais, mais qu'elles sont devenues indifferentes quant a la distinction sujetlregime. Nous nous voyons donc confrontes avec une structuration pour ainsi dire asymmetrique en moyen franyais: Tandis que la serie II est bien definie par les traits 'non-predicatif' et'regime', les deux autres series sont deficitaires soit par rapport a l'une, soit par rapport a l'autre des oppositions impliquees: la serie I est marquee par le trait'sujet', mais elle est indifferente en ce qui concerne l'opposition predicatif/non-predicatif; la serie III est caracterisee par le trait'predicatif', mais elle ignore l'opposition sujet/ regime. 4.2. Si nous essayons maintenant de systematiser les trois series, il nous faut partir des donnees que voici en ce qui concerne les traits distinctifs a retenir: Serie I (je etc.): '+ sujet','0 predicatif' (=indifferent a l'oppositionpredicatif/ non-predicatif) Serie II (me etc.): 'sujet' (='+ regime'),'predicatif' Serie III (moi etc.): '+ predicatif','0 sujet' (=indifferent a l'opposition sujet/ regime) Une telle constellation peut etre systematisee de deux manieres differentes, selon 94 Peter Wunderli l'opposition dont on tient campte en premier lieu; d'un point de vue logique et methodique, les deux solutions sont (en principe) equivalentes. Si nous debutons par l'opposition sujet/ regime, le systeme des pronoms personnels en moyen fran1rais se presente de la maniere que voici: 1. + sujet 2. serie I [pronom personnel] 0 sujet � + predicatif 1 serie III predicatif (sujet) 1 serie II Ce schema demande encore quelques commentaires. L'opposition au niveau 1 est en principe de nature participative, c'est-a-dire que les formes du domaine '0 sujet' peuvent aussi etre employees pour le domaine '+ sujet'. Ceci est effectivement le cas pour la serie III, mais non pour la serie II. C'est pour cette raison que nous considerons cette serie comme non seulement caracterisee par le trait 'predicatif', mais aussi par un trait supplementaire (redondant ou simplement pertinent [mais non distinctif] 12) 'sujet'. - En ce qui concerne l'opposition au niveau 2 (+/ predicatif), elle est de nature equipollente, car ni l'un ni l'autre des deux termes oppositifs ne peut se rencontrer dans les fonctions de l'autre. Si l'on debute par contre par l'opposition predicatif/non-predicatif, le systeme du moyen frarn,;ais prend la forme qui suit: [pronom personnel] 1. + predicatif 0 predicatif � 2. + sujet sujet 1 (predicatif) 1 Serie III Serie I serie II 12 Dans la terminologie allemande de PrLCH 1974 il s'agirait d'un «relevantes Merkmal». Le systeme des «pronoms personnels» en moyen franc; ais 95 Cette solution demande aussi quelques commentaires qui sont pour ainsi dire symetriques avec le commentaire du premier stemma. L'opposition du niveau 1 (+/ 0 predicatif) est une opposition en principe participative, car les formes de la serie I au moins peuvent aussi etre employees pour le domaine '+ predicatif'; il n'en va pas de meme pour la serie II qui est limitee au domaine 'predicatif', ce qui nous oblige a jumeler le trait distinctif 'sujet' avec un trait pertinent (ou redondant) non-distinctif 'predicatif' qui revoque pour ainsi dire la possibilite de fonctionner comme terme non-marque de l'opposition caracteristique du niveau 1. - De nouveau, l'opposition du niveau 2 (+/ sujet) doit etre consideree comme equipollente, etant donne qu'il n'existe aucune possibilite de substitution entre les series I et II. 4.3. II s'agit maintenant de savoir a laquelle des deux solutions il faut donner la preference. Pour eviter une decision arbitraire, nous avons decide de comparer la situation en moyen franc;:ais a celle en ancien franc;:ais et en franc;:ais moderne et a faire dependre notre decision du resultat de cette confrontation. Par rapport au moyen franc;:ais, la situation en ancien franc;:ais «classique» se presente sous une forme beaucoup moins complexe (MorGNET 1973: 126ss., MENARD 1973: 52ss., FOULET 1930: 106ss., FOULET 1935/ 36). Les formes de la serie I sont toujours sujet et se montrent indifferentes quant a la distinction predicatif! non-predicatif; leur caracterisation semique est identique a celle en moyen franc;:ais, quoique au niveau de la norme, la concurrence des formes de la serie III se fasse de plus en plus sentir. - En ce qui concerne les formes de la serie II, nous avons encore une identite de caracterisation, et en plus aussi un comportement largement similaire au niveau de la norme. - La difference essentielle concerne donc les formes de la serie III. En effet ces formes sont limitees, en ancien franc;:ais classique, au domaine du regime et ne commencent a penetrer dans le domaine du sujet que tardivement; en outre il ne semble exister de terme nonmarque dans ce systeme d'oppositions, ni en ce qui concerne le domaine sujet/ regime ni pour le domaine predicatiflnon-predicatif, de sorte que nous postulons deux oppositions de nature equipollente 13. Ceci nous permet de proposer pour l'ancien franc;:ais classique le systeme que voici: 13 Nous ne nions pas qu'il existe certains emplois des formes predicatives en ancien frans;ais qui au premier abord semblent contredire notre affirmation. Malheureusement il n'est pas possible de justifier ici notre decision dans tous les details. Cette lacune sera comblee dans une etude a part. 96 Peter Wunderli [pronom personnel] 1. + sujet sujet � 2. + predicatif predicatif 1 1 serie I serie III serie II En ce qui concetne la situation en fram;:ais moderne, nous n'avons qu'a resu-. mer ce que nous avons deja developpe ailleurs (WuNDERLI 1989). Les formes predicatives sont indifferentes quant aux distinctions actancielles (sujet/ regime directlregime indirect) et se trouvent en opposition equipollente avec les formes non-predicatives.--Ce dernier domaine connait une opposition entre sujet et regime (non-sujet) qui est encore de nature equipollente, etant donne qu'il n'existe pas de cas qui obligeraient a conclure a un emploi extensif d'un terme nonmarque. Le systeme du fran9ais moderne se presente donc sous la forme suivante: [pronom personnel] 1. + predicatif predicatif � 2. + sujet sujet 1 1 serie III serie I Serie II 4.4. La comparaison avec la situation en ancien fran9ais et en fran9ais moderne fournit un resultat assez surprenant: le premier des systemes pris en consideration pour le moyen fran9ais ressemble largement a celui de l'ancien fran9ais, le deuxieme a celui du fran9ais moderne. Ceci nous a amene a ne rejeter ni l'une ni l'autre de nos hypotheses, mais a les retenir toutes les deux. Une telle solution semble etre impossible en banne methode, et en fait elle presuppose une nouvelle hypothese qui est, cette fois-ci, de nature diachronique: Je pretends que le premier systeme etait valable pour une premiere phase du moyen fran9ais, le deuxieme pour une seconde phase. Je m'explique. La possibilite d'employer en ancien fran9ais les formes predicatives (serie III) dans des fonctions proches du sujet (attribut, apposition, etc.) s'etendant au sujet Le systeme des «pronoms personnels» en moyen frarn; ais 97 proprement dit, l'opposition equipollente entre sujet et non-sujet a ete reinterpretee 14 en opposition participative, ce qui a eu pour consequence le systeme 1 du moyen franc;;ais. Le developpement ulterieur de la serie I, qui consiste en une reduction successive de son emploi dans le domaine predicatif, a eu pour consequence une reinterpretation fondamentale du systeme de base du «pronom personnel» qui consiste en une relegation de l'opposition sujetlnon-sujet au deuxieme plan et une promotion de l'opposition predicatif/ non-predicatif au premier. Nous arrivons ainsi au systeme 2 du moyen franc;;ais. La perte des emplois predicatifs de la serie I au cours du XVI e siede a finalement permis une reinterpretation du niveau de la predicativite (opposition participative) en opposition equipollente. Et nous voila arrives au systeme de base du franc;;ais moderne qui, comme celui de l'ancien franc;;ais, ne connait plus que des oppositions equipollentes et peut renoncer a recourir a des traits redondants impliques. Ainsi le moyen franc;;ais s'avere etre encore une fois une epoque de la restructuration. Ceci n'a rien a voir avec le cliche traditionnel d'apres lequel il s'agirait d'une periode chaotique sans regles bien definissables. Une telle impression ne peut naitre que si l'on mesure les donnees du moyen franc;;ais soit aux regles valables pour l'ancien franc;;ais, soit a celles qui caracterisent le franc;;ais moderne. Naturellement, le passage d'un systeme a l'autre (ancien franc;;ais moyen franc;;ais 1 moyen franc;;ais 2 franc;;ais moderne) n'est dans aucun cas datable de fac;;on exacte: il faut toujours tenir compte d'une epoque de transition pendant laquelle l'un et l'autre des systemes en question sont valables et peuvent etre utilises selon la preference des differents groupes ou meme des differents individus. Ceci est possible puisque les differences entre les systemes successifs sont minimes, de sorte que les structures restent largement compatibles. - En outre notre analyse nous a montre que l'affirmation de GumAuD (1963: 14), selon laquelle le moyen franc;;ais serait «la forme archai'que du franc;;ais moderne», simplifie trop les choses: il est en meme temps la derniere manifestation des structures de l'ancien franc;;ais et opere une sorte de passage cache de l'un a l'autre. 5. Pour terminer, je tiens a souligner qu'avec la presentation du systeme des «pronoms personnels» nous sommes loin d'avoir dit tout ce qui importe dans ce domaine de la morpho-syntaxe. A cöte des donnees structurales que nous venons de decrire et qui se situent au niveau de la langue, il y a aussi un grand nombre de faits qui sont attribuables a un niveau moins abstrait qu'on peut appeler avec Coseriu celui de la norme (descriptive) (p. ex. CosERIU 1988: 297ss.); il comprend les «realisations traditionnelles» qui constituent des sous-ensembles a l'interieur des classes constituees sur la base des oppositions distinctives. 14 Pour la notion de reinterpretation cf. WuNDERLI 1981: 72ss.; eile correspond plus ou moins a Ja metanalyse de BLINKENBERG. 98 Peter Wunderli Des donnees de ce genre existent aussi bien dans les domaines morphologique et syntaxique proprement dits. Un phenomene exclusivement morphologique attribuable a la norme serait p. ex. l'existence de restes de l'ancienne forme el pour le feminin elle (MARTIN!WILMET 1980: 148) qui ne constitue qu'une simple variante jouant un r6le tout a fait efface; il en va de meme pour les restes de li pour lui (MARTINIWILMET 1980: 148). Est attribuable aussi a cette categorie l'innovation sans avenir de munir leur d'un s pluralisant (MARTIN!WILMET 1980: 148). Plus interessants sont sans aucun doute les phenomenes syntaxiques attribuables a des fixations (ou non-fixations) particulieres au niveau de la norme. Nous n'en mentionnerons que quelques-uns a titre d'exemple: - Dans nos schemas, nous avons presente l'opposition entre masculin et feminin (la Oll elle existe) comme opposition participative avec le soi-disant «masculin» 15 comme forme non-marquee. En franyais moderne, le terme non-marque ne peut etre employe pour un feminin que dans les cas oll il se rapporte en meme temps a un masculin (p. ex. lui et elle, ils sont arrives); en moyen franyais par contre, il existe encore des exemples Oll le terme non-marque renvoie a un feminin sans qu'il y ait jumelage avec un masculin (MARTIN!WILMET 1980: 149). - Dans les constructions absolues, on emploie normalement, en moyen franyais, les formes du regime direct pour marquer le «sujet» de l'infinitif avec les verbes intransitifs et attributifs, les formes du regime indirect avec les verbes transitifs (accompagnes de leur objet). Qu'il s'agisse 1a d'une regle de la norme ressort aussi du fait que des exemples avec une constellation inverse sont faciles a trouver et ne constituent evidemment aucune infraction aux donnees structurales et a l'eventail des possibilites d'emploi impliquees dans celles-ci (MARTINIWILMET 1980: 152s.). - Devant un infinitif, le pronom regime apparait normalement a la forme predicative si on a affaire a un infinitif d'un verbe «plein»; ne font exception que les formes de la troisieme personne non-reflechies, qui proviennent normalement du paradigme non-predicatif 16. Si nous avons affaire a l'infinitif d'un auxiliaire de mode, les formes anteposees proviennent par contre plus ou moins regulierement du paradigme des formes non-predicatives (MARTINIWILMET 1980: 156ss., MAR- CHELLo-NrzrA 1979: 191ss.). La encore, de nombreuses infractions a la regle (qui 15 En fait, il n'existe pas de «masculin» proprement dit en fran�ais; Je soi-disant masculin est une forme a laquelle manque taut simplement la marque positive du feminin('+ feminin'). 16 II nous semble cependant peu indique de postuler pour Ja position devant infinitif(plein) des paradigmes specifiques qui melangent ! es formes predicatives et non-predicatives d'apres ! es regles sus-mentionnees; nous n'avons pas affaire a des paradigmes differents des series II et III presentees ci-dessus, mais a des regles normatives particulieres qui sont responsables de leur emploi dans ! es cas ou ! es donnees structurales laissent Je choix soit de l'un, soit de l'autre des deux types. Le systeme des «pronoms personnels» en moyen fran�ais 99 du point de vue structural sont sans aucune consequence) montrent que nous avons affaire a une fixation au niveau de la norme. Cette liste pourrait encore etre allongee considerablement, mais toutes ces questions n'entrent plus dans le sujet que nous nous sommes propose pour cette contribution qui n'a pour but que de decrire les donnees au niveau du systeme. La question de savoir quels principes sous-tendent les donnees au niveau de la norme (si jamais il y en a) fera l'objet d'un autre discours. Düsseldorf Peter Wunderli Bibliographie BRANDT, G. 1944: La concurrence entre «soi» et «lui, eux, elle(s)». Etude de syntaxe historique fran�aise, Lund/ Copenhague 1944 BoYER, H.: «Les traits distinctifs des <pronoms personnels, predicatifs et non-predicatifs en frarn; ais», RLaR 81 (1975), 539-45 CosERIU, E. 1988: Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft, Tübingen 1988 DAMOURETTE, J./ PrcHON, E. 1927-40: Des mots a la pensee. 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Analyse exhaustive d'une serie de textes 1 0. lntroduction Dans l'analyse qui suivra, nous allons demontrer que les deux notions de Theme et de Rheme sont utiles pour l'analyse de l'organisation du contenu des textes dans la periode de l'ancien et du moyen frarn;:ais. Il est notre intention de montrer que les deux notions se revelent particulierement pertinentes pour la comprehension de la fonction de la particule si dite «thematique», par opposition aux autres emplois de si adverbe (pour une definition du si «thematique», cf. infra, p. 105). Il n'est pas necessaire, dans l'optique que nous nous sommes fixee, d'entrer dans des discussions tres complexes concernant les deux notions de Theme et de Rheme. Nous partons de deux definitions tres simples: le Theme etant defini comme le sujet dont on parle, alors que le Rheme est defini comme l'information apportee a propos du sujet connu. Cette definition rejoint plus ou moins celle de MATHESIUS (cf., pour plus de details, FIRBAS 1964). Dans les constructions non-focalisees, qui nous interessent ici, c'est-a-dire: dans les constructions ou nul element 2 de la phrase n'est emphatique, nous trouvons le Theme au debut de la phrase. Il comprend le sujet grammatical de la phrase, que celui-ci soit explicite - Snom (Sujet nominal), Spron (Sujet pronominal) ou sous-entendu (SO). On rencontre Je Rheme vers la fin de la phrase. Le Theme est soit identique d'une phrase a l'autre, soit variable. Le premier cas constitue ce que nous appellerons une structure thematique fixe. Le second cas, qui se laisse subdiviser en differents types: structure thematique lineaire, elaboration, digression, etc., sera appele une structure thematique lineaire. Voici un passage (a), provenant des lsopets, tiers livre d'Esope, premiere fable, 1098ss., illustrant ces deux structures thematiques. Le passage ne met en scene que deux personnages, le lion et le pasteur, alternativement Theme, ce qui le rend particulierement apte a illustrer la succession des deux structures thematiques. Les themes seront numerotes dans l'ordre de succession: Sl, S2. La succession des themes est illustree dans les figures 1 et 2. 1 A l'Universite Libre, Ja presente etude fait partie du programme de recherche «Corpusgebaseerde Woordanalyse» (VULET 88/ 9). 2 Il y a deux exceptions nrn·< 0 r""'" a cette formulation, dont il sera dans Ja section 2.2. 102 Pieter van Reenen/ Lene Schosler Figure 1: La structure thematique du passage 1098ss. d'lsopets: Le lyün(Sl, Snüm) s'en vint et le cümmenc;a(Sl, SO) a Je flater Et Je pastüur (S2, Snüm) en eut grant paüur et luy gecta(S2, SO) une brebis Mais Je lyün (Sl, Snüm) ne demandüit püint car plus desiroit(S1, SO) Et, quant Je pastüur(S2, Snüm) vit Ja blesseure subtillement luy tira(S2, SO) et en gecta (S2, SO) luy üignyt(S2, SO) sa playe Et, tantüst apres, le lyün(Sl, Snüm) fut gary Et ... il(Sl, Spron) luy alla baiser ! es mains et s'en retüurna (Sl, SO) en la forest nü de phrase: 123 45 6 78 9 10 11 12 13 Figure 2: la structure fixe(: ) vs. structure lineaire(--) du passage 1098ss. d'Esope: Sl Sl--S2 S2--Sl Sl--S2 S2 S2 S2--Sl Sl Sl (a) 1098 Le lyün s'en vint a ung pastüur qui gardüit ses brebis et le cümmenc;a a le fiater de sa queue en lui münstrant Süll pie navre. 1099 Et le pastüur en eut grant paüur et luy gecta une brebis. Mais Je lyün ne demandüit püint a menger, car plus desiroit a estre medicine et gary de sün pie.1100 Et, quant le pastüur vit la blesseure, d'une aguille subtillement luy tira l'espine hors de Süll pie et en gecta la püurriture et luy üignyt sa playe. Et, tantüst apres, le lyün fut gary. 1101 Et, püur rendre graces et remercier Je pastüur, il luy alla baiser ! es mains et s'en retüurna en la forest. Nous allons considerer ici surtout le premier cas, c'est-a-dire la structure thematique fixe, en etudiant comment l'ancien et le moyen fram;;ais signalent la structure thematique fixe au moyen du si «thematique». Ancien et moyen franc;:ais: si «thematique» 103 Si l'on desire etudier une structure thematique du moyen äge, nous croyons qu'il faut faire une distinction prealable entre ce qu'on peut appeler Narration et Discours direct. Dans cette etude, nous definissons la Narration comme une structure de texte exclusivement exprimee a la troisieme personne du singulier ou du pluriel, et le Discours direct comme une structure de texte exprimee a la premiere ou a la seconde personne du singulier ou du pluriel, eventuellement en alternance avec la troisieme personne du singulier ou du pluriel. Dans le Discours direct, c'est le changement de la personne grammaticale qui contribue principalement a signaler un changement de Theme. Par contre, dans la Narration, il existe une gamme beaucoup plus etendue de possibilites de references, linguistiques et extralinguistiques. Par consequent, il est logique de presumer que la Narration contient un tres grand nombre d'elements formels indiquant la nature de la structure thematique. Nous allons nous pencher ici sur les elements indiquant la structure thematique fixe dans la Narration et reserver l'analyse de la structure thematique fixe du Discours direct a une autre etude. Au moyen äge, la structure thematique fixe de la Narration se manifeste au moins de quatre fa�ons differentes: 1) par la repetition, variee ou non, du Theme, cf. (b) 2) par la reference anaphorique des pronoms, cf. (c) 3) par l'absence du sujet grammatical, qui sera notee comme SO, cf. (d) 4) par l'adverbe si (si thematique), precedant le verbe (V), souvent sans sujet grammatical exprime formellement; ce cas sera note comme si V SO. Un exemple en est: Ele entra en la loge, si lijeta ses bras au col (cf. exemple [2]). Cet exemple illustre le type de structurethematique fixe dont nous nous occuperons dans cette etude. Le si thematique correspond au si «banal», tres repandu, mais peu etudie, meme dans ! 'excellente etude de CHRISTIANE MARCHELLO-NIZIA (1985). (b) Structure thematique fixe marquee par la repetition, variee ou non: (Mais il avoit dedens un monstre Merveilleux, fier et orgueilleux Et sur touz aultres perilleux). Tant fut grant que c'estoit merveille,/ Ce monstre (Sl, Snom), et n'avoit (S1, SO) qu'une oreille./ Point de narrilles n'ot en teste/ Celle tres merveilleuse beste (Sl,Snom)/ (Melusine, v. 6286-6294) Structure thematique fixe marquee par la reference anaphorique des pronoms: 104 Pieter van Reenen/ Lene Sch�sler ... il (Sl, Spron = chiax de Pise) leur respondirent qu'il (Sl, Spron = chiax de Pise) n'aroient mie tant de vaissaus et qu'il (Sl, Spron = chiax de Pise) ne porroient nient faire. (Clari VI, 13) (d) Structure thematique fixe marquee par l'absence du sujet grammatical (SO): Et Esope (Sl, Snom) tantost prist ung vasseau plain d'eaue chaulde, ... et prist (Sl, SO) de l'eaue et Ja mist (Sl, SO) en ung bassin et Ja beut (Sl, SO). Et ung peu apres, mist (Sl, SO) ! es doiz en sa bouche etjecta (Sl, SO) seulement d'eaue, car icelluyjour n'avoit gouste (Sl, SO) que icelle eaue, et pria (Sl, SO) que (Isopets, par. 18-20) Dans ce qui suit, nous ne nous occuperons pas des trois premieres fa�ons de signaler la structure thematique fixe. Nous nous bornerons a observer que les deux premieres ont elimine les deux dernieres au cours du moyen age. Nous allons nous concentrer sur le quatrieme cas, dans le but de suivre sa typologie et sa distribution pendant l'ancien et le moyen fran�ais. Ce cas est d'ailleurs suffisamment complique pour nous avoir occupes depuis plusieurs annees sans que nous ayons epuise le sujet. Notre etude est nee comme complement a une tres interessante etude de Suzanne FLEISCHMAN, qui vient d'etre publiee dans Romance Philology, cf. FLEISCH- MAN 1991. Dans sa forme actuelle, notre etude prend comme point de depart certaines hypotheses formulees dans FLEISCHMAN 1991, que nous avons precisees pour arriver aux definitions exprimees dans (1). 3 En outre nous nous basons sur l'etude tres riche en informations de CHRISTIANE MARCHELLO-NIZIA (1985). Nous avons consulte un choix de textes d'ancien et de moyen fran�ais, chartes et textes litteraires. Les textes ont ete localises selon la methode exposee dans DEES et al. (1980 et 1987); les datations sont celles des manuscrits. Dans ce qui suit, nous allons proceder d'abord, dans la section 1, a la definition de quelques notions fondamentales de reference, ensuite, dans la section 2, a une classification et a une discussion des sequences de PR-PM (cf. les definitions cidessous). Dans la section 3, nous analyserons nos donnees d'un point de vue, dialectal, diachronique et stylistique. Les conclusions se trouvent dans la section 4 et, en appendice, figure un tableau qui resume les resultats principaux de nos investigations. Nous nous servons des abreviations suivantes: PM = Phrase Marquee PR = Phrase de Reference MS = Meme Sujet AS = Autre Sujet 3 Nous tenons a remercier Suzanne FLEISCHMAN et Ingrid VELLEINE qui ont bien voulu apporter des precisions et des corrections importantes a une premiere version de notre etude. Nous remercions aussi lrene Baron, qui a accepte de se charger de Ja revision du style, de ses observations pertinentes sur notre argumentation. Ancien et moyen frarn;;ais: si «thematique» 105 1. Definition des notions de reference Dans notre expose, nous avons besoin de deux notions de reference pour caracteriser la structure thematique fixe: la phrase de reference (PR) et la phrase marquee (PM), qui sont definies ci-dessous: (la) La PR introduit un nouveau Theme ou bien continue le Theme precedent. La PR est la phrase qui constitue le point de reference de la phrase suivante; cette seconde phrase ne lui est pas subordonnee. (lb) La PM a un sujet implicite, elle suit la PR a laquelle elle est coreferentielle; elle debute par si. La fonction de si est de signaler explicitement la continuation du Theme sur ce point elle se distingue de la structure SO, sans si, mentionnee sous le point 3 cidessus, ou la continuation du Theme est implicite. (lc) Une PM peut, a son tour, avoir la fonction d'une PR d'une PM suivante. II s'ensuit des definitions precedentes que si n'apparait jamais au debut d'une structure thematique fixe, donc jamais au debut d'une subdivision majeure d'un texte ni au debut d'un paragraphe. 2. Classification des sequences contenant si thematique Dans la section 2.1, nous introduirons les manifestations de notre structure thematique fixe: les sequences PR-PM. Puis, nous traiterons, dans la section 2.2, des constructions dont la classification presente des difficultes. Dans la section 2.3, enfin, nous discuterons les phrases quoi qu'introduites par si thematique, n'ont pas la fonction d'une PM. 2.1. Types de constructions PR-PM A partir de nos definitions exprimees en constructions suivants: nous distinguons les quatre types de 2.1.1. La PR et la PM sont deux principales simples, ayant la meme fonction syntaxique, comme on le voit dans l'exemple (2), qui est un cas typique. On y voit une PRl et une PMl, et de nouveau une PR2 et une PM2 (la PMl fonctionne comme PR2 de la PM2). La frequence de ce est signalee dans col. 1. 106 Pieter van Reenen/ Lene Seh0sler (2) Eie entra en la loge (PRl), si lijeta ses bras au eo! (PMl = PR2), si le baisa et aeola (PM2) (Aue XXVI,6) 2.1.2. La PR contient une ou plusieurs subordonnees, dont le sujet grammatical peut etre different de celui de la PR et de la PM. La ou les subordonnees sont soit nominales, soit relatives ou, plus rarement, adverbiales, une subordonnee precedant une PM pourrait etre interpretee comme une PR, mais en realite, elle s'integre dans la PR sans jouer aucun r6le pour le systeme de reference thematique. Une telle subordonnee ne fait qu'apporter une information secondaire, sans modifier la structure thematique. Ainsi, il faut admettre une difference fondamentale, lorsqu'on analyse la structure thematique, entre les principales et les subordonnees. Les exemples (3) a (6) illustrent ce type de construction; les subordonnees sont entourees de {}. La frequence de ce type est signalee dans l'A pp endice, col. 2. (3) ... li marehis 01 ehe (PRl), si se merveilla molt de ehou{que li baron de Franehe l'avoient mande} (PMl = PR2), si respondi as messages {qu'il s'en eonseilleroit ...} (PM2) ( Clari III, 14) (4) ... li eonte et li homme eroisie ... enprunterent tant de deniers {eomme il peurent} a ehiax {qu'il quidoient {qui en eussent}} (PR). Si ! es paierent as Venieiens ... (PM) ( Clari XII, 4) (5) ... dist as voisins {que ele voloit aler au tombel saint Loys} et {que ele avoit esperanee d'estre ileeques guerie} (PR), si requist a ses voisins pardon {se ele ! es avoit en aueune chose coroueiez} (PM) (Loys XLIII, 16) (6) Puis revint, {si eomje vous di}, Nostre seignor endreit midi (PR), si aloa le bon Davi (PM) (Best 3769) 2.1.3. Nous n'avons considere jusqu'ici que des PR et des PM qui sont des principales. Selon la definition (la), une PM n'est jamais subordonnee a sa PR. Par contre, une PR peut etre subordonnee a sa PM. En effet, nous rencontrons souvent une temporelle introduite par quant, ayant la fonction de PR; une conditionnelle, une causale ou une comparative peuvent egalement constituer des PR. Le tableau 1 signale les types d'adverbiales et leurs frequences, les exemples (7) a (12) les illustrent. Les PR des exemples contiennent en outre des subordonnees du type decrit dans 2.1.2. L'Appendice, col. 3, presente la frequence par texte des adverbiales fonctionnant comme PR. (7) Et { quant ee oi't Charles (PR)}, si s'an repaira en France (PM) (Turpin XI,3) (8) Et {pour ce que ele ne veoit son fiuz ailleurs (PR)}, si Je regarda plus certainement et le reconnut (PM) (Loys XIX, 39) (9) { quant Ii croisie seurent {que li euens de Champaingne, leur sires, fu mors et maistres Foukes ausi} (PR)}, si en furent malt dolent (PM) (Clari lII, 1) Ancien et moyen frarn;;ais: si «thematique» 107 (10) E {cum Herodes oi:t parler {que il i aveit ne .1.rei {qui deveit estre rei daus Jues}} (PR)}, si fut mot troblez (PM) (Sully 22, 12) (11) Li archetreclins esteit apelez eil {qui aveit en garde la chose a l'espous}, e {cum il ot goste dau vin {que nostre sires ot fait d'aigue}, e il ne saveit pas lo miracle, e li sirvent ou saveient ben {qui aveient poise l'aigue}} (PR), si dist a l'espous (PM): «Autres genz mettent avant le meillor vin» ... (Sully 37, 28) (12) {apres ceu que nostre sires ot demande au pople} s'il estoient ale veer homme vestu de moles choses, ...}}, si lor demande e dit (PM): ... (Sully 24, 30) Tableau 1: Phrases subordonnees fonctionnant comme PR. quant comme si comme comparative si conj si cum temp/ causal tant que endementiers que que temporal coment maintenant que pour ce que apres ce que ou que (= des que) total 116 84 12 9311111 1111 exemple numero (7) (9) (11) (13) (20) (10) (8) (12) Comme il ressort des cas que nous venons de citer, le sujet grammatical d'une subordonnee ayant la fonction d'une PR se trouve exprime plus souvent que le sujet grammatical d'une principale ayant la fonction d'une PR. Cette difference de frequence est due a un phenomene d'ordre general: la difference de distribution des sujets entre les principales et les subordonnees (cf. a ce propos ScH0SLER 1984, 1988). Pour eviter une argumentation circulaire, il nous faut evidemment distinguer le type de subordonnee adverbiale fonctionnant comme PR, dont nous parlons ici, des subordonnees mentionnees dans 2.1.2 que nous avions placees a un niveau thematique inferieur a l'ensemble PR-PM. Dans notre corpus, les subordonnees substantives ou adjectives 4 se placent toujours au niveau thematique inferieur, et ne sont jamais des PR, alors que seuls les types de subordonnees adverbiales mentionnees ci-dessus, peuvent avoir la fonction de PR. Considerons, en guise 4 II s'agit surtout de completives, interrogatives indirectes et relatives subordonnees. 108 Pieter van Reenen/ Lene SchiZ\sler d'exemple, les temporelles introduites par quant dans (7) et (9) 5 et la comparative introduite par si comme dans (13) 6: (13) ... einsi en usoit len notoirement en la ville de Paris, {si comme le dit procureur ou nom des diz religieus disoit (PR), si disoit encore (PM) {que les diz religieus avoient droit ... }} ... (Paris 14, 1323) 2.1.4. Il arrive que l'ensemble PR-PM se trouve subordonne a un verbe, le plus souvent a un verbe de declaration. Dans de tels cas, l'ensemble PR-PM a la fonction grammaticale de complement d'objet direct de ce verbe, qui se trouve a un niveau different: a un meta-niveau, introduisant un discours direct ou indirect. Les exemples (14) et (15) illustrent ce passage d'un meta-niveau au niveau de la Narration proprement dite. (14) Et les gens del pais dient au roi {qu'il cast Aucassin fors de sa tere (PR), et si detiegne Nicolete avuec son fil (PM)} (Aue XXXII, 17) (15) Nos trobom on saint evangile d'ui {que nostre sire dameredex apela ses apostres a conseil davant sa passion (PR), e si lor dist (PM) ... } (Sully 52, 4) Nous avons inclus les cas de PR-PM subordonnees a un autre verbe parmi ! es cas conformes a notre definition exposee dans (1); par consequent, nous les avons inclus dans l'Appendice parmi les cas reguliers (col. 1-3). Le cas n'est pas frequent, sauf dans ! es chartes; il n'apparait ni dans Clari, ni dans Turpin 7 • s Une subordonnee adverbiale ayant la fonction d'un simple complement adverbial et non pas d'une PR est rare dans les series de PR-PM que nous avons relevees.L'exemple (12) illustre un tel cas, il s'agit de Ja temporelle introduite par quant. Nous citons ici le texte in extenso: (12) {apres eeu que nostre sires ot demande au pople} s'il estoient ale veer homme vestu de moles choses,} quant il alerent veer mon seignor saint Johan Baptiste} (PR)}, si lor demande e dit (PM): ... (Sully 24, 30) 6 Si nous comparons les deux cas de conjonctions de comparaison: si eom(me) dans (13) et (6), il est evident que si com je vos di dans (6) ne fonctionne pas comme PR de notre si thematique, tandis que dans (13) le si thematique continue la phrase commencee par «si comme», a un niveau plus bas. 7 Nous ne sommes pas d'accord avec FLEISCHMAN (1991, N 36) quand eile observe: «Where, exceptionally, si does occur in dependent clauses, these are typically relative or complement clauses in which the predication is separated from the relativizer (qui) or complementizer (que) by another embedded clause, e.g., eeaus ... qui, quant il ont oi la parole damrede, si pensent tant a la eure d'ieeste (sie! PvR! LS) secle ... (Sully, Sermons, 100)». Dans le corpus de textes litteraires, nous avons trouve seulement six cas sur 22 qui confirment la remarque. accord desaccord total Aucassin 1 4 5 Bestiaire 1 8 9 Floovant 1 0 1 Louis 1 1 2 Sully 2 3 5 6 16 22 Ancien et moyen fran1;ais: si «thematique» 109 2.2. Constructions difficiles a classer Nous avons releve trois types de constructions qui presentent des difficultes en ce sens qu'elles ressemblent aux emplois de si thematique, mais elles sont en desaccord avec les definitions proposees dans (1) et elles seront ecartees plus loin. Si nous continuons a nous servir des abreviations PM, PR contrairement a nos definitions dans (1) c'est parce que nous ne desirons pas compliquer l'expose en introduisant ici une nouvelle terminologie. On verra qu'il s'agit de constructions qui posent des problemes pour toute analyse thematique. Il s'agit des cas suivants: les constructions impersonnelles (cf. 2.2.1.), l'extraposition (cf. 2.2.2.) et l'inclusion (cf. 2.2.3.). 2.2.1. Les constructions impersonnelles sont frequentes dans nos textes. Elles apparaissent dans les PR et dans les PM. 11 y en a plusieurs types; nous ne faisons mention que des plus frequents: les cas dans lesquels le «sujet logique» est exprime soit par un infinitif ou une completive (cf. les exemples [16] et [20]), soit par un syntagme nominal (cf. les exemples [17] et [19]). Dans un seul cas, (18, PM4), il n'y a pas de «sujet logique». Il n'y a que les exemples (17) et (20) qui contiennent un sujet grammatical neutre explicite («il»). (16) si avint par Ja volunte de De {que Moyses ]es aveit gite d'Egipte (PR)}, si les enmenot ons deserz (PM) ... (Sully 80, 22) (17) II y fut d'Aminois mesires Pierres d'Amiens, [enumeration de noms propres] {que nous ne vous savons mie tous nommer} (PR); et si y fut messires Jakes d'Avesnes (PMl).Et si y fu de Bourgougne Oedes de Chanlite et Willames ses freres (PM2) (Clari I, 45) (18) Une lasse mere avoie (PR), si n'avoit plus vaillant que une keutisele (PMl), si li a on sacie de desou Je dos (PM2), si gist a pur l'estrain (PM3), si m'en poise asses (PM4) (Aue XXIV, 58) (19) Estes vos le sire meisme {Qui encontra altres ovrers} (PR), sis (= Si ! es) enveia od les premers (PM) ... (Best 3670) (20) Car {si (= se, conjonction de condition) il viveit eine vinz anz (PR)}, si l'estoet il ades combatre (PM) ... (Best 4097) Pour les constructions impersonnelles, il est evidemment exclu de parler d'identite thematique d'un sujet grammatical a l'autre. De ce point de vue strictement formel, les constructions impersonnelles s'ecartent de nos definitions exposees dans (1). Neanmoins, comme la raison d'etre des constructions imperson'nelles est de deplacer l'interet, ce qui implique le plus souvent un deplacement du focus de gauche a droite, pour focaliser ce qu'on nomme traditionnellement «le sujet logique» de la Parmi les cinq occurrences pertinentes dans Sully, par exemple, deux seulement connaissent l'«embedding» en question (Sully p.50, 24-26; p.51, 1-2 [= Sully, Sermons, 100 de Fleischman que nous venons de citer]). Dans les autres cas l'«embedding» fait defaut (Sully p.52, 4-7 = (15) ci-dessus; p. 54, 16-21; p.56, 13-16). Dans Aucassin il y a seulement accord dans XL, 7; il y a desaccord dans VI, 15; XXVIII, 17; XXXII, 18 (= [14] ci-dessus); XL, 33. Etc. 110 Pieter van Reenen/ Lene Schizjsler construction, il est possible de considerer ce sujet logique comme le veritable Theme de la construction. C'est par consequent ce sujet logique qui sera analyse comme appartenant a une structure thematique fixe ou non (cf. l'Introduction). Cette analyse ne posera pas trop de difficultes. Par contre, il est plus difficile de proceder a une classification des constructions impersonnelles selon le critere du sujet grammatical explicite ou implicite. Vu ce probleme, et vu que nous n'avons pas l'intention de nous occuper des structures focalisees (cf. aussi la section 2.2.2.), nous avons decide d'ecarter les constructions impersonnelles de notre analyse. Nous avons neanmoins indique la frequence des constructions impersonnelles dans l'Appendice, col.4. 2.2.2. Il arrive qu'un membre de phrase, souvent un syntagme nominal, soit deplace vers la gauche, en extraposition, pour etre repris par un si thematique, qui relance la phrase.L'exemple (2 1) illustre ce cas.Dans (2 2), l'element extrapose est une relative independante ayant la fonction de sujet de la principale. Dans (23) et (24) ce sont des syntagmes prepositionnels qui sont extraposes, et il n'y a pas toujours de sujet explicite. Ce dernier cas est tres rare dans notre corpus.L'exemple le plus connu d'extraposition provient des Serments de Strasbourg: «Pro Deo amur ... d'ist di en avant in quant Deus savir et podir me dunat, si salverai eo ...». Dans le cas de (25), le syntagme nominal antepose constitue le noyau du complement d'objet direct de n'a (= «il n'y a pas»). Dans l'exemple (26), il s'agit de l'anteposition d'un complement d'objet indirect d'un verbe impersonnel. L'Appendice, col. 5, donne les frequences des extrapositions dans notre corpus. Elles sont relativement frequentes dans Sully. (21) La premere chose, {ce vos di}, si est {que li prestes {qui parroise tent} deit aver sainte vie} ... (Sully 2, 11) (22) {qui ceste creance a}, si a bone creance (Sully 8, 20) 8 (23) Pur aver le confermement de Ja graunt chartre des fraunchises d'engJeterre e de Ja chartre de Ja forest, {Je queu confermement Je roy leur ad graunte bonement}, si li graunterent un commun doun ... (Anglo-Normand, 1294, deuxieme charte) (24) En trestotes ! es paroles {qui furent dites en terre}, si est Ja plus seinte e Ja plus haute e Ja meildre la pater nostre. (Sully 10,11) (25) Ices asnes, {dont jeo vos cont}, si n'a si granz en tot Je mont, e si ne sont mie dantez (Best 1846) (26) chi! {qui avoit Je noiel au brief} si couvenoit {qu'il alast en l'estoire} (Clari XI, 14) Comme l'element auquel se refere le si dans les exemples ci-dessus est un syntagme qui est membre de la PM, ce type de construction s'ecarte de nos definitions (1).La s La relative qui ceste creance a est une relative independante, sans antecedent, differente de celles discutees dans 2.1.2, qui sont toutes des relatives dependantes, a antecedent. Ancien et moyen frarn;:ais: si «thematique» 111 fonction de la dislocation est de focaliser le membre de phrase extrapose. Sur ce point, l'extraposition rejoint la construction impersonnelle en ce sens que toutes deux signalent une focalisation par rapport a la structure thematique non focalisee. Comme c'est la structure non focalisee qui retient notre attention, nous excluons de cette etude les structures disloquees. 2.2.3. Selon notre definition (lb), le sujet grammatical implicite de la PM introduite par si est coreferentiel, c'est-a-dire identique a celui de la PR. La notion d'«identite» est le plus souvent claire. Neanmoins, il arrive que cette «identite» soit partielle ou doive etre induite par le contexte, comme c'est le cas pour les exemples (27) et (28). Ici le sujet au pluriel de la PM inclut logiquement le sujet au singulier de la PR. Quoique, logiquement, l'inclusion se conforme a notre definition (lb), elle s'en ecarte formellement, et nous avons cru bon de l'ecarter de notre etude comme un cas difficile a classer par rapport a nos definitions. L'A pp endice, col. 6, presente les frequences. L'exemple (27) aurait pu etre compte parmi les impersonnelles. (27) Mes { quant par aventure avent {Que l'une ( = une pierre) pres de ! 'altre vent (PR)}, si espernent e feus en ist (PM) ... } (Best 361) (28) { quant il ( = la colombe) se moet (PR)}, si moevent ( = ! es colombes) toz (PM) ( Best 2908) 2.3. Constructions en desaccord avec les definitions Nos definitions dans (1) excluent 9 d'abord la presence d'un sujet explicite dans la PM. Pourtant les sujets explicites, autant identiques a ceux des PR que differents de ceux-ci, se rencontrent par centaines dans nos textes, cf. 2.3.1. et 2.3.2. pour les sujets nominaux et indefinis. La colonne 10 de l'Appendice fournit les frequences des sujets pronominaux (personnels et demonstratifs) explicites apparaissant dans les PM. Nos definitions excluent ensuite un sujet implicite different de celui de la PR. L'Appendice, col. 9, montre qu'il y a 21 occurrences de ce type de structure, a premiere vue surprenant, dans notre corpus, cf. aussi 2.3.3. Comme dans la section 2.2., nous continuons a nous servir de la terminologie definie dans (1), tout en sachant qu'elle n'est pas entieremerit adequate. 2.3.1. Nous avons releve des cas de PM introduites par si, ou figure un sujet explicite postpose. Ce sujet explicite peut etre nominal ou pronominal (pronom personnel, demonstratif ou indefini: on, chascun). Nous allons considerer ici les cas 9 II s'agit ainsi ici de constructions contraires aux definitions exprimees dans (1) plus importantes que celles etudiees dans le paragraphe 2.2. 112 Pieter van Reenen/ Lene Schpsler de sujets nominaux ou indefinis. Comme nous venons de l'affirmer, la presence d'un sujet explicite contredit formellement la definition exposee dans (1). Pourtant, les cas de sujets grammaticaux explicites, identiques a ceux des PR, peuvent etre consideres de par leur sens comme etant en accord avec la definition. Il est possible d'analyser du moins une partie de ces sujets comme focalises, et par consequent comme des cas a ecarter de cette analyse de la structure thematique non focalisee, cf. par exemple (29). L'existence de ce type de construction nous fait pourtant comprendre que notre definition exposee dans (1) n'arrive pas a couvrir toutes les occurrences du si thematique au moyen äge. Les exemples (29) et (30) illustrent ce phenomene. Nous y avons riiis en italique les sujets explicites de la PM. (29) S'est a savoir10 {ke li ahanier devant nomet doivent avoir ... } (PR). Et si doivent li ahanier devant noumet mener tous ! es biens de l'iretage Jakemon Erbaut meesmes, en se grange, a Rumegnies, parmi le markiet devant noumet (PMl). Et si ont li ahanier devant noumet leuwet a Jakemon Erbaut leur char et leur harnasc (PM2) ... (Tournai 14 1301) (30) Et {quant ele aloit}, ele portoit son chief pres de terre pie et demi, apuiee d'un baston {que ele tenoit en sa main de pie et demi de longueur ou environ} (PR). Et si aloit la dite Amelot (PM) ... (Loys V, 8) Taus les textes ne connaissent pas ce type de PM commern; ant par si et contenant un sujet explicite, ainsi on ne le trouve pas dans Best, Aucpr, Turpin, RegPar13, ANl3, Floov et AN14 (cf. l'Appendice, col. 7). 2.3.2. Nos textes contiennent un nombre assez important de cas de PM introduites par si, suivies d'un sujet explicite qui n'est pas identique a celui de la PR. L'Appendice, col. 8, montre que cette construction se rencontre dans tous les textes sauf Turpin, Aucpo, RegPar et AN14. Il est certainement tres genant de constater qu'une meme succession de membres de phrase peut correspondre a deux structures thematiques pour ainsi dire contradictoires. Cette construction est specialement frequente dans les chartes de Tournai et dans Sully. Nous nous limitons a donner trois exemples de (31) a (33) illustrant cette construction: si Vsujet explicite non-identique a PR. Nous y avons mis en italique les sujets explicites AS de la PM. (3 1) Ceste rente {si con elle est nomee} a Watiers de! Pret (Sl) en couvent a aquiter a Gillion Gourdinne al asens des eskievins (PR) et s'en (= si en) est plege de l'aquiter Jehans Froide Quisine (S2, AS) (PM) ... (Tournai 13 1253) (32) (Le roi de Carthage) ... en fist (Sl, SO) molt grant feste (PR); si li (= la fille du roi) veut on (S2, AS) doner cascun jor baron un des plus haus rois de tote Espaigne (PM) (Aue XL, 9) 10 S'est a savoir ke•est une construction impersonnelle, cf. 2.2.1. Ancien et moyen frans;ais: si «thematique» 113 (33) ... {�omme frere Jehan de Leigni (Sl) ... eust este sain et heitie jusques a ceJ tens}, une tres grief douJeur (S2) Je prist (PR) ..., et si Je prist une fievre continue (S3, AS) (PM) Loys L, 9) 2.3.3. A premiere vue, on ne s'attendrait pas a rencontrer des constructions comportant un changement de sujet sans que le sujet soit explicite 11 • Pourtant, nous avons trouve quelques constructions de ce type, dont nous citons trois exemples, de (34) a (36); cf. aussi l'Appendice, col. 9. Nos definitions nous obligent a considerer, dans (34), la phrase commenfant par puisque comme la PR de la phrase debutant par si, ce qui implique qu'il y a changement de sujet dans les deux phrases, manifeste pourtant explicitement dans les formes verbales qui changent de nombre: «atorne, sont». Dans (35) et (36), c'est le contexte seul qui decide. (34) {Tant come dure Je creissant (Sl)}, Sont il (S2) mult heite e joiant, Mes {puisque al decurs atorne (Sl) (PR)}, si sont (S2, AS, SO) doJenz, tristes e morne (PM) (Best 1961) (35) ... il (= chiax de Pise = Sl) leur (= aux messagiers) respondirent {qu'iJ (= chiax de Pise = Sl) n'aroient mie tant de vaissaus} et {qu'il ( = chiax de Pise = Sl) ne porroient nient faire} (PR). Apres si s'en aJerent (= li message = S2, AS, SO) en Venice (PM) ... Clari VI,13) 12 (36) Nicolete (Sl) ... se quatist en un espes buisson; et soumax (S2) li prist (PR), si s'endormi (Sl, AS, SO) (PM) (Aue XVIII, 5) 2.4. Conclusion Si nous consultons l'Appendice, col. 1-3, pour calculer le nombre de constructions en parfait accord avec les definitions dans (1), nous constatons qu'elles contiennent 564 occurrences. Si nous considerons les col. 7-10, en desaccord avec les definitions dans (1), il faut compter 380 occurrences. Ceci implique que 40% des constructions avec si thematique en ancien frarn;:ais ne sont pas en accord avec la structure definie dans (1). Si nous n'avions pas laisse hors de consideration les donnees des colonnes 4-6, constructions focalisees mal classifiables, ce pourcentage approcherait les 50% (les donnees de la colonne 11, contenant les sequences de discours direct restent, comme indique dans l'Introduction, hors de consideration). Le pourcen- 11 II a deja ete observe, dans Sch0sler 1988, a propos de quelques textes du moyen frans; ais, qu'un changement de sujet n'est pas obligatoirement explicite. 12 Comme ce passage est assez complique, il sera cite ici in extenso: Li message atomerent leur oirre et s'en alerent tout droit tant qu'il vinrent a Genvres, et parJerent a Genevois et disent leur chou qu'il queroient, et li Genevois disent qu'il ne leur en porroient nient aidier. II s'en alerent apres a Pise et parlerent a chiax de Pise, et il leur respondirent qu'il n'aroient mie tant de vaissaus et qu'il ne porroient nient faire. Apres si s'en alerent en Venice, si parlerent au duc de Venice et disent ... 114 Pieter van Reenen/ Lene Sch0sler tage de structures contenant si thematique sans correspondre aux definitions exprimees dans (1) constituant au moins 40%, il faut conclure que ce pourcentage est nettement trop eleve pour nous permettre de considerer la definition de (1) comme decrivant d'une fas;on satisfaisante la structure thematique fixe en ancien et en moyen frans;ais. Neanmoins, on verra, dans la section 3, que la consideration des aspects dialectaux, chronologiques et stylistiques de nos donnees va modifier considerablement le resultat assez decevant de cette premiere conclusion. 3. Aspects dialectaux, chronologiques et stylistiques Jusqu'a maintenant nous avons simplifie la realite linguistique, en considerant l'ancien et le moyen frans;ais comme un systeme homogene. Dans une approche plus realiste, il faut tenir compte des facteurs suivants: 1) II y a un grand nombre de dialectes a distinguer: l'ancien et le moyen frans;ais ne sont que la somme de leurs dialectes; a son tour chaque dialecte connait des variations, c'est-a-dire que chaque dialecte est heterogene. 2) II y a plusieurs periodes a distinguer; ceci est evident dans le cas des chartes, mais il y a encore les couches superposees des manuscrits provenant inevitablement d'epoques differentes. En effet, les textes litteraires se trouvent dans des manuscrits non originaux et ils se composent souvent d'un melange de dialectes. Ils ont ete transcrits et transposes dans d'autres dialectes que le texte original, dont ils peuvent pourtant porter des traces. 3) II y a plusieurs styles a distinguer: au moins deux styles litteraires, prose et poesie, et le style juridique des chartes nous rappelons que nous avons deja ecarte le discours direct. II s'ensuit des precisions que nous venons d'apporter a notre conception du terme «ancien et moyen frans;ais» qu'il nous devient possible de poser la question de savoir si les definitions exprimees dans (1) se manifestent de la meme fas;on dans tous les dialectes, a toutes les periodes et a tous les niveaux stylistiques. II y a des differences parfois considerables a signaler, comme il ressortira ci-dessous de l'examen de nos donnees. On verra que ces differences seront d'une certaine importance pour l'evaluation de la pertinence des definitions exprimees dans (1). 3.1. Differences dialectales Nous distinguons les groupements dialectaux suivants: Nord, Centre, Sud (Est et Ouest), Angleterre. Ancien et moyen fran9ais: si «thematique» 115 Tableau 2. Le corpus des textes analyses. Pr = Prose, Po = Poesie, Ch = Chartes. Le nombre absolu d'occurrences de SI thematique et les promillages se trouvent dans les dernieres colonnes. Les datations dans la premiere colonne sont celles des manuscrits. Pour les references completes voir la bibliographie. Siede Dialecte Genre Texte Total Occurrences 0/ 0 0 des mots de SI frequences 13e Nord Pr Aucassin 7 964 196 24,61 13e Nord Po Aucassin 2199 23 10,46 fin 13e Nord Pr Clari 5 8 5 3 164 28,0 2 13e Nord Ch Tournai13 19795 166 8,39 14e Nord Ch Tournai14 315 51 15 8 5,01 13e Centre Ch RegPar13 39812 4 0,10 14e Centre Ch Paris 14 245901 5 8 0,24 debut 14e Centre Pr Loys 5 4447 16 0,29 13e Sud-Ouest Pr Sully 20181 20 3 10 ,0 6 13e Sud-Est Pr Turpin 16251 22 1,35 14e Sud-Est Po Floovant 910 3 71 7,8 0 13e Anglet Po Best 238 61 126 5,28 13e Anglet Ch Anglonor 310 67 21 0,67 14e Anglet Ch Anglonor 125 01 12 0,96 Il y a deux differences d'ordre dialectal a observer. La premiere est la distribution frequentielle de si: si est plus frequent dans le Nord qu'ailleurs (Clari, Aue, Tournai 13 et Tournai 14), cf. le tableau 2. Dans le Centre, si est presque absent (RegPar 13, Paris 14 et Loys). Les autres regions se comportent de fa�on moins prononcee. Dans l'unique texte du Sud-Ouest, la frequence de si est assez elevee, ce qui peut etre un trait particulier de cette region. Pourtant, ce texte, Sully, dont ! 'original provient du Nord-Est, pourrait en porter encore des traces. 11 peut ainsi s'agir d'un melange de dialectes. La seconde difference a relever concerne un emploi particulier de si dans le Nord qui n'est pas visible dans nos tableaux: si peut apparaitre au debut d'un texte ou d'un paragraphe. Voici le debut d'une charte, de Tournai, dans (37) (qui figure dans l'Appendice parmi AS, col. 8). (37 ) Et si sacent tout eil ki sont ... ke Jehans de Bourgiele a vendut ... (Tournai 13 125 9) Il n'y a pas de doute qu'il s'agit ici d'un debut de texte (quoique la presence de «Et» ne laisse pas d'etonner), ce qui va a l'encontre de nos definitions dans (1). Nous pensons que l'emploi de si dans (37) n'est pas un lapsus, mais qu'il est signe d'une collision homonymique, surtout typique du Nord. Si dans (37) peut etre le resultat de la confusion avec ci deictique-locatif, cf. la charte de 1398 (Doutrepont XVI), ou nous trouvons «si dezoubz nommez» au lieu de «ci dezoubz nommez». Il y 116 Pieter van Reenen/ Lene Sch�sler a une autre construction que l'on rencontre regulierement, surtout dans les chartes du 14 eme siede, a savoir «s(i) est a savoir» (cf. [29] ci-dessus), a cöte de «c'est a savoir». (La construction se rencontre egalement au moins une fois dans une charte de 1261 de la RegPar: «S'est a savoir». Dans ce cas il s'agit de la confusion entre si et le pronom demonstratif neutre ce.) En outre, trois chartes contiennent la formule «tout si que» au lieu de «tout ce que» (Ruelle 95 [1266], 105 [1268, 3 fois], 111 [1269]). La collision homonymique concerne egalement la conjonction se: nous avons trouve un cas de ce au lieu de se dans une charte de Tournai datant de 1311, cf. (38): (38) «Et ce ( = conjonction se) Lotars de Bari ne paioit ... , rendre ... doit Lotars ... » (Doutrepont XVIII). Nous pensons que la «confusion» entre si et ce se rencontre egalement dans Clari, texte litteraire du Nord. Plusieurs paragraphes de ce texte commencent par «Apres si» (VII, XV, XXVI, XXVIII, XL, LVI, LVIII, LXXXI). Cette construction peut representer «Apres ce». La confusion de si et de ce suivant «apres» s'est peut-etre repandue a d'autres cas: «Adont si» (VI, XX, CIII, CXVIII) et «Puis si» (CXII) dans le meme texte. Si notre explication est correcte, cet emploi ne pose pas de problemes pour nos definitions dans (1), etant donne qu'il ne s'agit pas 1a de notre si thematique. Si notre explication n'est pas correcte, il faudrait ecarter les exemples en affirmant que la division en paragraphes a ete mal etablie par l'editeur moderne, ce qui serait faux. Nous avons consulte le seul manuscrit de ce texte (ms. 487, Gammel kgl. Samling, de la Bibliotheque Royale de Copenhague), qui date de la fin du 13 eme siede, pour constater que les subdivisions en paragraphes de l'edition moderne sont identiques a celles du manuscrit. Tous les debuts de paragraphes signales ci-dessus sont en effet des debuts de paragraphes dans le manuscrit. Si si se confond avec CE dans Clari et dans les chartes de Tournai et peut-etre de Paris, on ne retrouve pourtant pas la meme confusion dans le dernier texte que nous avons examine dans le Nord: Aucassin. 3.2. Differences chronologiques Les textes du Centre et du Nord permettent quelques comparaisons d'un point de vue diachronique. Les textes du Centre ont tres peu desi au 13 eme siede et au 14 eme siede, comme il ressort du tableau 2; les chiffres suggerent un etat stable du si. Dans le Nord et dans le Sud il faut distinguer les niveaux stylistiques dont il sera question plus tard, dans la section 3.3, avant de proceder a une comparaison Ancien et moyen fran1;ais: si «thematique» 117 chronologique des textes. Nous comparerons, par consequent, prose et prose, chartes et chartes, region par region. D'une far;:on generale, nos donnees ne permettent pas de condure que le «system of referential tracking (a l'aide de si thematique, PvR, LS) begins to break down in the 13th century» (FLEISCHMAN 1991: 276). A l'interieur de la periode examinee, les differences trouvees, quoique considerables, ne se laissent pas ou guere interpreter en termes de chronologie. 3.2.1. Frequence de si par rapport au nombre total des mots. Si nous presumons que la prose de Aucassin represente une phase anterieure a celle de Clari, il faut constater que la frequence de si augmente legerement dans le courant du 13 eme siede, cf. le tableau 2. Mais d'un point de vue statistique l'ecart n'est pas significatif. Dans les chartes de Tournai l'emploi de si diminue legerement, de 8,39% au 13 eme siede a 5,01% au 14 eme siede (cf. tableau 2, derniere col.). Si le test X 2 est applique, le changement se revele significatif a un seuil de p < 0,001 (X 2 = 21,8). Entre Floovant et Turpin la frequence de si monte. Dans Sully, la frequence de si est assez elevee, mais l'evaluation en est peu süre, cf. la section 3.1. 3.2.2. Frequence de si plus sujet explicite, MS/ AS, versus si plus sujet sousentendu, MS/ AS La frequence de si + sujet explicite (MS/ AS cf. l'Introduction pour la resolution des abreviations) versus si + sujet sous-entendu (MS/ AS) augmente de Aucpr a Clari, ce a quoi il faut s'attendre: l'emploi d'un sujet explicite est conforme a l'evolution generale du langage. Par contre, dans Tournai, cette evolution ne se manifeste pas. Dans les chartes de Tournai la frequence de si + MS explicite reste stable: si l'on considere l'ensemble de si + sujet explicite, MS et AS, le pourcentage ne change guere: 84% et 85%, cf. Tableau 3. Selon l'analyse de FLEISCHMAN (1991: 261), qui se base sur les donnees de MARCHELLO-NIZIA (1985: 165), il y aurait une augmentation de si suivi d'un sujet explicite (MS/ AS) du 13 eme au 14 em e siede. Ceci n'est verifie que dans le cas de Turpin et de Floovant (la difference entre Aucpr et Clari n'etant pas significative). 3.2.3. Correlation de si MS versus si AS (sujets explicites et sous-entendus) Dans les textes litteraires nous constatons une diminution de la correlation si-MS (sujets explicites et sous-entendus) de Aucassin a Clari (prose), et de Turpin a Floovant (poesie). Par contre, cette tendance ne se manifeste pas dans les chartes de Tournai, dans lesquelles il y a une legere progression de si plus MS. Les tendances chronologiques sont donc contraires, cf. Tableau 4. 118 Pieter van Reenen/ Lene SchlZ)sler Tableau 3. Les donnees proviennent de l'Appendice, col. 7, 8 et 10 (sujets explicites) et col. 1, 2, 3, 9 (sujet s i mplicites). N ord 13e Aucpo 13e Aucpr fin 13e C lari 13e Tournai13 14e Tournai14 Cent re de but 14e L oys 13e Re gPar13 14e Par14 Sud 13e Turpi n 13e Sully 14e Floovant Anglo-normand 13e "Best 13e AN13 14e AN14 sujet s (MS+AS) sous-entendus explici tes 0 0% 19 100% 10 6% 147 94% 34 26% 99 74% 119 84% 23 16% 103 85% 18 15% 6 50% 6 50% 0 2 26 54% 22 6% 0 0% 21 100% 43 29% 107 71% 4 9% 40 91% 13 15% 76 85% 5 2 0 0 Tableau 4. Les donnees proviennent de l'Appendice, col. 1, 2, 3, 7 (MS) versus col. 8, 9 (AS). sujet s (explici tes et sous-entendus) MS AS N ord 13e Aucpoesie 19 100% 0 0% 13e Aucprose 143 92% 12 8% fin 13e C lari 107 80%26 20% 13e Tournai 13 47 33% 95 67% 14e Tournai14 54 45% 67 55% Centre de but 14e L oys 10 83% 2 17% 13e Re gPar13 2 0 14e Par14 38 90% 4 10% Sud 13e Turpi n 21 100% 0 0% 13e Sully 105 72% 41 28% 14e Floovant 40 91% 4 9% Anglo-normand 13e Best 73 86% 12 14% 13e AN13 2 4 14e AN14 0 0 Ancien et moyen fran�ais: si «thematique» 119 Tableau 5. Les donnees proviennent de l'Appendice, col. 8 versus 9. sujets AS explicites sous-entendus N ord 13e Aucpoesie 0 0 13e Aucprose 6 50% 6 50% fin 13e Clari 24 92% 2 8% 13e Tournai13 93 98% 2 2% 14e Tournai14 66 99% 1 1% Centre debut 14e Loys 2 0 13e RegPar13 0 0 14e Par14 4 0 Sud 13e Turpin 0 0 13e Sully 37 90% 4 10% 14e Floovant 4 0 Anglo-normand 13e Best 6 50% 6 50% 13e AN13 4 0 14e AN14 0 0 Tableau 6. Les donnees proviennent de l'Appendice, eo! . 7 versus 1, 2, 3. sujets AS explicites sous-entendus N ord 13e Aucpoesie 0 0% 19 100% 13e Aucprose 2 1% 141 99% fin 13e Clari 10 9% 97 91% 13e Tournai13 26 52% 21 48% 14e Tournai14 37 69% 17 31% Centre debut 14e Loys 4 40% 6 60% 13e RegPar13 0 2 14e Par14 16 42% 22 58% Sud 13e Turpin 0 0% 21 100% 13e Sully 2 2% 103 98% 14e Floovant 0 0% 40 100% Anglo-normand 13e Best 0 0% 73 100% 13e AN13 0 2 14e AN14 0 0 120 Pieter van Reenen/ Lene Sch0sler 3.2.4. Distribution si plus AS explicite versus si plus AS sous-entendu Insistons d'abord sur le fait que ce type de construction (si suivi de AS) est en desaccord avec les definitions de (1). Le tableau 5 montre que ce n'est que dans Auepr que le nombre de AS sous-entendus est considerable. Par ailleurs, d'un point de vue chronologique, la seule conclusion qui s'impose, c'est que la frequence de ce type de sujets explicites progresse de Auepr a Clari et de Turpin a Floovant, cf. Tableau 5. 3.2.5. Distribution de si plus MS explicite versus MS sous-entendu Il faut constater une progression de si plus MS explicite par rapport a si plus MS sous-entendu, aussi bien dans la prose que dans les chartes, ce qui, encore une fois, reflete la progression generale des sujets explicites dans l'ancienne langue. Le Sud seul constitue une exception. Ce resultat confirme ceux trouves par MARCHELLO- NrzrA (1985: 165) et FLEISCHMAN (1991: 261), cf. Tableau 6. 3.3. Differenees stylistiques Nous distinguons la prose, la poesie et le style juridique. Il est indispensable de prendre en consideration la distribution dialectale (surtout Nord/ Centre) des textes, tandis que la chronologie semble jouer un röle moins important 13 • 3.3.1. La frequence de si par rapport au nombre total de mots Comme il ressort du tableau 2, si est generalement plus frequent dans les textes litteraires en prose que dans les chartes et la poesie. Considerons chacun des trois styles pour en degager les traits caracteristiques en ce qui concerne l'emploi de si. Langue litteraire, prose: Dans le Nord, la prose de Clari et de Aue a les frequences les plus elevees de notre corpus. Dans le Centre, il y a une tres faible difference de frequence entre les genres etudies, ce qui est peut-etre du au style juridique manifeste de Loys, qui, par la, ne se distingue guere des chartes. Langue litteraire, poesie: Aue nous permet d'evaluer la difference entre prose et poesie. Nous constatons que la frequence de si est plus elevee dans la prose. Si l'on compare la poesie et le style juridique des chartes, ce qui est possible pour l'anglonormand, on trouve une difference de distribution tres prononcee: les chartes ont 13 Nous n'avons pas decouvert de differences systematiques dans l'emploi de si en prose et en poesie. L'inversion de Ja PM et d'une partie de Ja PR, comme dans (39) (campte dans l'Appendice, eo! . 8), est unique dans notre corpus, mais nous ne saurions affirmer qu'il s'agit Ja d'un effet de style. (39) Si dit l'en, {quant ele est cuillie} {Qu'ele se pleint e brait e crie} (Best 3309) On s'attendrait a trouver: {«quantele est cuillie (PR)}, si dit l'en qu'ele (PM) ... » Ancien et moyen franc;ais: si «thematique» 121 encore moins de si que la poesie. Par contre, dans Turpin et Floovant, nous observons la tendance inverse: le texte versifie, Floovant, depasse largement Turpin en ce qui concerne la frequence de si. Si les resultats precedents sont representatifs, il faut conclure qu'il y a la hierarchie suivante: si est plus frequent dans la prose et dans la poesie que dans les chartes. Dans les etudes sur si, la frequence de si n'est que rarement discutee. CoRBETT (apud FLEISCHMAN 1991: 267) affirme que si ne se rencontre pas beaucoup dans les chartes, une observation qui est partiellement en accord avec ! es donnees presentees dans le tableau 2 a condition, pourtant, de tenir campte de Ja variation dialectale. De meme, MARCHELL0-NrzIA (1985: 237), observe que si est moins frequent dans la poesie et dans les chartes que dans la prose litteraire. Nous venons de voir que ceci n'est pas toujours correct. 3.3.2. Sujets explicites MS et AS vs. sujets sous-entendus, MS et AS Les chartes se caracterisent par un pourcentage tres eleve de sujets (MS/ AS), ce qui cadre parfaitement avec le caractere explicite du style juridique qui evite les imprecisions. On constate encore une fois que Loys se conforme au style juridique. Le style litteraire et surtout la poesie se caracterise par son nombre eleve de sujets sous-entendus, cf. Tableau 3 ci-dessus. 3.3.3. La correlation si MS vs. si AS (sujets explicites et sous-entendus) Il y a une forte correlation positive entre si et MS (explicite ou non) dans les textes litteraires, prose (surtout Turpin) et poesie (en particulier dans Aucassin), alors que cette correlation ne se retrouve pas dans les chartes, notamment dans celles de Tournai ou abonde la construction si plus AS, cf. section 3.2.3. Selon FLEISCHMAN (1991), la correlation si plus MS domine dans taute la periode de l'ancien et du moyen franfais. Notre etude ne confirme pas cette observation, car elle suggere une distinction des genres et des dialectes: en effet, ce sont les seuls textes litteraires qui confirment l'analyse de FLEISCHMAN, cf. Tableau 4 ci-dessus. 3.3.4. Distribution si plus AS explicite vs. si plus AS sous-entendu Le nombre de cas de AS sous-entendus est considerable dans Aucpr et dans Best, alors que l'expression explicite d'un AS est simplement de regle dans les chartes (et dans Clari et Loys). N'oublions pas qu'il s'agit de constructions allant al'encontre des definitions de (1), cf. Tableau 5 ci-dessus. 3.3.5. Distribution si plus MS explicite vs. MS sous-entendu Le nombre de cas de si plus MS sous-entendus est tres eleve dans la poesie, ainsi que dans la prose, mis apart Loys. Ce resultat confirme encore une fois la nature 122 Pieter van Reenen/ Lene Sch1Z1sler explicite de 1a langue juridique de Loys et surtout des chartes, ou la construction si plus MS sous-entendus est rare, cf. Tableau 6. 3.3.6. Les chartes et l'usage moderne Dans ce qui precede nous avons pu constater que les chartes representent un usage plus moderne que les textes litteraires en ce sens que le si y est deja plus rare et que les sujets explicites (AS ou MS) y sont plus frequents. 3.4. Conclusion a l'analyse variationelle Les resultats de l'analyse presentee dans la section 3 concernant les constructions contenant si thematique montrent qu'il faut tenir campte de la distribution spatiale, temporelle et stylistique des donnees. En effet, seuls les textes litteraires se laissent correctement decrire par nos hypotheses exprimees dans (1), surtoutAucpo (Nord) et Turpin (Sud-Est) 14• Notre etude nous permet ainsi de conclure a l'existence d'une fayon de signaler la structure thematique fixe toute particuliere a la langue litteraire. Dans les chartes, par contre, on constate l'existence d'un usage plus proche de l'usage moderne, et qui consiste a signaler la structure thematique fixe par les deux premieres fayons mentionnees dans l'Introduction: la repetition, variee ou non, du Theme et la reference anaphorique des pronoms. Ces deux fayons de proceder permettent d'eviter toute ambigui"te et d'insister sur la clarte referentielle du Theme. II s'agit ainsi, dans le domaine de la structure thematique, de deux normes distinctes dans les deux types de textes. Voici d'autres conclusions importantes illustrant la necessite de distinguer styles et dialectes: le pourcentage de sujets explicites a tendance a augmenter, surtout dans les chartes; les chartes ont plus de sujets explicites que les autres genres; les dialectes du Nord favorisent l'emploi de si thematique. Les differences chronologiques et dialectales sont, malgre l'ampleur de notre documentation, encore trop peu fiables. Par contre, les differences d'ordre stylistique d'une part: style juridique (chartes), d'autre part: style litteraire (prose et poesie) semblent indubitablement pertinentes pour la description de notre si thematique. 14 Quoique ! es constructions dans Turpin soient tres regulieres et toujours en accord avec nos definitions dans (1), ce texte se distingue par la frequence des PR subordonnees (en quant), qui depasse celle des principales (cf. aussi FLEISCHMAN 1991). Ancien et moyen fran9ais: si «thematique» 123 4. Conclusions A en juger d'apres nos resultats, il nous semble plausible de presumer que la structure thematique exprimee dans (1) a bien existe, du moins dans un certain type de textes, a un certain moment de l'histoire, et dans quelques dialectes precis. Cette structure s'est fait concurrencer par d'autres, et elle a fini par se voir eliminee, vers la fin de la periode du moyen frarn; : ais.Dans son etude des differents si, CH. MARCHELLO-NIZIA (1985) estime en effet que la disparition des emplois de si, en dehors des formules plus ou moins figees, a eu lieu aux alentours de l'an 1400. Nos donnees ne permettent pas la verification de cette datation. Notre etude de si thematique, basee sur le depouillement de huit 15 (fragments de) textes litteraires et six collections de chartes nous a ainsi permis de conclure a l'existence de la structure thematique definie dans (1). Si la particule si thematique, suivie de V SO, a eu la fonction incontestable de signaler la structure thematique fixe, cette description n'est pas valable au meme degre pour tous les textes examines. Dans la section 3, nous avons pu etablir des differences parfois considerables, correspondant a la distribution stylistique et, peut-etre, a la distribution dialectale et chronologique des textes examines. Nous avons vu confirmee notre hypothese de depart formulee sous forme de definitions dans (1) dans la plupart des textes litteraires, surtout dans Aucpo et Turpin, mais aussi dans Aucpro, Best et Floov. Nous les avons vues infirmees dans Loys, Clari, Sully et surtout dans les chartes de Tournai qui semblent representer un usage plus moderne. Il se peut mais nous ne saurions confirmer cela qu'il y ait eu des epoques et des regions dans lesquelles les definitions contenues dans (1) ont fonctionne sans exceptions. Nous concluons notre etude du si thematique sur quelques reflexions d'ordre plus general. Comme il ne s'agit pas d'une structure d'abord absente qui va s'installer solidement et definitivement dans la langue, la question est de savoir quand, ou, et dans quelle mesure, notre structure thematique fixe avec si thematique a eu l'occasion de s'installer dans la langue. L'hypothese exprimee dans (1) cidessus nous a permis de detecter les frequences d'emploi dans une serie de textes datant du 13 em e et du 14 emc siede (datation d'apres les manuscrits). Dans quelle mesure notre etude confirme ou infirme-t-elle les conclusions d'autres specialistes? FLEISCHMAN (1991: 278) se resume en considerant «the Old French particle si as a discourse marker of subject/ topic continuity linking its rise and fall to the grammaticalization of obligatory subject pronouns, erstwhile markers of switch reference, and to the gradual word-order shift from V/ 2 to SVX». Pourtant: «In the course of the 13th century si ... no longer does the one thing it is supposed to do, which is to mark unambiguously subject/ topic continuity» (275). Elle date la disparition des 1s Aucassin compte pour deux textes: les parties en prose comptent pour un texte et les parties versifiees pour un autre. 124 Pieter van Reenen/ Lene Sch0sler emplois de si «during the 15th century» (1991: 277), alors que MARCHELLo-NrZIA (1985) la date deja aux alentours de l'an 1400. L'analyse exhaustive des textes de notre corpus nous a permis de constater qu'il faut tenir compte non seulement d'une certaine variation stylistique, mais surtout d'une variation dialectale considerable. Jusqu'a maintenant, cette variation dialectale a completement echappe a l'attention des specialistes. Quoique l' etendue de notre corpus soit de huit (fragments de) textes litteraires et de six collections de chartes contenant presque 1250 constructions Oll figure notre si thematique les donnees ne nous ont guere permis d'observer de differences diachroniques de l'ancienne langue. Il faut conclure que, pour la resolution de ce probleme, il conviendrait d'analyser un corpus de textes plus etendu que le nötre, couvrant egalement les 12 eme et 15 eme siecles; il conviendrait en outre d'augmenter le nombre de dialectes a etudier et le nombre de textes par genre. 11 n'est pas sans interet de se poser la question de savoir pourquoi si thematique a l'interieur de la structure thematique fixe ne s'est pas generalise comme la construction qui signale la continuation du meme sujet en franr; ais. En dehors des raisons mentionnees dans FLEISCHMAN (1991) 16 nous voyons plusieurs autres facteurs: - L'existence des verbes impersonnels comme il convient (cf. 2.2.1.) ne se prete pas a l'introduction de notre structure thematique fixe. - Des le plus ancien franyais, l'introduction de la structure a ete concurrencee par une autre tendance de l'ancienne langue, celle de l'extraposition du sujet et parfois des complements. Du reste, il est interessant de constater que cette structure appelee si didactique par MARCHELL0-N1z1A (1985) a egalement disparu, quoique, a en croire cet auteur, bien apres notre si thematique. - Ce qui n'a pas favorise la stabilite de notre structure thematique fixe est la collision homonymique avec ce demonstratif, se conjonction et se pronom reflechi: cf. aussi Corbett apud FLEISCHMAN (1991: 277 N 37) et FLEISCHMAN (1991: 262 N 15). - Une derniere raison concerne le rapport entre notre structure thematique fixe et la structure thematique fixe Oll fait defaut notre si (cf. l'Introduction point 3). Si nous considerons les frequences d'emploi dans les textes Oll notre structure thematique avec si obeit le mieux aux regles formulees dans (1) comme Turpin et Aucpo nous constatons que dans ces textes notre structure n'est certainement pas frequente (cf. tableau 2). Cela doit impliquer, croyons-nous, que tres souvent la continuation du sujet est indiquee par d'autres moyens que notre 16 FLEISCHMAN mentionne que la tendance de l'ancien fram;:ais a changer de langue a V2 a langue a SVX aurait elimine le besoin de si comme remplissage de la premiere place de la phrase. P. HIRSCHBUHLER nous a fait l'observation que le sujet pronominal devenu obligatoire pourrait tout aussi bien avoir rendu superflu le si. En effet, ! es deux tendances vont dans le meme sens, et l'on ne saurait affirmer laquelle des deux a ete la premiere. Ancien et moyen frarn;:ais: si «thematique» 125 structure thematique fixe, a savoir par les moyens indiques dans les points 1 a 3 dans l'lntroduction (cf. p.103 ci-dessus). D'autre part, dans les textes ou si thematique est frequent comme dans Clari, Aucpr et Sully -, Ie nombre d'exceptions aux regles exprimees dans (1) est eleve. Cela suggere au moins que l'introduction de la structure thematique fixe avec si comme construction signalant la continuation du sujet n'a jamais joue en realite qu'un r6le mineur dans l'histoire de la syntaxe du franc;:ais. Amsterdam/ Odense Pieter van Reenen/ Lene Sch�sler Appendice 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 AN13 1 0 1 1 1 0 0 4 0 1 12 AN14 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 9 Aucpo 19 0 0 1 0 0 0 0 0 0 3 12 21 12 23 Aucpr 119 12 10 9 1 2 2 6 6 2 27 196 Best 47 12 14 13 3 4 0 6 6 0 21 126 Clari 51 11 35 9 3 1 10 24 2 0 18 164 Floov 31 4 5 0 5 0 0 4 0 0 22 71 Loys 4 1 1 0 1 0 4 2 0 1 2 16 Par14 0 14 8 1 0 0 16 4 0 6 9 58 RegPar 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 2 4 Sully 58 17 28 7 18 0 2 37 4 4 28 203 Tour13 18 3 0 14 2 6 26 93 2 0 2 166 Tour14 11 6 0 15 1 17 37 66 1 0 4 158 Turpin 5 3 13 0 0 0 0 0 0 0 1 22 Total 365 84 116 70 38 30 97 245 21 14 160 1240 Les frequences de SI thematique. Les colonnes referent a: 1. PR simple, si V MS sous-entendu (section 2.1.1) 2. PR complexe, si V MS sous-entendu (section 2.1.2) 3. PR = phrase subordonnee, si V MS implicite (section 2.1.3) 4. Verbes impersonnels et sans sujet, sujet inanimes (section 2.2.1) 5. Extraposition du sujet ou du complement (section 2.2.2) 6. Sujets inclus (section 2.2.3) 7. SI V MS explicit (nominal ou indefiui) (section 2.3.1) 8. SI V AS explicit (nominal ou indefini) (section 2.3.2) 9. SI V AS sous-entendu (section 2.3.3) 10. SI V AS et MS, pronoms personnel et demonstratif 11. SI dans le discours direct 12. Totaux 126 Pieter van Reenen/ Lene Schosler Bibliographie 1. Textes examines de l'ancien et du moyen frarn;:ais AN13 (96 chartes): Cf. JONG, THERA DE (1988), «L'Anglo-normand du XIIIe siede, Sources primaires»,p. 109 ANl4 (50 chartes): Recueil de lettres anglo-franr;aises 1265-1399, p.p. F. J. TANQUEREY, Paris 1916 Aue: Aucassin et Nicolette, p.p. MARIO RoquEs, Paris 1916. Nous designons par Aucpo et Aucpr ! es parties en poesie et en prose,respectivement Best: Le Bestiaire, Das Thierbuch des normannischen Dichters Guillaume LeClerc, p.p. R. REINSCH, Wiesbaden 1892 Clari: La conquete de Constantinople de Robert de Clari, p.p. PHILIPPE LAUER, CFMA 1956: paragraphes I-XX Floovant: Floovant, Chanson de geste du Xlle siecle, p.p. SVEN ANDOLF, Uppsala 1941, vers 1-1054 lsopets: Recueil general des Isopets, tome troisieme, l'Esope de Iulien Macho, p.p. P. RuELLE, SATF,Paris 1982 Loys: Les miracles de saint Louis de Guillaume de St Pathus, par. 1-54, p.p. P. B. FAY, Paris 1932 Melusine: Le Roman de Melusine ou Histoire de Lusignan par Coudrette, p.p. ELEANOR RoACH, Paris 1982 Paris 14 (276 chartes): Chartes et documents de l'Abbaye de Saint-Magloire, p.p. A. TERROINE et L. FossrnR,t. II,Paris 1966 RegPar (104 chartes): cf. DEES et al. (1980), Region parisienne, p. 310 Sully: Sermons Maurice de Sully, ed. A. BouCHERIE, Le dialecte poitevin, Paris-Montpellier 1873, p. 1-84 Tournai 13 (57 chartes): Chartes en langue franr;aise anterieures a 1271 conservees dans la province de Hainaut, p.p. PIERRE RuELLE, CNRS, Paris 1984,no *1,1,11,22,23, 24,27,28,31,33, 34,39,42,50,54,55,59,60,65,66,67,68,69,71,75,76,77,78,79,80,81,83,84,85,90, 92,93,94,95,97, 101,103,104,105,106,107,108,111,112,113,114,117,118,122,124, 125,129 Tournai 14 (49 chartes): Les chartes de l'Abbaye de Saint-Martin de Tournai, p.p. A. D'HERBO- MEZ,vol. II,Bruxelles,1901,no 944,946,947,952,956,973,984,992. Trente et un chirographes tournaisiens (1282-1366), p.p. PrnRRE RuELLE,in: Bulletin de la Commission Royale d'Histoire 128 (1962) 1-67. Chartes tournaisiennes du XIVe siecle, p.p. CHARLES DOUTREPONT, ZFSL 1900,90-131,no I-XIX,XXII-XXV Turpin: The burgundian translation of the Pseudo-Turpin Chronicle, ed. R.. WALPOLE, RomPhil. 2 (1948-49),177-216; 3 (1949-50),83-116; 179-197 2. Ouvrages scientifiques consultes DEEs, ANTONIJ, avec Je concours de PrETER VAN REENEN & JoHAN DE VRIES (1980): Atlas des formes et des constructions des chartes franr;aises du 13e siecle, Tübingen DEES, ANTONIJ, avec le concours de MARCEL DEKKER, ÜNNO HUBER & KARIN VAN REENEN-STEIN (1987): Atlas des formes linguistiques des textes litteraires de l'ancien franr;ais, Tübingen FIRBAS, ]AN (1964): «On Defining the Theme in Functional Sentence Analysis», Travaux Linguistiques de Prague l,267-280 FLEISCHMAN, SuZANNE (1991), «Discourse Pragmatics and the Grammar of Old French: A functional Reinterpretation of si and the Personal Pronouns», RomPhil. 44,251-283 JoNG, THERA DE (1988): «L'Anglo-normand du XIIIe siede,Sources primaires»,in: VAN REE- NENNAN REENEN-STEIN (ed.), Distributions spatiales et temporelles, constellations des manuscrits, Amsterdam/ Philadelphia Ancien et moyen franfais: si «thematique» 127 MARCHELLO-NIZIA, CHRISTIANE (1985): Dire le vrai: L'adverbe «si» en franr;ais medieval, Geneve SCH0SLER, LENE (1984): La declinaison bicasuelle de l'ancienfranr;ais, Odense ScH0SLER, LENE (1988): L'identification du sujet en moyen franfais. in: Melanges d'etudes medievales offerts a Helge Nordahl, Oslo, p. 159-169 L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Fram; ais (DMF) Depuis le colloque sur le moyen frans;:ais a Milan en 1988, le fait le plus marquant pour le DMF a ete Ja mise en place, a l'INaLF, d'une Equipe de Redacteurs. Le TLF etant termine (deux volumes restent a publier, mais ils sont prets), six redacteurs a plein temps et quatre autres a temps partiel peuvent consacrer desormais leur activite au DMF. C'est dire que les travaux sont entres dans la phase active. Apres la periode de preparation, la redaction proprement dite devrait pouvoir commencer fin 1992 ou debut 1993. Certains des «Lexiques prealables» (V e Colloque, Milan, 1985, Actes I, 131-139) sont en banne voie. Ainsi les premieres lettres de l'alphabet sont redigees pour les Lexiques de Guillaume de Machaut (N. Musso), de Froissart (J. Picoche), de Christine de Pizan (J. Blanchard, M. Quereuil), d'Alain Chartier (F. Rouy), d'Antoine de la Sale (P. Demarolle), d'Andrieu de la Vigne (A. Delbey-Bertin), de Juvenal des Ursins (B. Combettes), des Cent nouvelles nouvelles (R. Dubuis), du Theätre profane (E. Martin), des Chroniques de la guerre de Cent ans (D. Lalande). Pour les autres lexiques, sans qu'ils soient encore entres dans la phase de redaction, la selection des exemples est en grande partie realisee. La seconde version de notre Glossaire des glossaires (Actes du Vl e Colloque, I, 17-18) n'est pas encore disponible. Cela peut se comprendre: de 64 textes (qui composaient la 1 ere ed., 1985), nous sommes passes a 190 (et non pas une centaine comme il etait envisage). C'est un travail considerable, mais qui representera un apport decisif pour le DMF 1 . Pour pallier une trop grande redondance d'un lexique a l'autre, des canevas d'articles sont prepares pour les mots les plus frequents. C'est a cette preoccupation que repond l'article TENIR reproduit ci-dessous. II a ete redige a partir de la Base textuelle du DMF (actuellement environ 6 millions d'occurrences pour une trentaine de textes 2 ) et a partir de la 1 ere ed. du Glossaire des glossaires; c'est dire qu'il se fonde sur une documentation encore parcellaire. Toutes les critiques et suggestions seraient accueillies avec reconnaissance. 1 Un grand nombre de Medievistes contribuent a ce travail en se chargeant de la lemmatisation. Une mention toute particuliere doit etre faite de Ja contribution de Y. ÜTAKA (Univ. d'Osaka), qui porte sur une cinquantaine de glossaires! 2 Desormais accessibles sur Micro-ordinateur compatible, gräce a un programme ecrit en langage C. 130 Robert Martin TENIR, verbe trans., intrans. et pronom. / . - Empl. trans. (directs ou en double construction) A. - «Avoir quelque chose avec soi, le garder (a la main, dans ! es bras . ..) pour l'empecher de tomber, de s'echapper . .. » 1. Qqn tient qqc.: L'autre ressembloit une fee, Tant estoit bele et bien paree, (...) En la pomme qu'elle tenoit, Qui bien et bel li avenoit, Avoit, je ne say qui, l'escript, Car tout entour estoit escript: «Donnee soit a la plus belle ! » (MACH., F.am., 200). Bremons une hache tenoit, Dont grans et rutes cos donnoit. (MACH., P.Alex., 73). ... chascuns tenoit une hache Dont on tuast bien une vache. (MACH., P. Alex., 196).Evous ces chevaliers et escuiers de France venir en escriant leurs cris, et tenoit chascun sa lance. (FRorss., Chr. M., 95). Atant estes vous venu le Soudant, atout grant raute de Sarrasins, arme, sur un grant destrier, et tint ung dart envenime. (ARRAS, 105). ... la royne Presine, qui estoit en estant sur la colompne, au piez du roy, et estoit figure d'albastre, et du tablel qu'elle tenoit et qu'il avoit dedens escript (ARRAS, 270). Et tenoient grans lons leviers et gros de ebene, que il avoient pris chies un archier qui demoroit en celle rue. (FRorss., Chr. D., 118). Et lors fist appeller et venir lesdis assistens jurer en ses mains et es mains dudit Chancelier, qui tenoit ung messel (FAUQ., II, 74). ... de sa bannerolle qu'il tenoit fist un tresgrant signe de la croiz (LA SALE, J.S., 124). Et quant Saintre entend du roy son ordonnance et le gracieux parler de messire Enguerrant, se fist baillier son bracelet, que un de ses gens tenoit (LA SALE, J.S., 130). - Tenir qqc. en sa main, a la main: ... l'ardant sierge en sa main tint (MACH., J. R. Nav., 250). Deux grans amiraus qui tenoient Chascuns une hache en sa main. (MACH., P. Alex., 195). Griseldis tenant un balay en sa main (Gris., 91). ... et la perche tint Droicte en sa main, et bien retint (CHR. Piz., M. F.IV, 58). Tenes vostre lance a la main. (Pass. Auv., 230). . [P. meton.] La main tient qqc.: ... la main senestre qui la haiche tenoit (LA SALE, J. s., 127). - Tenir qqc. au poing, en sa paume, en son bras ..., en son sac ...: Sire, acheterez vous ce cuir de cerf que je tiens en mon sac? On en fera bonnes cottes chasseresses pour voz veneurs. (ARRAS, 33). ... Regnault de Lusignen, (...) qui tenoit un gros baston ou poing, et ordonnoit ses gens moult a droit. (ARRAS, 174). Un anel tenoit en sa paume, Qui vertu ot d'enchantement Tout deffaire en un seul moment. (CHR. Piz., M.F. III, 43). ... le deslyer du bracelet que en son bras senestre il tient. (LA SALE, J.S., 108). - Tenir qqc. + adv. de maniere: Ne laisse rien, porte ces tasses, Veille tost ces voirres saisir. Tiens les bien, car si tu les casses, A l'oste feras desplaisir. (LA VIGNE, S.M., 206). - Tenir un ecrit. «L'avoir en mains propres»: ... ainsi me prins a occuper en L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Frarn; ais 131 faisant chansons et balades dorrt puis, icelles achevees, je les donnoye es mains d'Abuz affin que de par luy feussent aux dames presentees. Lequel (. . .) me venoit apres celluy dire que celle a qui il les avoit de par moy presentees les avoit joyeusement leues et apres les avoit mises en son sain et que ma dame la Court les avoit veues et tenues et que d'icelles prisoit fort l'ouvrage. (Abuze D., c. 1450- 1470, 50). - Tenir le gouvernail: ... chil qui tenoient Ie gouvrenal de sa nef (FRmss., Chr. D., 887). - Tenir pied* ou aile. - [En parlant d'un animal] L'aigle, qui l'entraille a tenue, En l'ost des Grieux l'a devoree (CHR. Piz., M. F. III, 156). 2. Qqn tient un animal - Tenir un oiseau de proie (sur le poing): Car je me pris a avancier Dou gent esprivier mettre a plain. Et quarrt je le parvi de plain Et seur mon poing le pos tenir, Je congnus a son maintenir, Au plumage et a sa fai;;on, Qu'il seroit de bonne duii;;on, Car tout tres bien li avenoit. (MACH., D. Aler., 275). Comment on les [les oiseaux] devoit tenir, Porter, garder et maintenir, Et norriture admenistrer, Duire, mettre a point et moustrer Chascun endroit lui son mestier, Selonc ce qu'on en a mestier (MACH., D. Aler., 293). Car de leurs dons rien ne retint, Fors un gerfaut que souvent tint Seur son poing; car trop bien valoit (MACH., P. Alex., 46). - Tenir un animal en laisse: La trouvames un compagnon, En laisse tenoit trois levriers. (FROISS., Par. am., 62). L'ung tient un prisonnier par la main; l'autre tient un cheval en leisse (BuEIL, I, 145). 3. Qqn tient qqn (par la main, dans les bras.. .): Quant Guyon ot ceste nouvelle, si a dit a la pucelle que il tenoit par la main (ARRAS, 127). Et celle qui moult bien fu enseignie, tenoit ses deux enfans par les mains (ARRAS, 208). Le coup l'escu en .II. bouta, Et la cuisse en parfont tranchiee Lui a; on le tient qu'ilne chiee. (CHR. Piz., M. F. III, 105). Si les pourrons tenir au collet avant qu'ilz nous apperchoyvent; car ilz ne nous pourront veoir pour la grosseur de la tour (BuEIL, I, 79). L'ung tient un prisonnier par la main (BuEIL, I, 145). Sur mon giron le veulx tenir Entre mes bras pour le baiser. (Pass. Auv., 247). - [En vue d'un sacrement] Cel enffant fut trouve en la tour et fut apporte au roy Charlemainne, qui en ot grant joye et volt qu'il fut baptisiez ; et il le fu et le tindrent sur les fons Rolant et Olivier et ot nom cel enfant Olivier (FRmss., Chr. M., 11). Item se l'enfant de ta femme qu'elle a engendre d'aultre espeux, aucune femme a leve de fons ou aura tenu au sacrement de confirmation devant l'evesque, celle femme est la commere de ta femme et non la tienne. (Sacr. mar., 58). Car ung de franche volunte Luy supplia en toute humilite Que par luy eust, si luy plaisoit, baptesme, Laquelle chose il obtint ce jour mesme ; Car par la main le roy tantost le print Et sur les fons humaynement le tint (LA VIGNE, V. N., 243). 132 Robert Martin - [P. metaph.] Si estoit l'autre en la pensee, Qui la tenoit entrelacee. (CHART., L. Dames, 240). B.- P. anal.[Idee de possession, de domination] l. Qqn tient qqc. a) «Posseder, detenir quelque chose»: Gent rapineux tenant aver (CHR. Prz., M. F. II, 7). . . . et on vous demande ce que ne tenez ne possides, ne n'aurez jour de vostre vie, comme il est a croirre et presumer. (Juv. URS., Loquar, 400). - [Le compl. designe un discours] Tenir d'(un discours). «L'enregistrer, l'ecouter»: Que vous vauldroit a tenir de ce long prologue? (ARRAS, 123). - Tenir (une somme d'argent) (de qqc.).«Obtenir (cette somme) (en echange de quelque chose)»: Et adonc la print un levrier, Bien affaittie pour le mestier. La fu li queins de Tanquarville, Qui ne voulsist pas tenir mille Petis florins de celi vol, Car il fut fait tout a son vol. (LA BurGNE, Rom. desduis B., 1377, 442). - Tenir le de.«Etre le premier» (ed.) [comme est le premier a jouer celui qui a le de en main]: Et les monnieurs le d[e] tenront. (MoLINET, Faictz Dictz D., 1467-1506, 541). b) Tenir une terre, un territoire, un heritage ... «En etre matre, en etre seigneur»: . . . il estoit bien dignes de tenir un grant pays. (ARRAS, 67). Et sachiez qu'il tient mault belle terre et mault noble. (ARRAS, 276). Et couroit secree renonmee que li rois, par ses mesusances et folies, n'estoit point dignes de tenir terre (FRorss., Chr. D., 55). . . . li chastiaus de Struvelin et pluisseur aultre estoient repris, et les Englois, qui les tenoient, baute hors. (FR01ss., Chr. D., 562). - Tenir qqc. de qqn: Et dist bien Jehans de Qopelant que il ne le renderoit a nul honme dou monde, fors au roi qui estoit son signeur, et de qui il tenoit son hiretage. (FRorss., Chr. D., 782). . . . vous estes empereur en vostre royaume, lequel tenes de Dieu et de l'espee et non d'aultre. (Juv. URs., Exort., 413). - Tenir (une place, au terme d'un combat): ... faisant mencion du traictie fait de par ses commis avec ceulz qui tenoient la forteresse (FAUQ., II, 91). Le chasteau se tenoit Et, au point du jour, par la dilligence que fit ung cappitaine anglois nomme Matago, qui tenoit Chasteau-l'Hermitage (TRING., 275). - Tenir les champs (les champs autour d'une cite, autour du lieu ou une armee est etablie, le champ de bataille). «Les occuper, en etre maitre, p. ext., etre maitre de territoires»: . . . les Anglois tenoient les champs (FRorss., Chr. M., 118). . . . ilz s'en partent et vont tenir les champs pour piller et rober (Juv. URS., Loquar, 405). . . . ilz n'en laissent sieges a mectre, ne champs a tenir (CHART., Q. inv., 16). . . . il tiendroitles champs tellement que nul n'entreroit en la ville (BuEIL, II, 131). Guerre eut contre Ysobeth mortelle Que contre luy tenoit ! es champs (MART. D'AUV., Mat. Vierge L. H., C. 1477-1483, 30). - Tenir (une voie).«S'y installer militairement pour en controler l'acces»: ... et L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Frangais 133 prindrent les champs, sans tenir voye ne chemin, car bien cognissoient le pays (FR01ss., Chr. M., 197). . .. ilz lui avoient mande qu'il envoyast dix hommes legiers de harnoys pour garder et tenir les chemins, adfin que nul ne peust aller en la ville sans estre rencontre (BuEIL, I, 86). - [P. metaph.: ] Car bien souvent le con tenir Art le corps et la bource mine. (REGN., F. A., 205). 2. Qqn tient qqn a) «S'emparer de quelqu'un, le maitriser»: Et s'il avient que son anemi teingne A son dessous, Nature li enseingne Et ses bons cuers que pite li en prengne. (MACH., J. R. Beh., 106). . . . le deable le tient Et l'a si bien mys en ses las (LA VIGNE, s. M., 293). - [En parlant de la mort] La Mort me tientja en ses las (LA V1GNE, S. M., 558) . .. . je voy que Mort en ses las Tient mon seigneur et mon bon maistre (LA V1GNE, S.M., 568). - [En parlant d'un animal qui en tient un autre] «Le retient, le mairise, en fait sa proie»: Maiz le lievre besse l'oreille Quant voit les deux levriers venir Pour le prendre et pour le tenir (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 399). - [En parlant du chien] Tenir une lisse. «S'accoupler avec la lisse»: Aussi avient il aucune foiz mal aux chienz en la bourse des coullons et aucune foiz par fere trop longues chasses et journees et par desrompement ou aucune foiz qu'ilz sont marfunduz come un cheval ou aucune foiz, quant il y a lisses chaudes et ilz ne les peuent tenir a leur ayse, celle valente et humour leur descent aux coullons, ou aucune foiz par coup qu'ilz prenent sus les coullons en chassant ou autrement. (GAST. PHEBUS, Livre chasse T., 1387-1389, 124). b) «Dominer»: ... n'avoient point les cappitaines de peine a tenir leurs gens. (BUEIL, 1, 179). c) «Avoir aupres de soi; garder aupres de soi (p. oppos. a mettre hors 'chasser')»: S'il est tel qu'il la mecte hors, ce sera honte et tel le savra qui n'en savroit riens, et ne se pourra plus marier, et sachez qu'elle ne s'espargnera pas; et s'il la tient, elle ne le amerajames, ne lui elle (Quinzejoies mar. R., c. 1390-1410, 89). Mieulx vault seul estre Ou peu de gens tenir dedans son estre Que compaignie te face descongnoistre Perilleux pas qu'a passer doibs congnoistre. (MESCHIN., Lunet. princes M., c. 1461-1465, 86). Laisses m'entrer! Ne me tenesplus! Carje veulx apres luy corir. (Pass. Auv., 263). d) Tenir (une femme). «L'entretenir, avoir avec elle des relations charnelles»: L'ome est mault ahonte de sa ferne qui est vulgaument affollee, car a l'aventure quelque gallant la tient a sa meson davant lui honteusement, et me semble que c'est ung des grans tourmens que home peut avoir. (Quinzejoies mar. R., c. 1390-1410, 81). . . . un filz cognut charnelment unejoenne femme que son pere tenoit afin que elle laissast le pere. (ÜRESME, E. A. C., 300). Le roy amoit la damoiselle; Avecques d'autres la tenoit Car ainsi plusieurs maintenoit. (CHR. Piz., M. F. II, 232). 134 Robert Martin e) «Retenir, occuper»: Se tous les pas racontoie Ou nez furent, trop vous tendroye. (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 200). Si concluray tout maintenant, Que trop ne vous voise tenant. (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 324). . Ne pas savoir par oit tenir qqn. «Ne pas avoir prise sur lui, ne pas savoir comment le traiter»: Pour venir a l'entention De vaillance acquerrir le non, Des deduis te gouverneras Selon l'estat que tu auras. Par moy le te mande raison, Que j'ay lessie en sa maison, Qui n'est voulue a toy venir, Car ne te scet par ou tenir Pour jovenece et pour delit, Qui te demainent jour et nuit. (LA BUIGNE, Rom.deduis B., 1377, 116). f) Tenir qqn (de faire qqc.). «Le retenir (de faire cette chose)»: Je me tray pres de la fontaine, On m'en tenist a trop grant paine (Echecs amour. K., c. 1370-1380, 110). Dessoubz la pope, ou j'estoye, Me lieve com femme enragiee, Hault m'en monte et en mer plungiee Je me fusse, et ja n'y faillisse, Qui ne me tenistje y saillisse (CHR. PIZ., M.F. I, 49). 3. Qqc. tient qqn. «Le domine» - [Qqc. de concr.] Cils brandons les tient et destreint, Le euer leur art, le corps leur teint, Si que raison est oubliee Et mesure s'en est alee. (MACH., D.verg., 32). - Un mal, une maladie tient qqn: ... Orleans, frere du Roy nostre Sire, qui pour ce temps estoit tenu de grieve maladie, dont Diex par sa grace le vueille delivrer (BAYE, I, 24). ... survint au graphier un flux de ventre qui par V jours ensuivans l'a tenu avec une autre maladie du stomac qui par XIJ jours en grant necessite l'a tenu (BAYE, I, 178). ... le mal qui me va tenant (CHART., L. Dames, 259). 0 Luccifer, que mal faire Te puisse tenir sans cesser! (Pass. Auv., 226). - [Qqc.d'abstr.] Cent rimes ay mis dedens ceste rime, Qui bien les conte.Prises les ay en vostre biaute qui me Tient sans dormir dou soir jusques a prime. (MACH., F.am., 179). Sa maniere coie Si me tientet loie Que riens ne m'anoie Qu'Amours me face n'envoie. (MACH., Lays, 332). . «Importer a quelqu'un»: De bonnes paroles or Se veult tout bon euer esjor, Quar «dont me tauche si me tient» (Tombel Chartr. W., c. 1337-1339, 6). - [Qqc. que l'on a en soi ] De toutes pars me tient engoisse Qui mon euer destreint et engoisse. (MACH., C.ami, 7).Dame, pour Dieu ne metez en oubli Moy qui tant ay de dolour et de plour Que je n'ay mais nul reconfort en my De l'ardure qui me tient nuit et jour (MACH., L. dames, 136). - Rien ne tient qqn que ... ne ... «Rien ne l'empeche de ...»: Le temps entretant se passa, Et la journee s'aprocha, Si n'a riens les Deduis tenu Que tost ne soient revenu (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 277). L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Fran9ais C. - P. ext. «Faire rester (dans un certain lieu, une certaine position, une certaine attitude, un certain etat)» 135 1. [Le compl.d'obj.dir.designe ce qui est maintenu dans une certaine position, un certain etat] a) [Le compl. designe une partie du corps] - [Dans un certain lieu, une certaine position ... ] Li roys seoit sus son destrier, Et tenoit Je piet en l'estrier, Fort et ferme et seürement. (MACH., P. Alex., 94). Et ainsi vi je celle dame, En l'eaue tenoit son pie dextre Et en un grant feu le senestre (CHR. Prz., M.F.I, 75). Si alerent les pas menuz De leurs beaulx, blans, petis piez nuz, Et les yeulx vers terre ont tenuz. (CHART., L. Dames, 209). - [Dans un certain etat] Or veons comment ce seroit Qu'une dame ressambleroit L'esprivier qui l'oiselet prent Et vers le vespre le sourprent, Pour les piez tenir en chaleur, En signe d'aucune valeur. (MACH., D. Aler., 286). ... l'en ne peut tenir les yeulx ouvers longuement senz clignier. (ORESME, E.A.C., 409). Tenez voz mains et voz ongles nectes, et le surplus de vostre corps au mieulz que pourrez, car en tous les offices de servir seigneur a table, le vostre le requiert. (LA SALE, J.S., 67). Quant une femme couchie avec son mari, veult avoir plus tost un filz que une fille, elle doit tenir ses mains closes tandis que son mari fait l'euvre de nature, et pour vray elle aura un filz. (Ev. Quen. I, 110). - Loc. Tenir la main* (a faire qqc.lafin que ... ). «Faire effort (pour ... ), s'appliquer (a ... ) » : ... et que ycelle Court voulsist tenir la main a entretenir lesdictes ordonnances (FAUQ., I, 271). ... comment les rois et princes doivent tenir la main afin que justice soit faite et gardee en leurs royaumes et segnories (FAUQ., II, 342). ... en exhortant la Court afin que, (...) veulle tenir la main et labourer a l'entretenement dudit concil, et a ceste fin exhorter les princes a ce que ledit saint concil ne soit dissolu. (FAUQ., III, 34). ... maistre Guillaume Cotin et autres conseilliers du Roy ont este par devers le Chancelier afin qu'il veulle tenir la main au paiement des gaiges de la Court. (FAUQ., III, 35).Or soit ainsi que je vueil maintenant, Affin qu'il soit tousjours la main tenant A moy servir, devant luy me monstrer Comme a mon filz et parfaict lieutenant, Lequel sera, la bas, mon lieu tenant, Pour ma doctrine et ma loy demonstrer. (LA VrGNE, S.M., 208). - Tenir main* forte a qqn: ... il leur tiendroit main forte Doresnavant, envers leurs adversaires, Et mesmement contre ung tas de haulsaires Qui leur faisoient des maulx intolerables Pour les rendre povres serfz miserables. (LA VrGNE, V.N., 223). - Tenir pied* a boule. «Perseverer, tenir bon » : Les autres me disoyent: «Beau sire, Retirez vous hors de la foulle. » Je tenois tousjours pied a boulle, Mais ilz me tirerent a force. (F.arch.B., 53). Bien tindrentpiet a boulle Tenremonde et Alostz, Mais Liege, en ceste foulle, N'y acquist point grand lotz. (MoLINET, Faictz Dictz D., 1467-1506, 262). Vous fistes lors plus fort que sus la corde, Se Patience, ayant arc et boujon, Tint pied a boulle en vostre bel donjon (MoLINET, Faictz Dictz D., 1467-1506, 345). 136 Robert Martin b) [Le compl.designe une chose concr.ou abstr., ou bien qqn ou une collectivite ] b 1 ) [Avec un adj. ou un part. ou bien un subst. attribut de l'obj.] - [Le compl. designe une chose concr.] Mais tantost comme il y quiert entrer, que fait Obeissance? Elle fait la sourde oreille a la vois du Saint Esperit, ou elle est si endormie qu'elle n'ot goute, ou elle tient ses portes fermees par les serrures et verrous de divers pechiez, ou honteusement le renvoie. (GERS., Pent., 76). ... quant il doit porter la hote Ou faire aucun labour de bras, Ait ung surpeliz de bourras Qui sa robe honneste lui tiengne (DESCH., M.M., 139). ... tenir leurs harnoys clers et netz. (Juv. ÜRS., Verba, 247). ... tenirtoutes les portes de la ville closes (BUEIL, II, 53). - [Le compl. designe une chose abstr.] Si que le fils le ressongnoit Trop fort, et bien li besongnoit Qu'il tenist la chose secrete, Par voie honnourable et discrete. (MACH., P. Alex., 13). Ta despense ne soit tenue Si grande com ta revenue, Pour doute d'aucun accident, Car lors seroies indigent, Se ta despense estoit pareille A revenue (DESCH., M.M., 115). Mieulx vault restraindre son estat Un petit que cheoir tout plat En povrete, pour le tenirTrop grant (DESCH., M.M., 116). ... [les ordonnances ] avoient este publiees et par avant tenues closes et seelles (BAYE, II, 142). ... afin que le conseil de vostre seigneur et de tous autres qui se fieront en vous soit loialment garde et tenu secret (LA SALE, J.S., 77). - [Le compl.designe qqn ou une collectivite ou bien un animal ] ... elle me tient si vil Que pour li sui en peril De morir (MACH., Lays, 319). Si doit on l'ami tenir chier Qui son avoir fait desmarchier, Et qui l'apporte de son coffre A son ami, ainc;:ois qu'il l'offre, Quant il voit que mestier li est (DESCH., M.M., 5).Beaus amis, chiers tenus (DESCH., M.M., 254). Comment le messaige du roy Fedric de Behaigne vint querir secours au roy d'Ausaiz, son frere, contre les payens qui le tenoient assegie. (ARRAS, 171). Si fu comme fille nommee Et bien nourrie et bien amee De ma mere a joyeuse chiere, Qui m'ama tant et tint si chiere Que elle meismes m'alaicta, Aussitost qu'elle m'enfanta (CHR. Piz., M.F. I, 21). Et fu conclu de rescripre au regent et au Chancelier afin que les presidens, conseilliers et officiers de ceans en feussent tenuz quittes et paisibles, ainsi que ont este ou temps passe. (FAUQ., II, 292). Qui a faulcon, oisel ou chien Qui le suit, ame, craint et doubte, Il le tient chier et garde bien Et ne le chace ne deboute (CHART., B. Dame, 345). Venir fais ma femme et mon fieulx Par devers moy tenirostage (REGN., F.A., 139). Puis le jour que vous euz veue Du premier et apperceue, Ma voulente fut esmeue De vous tenir ma maistresse, Par la tresgrande noblesse Qui par moy fut recongneue Queen vostre corps estoit. (REGN., F.A., 43). Vous deves tenir vos gens serrez en toutes vos batailles tant que l'un ne passe l'autre fors ceulx qui y sont ordonnes. (BuEIL, I, 159).Les remeddes sont de faire grans escoutes, grans feux et groz guet et tenir voz gens prest, quant on est en paz doubteux. (BuEIL, II, 34). ... hastez vostre artillerie et tenez vostre armee preste sans riens despendre (BuEIL, II, 230). Et, pour ce, il Je print, ou il n'estoit que luy quatriesme, et Je tint prisonnier a Sable. (TRING., 283). L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Fran\;ais 137 b 2 ) [Avec un adv. ou une loc. adv.] Et tous les Crestiens le font si bien que Sarrasins eussent tourne le doz, ne feust le roy Selodus qui mault vaillaument les tient ensemble. (ARRAS, 185). Certes, beaus filz, vous avez tort, Qui ainsi ma fille tenez Et sanz raison suspevonnez (DESCH., M. M., 106). S'ottroye et vueil en banne foy Qu'a ma court vostre vie ayez Et chierement tenu soyez Taut pour l'amour de Griseldis. (Gris., 97). Si fu comme fille nommee Et bien nourrie et bien amee De ma mere a joyeuse chiere, Qui m'ama tant et tint si chiere Que elle meismes m'alaicta, Aussitost qu'elle m'enfanta, Et doulcement en mon enfence Me tint et par elle ot croiscence. (CHR. Piz., M. F. I, 21). . . . et que yceulz traictiez, selon leur forme et teneur, soient bien tenuz acompliz et gardez (BAYE, II, 152). Adieu ung chascun instrument Que je tenoye chierement, Pour mon tresor et ma montjoye (REGN., F. A., 28). Et au departir fist avec lui venir tous les roys d'armes, heraulz, poursuivans, trompectes, menestriers, tabourins, et autres compaignons d'esbatement soupper avec lui au Bourg la Royne, ou par cellui jour il se loiga, lesquelz il tint bien aise, et au matin leur donna cinquante escus. (LA SALE, J. S., 100). - Tenir qqn de pres. «Le suivre de pres, le talonner»: II [Orguel] couroit amont et aval, Si geta l'eul a son cheval, Qui s'en fuioit droit a la ville, Si ne puet avoir la geline. Adonc Yre si se trait pres De li et le tient si de pres Qu'il semble un homme forsene (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 186). - Tenir (un cheval, un chien . . . ou qqn) court. «Ne pas le laisser libre de ses mouvements» (au propre ou au fig.); d'ou «harceler»: . . . tant les hot en grace Fortune, que, de droicte actrace, Fussent droiz signeurs du pays, Tant y estoyent obeys Et crains, car mault tenoyent court Leur sugiez (CHR. Piz., M. F. IV, 74). Mes seigneurs, sachiez que Damasce De folz crestens a grant masse (. . .) Nous avons .i. de leurs prescherres Tüe et lapide a pierres. Les autres plus en doubteront; S'en lez tientcourt, ilz cesseront. (Cycle myst. prem. mart. R., c. 1430-1440, 86). Je ne scay quelle chose face, Tant ay (grant) paour d'estre court tenue. (Concil Basle B., 1434, 86). De paix naist richesse sur terre, De richesse orgueil, d'orgueil guerre; De guerre vient povrete, De povrete humilite, Mais de humilite revient paix; L'ostes dire oncques mais? Vous avez eu grant seignorie Soubz moy, tant que m'avez nourrie; Mais, puis que ne me recogneustes Et que d'orgueil hordie feustes, La guerre vous a court tenue, Par quoy pouvre estes devenue. (Concil Basle B., 1434, 123). . Estre tenu de court (de logis). «Etre loge a l'etroit»: Loger se fist ou que se tient la court En belles chambres, salle, cuysine et court, Et avec luy la royne et sa sequelle; Puis gentilz hommes, tant lang vestu que court, De logis furent tenuz assez de court Parmy Ja ville (LA VrGNE, V. N., 383). [Avec un compl. prep.] - [Indiquant un lieu] Quar mouvement violent est fait par vertu qui est hors le cors meu, et mouvement naturel droit suppouse autre puissance dehors laquelle a mis ou tenu le cors meu hors son lieu nature! ou a este obstacle ou empeesche- 138 Robert Martin ment qui tenoit tel eorps hors son lieu nature! . (ÜRESME, C.M., 126). ... vous avez este moult oultrageux quant tant et si longuement vous avez tenu mon oncle en prison (FRorss., Chr.M., 169).Et saehiez que Melusigne venoit tous les soirs visiter ses enfans, et les tenoit au feu, et les aisoit de tout son povoir (ARRAS, 262). Ces Philistiens tenoientSampson en prison de long temps. (Voy.J., 42).En sa main dextre une eouronne Tenoit Fortune belle et bonne (...)Sa roe pres d'elle tenoit Qu'aulcune fois Meseur tournoit, Et aueune fois retournee Estoit par Eür et menee. (CHR. Prz., M.F. I, 76). ... ear bastilles sont eneores plus fortes a eonduire et entretenir que n'est ung ost ou ung siege; ear en bastilles on ne peult tenir ehevaulx (BuEIL, II, 44). Martin, mon filz remply d'umilite, De par Jhesus soyez Je bien venu! En quel pays avez vous tant este Ne en quel lieu vous a on tant tenu? (LA VrGNE, s. M., 355). - Tenir en sa eure*. - Tenir en ses giets*. - Tenir en serre*. - Tenir fer a coste*. - [Indiquant un etat]Et ainssi le tenoit, espoir, Tout son temps en ee fol espoir. (MACH., D. Lyon, 218). Tenons les bons en amitie, Et des mauvais aions pitie (MACH., J. R. Nav., 178).Ma dame, en sante Dieu vous tiegne (M. enf.ress., 31). Le plus vaillant de sa eontree, ( ... )Et qui pouoit par ses grans fais Un royaume tenir en pais (DESCH., M.M., 257).Et disoit le peuple de son pas qu'il estoit affollez, et donnerent le gouvernement du royaume d'Albanie a Mathaquas, son filz, qui gouverna vaillaument et tint son pere en grant ehierte. (ARRAS, 10).Et tousjours se eombatentSarrasins, ear le soudant de Damas et le gallaffre de Bandas et le roy Anthenor les tiennent en vertu. (ARRAS, 236). ... avee lui une femme nee deSaneerre, nommee Alixandre, qu'il tenoiten eoneubinage. (ARRAS, 308). ... si le voloit tenir en amour et faire pour li tout ehe que il poroit. (FRorss., Chr.D., 190).Et euist paiiet quarente mille florins de raenyon, se on le peuist avoir tenu en vie. (FRorss., Chr.D., 372). ... «bien puist eil venir, Qui en vie les fait tenirEt par qui de leur ennemis Seront gardez et a paix mis. » (CHR. Prz., M.F. III, 81). ... pour tenirles subgiez du Roy en paix et transquilite (FAUQ., II, 126). Ma prineesse, du eueur je vous supplie Que vous ne moy l'ung l'autre si n'oublye, Mais noz amours tenons en audienee,Et prions Dieu et la vierge Marie Que il nous doint a tous deux paeienee. (REGN., F.A., 87). ... il y a treize moys Que Fortune en eest estat me tient. (REGN., F.A., 134). Mais quant Hanibal le seeut par ses espies, il retourna prestement et prinst la eite, par laquelle il mist tout Je pas qu'il tenoit en subgeeeion. (LA SALE,S., 52). ... ear ledit Mainffroy tenoit a tirenie quasy toute Ytalie (LA SALE,S., 174). ... les loys sont faietes ad ee que la fole voulente ou hardiesse des gens soit eohereee, et que entre les mauvais les innoeens soient tenus en seurete, et que les fols et vivans moins honnestement la faculte de nuyre soit refrenee. (Juv. URS., Verba, 286). Vous les devez tousjours tenir en obeissanee. (BuEIL, II, 27). ... ung roy estant diligenment au proffit de ses suges et quant ilz L'article TENIR du Dictionnaire du Mayen Frarn; ais 139 ont grant charges et ilz les descharge et que ilz oste les donmages et extorcions que ilz seuffrent en tenant ses subges en repos, luy mesmes se repose.(Juv. URs., D. Tours, 442). - Tenir qqn de plait*. «L'interroger, discuter avec lui»: Et adonc la va convoier Sa chamberiere, et s'en retourne: Dolente est et fait chiere mourne; Et ly maris la tient de plait, Demendans que sa femme fait.(DESCH., M. M., 121). . Tenir qqn de qqc. «L'en faire beneficier»: Et, se je n'ai pas retenu Tout le bien dont il m'ont tenu, A moy le blasme et non a euls(FRorss., Espin. amour. F., c. 1370, 50).Mes en lamentant Et en languissant J'ai baute avant Le tamps, qui noiant M'a tenu de joie (FRorss., Espin. amour. F., c. 1370, 166). - Tenir en point. «Maintenir en l'etat voulu»: Le grant du petit differe en ce, Car Dieu l'a voulu en ce point Ordonner, pour tenir en point Justice, paix, equite, droit. (MESCHIN., Lunet. princes M., c. 1461-1465, 57). - Tenir qqc. en secret. «Le maintenir secret»: Or tenes taut ce en secre(FRorss., Meliad. L. t. 1, 1373-1388, 68). 2. [Le compl. d'obj. dir. designe un lieu, une position, une attitude, un etat, une activite] «Demeurer dans ce lieu, dans cette position, cette attitude, cet etat, cette activite» a) [Le suj. designe une pers.(parfois un animal)] a 1 ) [Le compl. designe un lieu ou une realite exterieure] - [Lieu] - Tenir prison. «Demeurer prisonnier»: Si est ordonne et arreste de par le general conseil que vous allez tenir prison en la tour a Londres(FRorss., Chr. M., 34). ... Raoulet Grison(...) s'estoit defendu de fait et rebelle a l'encontre des huissiers de ceans qui par le commendement desdiz commissaires le vouloient mener en la Conciergerie pour tenir prison(BAYE, I, 127). ... ycellui Faudin a promis (...) bien et loyaument tenir prison en ladicte ville de Paris, sans en partir hors, sans la licence de ladicte Court(FAUQ., II, 47). - Tenir son chemin, sa voie, la droite voie. «Ne pas quitter son chemin, avancer sans devier»: Et j'ay pris ma voie et tenue Vers le lieu dont partis estoie, Qu'ades devant moy le veoie.(MACH., D. Lyon, 234). Quant je fui la dessus montee En celle plus haute montee, Mon chemin tenoie sus destre, Et je regarday vers senestre.(MACH., J.R. Nav., 163).Si ont tant le chemin tenu Qu'a la court du roy sont venu(LA BmGNE, Rom.deduis B., 1377, 274).Adoncques puet tenir sa voye, En Lombardie ou en Savoye Ou la ou il vouldra aler, Sans soy pour l'oisel destourber.(LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 491). ... et saint Poul le tesmoisgne Es epistres qu'il nous envoye Pour mieulx tenir la droicte voye (DESCH., M.M., 206). Tant tindrent leur chemin qu'ilz y vindrent.(ARRAS, 52). - Tenir le chemin vers ... «Se diriger vers ...»: Vers orient le chemin tismes (CHR. Prz., L. ehern. est. P., 1402-1403, 55). - Tenir le chemin de qqn. «Suivre quelqu'un, l'accompagner»: Misericorde n'y 140 Robert Martin est pas, Plus tost s'en ala que le pas, Ne Grace n'y voult demourer, Mais avec lui s'en voult aler. Charite, qui leur appartient De lignage, leur chemin tient (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 128). - Tenir une marche, une contree, un pays. «Y rester, y demeurer»: Chevreul tient et demeure voulentiers en un pas en este et en yver qui ne li fera annui.(GAST. PHEBus, Livre chasse T., 1387-1389, 76).Lievre tientvoulentiers un pas, et, si elle a compaignie d'un autre, ou de leurs enfanz y a cinq ou sis, iames autre lievre estrange, fors que celles de leur nature, ne laisseront aproichier en toute la marche qu'ilz tienent. (GAST. PHEBUS, Livre chasse T., 1387-1389, 80). - Tenir le lieu de qqn. «Faire office a sa place»: Et le juge, c'est le prince ou celui qui tient le lieu du prince et qui le represente. (ÜRESME, E.A.C., 316). ... monseigneur le Dauphin, lequel en l'aage de X ans ou environ avoit tenu le lieu du Roy au Conseil du Roy (BAYE, I, 181). V. lieutenant. - [Realite exterieure] Par ma foy, esbahie suy Comment homs scet tenir mesnage, Quant liez n'est par mariage (DESCH., M.M., 287). ... place ordonnee pour tenirmarchiet le merquedi et le samedi. (FR01ss., Chr.D., 746).En cellui temps un roy regnoit En Egipte, qui moult tenoit Grant seignourie et grant pouoir (CHR. PIZ., M.F. III, 5). ... des seigneurs (...) tiennent garnisons de gens d'armes qui pillent et ont pillie le paz de Valoiz (BAYE, II, 176). La est le Iieu ou Amours le gentis Tient son escole a tous ses apprentis Sains et malades (CHART., D. Fort., 167). ... car c'est ce qui fait tenir ordonnance que la paour que chascun a de son ennemy, et tous les cappitaines n'y feroyent pas tant que celle doubte. (BuEIL, II, 198). II est vray que en ses jones jours, elle fut marchande de luxure a detail et depuis en tinst bouticle en gros a Bruges entre les marchans. (Ev. Quen. I, 95). - Tenir mesure*: Enferme, clous, doubtant fureur, Estroit tenu c'est grant hydeur! - Enferre pour tenir mesure (Prisonn. desconf. C., c. 1488-1489, 3). - Tenir le moyen. «Suivre une voie moyenne, observer la mesure»: Mais qui en l'amoureus loien Est loiez, s'il tient le moien, II ouevre bien et sagement. (MACH., J.R. Nav., 237). Si comme celui qui est actrempe, il met sa fin en ce que es delectacions de touchier et de gouster il tiengne tousjours le moien. Et ceste fin est principe de toutes ses operacions en la matiere de ceste vertu. (ÜRESME, E.A. C., 357). - Tenir son etat. «Vivre, se conduire conformement a sa condition» : ... il retourna au Palais et la tint son estat; et aussi fist la raine sa fenme. (FROISS., Chr. D., 181). ... et pooit celle terre de Ricemont valoir en revenue par an environ siis mille florins. Et li avoit li rois donnee pour tenir son estat (FRorss., Chr.D., 417). - Tenir paix. «Etre en paix». Tenir paix (a qqn). «(Le) laisser en paix»: Qui mieulx scet souffrir, plus grant paix tenra. (Internele consol. P., c. 1450, 13). LE PERE.Helas, il est müet et sourt Et demonacle enracge.A ce soir il s'est destache Et fait pis qu'il ne fist jamais. S.JAQUES MAJOUR. Vous vouldries bien qu'il vous tint paix Et qu'il n'ust plus la maladie? (Pass. Auv., 159). - Tenir table* ronde (a . . . ). «Traiter comme des egaux ! es gens rer;us a table»: L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Fran9ais 141 Je veulx aujourd'uy convyer Taus mes freres sans nul deslay, Et mes seurs, a digner o moy Et si leur tiendray table ronde (Pac. Job M., c. 1448-1478, 234). - Tenir le pain* et le pot (a qqn). - Tenir le parti de qqn. «Se ranger a lui, le soutenir»: ... pluseurs de ceulx Qui tiennentun autre parti. (DESCH., M.M., 361). ... le Roy voloit ou avoit volu, (...) que tous les heritages, chasteaulx, maisons, fiefs, rentes, etc., que tenoient ceulx qui tenoient ou avoient tenu le parti dudit duc d'Orleans, ou qui l'avoient favorise (BAYE, II, 142). Par quoy disoient ceulx qui tenoient son party que sans difficulte il seroit plus propice a estre roy que nul des autres (Juv. URS., Loquar, 337)r Sy n'avoient amis que les obessans a sainte esglise, qui mault foibles estoient, et la cite de Florence, gouvernee par les Guelphes de la ville et tous les aultres tenans ce party. (LA SALE, S., 174). Les aultrez ont tenu le parti de monsr. de Bourgongne, soubz umbre de la mort du feu duc Jehan (Juv. URs., Nescio, 456). - Tenir la bande de qqn. «Etre du parti, des gens de ... »: Je m'en voys porter les nouvelles A tous ceulx et a toutes celles Qui tenent la bande de nous. (Pac. Job M., C. 1448-1478, 394). - Lequel tenir? «Quel parti prendre? »: Quant les pillars voient venir, Il ne scevent lequel tenir, Ou d'estre mors, ou d'estre sers. (LE FEVRE, Respit Mort H., 1376-1380, 74). a 2 ) [Le compl. designe une realite plus interieure, notamment un sentiment] Einsi la dame se maintient Qui le dueil de son amy tient, En cas qu'elle soit vraie amie. [« ... qui est en deuil [pour avoir perdu son ami]»] (MACH., J.R.Nav., 194). Mais celui qui tient vie speculative, il ne vit pas comme homme ainsi compose, car tele vie est indivine. [«... qui mene une vie speculative»] (ÜRESME, E.A. C., 523). Mais s'elle tient son courrous envers mi, Mort m'ont li oueil dont premiers je la vi. (MACH., L.dames, 106). ... saint Denis son chief porta Depuis qu'om le decapita Et sa vie sanz son chief tint Et tressainctement se maintint (DESCH., M., 253). Gens oyseux y a, qui deviennent Larrons, pour l'estat qu'ilz maintiennent, Et ne l'ont de quoy soustenir, Si leur taut ce chemin tenir, Se ilz veulent tenir la vie De quoy nul preudoms n'a envie (CHR. Prz., M.F. I, 150). Et une des choses principales que doit avoir ung prince en tel cas c'est une vertu qui se appelle force, que je tieng vaillance de courage, et nous le appellons hardiesse; le quel mot approprement parler est folye, et dit que ung homme est hardi c'est a dire tenant aucune folye en soy, sans raison soy immiscer contre les ennemis. (Juv. URS., Verba, 225). Lars se print a la regarder, et quant il vist qu'elle tenoit son yre, alors lui dist ... (LA SALE, J.S., 234). - Tenir droiture: Mais quant lang temps as voulu pour adresse Tenir droicture, Tu as acquis par temps aultre nature (MESCHIN., Lunet. princes M., c. 1461-1465, 84). - Tenir loyaute: Prince, en la fin le temps venra, Non obstant promesse ou cedulle, Que loyaulte on ne tenra Pour ce qu'en Amours foy n'a nulle. (TAILLEV., Lang. am. D., p. 1440, 252). 142 Robert Martin a 3 ) [Le compl. designe une activite] Quant la maladie est telle que les labours sont tres agues, il est neccessite de tenir tres estroite diete (S. GrLLE, A.Y., 54). ... ly contes de Poittiers tintune grant feste pour un filz qu'il avoit (ARRAS, 16).Et aussi nous ne sommes mie en place de tenir longues paroles. (ARRAS, 112). Furent au Conseil apres disner les dessus diz, hors maistre R.Mauger, president, qui a tenu les Plaidoiries des Requestes, pour ce que l'en ne plaidera pas demain. (BAYE, I, 288).De quoy s'aideroit il? De ceulx Qui tiennent ceste pillerie? (CHART., D.Her., 426). Ce jour, maistre Jehan Rapiout (...) avoit tenu et exerce l'office du bailliage de Sens (FAUQ., II, 38). ... ycellui de Besze avoit tenu manieres bien estranges et desraisonnables (FAUQ., II, 156). Or 1;a, ne tenons yci plus de langaige. (BuEIL, I, 105). Le tiers point si est de tenir justice, tant au fort comme au foible, et n'avoir amour ne hayne. (BuEIL, II, 33). Martin, bien vous peult souvenir De la requeste qu'avez faicte, De quoy, sans lang proces tenir Ne sera de nous tous deffaicte. (LA VIGNE, S.M., 362). - Tenir des assises, un parlement, une cour pleniere, un conseil, ! es trois etats, un lit de justice: Mon seigneur, huy a quinze jours Que vous promistes a venir En ce chastiau la pour tenir Voz assises. (M. enf.ress., 42). Balthasar une court planiere Tint un jour, ou mainte maniere Avoit des gens de son pas, Car c'estoit leur sires nas, Et pour c'y vinrent plus de mil. (MACH., C. ami, 25). Or, tost, mes barons et amis, Face chascun tresbonne chiere, Et soit tenue court pleniere Plus grant qu'onques maiz je ne tins, Car tous y devez estre enclins. (Gris., 97). ... ilz tindrent un parlement Entr'eulx, et fu determine Qu'il ne soit jamais d'eulx fine Tant qu'Ector soit ou mort ou pris (CHR. Piz., M.F.III, 84). ... les ordonnances pie<;a faictes et nagueres renouvellees et jurees en la presence du Roy tenans son lit de justice ceans (BAYE, II, 137). ... Aguenin, president, qui party lendemain de Paris pour aler tenir le Parlement de Bourgoingne avec autres des conseilliers de ceans. (FAUQ., II, 294). ... vous aviez ordonne a tenir voz trois estas en la ville capital de vostre royaulme (Juv. URS., Loquar, 322). ... et [le pappe Innocent] tint son consille en la cite de Lion sur le Rosne, pour reparer et pour veoir aux grans persecucions et inconveniens de sainte esglise (LA SALE, S., 171). ... le Jouvencel tint conseil (BuEIL, II, 133). Comment le roy tint son conseil pour·envoyer parler au pape. (LA VIGNE, V.N., 231). Apres leur parlement tenu appella le roy monsieur de Montpencier (LA VIGNE, V.N., 254). - Tenir un siege: ... pour tenir le siege devant Cambrai. (FROISS., Chr.D., 317). Et fu la areste et ordonne avoecques toutes ces devises que casquns sires selonch sa poissance, venroient et seroient, dedens le jour de la Magdelainne ou la environ, avoecques le roi d'Engleterre devant Tournai, et le tenroient le siege tant que ordenance dou tenir se porteroit, sans fraude, mal enghien ne dissimulation. (FROISS., Chr.D., 415). ... li rois d'Engleterre, qui tenoit son siege devant Calais (FRorss., Chr.D., 778). Et tenoit on ce dit lieu imprenable Pour en donner sentence veritable.Le roy de Napples, lors n'avoit pas longtemps, Y avoit bien tenu siege sept ans (LA VIGNE, V.N., 245). L'article TENIR du Dictionnaire du Mayen Fran�ais 143 - Tenir qqc. a qqn: ... parler et tenir compaignie a chascun selon sa qualite (ARRAS, 87). ... le roy vous tenoit guerre a son tres grant tort (ARRAS, 166).Il luy a tenu grant rudesse. (LA V1GNE, S.M., 532). - Tenir le pas a qqn. «Le conduire»: Ne doibs tu pas D'humanite rompre le droit compas Qui au pecheur penitent tient le pas (MESCHIN., Lunet. princes M., c. 1461-1465, 80). - Tenir tort a qqn: Et se le roy et ses predecesseurs ont tenu et tient tort aux seignouries que souloient avoir les esglises en grosses citez et villes Quv. URs., Nescio, 508). ... et, s'il tenoit aucun tort au roy Amydas, qu'il estoit prest de l'amender, son corps et son heritaige sauf. (BuEIL, II, 250). ... quant a moy, je n'euz oncques intencion, ne viel ne jeune, de tenir tort a aultruy. (BuEIL, II, 255). - Tenir bande a qqn. «lui resister»: Tu as endure grant martire, Job, mon amy, mes ne te chaille, Car tu as gaigne la bataille. Sathan, ton adverse partie, S'en va desconfit, je t'affye. Pource que luy as tenu bande, 0 nous seras (Pac. Job M., c. 1448-1478, 381). - Tenirplait*. «Parler, discourir»: Pour ce n'en vueil tenir lonc plet. (MACH., D. Aler., 354). Achilles dit que bien lui plaist, Si s'en pert, sanz plus tenir plait (CHR. Piz., M.F. III, 92). - Tenir raison*. - Tenir la querelle de qqc.: Pitie seroit, se Dame telle, Qui doit taut honneur desirer, Failloit de tenir la querelle De bien et loyaument amer. (CH. o'ORLEANS Ball. C., 51). - Tenir campte* de qqc. «Prendre en consideration»: Du service de leurs mez ne vous fault ja tenir campte, car ilz furent si grandement servi que rien n'y failly. (ARRAS, 167). ... tu ne tenras conte de chose que les gens dient de toy. (Internele consol. P., c. 1450, 20). ... quant vous fistes vostre entree a Rauen, que ce vaillant chevalier le seigneur de Talbot estoit a une fenestre et vit vostre compaignie, et luy demanda l'en se ilz estoient bien habilles et armes; et il respondit que de leurs paremens ne tenoit il campte (Juv. URS., Verba, 248). Or sa, il fault que je vous baise Car autrement je n'en tiens conte. (P. Jouh. D. R., 30). Pour ce, messieurs, regardez moy a point Et subvenez a ma neccessite, Car en effet je suis tresmal en point. Ilz doibvent passer tous trois sans tenir conte de luy (LA VIGNE, S.M., 196). «En parler» : Mais lonc campte ci n'en tenray, Car d'autre chose parleray. (MACH., D. Aler., 278). Mais pas n'en vueil tenir lonc conte, Pour au droit propos revenir Douquel me doit bien souvenir. (MACH., D. Aler., 316). - Tenir (un avis). «Le suivre»: Seigneurs, il nous en fault aller Emmener ces vaches courant Pour retourner au demourant. Si je dy bien, qu'il soit tenu! (Pac. Job M., C. 1448-1478, 265). a 4 ) En partic. [Le compl. d'obj. designe un engagement pris ou l'objet d'un engagement] «Observer (cet engagement)»: ... j'estoie prest d'aler en ceste presente armee et de vous tenir taut ce que je vous avoie promis, eu cas que vous me tenries aussi taut ce que vous m'aviez promis. (MACH., P. Alex., 229). Or tenez 144 Robert Martin vostre parolle et faictes tant qu'elle soit veritable, ou aultrement il y ara maltalent et tres grant courroux de moy a vous. (FR01ss., Chr.M., 205). Tenez les commandemens de nostre mere Saincte Eglise et tous les degrez et commandemens de nostre foy catholique. (ARRAS, 152). Et ne s'en parti li rois, si furent taut li honme de Flandres, c'est a entendre li consauls des bonnes villes, venu a obeisance au conte de Flandres et li jurerent a tenir foi et honmage a tousjours mes. (FR01ss., Chr.D., 180). II tint bien son sairement (FRorss., Chr.D., 197). ... li rois d'Engleterre et li dus de Normendie, representans la personne dou roi son pere, juroient les trieuves a tenir les trois ans. (FRorss., Chr.D., 592). Ou temple entre et a la deesse Prye que lui tiengne promesse (CHR. Piz., M.F. III, 65). ... mauvaisement Le serment qu'il avoit promis A tenu (CHR. Piz., M.F. III, 132). Plus lui plaist et mieulx lui a sis En une mectre Son euer, que partout s'entremectre De servir, soffrir et soubmectre, Rien tenir et foison promectre. (CHART., L. Dames, 221). ... et a ordern� le duc d'Auxtriche de tenir et tendra abstinence de guerre jusques a ung an contre le duc de Bourgogne. (FAUQ, III, 35). Et, apres longue et meure deliberacion, conclurent de tenir la deliberacion et conclusion cy dessus enregistree (FAUQ, III, 72). Desja sans aller plus avant Tu m'as faulsee ta promesse, Tu ne m'as pas tenu convant, Pourquoy je suis en grant destresse. (REGN., F.A., 53). Et ce qui fut conclud il voult tenir et obeir, et aussi ont vos predecesseurs (Juv. URS., Verba, 359). Vous scavez que vous m'avez mande et promis que j'auray ung quartier en la ville et sur ce me avez envoye vostre seelle. Advisez s'il vous plaist de le tenir car tousjours se puet-on repentir devant que la besongne soit commencee, mais apres il est trop tard. (BuEIL, I, 85). ... faictes crier les choses que vous voulez qui soient tenues entre voz gens. (BuErL, I, 202). Ainsi doit faire taut noble chevalier; il doit tenir sa promesse, tant a ses amys aliez que a ses ennemiz. (BuErL, II, 71). Vray Dieu, tu me tiens verite, Puis que je suis en paradis. (Pass. Auv., 252). - Tenir (une doctrine, une religion, unefoi ... ). «L'observer, y adherer»: Je ne crains toy ne ta fureur Ne tous ceulx de la loy payenne, Car je tiens la foy christenne Et croids Jhesuchrist mon seigneur (Vie st Eust. 2 P., c. 1401-1450, 218). ... Que ce Job tient la loy Mose (Pac. Job M., c. 1448-1478, 251). - Tenir d'(unefoi, d'une loi): Le vray Dieu qui morut pour nous, Aveucque luy [avec mon mari] de sa loy tiens (Vie st Eust. 2 P., c. 1401-1450, 220). - [Inf. subst.] ... jamais li rois Phelippes, pour lors paroles, demandes ne manaces, ne s'en delairoit dou non tenir et remetre arriere (FROISS., Chr.D., 235). b) [Le suj. designe une chose] Car taut aussi com d'une drame Le bon maistre garist et drame L'ueil empeschie de catharacte, Dou quel il couvient qu'il abate Par soutil engien une toie Qui la clarte tient et desvoie (MACH., R. Fort., 56). Comment celle ente se maintient Et quel qualite elle tient. (MACH., J. R. Nav., 221). Si vi que dessus s'esbatoit Uns gentils espriviers ramages, Et se vi bien que ses plumages Ne tenoit nul affaitement, Fors que de li tant seulement, Combien L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Fran,;:ais 145 qu'il fust moult agensis. (MACH., D. Aler., 258). . .. ladicte somme dudit remboursement tenra lieu audit maistre Laurens en deduction d'icelle amende de mil livres. (FAuQ, II, 195). - Bonne parole* bon lieu tient. «Une bonne parole est salutaire». D. - [Le suj. designe une chose concr.] 1. Qqc. tient qqc. «Le maintient,·l'empeche de choir»: . . . l'enceinte que ly cuirs de cerf tenoit car il comprenoit deux lieues de tour. (ARRAS, 34). . . . les chainnes qui le pont portoient et tenoient (FR01ss., Chr. D., 667). 2. [Le compl. d'obj. dir. designe un certain espace] «Occuper (cet espace)»: Sire, Alixandre est une ville Qui tient de tour plus de X. mille (MACH., P. Alex., 61). Et sur celle mesmes riviere estoient les Sarrasins logiez, et n'avoit entre eulx deux que une montaigne qui tenoitenuiron une lieue de tour. (ARRAS, 134). Taut y veissies de nefs floter Que de la mer graut part tenoient (CHR. Piz., M. F. II, 244). - Tenir taute la voie. [En parlant d'un rets] «Occuper toute la largeur de la voie»: Des royseulz doit on avoir de granz et de petiz, quar le royseul doit tenir toute la voye. (GAST. PHEBUS, Livre chasse T., 1387-1389, 285). E. - [Le compl. d'obj. dir. est de nature propositionnelle (represente un jugement)] «Considerer (comme vrai)» 1. Tenir + subst., nom. ou pron.: Et se ma dame est en acort De moy grever, je te pri fort Que tu li moustres qu'elle a tort Et qu'elle teingne Taut de moy que, s'elle s'amort A moy grever, elle m'a mort, Et qu'elle est ma vie et ma mort, Que qu'il aveingne. (MACH., R. Fort., 47). Mais toute ceste compaingnie Tient le contraire et le vous nie. (MACH., J. R. Nav., 243). Chascuns le doit einsi tenir (MACH., F. am., 237). L'actrempe tient cest principe que toutes delectacions laides ou deshonnestes sont a fouir. (ÜRESME, E. A. C., 393). Trop m'esbahist et donne painne Des aucuns l'oppinion vainne, disans qu'en enfer vont lez ames Et sont tourmenteez de flamez (. . .) Pitagoras ne le tient mie, Qui un petit me reconforte; Dist quant l'ame ist hors de la porte Du corps et lait humanite, Lors vit en pure dete. (LE FEVRE, Respit Mort H., 1376-1380, 8). La cause pour quoy je le tiens C'est qu'en la fin sera trouve Qu'il n'ont pas bien leur fait prouve (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 509). - Tenir une opinion: Quant li prince et li amiraut Oyrent son entention, Chascuns tint son opinion, Et dirent tuit communement Et d'un commun assentement (MACH., P. Alex., 82). . . . aucun pourroit demander que veulent dire ceuls qui tiennent ceste opinion en ce que il dient que l'ydee de bien est par soy bien et l'ydee de homme est par soy homme. (ÜRESME, E. A., 114). Et toutevoies, aucune fois en 146 Robert Martin tenant un faulz opinion l'en sent et est l'en aussi comme contraint a confesser aucune verite (ORESME, C. M., 382). Et n'est rien permanent ne fichie fors celle seule chose de laquelle toutes les autres sont faites par transformacion. Et ceste opinion tiennentpluseurs et Eraclitus qui fu de Ephese. (ÜRESME, C. M., 588). Et ceulz qui tiennent l'opinion de Empedocles et [de] Democritus ne se entendent pas et, selon ce que il dient, ce ne seroit pas vraie generacion d'un element de l'autre, mais generacion selonc apparence (ÜRESME, C. M., 634). 2. Tenir que + sub. a l'ind.: Aucuns peu sachans dient que en ceste question sont contraires et descordanz theologie et le droit. Et tiennent que selon droit et selon verite le juge en tel cas doit condempner l'innocent. (ÜRESME, E. A. C., 316). . . . et pour ce tenoit Aristote que c'est le souverain ciel meu tres isnelement d'un seul mouvement tres simple. (ÜRESME, C. M., 486). Il [les signes du Zodiaque] n'ont rien qui soit opposite; Seule lumiere les excite. Dont on tient vraisamblablement Qu'i durront pardurablement. (LE FEVRE, Respit Mort H., 1376-1380, 33). . . . il y a une reigle generalle en mariage, que chacune croit et tient que son mary est le plus meschant et le moins puissant au regard de la matere secrete que touz les autres du monde. (Quinze joies mar. R., c. 1390-1410, 57). Et mault sembloit Jossellins esbahiz; de quoy pluseurs tenoient qu'il avoit mauvaise cause. (ARRAS, 61). . . . je tiens que vostre euer n'est pas si endurcy, si remply de plaisir mondain, si occuppe d'autres choses, si plain d'ingratitude et d'oupliance, que vous ne ploreissiez a Dieu devotement. (GERS., Def., 229). Il est dont a tenir certainement que en Dieu proprement a parler, n'est ne longueur, ne layeur, ne haulteur, ne parfondeur, mais sont en Dieu ces quantites a parler par maniere de methafore, c'est a dire en attribuant a Dieu par transport des mots ce que proprement apartient aux creatures et choses corporeles et temporeles. (Somme abr., 131). 11 est a tenir et a croire que en cest voiage nous pouons congnoistre Dieu que il est et au pays du royaume des cieulz tel qu'il est et comme il est. Jamais toutevoies ne icy ne lassus porrons le congnoistre taut ce qu'il est. (Somme abr., 134). - Tenir pour vrai que . . . «Considerer a juste titre que . . . »: Tres redoubte seigneur et roy, Par vous et par le vostre arrest Soit dit que Deduit de Chiens est Meilleur que n'est Deduit d'Oiseaulx, Ce sera jugement loyaulx, Auquel de par vous il soit dit Qu'en nulle maniere Deduit Simplement se face appeller N'en lieu du monde ainsi nonmer, Car Deduit de Chiens pour vray tient Que tel nom si li appartient. (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 414). - Tenir que non: La IXe question: Puet on acquerir pardons pour les mors? Response: Je tiens que non, car pardons sont ordonnez a ceulz qui se soubmettent a la court de misericorde qui est icy et qui dure jusques a la mort, non pas apres la mort. (GERS., Def., 237). - [Avec une sub. sans que] De l'artation et indisposition qui est en la femme, par quoy elles ne sont convenables a amplexemens viriles, il fault tenir jassoit que L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Franyais 147 ce viengne de nature, se on leur puet aidier et subvenir par benefice de medecine, il n'empesche pas le mariage. (Sacr. mar., 76). - Ne pouvoir tenir que + sub. au subj. «Affirmer (? )» (ed.): Et qui est ore ceste oustarde Qui dit lez choses a venir? Ysäye ne puet tenir Que nulz lez sache nullement Fors le devin entendement, Se Dieu par inspiracon N'en fait edificacon. (Mir. ste Genev. S., c. 1380-1400, 85). 3. Tenir + prop.inf.: Mais tous sages cuident et tiennent les dieux vivre et ouvrer, c'est a dire que ilz ont vie et sont en operacion. (ÜRESME, E.A., 527). - Tenir a + prop.inf.: Qant ! es gens a mesire Lais d'Espagne orent cargiet chars et charetes de tous meubles et pourfis que il ramenoient a lor navie, et tenoient a avoir fait lor voiage ... (FRorss., Chr.D., 540). 4. Tenir qqc./ qqn + attribut de l'obj.: Sa mere qui encor vivoit Et que preude femme tenoit (DESCH., M.M., 94).Ainsi comme je truis en histoires, Que l'en tient vrayes et nottoires (CHR. Piz., M.F. II, 328).II semble aussi que vous teniez desja decide et determine que se l'esglise congnoist de ce dont la congnoissance luy appartient, et qu'elle face ce qu'elle doit et peut faire, que ce sont abus et entreprinses contre la jurisdiction temporelle, ce que les prelas ne vouldroient faire. (Juv. URS., Verba, 372). ... tenoit on ce dit lieu imprenable (LA VIGNE, V.N., 244). Trop grant erreur de vostre foy procede, Dont je vous tiens paillars et meschans gens Se d'y pencer vous n'estez deligens. (LA VIGNE, S.M., 340). (Au passif ): ... il n'est doubte que on se doit servir de toutes gens dont on se peut aider et qui sont tenus et reputes vaillans (Juv. URS., Verba, 236). ... car a son trespassement de ce monde il fut tenu des chevaliers le plus vaillant (LA SALE, J.S., 2). - Tenir qqc./ qqn a ... ( + adj.): Un point y a qui gist en prueve, Par quoy il convenra qu'on prueve Le contraire de mes paroles, Ou je ne tenray qu'a frivoles Ce que devant avez campte (MACH., J. R. Nav., 224). Sur toutes flours tient on la rose a belle (FRorss., Par. am., 79). Quant les nouvelles furent venues ad ce archevesque d'Yorth, il (...) s'envoya excuser par ung sien nepveu, (...) lequel s'en vint a Londres et se traist tout premierement devers le roy et luy remonstra l'excusance de son oncle l'archevesque et luy fist hommaige ainsi comme il appartenoit ou nom de l'archevesque. Le roy tint tout a bon, car il aymoit cel archevesque plus que celuy de Cantorbie (FRorss., Chr.M., 82). Ce sont les chemins ou a celles Dames jadis parler aloient Les philosophes, quant vouloient Eulx abuvrer du doulz buvrage Qui les faisoit tenir a sage. (CHR. Piz., L. ehern. est., 44). ( + Syntagme nominal ou nominalise ): Les juiefs qui a grant injure Tindrent les motz qu'il escouterent ... (Tombel Chartr. W., c. 1337-1339, 130). ... on le tient au plus riche homme De crestiente (MACH., P. Alex., 33). Furent fourme trop gentement D'une matere saphyrine Si orentele et si fine, C'on tenist a mon enscent Tous aultres saphyrs a noyent. (Echecs amour. K., c. 1370-1380, 121). Si tien a trop pou ma science S'a ce respondre ne savoie. (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 286). 148 Robert Martin Quoyque qu'il fust manniez de messire Aymon, son frere, le duc d'Yorth, si le tenoient touttes gens a vaillant homme, saige, discre et arreste en touttes ses besoingnes. (FRorss., Chr.M., 24). ... vous, qu'on tient au plus saige prince que on saiche vivant (ARRAS, 255). ... et pas ne savoient les Esco�ois que elle [la raine d'Engleterre] fust la ne en celle assamblee des Englois, et ne le tenoient pas a si vaillant fenme que elle estoit et que il le trouverent. (FRorss., Chr.D., 77 3). Une chose vueil et me plaist: C'est que par toy me soit donnee Ta fille a femme espousee, Et moy, combien que soies mendre, Doiz et pues tenir a ton gendre; Ainsi le pues croire de voir. (Gris., 36). Or fu Hanibal en graut doubte.Taute joye du euer luy ponse Ceste douloureuse response, Moult le tint a maulvaiz presage. (CHR. Prz., M. F.III, 232). Et puisDieu te tient a parent, Voulant qu'es cieulx soit ton manoir (MESCHIN., Lunet. princes M., c. 1461-1465, 49). - Tenir qqc.lqqn pour ... ( + adj.): ... tu tiens ta dame pour fole (MACH., R. Fort., 65).Pres de 1a avoit un chastel Qu'on tenoit pour fort et pour bel.(MACH., P. Alex., 121). ... Ne seneschal ne officier, Tant soit preudomme ne entier, Qui puist demourer en office Que l'en ne le tiengne pour nice (LA BmGNE, Rom. deduis B., 1377, 163).L'en ne l'en doittenirpour lens (LA BmGNE, Rom. deduis B., 1377, 243). «Me tiens tu pour vilz, Qui t'es en mon lit embatus Et t'es chastement maintenus? » (DESCH, M.M., 333). (+ Syntagme nom.): Car le pas m'estoit sauvage, Et ne savoie le langage, Et s'estoie certeinnementDales lui plus seürement Que lang de li, se m'i tenoie, Pour ce qu'ailleurs aler n'osoie, Qu'on ne me tenist pour espie. (MACH., F. am., 148). ... celluy qui s'appelloit pape Urbain Vle et que les Anglais tenoient pour pape (FRorss., Chr.M., 46). - Tenir qqc. comme: Et pour abregier la renommee est que «plures avaricie student», aucunement pensans plus a leur proffit que ad ce quoy ilz sont appelles a cause de leurs offices, et y tienton les causes comme inmortelles.(Juv. URS., Verba, 336). 5. Tenir qqc. (de qqc.). «Considerer quelque chose comme reel (a propos de ... )»: Et oultre, je tenoie de moy mesmes mault de biens qui n'y estoient mie. (Menagier Paris B.F., c. 1394, 25). F. -[A l'imper., sans compl., pour attirer l'attention de l'interlocuteur (valeur interj.)] LA CHAMBERIERE. (...)Dame, tenez. LA DAME. Sa, mon doulx enfant (M. enf. ress., 30). Tenez, sire vez cy l'enfant Que demandez. (M. enf. ress., 68). Tenez, Uriien, ne refusez pas la requeste que je vous fay. (ARRAS, 120). Guyon, beau frere, dist le roy Uriien, tenez, je vous vueil heritier du royaume d'Ermenie et de la plus belle pucelle qui soit en taut le pays. (ARRAS, 142). Et si aultrement pencez, L'article TENIR du Dictionnaire du Mayen Fran�ais 149 Tenez, regardez seje mens (LA VIGNE, S. M., 201). Tenez ! Vella queje vous donne: C'est une couppe d'or bien banne Et des escus cent et cinquante. (LA VIGNE, S. M., 508). Rem. Imper. en empl. abs. (corresp. a I A 1): Il fist escrire tantos une lettre qui contenoit auques la maniere dou sauf conduit, et puis le bailla au chevalier, et li dist: «Cambeli, tenes . . . » (FRoiss., Chr. D., 753). II. - Empl. intrans. A. - Qqc. tient; qqn tient l. Qqc. tient. «Etre solide, ne pas ceder»: Etja souloient les greigneurs Avoir parolle aussi tenant Comme une tour (CHR. PIZ., M. F. II, 25). . . . monjugement est vray, il tenra et ne sera point subverti. (Internele consol. P., c. 1450, 204). Hurtons de poittrine de cheval a la barriere; car vous savez bien qu'elle ne tient point. (BUEIL, I, 139). - [En parlant du mariage] «Etre valide»: Quolibet, se le serf et la serve d'aucun seigneur se marient ensemble contredisant le seigneur, a scavoir se le mariage tient Response: les espousailles ne sont pas a rompre ne a dissolver, non pour quant les services ne doivent pas estre diminuez au seigneur. (Sacr. mar., 50). Se la femme serve contrait avec l'homme qui est franc et non pas serf, et l'homme cuide qu'elle soit de franche condition, le mariage ne tient pas. (Sacr. mar., 50). Au tiers cas, se l'un des mariez est convertis a la foy et l'aultre demeure en son infidelite, de cohabiter ensemble ilz ne doivent estre compellez ne urgez et contrains, combien que tant que la femme durera et vivera, elle ne se porra marier, car le mariage tient et dure. (Sacr. mar., 64). Aussi quant deux fideles sont ensemble en mariage, le mariage est vray et tient. (Sacr. mar., 66). Et se les espousailles n'ont pas tenu car ilz ne sont pas de droit, mais de fait, ilz sont tant seulement contrais. (Sacr. mar., 72). 2. Qqn tient (ou bien ses arguments tiennent). «Resister, ne pas ceder»: Apres est monstre comment par raisons ne peust estre conclus que le ciel soit ainsi meu. Tiercement, ont este mises raisons au contraire et que il n'est pas ainsi meu, et nientmoins touz tiennent etje cuide que il est ainsi meu et la terre non (ORESME, C. M., 536). . . . nous vous conseillons que vous tenez ung pou de temps pour veoir qu'ilz feront. (BuEIL, II, 230). Sur ceste question il fault tenir Il fault regarder se la commaternite precede mariage ou ensieuve mariage. (Sacr. mar., 56). - [Inf. subst.] Je ne donroie pas IJ. pommes De euer ou honneur est si morte, Qui dou tenir ne se conforte. (MACH., P. Alex., 105). 150 Robert Martin B. - Tenir (un certain temps dans tel ou tel etat). «S'y maintenir»: En ce party que vous ouez tint Remondin Olivier grant espace de temps. (ARRAS, 63). C. - Tenir + adv. ou adj. en empl. adv. - Tenir bon, tenirferme. «Resister»: Ainsi fut ce conte de Guerles au dessus de ses besoingnes, et prinst nouvel conseil et nouvel estat. Et se en devant il avoit tenu bon, encoires le tenoit-iI meilleur aprez, car il avoit moult bien de quoy. (FR01ss., Chr. M., 151). . . . la petite bataille, qui estoit derriere, tintferme (BUEIL, II, 202). - Sans lang tenir. «Sans tarder»: Sire, j'y voix sans long tenir Et leur diray tout a present Qu'il viegnent bien hastivement (Pac. Job M., c. 1448-1478, 241). - Tenir ensemble. «Se maintenir ensemble»: . . . je vous donne ces deux verges d'or qui tiennentensembie (ARRAS, 27). Mon doulz amy, veez cy deux anneaulx qui tiennent ensemble, dont les pierres ont une mesme vertu. (ARRAS, 259). «Etre consistant»: Et nientmoins, quant la liquer est forment continue et tenante ensemble, la chose qui noe en elle n'[en] fait pas ceder souz soy tant pesant comme elle poise, mais en eaue il s'en fault tres pou. (ÜRESME, C. M., 718). - Tenir longuement. «Se maintenir longtemps»: Dyarrie quant elle a longuement tenu et vomite survient de son gre, c'est cause de garison. (S. GILLE, A.Y., 91). - Bien tenir. «Maintenir correctement la hauteur musicale»: Et sur la nuyt va chantant a voix basse, Et s'entretient Par soubz les braz a quelque autre qui vient Avecques lui, qui bien chante ou bien tient (CHART., D. Fort., 169). D. - [Empl. impers.J Il y tient qqn/ qqc. «Y trouver place»: Lequel pillier est encore en icelle eglise en une petite tournelette ou il ne peut tenir que deux personnes a une fois, et est tout pres du grant autel a destre main. (Voy. J., 22). III. - Empl. trans. indir. Tenir a . . . , tenir de . . . et constr. concurrentes A. - Tenir a 1. [Le suj. est de l'anime] a) Qqn tient a qqn. «Est attache a» - Tenir a qqn de lignage: Affin que me peusse chevir Elle me volt mettre servir Une dame de hault parage, Qui .I. poy lui tient de lignage, Mais ne s'entre L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Frans;ais 151 ressemblent pas, Ne sont pas faites d'un compas, Trap sont dessemblans leurs figures, Leurs fais, leurs meurs et leurs natures. (CHR. Piz., M. F. I, 23). b) En tenir a qqn. «Lui faire confiance, compter sur lui»: A moy vous en pouez bien tenir Car seans les feray venir Briefvement, ne vous en doubtes.(Pac.Job M., C. 1448-1478, 229). c) Qqn tient vers qqc. «Y est attache, y est porte»: C'est uns homs a cui il ne chautA tort ou a droit soustenir; Tout aussi chier s'a il tenir Vers le tort comme vers le droit (.MACH., J.R. Nav., 188). d) Qqn tient a avoirla faire qqc. «Le vouloir»: ... mesires Carles de Blois pensoit, qui tenoit a avoir a fenme et a espouse la droite hiretiere de Bretagne [«Le voulait» ou «le considerait comme acquis», supra I E 3? ] (FROISS., Chr.D., 474). - Qqn tient avoirlfaire qqc.: Or revient par la voie active Pour esmouvoir ceuls de parler Qui tiennent volentiers parler Des biens de contemplation (MACH., J. R. Nav., 273). ... quant le chief a ouy les oppinions de ung chascun et que son oppinion est saine et qu'il n'a ne hayne ne amour qui le contraigne a faire ne l'ung ne l'aultre, mais veult la chose de la raison et le bien de la chose publique et n'a point d'esgart a son fait particullier, sinon ad ce qu'il pense qu'il plaist a Dieu et a l'execucion de son entreprise pour le meilleur de son party ou il tient avoir banne et juste querelle, il ne se doit desmouvoir de son entencion et doit avoir grant vertu de tenir ferme a l'encontre de ceulx qui l'abbayent, tendans a leurs fins. (BUEIL, II, 205). 2. [Le suj. est de l'inanime] a) «Dependre de» - Qqc. tient a qqn: ... la deffaute tint au maistre, Car bon loyer cellui actent, Qui service a bon maistre tend. (CHR. Piz., M. F. I, 11). Mais la deffaute tient a ceulx, Qui oeuvrent de mauvais conseulx (CHR. Piz., M. F. I, 35). - Qqc. tient a qqc. «En etre dependant»: Enquerre vouldrent l'achoison Des choses faites et requises, A leur premiere cause quises, Lesquelles sont appertenansA Philosophie et tenans (CHR. Piz., M. F. II, 105).Argent luy sera presente, Car son salaire a rien ne tient [«n'a pas ete convenu d'avance»? ] (LA VIGNE, S.M., 211). - La tout tient. «Tout depend de cela»: Et en toutes ces choses et autres que on pourroit dire sont et en la main et en la gouvernance du bon sen et de la bonne raison du veneur, quar la tient taut. (GAST. PHEBUS, Livre chasse T., 1387-1389, 210). b) Qqc. tient a qqc. «S'y maintenir»: ... il y ot cent et trente nefz flotans en mer et tenans aux ancres. (LA SALE, S., 33). ... durant la regale on y regala si bien que ilz ne laisserent en l'ostel de Beauvais estant en la ville meubles quelzconques, et non mie les voirrieres qui ne feussent ostees et les bendes de fer a quoy elles tenoient. Quv. URS., Nescio, 495). II ne fault que deux chainnes parmy les paulx, qui passeront parmy anneaulx de fer qui tiendront aux paulx. (BuEIL, II, 39). 152 Robert Martin - «Y etre attenant»: Le duc trouva en une marche Qui a Lubecque tient et marche. (MACH., P. Alex., 29). . .. une maison assise a Paris en la rue de la Voirrie, tenant d'une part a l'ostel d'Anjou (FAUQ., III, 154). Le prince qui vuelt estre roy de nouvel royaume doit avoir du moins quatre duchiez, l'une tenant a l'autre, ou aultrement quatre contez pour chascune duchie, et qui ne soient tenus de homme que de l'empire ou de luy. (LA SALE, S., 230). - Telle maladie tient a qqn: Maiz, quant les aguilles leur viennent, Qui dedens l'eschine leur tiennent, N'essaiez pas a les garir, Car il les en convient mourir. (LA BmGNE, Rom. deduis B., 1377, 331). . . . son maistre luy queru ung recipe, trouva ung apothecaire nomme Martin Batton, lequel, combien que la maladie luy tenist en la teste et au debout de la langue, il luy donna sept ou noef pillules communes. (MüLINET, Faictz Dictz D., 1467-1506, 886). B. - Tenir de l. Tenir de qqn. «Avoir des rapports de filiation, de parente qui entrainent une ressemblance»: Quant ung puceau prent une vesve a femme, le premier enfant qu'ilz auront, se c'est ung filz, pour aussi vray que euvangille, il tiendra de sa mere et sera sage; et se c'est une fille, par droit contraire elle toute sa vie demourra innocente. [«simple d'esprit»] (Ev. Quen. II, 139). 2. «Dependre de, relever de»: Et fist li rois faire un mandement que toutes gens tenans de li, portans armes, fuissent, le premier jour d'aoust, a Evruich. (FRorss., Chr. D., 208). Et en la cite d'Arle, en la grant esglise de Saint Tropheme, se doit faire ledit service et prendre les hommaiges de eulx et des aultrez subgez du royaume d'Arle; car ce sont les princes et prelas qui tiennent de lui; et lors est dit roy d'Arle. (LA SALE, S., 227). . . . et apres tout ce fait, doit prendre les hommaiges d'eulz et des aultres qui tiennent de la couronne de Millan (LA SALE, S., 228). Ce petit bourg, a ce que je congnois, Tient et despend de quelque baronnie Appartenant a monsieur de Dunoys Ou il y a moult belle seigneurie. (LA VrGNE, V.N., 155). - «Etre vassal de»: Si seroit doncques neccessaire, Pour tout le bas monde a paix traire, Que un seul homme ou monde regnast Qui toute terre gouvernast, En paix la tenist et feist Justice de qui mesfeist: Et tous autres seigneurs tenissent De lui (CHR. Prz., L. ehern. est., 131). Ors n'oit en Espaingne roy qu'il ne tenist de Charlez, fors que Amoradins, le sovrain roy d'Espaingne. (JEAN ÜUTREMEUSE, Myr. histors G., c. 1400-1450, 114). Rem. Avec le neutre [ cf. supra I B 1 b Tenir qqc. de qqn] Le tenir de qqn: Par ma foy, il me plait bien que ce soit vostre sire, maiz il ne serat ja le mien; ne ja ne le tiendray de luy pour ung denier. (JEAN ÜUTREMEUSE, Myr. histors G., c. 1400-1450, 3). - Tenir de saint Genois (calembour). «Etre dans la gene»: Mais je tiens plus de sainct Genois Que vous (MOLINET, Faictz Dictz D., 1467-1506, 791). L'article TENIR du Dictionnaire du Mayen Frans;ais 153 - Tenir du mince*. «Maigrir»: David but, et aussy fit Loth, De ce vin de Rains plus d'ung lot. Venus qui fait tenir du minche Vault en Rains et en son prouvinche Planter une vigne amoureuse, Contre vertus moult doloreuse. (MOLINET, Faictz Dictz D., 1467-1506, 31). C. - [Empl. impers.] 1. «II depend de/ que ...» a) Il tienta qqn de/ que. «II depend de quelqu'un de/ que»: A qui tientil que ne les [les maus] aies? II tient a toy qui trop t'esmaies (MACH., R. Fort., 59). ... «n'appartient A moy: offrez, qu'a vous ne tient Que li prestres ne se delivre ...» (DESCH., M.M., 110). ... ledit duc de Bourgoigne (...) neantmoins confiant desdictes aliances et traicties ainsi solempnelment jureez, et es asseurances renouvellees, afin que on ne lui peust rien imputer et que a lui ne tenist que lesdictes aliances et traictiez ne feussent acompliz, comme mal conseillie, vint, le Xe jour de ce mois, apres disner, sur ledit pont, ou devoit estre faicte ladicte convencion (FAUQ., I, 317). Et dist le Jouvencel, quand il se vit aux champs, puisqu'il plaisoit a Dieu lui avoir donne si belle compaignie, qu'il ne chevaucheroit point que le gardebras ne lui reluisist sur l'espaule et, se le duc Baudouyn le vouloit trouver, qu'il le trouveroit et qu'il ne tiendroit que a luy s'il n'avoit la bataille. Ainsi chevaucha le Jouvencel, bien ordonne en sa bataille. (BuEIL, II, 86). Puisqu'il gist en mon beneffice De le faire, a moy pas ne tient. (LA VrGNE, S.M., 425). - Sia lui tient. «Si cela depend de lui»: Par mon serment, s'a moy il tient, Je suis contant d'estre pendu! [«plutöt que d'etre decapite, si le cas se presente»] (LA VIGNE, S.M., 322). - Sia lui ne tient. «Independamment de lui, de sa volonte»: Et car les hommes et bestes et oyseaux qui usent du monde viennent du tout en l'usaige de ung chascun singulier, se a luy ne tient toute riens doncques enflammoit l'amour de saint Pol a Dieu comment toute riens, helaz! presques, nous y griefve et en retrait. (GERS., P. Paul, 515). Car qui bonne parole entent, S'a lui ne tient, il en attent Aucun prouffit en son affaire. (Gris., 2). Chieres gens, sachies que toutes les fois que aucune tribulacion vous vient, ou viollance, ou maladie, ou aucune perte, ou persecucion, ou guerre, ou aultre meschief, c'est le Saint Esperit et ses messages qui vient a grant son, comme au jour d'ui, pour entrer en l'ostel de voz ames, se a vous ne tient. (GERS., Pent., 78). ... en recongnoissant finablement sa tres doulce bonte qui nous a administre et offert paix, grace et gloire pardurable, se a nous ne tient c'est a dire, a nostre mauvaise voulente. (GERS., Noel, 293). En Dieu serez aussi seur c'un pillier, S'a vous ne tient puisque portez ses armes (LA VrGNE, S.M., 373). - Il en tient a qqn: Yeux, bouce, orelles, nes en face, Riens n'i oublie qu'il [Pynoteüs] n'i face: (...) II n'i faut el que vie y mettre; De ce ne se scet entremettre: Souverain a a cui en tient. (FROISS., Pris. am. F., 1372-1373, 95). 154 Robert Martin b) Il tient a qqc. (que .. . ). «II depend de quelque chose (que ...) » : Ce dist Orgueil: «Faire feras Cent gibes yci sur ce pas. Bien pres sont les bois delivre, Le mesrien t'en sera livre. » Oultrecuidance a respondu: «Je les tiens ja tous pour pendu. Au[x] gibes ne tendra il mie, Par Jhesu Crist, le fils Marie! » [«les gibets seront certainement dresses » (ed.); «cela ne dependra pas des gibets (qu'ils soient pendus, car les gibets ne feront pas defaut) » ] (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 233). - A quoi tient-il que ...: Scavez vous point a quoy il tient Que France. a tant d'aversite? (REGN., F.A., 64). - Je (ne) saislvois a quoi il tient: Mais je voy bien a quoy il tient Vous regardez, quant elle vient, No voisine, bien m'en pen,;oy, Car vous n'avez eure de moy (DESCH., M. M., 55). Je ne scay pas a quoy il tient Ne se en toy tient la demeure (REGN., F.A., 54). - Ou tient-il? «A quoi cela tient-il, a quoi cela est-il dü? » : Si ne scet le bon home ou il tient (Quinze joies mar. R., c. 1390-1410, 60). - A peu ne tient que: A peu ne tient que je ne dye Que mauvais doye devenir (REGN., F.A., 114). 2. «II importe de/ que ... » - Il tient a qqn de + inf. «II lui importe de » - Il ne tient pas a qqn de+ inf.«II ne lui importe pas de ..., il n'en a pas envie » : D'avoir soulas de fame a nul d'eus il ne tint. Par ce point fu sauvee, grant grace li avint. (Vie st Eust. 1 P., c. 1351-1400, 96). Maiz par l'erbete Chascune aloit taute seulete. Oncques ne distrent chanyonnete, Ne de cueillir la volete Ne leur tenoit (CHART., L. Dames, 209). Disoit cellui qu'Amours tenoit En telle pensee amoureuse Que de dormir ne lui tenoit Ne de faire chiere jouyeuse (CHART., D. Rev., 306). Ceulx a chief Vindrent des Espaignolz soubmectre; En tel parti les vouldrent mectre Qu'a tousjours leur en souvenist, Ne d'eux rebeller ne tenist (CHR. Prz., M.F. III, 238). - [Sans inf.] Si ton cueur dolent pas sera Quant de mort le pas passera, Qui est plus qu'autre riens horrible. T'esbas-tu bien present? Or rible, Car adoncques ne t'en tendra, Lors qu'envers toy ses las tendra. (MESCHIN., Lunet. princes M., c. 1461-1465, 38). - Il ne m'en tient pas. «Je n'y tiens pas, je n'en ai pas envie » : Tournez vous vers moy et je feroy ce que vous vouldres. - Pour Dieu, fait elle, lesses moy ester, car, par ma foy, il ne m'en tient point.Pleust a Dieu qu'il ne vous en tenist james ne qu'il fait a moy! (Quinze joies mar. R., c. 1390-1410, 9). - Il tient en qqn/ qqc. de/ que ... «Il depend de ... que » : II n'a pas tenu en ma negligense que je ne m'en soie bien acquites. (FRorss., Chr. D., 396). ... et en euls en tient ce m'est avis, dou faire et dou laissier. (FRorss., Chr. D., 842). L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Frans;ais D. - Etre tenu (de/ a/ en/ pour) 1. [+ inf.] «Yetre oblige» 155 - [Avec de] Et, quant il refuseroit et inconvenient adviendroit au soubdoyer, a qui seroit le prisonnier, le cappitaine seroit tenu et oblige de le lui reparer.(BuEIL, II, 11).Si de ce cas quelque bien en advient, Tenu seray d'en mercer mon Dieu.(LA VIGNE, S.M., 170). - [Avec a] Mais eil n'y a ne part ne lot, Aincies en l'ire Dieu se boute, Qui entent a jangle ou escoute, Quant l'en doit au service entendre Que touz sommes tenuz a rendre (Tombel Chartr. W., c. 1337-1339, 52). Verite est que se aucun est tenu a autre par obligacion legal, il est tenu a rendre selon justice non obstant que l'autre soit fait mauvais pour tant que il ait usage de raison. Mais se il estoit tenu a lui par honestey moral et il apper<;:oive que il soit fait mauvais, il ne est plus tenu a li faire retribucion.Mais il est tenu a non faire ou cas que il verroit que l'autre en useroit en mal. (ÜRESME, E.A.C., 457). Si ung homme de son party l'a trouve et il l'ait prins et garde, cellui a qui il est eschappe n'en doit payer que les despens; car tous ceulx d'ung party sont tenuz a le faire les ungs pour les aultres. (BuEIL, II, 94). - [Avec pour] vous estes tenu Pour faire son tres dous service (MACH., P. Alex., 107). - [Sans prep.] car chascun est plus tenu secourir et aidier a celuy que il aime plus. Et naturelment un homme aimme plus son filz que son pere. (ÜRESME, E.A.C., 460). ... et sera tenus Pierre de Brecourt, son oncle, rendre compte par devant maistres Guillaume de Celsoy et Guillaume Le Clerc des choses par lui administrees (BAYE, I, 197). ... ilz veulent debouter vostre prince droiturier et seigneur naturel que voz vies et voz corps sont tenuz defendre et tendent occuper le siege royal pour vous defouler soubz leur tirannie.(CHART., Q.inv., 18).Mais sont de droit et par raison tenuz Servir leur roy et leurs subgez deffendre.(CHART., B. Nobles, 397). ... vous estes bien tenu remerc:ier et recongnoistre Dieu (Juv. URS., Verba, 194). ... chascun de nous sera tenu avant le commancer des armes, les mectre es mains du prince, pour en ordonner a son bon plaisir.(LA SALE, J.S., 146). 2. Y etre tenu: Si vous dy, je ne fineray Tant qu'au moustier veillie aray Nostre dame c'on dit du puy. Car, vraiement, dame, j(e) y suy Par veu tenuz. (M. enf. ress., 26).Et pour ce qu'il veult faire droit A chascun selon son endroit, Les causes de[s ] grans et menus Veult or, car i est tenus (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 130). ... et dist a l'evesque et as chevaliers qui la estoient, que il obeiroit volentiers a tout ce que on li avoit escript, car il i estoit tenus de foi et d'onmage.(FROISS., Chr.D., 156). 3. Etretenu que + prop.au subj.: Aymerigot, vous estes bien tenu que vous fachiez aucune chose pour la dame (FR01ss., Chr.M., 210). 156 Robert Martin 4. Etre tenu a/ en qqc.: et la seconde loy rommaine dist Tulles, qui est, tant ainssy que les subgez sont tenus au bien de leur seigneur, sont les seigneurs tenus au bien de leurs subgez, et les ungs pour les autres presenter leurs corps a battaille et disposer a morir. (LA SALE, S., 20). . . . quant tous ceulx a qui il appartenoit furent au devant du roy faire le devoir en quoy ilz estoyent tenuz (LA VIGNE, V.N., 324). 5. Etre tenu a! envers qqn a) «Etre lie a quelqu'un, lui etre oblige, lui etre redevable»: ... le filz semble estre plus tenu au pere que a soy mesmes. (ÜRESME, E.A. C., 456). ... il envoie ung vallet le premier devers sa femme et lui prie que el face tres bien appareiller l'oustel pour faire banne chiere a ses amis qu'il amaine avecques lui, car il leur est mault tenu et a affaire d'eulx (Quinze joies mar. R., c. 1390-1410, 50). ... et si estoit plus tenus au roi d'Engleterre que nuls des autres, car c'estoit ses cousins germains. (FRorss., Chr.D., 309).A tel prince sont trop tenu Tuit li sien et grant et menu (CHR. Prz., M.F. I, 148). Jamaiz par eulx [par mes yeux] n'appercevray Chose dontjoie recevray ; Ains mourray quant mourir devray, Dejoie nue, Sans estre a Fortune tenue N'a Amours (CHART., L. Dames, 228). De son regard suis repeue Trop plus que se je mangoye, Dont a luy me tiens tenue Car s'amour m'a soustenue, Dieu luy doint honneur etjoye. (REGN., F.A., 91). Nous vous sonmez trestous tenus: Monseigneur, nous vous mercions. Jamaiz pour rien ne devrions Vous corrousser par nulle guise. (Pac. Job M., c. 1448-1478, 198). Mon compaignon, a quije suis Tenu, je tejure et fais saige Que, pour ceste heure, je ne puis A toy n'autre faire avantaige (Abuze D., c. 1450-1470, 82). ... et vous, qui estes tant tenu a Dieu et auquel il a fait tant de graces, ne deves pas souffrir que on les empesche ainssi en leurs jurisdictions. (Juv. URS., Verba, 368). C'est ung des hommes du monde a quije suis le plus tenu et quej'ayme plus. (BuEIL, II, 221).Je le dy pour l'amour de vous seul; carje ne suis tenu ne au roy Amidas ne au duc d'Ath. (BuEIL, II, 254). Aussi se loue de beaucoup de bonnes gens qu'il a trouvez, et especialment ceulx a qui il estoit tenu, qui ont este commenceurs de sorr bien. Car Dieu dist que, aprez pere et mere, on est tenu aux commenceurs. (BuEIL, II, 260). b) «Etre lie a quelqu'un par une obligation juridique»: Et quant au fait de la lettre en la quele je vous estoie tenus, je la pense bien avoir acomplie tellement commeje doy (MACH., P. Alex., 229). Toutesvoies, le beneficie n'est pas tenu au bienfaicteur par obligacion legal et dejustice, mes seulement par obligacion moral et d'amistie. (ÜRESME, E.A.C., 473). Et fu campte et sonme a tous barons, chevaliers et equiers de Hainnau, en conbien, tant pour cevaus que pour gages, li rois estoit tenus envers euls. (FRorss., Chr.D., 153). ... ung detenteur de heritages, chargiez de rente, est tenu aux rentiers ypothecairement et personnelment des arrerages d'icelle rente escheuz de son temps. (FAUQ., III, 119). L'article TENIR du Dictionnaire du Mayen Franyais 157 E. - Tenir sur qqn. «Le surveiller»: ... je vous ay veu entrer devers elle par pluseurs foiz a telle heure et a telle; et de fait hier, n'a pas plus loing,je teins sur vous, et d'un lieu ouj'estoye, je vous y vy entrer (C.N.N., 229). ... et si ay bien fait le guet queje l'ay veu venir vers vous hier, n'a pas plus loing; il y vint a telle heure et ainsi habille.Maisje voue a Dieu qu'il en a prins ses quaresmeaux, carje tendray sur luy; et fust il plus grand maistre cent foiz, sije l'y puis rencontrerje luy osteray la vie du corps [ou s'agit-il ici du verbe tendre? ] (C. N. N., 234). IV. - Empl. pronom. A. - Pronom. refl. (ou moyen) l. Soi tenir quelque part. «S'y trouver»: ... 1a se tint mault longuement (FRmss., Chr.M., 53). Et 1a se tindrent ung lang temps messire Jehan de Hollande et la contesse sa femme (FRmss., Chr.M., 118). Les arbalestriers de Clermont, quant ilz veirent que leurs gens fuioient, furent de meilleur arroy que nulz des aultres, car ilz se mistrent en ung vignoble, et 1a s'arresterent et tendirent leurs ars, et monstrerent deffense et visaige. Jamais on ne les fust 1a alez querre, et s'i tindrent tant que les Anglois furent retrait dedens Montferrant. (FROISS., Chr. M., 223). Pour ces jours, se tenoientli rois et la raine a Eltern (FROISS., Chr..D., 283).Dont s'aresterent li Franyois taut quoi, et s'esmervillierent quels gens ce pooient estre, qui la se tenoient (FRmss., Chr.D., 540). Margerite, je croi bien que nostre conpagnie se desfera, carje n'ai pas chastiel pour moi tenir tant queje fuisse confortes. (FRorss., Chr.D., 893). ... le Roy et les gens de son Conseil avoient eu consideracion de soy tenir pour lors hors de ladicte ville de Paris pour certaines causes (FAUQ., I, 237). En sa chambre se tenoit chauldement (REGN., F.A., 182). En toutes choses regarde la fin, et comme tu te tenras devant le destroit Juge auquel n'est rien occulte, lequel n'est pas dons apaisie et lequel ne reyoipt nulles excusacions, ains jugera ce quijuste fera. (Internele consol. P., c. 1450, 344). ... certains hommes duitz et apriz de plunger en l'eaue et a Iongue alaine eulx y tenir (BuEIL, II, 59).Icy doibt avoir une ville nommee Amyens et a la porte d'icelle se doit tenir le povre taut nu. (LA VIGNE, s. M., 196). - Soi tenir a cheval, sur le destrier: Et le roy, qui tost senty la destrece de la mort, ne se pot plus tenir sur le destrier, mais chey a terre a la renverse taut mort. (ARRAS, 180). ... je vous pry (...) que vous vous tiengez a. cheval avec ce que vous avez de gens darriere, affin quant nous descendrons a pie que quelques gens ne nous viennent embler noz chevaux (BuEIL, II, 129). - Soi tenir avec qqn: Des Frarn;:ois especiaument Vous parleray premierement; Car avec ces IJ. se tenoient, Pour ce que de leur langue estoient. (MACH., P. Alex., 158 Robert Martin 139). emploies les, et faittes tant qu'ilz se tiennent aveeque vous . . . (Juv. URS., Aud. eeli, 254). - [En parlant d'un animal] . . . les eygoingnes qui en l'este se tiennent en ee pays, sont l'yver, en leur pays qui est environ le mont de Synay, ereatures eomme nous. (Ev. Quen. I, 115). - [P. anal., en parlant d'une ehose eoner.] ... pourquoy aueunes choses terrestres pour leur petite quantite, si eomme poudre, et aucunes autres pour la tenuite ou tenüeee de leurfigure, si comme fuilles d'or, se tiennenten l'aer sanz estre meues en bas? (ÜRESME, C. M., 712). Saiehies que, par ces desers, ce ne sont pas fonteines sourdans, mais sont lieux bas entre grans roehes ou l'eaue se tient et arreste appres une grant pluye. (Voy. J., 45). . .. et que l'en ait La congnoissance du bon lait Et du maintien de la nourriee, Qu'elle ne soit sote ne nice, Mais ait bon pis, soit lie et gaie, Juene, jolie et se resgaie, Que son lait sur l'ongle se tiengne (DESCH., M. M., 101). - [P. anal., en parlant d'une ehose abstr.] «Exister»: Et quant Espoir qui en mon euer se tient Fait dedens moy si grant joie venir (MACH., R. Fort., 111). Si se tient plus esehareete En richesee qu'en povrete. (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 207). Dame, et comment que moult fort me destraingne Li souvenirs qui en mon euer se tient (MACH., L. dames, 48). II est foree qu'ades il m'en souvieigne, Quel que je soye et quel que je devieigne, Tant que l'ame dedans le eorps se tieigne (CHART., Compl., 325). . .. tout ainsin yre gaste et corrompt les euers ou elle se tient. (LA SALE, J. S., 19). 2. «Se maintenir (dans un eertain etat, une eertaine aetivite . . . )» a) [Avee un attribut de l'obj. pronom.] - [Adj.] L'onme fu moult esfrae et doubta la mort, et se tint tous quois dales euls. (FRmss., Chr. D., 304). Car li rois de France avoit fait establir si bonnes gens d'armes sus les frontieres d'Artois, de Boulenois et en la conte de Ghines, qui pour ce temps se tenoit toute frarn;;oise (FRmss., Chr. D., 794). Plusieurs viennent a l'escremie Demi armez, les autres nuds, Et les autres se sont tenus Cachiez entre les pavillons (CHR. Piz., M. F. II, 248). Et se tient cointe Et des prouchains de sa dame s'aeointe (CHART., D. Fort., 163). S'ilz se fussent tousjours tenu Ainsi que vous, blane, moyte et ehault, L'onneur ne leur fust pas venu, Car on n'a jamaiz bien sans peyne (CHART., D. Her., 423). Mais le vray et loial amoreux ne eontendra que a toute largesse honorablement servir sa dame et amours, pour soy tenir bien abilie, bien monte (LA SALE, J. S., 22). - Soi tenir redde*. - [Adj. poss.] Et quant je l'os remereie Cent mille fois et graeie De l'onneur qu'elle me faisoit, Quant mon euer einsi appaisoit, Comment que, sans riens retenir, Siens fusse, et siens me vueil tenir, Einsi eom ei dessus dit l'ay. (MACH., R. Fort., 142). - [Synt. nom.] Dont qui est amans, si se tiengne; Et qui ne l'est, si le devegne L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Fran�ais 159 (MACH., D. Aler., 402). J'ay pris lieu et espace De venir cy pour l'amour souverayne Et l'entiere devocion certayne Que j'ay en Dieu, mon benoist Redempteur, Pour delaisser ceste vie mondayne Et me tenir son loyal serviteur Dorenavant. (LA VIGNE, S. M., 360). b) [Avec un adv. ou un compl. de maniere] - [En parlant d'une pers.] . . . sagement me tenray Sans faire folie. (MACH., Ch. bal., 598). Par ceuls qui sont du lis vestus, Qui portent lis, sont entendus Les justes qui par grant labour Ont ensuy Nostre Seignour Et quis en purte de leur char Mondainement purement, car, S'autrement se fussent tenu Ja ne fussent a luy venu. (DESCH., M. M., 249). Protheselaux, li vaillans roys, Qui entr'eulx avoit mault grant voys De valour et de hardece, Y fist, le jour, mainte proece, Merveilleux faissel y soustint Et com preux vaillamment se tint. (CHR. Prz., M. F. III, 72). Un an la guerre ainsi maintindrent, Ou les Troyens si bien se tindrent Que pou y gaignerent les Grecs, Et pou y firent de leurs grez. (CHR. Prz., M. F. III, 112). A bataille se furent mis Rommains, contre leur ennemis, Qui viguereusement se tindrent (CHR. Prz., M. F. III, 203). Quant bon desir, qui veult hault avenir, Meut la pensee a monter en valeur, L'omme se doit lors sobrement tenir Et eschiver le vin et sa chaleur, Qui fait changer bon advis en foleur (CHART., B. Nobles, 406). Vous voulez que comme une souche Je me tiengne sans moy esbatre (REGN., F. A., 95). - [En parlant d'une chose] . . . le ciel n'est pas soustenu pour la velocite ou isnelete de la circungiracion de son mouvement par quoy il se tienne ainsi, pour ce que ceste isnelete excede la propre inclinacion que le ciel a a descendre, si comme disoit Empedocles, car telle violence ne pourroit estre salvee ou durer par si grant temps. (ÜRESME, C. M., 302). Dyaletique si ressemble Au poing cloz, qui se tient ensemble, Pour ce qu'elle assemble et abstraint Les parolles et les restraint (CHR. Prz., M. F. II, 130). Mais l'arain, pour ce qu'il a en soy plus de moitteur que le fer, mieulx se tient en l'eaue et plus longuement sans pourrir. (BuEIL, II, 55). Il ne fault pas mesler mariages avec les heretiques. Et jassoit ce que tel mariage ne se doibt pas faire, neentmois [sie] s'ilz sont ensemble, il se tient ainsi qu'il se tendroit avec ung excommunie. (Sacr. mar., 68). c) [Avec un compl. prep.] c 1 ) A. Soi tenir a qqc. «S'y arreter, s'y maintenir»: Nompourquant je me vos tenir De tous poins a fermement croire Qu'elle disoit parole voire. (MACH., R. Fort., 155). . . . et me tieng a la promesse De Venus qui est ma deesse, A qui dou tout me recommant Comme fin et loial amant (MACH., F. am., 219). A chascun de son fait couviengne, L'obscur laist, au certain se tiengne (DESCH., M.M., 289). Bien m'en ss;ay a quoy tenir, Car tel assaut Tous les jours souffrir me faut Et soustenir. (MACH., Lays, 360). Or as tu taut mon penser contrefait; Si ne say plus a quoy me doy tenir Et ne me puet de confort souvenir (CHART., Compl., 322). Je m'en scay bien a quoy tenir Mais ma douleur fault retenir Sans prendre courroux ne tenson. (REGN., F. A., 94). Je desire (. . .) que tu ne fusses point aimeur de toy mesmes, mais te tenisses purement a ma valente et de mon Pere (Internele consol. P., c. 160 Robert Martin 1450, 166). Quant seray je sans tout empeschement en vraie liberte, sans nulle agrevance de pensee ne de corps? Quant sera il paix solide, paix imperturbable et seüre, paix dedens et dehors, et paix forme de toute part? Bon Jhesus, quant me tenray je a toy ver? (Internele consol. P., c. 1450, 210). - S'y tenir: Autre n'y puet Fors celle que mon euer ne veult, Qui en sache plus qu'elle seult, Combien que par elle se deult Le povre euer Qui tant en a de la douleur Que j'en pers et chiere et couleur; Maiz ou soit sens ou soit foleur, Quoy qu'il advieigne, II couvient que tousjours s'y tieigne Sans que jamaiz autre devieigne, Combien que pas ne m'appartieigne Grace avoir tele Comme estre ame de la plus belle. (CHART., L. Dames, 203). - Soi tenir a couvert: . . . mais si obscurs Estoit, que montaingnes et plains Estoient de bruines pleins. Pour ce me tenoie a couvert (MACH., J. R. Nav., 138). . . . et doit on considerer que ilz ne ont que menger et ou eulx tenir a couvert (Juv. URs., Nescio, 504). - Soi tenira qqn. «Lui etre fidele, soumis»: Et de la il vinrent devant Hainbon, et se requellierent toutes les gens d'armes et les capitains fran�ois de tout le pais, qui pour lors se tenoient a mesire Carle de Blois, et vinrent tout au siege de Hainbon. (FROISS., Chr. D., 549). - «Le frequenter»: . . . ce sera bien (. . .) Que plus avecques nous ne viengnent [ceste gent], N'en nulle maniere s'y tiengnent, Et qu'a tous temps maiz de leurs viez D'avecques nous soient banies. (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 197). c 2 ) De. Soi tenir duparti de qqn: Aussi fait li chastiaus, qui est biaus et fors, et se tenoit de la partie la contesse desus <litte. (FRorss., Chr. D., 558). c 3 ) En: Bien savoit la cause des choses Qui sont ou firmament encloses, Pourquoy li solaus en ardure Se tient, et la lune en froidure (MACH., J. R. Nav., 179). Et Socrates se tenoit fort en cest argüement et se combatoit en soustenant du tout que il n'est nulle incontinence. (ÜRESME, E. A., 366). . . . et celluy [le persil] qui est seme en aoust est le meilleur, car il n'espie point et se tient en vertu toute l'annee. (Menagier Paris B.F., c. 1394, 120). Mais au cheval pot bien tenir, Qui ne se pot en piez tenir Contre le coup de la pucelle, Dorrt il cheut, sanz vuider la celle. (CHR. Prz., M. F. III, 16). . . . et en ung estat ne se peuttenir (Juv. URS.., D. Tours, 438). - «S'arreter a quelque chose (dans le discours)»: En ceste matire tenir Ne me veul plus, mais revenir Au propos dorrt premier traitoie . . . (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 150). - Soi tenir en mue*. «Se tenir coi»: Le lyon se tienra en mue Se monnoye ne se remue (MoLINET, Faictz Dictz D., 1467-1506, 540). Mes grans panchars pesans et endormis, Pour hault crier, ne se tenront en mue. (MOLINET, Faictz Dictz D., 1467-1506, 641). c 4 ) Vers: . . . soy tenir vers delectacions est empeschement au prudent. (ÜRESME, E. A., 401). c 5 ) Sur. Soi tenir sur sa garde: A ces paroles se contentoient et apaisoient li Hainnuier, et se tenoient tout sus lor garde en atendant lor signeur. (FRorss., Chr. L'article TENIR du Dictionnaire du Moyen Frarn;:ais 161 D., 397). . . . car vous ne vous devez fier ne deffier en la parolle de vostre ennemy. Tenez vous tousjours sur vostre garde, ainsi que doivent faire gens de guerre; car ilz se doivent tenir tousjours pour deffiez. (BuEIL, II, 91). En se tenantsur sa garde, on peult bien guerroyer son ennemy sans coup ferir (BuEIL, II, 230). 3. [Avec un compl. de nature prop. (c'est-a-dire representant un jugement)] «Se considerer»: Mais eil de quoi a messervi Se tient qui maladie endure (Tombel Chartr. W., c. 1337-1339, 115). Et aprez lez martirez nous rendroit le soulas De la joie dez ciex, dont nul ne se tient mas. (Vie st Eust. 1 P., c. 1351-1400, 164). Si ne se tindrent pas pour sage (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 270). . . . mais qui pot saillir appertement a terre et s'en courir devers l'ost, il se tintpour eureux. (ARRAS, 132). Et de ce se tenoient tout a segur et a conforte mesires Joffrois et ses consauls. (FRorss., Chr.D., 862). On prise pou les accointances De tel gent, ce n'est que merdaille; Qui leur donne un denier ou maille, Ilz se tiennent a bien payez, Ilz sont de moult pou appayez. (CHR. Prz., M. F. I, 100). Or se tiennent pour bien logiez, Car cuident estre tost vengiez De Scipon, qui mal les meine, Et qui les livre a dure peine. (CHR. Prz., M. F. III, 232). II couvient bien qu'il y avise Aultrement, et luy mesmes viegne En la bataille, car se tiegne Seur qu'il luy donra moult a faire. (CHR. Prz., M. F. IV, 42). . . . il se tenait sur tous les autres amans du monde le plus eureux (LA SALE, J. S., 96). Et, s'ainsi estoit qu'il ne eust riens en ce monde, au moins meurt-il en grant et hault honneur pour lui et pour les siens; et chascun se tient tenu a lui. (BuErL, I, 56). - Soi tenir joli*lbien pare de qqc. «En etre content, en tirer vanite»: Grant compaignie avoit o ly, De quoy se tenoit moult joli. (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 228). Trop grandement c'est rejo D'un faucon c'om li a donne, Duquel se tient tres bien pare (LA BUIGNE, Rom. deduis B., 1377, 423). - Soi tenir pour outre*. «Se considerer comme vaincu»: . . . il luy coppa adont lez laz et getta son healme au loing et puis luy dist: s'il ne se tientpour oultre, que de sa vie n'est riens. (Comte Artois S., c. 1453-1467, 57). 4. Soi tenir (dela) faire qqc. «Se retenir de, s'abstenir de» a) De: Encor vueil autre chose dire, Mais que vous vous tenez de rire. (MACH., P. Alex., 198). Tenus me sui longuement de chanter (MACH., L. dames, 50). . . . et toutesvoies ne me suis je point tenu de pechier (Menagier Paris B.F., c. 1394, 24). . . . desquellez nouvellez or eult parfaitte plaisance le noble conte d'Artois, qui trop envis se fust tenu d'y aller [au tournoi] (Comte Artois S., c. 1453-1467, 3). b) A: Je me sui longement tenus a parler des gerres de Bretagne (FRorss., Chr. D., 810). c) [Sans prep.) . . . ledit Deniz s'estoit longuement tenu et n'avoit volu aler devers sadicte mere (BAYE, I, 199). d) Ne pouvoir soi tenir de faire qqc.: De vous servir loyaument et amer, Douce dame, tenir ne me porroie (MACH., L. dames, 88). Son frere ne se pot tenir que il ne 162 Robert Martin lui demandast (ARRAS, 241). Alors les glouz et affamez citoyens saillirent hors, et pour les mesaises qu'ilz avoient euz, et pour leur gloutemens, ne se peurent tenir qu'ilz ne bussent et mengassent largement (LA SALE, S., 52). ... dont n'y avoit celle qui tenir se peust de plorer (LA SALE, J.S., 98). ... et n'y avoit cellui ne celle qui tenir s'en peust a mains joinctes et a haultes voix crier (LA SALE, J.S., 205). e) S'en tenir. «S'en abstenir»: J'entrevi un escorpion Et pluseurs bestes en la place De celles qui mieus vont par trace Qui volentiers l'alassent poindre, S'elles s'osassent a li joindre. S'i fu une beste cornue Qui a peinnes s'en est tenue (MACH., D. Lyon, 180). A son sire s'en est venus, Car jamais ne s'en fust tenuz. (cou- DRETTE, Melus. R., c. 1380-1400, 121). Or sces tu dont es descendus. Se tu es mes nieps, entenduz, Ne te deüsses esmouvoir De mon corps a moullier avoir. Pour ce que ne t'en veulx tenir, Te pourra grans maulx avenir (CouDRETTE, Melus. R., c. 1380-1400, 311). Or revendra Veir sa dame, et ja ne s'en tendra, Toutes les foiz qu'il lui en souvendra, Ne temps ne lieu par raison n'attendra. La penseront Ungs et autres qui ce regarderont.Et s'il s'en tient, Ie cuer ou corps lui rompt (CHART., D. fort., 187). f) A peu soi tenir que ... ne ... «S'empecher a peine de ... »: Yre adont vers l'oste se tire Et li a dit: «Ort, viel viellart! A pou me tieng que ne vous art En ce lit ou estes couche.» (LA BurGNE, Rom. deduis B., 1377, 192). 5. «Resister» a) Absol.: Beaulx seigneurs, dist ly chevaliers, se vous vous povez un pou tenir vous aurez par temps secours. (ARRAS, 100).Sarrasins se tindrent fort, car ilz furent grans gens. (ARRAS, 102). ... car la vie se tient et est conseruee en chaleur et en moiteur. (Cm., 218). Aprez que ceste ville fut prise, le duc Baudouyn fit une entreprise et par certains moyens print une ville dont le chasteau se tenoit. (BuErL, II, 115). Le Jouvencel,. qui estoit homme de guerre, ne pensa que a faire banne chiere et entreprendre sur ses ennemiz, et tant fist qu'il prist une ville qui avoit nom Cotre; mais le chastel se tenoit et estoit le chastel petit et n'y povoit pas grans gens. Le Jouvencel les cuida prendre par force et se y advisa et y perdist presque taut le jour. (BuEIL, II, 118). Le chasteau se tenoit. (TRING., 275). LucIFFER. Je meurs de dueil, je ne me puis tenir Hors du sens suis, pis c'un desmonyacle (LA VIGNE, S.M., 369). b) Soi tenir a qqc./ qqn: La fiert et cope et tue et maille, Quan qu'il ataint, tue ou mehaingne; N'est riens qui a ses cops se teingne. [«resister a ses coups» ou «resister a la comparaison s'agissant de ses coups»? ] (MACH., P. Alex., 71). Et ceulx leur comptent taute l'adventure, et comment le roy Guion d'Armenie et le maistre de Rades estoient desconfiz, si ne feust un chevalier tous forcenez qui y survint a taut un pou de gent et crie: Lusignen! et n'est nul qui a lui se puist tenir. [«qui puisse lui resister» ou «qui puisse soutenir la comparaison»? ] (ARRAS, 220). c) Soi tenir contre qqc.: Et l'incontinent ne se peut tenir contre concupiscences lesquelles pluseurs pourroient vaincre, car il sont mendres. (ÜRESME, E.A., 398). L'article TENIR du Dictionnaire du Mayen Fran1;ais 163 Faisons leur un bon poindre et nous tenons ensemble et tantost les verrez desconfiz se nous nous povons un pou tenir contre eulx. (ARRAS, 161). ... contre l'effort de ce deable ne me puiz je tenir. (ARRAS, 206). B. - Pronom. reciproque - La royne et la duchesce se tenoient par les mains (ARRAS, 282). C. - Pronom. passif - Li princes respondi: «Bien est. Je lo que cils consaus se teingne, Et que au matin chascuns reveingne. » (MACH., P. Alex., 149). Dont fu pris et asignes uns certains jours a estre a Gaind , liquels jours se tint. (FRorss., Chr. D., 341). ... au conseil de l'Eglise qui se tenoit en ce Palaiz royal (BAYE, II, 46). - [Avec un attribut de l'obj.pronom.] Et se tint la feste grande et belle (FROISS., Chr.D., 458). Paris Robert Martin La notion de corpus en moyen fram; ais* Le concept de moyen franfais n'est pas facile a cerner historiquement. Autrefois, ce concept faisait reference aux siecles XIV e -XVI e tandis que de nos jours nous avons tendance plutöt a renvoyer aux siecles XIV e et xv e exclusivement. J'ai d'ailleurs defendu ce decoupage dans mes Essais sur le moyen franr,;ais (Padova, 1977). N'empeche que dans notre Dictionnaire des locutions en moyen franr,;ais (Montreal 1991) le corpus des textes depouilles est beaucoup plus vaste. Bien sür, ce corpus est forme avant taut justement de textes des XIV e et xv e siecles; toutefois nous n'avons pas voulu que des bornes chronologiques etroites finissent par faire de la categorie historique «le moyen fran�ais» un compartiment etanche. Pour moi le moyen franfais, quel que soit son equivalent en dates, n'est qu'une etape de la langue dans son devenir. La presence dans le corpus de textes qu'on situe indeniablement dans «l'ancien franfais» (Roman de la Rose, Rutebeuf, etc.) permet de mieux situer dans le temps le patrimoine locutionnaire, de mieux voir la «vie» d'une locution. II aurait ete peu sage de laisser de c6te, par exemple, la plus ancienne attestation de avoir la puce en l'oreille (Dit de la tramontane), d'autant plus que les outils lexicographiques montrent une certaine incertitude sur son existence, en faveur de celle qui dans notre releve figure chez Deschamps, ou bien de negliger le faire des chasteaux en Espagne du Roman de la Rose, qui donne l'avant-goüt d'un groupe tres largement atteste par la suite et, si je ne m'abuse, encore vivant de nos jours. Nous n'avons pas mis non plus de borne fixe et inamovible a l'annee 1499 comme terme ad quem. Il y a dans cette option les raisons de continuite que je viens d'evoquer a propos du terme post quem. Mais il y a aussi le fait que sans cette option, des genres litteraires t�es representatifs pour notre corpus auraient ete comme mutiles: la nouvelle aurait ete representee par les Cent Nouvelles Nouvelles et, a la rigueur, par le Recueil de Sens, reduisant ainsi la portee de l'effort que nous avons fait afin d'inclure dans le corpus le Premierfait traducteur du Decameron (1414), actuellement inedit. Or, le corpus elargi de la nouvelle permettra d'etudier la langue dans une perspective plus sectorielle a taut le moins par l'impact du modele toscan sur la langue figuree d'un genre litteraire aussi important, d'autant plus que Le Magon donnern une nouvelle traduction du Decameron au xvr e siede, a l'instigation de Marguerite de Navarre. Quant au theätre comique, il aurait ete reduit a la Farce de maftre Pierre Pathelin et le chercheur aurait ete prive de cette * A l'occasion du Dictionnaire des locutions en moyen fram; ais, Montreal 1991. 166 Giuseppe Di Stefano source richissime que sont les differents recueils de farces et sotties. C'est pour la meme raison que nous avons aussi recueilli des temoignages de la predication au XVI e siede. En realite, il y a plus. Parmi les traits pertinents de la classification de l'ancienne litterature, il y a la question de l'attribution des textes, de la datation des textes, de la localisation des textes. Il y a en outre la question de l'authenticite des les;ons. Le redacteur d'un dictionnaire de la langue ancienne peut toujours renvoyer la balle dans le camp des editeurs. Quant a nous, disons que notre travail a ete influence par ces questions d'une maniere inegale. Nous n'avions pas a nous poser regulierement la question de l'attribution des textes, d'autant plus que nous avons oppose la variante accidentelle a la variante intentionnelle dans notre edition du Lais de Frans;ois Villon (Montreal 1988). Nous avons egalement laisse de cöte la question de la localisation. Par contre, nous savons parfaitement que la lecture des differents textes a ete cortditionnee par la qualite des editions. Le redacteur, tout comme les lecteurs, est a la merci de l'editeur d'un texte et cherche a se defendre avec les armes dont il dispose. Je dois avouer que tres souvent je suis reste perplexe devant des les;ons proposees par les editeurs. Certaines «fautes evidentes» pouvaient etre corrigees immediatement. Je mets dans cette categorie les les;ons «laissons le montrer ou il est», les;on proposee par Ward dans son edition d'Amerval. Plusieurs attestations dans la tres mediocre edition des Farces du recueil de Florence ont ete corrigees de la meme fas;on ou bien a l'aide des comptes rendus de Felix Lecoy et de Halina Lewicka. Dans d'autres cas, le redacteur du Dictionnaire doit s'appuyer sur des elements de paleographie. L'edition disponible du Livre du chevalier de La Tour Landry presente la les;on suivante au chap. III: et Just depuis banne dame et de notte, et de mault grant renommee. Aussi bien le Godefroy que le Tobler-Lommatzsch ont cite l'exemple-exemple unique, notons-le bien-de de notte 'notable'. Il est curieux de constater que nos attestations (Greban, Chastellain, ce dernier a completer au moins par deux autres attestations qui figurent dans la recente edition Delclos) portent toutes de grant note, tant et si bien qu'on peut se demander si le groupe de note n'est pas une attestation fantöme qu'il faudrait, jusqu'a plus ample informe, eliminer du corpus. Je pense qu'il faut lire plutöt devotte, qui convient parfaitement au contexte, d'autant plus que plus loin le texte porte deux fois le tres clair devot(t)ement. Dans d'autres cas nous avons accepte la les;on du texte du fait meme que l'attestation semble hors de doute, mais le doute est reste en nous. Je ne suis pas sür que le bailler de l'oignon qui figure parmi les variantes des Cent Nouvelles Nouvelles (XXXIII, 99) comme les;on alternative a bailler de l'oye ne soit plutöt un bailler de l'oyson bien lie au precedent par un rapport paradigmatique usuel tandis que, dans la situation syntagmatique dans laquelle se trouve oignon, les produits de la terre signifient generalement 'coups'. L'on voit ainsi que notre corpus est aussi stratifie que possible. Je veux dire par la La notion de corpus en moyen frarn;;ais 167 que, dans la mesure ou les editions nous l'ont permis, nous avons tenu campte egalement des variantes et non seulement du texte proprement dit qui, en principe et en principe seulement, nous propose le texte de l'auteur ou bien ce qui se rapproche le plus de l'original. La notion de texte authentique ou original est donc restee etrangere a nos preoccupations, car le corpus locutionnaire doit exister de par les attestations et non pas de par le proces fait aux degres d'authenticite d'une les;on par rapport exclusivement a l'auteur du texte. Le Berte d'Adenet le Roi presente, par exemple, la lei;;on voyent taut a vue (1529), mais les variantes temoignent de a ourne/ a plainlde voir. Ces variantes, irreductibles paleographiquement les unes aux autres, sont autant de choix de copistes: quelle que soit la lei;;on authentique, pour nous ce qui le plus importe c'est que les quatre formes sont toutes intentionnelles et possibles; c'est dire qu'un seul lieu a enrichi notre corpus locutionnaire de quatre exemples differents. L'on notera aussi que la tradition de ! 'Heptameron temoigne de l'existence de la double lei;;on avoir part au gasteau/ avoir part au butin (VIII). Pour nous il s'agit bel et bien de deux differentes locutions, bien attestees par ailleurs, qui s'inscrivent dans le paradigme avoir part: au gasteau/ au tourtet/ au butinlau marche. Dans le meme ordre d'idees, chez Gauthier de Coinci, la tradition, dans cette recherche d'un equilibre entre l'opacite et la transparence de l'enonce, offre a haut ton/ a haut son/ a haute voix, le troisieme groupe n'etant pas en rime avec les deux autres, tout comme la forme courante chanter d'autre Martin peut etre confrontee aisement a chanter d'autre latin tandis que chanter d'autre Renart peut plus facilement, mais non exclusivement, alterner avec chanter d'autre Bernart. La stratification des textes a l'aide de l'apparat des variantes nous ramene a la question de la datation des textes anciens. Je pense qu'il faut faire une distinction tres nette entre date de composition d'un texte et date de lecture ou de transcription du meme texte. Or, le plus souvent, la tradition manuscrite d'un texte temoigne de l'etape transcription ou lecture et moins de l'etape composition. Le corpus des textes depouilles pour le Dictionnaire des locutions en moyen franr,;ais offre plusieurs exemples de cette situation. Rappelons seulement le cas du Jouffroi de Poitiers, texte que nous avons insere dans notre corpus meme si dans l'edition le titre est suivi de la mention, juste par ailleurs, «roman d'aventure du debut du XIII e siede». Or, l'unicum qui nous a transmis le texte est du debut du XIV e siede, ce qui rappelle en nous l'opposition entre langue de composition d'une ceuvre et langue de lecture. C'est le cas d'ailleurs du theatre. Certes, les plaquettes qui souvent nous ont garde farces et sotties sont du XVI e siede. Mais il est a peu pres assure qu'un bon nombre de ces pieces date du siede precedent. On notera aussi que le raisonnement peut etre porte a la limite. Personne ne saurait mettre en doute le fait que le Roman de la Rose (premiere et/ ou deuxieme partie) et le Testament de Villon a des siecles ici a 168 Giuseppe Di Stefano des etats de la langue) bien differencies. Il n'en reste pas moins que le Roman de la Rose etait regulierement copie a l'epoque de Villon ainsi qu'apres: Oll placer les attestations, sans aucun doute des innovations, presentes dans les copies les plus tardives? Montreal Giuseppe Di Stefano Composition savante et moyen fran�ais 0. La morphologie frarn;:aise presente une organisation particuliere. Pour la derivation aussi bien que pour la composition il faut distinguer entre derivation et composition savants d'une part et derivation et composition non savants d'autre part. Dans ZwANENBURG 1987 j'ai argue que ces quatre types de formation des mots constituent autant de couches dans la structure morphologique d'un mot frarn;:ais. On peut constater que la combinaison de constituants savants et non savants exige toujours que les constituants non savants soient peripheriques par rapport aux constituants savants. Allant du centre du mot vers la peripherie, on rencontre successivement: (1) composition savante derivation savante derivation non savante composition non savante Dans ZwANENBURG 1991 j'ai argue que le rapport entre derivation savante et non savante dans la hierarchie de (1) s'explique dans une perspective historique par l'emprunt au latin et le developpement lexical et phonologique du moyen fran9ais. Dans cette contribution j'aimerais montrer qu'il en est en principe de meme pour la place de la composition savante dans la hierarchie de (1). La difference, c'est qu'il y a un certain decalage dans le temps par rapport a la derivation savante, que le grec joue cette fois-ci un röle important a cöte du latin, et enfin que le point de depart se situe dans la structure meme de ces deux langues. A cet effet je discuterai dans la section 1 la situation en fran9ais moderne. Dans la section 2 je rappellerai le developpement historique de la derivation savante. Dans la section3 j'examinerai de plus pres la nature de la composition savante en fran9ais moderne, et dans la section 4 ses origines et son developpement en moyen fran9ais, y compris le 16 e siede. Dans la section 5, enfin, j'essayerai de degager les facteurs qui expliquent que ce developpement ait abouti a la situation actuelle, et notamment a la hierarchie illustree dans (1). 1. Pour nous faire une idee du statut de la derivation et de la composition savantes et non savantes en fran9ais moderne, considerons les mots pere et fleur avec leurs derives et composes savants dans (2)(a) et leurs derives et composes non savants dans (2)(b). (2)(a) pere fleur derivation savante patr-ie flor-al composition savante patri-arche flori-lege 170 (b) pere fleur Wiecher Zwa11e11burg derivatio11 11011 sava11te per-ot fleur-ette compositio11 11011 sava11te beau-pere fleur de fari11e Bien que la distinction entre les deux sortes de derivation et de composition ait son origine dans l'histoire du frarn;:ais, il est important de faire observer qu'en frarn;:ais moderne il s'agit d'une distinction reguliere de nature purement synchronique. Deux particularites separent la formation des mots savants et non savants en franyais moderne. Tout d'abord, comme les exemples de (2) permettent de le constater, les derives et composes savants presentent certaines alternances que ne presentent pas les non savants. Dans (2) ce sont les alternances e / a et ce / o. En fait, il y a toute une serie d'alternances qui ne se rencontrent que dans les derives et composes savants. On peut s'en faire une idee en consultant DELL-SELKIRK 1978). En second lieu, dans la structure des mots les deux sortes de derivation et de composition prennent chacune leur propre place hierarchique. PICHON (1942) a deja observe qu'une base savante peut se combiner avec un suffixe savant aussi bien que non savant. Mais une base non savante ne peut se combiner qu'avec un suffixe non savant, temoins les exemples suivants, avec germinet -ation savants et germet -aison non savants: (3) (a) germi11-atio11 (b) *germ-atio11 germi11-aiso11 germ-aiso11 Cela est illustre pour chaque paire de niveaux successivement dans (4): (4) (a) compositio11 sava11te au-deda11s de derivatio11 sava11te: [acro-bat]ique, [aristo-crat]ie (b) derivatio11 sava11te au-deda11s de derivatio11 11011 sava11te: [perfect-io1111]eme11t, [scar-ifi]age (c) derivatio11 11011 sava11te au-deda11s de compositio11 11011 sava11te: fra11c-[tir-eur], [jardi11-ier], [fleur-iste] 2. Cela dit, considerons la fayon dont l'histoire du franyais peut expliquer le fait que d'apres (1) la derivation savante se situe au-dedans de la derivation non savante. Pour le faire je rappellerai ce que j'ai dit dans ZwANENBURG 1991. Historiquement parlant, la hierarchie proposee dans (1) pour la derivation savante et non savante s'explique en premier lieu par le fait que les affixes savants ont commence leur carriere comme constituants de mots latins empruntes, qui par definition n'admettaient des affixes non savants qu'a la peripherie. Mais en ancien franyais certains d'entre eux etaient devenus suffisamment independants pour entrer dans des combinaisons non empruntees au latin. Souvent ils se combinaient avec des constituants empruntes au latin eux-memes. Mais il y avait une certaine tendance a la combinaison avec des constituants non savants, et Composition savante et moyen fram;:ais 171 par 1a a violer la hierarchie provenant de leur origine. Quelques exemples en sont ceux de (5), tous les deux avec un suffixe savant suivant une base non savante. (5) (a) delit-atio11 (au lieu de: delect-atio11) (b) ordo11-aire (au lieu de: ordi11-aire) Ce n'est que le developpement phonologique du moyen frarn;:ais qui a permis d'opposer systematiquement derivation savante et non savante a l'aide des alternances comme celles de (2). En meme temps on a emprunte en masse des mots latins a cette epoque, ce qui a fait naitre toute une serie d'affixes savants independants et productifs. Ces deux developpements ensemble ont permis de regulariser le rapport entre derivation savante et non savante. Et cela s'est fait sur la base de ce qui etait reste jusque-la la situation la plus courante, c'est-a-dire derivation savante a l'interieur de derivation non savante. 3. Abordons maintenant le sujet proprement dit de cette contribution, a savoir la composition savante en franfais moderne et son developpement depuis l'epoque du moyen franyais. La composition savante du franyais moderne pose de tout autres problemes que la derivation savante. Structurellement parlant il y a des differences tres tranchees entre composition savante et non savante. En premier lieu la composition savante opere avec des meines qui souvent ne se rencontrent pas a l'etat isole, 1a ou la composition non savante opere avec des mots. Comparez par exemple -arche et-lege en composition savante dans (2)(a). Pour ! es composes non savants il faut meme se demander si beaucoup d'expressions du franyais moderne considerees traditionnellement comme telles ne sont pas simplement des groupes de mots plus ou moins figes, tels beau-pere et fleur de farine dans (2)(b). Ensuite la composition savante a en general le determine ou la tete a droite, tandis que la composition non savante l'a en general a gauche, temoin les exemples de (6) avec la tete en italique: (6) (a) sava11t: flori-lege bio-graphe 11011 savant: timbre-poste moulin a vent Au point de vue morphophonologique, la composition savante presente en general une voyelle thematique sur le premier constituant, normalement -isur un constituant de forme latine et -osur un constituant de forme grecque. Cette voyelle est absente dans la composition non savante. Finalement, la composition savante a le plus souvent recours a des elements grecs, 1a ou la composition non savante opere avec des mots dont la grande majorite 172 Wiecher Zwanenburg remonte au latin. Dans une perspective synchronique cela veut dire que c'est seulement pour les composes savants peu nombreux a constituants latins qu'on peut s'attendre a des alternances comme celles de (2). C'est que ces alternances representent deux resultats differents de la meme origine latine, ce qui ne vaut evidemment pas pour les composes savants a constituants grecs. Sur ces quatre points le rapport entre composition savante et non savante se distingue de celui entre derivation savante et non savante. La derivation savante apere plus souvent avec des mots qu'avec des racines, elle a en general la tete a droite, elle apere aussi souvent sans voyelle thematique qu'avec, et elle utilise en general des constituants d'origine latine, ressemblant a tous ces egards a la derivation non savante. Ces quatre points sont illustres dans (7), ou les tetes sont en italique: (7) savant: sentiment-al non savant: court-ois 4. Historiquement parlant la composition savante presente aussi une taut autre image que la derivation savante. Apres l'abandon de la composition thematique en latin vulgaire nous trouvons un emploi assez limite de la composition de mots en ancien frans;ais. Cet emploi s'etend en moyen frans;ais, en particulier pour un des types de composes les plus caracteristiques des langues romanes, a savoir les composes [V N]N illustre dans (8): (8) porte-faix La composition savante se rencontre isolement des les 14 e et 15 e siedes, et elle recourt alors surtout au latin. Mais elle ne semble prendre de l'essor qu'au 16 e siede, en recourant surtout au grec. Cela tient sans doute au fait que le latin utilisait la composition beaucoup moins que le grec, et que l'interet pour la culture et la langue grecques ne s'est bien developpe qu'au 16 e . La composition savante semble donc s'etre developpee dans l'ensemble plus tard que la derivation savante. D'apres BRUNOT (1922: 239-241) c'est au 16 e siede qu'on commence a creer en grand nombre des derives et composes savants qui n'ont pas de modele latin ou grec. Mais il ne differencie pas entre derives et composes, et les exemples qu'il donne sont presque tous des derives. Or, pour la derivation j'ai montre dans Zw ANENBURG 1991 que meme en ancien frans;ais certains affixes d'emprunts etaient devenus suffisamment independants pour entrer dans des combinaisons non empruntees au latin. Et cela vaut a plus forte raison pour les 14 e et 15 e siedes. J'aimerais examiner ici ce qui en est de la composition savante. Pour le faire je me baserai sur un modeste echantillon que nous fournissent les glossaires de RICKARD 1976 et 1968, deux recueils de textes du 15 e et du 16 e siede Composition savante et moyen fran1;ais 173 respectivement. Les genres de textes representes sont assez varies. Tous les mots de ces textes, au nombre de ± 4400 et de ± 3220 respectivement, ont ete recenses dans les glossaires. Je ne crois pas que nous ayons besoin d'un echantillon numeriquement plus important pour nous aider a reconnaitre les lignes generales du developpement. Je m'imposerai deux restrictions pour ne pas fausser les resultats. En premier lieu je laisserai de cöte les mots a elements prepositionnels savants, qu'ils soient d'origine latine comme predans pre-face ou d'origine grecque comme apodans apo-logue. Deja dans la composition non savante il est difficile de separer les prefixes d'avec les prepositions. Et dans la composition savante cela est encore plus difficile, puisqu'une preposition latine ou grecque peut ne plus se rencontrer en frarn; : ais comme mot et quand meme se comporter comme un element de composition plutöt que comme un prefixe. En second lieu je laisserai de cöte pour le decompte la finale de mot-ifi-(er), dont on peut se demander si c'est un suffixe ou un element de composition en frarn; ais. Je tends a favoriser la derniere analyse. On trouvera dans (9) tous les composes du corpus et les composes seulement, qu'ils soient enchasses dans la derivation ou non. Ainsi les mots miseri-cors, misericord(e) et miseri-cord(ieusement) ont apporte un seul compose. Les composes en italique manquent d'un modele litteral en latin ou en grec. Les composes pourvus d'un asterisque proviennent de textes latinisants plaisants, a savoir pour le 15 e siede la Lettre de Philippe du milieu du siede, et pour le 16 e le Champfleury (1529) de GEOFFROY TORY et le Pantagruel (1532) de RABELAIS. (9) 15 e siede: astro-log(ien) beni-vol(ence) *celi-fere conne-stable cruce-fy *cuncti-pot(ent) *cyro-graphe epi-dem(ie) equi-son(ance) equi-vocque euv-angile homi-cide ier-arch(ie) kyri-eleison *largi-flu magni-fest(ement) magni-fique mani-cord(ion) *matri-monie melen-col(ique) miseri-cors monte-pli-(er)/ multi-pli(er) 16 e siede: arti-fice *astri-pot(ent) bene-dic(tion) beni-vol(ence) bin-arch(ie) *carni-forme deca-log(icque) demono-man(ie) equi-noct(ial) equi-pol(er) fronti-spice historio-graphe labyr-inthe lani-gere *latini-come limi-trophe magni-fique *mali-vole manu-fact(ure) *mirili-fique miseri-corde mundi-fic(ation) 174 mori-gin(e) non-obstant omni-pot(ent) parti-cip(er) *pater-familias penthe-couste pen-ult(tieme) phizo-nom(ie) ratio-ein(acion) sacre-fice satis-fac(ion) sir-urgie ypo-tame Wiecher Zwanenburg necro-manc(ien) non-obstant olig-arch(ie) *olympi-cole *omni-forme *omni-gene *omni-juge pan-carte pan-dec(tes) parti-cip(ant) satis-fai(re) signi-fic(atif) tergi-vers(ation) uni-vers verbo-cin(ation) *veri-forme *veri-smile vili-pend(er) Pour le decompte je negligerai les composes qui ne se rencontrent que dans les textes plaisants mentionnes. Pour autant que les echantillons etablis ainsi peuvent etre consideres comme representatifs, ils confirment quantitativement le decalage dans Je temps de Ja composition savante par rapporta la derivation savante. Les promillages sont marques dans (10). Pour le 15 e siede iJ y en a 29 sur 4400, soit un peu moins de sept sur mille, pour le 16 e 29 sur 3220, soit un peu plus de neuf sur mille. S'il est permis de tenir compte aussi des composes des textes plaisants, les promillages, marques avec des asterisques dans (10), ne sont pas fondamentalement differents. Ils sont d'un peu moins de huit sur mille et d'un peu plus de douze sur mille respectivement. (10) 15 e siede: 29/ 4400 = ±711000 *35/ 4400 = ± 8/ 1000 16 e siede: 29/ 3220 = ± 9/ 1000 *40/ 3220 = ± 12/ 1000 De toute fa9on ces promillages sont numeriquement modestes, meme pour le 16 e siede. II faut attendre probablement le 18 e siede pour les voir augmenter considerablement. Un echantillon de chaque dixieme page du dictionnaire etymologique du fran9ais moderne de Bloch/ von Wartburg nous fournit un peu plus de 33 composes savants sur mille mots. Quanta leur nature, les 29 composes savants recenses pour le 15 e siede, ceux des textes plaisants exdus, ont tous un modele latin, meme s'ils remontent en derniere analyse au grec. La seule exception est non-obstant, qui est une creation fran9aise du 13 e siede. Or, ce mot est de toute fra9on exceptionnel. D'abord il remonte, comme d'ailleurs connestable et pater familias, a un syntagme. Et en outre il peut etre interprete comme un compose non savant, puisque non n'est pas necessairement savant et dans la derivation non savante on peut toujours combiner des mots Composition savante et moyen fram;;ais 175 savants, tels formule-miracle et mecanisme de precision. En d'autres termes, pour le 15 e siede nous ne rencontrons pas de vraies creations de composes savants. Des 29 composes savants recenses pour le 16 e siede il y en a trois sans modele litteral, a savoir le meme non-obstant plus bin-arch(ie) et demono-man(ie), le second avec un element latin et un element grec, le troisieme avec deux elements grecs. Tous les autres ont de nouveau un modele latin, meme s'ils remontent en derniere analyse au grec. Parmi les composes des textes plaisants, seuls certains du 16 e s. manquent d'un modele litteral, a savoir astri-potent, carni-forme, latini-come, mirili-fique, olympicole, omni-juge et veri-forme. Vu le caractere particulier des textes d'ou ils proviennent, il faut se garder de vouloir en condure trop. Mais il est interessant de voir qu'on retrouve la tendance signalee ci-dessus. La comparaison avec les derives savants, etudies dans ZwANENBURG 1991, permet de condure que le developpement de la composition savante presente un certain decalage dans le temps. Ce decalage concerne le nombre des composes savants aussi bien que le degre de leur dependance par rapport a des modeles litteraux en latin ou en grec. 5. Examinons maintenant la fa<;:on dont l'extension de la composition savante depuis le 16 e siede notamment peut contribuer a expliquer sa place dans la hierarchie des procedes de formation du fran<;:ais moderne indiquee dans (1). Nous avons vu dans la section 3 que la composition savante se distingue par quatre proprietes de la composition non savante. Elle opere avec des meines qui souvent ne se rencontrent pas a l'etat isole, eile a en general le determine ou la tete a droite, elle presente en general une voyelle thematique sur le premier constituant, soit -i-, soit -o-, et elle a le plus souvent recours a des elements grecs. Voyons quel röle ont pu jouer ces proprietes dans le developpement de la composition savante, et en particulier comment elles ont pu contribuer a lui donner le statut illustre dans (1). Evidemment le fait qu'elle opere avec des meines qui ne se rencontrent pas a l'etat isole y est pour quelque chose. Cela rendait difficile d'en extraire des mots qui pourraient commencer une existence independante et eventuellement entrer dans des composes non savants. Cet effet negatif etait encore renforce par la presence d'une voyelle thematique de meme que par le fait qu'elle avait la tete a droite, deux autres proprietes qui la distinguaient de la composition non savante. Le peu d'independance des elements peut expliquer la non confusion entre composition savante et non savante. Mais elle ne saurait expliquer pourquoi la composition savante n'alterne pas librement avec la derivation, qui opere toujours avec des elements dependants, a savoir des affixes. En outre, la derivation a normalement la tete a droite, comme la composition savante. C'est ici qu'il faut faire intervenir un autre fait, a savoir que la composition savante peut avoir recours entre autres a des elements d'origine latine. Et, pour 176 Wiecher Zwanenburg autant qu'elle le fait, elle presente les memes alternances caracteristiques que la derivation savante, temoins par exemple flor-al et flori-lege dans (l)(a). Or, la nature particuliere de ces alternances, qui se manifeste aux 14 e et 15 e siedes, a permis de separer des cette epoque la composition savante de la derivation aussi bien que de la composition non savante. Et ce facteur a pu jouer d'autant mieux que, d'apres ce que nous avons vu, la composition savante etait surtout d'origine latine au debut. Cependant, tout cela n'aurait pas necessairement du empecher la composition savante d'alterner librement avec la derivation savante. Pour expliquer qu'il n'en est rien en realite, il faut tout d'abord renvoyer a la presence d'une voyelle thematique. Cette presence en elle-meme ne permet peut-etre pas de distinguer la composition savante de la derivation, qui en fait usage aussi dans pas mal de cas. Mais c'est la presence systematique de -iet -oqui caracterise tres nettement la composition savante par opposition a la derivation savante. A cet egard il est interessant de constater que le developpement historique du comportement morphophonologique de la composition savante est comparable a celui de la derivation savante. En ancien frarn;;ais la distinction morphophonologique entre composition savante et non savante est encore hesitante, et nous avons vu ci-dessus que ce n'est que le developpement phonologique du moyen franc;ais qui a permis d'opposer systematiquement derivation savante et non savante a l'aide d'alternances comme celles de (2). Parmi les proprietes morphophonologiques de la formation savante figure depuis le moyen franc;ais l'absence de schwa dans les mots savants. Or, dans nos composes savants du 15 e siede nous trouvons encore quelques exemples avec schwa au lieu de i-, a savoir au lieu de cruci-fix et sacri-fice les formes cruce-fy et sacre-fice. Il en est de meme dans monte-pli(er), qu'on rencontre a cöte de multi-pli(er). Toutes ces formes remontent a l'ancien franc;ais. Les composes savants du 16 e siede ne presentent plus du tout de tels exemples. La presence systematique des voyelles thematiques -iet -oa donc permis de tenir separees la composition savante et la derivation savante. Mais il faut penser que c'etait une condition necessaire plutöt que suffisante. Un facteur au moins aussi important doit etre le fait que les langues dassiques elles-memes avaient generalement la composition a l'interieur de la derivation. En resume, le point de depart de la derivation savante, les modeles grec et latin, presentait la composition savante a l'interieur de la derivation. Et la nature morphophonologique de la composition savante, a savoir la presence des voyelles thematiques -iet -o-, etait suffisamment caracteristique par rapport aux trois autres modes de formation des mots pour que cette situation ait pu se maintenir, meme au moment, mettons le 16 e siede, Oll l'on commenc;ait a creer des composes savants en dehors dt:s emprunts directs au latin et au grec. 6. Somme toute, nous avons vu qu'en franc;ais moderne la composition savante s'oppose par certaines proprietes formelles a la composition non savante et a la Composition savante et moyen fran�ais 177 derivation savante et non savante. En outre, elle occupe la couche interieure dans la stratification morphophonologique de ces differents modes de formation des mots. J'ai rappele que la place de la derivation savante dans cette hierarchie, audedans de la derivation non savante, s'explique par ses proprietes morphophonologiques, qui ont permis de la tenir separee de la derivation non savante. Nous avons constate ensuite que la composition savante suit avec un certain decalage dans le temps l'exemple de la derivation savante. La difference essentielle, c'est que la cle du developpement de la derivation savante se trouve dans la rencontre entre l'emprunt au latin, d'ou a pu se developper la derivation savante, et la derivation non savante du fran9ais. Dans le cas de la composition savante le point de depart se situe dans les langues memes auxquelles on emprunte: elles presentent deja la composition a l'interieur de la derivation. Le röle des autres facteurs est comparable dans les deux cas. Ces facteurs, surtout morphophonologiques, ont permis de maintenir ce qui etait donne comme point de depart, a savoir la place dans les deux couches interieures de (1) de la composition savante et de la derivation savante. Utrecht Wiecher Zwanenburg Bibliographie BRUNOT, F. 1922: Histoire de la langue fram;;aise, vol. 2. Le seizieme siecle, 2e edition revue et corrigee, Paris 1965 DELL, F. C./ SELKIRK, ELISABETH 0. 1978: «On a morphologically governed vowel alternation in French», in: S.J. KEYSER (ed.), Recent Transformational Studies in European languages, Cambridge Mass., p. 1-51 PrcHON, E. 1942: Les principes de la suffixation en fram; ais, Paris RrcKARD, P. 1968: La langue fram; aise au seizieme siecle, Cambridge RrcKARD, P. 1976: Chrestomathie de la langue fram; aise au quinzieme siecle, Cambridge ZWANENBURG, W. 1987: «Le statut de la formation des mots savants en fram;:ais et en anglais», in: FRAN<:_;OISE ALGARDY et al. (ed.), La fertilisation terminologique dans les langues romanes = Meta 32/ 3, 223-229 ZWANENBURG, W. 1991: «Derivation savante et moyen fran�ais», in: S. CrGADAIANNA SLERCA (ed.). Le moyen fram;;ais: recherches de lexicologie et de lexicographie, Milan, p. 83-92 Kopplungsadverbien ci, ra, Ja und illec im Mittelfranzösischen* Mit Le signe et la mention: Adverbes embrayeurs ci,ya,la,ilvec en moyen fram; ais (XIV e _ xv e siecles) hat Michele PERRET die erste umfassende Studie der deiktischen Lokaladverbien im Mittelfranzösischen vorgelegt.Auf der Basis eines großen Korpus untersucht sie die Funktionen von ci, <;a, la und ilvec in drei synchronischen Schnitten,nämlich um 1300,um 1400 und um 1500. In früherer sprachwissenschaftlicher Literatur (z. B. BRUNOT 1905, GuIRAUD 1966, MARCHELL0-N1z1A 1979 und MARTINIWILMET 1980) finden die Phänomene lokaler Deixis kaum Beachtung; die Elemente -ci und -la werden nur kurz als Verstärkungssuffixe für Demonstrativa genannt. Nur ein Aufsatz befaßt sich speziell mit «ici, la et leur groupe » (FOULET 1954). 1. <Embrayage>, Indexikalität, Deixis Die genannten Adverbien bilden ein Mikrosystem von Ausdrücken,die den Raum strukturieren; dabei ist ihre Bedeutung an die jeweilige Äußerungssituation gekoppelt. Sie werden deshalb von PERRET als «adverbes embrayeurs » bezeichnet. «Embrayeurs » ist ein Terminus, den JAKOBSONS Übersetzer Ruwet benutzt, um den Begriff «shifters » wiederzugeben (jAKOBSON, Übers. 1963: 178). JAKOBSON erklärt wie folgt: «[...] the general meaning of a shifter cannot be defined without a reference to the message. » (1971: 131) Diese Charakterisierung ist für deiktische Lokaladverbien jedoch nicht ausreichend. Gemeinsam mit REICHENBACH (1947: 4), PEIRCE (BuRKS 1949: 674,677,682,687) und BAR-HILLEL (1954: 365) bezeichnet ]AKOBSON «shifters » auch als «indexical symbols » , weil sie zwei Funktionen in sich vereinigen: Einerseits sind sie durch Konvention mit dem repräsentierten Objekt verbunden (Symbol), andererseits stehen sie in existentieller Beziehung zu diesem Objekt (Index) (1971: 132). REI- CHENBACH verwendet ferner den Begriff «token-reflexive » (1947: 284), um Ausdrücke zu benennen,die in Beziehung zu ihrem eigenen Vorkommen stehen. In der Tradition der französischen und der deutschen Sprachwissenschaft (z.B. BüHLER 1934) wird statt «Indexikalität » der engere Begriff «Deixis » verwendet. BENVENISTE nennt die deiktischen Ausdrücke«un ensemble de signes <vides>,non referentiels par rapport a la <realite>, toujours disponibles, et qui deviennent * Aus Anlaß von MrCHELE PERRET, Le signe et la mention, Geneve 1988. 180 Birgit Gerecke <pleins> des qu'un locuteur les assume dans chaque instant de son discours.» (1956: 36) Ihre Referenzsättigung und damit ihre vollständige Bedeutung ergibt sich erst mithilfe eines Bezugssystems, in dessen Mittelpunkt der Sprecher der Äußerung steht. Die <Origo> des <Zeigfeldes der Sprache> ist nach BüHLER das «hier, jetzt, ich» (1934: 102), nach DAMOURETTE/ PrcHON entsprechend «moi, ici, maintenant». Während BüHLER die Deixis ad oculos und die Deixis am Phantasma von der Anapher unterscheidet (1934: 80, 121, 123), differenziert HEGER zwischen Außendeixis und Innendeixis (1965: 85), WuNDERLI zwischen «deixis reelle» und «deixis textuelle» (1992: 18). Die phorische, d. h. innertextliche Verwendung deiktischer Ausdrücke entspricht einer Ausdehnung der deiktischen Funktion. Nicht immer kann eine deutliche Trennung zwischen Deixis und Phorik erfolgen; es gibt sowohl Zwischen- und Mischformen als auch Mehrdeutigkeit im Gebrauch (vgl. PrNKAL 1985: 34). PERRET trennt Exophorik auf der einen Seite und Anaphorik oder Endophorik auf der anderen Seite. Deiktische Elemente, sagt sie, verweisen auf extra-diskursive Objekte, sie verhalten sich exophorisch; anaphorische Elemente werden durch ein präzises Diskurselement im Kontext gesättigt, endophorische bleiben ungesättigt (1988: 22s.). 2. Entwicklung des Systems deiktischer Lokaladverbien im Französischen Aus den lateinischen Termini (ecce) hie, (ecce) hac, illac und illuc bildeten sich im Altfranzösischen die Wörter ci, r;a, la und illec (vgl. BüHLER 1934: 90, FOULET 1954: 433, PERRET 1988: 41). Aus der Dreiteilung des Raumes im Lateinischen - . Ort des Sprechers, des Angesprochenen, des Besprochenen wurde im Altfranzösischen eine Zweiteilung (vgl. WAGNER 1967: 73s. und 1973: 604). Ci und r;a verweisen auf den Raum des Sprechers, la und illec auf einen Raum, der den Sprecher nicht einschließt (vgl. MorGNET 1976: 284 und WuNDERLI 1980b: 10). Dabei ist es im Wesentlichen auch im Mittelfranzösischen geblieben. FOULET beklagt den Mangel an Symmetrie, der sich daraus ergibt, daß für den Ort des Sprechers die Trennung zwischen ci und r;a mit den Merkmalen [-Bewegung] bzw. [+Bewegung] erfolgt, während es für den Ort des Nicht-Sprechers eine solche Unterscheidung nicht gibt. La, sagt er, kann sowohl Ruhe als auch Bewegung ausdrücken (1954: 434s.). Richtiger ist: es kommt in Verbindung mit Verben der Ruhe und der Bewegung vor. Im Altfranzösischen werden Bewegungsverben von Lokaladverbien begleitet, die die Richtung der Bewegung angeben (vgl. WAGNER 1967: 73), aber diese Funktion geht im Mittelfranzösischen verloren. Eine weitere Veränderung, die sich im System der Adverbien lokaler Deixis vollzogen hat, ist die, daß la zunehmend die Rolle von ici übernimmt (vgl. DAMOU- Kopplungsadverbien ci, 9a, la und illec im Mittelfranzösischen 181 RETTE/ PrcHON VI, 1940: 440). Erste Anzeichen dafür gibt es bereits im Mittelfranzösischen (vgl. FOULET 1954: 454 und PERRET 1988: 265s.). Zum Ausgleich geschieht der Verweis auf Orte, die den Sprecher nicht einschließen, immer häufiger mit la-bas (vgl. FouLET 1954: 456 und PERRET 1988: 267). 3. Prämissen PERRET grenzt ihren Untersuchungsgegenstand wie folgt ein: Es sind lokale Adverbien, die nicht als Präpositionen fungieren können, die nur je ein Morphem enthalten, die das Präfix ierhalten können. Das Präfix i-, das nach FouLET eine betonte Form markiert (1954: 450) und nach WuNDERLI einen «code solennel» konnotiert (19806: 4), erscheint in den Wörtern ici (bzw. icy, yci, ycy), in i<:;a und ila, in icist, icel, itel, itant und weiteren Demonstrativa, aber nur in ici hat es Bestand. Im 16. Jh. wird ci von ici vollständig abgelöst (vgl. FoULET 1954: 436s., MARCHELLO-NIZIA 1979: 237, PERRET 1988: 51s). Andere alternative Formen für die betrachteten Adverbien sind lediglich graphische Varianten; so existieren ci und cy; �a, sa, cha und cza; la und la; illec, ilvec, iluec, ilueques, aluec, aluecques, alec und alues. Ich verwende im Folgenden für generische Aussagen die Schreibweisen (i)ci, �a, la und illec. Für ihre Untersuchung, die im Wesentlichen auf ci und la beschränkt ist, geht PERRET von folgenden Prämissen aus (vgl. 1988: 54): (i)ci ist selbstbezüglich («sui-referentiel»), d. h. es referiert auf den Ort seines eigenen Vorkommens; es ist nicht lückenhaft, also eigengesättigt; es dient nur zur exophorischen Referenz; es ist nicht deiktisch, d. h. kann nicht von einer Zeigegeste begleitet werden; la ist nicht-selbstbezüglich, lückenhaft, d. h. ungesättigt; es benötigt Sättigung durch Deixis oder Anapher. 4. Ci 4.1. Ci in direkter Rede Bezogen auf die reale Welt kann ein Satz, der ci in Verbindung mitje und dem Verb estre enthält, nur im Indikativ Präsens stehen, und er kann dabei weder verneint noch in die Interrogativform gesetzt werden (vgl. PERRET 1988: 61-63): (1) «Dame, n'aies garde, car je suis ci.» (Joinville, § 397, nach PERRET 1988: 61) 182 Birgit Gerecke «Je suis ici» ist eine Tautologie, aber «Je ne suis pas ici» ist semantisch inakzeptabel (vgl. PERRET 1988: 59 und WUNDERLICH 1971: 157). Ci ist der Ort des je zum Zeitpunkt der Äußerung (im Folgenden «T 0 »). Die zweite oder dritte grammatische Person kann in Sätzen mit ci und estre auch in der Verneinung oder im Konjunktiv vorkommen (vgl. PERRET 1988: 64-66): (2) «Ha, frere Bernard, que n'estes vous cy! » (Cent Nouvelles Nouvelles, 261) (l)ci, sagt PERRET, referiert auf den Raum, den der Sprecher einnimmt, es kann jedoch nicht auf einen präzisen Punkt in diesem Raum referieren (vgl. 1988: 72s., 77; vgl. auch KLEIN 1978: 30, 35 und 1982: 164s.). Der Umfang von (i)ci ist stufenlos variabel. Je größer das Objekt ist, das in den Aufmerksamkeitsbereich einbezogen werden soll, desto größer muß der Blickwinkel sein; die aktuelle Äußerungsbedeutung von ci wird dadurch eindeutig: (3) ... envers Dieu n'est pas cellui le plus grant qui est yci le plus hault esleve en honneurs, mais cellui qui est le plus juste en terre est le greigneur ou ciel. (Trois Vertus, 29) PERRET erwähnt nicht, daß der Raum, auf den (i)ci referiert, nie unendlich groß sein kann, weil (i)ci und la sich komplementär verhalten. Es gibt kein (i)ci ohne ein (zumindest implizites) la. Personen werden eher in den Ort (i)ci eingeschlossen als unbelebte Objekte (vgl. PERRET 1988: 74). PERRET glaubt, daß dafür die (aktive oder passive) Teilnahme am Gespräch maßgeblich ist (vgl. p. 74, 76). Es handelt sich um eine Art Zeugenanrufung: (4) «Mes dames et mes damoiselles, j'ay la charge de par monseigneur qui cy est, et ceulx de son conseil, vous dire en bref la cause pourquoy vous estes icy mandees.Il est vray que monseigneur, son conseil et son peuple qui cy est, ont tenu a ceste heure ung petit chapitre du fait de leurs consciences; ...» (Cent Nouvelles Nouvelles, 222) Nach PERRETS Terminologie ist (i)ci nicht deiktisch, weil es, wie sie meint, nicht von einer Zeigegeste begleitet wird (vgl. 1988: 34, 72). Sie fragt sich deshalb, ob (i)ci in (5) überhaupt eine Funktion hat. Sie spricht von <pragmatischer Redundanz>, weil zwei gleichwertige Lokalisierungen nebeneinandergestellt sind, die eine Schein-Kataphorik bewirken. (5) Et se tenoit le dit seigneur pour ses matieres icy a Lyon ... (Commynes II, 106, nach PERRET 1988: 251) Handelt es sich um Koreferenz zweier voneinander unabhängiger Elemente, die in Apposition stehen, oder um kataphorische Referenzsättigung? PERRET sagt, icy fügt der Aussage nichts hinzu (1988: 252). Ich denke, mit diesem icy tritt der Ich- Kopplungsadverbien ci, s;a, la und illec im Mittelfranzösischen 183 Erzähler in Erscheinung. Er liefert die zusätzliche Information, bzw. er erinnert daran, daß er sich in T 0 , d.h. zum Zeitpunkt des Niederschreibens, ebenfalls in Lyon aufhält. 4.2. Ci als textdeiktisches Element Neben der Referenz auf den Ort, an dem sich der Sprecher der Äußerung in T 0 befindet, hat (i)ci eine zweite wichtige Funktion: Es verweist häufig auf Elemente innerhalb der räumlichen Ausdehnung des Textes. Origo ist dabei der in T 0 geschriebene bzw.gelesene Satz. 4.2.1. Textstrukturierung In textbegrenzender Funktion ist (i)ci typischerweise topikalisiert: (6) Ci commence le livre des III vertus a l'enseignement des dames. (7) Ci dit comment ! es III vertus ... (Trois Vertus, 7, 10) Laut PERRET ist dies eine strikt selbstbezügliche, performative Verwendung von ci; sie sagt: «[...] il ne designe que la place occupee par ses graphemes » (1988: 107; vgl. auch p. 7 2, 263); «[...] il y a cofacidence absolue du symbole et de son referent » (119). PERRET bezieht sich dabei auf BENVENISTE, der die Selbstbezüglichkeit als die besondere Eigenschaft performativer Äußerungen herausstellt: «L'enonce qui se prend lui-meme pour reference est bien sui-referentiel. » (1966: 274) In textstrukturierendem Gebrauch, meint PERRET, referiert ci auf den Ort seines Vorkommens, wobei der Sprecher unberücksichtigt bleiben könne (vgl.1988: 119). Sie hält die Abwesenheit eines Sprechers für ein Charakteristikum der magischen mittelalterlichen Schrift, die sich selbst erzeugt (vgl.p.1 24).In der Textstrukturierung, sagt sie, tritt die «token-reflexive » -Eigenschaft von ci besonders deutlich hervor: C'est au point meme ou s'enonce Ci commence l'ystoire ... que l'histoire commence: on ne peut rever performatif plus net, dans le premier sens qu'Austin donnait a ce concept [...] (119) Man muß aber beachten, daß jede Äußerung sprecherabhängig ist (vgl. z.B. DAMOURETTE/ PrcHON I, 19 27: 75), und das gilt für deiktische Ausdrücke in besonderem Maße (vgl. WuNDERLI 1977: 39 und 1978: 114). Performative Äußerungen kommen bestimmt nicht ohne einen Sprecher aus: We said that the idea of a performative utterance was that it was tobe (or tobe included as a part of) the performance of an action. Actions can only be performed by persons, and 184 Birgit Gerecke obviously in our cases the utterer must be the performer [...]. [...] The <l> who ist doing the action does thus come essentially into the picture. (AusTIN 1962 : 60s.) Die Äußerungen, die (i)ci einleitet, können als selbstbezüglich und somit als performativ interpretiert werden, nicht aber das Adverb (i)ci allein. Ein (i)ci ist nicht identifizierend, es steht in Relation zu einem je. Deshalb halte ich es für mißverständlich zu sagen, daß (i)ci grundsätzlich selbstbezüglich («sui-referentiel») sei; korrekter ist, daß (i)ci auf den Ort seines eigenen Vorkommens referiert. PERRET definiert an anderer Stelle richtig: «[...] l'adverbe designe le lieu d'ou se prononce sa propre occurrence.» (1988: 66) Im übrigen muß man sich auch erst fragen, ob denn der Sprecher der Äußerungen (6) und (7) der Text selbst sein muß. Ist es nicht wahrscheinlicher, daß der Erzähler mit dem Leser spricht? Der Erzähler, der hier identisch mit dem Autor ist, zeigt auf die Stelle auf dem Papier, auf die er zum Zeitpunkt des Schreibens sein Augenmerk gelenkt hat. Dabei teilen Autor und Leser ihren Wahrnehmungsraum; das <Sprecherhier> ist gleichzeitig das <Hörerhier> (vgl. KLEIN 1978: 21s.). Man vergleiche die Beispiele (8) und (9): (8) Cy dit comment Je roy Charles envoya deffier Je roy d'Angleterre. (Charles V, 2. Teil , V III, nach PERRET 1988: 120) (9) lcy parle J'acteur comme iJ fut envoye par Je roy a Florence ... (Commynes II, 2 69, nach PERRET 1988: 123) In (9) tritt der Sprecher der Äußerung deutlich hervor, in (8) tut er es nicht; aber berechtigt das zu der Annahme, es gebe gar keinen Sprecher? Ich behaupte, daß (i)ci ausschließlich in direkter Rede vorkommen kann, weil es essentiell sprecherbezogen ist. Auch textdeiktisches (i)ci ist wörtliche Rede, nämlich entweder die Rede des Autors an den Leser oder die Rede eines selbstbezüglichen Satzes in einer möglichen Welt, in der Sätze personifiziert sind. 4.2.2. Textreferenz Textdeiktisches (i)ci in postverbaler Stellung hat oft einen anaphorischen Effekt: (10) Veillesse Je sourprendra et a l'aventure cherra en pouvrete, de laquelle james ne relievera. Voiez cy Ja plaisance qu'il a trouve en Ja nasse de mariage. (Quinze Joies, 64) Das cy bezieht sich auf den vorhergehenden Text, es ist jedoch selbst noch Teil dieses Textes. Auch ein kataphorischer Effekt ist möglich: Kopplungsadverbien ci, (;a, Ja und illec im Mittelfranzösischen 185 (11) ... mais veez cy qu'il en avient: Je pere et Ja mere sont tant courroce que c'est mervoilles ... (Quinze Joies, 89) Cy entspricht «in diesem Textabschnitt»; der Doppelpunkt ist eine Art Zeigegeste. Es handelt sich also nicht um Anaphorik bzw. Kataphorik, sondern um Textdeixis. Nach PERRET gibt es in der Funktion von (i)ci keine Opposition zwischen Selbstbezüglichkeit und Anaphorik, sondern einen Unterschied zwischen lokaler und situativer Referenz. Sie meint, in der Textdeixis referiere (i)ci weniger auf einen Ort als auf die gesamte Äußerungssituation, das situative Umfeld, und auch dies sei eine exophorische Verwendung (vgl. 1988: 140, 143). Das Adverb behandele einen Teil des Textes wie ein Objekt, das außerhalb der Äußerungssituation steht (vgl. p. 209). M.E. gibt es bei Vorkommen wie (10) und (11) einen Perspektivenwechsel zwischen Erzählung und Betrachtung des Textes von außen, und dabei wechselt mit der Textart auch die Origo (vgl. KLEIN 1978: 26). 5. ('a <;a, sagt PERRET, dient allein der situativen Referenz. Es ist bereits im 14./ 15. Jh. im Begriff, in Redewendungen zu erstarren. Es markiert nur den Überrest einer Opposition zwischen Position und Ziel. Da das Mittelfranzösische im System der lokalen Ausdrücke aber keine Unterscheidung [+ Bewegung] vs. [- Bewegung] mehr benötigt habe, sei <:;a schließlich verschwunden (vgl. 1988: 79). Wo <:;a noch vorhanden ist, kommt es nur in direkter Rede vor, ist immer exophorisch, aber nicht selbstbezüglich, d. h. es lokalisiert nicht den Sprecher, wie PERRET meint (84). <;a steht meist bei venir, aber auch bei baillier und monstrer für Bewegungen der Hände: (12) ... et appelle Ja fille bien secretement. «Vien cza, fait el ...» (13) Or sus! sus! baille i;a ta main! Aber auch (i)ci kann in dieser Verwendung vorkommen: (14) «Vien avant, Jhesu, ci a moy. » (Quinze .loies, 84) (Trois Vertus, 8) (Passion du Palatinus, 689, nach PERRET 1988: 88) PERRET unterstreicht, daß <:;a nur in Verbindung mit der Person des Hörers verwendet wird (1988: 81, 90), wobei das Verb nicht unbedingt im Imperativ stehen muß: (15) «Qui es tu, dy, va, chevalier, qui as tant de hardement que de venir vers moy? Par ma Joy, qui i;a te admena, n'amoit pas grandement ta vie. » (Melusine, 263, nach PERRET 1988: 83) 186 Birgit Gerecke II [l'adverbe i;a] indique alors plut6t le mouvement abouti, la position de l'allocutaire, un point dans le champ de ci, ce qui est particulierement compatible avec l'emploi deictique. (PERRET 1988: 83) Die Behauptung, 1,;a zeige die Position des Hörers an, ist mir unverständlich. In Imperativsätzen wie (12) befindet sich der Hörer in T 0 doch gerade (noch) nicht am Ort des 1,;a; seine Bewegung soll ihn erst an diesen Ort führen (vgl. auch PERRET 1988: 86). <;a gibt also für den Hörer das Ziel der Bewegung an. Da dies aber ein Teil der Bedeutung von venir ist (Bewegung in Richtung auf die Position des Sprechers) wird 1,;a als Alternative zu ci überflüssig. Die Aussagen «Viens ya! », «Viens ici! » und «Viens! » sind pragmatisch gleichwertig, denn «Bewegungsverben [enthalten] implizit eine lokale Deixis» (WUNDERLICH 1971: 158). Das Merkmal [ + Bewegung] ist bei den deiktischen Lokaladverbien verlorengegangen, weil es allgemein für die Klasse der Adverbien nicht wesentlich ist. Außer in den Formen vien/ venez 1,;a! kommt 1,;a im 15.Jh. nur noch in den erstarrten Syntagmen 1,;a! und or 1,;a! vor (PERRET 1988: 88), also in feststehenden Ausdrücken, Interjektionen, die beinahe semantisch leer sind. Or 1,;a steht immer am Anfang einer Äußerung (vgl. p. 218-220). Es hat Fokus-Funktion, eine typische Funktion deiktischer Ausdrücke (vgl. BüHLER 1934: 102, 105/ 106, LYONS 1977: 648 und EHLICH 1982: 325, 329). Aus der Bewegung in Richtung des Sprechers wird die Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Äußerung des Sprechers: (16) «Or i;a, maistre, i;a, par la foy que j'ay de vous, dictes moy ...» (Jehan de Saintre, 7, nach PERRET 1988: 90) Erstarrt ist auch die Redewendung 1,;a et la, das einzige Vorkommen von 1,;a, das im Neufranzösischen überlebt hat. Hier haben 1,;a und la keine bestimmbaren Referenten. 6. La und illec 6.l. La und illec anaphorischer Gebrauch Das Antezedens für die Pro-Formen la und illec ist in 90% aller Vorkommen in PERRETS Korpus eine Präpositionalphrase, und die anaphorische Relation ist meistens extra-propositional (vgl. 1988: 149, 147 N, 154). Das Antezedens muß entweder auf einen Ort, einen Zeitpunkt oder ein Ereignis referieren (vgl. p. 150, 160). Dabei kann ein Ort alles sein, was einen Sprecher enthalten kann bzw. wo eine Äußerung stattfinden kann, also auch ein Text (vgl. p. 152 u. N). Ebenso wie (i)ci kann la im Aussagesatz an zwei verschiedenen Positionen stehen, entweder in Erststellung im Satz oder in postverbaler Stellung. Drei Viertel aller Vorkommen von la stehen im Mittelfranzösischen am Satzanfang (vgl. Kopplungsadverbien ci, s;a, la und illec im Mittelfranzösischen 187 p. 162). Die Anaphorik operiert folglich über die Satzgrenze hinweg; anaphorisches la/ illec im selben Satz mit seinem Antezedens ist selten (p. 161). Allerdings kann das Antezedens sowohl in unmittelbarer Nachbarschaft von la/ illec stehen als auch durch lange Textpassagen davon getrennt sein. Der Satz, der die Präpositionalphrase enthält, auf die lalillec zurückverweist, kann von hoher oder geringer Komplexität sein (p. 164s.); Einschübe stellen kein Hindernis dar (p. 166). Die referentielle Sättigung des anaphorischen la oder illec erfolgt aber fast immer durch das ihm am nächsten stehende Element, das auf einen Ort, einen Zeitpunkt oder ein Ereignis referiert (vgl. p. 168): (17) ... et en cel estat mene es halles. La on lui coupa la teste ... (Journal, 10., 6) (18) Et en ce point fut amenee a la table, au la plupart de ses amys et parens estoient. Mais pensez qu'ils furent bien esbahiz de la veoir ainsi habillee; et creez qu'elle estoit bien honteuse. Et si la force eust este sienne, eile ne fust pas la venue. (Cent Nouvelles Nouvelles, 322) Gewöhnlich anaphorisiert la die gesamte Präpositionalphrase, jedoch mit folgender Ausnahme: Wenn das Antezedens das Adverb jusque oder droit enthält oder eine der Präpositionen par, de, des, vers, so werden diese von la nicht wieder aufgenommen (vgl. PERRET 1988: 156): (19) Je porte mon vin jusques a l'huys seullement, et la vient nostre maistre qui me descharge. (Cent Nouvelles Nouvelles, 274) Das Merkmal [ + Bewegung] kann von la/ illec nicht ausgedrückt werden; wenn es erhalten bleiben soll, muß de, des, par oder vers dem Adverb vorangestellt werden (vgl. p. 157). Folglich hat FOULET Unrecht, wenn er sagt, la könne sowohl Ruhe als auch Bewegung ausdrücken; la ist hinsichtlich dieses Merkmals indifferent. Weitere Gesetzmäßigkeiten bezüglich der Funktion von la/ illec erkennt man im Vergleich mit y und en. La kann mit y kommutieren, de la mit en (vgl. PINCHON 1972: 358), außer in Erststellung im Satz, woy und en nicht vorkommen können. La verweist nur in Ausnahmefällen auf nicht-präpositionale Nominalphrasen und anaphorisiert auch selten ganze Propositionen und Situationen, was für y und en nicht ungewöhnlich ist (vgl. PERRET 1988: 176s. und WuNDERLI 1982: 367s.). PER- RET glaubt, daß la bzw. illec im Gegensatz zu y nicht direkt ein Teil des Gesagten ist, sondern für die lokale/ situative Einordnung des Gesagten sorgt (vgl. 1988: 180). Was PERRET nicht erwähnt: la ist [ + demonstrativ] und damit [ + prädikativ]; ich halte das für das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen la undy. 188 Birgit Gerecke 6.2. La und illec endophorischer Gebrauch Es gibt auch Fälle, in denen la! illec kein genau bestimmbares Antezedens hat und folglich nach PERRETS Darstellung nicht anaphorisch ist (vgl. p. 225). Das Adverb zeige dann nur an, daß die Äußerung, in der es vorkommt, situativ verankert sei, bleibe aber unbestimmt (vgl. p. 226). Zu diesem «endophorischen» Gebrauch rechnet PERRET die Vorkommen von la/ illec, die vage auf ein im Vortext genanntes Ereignis, besonders ein Äußerungsereignis zurückverweisen. Typisch ist der Ausdruckse partir de la (vgl. p. 226s., 228): (20) «Saint Jehan! dit l'autre, j'essaieray comment je pourray faire. » Il se part de lii, et vient a l'ostel ... (Cent Nouvelles Nouvelles, 136) Ebenso kann mit la auf den Zeitpunkt der Äußerung Bezug genommen werden: (21) «... Je n'en crains homme qui vive. » La viennent ! es aultres commeres ... (Quinze Joies, 111) La benötigt also kein Antezedens im Vortext, es genügt ein Antezedens im Kontext, verstanden als die gesamte Äußerungssituation. Offenbar nimmt der Ort (oder die Zeit) eines Gesprächs unter allen Orten (Zeiten), auf die man verweisen kann, eine hervorragende Stellung ein. Häufig sind so vage gesättigte Vorkommen von la und illec mit einer Form von estre kombiniert (vgl. PERRET 1988: 229). Dabei ist laut PERRET mit Ausdrücken wie qui la estoient, qui illec estoit weniger eine Lokalisierung gegeben als vielmehr ein Hinweis auf die Existenz von Personen oder Gegenständen, genauso wie mit qui cy est (siehe 4.1. Nr. 4). (22) ... et en Ja grand sale de son hostel, il leur declara tout du long Ja cause pourquoy il ! es avoit assemblez. Si monseigneur fut bien esbahy de prinsault, quand il sceut premier ces nouvelles, aussi furent toutes ces bonnes gens qui la estoient. (Cent Nouvelles Nouvelles, 222) Die Funktion von la/ illec ist hier dieselbe wie die von y in der Formel il y a: Es wäre falsch, einen präzisen Referenten für das Adverb zu suchen. La verweist nicht auf einen Ort, den man genau benennen könnte, sondern auf die Gesamtheit des Diskursuniversums (vgl. PERRET 1988: 232). Die Definition ist zirkulär: «A la limite, pour un objet, estre la se decode comme estre la ou il est, en T 0 » (234). Das «existentielle>> la ist gemäß PERRET eine leere Markierung für eine als notwendig empfundene situative Verankerung. Es bildet das minimale Komplement zum Verb estre, weil estre in der Alltagssprache nicht absolut verwendet werden kann. Kopplungsadverbien ci, '<a, Ja und illec im Mittelfranzösischen 189 6.3. La und illec deiktischer Gebrauch La in deiktischer Verwendung kann Feme vom Sprecher ausdrücken (vgl. FouLET 1954: 436), aber auch gewollte Distanzierung des Sprechers von Personen und Gegenständen, die sich durchaus in seiner Nähe befinden können. Es kann sogar, in deiktischem oder anaphorischem Gebrauch, in Bezug auf eigene Körperteile des Sprechers benutzt werden: (23) «Ha! monseigneur, et qu'est cecy? et ou sont voz lectres, vos grand honeurs, voz sciences et discrecion? » Et monseigneur, qui deceu se voit, respondit tout subitement: «Au bout de mon vit, dame, la ay je tout amasse aujourd'uy. » (Cent Nouvelles Nouvelles, 119) Man kann dies so interpretieren, daß sich der Sprecher in diesem Moment von seinem «vit» distanzieren will, oder daß er betonen will, daß la ein für seine Bildung, seine Ehre usw. unpassender Ort ist. Jedenfalls zeigt sich hier, daß Nähe und Feme keine objektiven Kriterien sind (vgl. auch BüHLER 1934: 100). Im folgenden Fall nimmt der Sprecher einen Toten in seine Arme und sagt: (24) «Messire, qui la gist mort ... » (Melusine, 22, nach PERRET 1988: 69) Obwohl er den Angesprochenen in seiner unmittelbaren Nähe hat, will er sich vielleicht mit diesem la von ihm abgrenzen, weil der Tod eine Barriere aufbaut. Es ist jedoch gut möglich, daß (23) und (24) Beispiele für die Ausdehnung der Funktion von la auf den Bereich von ci sind, wie sie im Neufranzösischen erfolgt ist. In der Textdeixis erscheint la ebenfalls: (25) « ... je scay tout de vray qu'il m'eust fait ung grant pertus ... si je ne l'eusse bien a haste boute en celuy qui y estoit davantage, et veez la pourquoy je le feix. » (Cent Nouvelles Nouvelles, 161) Hier verweist la auf den Vortext, die vorhergehende Proposition, zurück; es kommutiert in dieser Verwendung mit ci (siehe 4.2.2. Nr. 10). 6.4. Besonderheit von illec Illec kommt so selten vor, daß man keine genauen Aussagen über seine Funktion machen kann. Es wird häufig als Doublette von la bezeichnet, die nur verwendet werde, um Wiederholungen zu vermeiden (vgl. FOULET 1954: 437/ 438 und PERRET 1988: 41, 52-54). In deiktischer Verwendung ist es, wie PERRET feststellt, kaum nachgewiesen (vgl. p. 78). Bei anaphorischer Verwendung ist das typische Antezedens von illec kein präziser Ort: 190 (26) Birgit Gerecke Quand ceulx qui devant l'ost du regent estoient venus, orent tant este illec ... (Journal, 404., 195) Das Antezedens von illec nennt den Ort nur vage. FOULET nimmt dafür KJELLMANs Terminus «particule de precision» auf; illec spiele hier dieselbe Rolle wie la endroit (1954: 437, vgl. auch p. 443). PERRET bemerkt, illec repräsentiere den exakten, wenn auch unbestimmten, situativen Kontext; in (27) bedeute es «an Ort und Stelle» (1988: 227): (27) Se ! es choses fichiees sont grans et n'apergent pas souffisanment, soient depeciees ! es armes iluec endroit, etc. (Chirurgie, § 648, nach PERRET 1988: 227) M.E. wird ein Ort hier präsupponiert: es ist der Ort, an dem sich der Arzt über den verwundeten Ritter beugt. Gerade weil der Ort nicht präzise genannt wird, benötigt man illec wohl an Stelle von la, um auf den Ort zu referieren. Typisch für die Verwendung von illec ist laut PERRET auch der Verweis auf einen Ort, an dem ein Gespräch stattgefunden hat, wenn dieser Ort nicht explizit angegeben wurde (vgl. p. 228s.). Es dient dann ebenfalls zur Hervorhebung des Merkmals [+lokal]. Dies ist kein Widerspruch zu dem temporalen Gebrauch in (28), wenn man die Referenz auf die Zeit als metaphorische Ausdehnung der Ortsreferenz versteht, illec als einen Punkt in der Zeit als der vierten Dimension: (28) ... je tien que le juge est assis, car il se siet tousjours a six heures, ou illec environ. (Pathelin, 1200-1202, nach MARTINIWILMET 1980: 194) PERRET hat in ihrem Korpus kein Vorkommen von illec gefunden, das eine zweifelsfrei nicht-lokale Bedeutung hätte (1988: 199s.). Sie vermutet, daß hierin der wesentliche Unterschied zu la liegt, das sich ohne weiteres zu allgemein situativer Referenz eignet (199). La kann jedoch die Funktion von illec vollständig übernehmen (cf. 6.2. Nr. 20, 21), deshalb wird illec überflüssig. 7. Ort, Zeit oder Situation? Des l'ancien fran�ais, le sujet par! ant distingue fort clairement le domaine spatial du domaine temporel; mais [...] il n'a cesse, semble-t-il, de ramener la seconde a la premiere. [...] On tendit ainsi a une representation du temps identique a celle de l'espace [...] (WAGNER 1936: 163) PERRET glaubt nicht an die «spatialisation metaphorique du temps» (1988: 185), wie sie u. a. von GUILLAUME (z.B. 1968: 17, 1987: 22, 39, 214) und von LYONS (1977: 718) vertreten wird. Ihrer Meinung nach gibt es ein Basis-Orientierungssystem, in dem weder das Lokale noch das Temporale eine Vormachtstellung ein- Kopplungsadverbien ci, 1;a, la und illec im Mittelfranzösischen 191 nimmt (vgl. 1988: 187). Sie betrachtet die lokale Orientierung nur als einen vom Kontext bestimmten Spezialfall der situativen Anbindung. Damit widerspricht sie auch WuNDERLICHs Auffassung: Der Raum ist für die Organisation der Sprache fundamentaler als die Zeit. [... ]Die primäre Orientierung des Menschen erfolgt im Raum [...]. [...] In derDeixis sind Zeigegeste und Blickrichtung, also räumliche Orientierungshandlungen, ganz offensichtlich die primären. In allen Sprachen ist das System der Raumdeixis wesentlich ausdifferenzierter als das System der Zeitdeixis, das eher als metaphorische Erweiterung zu verstehen ist. (1982: 1s.; vgl. auch p.56) Es geht bei der lokalen Deixis sicher weniger um Lokalisierung als um Orientierung, und zwar um Orientierung an der Origo der Äußerung. In Abhängigkeit vom Kontext kann die Orientierung lokal, temporal oder allgemein situativ sein. Fest steht jedoch, daß lokale Ausdrücke auf die Kategorie Tempus angewendet werden können, und nicht umgekehrt. 8. (I)ci und Ja in Opposition Die in die Äußerung einbezogenen Personen oder Gegenstände nehmen die Plätze ein, die der Sprecher ihnen subjektiv zuweist (vgl. PERRET 1988: 100). Ein ci bewirkt eine Annäherung, ein la eine Distanzierung. Mit der Opposition ci vs. la kann z. B. eine Trennung zwischen Freund und Feind erfolgen. In (29) und (30) befinden sich die erwähnten Personen in demselben Raum: (29) «Et pour lors avoit en ce pai:s un baron nomme Hervy de Leon, qui fu frere Alain, que veez cy. » (30) « ... ce faulx traitre que je voy la ...» (Melusine, 58, nach PERRET 1988: 76) (Melusine, 56, nach PERRET 1988: 76) Generell ist es sicher richtiger, eine Unterscheidung nicht zwischen den subjektiven Kriterien Nähe und Feme vorzunehmen, sondern zwischen dem Ort des Sprechers und dem Ort des Nicht-Sprechers (vgl. auch WuNDERLI 1980b: 9 und 1992: 9). In der Textdeixis wird (i)ci eher schein-kataphorisch, la eher schein-anaphorisch gebraucht (siehe 4.2.2. Nr. 11 und 6.3. Nr. 25; vgl. auch FILLMORE 1982: 53). Man kann vermuten, daß ein Sprecher/ Autor das Vorausliegende als ihm zugehörig, das Zurückliegende als ihm nicht mehr zugehörig empfindet. Allerdings erscheinen in textdeiktischer Verwendung mit anaphorischem Effekt beide Adverbien gleichermaßen. Ein Unterschied in der Entfernung zwischen dem Ort, an dem (i)ci bzw. la ausgesprochen wird, und ihren jeweiligen Referenzsequenzen ist nicht erkennbar. (I)ci referiert immer auf die Äußerung, von der es selbst ein Teil ist; la dagegen kann sowohl Bestandteil als auch Nicht-Bestandteil der Äußerung sein, auf die es 192 Birgit Gerecke verweist. Anders ausgedrückt, die Verwendung von (i)ci ist referentiell eingeschränkt auf den Ort seines eigenen Vorkommens, und dies ist der Ort des Sprechers. 9. Konklusion Das System lokaler Deixis im Mittelfranzösischen ist nach PERRET ein binäres System (vgl. 1988: 263, 267): (i)ci ist eigengesättigt, la ist nicht-eigengesättigt. (I)ci referiert immer auf das «univers dans lequel a eu lieu l'evenement de son occurrence», la «ne dit rien d'autre que la non-designation de sa propre occurrence» (263). Der Sprecher steht im Zentrum des Diskursuniversums und macht alles, auf das er referiert, von sich abhängig (vgl. LYONS 1977: 638 und WuNDERLI 1992: 18). In der lokalen Deixis ist der Ort des Sprechers, (i)ci, die markierte Form, da er aus allen möglichen Orten, la, herausgehoben ist. Dabei kann ein Ort auch ein Punkt in der Zeit oder eine abstrakte Lokalität sein. Trotzdem kann auch la auf den Ort des Sprechers hinweisen; es gibt eine Überlappung in der Distribution. Die Opposition ist partizipativ: ci nimmt einen speziellen Platz im Feld von la ein. La kann die Rolle von (i)ci übernehmen, aber nicht umgekehrt. Im Extremfall kann la bereits im Mittelfranzösischen auf die Gesamtheit des Raumes, ja allen denkbaren Raumes, referieren, also sein Gegenstück (i)ci verdrängen und damit die (implizite) Opposition aufheben. Illec ist lediglich eine Variante von la mit der Einschränkung auf die konkret lokale Referenz, und �a ist eine Variante von (i)ci mit der Einschränkung auf Vorkommen mit Bewegungsverben. Düsseldorf Literatur 1. Mitte/ französische Texte Birgit Gerecke Les cent nouvelles nouvelles. Edition critique par FRANKLIN P. 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La coherence et la pertinence de la proposition ont toutefois ete contestees par une serie d'etudes recentes. L'examen des critiques formulees et l'evaluation des objections avancees devra permettre de confirmer ou d'infirmer la validite de l'hypothese 1. Rappelons d'abord brievement en quoi elle consiste. 1. La nominalisation presuppose que, si une phrase est formee de mots, on peut la transformer a son tour par subordination en un «mot complexe» (GUILLAUME 1973: 151). D'apres la maniere dont ce processus de production et d'elaboration de «mots de discours» est saisi, Guillaume est amene a considerer deux types de nominalisation: «du dedans, en immanence, et du dehors, en transcendance. A l'immanence correspond une saisie interieure du proces en cause: a la transcendance, une saisie exterieure [...]» (op. cit., 151). Chacune de ces saisies se concretisera par un type different de nominalisation: (1) J'ai lu le livre. (2) a) que j'ai lu Je livre. b) Vous ignorez que j'ai lu le livre. a) le livre que j'ai lu. b) Vous connaissez Je livre que j'ai lu. Dans le cas de la nominalisation interne Je processus opere a l'interieur de Ja phrase de base a travers le detachement d'une de ses composantes nominales a 1 Une evaluation plus exhaustive du proces de nominalisation propositionnelle suppose egalement sa confrontation avec le modele d'enchässement de la Grammaire generative et avec la notion de translation du second degre chez L. Tesniere. Les liens avec cette derniere theorie meriteraient en particulier d'etre precises dans Ja mesure ou G. Guillaume utilise aussi ! es termes ,translation, et ,translatif, dans certaines de ses <le1;ons, (cf. 1973: 145, 149, 152, 153, 169, 175, 188, 189). Une teile comparaison depasse toutefois les objectifs de la nrF•<Pn<P etude. 196 Michel Pierrard laquelle le reste de la phrase est rapporte. La nominalisation externe (2) pour sa part apprehende la phrase dans sa totalite, de l'exterieur. L'hypothese presente des avantages indeniables: en traitant la subordination non pas comme le produit de l'agencement de deux propositions mais comme le resultat de la constitution de «mots de discours» 2, elle permet de justifier les deux modes de production des <<noms de discours», apprehendes intuitivement comme des «propositions substantives» et «adjectives»; de fonder les rapports syntaxiques (accords) et semantiques (anaphore) privilegies entre l'antecedent et le relatif; de rendre avec plus de vraisemblance des constructions ou la generation de l'antecedent hors de la relative parait peu plausible (cf. Onze heures deja! Et ma tante lady Eleanor Braybrooke qui n'arrive pas! [GREVISSE 1975: 1151]; C'est a ton pere que je raconterai taut.) 2. Et pourtant, la nominalisation interne en particulier a suscite des critiques tous azimuts. Arrive-t-elle d'abord a rendre campte de la production de toutes les relatives «orthodoxes»? J. GAUDET en doute: «En ce qui concerne les relatives cependant, il semble que l'analyse guillaumienne presente certaines lacunes assez graves» (1987: 74). Sa critique porte sur l'adequation entre le determinant de l'antecedent et celui du GN a la base du relatif. (4) Tai rencontre un homme qui pretendait me connaitre. [un homme/ l'homme/ cet homme (? ) pretendait me connaitre] (5) L'homme que j'ai rencontre pretendait me connaitre. [Je(! ') ai rencontre(l'homme),(un homme),(cet homme) (? )] «Quelle que soit sa forme, cependant, il faut supposer qu'il est d'une fafon ou d'une autre ,esquisse> dans la pensee pour ensuite disparaitre au profit de l'antecedent (qui est deja 1a depuis la premiere etape de construction), operation qui rappelle etrangement ce que d'autres ont appele transformation d'effacement» (1987: 75). 2.1. Dans une critique de l'article de Gaudet, D. LE FLEM souligne a juste titre que J. Gaudet «se fourvoie en realite doublement, d'abord en supposant taut a fait 2 Cf. il ce propos le proces de construction de la phrase complexe chez Guillaume il travers 5 moments distincts (Lei,;ons inedites citees dans LE FLEM 1989b: 26); Ml: ebauche de la phrase principale; M2: constatation de son insuffisance et de l'inexistence d'un mot de langue pour y remedier; M3: evocation d'une sous-phrase dont le contenu significatif est propre il pallier l'absence du mot de langue; M4: traitement de cette phrase par des morphemes speciaux qui Ja transforment en un nom fonctionnel (nom de discours); MS: integration du nom fonctionnel dans la principale esquissee. La Nominalisation de Propositions et la Distinction conjonction! relatif 197 gratuitement l'engendrement d'un antecedent lors de l'ebauche de la principale, [...], ensuite et surtout en faisant disparaitre a son profit le SN extrait de la future nominalisee» (1989b: 30). L'erreur ne se limite toutefois pas a la formulation proposee pour cette «transformation d'enchässement a la Guillaumienne» 3 mais concerne bien plus fondamentalement l'equivalence de fond postulee entre une transformation d'enchässement et le processus de nominalisation. Comme ce dernier vise bien a la realisation de «noms de discours», il apere en faisant «regresser le fait de discours primitif au-dessous de lui-meme, en direction du fait de langue en vue d'obtenir un nouveau fait de discours differemment expressif» (GUILLAUME 1973: 206). La <regression> d'un fait de discours A (evocation de sous-phrase au contenu semantique d'un mot de langue inexistant) vers le fait de langue, premiere phase de l'operation d'elaboration du «mot de discours», precede la deuxieme phase, l'integration de la proposition nominalisee dans une nouvelle entite discursive, avec toutes les regulations dans le mecanisme d'incidence endosyntagmatique (impliquant autant l'extension que l'extensite dans le cadre du GN) ou endophrastique (avec e.a.le jeu de l'extensitude 4) que cela peut impliquer, en tant que fait de discours B. Soit, sous la forme d'une representation schematique: Fait de discours A: lere phase Nominalisation Interne 2eme phase 1 Fait de discours B: (6) a) / Le livre est dans l'armoire/ 5 b) livre [qui est dans l'armoire] c) II a consulte un/ le/ chaque [livre [qui etait dans I'armoire]] 6 3 Relevons toutefois qu'un meme type de solution a ete envisage dans le cadre de la grammaire generative pour interpreter certains cas delicats. II s'agit de la raising analysis ou copying analysis impliquant que le nom-tete de la relative restrictive est originaire de la relative ellememe (cf. KLEIBER 1987: 149). 4 Les notions d'«extension», d'«extensite» et d'«extensitude» sont utilisees dans l'acception de WILMET 1986. 5 Les barres indiquent que si la sous-phrase est evoquee, el! e n'est jamais realisee dans un environnement discursif. 6 La procedure proposee correspond d'ailleurs aux deux dernieres etapes du mouvement de nominalisation decrit par LE FLEM (1989b: 26). La transformation de la sous-phrase evoquee en un «nom fonctionnel» (nom de discours) ( = moment 4) precede bien son integration dans la principale esquissee ( = moment 5) avec toutes les operations cohesives que cela suppose. 198 Michel Pierrard 2.2. LE FLEM (1989b: 24-25) a parfaitement raison d'appeler a une description plus rigoureuse et serieusement testee du proces de nominalisation. A notre avis, il tombe toutefois fondamentalement dans la meme erreur que Gaudet en voulant synthetiser la nominalisation interne par la formule (7) a) [ P ... SN ...] " [sN Neur [ P ... 0 ...]] La formule (7b) est bien plus adequate pour rendre campte du processus decrit en (6): b) [... N ...] " N [QU- [Pro (P- N)]] 7 Cette conception permet a la fois de maintenir le mecanisme fondamental de constitution de <mots complexes> situe a l'entree de la visee phrastique, l'operation de «mise en forme de la matiere a dire» 8, et de prevoir ensuite dans son deroulement les diverses modalites de la phrase ainsi que le processus de structuration cohesive au sein de l'enonce meme et entre ce dernier et le texte. La nominalisation interne n'implique aucune presupposition quant aux rapports de type syntaxo-fonctionnels qui s'instaurent au sein de la phrase, et en particulier quant aux rapports d'incidence de discours sur les plans endosyntagmatique (ou plan du GN) et endophrastique (ou plan du verbe) qui fafonneront le degre de cohesion entre le nom detache et la proposition nominalisee (cf. KLEIBER 1987: 120-123 et WrLMET 1988: 170, 172). En gros, la nominalisation interne debouchera d'abord, du fait des mecanismes d'incidence operant sur le plan du GN, sur trois types de structures syntaxo-fonctionnelles possibles: a) le N constitue avec le(s) determinant(s) un GN qui etablit un rapport predicatif avec l' <adjectif de discours>. Ce dernier fonctionnera a l'exterieur du GN en fonction d'apposition; b) l'<adjectif de discours> fait partie des determinants avec lesquels le N constitue un GN. Il fonctionne donc a l'interieur du GN en fonction d'epithete (ou de caracterisateur); c) l'<adjectif de discours> est le noyau du GN qu'il constitue eventuellement avec un pronom completif fonctionnant comme determinant propositionnel (CELUI, CE). L'adjectif de discours sera <syntagmatise> (appele a constituer le nreud du GN) dans le cadre de certains types de fonctionnement referentiel du <mot de discours>. 7 Cf. la citation de Guillaume: «Livre qu'on a achete ,est, une idee singuliere qui n'a pas de nom et pour laquelle il peut devenir utile d'en fabriquer un» (LE FLEM 1989b: 38, N 5). 8 Cf. JOLYIROULLAND 1980: 554-564 . La Nominalisation de Propositions et Ja Distinction conjonctionlrelatif 199 Ce n'est qu'alors qu'interfereront les problemes de cohesion endoet exophrastique concernant l'insertion de l'element nominalise en tant que GN dans la proposition, son cotexte et son contexte: valeur pragmatique du determinant, emploi de certains quantifiants (taut), de certains adverbes discursifs, ellipse de la tete nominale dans le cas d'antecedents exprimant une coreference actuelle, d'une fafon plus large les questions de presupposition, de deixis, d'emploi referentiel, etc. Ces questions meritent incontestablement une analyse plus approfondie mais elles nous parais�ent toutes, contrairement aux critiques de LE FLEM (1989b: 31-35), pouvoir etre traitees, en tenant compte de la hierarchisation proposee, dans le cadre de la nominalisation interne (cf. a ce propos la refutation cas par cas des objections de Le Flem dans HADERMANN 1991: 268-276). Ainsi, pour ne prendre qu'un exemple, la mise en relation d'un enonce comme (9a), qui impose a la base une coreference actuelle (une designation des memes segments de realite) et de (9b), qui marque une reference virtuelle (une identite des proprietes Jexicales), souligne comment il est possible d'exploiter l'identite lexicale du N detache pour specifier les rapports referentiels. Ils illustrent en quoi l'exemple (8), avance par LE FLEM (1989b: 34) pour rejeter Ja nominalisation interne, pose bien un probleme de cohesion sur le plan de l'enonce plutot qu'une objection au proces meme de nominalisation: (8) On apercevait la tour Eiffel enfouie a mi-corps dans ce chaos rocheux, et (la tour Eiffel) qui, lors de notre emmenagement, etait a peine achevee. (9) a) II lisait le livre qu'il avait re�u de son amie et qu'il avait envie de lire depuis si longtemps. b) II lisait le livre qu'il avait re�u de son amie et celui qu'il m'avait emprunte. 3. Est-il indispensable de distinguer une double saisie au sein du processus de nominalisation? Une «simplification revient a voir un substantif de discours 9 tant dans la completive (NE) que dans la relative (NI), autrement dit dans toutes les enchassees en qul'identite de nature supprime alors le besoin d'extraire l'antecedent de la sous-phrase pour obtenir une equivalence fonctionnelle des resultats de nominalisation» (LE FLEM 1989b: 35-36). 9 Par rapport a l'affirmation de LE FLEM qu'il est «indeniable que par ,nom de discours, G. Guillaume entend un ,substantif de discours»> (1989b: 35) et donc que la nominalisation produirait toujours «un fragment apte a jouer <le r61e de groupe nominal»> (loc. il faut relever la citation suivante de Guillaume qui nous indique que l'assimilation des deux termes est loin d'etre evidente: «Il nous faut maintenant examiner les conditions qui president a la definition, dans la categorie nominale, de la sous-categorie du substantif et de l'adjectif» (1971: 137). «Nom de discours» serait donc l'appellation de la categorie incluant les sous-categories du substantif et de l'adjectif de discours. 200 Michel Pierrard 3.1. L'identite de nature, loin de preciser le modele, accentue les difficultes a isoler les traits semantiques et syntaxiques permettant de caracteriser les relatives. L'impasse est manifeste autant pour les relatives <orthodoxes> (lüb) que pour les relatives sans antecedent (11a): (10) a) L'infirmiere annonce au malade qu'il ne peut pas sortir. b) L'infirmiere annonce au malade qui ne peut pas sortir qu'il pourra regarder Ja tele. Dans (lüa) et (lüb), le rapport anaphorique N-ProN est, d'un point de vue semantique, fort proche. Pourtant, ils se situent dans un cadre operationnel radicalement different. Les enonces (10') explicitent bien le cadre syntaxique divergent: (10') a) L'homme annonce a son fils qu'il ne peut pas sortir. b) L'homme annonce a son fils qui ne peut pas sortir qu'il pourra regarder Ja tele. Dans (lü'a), le pronom peut renvoyer aux deux noms de la phrase de base, alors qu'il y a contrainte referentielle stricte, imposee par la structure relative, pour (lü'b). P. BoscH (1983: 32-63) parle dans ce cas d'une «anaphore syntaxique», determinee par les proprietes syntaxiques de la construction, qui autorise une interpretation stable, non dependante du contexte. 11 l'oppose a l'«anaphore referentielle», dont la valeur interpretative est definie par le contexte. L'exigence d'une anaphore syntaxique dans le cas d'une relative (lü'b) trouve un fondement pertinent dans le proces de nominalisation interne. Une argumentation du meme ordre concerne les enonces (11): (11) a) Je prends qui tu veux. b) Je me demande qui tu veux. L'identite de nature des deux nominalisations de base nous amene logiquement a apprehender les tours (11a) et (11b) comme des constructions identiques (cf. LE FLEM 1989b: 39 N16). Or, seule l'insertion des deux enonces dans un cadre operationnel different permet a nouveau de comprendre pourquoi (12a) et (13b) sont grammaticaux alors que (12b) et (13a) ne le sont pas: (12) a) Je prends celui que tu veux. b) *Je me demande celui que tu veux. (13) a) *Je prends pourquoi tu veux. b) Je me demande pourquoi tu veux. Le postulat de la non-extraction de l'antecedent (et donc de sa presence initiale La Nominalisation de Propositions et Ja Distinction conjonction/ relatif 201 dans la <matrice> est en outre peu credible pour les constructions suivantes, liees a l'expressivite, Oll le syntagme verbal fait simplement figure d'<introducteur> (14a) et Oll l'element <mis en evidence> porte parfois le cas du verbe de la proposition nominalisee (14d): (14) a) II y a Jean qui a rencontre une fille. - Il y a Jean + relative? b) Et Jean qui continuait a parler. - Et Jean + relative? c) Un ministre qui demissionne et c'est la pagaille. - Un ministre + relative? d) C'est a mon frere qu'il veut parler. - C'est ii man frere + relative? 3.2. De plus, l'identite de nature des resultats de la nominalisation implique egalement un certain nombre de consequences pour l'apprehension des nominalisateurs: Si on considere que qui et que sont toujours pronoms quel que soit le type de nominalisation qu'ils permettent, la distinction entre relatives et conjonctives, bien qu'elle ait des consequences dans ! es emplois, perd de son importance. (GAUDET 1987: 89) La conjonction que possede, comme Je que interrogatif ou reJatif, une nature fondamentalement pronominale (LE FLEM 1987: 130). [...] la conjonction que dont Ja nature pronominale ne souffre guere de doute [...], et qui exerce Ja double fonction de support de phrase et d'apport a un nom, un verbe, un adjectif, un adverbe ou une preposition regents (LE FLEM [ii paraftre]) Pour justifier la nature pronominale de la conjonction, LE FLEM affirme que, «pour operer ce transfert, que doit lui-meme participer de la categorie nominale» (1989a: ll), c'est-a-dire que l'agent translatif doit participer de la classe dans laquelle il fait passer l'element translate. Evaluons la validite de cette assertion. Diverses series de faits contredisent l'hypothese de la nature foncierement (pro)nominale 10 de l'ensemble des que introducteurs de propositions. Dans certains cas, l'interpretation de l'enonce est ambigue et c'est justement la <nature pronominale> du relatif qui differencie les deux constructions: (15) a) J'ai la preuve que vous mentez. non ambigu: que conjonction. b) J'ai la preuve qu'iJ attend depuis longtemps. ambigu: - «iJ attend la preuve»: que reJatif. - «il attend depuis Jongtemps»: que conjonction [cas objet]. 10 Nous utilisons pour le moment Je terme pronom dans l'acception de Ja grammaire traditionnelle. 202 Michel Pierrard (16) a) Ce sera le signe que vous continuez. non ambigu: que conjonction. b) Ce sera le signe que vous avez choisi. ambigu: - «vous avez choisi ce signe»: que relatif. - «vous avez choisi»: que conjonction [cas objet]. La realisation des deux constructions est liee a l'evidence aux potentialites de la structure actantielle du verbe de la proposition nominalisee et ceci met"une fois de plus en valeur les saisies distinctes du proces de nominalisation puisque la nominalisation interne sera justement etroitement dependante de cette structure actantielle. Les enonces ambigus lies a deux configurations actantielles paralleles d'un meme verbe constituent en realite des exceptions a cöte de constructions nettement differenciees: (17) a) L'explication qu'il me donne [ + cas objet] ne tient pas. b) L'explication qu'il s'est trampe [cas objet] ne me convainc pas. c) II m'a explique que j'avais tort [cas objet]. Les tests de pronominalisation separent egalement les deux nominalisations et leurs introducteurs respectifs. Si la conjonctionnelle en que apres un N peut etre pronominalisee par en, cela n'est jamais le cas d'une relative precedee d'un N antecedent: (15) a) J'ai Ja preuve que vous mentez. a') J'en ai Ja preuve. (18) a) J'ai Je livre que vous cherchez. b) *J'en ai le livre. Par contre le que de (18a) est parfaitement remplac,;able par un pronom clitique (j'ai le livre; vous le cherchiez), alors que le que de (15a) n'est jamais pronominalisable (*j'ai la preuve; vous la mentez) 11. Les operateurs des enonces (15) et (16), dans leurs formes ambigues ou non ambigues, ne se differencient pas par leur fonction de nominalisateur (support de la proposition nominalisee) mais par deux traits, presents dans le que relatif et absents dans le que conjonction, qui caracterisent fondamentalement la fonction suppletive: 11 Ce qui rend improbable la valeur de «representant» que LE FLEM (1989a: 11) accorde a que conjonction dans ces emplois. La Nominalisation de Propositions et la Distinction conjonction/ relatif 203 la fonction de rappel d'un mecanisme d'incidence, trait definitoire des suppletifs (cf. GUILLAUME 1973: 55); le röle de support/ apport a la personne morphologique du verbe de la proposition nominalisee. 3.3. Si que conjonction n'a pas de valeur suppletive et s'il n'est pas apport a la personne morphologique du verbe de la proposition nominalisee, en quoi est-il alors un pronom? Contrairement a la suggestion de Gaudet, reprise apparemment par LE FLEM (1989b: 37; rn., a paraftre), l'idee d'un apport de «la personne morphologique» de que «a la personne du substantif pour la completive nominale et la relative, et a la personne objet du verbe principal pour la completive verbale» (1987: 91) est totalement indemontrable 12 . Pour nous, c'est le nom de discours dans sa totalite qui est apport envers la personne morphologique du substantif ou du verbe. (19) a) Je desire ta venue. j _______ [ b) Je desire que tu viennes. j _______ [ La confusion provient a la base d'une conception erronee du rapport substantif relatif, qui couvre une relation de suppletivite et non pas de completivite (cf. PrnRRARD [a paraitre]), ce qui evite de devoir postuler pour que relatif deux personnes morphologiques (GAUDET 1987: 92). Le rapport antecedent/ consequent implique un rappel du mecanisme d'incidence. Ceci est realise au moyen d'un renvoi anaphorique base sur l'identite de reference virtuelle (identite des proprietes lexicales) de N et de ProN: A l'aboutissement de la visee phrastique, cette reprise anaphorique pourra subir sur le plan discursif un alignement eventuel sur l'emploi referentiel, amenant l'identite de reference actuelle c.-a-d. la designation des memes segments de realite (cf. KLEIBERILAZZARO 1987: 86): (20) Les carottes qui poussent ici sont ! es plus grosses. [Les carottes ! es plus grosses = les carottes qui poussent ici] Toutefois, l'identite de reference actuelle n'est pas indispensable: 12 Par contre, cela semblerait bien etre le cas du qui «interrogatif» (Mais oui, je sais qui! ). Celui-ci ne joue pas, en revanche, le röle de support de propositions nominalisees (PIERRARD 1988: 32-34). 204 Michel Pierrard (21) a) Lors de mon voyage en Afrique, j'ai caresse un rhinoceros blanc, qui est une espece en voie de disparition. [qui = le rhinoceros blanc est une espece en voie de disparition = j'ai caresse un rhinoceros blanc: non-identite du segment de realite designe] b) Paul a ete blesse au coeur [+ specifique], qui, on le sait [+ generique], est l'organe le plus fragile du corps. (KLEIBER 1987: 137) 4. En consequence, s'il nous parait difficile d'assimiler sans plus qupronom et que conjonction, il reste indispensable de preciser leurs rapports et l'impact de ceux-ci sur le processus de nominalisation. 4.1. Le rapport qu-/ que pourra mieux etre degage a partir de la structuration interne de la categorie non predicative (ou transpredicative) du pronom, dans son acception plus ample, telle que la definit G. GmLLAUME 13 . Celui-ci, rappelons-le, distingue au sein de la classe deux sous-classes d'apres le rapport des pronoms a l'incidence nominale. Les pronoms completifs (22a) sont des pronoms precoces intervenant dans le mecanisme meme d'incidence nominale, d'une maniere interieure propre a en regler le jeu. Les pronoms suppletifs (22b) par contre sont des pronoms tardifs referes a une incidence nominale close, resolue, ayant deja joue a plein, dont ils se bornent a en rappeler le resultat depasse (1973: 55). (22) a) Le garyon parle. b) Je le vois. Si' les pronoms releves ci-dessus fonctionnent sur le plan du nom, que conjonction doit etre situe sur le plan de la nominalisation phrastique. En tant que marqueur de la nominalisation, que conjonction sera bien egalement, a son niveau, un <pronom completif>, supportant la realisation de l'incidence de discours du <mot fonctionnel> 14. Possedant la capacite d'incorporer a sa «semantese propre la matiere semantique d'un enonce phrastique» (MorGNET 1981: 25) de fafon a en faire un <nom de discours>, que est donc un support de l'incidence (trans)categorielle de ces <mots de discours>. Cette propriete, la <conjonction> la partage d'ailleurs avec le relatif qu-. La specificite du relatif, c'est d'intervenir egalement sur le plan 13 Relevons aussi la definition fort adequate que donne MOIGNET des parties de langue non predicatives: «La matiere notionnelle de ces vocables est presque exclusivement demandee a une prise de conscience, operee par la pensee, des mecanismes de son propre fonctionnement.» (1981: 20) 14 Cf.l'analyse similaire sur ce point de FERRERES MASPLA: «Le que appele conjonction a une fonction, par rapport a la phrase qu'il introduit, comparable a celle de l'article el (le en franyais, ou le passage des fonctions suppletives pleines du paradigme pronominal personnel le, la, / es, lui [...] a celle de support forme! du substantif en tant qu'article est parlant), et exerce une fonction pronominale minimale, consistant a fournir un support, une assiette semantique thetique, de nature pronominale, a la phrase qui suit, [...]» (1991: 47). La Nominalisation de Propositions et la Distinction conjonctionlrelatif 205 de l'incidence categorielle en tant que pronom suppletif (cf. les enonces [15] a [18]). Le relatif est donc a la fois porteur: de la marque [ + Compl] sur le plan de l'incidence transcategorielle, qui en fait, comme la conjonction, le support formel d'une proposition nominalisee [ + SpNm]; de la marque [ + Suppl] sur le plan categoriel, qui le rapproche fondamentalement des pronoms personnels et qui lui donne, a leur image, une double fonction: «Ce qui revient a dire qu'ils sont suppletifs relativement a une notion appartenant au plan nominal. Mais si on les considere etroitement dans le plan qui est le leur, le plan verbal dont ils ne sortent pas, ils apparaissent alors completifs par rapport au verbe» (GUILLAUME 1973: 120). En sa qualite de ProN suppletif, le relatif sera a) suppletif par rapport a un N, en tant qu'element de rappel d'un mecanisme d'incidence (relation apport/ support), rappel qui s'effectue par le biais d'une relation anaphorique; b) completif par rapport au verbe de la proposition nominalisee. Dans ce cadre, il sera parfois meme (qui) support du verbe, ce qui n'est pas sans importance pour comprendre le comportement de certaines constructions (comme les relatives imbriquees par exemple). Si l'identite partielle de qurelatif et de que conjonction revele combien les deux qiots sont le produit du proces de nominalisation pour lequel ils fourriissent un support formel, leur difference est la materialisation de la fafon divergente dont la nominalisation apere. Bref, le rapport qu-lque temoigne de la valeur basique du processus de nominalisation et de sa double saisie. 4.2. La construction relative par decumul, qui separe les marques de la completivite transcategorielle (que) et de la suppletivite categorielle (il), confirme bien combien c'est le processus de nominalisation (NI ou NE) qui diffärencie l'agencement des enonces. En effet, malgre une structure lineaire formellement identique, (23) et (24) ne pourront etre interpretes que d'une fafon univoque. (23) Le gan; on qu'il est arrive etait mon frere. [+ NI] (24) Le fait qu'il arrivera bientöt te rend inquiet. [+ NE] Ces observations sont incontestablement liees a la possibilite de postuler le N du GN antecedent comme apport de la personne morphologique du verbe de la proposition nominalisee, sa trace etant fixee par la presence du suppletif sujet. L'argumentation developpee permet de comprendre en quoi le qurelatif n'est qu'une consequence de la nominalisation interne: c'est le produit de la fusion du 206 Michel Pierrard support formel de nominalisation et du suppletif constituant la trace fonctionnelle de l'element detache. Cette interpretation fournit un cadre d'apprehension fructueux pour la question delicate dans d'autres approches theoriques de la relative prepositionnelle (l'horticulteur a qui je posais la question [...]; LE FLEM 1989b: 37), dans laquelle la preposition se rapporte uniquement au relatif et en aucune fa<;on a l'antecedent. Les diverses structures autorisees en fran<;ais populaire (GADET 1989: 147) corroborent largement la pertinence de l'interpretation avancee, en mettant en evidence la fa<;on dont le suppletif etablit le contact avec l'antecedent et livre une base d'incidence au nom de discours: (25) a) L'homme que j'en parle b) L'homme que je parle de lui c) L'homme de qui je parle Finalement, deux observations nous ameneront a generaliser les consequences de l'hypothese proposee en generant une apprehension convergente pour divers comportements apparemment deviants mais qui soulignent tous en verite la coexistence au sein du relatif d'une trace fonctionnelle et d'un trait [ + SpNm]: 4.2.1. Diverses constructions peuvent, sous la pression de facteurs discursifs, eliminer dans la phrase nominalisee la trace fonctionnelle du N extrapose: (26) a) C'est a ton pere que je parle (cf. PIERRARD 1986) 15 b) Elle me coüte eher ma salle de bains / que je me sers pas d'ailleurs. 4.2.2. Par contre, l'impossibilite d'eloigner la trace fonctionnelle en position de sujet est aussi une constante qu'on retrouve dans de nombreux tours. Cette contrainte rend compte de tours comme la clivee, Oll qui sujet est la seule forme qui entre en concurrence avec que (27), (27) a) C'est ton pere qui parle. b) *C'est ton pere que parle. de constructions en fran<;ais populaire Oll la possibilite d'effacer la trace fonctionnelle existe toujours sauf en position de sujet, 15 LE FLEM (a paraitre) parle pour ces enonces de coupure syntaxique afin de ! es distinguer des relatives traditionnelles. L'exemple suivant montre que cette «coupure» est toute relative: C'est vous qui avez fait r;a? La Nominalisation de Propositions et la Distinction conjonction! relatif 207 (28) a) L'homme que je parle de lui ... b) L'homme que je parle ... (cf. GADET 1989: 148) 16 (29) a) L'homme qu'il parle fort ... b) *L'homme que parle ... et enfin de la fameuse construction imbriquee ou la trace fonctionnelle sujet non seulement n'accompagne pas le support de la nominalisation interne 17 mais s'agglutine de surcroit au support qui la precede directement18: (30) L'homme que je crois qui est venu est son frere. Les tours interrogatifs paralleles confirment cette interpretation: (31) a) Tu as dit que qui allait appeler? b) Qui as-tu dit qui allait appeler? Le qui interrogatif cumule la marque du genre vrai et du cas. En cas de deplacement de l'interrogatif en tete d'enonce, la trace fonctionnelle sujet s'agglutine ici aussi au support de nominalisation. Remarquons que les deux constructions avec et sans agglutination de la trace fonctionnelle sont possibles (32) aussi longtemps que le suppletif n'est pas 16 Ce qui entmine des difficultes d'interpretation hors et meme en contexte (cf. GADET 1989: 149-150). 17 A propos des conditions discursives favorisant un tel decumul, cf. l'hypothese d'incises «constituant une sorte d'ecran» chez GADET (1989: 154), situation assez frequente en fram;:ais populaire: C'est des choses que / qu'on soit de droite ou de gauche / on aime ! es lire. 18 Contrairement a LE FLEM (1991: 239), nous proposons donc, dans la lignee de MILNER 1982, l'hypothese d'une separation du support de nominalisation et de la trace fonctionnelle sujet, qui presente a notre avis un triple avantage: eile aligne l'interpretation des imbriquees sujet sur ! es autres imbriquees: (a) L'homme a qui je croyais que tu avais parle. eile exploite un mecanisme (separation de la marque casuelle et du support de nominalisation) et se fonde sur une propriete du sujet (resistance de la marque sujet au deplacement ou a l'effacement) qu'on retrouve dans toute une serie d'autres constructions (cf. exemples [25) a [33)); eile est enfin confirmee par le critere a utiliser avec prudence il est vrai de l'accord du participe passe. Si l'accord s'impose dans le cas des «imbriquees subjectives» (bl) (qui impliquent sans aucun doute deux relatives), il semble impossible dans le cas des imbriquees «objectives» qui nous concernent (b2): (b) 1) Lise que j'ai rencontree qui sortait de la SAQ. 2) *L'hypothese que tu as dite qui avait ete negligee. 208 Michel Pierrard integre au premier support. Dans ce cas-la (33), l'agglutination devient impossible: (32) a) L'hypothese que je crois qui a ete negligee. b) L'hypothese que je crois qu'elle a ete negligee. (33) a) L'hypothese dont je crois qu'elle a ete negligee. b) *L'hypothese dont je crois qui a ete negligee. 5. Notre contribution a permis de situer qurelatif a la jonction de deux systemes. Sur un plan categoriel, quest un pronom suppletif, tout comme le pronom personnel par exemple. Sur un plan transcategoriel, le relatif et la conjonction sont des completifs, supports formels de la phrase nominalisee. Ainsi, relatif et conjonction se situent sur le plan de la non-predicativite dans la categorie pronominale. Leur differenciation s'operera par la maniere dont ils se manifestent (suppletivite/ completivite) face au mecanisme d'incidence et par le niveau (categoriel, transcategoriel, endosyntagmatique, endophrastique) du mecanisme en question par rapport auquel ils interviennent. Bruxelles Michel Pierrard Bibliographie BoscH, P. 1983: Agreement and Anaphora. A Study of the Role of Pronouns in Syntax and Discourse, London FERRERES MASPLA, F. 1991: «Subordonnees interrogatives indirectes en espagnol et en frani;:ais», in: 6 e Colloque International de Psychomecanique du Langage. Recueil de textes (Ponta-Mousson, 3-5 juin 1991), p. 37-49 GADET, F. 1989: Le fram; ais ordinaire, Paris GAUDET, J. 1987: «L'hypothese de la nominalisation et la structure imbriquee en frani;:ais», Langues et linguistique 13: 71-96 GREVISSE, M. 1975: Le bon usage. 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Y es 16gico que asf suceda, dada la importancia econ6mica que desde siempre ha tenido la delimitaci6n de los territorios, lo mismo entre terminos municipales y propiedades particulares de terrenos vecinos son abundantfsimos los textos en que aparecen disputas y altercados por haber sido mudados determinados mojones que en la distribuci6n de tierras reden reconquistadas entre repobladores. Tales problemas jurfdicos requerian una determinaci6n exacta por las autoridades, lo que queda plasmado en numerosos deslindes y amojonamientos, conservados en libros de repartimiento y en protocolos notariles y de pleitos. A un determinado grupo de tales designaciones de sefial indicadora de un limite me dedico en esta ocasi6n 2 : el de los derivados del lat. FICTUS 'hincado'. El derivado mas directo de FICTUS se halla representado en practicamente todos los dialectos y lenguas de la Peninsula Iberica: asi en cast. hito 'moj6n'; port., gall., ast., arag., nav. fito 'id.'; ast. or. jitu 'id.'; sant. jito 'id'; cat. fit 'hito'. Dado el valor especffico de hito, 'moj6n', es 16gico que encontremos este vocablo con frecuencia en la toponimia menor, al igual que sus derivados (como Hit6n(-a) 3 ; Hituelo 4 ; Hitar(es), Hitarillo 5 ); estos remiten ya plenamente al periodo romance (es decir, se trata de sufijados sobre fitolhito, no sobre FICTUS). Corno ejemplos cabe sefialar los que siguen: 1 Para Andalucfa, por ejemplo, M. ALVAR y sus colaboradores han recogido abundante material lexico (como lindero, mojonera, moj6n, lindazo, gabia, padr6n) en el Atlas lingüistico y etnografico de Andalucfa (6 vols.), Granada 1961-1973, mapa 'linde'. Muchas de estas designaciones pertenecen igualmente al patrimonio toponomastico. 2 EI presente estudio forma parte de una serie de publicaciones mfas concebidas como contribuciones a la lexicologfa hist6rica y Ja etimologfa hispanica. Con anterioridad han aparecido los trabajos «Acerca de la raiz *MUKORNO y sus derivados en Ja Peninsula Iberica. Nota critica al DECH», ZRPh. (en prensa); «Arcafsmos lexicos presentes en la oronimia hispanica», ZRPh. (en prensa); «Descendientes de la rafz *TOR-, *TURen Ja Peninsula Iberica», RLiR (en prensa); «Acerca de un mozarabismo en andaluz», RomPhil. (en prensa). 3 Derivado mediante sufijo aumentativo -6n. 4 Derivado mediante eJ sufijo diminutivo arcaico -uelo. 5 Derivados mediante sufijo locativo-abundancial -ar. 212 Maria Dolores Gord6n Peral - Fit6n (Burgos) 6 ; - La Fitona (Canseco, Le6n) 7 ; - El Hituelo (Rubielos de Ja Cerida, Teruel) 8 ; - El Hituelo (Martos, Jaen) 9 ; - Hitares (Torres, Jaen); - Hitarillo (Jimena, Jaen) 10; - Hitar de Bejeo (Huetor-Santillan, Granada) 11. Pero estos llO soll, lli mucho mellos, los Ullicos derivados de FICTus coll este selltido de 'moj6ll'. Ulla mas rica colecci6ll de materiales lexicos llOS muestra la amplia ramificaci6ll lexica de vocablos que remitell a tal etimo (algullos remolltall directamellte al lat. vulg. FICTu; otros soll derivados del romallce hito). Coll fullci6ll de apelativos aullque de difusi6ll exclusivamellte dialectal se documelltall las voces que siguell: ast. fitoria 'estaca de! carro' 12; ast. fitoria 'cada uno de los palos que sostienen el tejido de los lladrales'13; mure. citora 'fisga', tomado de! cat. fitora 'id.' (DECH, s. hito) 14 ; leon. fitola 'moj6n', empleado en Valpuesta 15; and. jitera 'ahitera' («No le des mas mantecados a ese nifio, que va a coger una jitera») 16. and. hita 'roca poco saliente en medio de un terreno de labor' («No vio Ja hita y quebr6 el arado»); and. hitazo 'punta de roca que sobresale en tierra de labor' (en Jaen); and. hit6n 'hita', 'roca saliente en medio de un terreno de labor' («En el hit6n se refugi6 Ja liebre»); and. hit6n 'ribazo', 'linde de dos terrenos de altura desigual' (en Jaen; «Se sent6 en un hit6n mientras los otros venfan») 17. 6 Citado por S. DE CovARRUBIAS, Tesoro de la lengua castellana o espafiola, reimpr. Madrid 1977, s. hito. 7 «Alude a lugares donde esta el moj6n o fito que divide», segun A. R. FERNANDEZ y GoNzALEZ, Los Argüellos. Lexico rural y toponimia, Santander 1966, p. 162. 8 Cf. V. Mul'ioz GARRIDO, Repertorio de nombres geogrdficos. Teruel, Valencia 1974, s.v. 9 Dato de Consejerfa de Obras Publicas y Transportes de la Junta de Andalucfa, Inventario de toponimia andaluza (cito en adelante lnventario), Sevilla 1990, t. 6, s.v. 1 ° Cf. M. R. Mul'ioz PoMER, Repertorio de nombres geogrdficos. Jaen, Valencia 1974, s.v. EI sufijado locativo-abundancial -ar no esta recogido por Ja Academia. EI Diccionario de la lengua espaiiola (Madrid 1984) s6lo da la forma verbal hom6nima hitar 'separar las tierras con hitos' (s.v.). 11 Cf. Inventario, t. 4. Sevilla 1990, s.v. 12 Cf. V. GARCIA DE DIEGO, Diccionario etimol6gico espafiol e hispdnico, Madrid 1985 [2" ed., aumentada por C. GARCfA DE DIEGO), p. 678; A. ZAMORA VICENTE, Dialectologia espafiola, Madrid 1970 (2 a ed. muy aumentada], p. 150. 13 Cf. J. CoROMINAs/ J. A. PASCUAL, Diccionario critico etimol6gico castellano e hispdnico (cito en adelante DECH), 6 vols., Madrid 1980-1991, s. hito. 14 Cf. loc. cit. 15 Cf. A. R. FERNANDEZ y GoNZALEZ, op. cit., p. 73. 16 Cf. A. ALCALA VENCESLADA, Vocabulario andaluz, Madrid 1951, s.v. 17 Cf. A. ALCALA VENCESLADA, op. cit., s.v. Nuevas Aportaciones a la Lexicologia Hispanica 213 EI primer vocablo citado, el asturiano fitoria, tiene parientes cercanos en el leones fituro 'palo clavado', el cast. ituero, documentado por V. Garcia de Diego con valor de 'moj6n' en los dialectos soriano, salmantino, segoviano y albacetefio, y en el navarro fitero; estos vocablos, escasfsimamente documentados en obras lexicograficas 18, constituyen un tipo lexico que tiene o ha tenido vigencia en otros muchos dialectos hispanicos, y no s6lo en los que indica V. Garcfa Diego, segun mostrare mas adelante. Remiten a un lat. vulgar *FICTORUS como ya indic6 MENENDEZ PrnAL. DoN RAM6N atribuy6 el paso de -ORIU a -uero (con forma intermedia *-oiro) a una asimilaci6n al frecuentfsimo diptongo [we] castellano, y la alternancia de sufijos -uero/ -ero a una asimilaci6n posterior del sufijo -uero a -ero < -ARID ( asimilaci6n debida, sin duda, a la mayor frecuencia de este ultimo), manifestando no hallar hasta 1170 y 1191 la variante asimilada Fitero (top6nimo escrito asf en el Poema de Fernan Gonzalez y en la Primera Cr6nica General) 19, pero dice - «todavfa en el siglo XV la Gaya de Segovia conoce la forma mas antigua en cuanto a su diptongo acentuado: Hituero FICTORIU, en Galicia Fitoiro, varios pueblos asf llamados, y en Asturias Fitoria» 20. No cabe duda de que, al formular las mencionadas frases, el insigne fil6logo desconocfa el grado de difusi6n de la forma mas arcaica, Fituero (y variantes dialectales), en la toponimia hispanica. De hecho, como puede comprobarse por los datos que ofrezco a continuaci6n, la variante -uero es mas frecuente todavia en los nombres de lugar actuales 21 ( cf. infra); Fitero se documenta al lado de Fituero en la fuente medieval del Libro de la Monteria de Alfonso XI (hacia 1344), no citado para esta forma hasta ahora, alternando las dos variantes en igual proporci6n. Los nombres de esta forma corresponden a las actuales provincias de Avila, Cuenca y Murcia: 18 EI Diccionario de Autoridades (Real Academia Espafiola, 3 vols., ed. facsfmil, Madrid 1964) recoge solo el adjetivo fito! -a 'Lo mismo que Hincado. Es voz antiquada', afiadiendo el ejemplo de la Cr6nica General: «Los finojosfitos» (s.v.), y Corominas se limita a constatar los apelativos que acabo de traer a colaci6n; Menendez Pidal no se pronuncia sobre la vertiente semantica de su etimologia. Ünicamente he hallado una alusi6n en CovARRUBIAS, quien parece tener conciencia del significado de la voz fitero. En la entrada que dedica a hito explica: «Es nombre de un lugar; y por ventura se dixo ass{ por dividir algunos terminos, como fue el monasterio de Fitero, cerca de Burgos, dicho antes Fit6n porque tenia allf su termino el reyno de Castilla» (subrayado mfo). 19 Por mi parte, puedo documentar la forma en funci6n antroponimica: «Lope de Fitero de Rio Pisuerga» en la Primera Cr6nica General, ed. por R. MENENDEZ PIDAL, con un estudio actualizador de D. CATALAN, Madrid 1977, t. II, p. 34. 20 Origenes, p. 161. 21 En el otro par comparable, Postero/ Postuero (< *rosTERru), la variante prevaleciente en la toponimia actual es la forma mas moderna en -ero; vease al prop6sito M. D. GüRDON PERAL, Toponimia de la Serrania de Sevilla, Sevilla 1990, s.v.; «Arcaismos lexicos presentes en la oronimia hispanica» (ya citado); S. RuHSTALLER, Toponimia de la Campifia de Utrera, Sevilla 1990, s. Posteruelos. 214 Maria Dolores Gord6n Peral Et son las armadas Ja vna a Val de Casiellas al camjno que va de! quexigar al Helipar, en derecho de los Fiteros; et la otra al Agotraduero (fol. 153v); Los Fitueros, de sobre el quexigar, es buen monte de osso en yuierno (fol. 155r); Et son las armadas Ja vna en el Collado de Pasqual de Gila, et Ja otra en el collado que es en par del Fitero de Alcala, et Ja otra entre el aldea de Canpiellos et el moljno, quel guarden Ja yda de los Setiles (fol. 201v); Los Valleios Malos, que es en termino de <;=ahoreios, et los Fitueros es todo vn monte; et es bueno de osso en. yuierno et en verano; Et non a bozeria, et son las armadas las de los Fiteros (fols. 207r-v); Los Fitueros de Ja dehesa de Alualadeio, que es en Val de Segura, et las Ve1;edillas con Ja Foya de! Osso es buen monte de osso en verano (fol. 332r) 22. Abundantes huellas de ambas formas, Hituero e Hitero, quedan en la toponimia actual desde Huelva hasta Zaragoza y Palencia, y desde Avila y Salamanca hasta Albacete. Observamos un tratamiento diferenciado de la F-inicial etimol6gica en las distintas zonas dialectales (perdida en Soria, Albacete, Palencia, Avila; conservaci6n en zonas navarro-aragonesas; realizaci6n aspirada en Andalucfa Occidental, Toledo y en un punto de Avila). - El Gituero, termino de Almonaster Ja Real (Huelva) 23; - Arroyo Jituero, Guadalcanal (Sevilla) 24 ; - Gituero, de EI Real de San Vicente (Toledo) 25; - Barrera del Hituero, de La Zarza (Avila); - Risco de Hituero, de Cebreros (Avila); - Gitorejo, de EI Hoyo de Pinares (Avila) 26; - El Fitero, de Luna (Zaragoza) 27 ; - Fitero, macrotop6nimo de Navarra 28; ltuero, tres en Ja provincia de Salamanca, uno en Ja de Avila, otro en Ja de Soria, y otro en Albacete 29 ltero de la 'vega e ltero Seco, en la provincia de Palencia 30. 22 Citas del Libro de la Monterfa de Alfonso XI, ed. D. P. SENIFF, Madison 1983. 23 Dato de M. P. NoBLEJAS PEREZ, Repertorio de nombres geogrdficos. Huelva, Zaragoza 1979, s.v. 24 Dato de M. D. GoRDON PERAL, Toponimia de la Serranfa de Sevilla, s. Jituero. 25 Cf. V. CERVERO Pozo, Repertorio de nombres geogrdficos. Toledo, Valencia 1975, s.v. 26 Cf. M. A. L6PEZ NAVARRO, Repertorio de nombres geogrdficos. Avila, Zaragoza 1979, s.v. 27 Cf. A. CALLADO GARcfA, Repertorio de nombres geogrdficos. Zaragoza, Valencia 1974, s.v. 28 Citado por Covarrubias como de Burgos. Hoy es pueblo de Navarra, del partido judicial de Tudela, donde tiene todavia su asiento el conocido monasterio cisterciense mencionado por el lexic6grafo. 29 Cf. el mapa sobre «La f y la h a fines del siglo XIII» que adjunta MENENDEZ PIDAL en Orfgenes del espaiiol, Madrid 17 1980. 3 ° Cf. loc. cit. Nuevas Aportaciones a Ja Lexicologfa Hispanica 215 La rica representaci6n del tal descendiente romance de *FICTORIU entre los nombres de lugar es sefial clara de que el significado de la voz realmente es 'moj6n', 'hito', una motivaci6n muy comun en la toponimia menor 31 . Y, dada la frecuencia de aparici6n de la voz en los textos antiguos y su amplia distribuci6n en la corograffa hispanica 32, puede establecerse sin riesgo de error que el tipo lexico fituero-fitero fue usual y bien conocido en el pasado en todas las areas hispanicas, incluidas la navarro-aragonesa y las asturiana y gallega, donde la conservaci6n de la F-inicial es prueba de la autoctonfa de las formas. Si el tipo lexico hituero, con todas sus variantes dialectales y su difusi6n geografica, esta muy escuetamente documentado por los lexic6grafos, dialect6logos y etimologistas, menos aun lo esta otro derivado del mismo FICTUS latino-vulgar: confite (junto con confitero y confitera, y confitar/-al, a su vez derivados de este), cuyo significado igualmente ha de ser el de 'moj6n'. Los materiales lexicos que he podido acopiar se reducen a formas toponomasticas; estas, no obstante, se dan con una frecuencia que permite sospechar que en alguna que otra habla dialectal se ha de conservar la voz como apelativo hasta hoy, o que ha pervivido hasta hace poco. Estos materiales lexicos son los que siguen: Provincia de Sevilla: El Confite (termino de Castillo de las Guardas); La Confitera (Carmona); El Confitero (Aznalc6llar); El Confitero (Guillena) 33 . Malaga: Confitera (Cutar); Confitero (Malaga) 3 4. C6rdoba: Confitera (Montoro) 35 • Granada: El Confitar (Villamena) 36. 31 Un ejempfo de top6nimo Hituero cuya motivaci6n efectivamente es Ja de 'moj6n' es el caso de! llamado Arroyo Jituero, que forma el lfmite entre los terminos de Azuaga, de Ja provincia de Badajoz, y Guadalcanal, de Ja de Sevilla (dato de! mapa de! Servicio Geografico de! Ejercito [cito en adelante SGE], hoja 13-65, coords. 62/ 35, y de V. L6PEZ AzoRfN, Repertorio de nombres geogrdficos. Badajoz, Zaragoza 1979, s.v.). 32 A los ejemplos consignados pueden sumarse los Fitoiro de Galicia y Fitoria de Asturias, citados por MENENDEZ PrnAL en Orfgenes, p. 61. 3 3 Datos de M. D. GoRo6N PERAL, Toponimia de la Serranfa de Sevilla, s. Confite, e Inventario, t. 8, s.v. 3 4 Inventario, t. 7, s.v. 35 Inventario, t. 3, s.v. 36 Inventario, t. 4. s.v. 216 Maria Dolores Gord6n Peral Jaen: La(s) Confitera(s) (Castillo de Locubfn, Sabiote); El Confitero (Ibros); Casilla de Confiteros (Vilches); Los Confiteros (Alcaudete) 37 . Murcia: Casa del Confitero (Yecla); Cortijo del Confitero (Puerto Lumbreras) 38 . Toledo: Las Confituras (i,error por Confiteras? ) (Albarreal de Toledo) 3 9. Zaragoza: Cerro de/ Confite (Jaraba); Mas de/ Confitero (Bubierca) 40 • Estas formas, como ya queda dicho, hasta ahora no han sido docurhentadas ni interpretadas 4 1. Tan s6lo me consta un unico intento de explicaci6n de un nombre de lugar concretamente, el top6nimo El Confite del sevillano termino de El Castillo de las Guardas -, realizado por V. Garcia de Diego L6pez, un intento que puede relegarse sin mas comentario al disparatario 4 2. Este autor no ve en la forma toponimica Confite mas que el nombre de un manjar, un dulce, motivaci6n del todo absurda en un top6nimo. Dice en su «Estudio hist6rico-critico de la toponimia mayor y menor del antiguo Reino de Sevilla» 43 : Confite. En EI Castillo de las Guardas. Dulce pequefio de! fr. confit de! lat. confectus. Un poco extrafio, quizas por exageraci6n de pequefiez. La reiteraci6n de la forma Confite y variantes, sufijadas o no ( Confita, Confital, Confitera, Confitero), en la onomastica de lugares hispanicos, indica que ha sido muy otra la motivaci6n inicial de estos nombres 44 . Seguramente, de considerar 37 M. R. Mu1'ioz POMER, op. cit., s.v. 3 8 M. J. VALLCANERA CALATAYuo, Repertorio de nombres geograficos. Murcia, Valencia 1976, s.v. 3 9 V. CERVERO Pozo, op. cit., s.v. 40 A. CALLADO GARCIA, op. cit., s.v. 4 1 No he hallado referencias a este tipo toponimico en ninguna de las obras lexicograficas consultadas, y falta, asimismo, en los estudios sobre la onomastica de lugares de diversas areas peninsulares. 4 2 No es este el unico caso de interpretaci6n toponimica completamente desprovisto de base cientffica en las obras de este autor. Para resefias parciales cf. M. D. GoRDON PERAL, «De toponimia hispalense», Philologia Hispalensis 2 (1988), 141-151; m., Toponimia de la Serrania de Sevilla. Estudio lingüistico e hist6rico; S. RUHSTALLER, Toponimia de la Campifia de Utrera, Sevilla 1990, s. Foronguilla. 43 Archivo Hispalense 97 (1959), 72. 4 4 Hay que descartar una motivaci6n antroponfmica para los top6nimos Confitero(s), en vista de su frecuencia en toponimia y de los datos mozarabes que presento infra. Nuevas Aportaciones a la Lexicologia Hispanica 217 caso por caso el emplazamiento de los sitios denominados, hallarfamos que en ellos tiene o ha tenido lugar una divisi6n o partici6n de terrenos, pues los nombres han de remitir al lat. CONFICTUS, participio de CONFIGERE 'clavar una cosa con otra', que, como se desprende del testimonio de la toponimia, pas6 al romance con identico o parecido sentido que el simple FICTus 45 . J. CoROMINAS (DECH, s. hito) trata de un apelativo derivado del mismo etimo que los nombres que estudio: cohita 'conjunto de edificios contiguos, manzana de casas', documentado en Berceo («relumbr6 la confita de relumbror dorado») y otros (cohita en un documenta de fecha poco posterior a Berceo, 1265, e igualmente procedente de San Mill.in de la Cogolla). Mas, si los nombres de lugar Confite (y los derivados de este, .Confiterol-a) comparten ese mismo etimo coNFICTAl-us, z,c6mo se explica el diferente tratamiento fonetico de la [f-) (conservaci6n en los nombres de lugar, frente a su perdida en el apelativo)? Desde luego, la evoluci6n genuina del castellano es la que Corominas recoge de los documentos riojanos. He aqui algunos ejemplos mas que muestran que la [f-) precedida del prefijo consuele perderse (o, al menos, realizarse como aspiraci6n) en casos analogos: 1) el lat. vg. *coNFECTARE (derivado de CONFICERE) evoluciona en castellano a cohechar (DECH, s.v.); 2) el lat. CONFUNDERE da en cast. cohonder (DECH, s. fundir, n. 5); se trata de una variante arcaica y popular del culto confundir (segun J. Corominas, «todavfa la emplea Cervantes como propia del lenguaje de Sancho», y Valdes la sefiala como anticuada); 3) del lat. vg. CONFORTIARE debi6 surgir *cohorzar, y de ahf el vulgarismo cast. cogorr;;alcogorza (DECH, s. cogorza). 4) En toponimia hallamos formas como El Cojito (Espartinas, Sevilla 46; Fuente de Piedra, Malaga 47) y El Cojitar (Fuente de Piedra, Malaga 48), que acusan una pronunciaci6n dialectal [kohito], con aspiraci6n. En Huelva (termino de Villablanca) se da, ademas, la variante no aspirada Coito 49 . Sin lugar a dudas, estamos ante un apelativo cohito, procedente del etimo sefia- 45 El mapa SGE 11-38 consigna el llamado Arroyo del Confite, afluente de la Rivera de Huelva, que nace en las cercanias de! limite entre los terminos de Zufre (provincia de Huelva) y El Castillo de las Guardas (provincia de Sevilla); el nombre puede aludir, pues, a alguna sefial de delimitaci6n que indicaba el trazado de! lfmite entre los terminos (o incluso entre provincias, o, en epoca anterior, entre el Condado de Niebla y Sevilla). 46 Cf. Inventario, t. 8, s.v. 47 Cf. op.cit., t. 7, s.v. 48 Cf. op.cit., s.v. 49 Cf. op.cit., t. 5, s.v. 218 Maria Dolores Gord6n Peral lado tambien para confite, a saber, *CONFICTU (cohitar es un derivado mediante sufijo -ALE, con valor colectivo; cf. supra, Confitar) 50. Este rasgo de la conservaci6n de [f-] no es el unico en revelarnos que la voz confite no puede ser resultado de una evoluci6n fonetica castellana. Tambien el tratamiento de la vocal final es extrafio: en castellano esperarfamos una sflaba final -to en lugar de -te. Esta forma confite esta, pues, en clara oposici6n con cohito, vocablo genuinamente castellano cuya vitalidad queda atestiguada gracias a los nombres de lugar Cohito/ Cohital y la variante femenina cohita, presente en textos de Berceo. Confite no puede ser soluci6n culta de CONFICTus, por una parte debido al significado tan popular y rural de 'moj6n', y, por otra parte, por la transformaci6n de -u final en -e. No queda otra conclusi6n que la de que estemos ante un prestamo de otro romance, conservador de la F-, con el que el castellano popular ha entrado en contacto. En vista de la difusi6n del tipo onomastico solo por las provincias de Sevilla, Malaga, Zaragoza, Toledo, Murcia, Jaen, Granada y C6rdoba, no puede caber duda de que este romance ha de ser el mozarabe. Tal origen justifica tanto la conservaci6n de la f- ( confite frente a cast. cohito), como la -e final en lugar de -o (son frecuentes los casos de perdida de la -o final romance al ser adaptados los mozarabismos al hispano-arabe; al pasar despues al castellano, se afiade una -e para facilitar la pronunciaci6n: comparense casos como chirque < *cERCU (< QUERcus); Lorete < LAURETu; Palmete < PALMETu; [Guadi]amar < AMARu; Chiste < SEXTus 51 ). De hecho, existe otra prueba ademas de la que constituyen las indicadas peculiaridades foneticas de este mozarabismo integrado en dialectos castellanos de la existencia real de un vocablo *confito o *confite (< *cONFICTu) en el romance mozarabe. En la toponimia de la provincia de Malaga hallamos un nombre de lugar Confetaire (termino municipal de C6mpeta) 52, que revela un inconfundible tratamiento fonetico mozarabe: conservaci6n de la [f-], conservaci6n arcaizante del diptongo [ai] (frente a la reducci6n a [e] en castellano), transformaci6n -u > -e, debida al superestrato arabe (vid. supra). Este nombre de lugar demuestra que realmente debi6 existir en el romance mozarabe un tipo lexico *confitairo (y asf tambien el simple confito, equivalente al cast. cohito, rastreable igualmente en toponimia), tipo que fue transmitido al castellano de los repobladores, en los momentos subsiguientes a Ja Reconquista, con la forma 50 La toponimia nos ofrece mas casos que patentizan esta evoluci6n popular de! castellano: asi, el santanderino Cohiiio < CONFINIUM (cf. R. MENENDEZ-PIDAL, Origenes, p. 222). En Le6n hallamos Coorcos o Corcos, formas que tienen dobletes Conforcos en areas dialectales mas occidentales (cf. ibid., p. 259 N 2). 51 Cf. S. RuHSTALLER, Toponimia de la regi6n de Carmona, Berna/ Munich 1992, s. EI Coronil, Fuente Santa, Chirque, Chiste. 52 Dato de Inventario, t. 7, s.v. Nuevas Aportaciones a la Lexicologia Hispanica 219 confitero, adaptada a los habitos lingüisticos castellanos. Corno etimo cabe establecer un lat. vg. *coNFICTORIU, a saber, una variante prefijada del vocablo *FICTORIU 53 , cuya existencia bajo las formas evolucionadas ituero, hituero (con aspiraci6n), jituero, fituero y fitero en los diversos dialectos hispanicos he demostrado en la primera parte del presente estudio. En base a estos datos dialectales podemos concluir que el indocumentado lat. *FICTORIU 'moj6n' debi6 ser una voz comun en toda la Peninsula, predominando, no obstante, la variante prefijada *cONFICTORIU en zonas meridionales. Sevilla Mar{a Dolores Gord6n Peral 53 Tanto el mozarabismo castellano confitero como el top6nimo malaguefio Confetaire ostentan la continuaci6n del sufijo lat. -ARIUS. Pero las formas paralelas de los demas romances hispanicos son indicio claro de que el etimo debi6 ser un derivado mediante sufijo -ORIU, que pasaria en el romance primitivo a *-oiro; esta terminaci6n extrafia seria absorbida pronto por el sufijo moz. -airo / cast. -ero (como muestran las formas hitero al lado de hituero; cf. supra). Besprechungen - Comptes rendus ROBERT MARTIN, Pour une logique du sens, 2 e edition revue et augmentee, Paris (PUF) 1992, 319 p. Seit bald zwanzig Jahren setzt sich Robert Martin immer deutlicher vom Guillaumismus ab allerdings ohne seine Anfänge zu verleugnen, die auch in jüngeren Publikationen immer wieder einmal durchscheinen. In dieser Zeit hat er sich immer deutlicher der logischen Sprachanalyse und insbesondere der logischen Semantik zugewandt, mit der er sich in zahlreichen Aufsätzen und v. a. drei Buchpublikationen auseinandergesetzt hat. Die erste große Arbeit im Rahmen dieser Neuorientierung erschien 1976 unter dem Titel Inference, antonymie et paraphrase 1 . Martin plädiert hier dezidiert für eine Hinwendung zur formalen Logik, um das Problem der Bedeutung in den Griff zu bekommen. Noch arbeitet er mit einer zweiwertigen Aussagenlogik (wahr/ falsch), läßt aber die traditionellen Ansätze der Philosophie insofern bereits hinter sich, als zur Bestimmung des Wahrheitswertes nur noch bedingt auf die referentiellen Sachverhalte der (objektiven) Welt zurückgegriffen wird; im Vordergrund steht vielmehr die gegebene oder fehlende Äquivalenz von sprachlich mit unterschiedlichen Mitteln realisierten Aussagen. Um dieses «Programm» zu realisieren, werden dann die Begriffe der Inferenz, der Antonymie und der Paraphrase entwickelt und an zahlreichen Beispielen illustriert. In diesem Rahmen finden sich überdies auch eine eindrückliche Behandlung des Synonymieproblems (auf logischer Basis) und eine hochwertige Konnotationstheorie, die von allen unnützen Wucherungen der letzten Jahre (v. a. im literaturwissenschaftlichen Bereich) befreit ist. Die ganze Diskussion mündet in die Frage nach der semantischen Struktur der Sprache, die allerdings noch keine zufriedenstellende Lösung erfährt. 1983 folgte dann mit Pour une logique du sens 2 gewissermaßen der zweite Streich. Der Ansatz aus der ersten Arbeit wird nun insofern radikalisiert, als Martin ganz offen erklärt, daß Semantik nicht absolut fundiert sei, sondern relativen Charakter habe und von der Weltsicht, der Intuition und der Intention des Sprachbenutzers abhänge. Anstelle der zweiwertigen, mit den Wahrheitswerten wahr/ falsch operierenden Logik von 1976 tritt nun eine mehrstellige logique veri-relationelle, die in vielerlei Hinsicht die Saussure'sche Intuition einer immanent-relationalen Linguistik fortschreibt. Dieser Wandel im Ansatz wird dadurch erklärt, daß sich das Instrumentarium von 1976 (zweiwertige Logik und die beiden Operatoren der Notwendigkeit und der Möglichkeit) sehr rasch als ungenügend für die Erfassung der Gegebenheiten von natürlichen Sprachen erwiesen habe; auch die Erweiterung des Inventars durch die nicht-klassischen Begriffe der Inversion, der Präsupposition, des Bedeutungskontinuums und durch die gängigsten rhetorischen Figuren brachte nicht die gewünschte Effizienzsteigerung. So bleibt denn nur der Bruch mit der klassischen Logik, die Hinwendung zur verite flaue, den möglichen Welten und den Diskursbzw. Glaubensuniversien (univers de croyance). In der Tat gelingt es Martin dann in dieser Arbeit (und der folgenden) überzeugend zu demonstrieren, daß dieser Ansatz für die Analyse natürlicher Sprachen bedeutend besser geeignet ist, und dies trotz gewisser 1 Paris, Klincksieck, 174 p. 2 Paris, PUF, 268 p. - CL auch die Besprechung von P. SwIGGERS, VRom. 44 (1985), 268-76. 222 Besprechungen - Comptes rendus Probleme bei der Formalisierung der metasprachlichen Aussagen. - Der Band umfaßt fünf Hauptkapitel. Im ersten werden die grundlegenden Begriffe wie analyticite, (grammaire/ verite) flaue, mande passible, univers de croyance usw. erarbeitet und gezeigt, welchen Nutzen die Semantik aus dem Wahrheitsbegriff ziehen kann; im zweiten Kapitel wird das Problem der analytischen Relation (v. a. im Hinblick auf die linguistischen Definitionen) diskutiert und überdies auf die Frage nach der definitorischen Wahrheit eingegangen; Kapitel 3 behandelt die Modalisierung der Sätze im Rahmen von möglichen Welten und Glaubensuniversien; das 4. Kapitel stellt eine Einführung in die semantique du flau dar; und Kapitel 5 schließlich wagt den Schritt vom Satz zur Aussage und dringt so in den diskursiven und pragmatischen Bereich der Wahrheitsproblematik vor. - Dieser Überblick läßt bereits eines der wesentlichen Anliegen der Untersuchung erkennen: den Versuch, semantischen und pragmatischen Bereich zu trennen. Bedeutung (sens) ist für Martin ein Phänomen des Satzes und des sprachlichen Kontextes (fanctian phrastique und fanctian discursive); auf diesen beiden Ebenen werden a) die Wahrheitsbedingungen festgelgt und b) die Textkohärenz realisiert. Auf der pragmatischen Ebene (fanctian pragmatique) dagegen wird die Äußerung interpretiert, d. h. über ihren mehr oder weniger großen Wahrheitsgehalt entschieden (der je nachdem irgendwo zwischen 1 und O liegen kann). 1987 folgt dann der Band Langage et crayance 3, in dem der Begriff des univers de crayance vertieft behandelt wird. Obwohl natürlich Phänomene wie Phraseologismen, lexikalisierte Metaphern, traditionelle Metonymien usw. für ein solches Glaubensuniversum in hohem Maße signifikant sind, liegen sie doch außerhalb von Martins Fragestellung: Ihm geht es vielmehr um den Versuch einer epistemischen Logik der Sprache, d. h. daß Wahrheit nicht mehr absolut, sondern vielmehr als vom jeweiligen Glaubensuniversum abhängig gesetzt wird. Auf diese Weise lassen sich zahlreiche Ambiguitäten und Widersprüche im semantischen Bereich lösen, die meist durch den Zusammenprall verschiedener univers de crayance im Rahmen der komplexen Kommunikation, z. T. aber sogar innerhalb eines einzigen Diskurses entstehen. Über den Wahrheitswert eines Satzes kann deshalb nur entschieden werden (Martin spricht von decidabilite), wenn er einem Glaubensuniversum (ggf. mehreren Glaubensuniversien) zugewiesen werden kann; dies ist aber nur möglich, wenn der Diskurs sich als konsistent erweist. In diesem Rahmen diskutiert und definiert Martin im 1. Teil des Bandes den Begriff des univers de crayance; im 2. Teil werden dann die epistemischen Operatoren savair und craire einander gegenübergestellt; im 3. Teil wird der Begriff des image entwickelt, und im 4. Teil geht es um den Aussagezeitpunkt als Ort, an dem verschiedene Glaubenswelten interferieren können; der 5. Teil schließlich ist der Quantifikation im Bereich der Glaubensuniversien gewidmet und führt von der subjektiven zur analytischen Wahrheit. Dieser letzte Schritt ist es, der es erlaubt, die Hoffnung nicht aufzugeben, daß es hinter der subjektiven Relativität des Wahren doch noch vermittelbare Konstanten gibt. Vom zweiten Teil dieser «Trilogie» liegt nun eine gründlich überarbeitete zweite Auflage vor. Martin hat das erste Kapitel (21-57) weitgehend neu geschrieben, um dem Fortschritt der Diskussion seit 1983 Rechnung zu tragen; es hat dadurch erheblich an Stringenz gewonnen. Größere Eingriffe finden sich ferner auch in den Kapiteln II und IV, kleinere auf Schritt und Tritt. Neu dazu gekommen ist schließlich ein Kapitel VI, in dem versucht wird zu zeigen, wie mit den Begriffen der möglichen Welt und des Glaubensuniversums Phänomene wie die Ironie und die Fiktion angegangen werden können eine überzeugende Ergänzung, die deutlich macht, daß das Potential dieses Ansatzes noch lange nicht ausgereizt ist. 3 Bruxelles, Mardaga, 189 p. Besprechungen - Comptes rendus 223 Robert Martin hat hier eine überzeugende Neubearbeitung vorgelegt, die dafür sorgen wird, daß dieses Buch auch weiterhin in der Diskussion bleibt. Nun würde man sich nur wünschen, daß auch der erste Band von 1976 auf den letzten Forschungsstand gebracht wird. P.W. * JEAN DAvm/ GEORGES KLEIBER (ed.), Determinants: Syntaxe et semantique. Colloque International de linguistique organise par la Faculte des Lettres et Sciences Humaines de Metz, Centre d'Analyse Syntaxique (6-8 decembre 1984), Metz (Centre d'Analyse Syntaxique) 1986, 337 p. (Recherches Linguistiques 11) Das Kolloquium, dessen Akten hier vorliegen, ist das vierte in einer Reihe, die 1974 eröffnet wurde und die ein beachtliches Echo gehabt hat: Auf die Mode/ es logiques et niveaux d'analyse logique (1974) folgte La notion d'aspect (1978) und La notion semanticologique de modalite (1981) 1 . Wie in den beiden vorhergehenden Veranstaltungen (z. T. auch in der ersten) sollte ein zentrales Problem aus dem Bereich von Syntax und Semantik aus der Sicht der verschiedensten Ansätze und Schulen beleuchtet und in seiner Behandlung vorangebracht werden. Dieses Ziel ist ganz sicher erreicht worden, wenn man auch keinen vollständigen und lückenlosen Überblick über das ganze aktuelle Spektrum der Lehrmeinungen erwarten darf; noch weniger kann natürlich ein solches Kolloquium als Ergebnis eine homogene Synthese, eine Art für die Zukunft verpflichtendes «Determinantenparadigma» erbringen. Es ist sicher schon ein großes Verdienst, wenn deutlich wird, daß der Begriff der Determinanten keineswegs ausschließlich von der generativen Transformationsgrammatik gepachtet ist und so praktisch unvermeidlich auf den Ansatz Chomskys und seiner Schüler zurückverweist. Die Vielfalt der in diesem Band zu Worte kommenden Meinungen zeigt vielmehr, daß zu Beginn der 80er Jahre eine starke Diversifizierung der Debatte stattgefunden hat. Dieser Dynamismus ist im wesentlichen auch heute noch nicht erlahmt und läßt hoffen, daß die drohende Gefahr einer doktrinären Verkrustung, die sich in den 70er Jahren abzeichnete, gebannt werden konnte. Dies dürfte auf jeden Fall für den romanistischen Bereich gelten. Die 19 Beiträge dieses Sammelbandes werden in alphabetischer Reihenfolge präsentiert. Es handelt sich im einzelnen um: l. JEAN-CLAUDE ANSCOMBRE, Article zero, termes de masse et representation d'evenements en franr;ais contemporain (5-34); 2. GERARD DELE- DALLE, La philosophie du quantificateur existentiel selon Charles S. Peirce (35-40); 3. MICHEL GALMICHE, Reference indefinie, evenements, proprietes et pertinence (41-71); 4. GERTRUD GRECIANO, Determinants et idiomes (73-86); 5. MAURICE GRoss, Syntaxe du determinant possessif (87-111); 6. ANDRE JoLY, La determination nominale et la querelle des universels (113-33); 7. STANISLAW KAROLAK, Le statut de l'article dans une grammaire a base semantique (125-55); 8. MAREK KESIK, Determinants et cataphoricite des SN (157-67); 9. GEORGES KLEIBER, Adjectif demonstratif et article defini en anaphore fidele (169-85); 10. ROBERT MARTIN, Les usages generiques de l'article et la pluralite (187-202); ll. JEAN- PrnRRE MAUREL, Le parametre «absence de l'article» en latin (203-15); 12. KERSTIN ÜLssoN-JONASSON, L'article defini generique et l'interpretation des modaux (217-26); 13. LELIA PrcABIA, Remarques sur l'interpretation indefinie (227-45); 14. JEAN-EMMANUEL TYVAERT, Determination: une approche logique (247-61); 15. PAUL VALENTIN, Le jeu du 1 Die entsprechenden Akten sind als Bände 2 (1976), 5 (1980) und 8 (1983) der Recherches linguistiques erschienen; sie werden wie der hier vorliegende Band von Klincksieck/ Paris ausgeliefert. 224 Besprechungen - Comptes rendus nombre et de la definitude dans le groupe nominal allemand (263-81); 16. HEINZ VATER, Determinants et quantificateurs (283-98); 17. MARCEL VurLLAUME, Les demonstratifs allemands DIESet JEN-. Remarques sur les rapports entre demonstratifs et embrayeurs (299-315); 18. MARC WrLMET, La determination des «noms propres» (317-30); 19. JEAN- MARIE ZEMB, L'Ubiquite de la Quantite dans le Langage de l'Intelligence Naturelle (331-36). Den Beiträgen geht eine kurze Präsentation des Bandes durch die Herausgeber voran (1-4). An dem facettenreichen und sich auf hohem Niveau bewegenden Gedanken- und Meinungsaustausch beteiligen sich Logiker, Generativisten, Guillaumisten und auch Vertreter eher konventioneller Ansätze gleichermaßen. Versucht man die Beiträge thematisch zu ordnen, so ergibt sich einerseits eine Gruppe von Arbeiten, in der allgemeine Probleme des Determinationsphänomens diskutiert werden (Karolak, Tyvaert, Valentin, Vater, Zemb). Ihr stehen die Untersuchungen gegenüber, die sich mit einer spezifischeren Problematik befassen entweder mit einzelnen Determinantentypen (Deledalle, Anscombre, Gross, Vuillaume), oder aber mit einzelnen Funktionen verschiedener Determinanten wie Generizität (Joly, Martin, Olsson-Jonasson), indefinite Referenz (Galmiche, Picabia), Phorik (Kesik, Kleiber), Determination bei Eigennamen (Wilmet), Phraseologismen und Determination (Greciano), artikellose Sprachen (Maure! ). Wenn auch nicht alle Beiträge von gleichem Interesse sind, so haben David und Kleiber hier doch eine außerordentlich interessante und anregende Sammlung von Untersuchungen vorgelegt, an der die zukünftige Forschung zum Determinantenproblem nicht wird vorbeigehen können. P.W. * PETER Koctt! THOMAS KREFELD (ed.), Connexiones Romanicae. Dependenz und Valenz in romanischen Sprachen, Tübingen (Niemeyer) 1991, VIII + 384 p. (LA 268) Der Sammelband enthält die in der Sektion Dependenz und Valenz in romanischen Sprachen gehaltenen Vorträge des Romanistentages 1989 (Aachen), die um einen durch die Sektionsdiskussionen angeregten Beitrag von Th. Kotschi erweitert worden sind. Insgesamt handelt es sich um 15 Aufsätze, die die folgenden übergeordneten Themenbereiche abdecken: 1. «Dependenzgrammatik und Noematik» (39-49), 2. «Translation» (51-106), 3. «Aktanten und Zirkumstanten» (107-137), 4. «Semantische Typisierung von Aktanten» (139-234), 5. «Verbvalenz zwischen Syntagmatik, Phraseologie und Bedeutungswandel» (235-306) und 6. «Valenz - Diathesen Informationsstruktur» (307-384). Voraus geht den Beiträgen eine in Publikationen dieser Art übliche Einleitung der Herausgeber: Dependenz und Valenz in romanischen Sprachen (5-38), in der ein «harmonisierender» Überblick über das im folgenden abgedruckte Programm gegeben wird. Die Themenbereiche zeigen eindeutig die Schwerpunkte der Tesniere-Rezeption, nicht nur in diesem Band, an. Von den grundlegenden Konstituenten des Tesniereschen Syntaxmodells Konnexion - Translation - Junktion ist lediglich die erste zum Gegenstand umfassenderer Kritik und tieferer Reflexion geworden: im Prinzip dreht sich alles nur um Aktanten und Zirkumstanten und den daran hängenden Bereich der Valenz. Der erste Hauptteil ist Fragen einer noematischen Interpretation bzw. Interpretierbarkeit Tesnierescher Kategorien gewidmet, und zwar im ganz speziellen Sinne, wie sie für das Hegersche Aktantenmodell von Bedeutung ist. Dementsprechend lautet der Titel des Beitrages von Klaus Heger, der als einziger dieser Sparte zugeordnet ist, auch Vom Stemma zum Aktantenmodell (41-49). Heger legt einmal mehr seine Abhängigkeit und seine Distanz zum Tesniereschen Modell sowie zu dessen Stemmata dar, inwieweit er aus Besprechungen - Comptes rendus 225 den virtuellen Vorgaben seine eigenen noematisch-außereinzelsprachlichen Aktantenmodelle abgeleitet hat und welche Konsequenzen er aus den eindeutig der Einzelsprache verhafteten Tesniereschen Kategorien, wie es etwa die Wortarten oder die Scheidung Aktant vs. Zirkumstant sind, zieht. Die von Heger seit mehr als 25 Jahren entwickelten Aktantenmodelle erweisen sich damit als eine mögliche Ausdeutung der Elements de syntaxe structurale. Der zweite Teil des Sammelbandes ist derjenigen der Komponenten des Tesniereschen Modells gewidmet, die nach der Junktion am wenigsten systematisch rezipiert worden ist, wenn sie auch immer wieder als bequemes Beschreibungsinstrument Anwendung gefunden hat: der Translation 1 . Der erste Beitrag hier stammt von THOMAS LAMBERTZ, Kritische Anmerkungen zu Tesnieres Translationstheorie (53-79), der sich schon seit mehr als zehn Jahren den Elements de syntaxe structurale widmet 2• Im vorliegenden Beitrag wird die Translationskomponente erneut kritisch gesichtet, erneut verwiesen auf die Ambiguität, die die Translation bei Tesniere selbst besitzt im definitorischen Spannungsfeld zwischen Formenklassenwechsel und/ oder Funktionsklassenwechsel (besser: «Funktionswechsel») und erneut die Scheidung zwischen Translationen 1. und 2. Grades sowie angebliche Defizienzen des Translationskonzepts verglichen mit dem der Transposition a la Benveniste (korrekter wäre a la Bally! ) und dem der Transformation der generativen Transformationsgrammatik problematisiert. Meine Kritik trifft hier die gleichen Punkte, die ich auch an anderer Stelle 3 moniert habe ich nenne hier nur zwei der gravierendsten: 1. Die Translation wird wie übrigens in der gesamten Rezeption des Begriffs losgelöst vom Rahmenmodell dargestellt und in ihrer Nutzbarkeit beurteilt: für den Verf. ist sie letztendlich obsolet. 2. Es werden bei der Beurteilung der Translation des weiteren Kategorien in das (Tesnieresche? ) Modell eingebracht, die für Tesniere explizit nicht Beschreibungsbasis sein sollten, wie etwa die Annahme einer Tiefenstruktur zur genaueren Bestimmbarkeit einzelner Translationstypen (womit Tesniere und seinen Ambitionen offen Unrecht widerfährt, denn ihm geht es ja gerade darum, nur das darzustellen, was sich konkretsprachlich, also «oberflächenstrukturell», fassen läßt). Usw. - Der zweite Beitrag, der die Translationstheorie als Aufhänger benutzt, stammt von THOMAS KREFELD, Wörter und ihre (Un)- Arten: zum unmarkierten Wechsel der Konnexionsebene im Französischen (81-106) und liefert einen Versuch, die Translation als einheitliches Beschreibungsinstrument für einen ausgewählten sprachlichen Teilbereich systematisch einzusetzen. Der terminologischen Ambiguität Tesnieres ausweichend, scheidet er zunächst zwischen den lexikalischen Kategorien I, 0, A und E auf der einen Seite und den diversen Funktionsebenen - Verf. spricht von Konnexionsebenen - Kl, K2, K3 und K4 auf der anderen. Ausgangspunkt für die Analyse ist die auf Tesniere zurückgehende angenommene Affinität zwischen I und Kl, 0 und K2, A und K3 sowie E und K4 (wie die ebenfalls E affinen Zirkumstanten und auch die ,echten> Ad-Verbien hier einzuordnen sind, erfährt der Leser leider nicht damit wird also nur ein Teilmodell aus dem von Tesniere vorgelegten Gesamtmodell herausgelöst und, nur für einen Tesniere-Kundigen einsehbar, diesem offensichtlich, aber unzulässigerweise gleichgesetzt). Der Verf. ist nun daran interessiert zu zeigen, inwiefern lexikalische Kategorien markiert oder nicht-markiert auf nicht-affinen Konnexionsebenen im 1 Cf. dazu demnächst EDELTRAUD WERNER, Translationstheorie und Dependenzmodell. Kritik und Reinterpretation des Ansatzes von Lucien Tesniere, Köln 1993. 2 Cf. TH. LAMBERTZ, Ausbaumodell zu Lucien Tesnieres ,Elements de syntaxe structurale" 2 Bde, Gerbrunn 1982; rn., «Gerundiale Konstruktionen im Lateinischen und Französischen», in: W. DAHMEN et al. (ed.), Latein und Romanisch. Romanistisches Kolloquium l, Tübingen 1987, p. 158-96. 3 Cf. dazu E. WERNER, Translationstheorie und Dependenzmodell, Kap. 1.3.3. 226 Besprechungen Comptes rendus Französischen möglich sind. Der Beitrag ist somit kein prinzipieller zu Tesnieres Translationstheorie, sondern vielmehr ein empirischer zu einem bestimmten Typ von Konnexionsebenenwechsel, der mit der Translation gleichgesetzt wird. Interessante Frequenzaussagen zu dieser Art von Ebenenwechsel sowie der morphologischen Markierungselemente sind also zu erwarten und werden auch in aller Sorgfalt geliefert. Betrachtet man jedoch das Beispielmaterial für die verschiedenen Arten von Ebenenwechsel (0 > Kl: Berger du Nord: laine-moi; X> K2: je/ tulillon casse la casse; du pareil; du qui porte; X> K3: ! es garr;ons etaient tres filles; une robe trompe l'ceil; X> K4: un garr;on coiffe derniere mode), läßt sich allerdings nur schwer der Konnex zur eingangs gegebenen Translationsdefinition herstellen, vgl. «Den Begriff der ,Translation> reservieren wir ...für den besonderen Fall, daß ein Wort trotz Wechsels der Ebene sein ursprüngliches Konnexionspotential behält (Typ: un voyage fatigant les enfants)» (83), da in allen aufgeführten Fällen das Konnexionspotential gerade nicht beibehalten wird. Hinzu kommt, daß im Analyseteil der Begriff der Translation kaum mehr fällt. Und last but not least wird das, was Tesniere Translativ genannt hat, konsequent zum «Wechselmarken> (z.B. auch in den Synopsen, 98-103 ). So wertvolle Einblicke der Beitrag von Krefeld für die Nutzbarkeit lexikalischer Einheiten auf den diversen Konnexionsebenen auch bietet, so groß sind die Probleme, die die Rezensentin hat, diese Ausführungen dem Oberkapitel «Translation» einzubeschreiben. Aber die Diskussion um den Translationsbegriff kann und soll nicht im Rahmen einer Rezension geführt werden. Der dritte Hauptteil nähert sich dem zentralen Rezeptionsbereich des Tesniereschen Ansatzes und ist der Diskussion um Aktanten und Zirkumstanten gewidmet. GERD W0T- J AK, Einige Ergänzungen, Modifikationen und Angaben zu ,Ergänzungen> und ,Angaben> (109-128), legt seinen Ausführungen, die vornehmlich methodologischen und virtuell übereinzelsprachlichen Aspekten gelten, einen rein quantitativen Valenzbegriff zugrunde, einen Valenzbegriff, der rein syntaktisch definiert wird. Die Valenz wird als sememabhängig gesehen.Bei der Überführung in den discours kann es zu diversen Reduktionsschritten kommen bis hin zur Realisierung einer textuellen Minimalvalenz, wobei es für jedes Verb eine usualisierte Grundvalenz gibt, die zwischen den beiden Polen (diese potentiell einschließend) anzusiedeln ist. Die Aktantifizierung, d.h. die Auswahl aus den möglichen sememgegebenen Valenzstellen ist variabel und abhängig von Ko- und Kontext. Auf obligatorische Nichtaktantifizierung von Argumenten bei bestimmten Verben wird ebenfalls eingegangen (z.B. er gibt [*Karten]). Modifikatoren hingegen im discours aktuell als ,Angaben> gehören zwar nicht zur Valenz, können jedoch genau wie die Valenz sememindiziert sein, unbenommen der Tatsache, daß ihre Realisierung obligatorisch (z.B. riechen: gut/ schlecht, essen: Brot/ gern usw.) oder auch nur fakultativ sein kann. Damit bewegt sich Wotjak einen großen Schritt weg von der landläufigen Auffassung, Modifikatoren/ Zirkumstanten/ Angaben seien syntaktisch gesehen prinzipiell fakultativer Natur. Allerdings läßt der Beitrag eine Scheidung zwischen Satzmodifikator und Verbmodifikator bzw. eine allgemeine Stellungnahme hierzu vermissen.- Diese Scheidung hingegen bildet den Ausgangspunkt für den höchst anregenden Beitrag von THOMAS KoTscm, Zirkumstanten und komplexe Prädikate (129-37), wenn ihn die Propositionsmodifikatoren im folgenden auch nicht weiter interessieren.Im Zentrum der Ausführungen stehen vielmehr die verbmodifizierenden Zirkumstanten (er sagt K[ern]-Zirkumstanten, da sie den Nukleus ,Verb> betreffen). Solche K-Zirkumstanten stehen in Relation zu einer sog. unvollständigen Prädikation und bilden mit dem Verb gemeinsam eine semantische Einheit, das nun vollständige Prädikat. Als Illustrationsbeispiel dienen il dispersa la foule ,avec brutalite>, La police surveillait ,etroitement> la maison usw.Dabei nimmt der Verf.im allgemeinen Rahmen eines dynamischen Satzbildungskonzepts eine nicht näher definierte (chronologische? ) Vorrangigkeit der komplexen Prädikatenbildung vor der Einführung des 1. Aktanten an, also 1. disperser la foule avec brutalite, 2. il dispersa la foule avec Besprechungen - Comptes rendus 227 brutalite, bzw. 1. surveiller etroitement la maison, 2. la police surveillait etroitement la maison. Zusätzlich komme es zu einer Selektion weiterer Aktanten durch das komplexe Prädikat, z.B. j'emploie <Ce verbe, transitivement, aber *j'emploie da clef, transitivement. Daß tatsächlich von einem selektionsrelevanten komplexen Prädikat auszugehen sei, zeige auch der Nominalisierungstest: allein l'emploi transitif de ce verbe ist möglich; auch hier bilden verbe und transitif eine Einheit. Damit konnte der Verf. zeigen, daß nicht nur zwischen Prädikat und Aktant, sondern auch zwischen Prädikat und (K-)Zirkumstant eine enge Verbindung besteht, und es sei nun die Aufgabe weiterer Untersuchungen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser beiden Verbindungstypen herauszuarbeiten. Der vierte Hauptteil ist Problemen der semantischen Typisierung von Aktanten gewidmet. JAKOB WüEST, Die Valenz sprechaktbezeichnender Verben im Französischen (141-156), analysiert im Rahmen des von Searle dargelegten pragmatischen Paradigmas einen Ausschnitt aus dem im Titel angeführten Verbtyp, und zwar insbesondere Verben des Sagens ohne spezifischen illokutiven Zweck (Leitverb dire), assertive Verben (z.B. affirmer, annoncer) und direktive Verben (z.B. demander, commander, conseiller) im Hinblick auf eine mögliche Relation, die zwischen der Bedeutung dieser Verben und ihrer Konstruktionsweise besteht. Der Verf. stellt dabei fest, daß die Konstruktionsmöglichkeiten derjenigen Verben, die einer der Untergruppen sprechaktbezeichnender Verben angehören, weitgehend identisch sind (etwa sind Verben des Typs dire wie dieses alternativ mit que-Sätzen, mit Nominalsyntagmen, Infinitivsätzen und indirekten Fragesätzen konstruierbar). Die Gemeinsamkeiten sind auffällig, aber eine 1: 1-Relation zwischen Bedeutung und Konstruktionsweise des Verbs lasse sich nicht feststellen, höchstens Regelmäßigkeiten, die ausgelöst seien durch die semantische Verwandtschaft solcher Verben. Hinsichtlich der didaktischen Rolle der Valenz zieht es der Verf. aufgrund seiner detaillierten Untersuchungen und Ergebnisse vor, den Valenzaspekt wie auch heute schon vielfach üblich semantischen und pragmatischen Kategorien unterzuordnen. - DANIEL JACOB, Dativ im Französischen? Zur Funktionsweise und Semantik der Ergänzungsklasse <a + NP, (157-186), und MARIA SELIG, Inhaltskonturen des <Dativs>. Zur Ablösung des lateinischen Dativs durch ad und zur differentiellen Objektmarkierung (187-211), widmen sich der Kategorie des ,Dativs> in ausgewählten romanischen Sprachen. Jacob geht dem Problem der unterschiedlichen Pronominalisierungsobligatorik in Fällen wie je parle a Pierre/ je lui parle und je pense a Pierre/ je pense a lui nach. Zwar handle es sich hierbei quantitativ gesehen um eine Marginalerscheinung (insgesamt 30 Verben, zu denen noch 5 Typen von locutions verbales kommen, von denen allen lediglich penser eine größere Frequenz besitzt), aber angesichts der zentralen Rolle, die die Pronominalisierung für die Aktantenidentifizierung spiele, um ein durchaus relevantes Phänomen. Der Verf. legt zu Recht dar, daß der Begriff ,Dativ> als Kasusbenennung für das Französische ein inadäquater ist, allerdings sei er für die Benennung einer bestimmten semantischen Funktion im Sinne der Kasusgrammatik durchaus operabel: Kasusmarke und Präposition, so wie sie für das Französische maßgebend ist, verbänden eine gemeinsame Aufgabe, nämlich die Kennzeichnung bestimmter Relationen. In diesem Sinne versucht der Verf. einen «semantischen Zugang» zum <Dativ>, der zugegebenermaßen nicht ganz frei sei von einer «introspektiven Spekulativität» (171). Im Rahmen der kasustheoretischen Terminologie wird dem ,Dativ> der Ausdruck einer Finalfunktion zugeordnet, und nur in diesem Falle sei eine klitische Pronominalisierung wie bei je parle a Pierre möglich. Allerdings gebe es auch hier Ausnahmen, die in diesem Rahmen nicht erklärbar seien. Offensichtlich ist der gewählte Erklärungsrahmen doch nicht hinreichend, aber Jacobs Versuch, das Phänomen über die semantische Rolle von 0 3 zu fassen, ist dennoch beachtlich, v. a. auch angesichts des zweiten Beitrags zu diesem Themenbereich von M. Selig. M. Selig versucht über die Inhaltskonturen des ,Dativs, den diachronischen Prozeß der Herausbildung von a-Objekten in den romanischen Sprachen, speziell im Spanischen, Sardischen und Engadinischen 228 Besprechungen - Comptes rendus zu erklären, d. h. den Ersatz der Allokonstruktionen Dativ und AD + Akk. durch die Konstruktion a + Nomen. Auf dem Umweg über das differentielle Akkusativobjekt in den genannten Sprachen, welches in Verbindung mit Nominallexemen mit dem Merkmal <+ menschlich> obligatorisch als Präpositionalobjekt mit der Präposition a realisiert wird (cf. sp. veo la casa vs. veo a Juan), wird die Herausbildung des dativischen a-Objekts plausibel gemacht und zwar über das Kriterium der Agensfähigkeit. Sowohl'+ menschlich' gekennzeichnetes direktes Objekt als auch das Dativobjekt als Interaktionspartner bei den ausgewählten Verbklassen (des Gebens/ Nehmens/ Sagens) sind prinzipiell agensfähig und erklären den gleichen Modus der Präpositionalisierung vom Lateinischen hin zu den betrachteten Sprachen. Ob dies auch für diejenigen romanischen Sprachen und Dialekte gilt, die das präpositional indizierte direkte Objekt '+ menschlich' nicht kennen, wird nicht thematisiert. - Im Beitrag von C. Hernandez Sacristan, Reflexiones sobre la valencia estativa. Con especial atenci6n al espaiiol y el cataldn (213-234) steht u. a. die für die Iberoromania typische Scheidung zwischen ser und estar im Mittelpunkt. Sorgfältig werden Unterschiede in der Argumentenkonfiguration der beiden Verben im Spanischen und Katalanischen herausgearbeitet, die deutlich machen, daß auf den ersten Blick analoge Distributionsunterschiede auf ganz unterschiedlichen Argumentenstrukturen beruhen, die die aktuelle Kombinatorik steuern. So wird für das Katalanische nachgewiesen, daß ser biargumental ist, d. h. Argumentstellen für ein Subjekt (Thema) und ein lokalisierendes direktes Objekt enthält, estar hingegen triargumental, da zusätzlich noch eine Argumentstelle für einen temporalen Zirkumstanten obligatorisch sei. Im Spanischen hingegen sei die Argumentstelle für eine zirkumstantielle Ergänzung verlorengegangen, ser sei virtuell biargumental, estar hingegen virtuell monoargumental. Die differierende Zahl der im Verballexem vorgegebenen Argumentenstellen steuert dementsprechend die unterschiedliche Vertextung der Verben in den beiden betrachteten Sprachen. Im fünften Hauptteil geht es um Aspekte der Verbvalenz im Spannungsfeld von Syntagmatik, Phraseologie und Bedeutungswandel ein weites Spektrum an Fragestellungen, die hier vorgeführt werden. E. GÄRTNER, Probleme der valenztheoretischen Beschreibung propositionaler Argumente und ihrer syntaktischen Ausdrucksmöglichkeiten im Portugiesischen (237-252), liefert einen onomasiologisch motivierten Beitrag zu propositionalsemantischen Inhaltsstrukturen, um dann in einem weiteren Schritt überzugehen in eine Darstellung formalgrammatischer Ausdrucksstrukturen. Im wesentlichen geht es um inhaltlich motivierte Selektionsbeschränkungen zwischen Hauptsatz und der vom Verb abhängiger Propositionen konditionierten Argumentenselektion. - U. DETGES, Französische Funktionsverbfügungen vom Typ <etre Präp. N., Zum Verhältnis von lexikalischer Kategorie und propositionaler Funktion (253-277) widmet sich sog. Funktionsverbgruppen (FVG) des Typs etre en negociation (für negocier). Es handelt sich hierbei um Syntagmen, in denen das Nomen nicht Argument des Verbs, sondern Teil des Prädikats ist. In Anlehnung an KocH 1981 4 zeigt der Verf., daß in solchen Gruppen das Nomen die konstitutiven Sachverhaltsbedingungen (KSB), also die lexikalisch motivierte Referenz, festlegt, wohingegen das Funktionsverb die Art der Sachverhaltsdarstellung (ASD) (Zustand, Vorgang, Zustandsänderung) bestimmt. Damit sind in den FVG zwei Werte dissoziiert, die bei <normale11> Verben kumuliert sind. Funktionsverben sind somit eindimensional (Festlegung nur hinsichtlich ASD), ,normale> Verben zweidimensional (Festlegung sowohl hinsichtlich KSB als auch hinsichtlich ASD). Im folgenden unternimmt der Verf. dann den Versuch, etre als Funktionsverb gegenüber etre als Kopula abzugrenzen und gelangt zu dem Ergebnis, die beiden etre-Typen verfügten über eine unterschiedliche Distribution: etre als 4 Cf. P. KocH, Verb - Valenz - Verfügung. Zur Satzsemantik und Valenz französischer Verben am Beispiel der Verfügungsverben, Heidelberg 1981. Besprechungen - Comptes rendus 229 Kopula könne nur in syntagmatische Beziehung zu Adjektiven, Nomen und Partizipien treten, etre als Funktionsverb hingegen nur zu Präpositionalsyntagmen des Typs PRÄP + N. Zudem seien beide etre's Referenzform für unterschiedliche Paradigmen (etre Kop . für devenir, rester, rendre, tenir; etre FV für entrer, se mettre, rester, mettre, tenir). Doch ist die Aufzählung derjenigen Einheiten, die diesen Paradigmen angehören sollen, ohne den notwendigen Kommentar eher verwirrend. Was nun die FVG als Ganze betrifft, so geben sie eine dreidimensionale Struktur wieder (1. FVG, 2. Dissoziierung von KSB [N] und ASD [etre], 3. innerhalb von KSB erneut in ASD [durch das Nomen repräsentierte Art der Handlung] und KSB [durch selbiges repräsentierter Sachverhalt]), im Unterschied zu <normalen> Verben, die lediglich eine zweidimensionale Struktur besitzen, da bei ihnen keine formale Dissoziierung von KSB und ASD erfolgt. Mit Hilfe dieses Interpretationsansatzes kann Verf. auch den Unterschied der bezeichnungsidentischen, aber keineswegs synonymen Wendungen etre libre (mit Kopula) und etre en liberte (mit Funktionsverb) plausibel erklären. - P. KocH, Semantische Valenz, Polysemie und Bedeutungswandel bei romanischen Verben (279-306), moniert, daß die Behandlung von Fragen des Bedeutungswandels vor allem in bezug auf die Wortklasse <Verb> bislang nur ungenügend erfolgt sei, da man in der Tradition zu wenig auf die Wortklassenzugehörigkeit der vom Bedeutungswandel betroffenen Einheiten abgehoben habe. Und gerade Verben böten aufgrund ihrer vieldimensionalen Bedeutungsstruktur, die die aller anderen Wortklassen bei weitem übertreffe, ein fruchtbringendes Untersuchungsgebiet. Denn anders als die übrigen Wortklassen verfügen Verben über eine ganz spezifische Bedeutungsdimension, nämlich gie Valenz, durch die die semantische Festlegung der Aktanten als integrativer Bestandteil des Verbs gesteuert wird. Zwei Faktorengruppen, die den Bedeutungswandel bestimmen können, werden herausgearbeitet: Auf der einen Seite sind dies 1. leerstellenunabhängige Merkmale (d. s. sämtliche lexikalische Seme), 2. die semantische Rolle der Aktanten, 3. Selektionsrestriktionen für Aktanten, (z.B. das Merkmal '+/ menschlich'), 4.+/ - Akzeptabilität von Zirkumstanten und 5. Selektionsbeschränkungen für typische Zirkumstanten (cf. hierzu den Beitrag von KoTSCHI im Band). Auf der anderen Seite sind dies die traditionellen Kriterien und Ursachen, die für den Bedeutungswandel verantwortlich gemacht worden sind: 1. Similaritätsbeziehungen (Bedeutungsverstärkung, -abschwächung, -erweiterung, -verengung; Metapher) und 2. Kontiguitätsbeziehungen (Metonymie, Ellipse). Beide Faktorenklassen werden vom Verf. aufeinander projiziert, so daß sich ein um ein Vielfaches ausdifferenziertes Erfassungsraster für Typen von verbalem Bedeutungswandel ergibt. Jedes Merkmal der Faktorengruppe 1 wird zu jedem Merkmal der Faktorengruppe 2 in Beziehung gesetzt und anhand von sprachlichem Beispielmaterial aus verschiedenen romanischen Sprachen auf ihre Relevanz für verbalen Bedeutungswandel hin untersucht. Die Ergebnisse sind in der Tat höchst beachtlich. Der Verf. hat auf wenigen Seiten ein für die Bedeutungswandelsforschung zukunftsweisendes Beschreibungsraster vorgelegt, das bei keiner Materialuntersuchung mehr ignoriert werden darf. Abgeschlossen wird der Beitrag durch eine Abwägung der Konsequenzen, die der Bedeutungswandel für die Informationsstruktur von Sätzen haben kann eine lediglich für die Wortklasse <Verb> typische Konsequenz, da nur Verben auf dieser Ebene eine konstitutive Rolle spielen. Dies bestätigt zudem die These des Verf., daß die Bedeutungsstruktur von Verb�n eine ganz spezifische Rolle für die Vielfalt von Typen von Bedeutungswandel spielt und auch nur für Verben eigene Wandeisaspekte konditioniert. Die letzte Abteilung («Valenz - Diathesen - Informationsstruktur») bedeutet eine erneute Ausweitung der Betrachtungsperspektive, indem es nun vorrangig zu einer Einbettung in einen umfassenderen, den Aktivsatz überschreitenden Rahmen geht, unbenommen der Tatsache, daß diathetische und informationsstrukturelle Aspekte auch in Beiträgen der anderen Sektionen angesprochen worden sind, macht dies doch nur deutlich, daß alle Valenz- und dependenztheoretischen Aspekte interdependent und Ausschnittbehand- 230 Besprechungen - Comptes rendus lungen nur methodisch, nicht aber sachlich bedingt sind. L.MELIS, Les tours pronominaux en franr;ais moderne: diathese recessive ou couplage des marques pronominales? (309-327) unternimmt es, die rezessive Diathese mit Hilfe der klitischen Form se im Rahmen des Interpretationsansatzes der Aktantenreduzierung (betroffen ist der 1. Aktant) typenweise zu klassifizieren und formale, semantische und informationsstrukturelle Nutzungsweisen und -konsequenzen aufzulisten. Auch W. THIELEMANN, Operativität von Prädikatskernen zwischen <proposition> und <enonce>: Diathesen (329-348), analysiert die Rolle der Diathesen im Hinblick auf Veränderungen auf semantischer, grammatischer und pragmatischer Ebene. Diese drei Ebenen würden bei der Linearisierung unterschiedlichen Spezifika unterworfen. Während die semantischen Rollen invariant bleiben, solange der Propositionskern stabil bleibt, erfolge die Linearisierung von Satzgliedern hierarchisch, und zwar in der Abfolge Subjekt, direktes Objekt, indirektes_Objekt, weitere Objekte. Die stärksten Modifikationen seien jedoch bei der Thema/ Rhema-Strukturierung möglich, also im mitteilungstheoretischen Bereich. Die Diathesen (Passiv [virtuell Aktantenreduktion], Faktitiv/ Kausativ [virtuell Aktantenerweiterung]) dienen dabei der Mobilisierung und Flexibilisierung der Argumentenanordnung am Prädikatskern. - Ebenfalls im Zentrum der Betrachtung steht die Informationsstruktur im letzten Beitrag, der von W.OESTERREICHER stammt: Verbvalenz und Informationsstruktur (349-384). Der Verf. geht davon aus, daß die Satzbedeutung ein äußerst komplexes Phänomen sei und mindestens fünf Strukturierungsebenen umfasse: 1. die semantisch-sachverhaltsdarstellende Ebene (betrifft den propositionalen Gehalt von Sätzen und Propositionen), 2. die semantisch-kontextuelle Ebene (dient der kommunikativen Gewichtung: Thema/ Rhema-Strukturierung), 3. die semantisch-pragmatische Ebene (betrifft die Sprechakte und ihre Illokution im weitesten Sinne). Hinzu kommen 4. die Ebene der sekundären Modifikation der Informationsstruktur (<Kontrastierung,) und 5. die Ebene der semantisch-expressiven Werte. Im Mittelpunkt der Ausführungen steht die Frage nach der Kodierung dieser fünf Inhaltstypen, d.h. nach der Zuordnung von Ausdrucksstrukturen, womit der Verf. seine These, Ausdrucksstrukturelles müsse wesentlich entschiedener im Zusammenhang mit Inhaltsstrukturellem gesehen werden, plastisch und plausibel zu illustrieren vermag. Es geht ihm vor allem um Fragen der Aktantenreduzierung (Diathesen), um Holophrasen, Aposiopesen und Segmentierungsphänomene sowie um die zentrale Thematik der Fakultativität von Aktanten. Gerade im Hinblick auf den letzten Aspekt gelingt es dem Verf., interessante Interpretationsanregungen zu geben. Davon ausgehend, daß die Fakultativität von Aktanten die Verbsemantik betrifft (betroffen sind alle Aktanten, die nicht Subjekt sind), wird aus informationsstruktureller Warte herausgearbeitet, daß fakultative Aktanten im Falle ihres Auftretens immer rhematisch sind. Dabei sind gerade diejenigen Aktanten fakultativ, die in bezug auf ein Verb den höchsten Grad an Rhematisierung aufweisen was seinerseits wieder erklärt, weshalb fakultative Aktanten bei ihrer Realisierung immer rhematisch sind ... Insgesamt gesehen liefert der von Koch und Krefeld betreute Sammelband ein repräsentatives Bild vom Diskussionsstand um valenz- und dependenzgrammatische Fragestellungen, die mittlerweile auf hohem Niveau geführt wird. Mit Hilfe diffiziler und ausgefeilter Methoden wagt man sich im angegebenen Rahmen weit in Bereiche vor, die lange Zeit als kaum beschreibbar angesehen worden waren. Vor allem im Hinblick auf die Verb- und Satzsemantik werden gute und gangbare Wege aufgewiesen. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, daß derjenige, der an den Anfang dieser durchaus fruchtbaren Beschäftigung mit der Sprache gestellt worden ist, nämlich Lucien Tesniere, in eine unbestimmte Feme gerückt ist. Das von ihm entwickelte Modell in seiner Gesamtheit ist nirgendwo thematisiert worden, lediglich einzelne seiner Bausteine wurden zum Katalysator für neue Reflexionen, die in Bereiche vorstoßen, an die Tesniere wohl nicht einmal im Traum gedacht hat. Das Modell wird nach allen möglichen Richtungen hin ausspekuliert. Besprechungen - Comptes rendus 231 Bemühen auch wir das mittlerweile beliebte Bild vom Steinbruch: Sind die Elements tatsächlich nur noch als Inspirations,stein> brauchbar? Ich meine nicht. Die Beiträge haben bei aller Divergenz im Detail doch eine sehr große Konvergenz hinsichtlich des künftig zu beschreitenden Wegs gezeigt. Dies läßt hoffen, daß der Schritt hin zur Reintegration aller zunächst noch isolierten Komponenten des Tesniereschen Syntaxmodells in ein einheitliches Sprachbeschreibungsmodell eines Tages wieder möglich sein wird eines Sprachbeschreibungsmodells, das nicht mit der Satzgrenze Schluß machen darf, aber welches auch unterhalb dieser Grenze in sich homogen sein muß - und dazu gehört nicht zuletzt eine konsequente Stellungnahme zu allen seinen Teilbereichen: Konnexion, Translation und Junktion. Und gerade der letzte Bereich harrt noch seiner Entdeckung als eigenständiges und auch als integratives Sujet. Im Sammelband schlägt sich dieses Desiderat ganz augenscheinlich ex negativo nieder: die Junktion ist noch kein Thema in der Tesniere-Rezeption. Edeltraud Werner * GEORG BossoNG, Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie in der Romania. Von den Anfängen bis August Wilhelm Schlegel, Tübingen (Narr) 1990, XIII + 238 p. (TEL 339) Wie dem Vorwort zu entnehmen ist, ist das vorliegende Buch aus einer Reihe von Vorlesungen und Seminaren entstanden, die der Verf. in den letzten zehn Jahren abgehalten hat. Es beinhaltet, um es gleich vorweg zu nehmen, einen beeindruckenden Überblick über die Entwicklung von Sprachreflexion und Sprachdeskription seit dem 12. Jahrhundert in der Romania. Im ersten Kapitel wird das grundlegende und erstaunlich einfache Raster, das der gesamten Entwicklung von Sprachtheorie und Sprachphilosophie zugrunde gelegt wird, bereits im Titel plastisch: «Sprachtheorie zwischen Sprache und Sprachen» (1-16). Der Verf. geht von einer grundlegenden Dualität zwischen Universalismus und Partikularismus in der Sprachbetrachtung aus und illustriert diese angenommene Dialektik von Einheit und Vielfalt des menschlichen Sprachbaus durch Raum und Zeit hindurch. Im wesentlichen werden zwischen dem 13. und 19. Jahrhundert vier große Phasen herausgelöst: 1. Betonung des Universalen in Hoch- und Spätmittelalter, 2. Hinwendung zur Vielfalt der Einzelsprachen im Zeitalter der Renaissance, 3. erneut Hinwendung zur universalistischen Sprachbetrachtung im Zeitalter des Rationalismus und der Aufklärung und 4. erneut Schwerpunktsetzung auf der Einzelsprache im Gefolge der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft seit dem 19. Jahrhundert. Neue Bestrebungen im Dienste eines universalistischen Beschreibungsmodells, so wie sie sich bei F. de Saussure abzeichnen, werden nur noch ausblickweise erwähnt, da sie den abgesteckten Zeitraum überschreiten. Diese Einleitung findet ihren Abschluß mit einer Reihe von Hinweisen zur allgemeinen bibliographischen Orientierung zu theoretischen und methodischen Grundfragen zu übergreifenden Darstellungen der Geschichte der Sprachthematik, zu Sammelwerken und Textsammlungen mit übergreifender Thematik sowie Beiträgen zur Geschichte der Romanistik (15s.). Ab dem zweiten Kapitel wird nun die dualistisch-dialektische Grundthese anhand der in der Geschichte geleisteten Beiträge mit Leben erfüllt. Im zweiten Kapitel «Der erste Universalismus: ,grammatica, als universale Substanz im scholastischen Denken» wird in gut verständlicher und dennoch hochkompetenter und differenzierter Weise eine Einführung in das scholastische Sprachdenken gegeben, sowie auf Entstehung und Entwicklung speziell der modistischen Sprachtheorie und deren Grundbegriffe eingegangen (17-32). Im 232 Besprechungen - Comptes rendus dritten Kapitel erfolgt dann die Darstellung des Übergangs zu einer neuen Epoche der Sprachbetrachtung: «Der erste Partikularismus: <Deffence et illustration> der Muttersprache im Zeichen des Humanismus» (33-169). Ausgehend von mittelalterlichen Vorbildern für die neue Blickrichtung (von der Bedeutung der Sprache der Troubadours als Bildungsgut für Laien und den Anfängen der volkssprachlichen Grammatik bei Jofre de Foixa sowie der Rolle Alfons des Weisen für die Nutzung der Volkssprache als Wissenschaftssprache bis hin zu Dantes Entdeckung der Muttersprache in seinen diversen Werken [Höhepunkt ist das fragmentarische De vulgari eloquentia noch in lateinischer Sprache abgefaßt]), werden die Wurzeln des neuen Denkens aufgezeichnet. Die Emanzipation vom universalistisch privilegierten Latein wird sorgfältig nachgezeichnet: Angesichts der Vorreiterrolle Nebrijas für die volkssprachliche Renaissancegrammatik beginnt die Darstellung mit der Iberoromania (Nebrija, Anonymus von Löwen, Correas, Oliveira, Valdes), um dann überzuschwenken nach Italien zu Bembo, Trissino, Tolomei und Speroni. Und weiter geht es in der Ausbreitung des neuen Sprachdarlegungskonzepts nach Frankreich zu Du Bellay, Tory, Palsgrave, Dubois, Meigret, R. Estienne, Ramus und Bouvelles. Abgeschlossen wird der Reigen durch den Beitrag von Girolamo Araolla aus dem sardischen Sprachraum. Auch das vierte Kapitel «Der zweite Universalismus: von der <Grammaire generale et raisonnee> zur Universalität des Französischen» (170-269) beginnt mit einem Spanier, mit Sanctius und seiner noch lateinisch abgefaßten Minerva (1587), die nicht nur die GGR in starkem Maße geprägt hat. Der Einfluß von Sanctius wird vielmehr bis ins spanische Süditalien (Campanella) und nach Florenz zu Buonmattei verfolgt. Der Schwerpunkt bleibt aber diesmal in Frankreich. Wegweisend ist die dort im Zuge der Aufklärung geführte Debatte um den ordre nature! , d. h. über die natürliche Satzgliedfolge. Fragen der Linearität und der Linearisierung von Sprache werden zum grundlegenden sprachtheoretischen Problem der grammairiens-philosophes (Le Laboureur, Du Marsais, Beauzee). Mit den Sensualisten (Condillac, Batteux, Diderot) kündigt sich trotz noch universalistisch zu klassifizierendem Anspruch ( <natürlich sein> als Ausdruck von Gefühl und Leidenschaft - und damit Relativierung der absoluten Ansprüche der Rationalisten) bereits die nächste Reflexionsphase, erneut eine partikularistisch bestimmte, an, der das fünfte Kapitel gewidmet ist: «Der zweite Partikularismus: die Entstehung des Historismus zwischen Aufklärung und Romantik» (270-305). Der Umschwung geht diesmal chronologisch gesehen von Italien, genauer von Vico aus, führt aber dann erneut nach Frankreich zurück. Sprache wird zunächst zum Ursprung der Nation (cf. auch J.-J. Rousseau) und dann zum Ausdruck der Nation schlechthin (Herder). Und mit der Entdeckung des Sanskrit und der Herausbildung der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft ist dann der Grundstein für die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts prosperierenden Einzelphilologien und deren partikularistisch motivierter Sprachkonzeption gelegt. Für die Romanistik im besonderen erfolgt die Wegbereitung durch August Wilhelm Schlegel, mit dem der rasante Gang durch die Jahrhunderte der Sprachtheorie und -philosophie sein Ende findet. - Es folgen eine Zeittafel der Autoren, d. h. der behandelten Sprachtheoretiker usw. nach dem Geburtsjahr aufsteigend (306-309), Kurzbiographien dieser Autoren (310-328), eine chronologische Bibliographie der Primärtexte (329-348), eine umfassende Bibliographie der Sekundärliteratur (349-382) sowie ein Autorenindex (383-389). Bossong ist mit seinen Ausführungen auf eine Marktlücke gestoßen, die er in absolut souveräner Weise erst einmal zu schließen versucht. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß das Thema damit abgehakt wäre. Als Diskussionsvorgabe ist das Buch von unschätzbarem Wert. Und sicher kann bei einem so klar ausformulierten Klassifizierungsraster für sprachtheoretische Ansätze - Universalismus hier, Partikularismus dort nicht allen Aspekten der Entwicklung Rechnung getragen werden, geschweige denn, können alle Beurteilungen im einzelnen definitiv sein, insbesondere bei noch kaum durch die Forschung aufgearbeiteten Autoren. Mir persönlich ist ein solches Manko in bezug auf Tris- Besprechungen - Comptes rendus 233 sino (1478-1550) aufgefallen, der mich seit einiger Zeit näher beschäftigt 1 . Von Bossong eher negativ hinsichtlich seiner sprachkonzeptionellen Bedeutung beurteilt (106-108), haben meine Untersuchungen gezeigt, daß dieser Autor, bei aller Gebundenheit an die zeitgenössische partikularistische Sprachkonzeption, doch bereits Konzepte formuliert, mit denen später Sanctius für Zeitgenossen und Nachwelt so wirksam wird. Und wenn in bezug auf Benedetto Buonmattei (1643) hervorgehoben wird, er habe universalistische Ideen erstmals im italienischen Volgare formuliert, so wird übersehen, daß sich ähnliches ansatzweise auch schon bei Trissino findet, so daß hier auch dessen Einfluß auf Buonmattei hätte mitbedacht werden müssen. Das gleiche gilt für die Behauptung, Buonmattei habe sich bei seiner Sprachkonzeption primär auf die Vernunft und nur sekundär auf Autoritäten berufen das findet sich ebenfalls bereits bei Trissino im Castellano (1529). Diese Anmerkungen sollen nun keinesfalls als Beckmesserei verstanden werden, sie sollen nur deutlich machen, daß das Schlußwort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist und daß es noch genügend Material zum Thema gibt, das erst systematisch ausgewertet werden muß. Die Leistung, die das Bossongsche Werk vorführt, steht außer Debatte, und ich bin der vollen Überzeugung, daß es sein angestrebtes breites Publikum finden wird, nicht zuletzt wegen der ja nicht unbedingt mehr üblichen guten Lesbarkeit. Und das Informationsbegehr wird zusätzlich noch befriedigt durch die diversen Überblicke am Buchende. Da ist es auch nicht sonderlich abträglich, wenn bei der Liste der Primärtexte nicht immer auf die neueste Edition verwiesen wird (so wird z.B. bei Trissino, Il Castellano verwiesen auf die Edition von 1846, obwohl der Text heute auch in einer modernen Edition von Castelvecchi [bei Bossong durchaus als Quelle für Trissinos Epistola de le fettere nuovamente aggiunte ne la lingua italiana genannt, allerdings verstümmelt zu Salvecchi; der Castellano befindet sich im gleichen Band]. Edeltraud Werner * MICHELANGELO PrcoNE (ed.), Il racconto, Bologna (II Mulino) 1985, 325 p. (Strumenti di filologia romanza) Dieser Band bietet italienischen Studenten der Romanistik «i testi essenziali per una interpretazione critica dei problemi di fondo», gemäß des Verlegers Motto für seine Reihe Linguistica e critica letteraria. Sechzehn Vorträge, Zeitschriftenartikel und Kapitel aus Monographien wurden für diesen Band ausgesucht, wenn nötig übersetzt (inklusive Zitate), und mit einigen wenigen Zeilen Einleitung versehen.Dem italienischen Studenten ohne Fremdsprachenkenntnisse ist damit ein großer Dienst erwiesen, und er wird wohl auch Picones Überblick und Bibliographie (7-52 und 311-315) zu schätzen wissen. Es handelt sich um Übersetzungen folgender Arbeiten: Jauß, Kleinere Formen (aus Alterität und Modernität); Jolles, Heiligenlegende (aus Einfache Formen); Le Goff, L'exemplum («Typologie des sources», p. 27-42); Frappier, La structure du Lai (Vortrag in Straßburg); Zumthor, De la chanson au recit: «La Chatelaine de Vergi» (aus Langue, texte, enigme); Togeby, The Nature of the Fabliaux (Vortrag in Missouri); Rychner, Les fabliaux (Vortrag in Straßburg); Nykrog, The Fabliaux as Courtly Parody (Vortrag in Missouri); Limentani, L'«io» ... nelle «novas» di Raimon Vidal (aus L'eccezione narrativa); Bertolucci Pizzorusso, ...la «vida» di Jaufre Rudel (Zeitschriftarti- 1 Cf. EDELTRAUD WERNER, «Giangiorgio Trissino als Sprachtheoretiker», Italienische Studien 13 (1992) [in Druck]; ead., «Trissinos sprachtheoretischer Ansatz und die Grammatichetta», in: CHR. SCHMITT/ M. METZELTIN (ed.), Grammatikagraphie der romanischen Sprachen [in Druck]. 234 Besprechungen - Comptes rendus kel von 1970); Lacarra, Inserciones de cuentos ... (aus Cuentistica medieval en Espaiia); Varvaro, La cornice del «Conde Lucanor» (aus Studi di letteratura spagnola); Zahareas, Juan Ruiz and the Fabliaux (aus The Art of Juan Ruiz); Rossi, I cistercensi de Alcobac;a e il racconto in convento (it. Originalversion eines Kapitels aus Literatura novelfstica na Idade Media portuguesa); Riquer, El conte cortesa a Catalunya (aus vol. 2 seiner kat. Literaturgeschichte); Neuschäfer, Von der «vida» zur Novelle (aus Boccaccio und der Beginn der Novelle). C. Wittlin * JuAN PAREDES NÖNEZ (ed.), Literatura y fantasia en la Edad Media, Granada (Universidad) 1989, 247 p. Ein diesem Buch beigelegtes Kartonblatt erwähnt, es handele sich in den dreizehn dargebotenen Arbeiten um Vorträge auf einem Kongreß der Universität Granada im März 1988. Dies erklärt vielleicht, weshalb einige Beiträge auf Fußnoten und Bibliographie verzichtet haben. Hier kurz einige Hinweise: Carlos Alvar, El viaje al mcis allci y la literatura arturica (Gauvain im Schloß von Ygerne).- Carlos Garda Gual, Alejandro entre la historia y el mito (zum anonymen Libro d'Alexandre). - Fernando Carmona, Ideologia y fantasia en el roman en versa del siglo XIII (zu Jean Renarts Guillaume de Dole). - Eugenia Popeanga, Realidad y ficci6n en los libros de viajes medievales (Wilhelm von Rubrucks Itinerarium von 1255).- Vicente Beltran, La imaginaci6n verbal en la literatura del medioevo (wie das Spiel mit Wortwiederholungen in der prov. und port. Dichtung zu einem Spiel mit Konzepten wird). - Isabel de Riquer, El juego de la decapitaci6n («Hau mir den Kopf ab, aber morgen komm ich zurück und köpfe dich! » in La Damoisele a la Mule, Carados, Humbaut, Perlesvaus, und Sir Gawain). - Ignacio Malaxecheverria, Animales y espejos (mit 34 Abbildungen von Sirenen, Tigern und Einhörnern). - Victoria Cirlot, Escenas de terror en la literatura arturica (Renaut de Beaujeus Bel Inconnu, Gauvains Nacht in der Kapelle, L'Atre perilleux). C. Wittlin * AucusT DAUSES, Theorien des Sprachwandels. Eine kritische Übersicht, Stuttgart (Steiner) 1990, 9 3 p. 1. A. Dauses soumet ici a un examen critique les principaux modeles qui sont utilises, en linguistique diachronique romane, par des chercheurs actuels ou recents. L'auteur procede a partir de divers parametres, qui font l'objet d'un chapitre chacun, a savoir ! es lois phonetiques, Ja fonction des phonemes et des monemes, le systeme et la structure, l'analogie et la frequence, la simplification et l'economie, et, pour finir, l'approche de l'ecole idealiste. En fin de volume, il analyse un probleme particulier (le pronom sujet dans le nord de la Romania), en guise d'illustration globale des points methodologiques abordes dans Je corps du livre. 2. Dans le compte rendu qui suit, il me paral:t utile de presenter, avec quelques exemples, non pas ! es divers parametres, mais ! es principales lignes de force de l'argumentation de Dauses, qui se cristallisent autour des notions d'immanence (2.1), de modele (2.2) et de relation causale (2.3). Besprechungen - Comptes rendus 235 2.1. Dauses reproche aux romanistes un recours trop exclusif aux faits immanents, c'est-adire aux structures, au systeme, sans egard suffisant d'une part au röle des facteurs sociaux et du locuteur, dorrt l'adaptabilite aux necessites de la communication est sous-estimee, d'autre part au röle du contexte et de la situation, grace auxquels la collision homonymique, par exemple, ne presente le plus souvent pas le caractere pathologique ou de crise qu'on lui prete. Une des il! ustrations de ce defaut est empruntee aux travaux de H. Lüdtke (15-17). Pour H. Lüdtke, selon le rapport qu'en fait Dauses, les lexemes s'affaiblissent phoniquement, lorsque leur frequence augmente, de sorte qu'ils deviennent des morphemes grammaticaux, lesquels, si la frequence continue d'augmenter, s'usent de plus en plus, au point que leur masse phonique se reduit trop pour assurer leur identification et qu'ils sont finalement elimines et remplaces par des signes nouveaux. A quoi Dauses objecte que la reduction a zero n'est pas ineluctable et qu'il ne tient qu'au locuteur d'articuler suffisamment un terme qui lui parait necessaire a la communication, meme si, dans certains contextes, il arrive a ce terme d'etre reduit a zero. 2.2. Le modele choisi pour l'etude diachronique est utilise souvent d'une maniere mecanique et abstraite, sans point d'appui dans la realite de la langue. Par exemple, lorsqu'un romaniste estime qu'une evolution donnee est le resultat necessaire d'une situation donnee, il est souvent influence, dans cette interpretation, par le modele qu'il manie; il se peut qu'en realite l'evolution en question soit non pas necessaire, mais seulement possible ou probable. Soit (46) le modele qui se fonde sur ce que Martinet, dans Economie des changements phonetiques 1 , appelle «chaines de traction» et «chaines de propulsion»; selon ce modele, un phoneme A se deplace dans le systeme vers un phoneme voisin B, lequel l'evite en se rapprochant du phoneme C (propulsion), a moins que le passage de B a C ne soit le deplacement initial et laisse subsister une lacune, dans laquelle vient ensuite se placer A (traction). Un des exemples romans traites selon ce modele concerne le passage du latin au frarn;:ais, Oll / u/ devient / y/ , et / o/ devient / u/ ; dans un cas comme celui-ci, il se peut, dit Dauses, que / o/ prenne la place du / u/ devenu / y/ ; seulement, ce deplacement du / o/ est possible aussi sans que / u/ devienne / y/ , dorre par une fusion de / o/ et / u/ . Il convient par consequent, en appliquant un modele probabiliste, d'evaluer quelles chances il y a que / o/ devienne / u/ , respectivement dans une langue Oll / u/ devient / y/ et dans une langue Oll / u/ reste / u/ . 2.3. En ce qui concerne les rapports de causalite, Dauses formule deux reproches de portee generale. Premierement, le romaniste ne separe pas nettement la description de l'explication et prend parfois, a tort, la premiere pour la seconde; deuxiemement, il cherche a expliquer, plutöt que de rester sur Je terrain moins glissant de la simple description. Pour le reste, Dauses s'en prend, comme on pouvait s'y attendre, aux deux aspects les plus controverses de la causalite que sont la teleologie et la loi diachronique. Un des exemples relatifs a la teleologie (47) est emprunte a A. Martinet. Decrivant, dans le systeme vocalique de Hauteville, une serie de deplacements, allant tous dans le meme sens, Martinet remarque qu'il n'y a pas eu fusion de phonemes, mais une reaction en chaine, au cours de laquelle chaque phoneme a conserve sa «marge de securite»; et cet auteur d'ajouter: «il parait difficile de ne pas conclure que d'un bout a l'autre de l'operation s'est manifeste le besoin de conserver les distinctions phonologiques existantes» (1964: §2.17). Dauses regimbe contre le fait de conclure a un besoin, a moins que ce besoin ne soit de nature sociale. 1 A.MARTINET, Economie des changements phonetiques, Berne 2 1964. 236 Besprechungen - Comptes rendus Quant aJa notion de loi diachronique, eile est discutee apropos, entre autres, de W. Manczak. Ce chercheur etablit ce qu'il appelle des «Jois», dont une (53-54) aux termes de laquelle par exemple Je singulier (par opposition au pluriel), l'indicatif (par opposition aux autres modes), Je present (par opposition aux autres temps), ! es numeraux inferieurs (par opposition aux numeraux superieurs) et ! es cardinaux (par opposition aux ordinaux) se maintiennent mieux et, de ce fait, conservent plus souvent un caractere archa'ique et influencent davantage ! es categories opposees que ce n'est Je cas en sens inverse. Dauses admet que Je systeme puisse evoluer ainsi, mais pas qu'il Je fasse en vertu d'une loi. 2.4. En fin de compte, Dauses ne refuse une certaine validite apresque aucun des modeles qu'il passe en revue; il reproche seulement aux chercheurs de ! es appliquer d'une fac;on trop exclusive ou absolue. 3. Dans l'ensemble, je suis enclin adonner raison aDauses; ses observations presentees d'ailleurs sans acrimonie, et meme avec une pointe d'humour respirent Je bon sens et refletent une distance salutaire al'egard des ecoles, methodes et modeles, distance qui lui permet d'en mieux comparer et relativiser ! es merites. En fait, Ja plupart des critiques ne sont pas originales, dans Ja mesure Oll elles se sont fait jour dejadans ! es comptes rendus des etudes visees. L'originalite et l'interet du present ouvrage sont de reunir ces elements de critique en un ensemble ordonne et de degager ! es faiblesses qui se trouvent, de maniere diffuse, dans toute Ja linguistique diachronique romane. Dauses prend parfois trop au pied de Ja lettre ! es passages incrimines; entre une formulation comme «Ja langue a fait ceci ou cela» et celle que lui oppose Dauses, savoir «Je locuteur a fait ceci ou cela», il y a bien sür une difference capitale; j'ai pourtant Je sentiment qu'il s'agit souvent, de Ja part des auteurs en question, d'une simple maladresse ou d'une fac;on de dire, et qu'au fond tout Je monde est d'accord. Lorsque Dauses reprend Martinet au sujet de l'emploi du mot <besoin>, qui sent evidemment Ja teleologie, il perd de vue que Martinet (1964: §2.1) situe Ja «fonction (distinctive)» du phoneme, Oll joue Ja notion de <besoin" non pas au niveau de l'unite linguistique, mais acelui du sujet parlant. Quant aJa notion de <loi" il y a, je crois, en partie malentendu, acause de l'imprecision du terme. Ou bien ce sont des Jois comme on en a en physique, et l'evolution de Ja langue n'en connait pas (encore), ou bien ce sont des Jois non absolues, qui equivalent ades tendances tres prononcees, et elles sont concevables dans l'evolution linguistique. Or, W. Manczak, dans Je cas cite en 2.3, en recourant ades adverbes relativants, comme «häufiger . .. als», formule des Jois non absolues; il ne merite donc pas, sur ce point, ! es foudres de Dauses. Une autre notion qu'il y aurait eu lieu de preciser, en vue d'une discussion fructueuse, est celle de <teleologie" Oll il s'agit, je crois, de distinguer deux niveaux: il y a Je niveau de l'acte individuel, de Ja parole saussurienne, Oll se manifestent ! es besoins qu'H. FREI a systematises dans sa Grammaire des fautes (1929) 2 et en fonction desquels Je locuteur, selon Je cas, vise par exemple aetre plus clair («besoin de clarte»), plus bref («besoin de brievete»), etc.; et il y a Je niveau de Ja communaute, de Ja langue, oll eventuellement ! es faits de parole passent, mais Oll Ja notion de but recherche ne s'applique pas. Dans un livre recent, R. KELLER (1990: §2.2.2) 3 raisonne de maniere analogue, en s'inspirant du paradoxe de Mandeville. 2 H. FREI, La grammaire des fautes, Paris/ Geneve/ Leipzig 1929. 3 R. KELLER, Sprachwandel, Tübingen 1990. Besprechungen - Comptes rendus 237 4. Le pessimisme que manifeste Dauses sur les possibilites de la linguistique diachronique, pessimisme que reflete aussi son analyse du pronom sujet donnee en fin de volume, ne me parait que partiellement justifie. Certes, il y a des problemes inherents a la diachronie. Quelques-uns restent sans doute a jamais insurmontables: absence de lois absolues, insuffisance des donnees. Mais il y a aussi ce que Dauses ne souligne pas le parti qu'on peut tirer de l'etude des traits universels et de l'observation directe de processus evolutifs, qui se deroulent sous nos yeux ou dans un passe suffisamment recent pour avoir pu etre enregistres selon des criteres scientifiques. R. de Dardel * J6szEF HERMAN, Du latin aux langues romanes. Etudes de linguistique historique reunies par SANDOR Krss, avec une preface de JACQUES MüNFRIN, Tübingen (Niemeyer) 1990, 392 p. Der vorliegende Band gehört jenem nützlichen Typus von Festschriften an, der in verschiedenen und oft schwer erhältlichen Publikationsorganen erschienene Arbeiten des Geehrten zu einem Buch vereinigt. Im Falle von J6szef Herman, dem der von Sandor Kiss betreute Band zum 65. Geburtstag gewidmet ist, erweist sich ein solches Verfahren als besonders sinnvoll. Die Aufsätze, in einer Zeitspanne von mehr als dreißig Jahren (zwischen 1954 und 1985) entstanden, sind zu einem großen Teil in osteuropäischen Publikationen erschienen; einer («Latinitas Pannonica», 105-120) wurde von Herman selbst für diesen Band aus dem Ungarischen übersetzt. Die Vereinigung der Arbeiten von J6szef Herman zum Vulgärlatein drängte sich nicht nur aus äußeren, technischen Gründen auf; sie ist auch von der Sache her mehr als gerechtfertigt. Herman gehört zu den nicht gerade zahlreichen Forschern, die das Spätlatein ins Zentrum ihres wissenschaftlichen Interesses stellen. Er hat neue Methoden entwickelt, die erlauben, das inschriftliche Material der Kaiserzeit auf die Probleme hin zu befragen, die die vulgärlateinische Forschung seit eh und je beschäftigen: Gibt es eine regionale Differenzierung der kaiserzeitlichen Latinität? Lassen sich Entwicklungen, die zu den späteren romanischen Verhältnissen führen, schon im Latein der Inschriften (oder anderer Zeugnisse für gesprochene Sprache) fassen? Herman hat wichtige Resultate zu diesen Fragestellungen erarbeitet, Resultate, die umso überzeugender wirken, als sie nicht spektakuläre «Profile» darstellen, sondern nuancierte Auslotungen dessen, was das Material, bei Berücksichtigung aller die Interpretation begrenzenden Faktoren, hergibt. Daß diese Resultate immer als Teilergebnisse oder Fallbeispiele innerhalb eines umfassenderen Fragenkomplexes gewertet werden, hängt mit den ausgeprägten theoretischen und methodologischen Interessen des Autors zusammen. Die einzelnen Phänomene gelten ihm als Teilaspekte und Beispiele innerhalb des Prozesses des Sprachwandels, der vom Latein zu den romanischen Sprachen geführt hat. Dieser historisch und geographisch umgrenzte Prozeß seinerseits wird wiederum als ein Beispiel für die Veränderung von Sprache in der Zeit überhaupt gesehen. Der Herausgeber hat dem Band eine sehr klare Gliederung gegeben: Ein erster, umfangreicherer Teil (21 Aufsätze, 9-337) unter dem Titel «Du latin aux langues romanes» enthält Beiträge, die mit allgemeineren oder spezielleren, aber immer konkreten Problemen des Lateins der Inschriften unter den genannten Gesichtspunkten befaßt sind. Eine erste Untergruppe behandelt allgemeine Probleme der Umgestaltung und der Differenzierung des Lateins (9-92), eine zweite das Latein in den einzelnen Provinzen des Imperiums (93-194), die dritte Veränderungen an bestimmten Punkten des Systems 238 Besprechungen - Comptes rendus (195-337). Der zweite Hauptteil des Buches (339-377), betitelt «Theorie et methode», befaßt sich in fünf Aufsätzen mit dem Begriff des sprachlichen Systems und mit der Theorie des Sprachwandels. Innerhalb der einzelnen Untergruppen des 1. Teils sind die Beiträge chronologisch geordnet. Eine Bibliographie der Publikationen von J6szef Herman (1948-1988) und zwei Indices (der modernen und der antiken Autoren) schließen das Buch ab 1. Es kann hier nicht darum gehen, die Resultate der 26 Aufsätze im einzelnen und vollumfänglich zu referieren. Manche Themen kommen in verschiedenen Arbeiten unter jeweils verschiedenen Gesichtspunkten und in verschiedenen Zusammenhängen mehrmals zur Sprache. Für den Leser ist es reizvoll, der Entwicklung gewisser Konzepte durch die zeitlich auseinanderliegenden Beiträge hindurch nachzugehen. Jacques Monfrin empfiehlt in seiner Einleitung, den ersten und den letzten Artikel der ersten Sektion, beide mit den Problemen der territorialen Differenzierung des Lateins befaßt, nacheinander zu lesen. Der Reifungsprozeß in zwanzig Jahren Forschung wird dabei evident. Wir skizzieren im folgenden, was uns an den Arbeiten von J6szef Herman methodisch und sachlich besonders bemerkenswert erscheint. Auf methodischem Gebiet hat Herman insofern Neuland betreten, als er das schriftliche Material einer quantitativen Analyse unterzieht. Seine Statistiken beruhen auf Serien von «Fehlern» («Fehler» bedeutet nichts anderes als «Abweichung von der Norm des klassischen Lateins»), weil nur das serienweise, nicht das vereinzelte Auftreten von bestimmten Sprachzügen auf ein von der klassischen Norm verschiedenes sprechsprachliches System zu schließen erlaubt. Zu weiteren methodischen Prinzipien, die dem besonderen Charakter des inschriftlichen Materials Rechnung tragen, cf. p. 123-126. Ebenso umsichtig wie beim Bereitstellen seines methodischen Instrumentariums geht Herman in der Interpretation der gewonnenen Resultate vor. Er weiß zu gut, wie komplex die sprachliche Wirklichkeit ist, wie kompliziert das Ineinanderspielen von sprachinternen und sprachexternen Faktoren. Wenn wir im folgenden einige der von Herman erarbeiteten Resultate herausgreifen, müssen wir zwangsläufig eine gewisse Vereinfachung in Kauf nehmen; der Leser des Buches wird festellen, daß die Gedankenführung des Autors sehr viel nuancierter ist, als eine Zusammenfassung es erkennen läßt. Zu den Phänomenen, mit denen Herman sich wiederholt beschäftigt hat, gehört die Umgestaltung des lateinischen Vokalsystems. Das Thema, das auch anderswo aufgegriffen wird, steht im Zentrum der Beiträge «Statistique et diachronie: essai sur l'evolution du vocalisme dans la latinite tardive» (1968), p. 196-203, und «Un vieux dossier reouvert: ! es transformations du systeme latin des quantites vocaliques» (1982), p. 217-231. Im ersten Aufsatz zeigt Herman, daß im klassischen Latein in den mehrsilbigen Wörtern die langen unbetonten Vokale sehr selten waren und daß entsprechend die Quantitätsunterschiede dort fast keine distinktive Funktion hatten. Er nimmt an, daß in den ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit die Sprecher, und zwar vor allem die neu assimilierten zweisprachigen Sprecher, alle unbetonten Vokale kurz ausgesprochen und so einen redundanten Zug 1 Leider kann man die technische Betreuung des Bandes nicht als sorgfältig bezeichnen. Ärgerlich viele fehlende Leerschläge nach Komma (ich habe mehr als 30 Fälle notiert) erschweren die Lektüre. An Druckfehlern seien im Hinblick auf weitere Auflagen vermerkt: p. 5 mophologique, lies: morphologique, p. 21 fraanr; ais, lies: franr;ais, p. 55 porvinees, lies: provinees, p. 58 ave, lies: avee, p. 85 qui, lies: que, p. 86 assze, lies: assez, p. 91 Rohlfs 1901, lies: Rohlfs 1971, p. 135 N 27 Terracini, De ehe eosa .. . , lies: Di ehe eosa ... , p. 137 pousee, lies: poussee, p. 137 N 37 arbitraiare, lies: arbitraire, p. 148 preeoeee, lies: precoee, p. 163 Keltisehlateinsiehe, lies: Keltisch-lateinische, p. 209 en particuliers, lies: en partieulier. In der Bibliographie p. 389 figuriert Tullio de Mauro unter T. Besprechungen - Comptes rendus 239 eliminiert hätten. In einem zweiten Schritt wären dann die quantitativen Oppositionen auch aus der Tonsilbe verschwunden. Akzentschwankungen in der Flexion und in der Wortbildung hätten zu dieser Entwicklung beigetragen. Der zweite Aufsatz untersucht dasselbe Phänomen anhand von Versinschriften aus Afrika und aus Rom in einer Zeitspanne vom 1. bis Mitte 4. Jahrhundert. Die Resultate bestätigen die Feststellung, daß der Abbau der phonologischen Quantitätenopposition in den unbetonten Silben beginnt. Sie bestätigen zudem die bekannten Aussagen Augustins und antiker Grammatiker, wonach das Phänomen ein Kennzeichen afrikanischer Latinität wäre. Aus späterer Sicht kann tatsächlich erhärtet werden, daß der Schwund der Quantitätenoppositionen zuerst in Afrika auftritt. Diese Feststellung führt zu einer generellen Aussage inbezug auf die regionale Differenziertheit des Vulgärlateins, zu der Herman auch aufgrund anderer Resultate immer wieder gelangt: Die regionale Differenziertheit des Vulgärlateins zeigt sich in der unterschiedlichen Geschwindigkeit, mit der sich gewisse Neuerungen in den verschiedenen Regionen durchsetzen (229; cf. auch p. 86). Andere Untersuchungen zu einzelnen Phänomenen, wie die Schwankungen zwischen B und V (19ss., 130ss.), der Zusammenfall von Ö und Ü und E und I (74ss.), die Perfektform posit neben posuit (94ss.) und, im morphosyntaktischen Bereich, der Abbau des lateinischen Kasussystems (321ss., 326ss.), führen Herman zu Ergebnissen, die die erwähnte Aussage zum Problem der regionalen Differenziertheit bestätigen. Es entsteht so das Bild einer «vordialektalen» Phase der Latinität (86), in der sich gewisse spätere Entwicklungen anbahnen, ohne daß sie schon deutlich vorgeprägt wären. Am Schluß des Artikels «La differenciation territoriale du latin et la formation des langues romanes» von 1985 (62-92), der eine Art Bilanz der vulgärlateinischen Forschung von J6szef Herman darstellt, faßt der Autor seine Ergebnisse in eine Grobeinteilung der kaiserzeitlichen Latinität (Zeit Hadrians) nach territorialen Differenzierungen zusammen. Drei Zonen zeichnen sich ab: eine erste, in der Neuerungen im Vokalsystem einem konservativen Konsonantismus gegenüberstehen und die Nominalmorphologie ziemlich intakt ist. Gallien, Norditalien und (mit einer gewissen Verspätung) Spanien gehören dazu. Eine zweite Zone, wo die vokalischen Veränderungen, vor allem in der velaren Serie, langsamer vor sich gehen, der Konsonantismus dagegen im Umbruch ist und die Nominalflexion sich früh vereinfacht: Rom, Süditalien, Afrika und ein Teil der Balkangebiete. Eine dritte, in jeder Hinsicht aktive Zone verbindet diese beiden Blöcke (die grosso modo mit der Einteilung in West- und Ostromania übereinstimmen! ); es ist die nördliche Adriaküste und, damit zusammenhängend, die dalmatische Küste und Pannonien. Auf der zeitlichen Achse schlägt Herman eine Periodisierung in drei Phasen vor: 1. Bis zur Zeitenwende eine erste Dialektalisierung der italischen Halbinsel im Zuge der Ausbreitung des Lateins. 2. Kaiserzeit bis über den Fall Westroms hinaus: vorromanische Differenzierung des Lateins. 3. Vom Zerfall des Westreiches bis zum Auftreten der ersten romanischen Texte: romanische Differenzierung oder Dialektalisierung. Herman betont immer wieder die große Vielfalt und die in Raum und Zeit unterschiedliche Wirkung von sprachinternen und sprachexternen Faktoren, die bei der Herausbildung der späteren Romania eine Rolle spielen. Je nach Gewichtung dieser Faktoren hat die Forschung die «Ausgliederung» früher oder später angesetzt. Herman selbst, der für eine tiefgreifende Differenzierung erst in der Zeit nach dem Zerfall des Imperiums plädiert, legt besonderes Gewicht auf die sozialen, politischen und kulturellen Faktoren. Gegenüber Substrattheorien allerdings zeigt er sich (vernünftigerweise) eher skeptisch: in keinem der von ihm untersuchten Fälle läßt sich ein Einfluß der jeweiligen Substratsprachen plausibel machen (cf. p. 21, 135s.). Die Notwendigkeit, der Interaktion von linguistischen und außerlinguistischen Faktoren in einer Theorie des Sprachwandels Rechnung zu tragen, wird denn auch in den mehr theoretisch ausgerichteten Beiträgen des Bandes stark betont. 240 Besprechungen - Comptes rendus Weniger als die bisher referierten Resultate überzeugt mich die Gedankenführung im letzten Artikel zur Morphosyntax, «La disparition de Ja declinaison latine et l'evolution du syntagme nominal» von 1985 (326-337). Es geht Herman hier darum zu zeigen, daß Nominalsyntagmen mit Tmesis («syntagmes disjoints») im Latein der Republik (von Plautus und Cato bis zu Cicero) durchaus geläufig sind, während sie in späterer Zeit (Beispiele: Petron in den Reden der Freigelassenen, Briefe des Soldaten Claudius Terentianus, Defixionum tabellae etc.) fast völlig verschwinden. Es wird betont, daß die syntaktische Neuerung nicht von der morphologischen Veränderung der Nominalflexion abhängig ist, sondern vielmehr dieser zeitlich vorausgeht. Daß einige der von Herman als «syntagmes disjoints» zitierten Beispiele anders zu interpretieren sind als die übrigen, die das besprochene Phänomen illustrieren 2 , beeinflußt den Gedankengang nicht weiter. Dagegen scheint es mir problematisch, die beiden voneinander abgehobenen Sprachzustände als zwei diachronisch verschiedene Phasen der Sprachentwicklung zu interpretieren. Alles spricht dafür, daß es sich hier um diaphasische Unterschiede handelt, die grob gesagt mit konzeptioneller Schriftlichkeit (im Falle der «syntagmes disjoints») respektive konzeptioneller Mündlichkeit (bei deren Fehlen) zu tun haben. Punktuelle Einwände dieser Art beeinträchtigen das positive Gesamturteil nicht: Die Fülle von konkreten Ergebnissen, deren umsichtige Interpretation in einer nuancierten und perspektivenreichen Gesamtschau und nicht zuletzt die Ausrichtung des Autors auf die Theorie des Sprachwandels machen den Band zu einer lohnenden Lektüre. Eines muß zum Schluß festgehalten werden (Herman selbst weist wiederholt darauf hin): Trotz sorgfältigen Studien in der Art der hier vereinten Arbeiten wissen wir im Grunde herzlich wenig über die konkreten Umstände der Romanisierung in den einzelnen Provinzen, über die soziolinguistischen Verhältnisse, die die Art und den Verlauf der Romanisierung bestimmten, und es bestehen auch keine Aussichten, daß sich dieses Defizit je wesentlich verringern wird. R. L. * MARTIN HARRISINIGEL VrNCENT (ed.), The Romance Languages, London (Routledge) 1990, XII+ 500 p. (Croom Helm Romance Linguistics Series) 1. Ce livre est si riche de faits et de notions et incite a tant de commentaires, qu'un campte rendu circonstancie en viendrait facilement a ! 'egaler en volume. Tel n'etant, bien sür, pas Je but d'un campte rendu, mes remarques sont particulierement selectives et ne visent qu'a donner une idee tres generale, sauf a prendre sous Ja loupe tel probleme methodologique. 2. Il s'agit d'un ouvrage collectif, edite par deux romanistes britanniques, M. Harris et N. Vincent, et publie une premiere fois en 1988. Apres une «Preface» (viii-xii), qui presente l'ouvrage et son organisation interne, ainsi que Ja fa9on dont les editeurs envisagent son utilisation, nous trouvons un chapitre d'intro- 2 In CATO, agr. 144,2, zit. p. 332 (in meiner Ausgabe, Loeb Library 1960, ist es agr. 135,2), liegt nicht ein gesperrtes Syntagma aratra romanica vor; vielmehr wird mit aratra das Thema vorweggenommen: «Was Pflüge angeht, sind die römischen gut für schweren Boden, die campanischen für schwarze Erde». Ähnlich das Bsp. 219,33-5 aus den Fluchtäfelchen aus Karthago, zit. p. 333 unten. Herman weist selbst auf eine relative Autonomie des zweiten Teils des Syntagmas hin. Ich würde weiter gehen und hier, wie in der zitierten Catostelle, gar nicht von einem gesperrten Syntagma sprechen. Dasselbe gilt für das unmittelbar folgende Beispiel (222 B, 1-2). Besprechungen - Comptes rendus 241 duction, Martin Harris «The Romance Languages» (1-25), sur l'histoire externe des langues romanes. Les neuf chapitres qui suivent sont des monographies de linguistique interne sur chacune des langues romanes: Nigel Vincent, «Latin» (26-78); John N. Green, «Spanish» (79-130); Stephen Parkinson, «Portuguese» (131-169); Max W. Wheeler «Catalan» (170-208); Martin Harris, «French» (209-245); Max W. Wheeler, «Occitan» (246-278); Nigel Vincent, «ltalian» (279-313); Michael Jones, «Sardinian» (314-350); John Haiman, «Rhaeto-Romance» (351-390) et Graham Mallinson, «Rumanian» (391---419). Un chapitre intitule «Romance Creoles» (420---473), de John N. Green, clöt la serie des etudes. Le volume se termine par onze cartes, couvrant ensemble tous les parlers etudies, et un index. Chaque chapitre est assorti d'une bibliographie. 3. Voici, pour commencer, une breve description, dans laquelle je m'abstiens de tout jugement. La preface decrit et justifie l'economie de l'ouvrage. II est ne d'un projet qui avait pour but «the characterisation of one particular language family, where the material for inclusion was determined principally on linguistic and historical grounds internal to the family itself, and for the most part independent of external political considerations» (viii). D'emblee, l'ouvrage est decrit comme «a book where matters diachronic and synchronic are inextricably intertwined» (viii). L'organisation interne des chapitres, en sections qui se correspondent, et le choix d'un ensemble de sujets centraux, traites dans chaque langue, permettent, moyennant une lecture transversale, la consultation de tous les chapitres en fonction d'un sujet donne. «Thus, anyone wishing to look up say the sequential constraints on the clitic pronouns or the historical evolution of tonic vowels in all the languages represented should not be disappointed» (ix). Ce parallelisme n'a cependant pas ete pousse jusqu'a ses dernieres limites, chaque auteur restant libre de traiter ou non des sujets marginaux; les editeurs considerent l'heterogeneite qui en resulte comme un aspect positif; «it enhances, disent-ils, the value of the work by demonstrating how differences of perspective may lead to varying assessments of significance with respect to broadly similar bodies of data» (ix). Ils prevoient meme que «analysts will at times disagree about how to interpret a given example or construction» (xi). L'ouvrage est corn;:u en premier lieu comme manuel pour l'usage «on undergraduate or graduate courses in Romance linguistics» (x). Les chapitres sur le latin, sur les parlers romans et sur ! es creoles sont construits selon un plan en effet a peu pres constant, comportant une introduction et quatre parties grammaticales: phonetique, morphologie, syntaxe et lexique. L'introduction a chacun de ces chapitres sert a informer le lecteur sur la variante linguistique que l'auteur a choisi de decrire; en general, il s'agit d'une forme de la langue standard moderne, a defaut de quoi l'auteur decrit tantöt le dialecte actuel d'une localite (sarde), tant6t les principaux dialectes actuels (occitan), en adoptant eventuellement le principe d'une etude parallele et contrastive (rheto-roman); dans le chapitre sur le portugais, la variante bresilienne est systematiquement donnee a cöte de la norme europeenne; quarrt a la description de l'italien, elle ne saurait se faire sans reference aux parlers regionaux. C'est aussi dans l'introduction que les auteurs exposent ! es problemes methodologiques particuliers que souleve le parler a decrire (latin, creoles). Les quatre sections grammaticales presentent, pour chaque chapitre, les donnees essentielles et centrales que sont une analyse phonetique et/ ou phonologique, assortie le cas echeant d'un expose sur l'orthographe, la morphologie du nom, du pronom et du verbe, la syntaxe du groupe nominal, du groupe verbal et de la proposition, sans oublier ! 'ordre des termes, ainsi que, le plus souvent, des elements de derivation lexicale. Sur ce fond commun se detachent, selon le chapitre, toutes sortes de specificites. Les unes ont trait a des particularites remarquables d'une langue, qu'on ne saurait passer sous 242 Besprechungen Comptes rendus silence (tel l'infinitif personnel du portugais), et aux problemes theoriques lies a la description de telle structure (cas frequent dans la section sur la phonologie). D'autres specificites ressortissent a l'initiative personnelle ou aux interets de l'auteur, comme lorsque M. W. Wheeler etablit une liste du vocabulaire proprement catalan (206) ou que J. Haiman argumente en long et en large l'origine de V2 en rheto-roman (368 ss). Dans cet ouvrage, ou la reflexion theorique occupe a juste titre une place importante, la relative latitude laissee aux auteurs aboutit parfois, comme l'annoncent les editeurs, a des prises de position divergentes au sujet de donnees a peu pres identiques; la distribution des types de complement, par exemple, est consideree par J. N. Green comme arbitraire en espagnol (117-118), par N. Vincent comme fondee semantiquement en italien (306-308). 4. La maniere dont qualites et defauts se repartissent dans cet ouvrage m'incite a formuler man evaluation separement pour les generalites (4.1), pour la linguistique externe (4.2), puis, au sujet de la linguistique interne (4.3), pour la description synchronique (4.3.1) et pour la description diachronique (4.3.2). 4.1. S'agissant des generalites, man jugement, dans l'ensemble, est positif: l'abondance des donnees linguistiques, combinee avec les theories ou convictions, meme opposees, des auteurs, en fait un ouvrage extremement utile et stimulant. La consultation de ce livre, redige en termes fort clairs, est facilitee par de nombreux schemas, tableaux et paradigmes. La lecture transversale, en fonction d'un sujet donne, peut s'appuyer sur des references internes occasionnelles et sur l'index. 11 faut saluer deux initiatives particulierement bienvenues: l'introduction de chapitres sur le sarde et sur le rheto-roman, deux groupes de parlers trop souvent laisses pour campte, a cause de leur manque de poids politique ou demographique, mais indispensables du point de vue de la grammaire historique romane, et l'introduction d'un chapitre sur les creoles, en reponse a l'interet croissant que suscite la sociolinguistique. 4.2. Le chapitre d'introduction, «The Romance Languages», fournit la toile de fand externe a taut le livre; tres bien documente et a jour, il place la formation des parlers romans dans leur cadre historique, en termes de romanisation, d'influence des substrats et des superstrats, de fragmentation spatiale et de dialectalisation du roman, de facteurs socio-politiques favorisant l'accession de dialectes au rang de langue standard ou la formation de creoles. Poussant jusque dans la periode contemporaine, l'auteur donne une idee de l'importance numerique des locuteurs et des chances de survie de parlers non nationaux, comme le catalan, ou meme depourvus d'une norme standard commune, comme l'occitan, le sarde et le rheto-roman. 4.3.1. Taus les autres chapitres, sauf celui sur le latin, consistent en premier lieu en une description synchronique des parlers actuels, dans une optique en general structuraliste. Ce sont autant d'etudes systematiques et serieuses. On y decrit non seulement la norme contemporaine, mais aussi les tendances ! es plus recentes, le parler avance. Certaines pages synthetisent admirablement des structures relativement complexes, telle la structure des auxiliaires de temps en italien (301-303). Ces remarques valent aussi pour la description synchronique du latin, dans le chapitre que N. Vincent consacre a cette langue. Ces etudes tiennent campte en general des developpements recents de la science, et les bibliographies, qui se veulent selectives, sont a peu pres a jour. Ainsi se trouve realise un equilibre assez reussi entre le manuel a consulter transversalement et un ensemble d'essais independants sur chacun des parlers romans. Sous le rapport de la description synchronique, j'estime que nous nous trouvons en Besprechungen - Comptes rendus 243 presence d'un ouvrage original et de qualite, son niveau eleve etant sans doute en partie le revenant-bon d'un travail realise par une equipe de specialistes. 4.3.2. La perspective diachronique a sa place dans cet ouvrage, temoin le chapitre sur le latin et les references au latin que font les auteurs des etudes sur ! es parlers romans. Or, la plupart de mes objections concernent la fafon dont la diachronie est traitee: en premier lieu, les premisses methodologiques et certaines des analyses dans le chapitre sur le latin (4.3.2.1), accessoirement, pour ! es autres parlers, une heterogeneite, que je trouve parfois tout de meme plus genante que stimulante (4.3.2.2). 4.3.2.1.1. Comme le chapitre premier sert d'introduction externe au reste de l'ouvrage, le chapitre sur le latin sert d'introduction historique interne aux parlers romans. Le but en est «to narrate the structural transformation that Latin underwent in the course of the pa'ssage towards the modern Romance languages» (27). Je tiens a souligner que ce chapitre remplit cette täche dans une tres ! arge mesure, ce que ne doivent pas faire perdre de vue ! es critiques qui suivent. 4.3.2.1.2. Le point faible de ce chapitre est la maniere dont N. Vincent conyoit les rapports entre le latin ecrit, le latin parle et ! es parlers romans. Ses vues, dans ! es grandes lignes, sont celles-ci. Nos sources sont les textes latins, les grammairiens anciens et ! es reconstructions. L'etude de l'histoire linguistique du latin doit se faire en deux temps: (1) integration des donnees dans une suite diachronique qui soit linguistiquement plausible («a linguistically plausible diachronic sequence» [27]), (2) projection en arriere de cette suite dans un modele sociolinguistique de Rome. La premiere de ces demarches est en voie de realisation et se reflete dans le present chapitre; Ja seconde reste a entreprendre. Deux ecueils guettent le chercheur: le fait de prendre pour point de depart ou pour etape intermediaire d'une suite diachronique un trait ou une construction qui n'existe pas en dehors des textes latins, et une argumentation d'inspiration structuraliste incitant abusivement a considerer deux structures comme contemporaines l'une de l'autre. 4.3.2.1.3. Je dois rappeler qu'il existe deux ecoles: celle qui considere le protoroman, reconstruit a partir des parlers romans au moyen d'une analyse comparative spatio-temporelle, comme remontant a l'antiquite et y representant une norme parlee du latin, contemporaine des textes; c'est le modele de la simultaneite; l'autre ecole considere ! es parlers romans comme issus des textes latins ! es plus tardifs et les prolongeant, a travers une phase appelee aussi parfois protoroman: c'est le modele de la successivite. A mon avis, le modele de la successivite n'est aujourd'hui plus defendable; l'histoire de Rome et les aspects sociaux de la romanisation, ! es Jois d'evolution phonetique qui entrent dans la formation des parlers romans, la distribution spatiale des traits et ! es points de repere chronologiques qu'offrent ! es inscriptions de l'antiquite montrent assez que les parlers romans plongent leurs racines, quasi independamment de Ja tradition ecrite, jusque dans Je latin parle de l'antiquite; Je modele de Ja simultaneite, qui permet d'en rendre campte, a, il est vrai, peu cours chez les latinistes; mais il reste a la base des recherches de la plupart des romanistes qui se penchent sur l'origine des parlers romans et notamment de ceux qui sont formes a la methode comparative historique. 4.3.2.1.4. Or, N. Vincent, dans son chapitre sur le latin, n'aborde pas cette distinction au niveau theorique (a moins que mais ce n'est pas clair - ! es reconstructions dont il parle ne designent le protoroman du modele de Ja simultaneite), et il ne dit rien de Ja notion de 244 Besprechungen - Comptes rendus <protoroman>, ni de l'analyse spatio-temporelle dont on se sert dans le modele de la simultaneite. Au niveau de la pratique, en revanche, l'auteur se sert des deux modeles. II donne quelques excellentes analyses selon le modele de la simultaneite, telle la description du systeme vocalique (§2), des structures fondees sur les oppositions DE/ AD et DEIQUOD - QUID (68-69) ou de la substitution de FORMosus par BELLUS (74). Mais, a diverses reprises, il recourt explicitement au modele de la successivite. A propos de la declinaison des pronoms du latin classique, presentee en tableaux, l'auteur dit: «The model of Latin declensional structure outlined above is also supported by subsequent diachronic developments in Romance» (43; mis en italique par moi); et plus loin, le paradigme du present de VOLERE est donne sous trois formes, etiquetees respectivement «Classical Latin» (voLo, VIS, VULT, etc.), «Late Latin» (*VOLEO, *VOLES, *VOLET, etc.) et «Italian» (voglio, vuoi, vuole, etc.), avec un commentaire aux termes duquel les formes du paradigme italien «require us to reconstruct an intermediate Late Latin stage» (51; mis en italique par moi), qu'illustre le type *voLEo, etc. Lorsqu'il s'agit de phases tardives du developpement du protoroman, cette maniere de voir donne en effet l'impression que les parlers romans derivent de la langue des textes; mais c'est la une illusion, pire: un piege. 4.3.2.1.5. Comme le latin des textes et le latin parle representent des niveaux de langue differents et des normes divergentes, coexistant pendant toute l'antiquite, mais n'evoluant pas forcement de pair, N. Vincent, avec le modele de la successivite, tombe dans des distorsions chronologiques. En voici deux exemples. Apres avoir exprime l'intention de decrire les transformations structurales que le latin a subies au cours de son passage aux parlers romans, il dit: «unfortunately, this task is not made any easier by the fact that the chronology of the texts, from which a large part of our evidence is of course drawn, does not necessarily reflect what must be presumed, on internal criteria, to be the natural sequence of linguistic developments» (27); a titre d'illustration, il cite le cas de Plaute: «Thus, the evidence of an early but innovative writer like Plautus (254-184 Be) will often tel1 us more about the sorts of direction linguistic evolution must have taken by the fifth century AD than we could learn from a contemporary but conservative writer such as Boethius (AD 480-524)» (27, mis en italique par moi). Dans la perspective de la genese des parlers romans, la seule qui nous concerne ici, l'interet de Plaute n'est pas de donner une idee de l'evolution de la langue vers le y e siede de notre ere, epoque a laquelle il ne se rattache en rien, mais de refleter la langue de son temps, y compris la langue parlee, dont le protoroman precoce est un temoin. A propos de l'origine de l'article defini, l'auteur signale qu'a cöte de ILLE il y a aussi IPSE, au sujet duquel il precise: «IPSE in fact survives as an article only in Sardinian su, sa, Balearic Catalan es, sa, and in a few southern Italian dialects, which remains an unexplained puzzle in view of the fact that IPSE predominates over ILLE in the Late Latin texts» (53; souligne par moi). II n'y a ici de mystere que dans la perspective des textes latins et du modele de la successivite; selon l'autre modele, les aires Oll N. Vincent constate des vestiges de IPSE comptent parmi les plus archai:santes de la Romania; aussi ces vestiges sont-ils, pour le comparatiste, l'indice que IPSE etait un article deja dans le protoroman le plus ancien; et c'est cette interpretation qui est pertinente a la chronologie du protoroman et a la genese des parlers romans. 4.3.2.1.6. Dans la mesure Oll il ecarte le modele de la simultaneite, l'auteur se prive d'une possibilite d'etablir une chronologie relative, voire une chronologie absolue au moins approximative, des structures ou des traits. Deux exemples vont illustrer cela. (1) Les quelques lignes Oll l'auteur enumere les mots pour <demain> (52) prendraient un tout autre relief si, de la distribution spatiale des formes, on avait cherche a tirer leur chronologie, Besprechungen - Comptes rendus 245 qui est (mis apart MANANEA): CRAS, MANE (au plus tard au Ill e siede, acause du roumain), DE-MANE (posterieur au rn e siede). ( 2) N. Vincent constate que, «for reasons that are not entirely clean> (5 8), le passif construit avec ESSERE + participe passe ne «survit pas» dans le roman des Balkans, Oll la construction d'origine est celle avec le pronom reflechi SE. En rapprochant ce fait de ce qui est dit du sarde ( 340-34 1), Oll se presente une situation analogue acelle du roumain, et en constatant que tous les autres parlers romans possedent un passif construit avec un auxiliaire et le participe passe, on est amene aformuler, pour le protoroman, l'hypothese que voici: au debut du protoroman, le passif s'exprime avec le pronom reflechi, et la construction avec le participe passe, posterieure aux periodes de romanisation de la Sardaigne et de la Dacie, est tardive et ne remonte pas au-dela du IV e siede; il est possible qu'a l'epoque Oll le passif est exprime par le pronom reflechi, la construction ESSERE + participe passe, dans les verbes transitifs, existe, mais avec une fonction temporelle ou aspectuelle, comme 011 en trouve encore s;aet la: catalan dialectal No sou vist la process6 'Je n'ai pas vu la procession', roumain a fi cfntat 'avoir chante'. En somme, l'auteur aurait pu s'epargner les propos pessimistes suivants: «lt is much harder [que de tracer des trajectoires diachroniques], and in many cases, impossible to know the relative, let alone the absolute, chronology of the changes» (77). 4.3.2.1.7. 11 y a visiblement, dans ce chapitre, un probleme de la description synchronique du protoroman. L'auteur constate que «in some respects what has been described in this chapter is not a uniform language, but rather a series of diachronic trajectories that point forward to the developments in the individual Romance languages ...» (76-77; mis en italique par moi); dans le modele de la simultaneite, cela est le plus souvent evitable; il est possible en effet de soumettre n'importe quel sous-systeme a une analyse comparative menant au protoroman, pour en degager une suite de structures et, en juxtaposant des structures ainsi obtenues, une suite de synchronies plus etendues, mais uniformes dans l'espace et diachroniquement reliees. Ce probleme se manifeste dans le fait que l'auteur est souvent empeche de parler, en termes clairs et nets, de regles et qu'il se voit reduit, par un louable souci d'honnetete, a des formulations vagues, comme «... certain points recur in all or most languages ...» (54), apropos de la place de l'adjectif epithete, ou bien «A typical Romance NP structure is: (Det) (Adj) N (Adj)» (54). Le modele de la simultaneite l'aurait, ici, tire d'embarras, car les structures successives revelees par l'analyse comparative sont en general exprimables en regles precises; ainsi, pour revenir al'exemple de la place de l'adjectif epithete, il y a, dans Je protoroman precoce, la regle N Adj, qui se realise telle quelle en sarde ancien et parait subsister en sarde moderne (cf. 3 34-3 35); la double position que vise la formule de N. Vincent est plus tardive et d'une portee spatiale limitee. Et voici un cas un peu different. En emettant sur l'opposition langue synthetique/ analytique le jugement suivant: «... the naive view that analytic constructions simply replace the corresponding synthetic ones» (64), l'auteur est une fois de plus trompe par Ja perspective deformante de son modele. L'exploration du protoroman precoce nous fait decouvrir qu'il se produit bel et bien, aux debuts de Ja domination romaine, une extraordinaire reduction morphologique, affectant notamment ! es comparatifs synthetiques, l'opposition comparatif/ superlatif, ! es adjectifs numeraux ordinaux, ! es adverbes de maniere, Ja declinaison et Ja voix passive. 4.3.2.1.8. On peut donc affirmer que bien des structures ont echappe a l'analyse de N. Vincent pour la simple raison qu'elles remontent aux debuts du protoroman et ne sont pas peq;:ues par Je modele de Ja successivite. J'en cite quelques-unes pour memoire, en plus de la regle ci-dessus relative aJa position de l'adjectif: l'ordre de base VSO, valable pour tous les verbes et non pas seulement pour les verbes d'etat et de mouvement (cf. 6 2); l'objet 246 Besprechungen - Comptes rendus direct prepositionnel du type vmET PAULU A PETRu; l'identite formelle de l'adjectif qualifiant non marque, HOMO FORTE, et de l'adverbe de maniere correspondant, CANTAT FORTE, ce qui exclut le passage immediat de l'adverbe classique a l'adverbe roman en -MENTE (qu'on suggere 64). Tout cela fait toucher du doigt une lacune generale du chapitre sur le latin: il n'y est pas suffisamment rendu campte des parlers romans qui se sont isoles töt de la Metropole. Comment diable pourrait-on, en effet, decrire a l'aide de textes latins tardifs un parler roman comme le sarde, dont on admet par ailleurs (315) qu'il represente le latin parle du 1 er siecle avant J.-Chr.? 4.3.2.1.9. Revenons a la partie theorique de ce chapitre. Les deux ecueils que N. Vincent mentionne dans son introduction sont reels, mais plus facilement contournables dans le modele de la simultaneite: une construction qui se trouve en protoroman existe, par definition, en dehors des textes et compte pour la genese des parlers romans; et la contemporaneite de deux structures peut etre le plus souvent confirmee ou infirmee, selon le cas, par la chronologie du protoroman, c'est-a-dire a partir des simples donnees linguistiques romanes; ce n'est que si, d'aventure, la reconstruction livre, pour une synchronie, plusieurs structures synonymes, qu'on peut recourir, avec prudence et toujours par hypothese, a un ajustement sur la base de ce que nous enseigne la linguistique generale. Un mot, enfin, sur la premiere des deux demarches prevues par l'auteur. Dans Je modele de la simultaneite, la suite diachronique que l'auteur veut etablir decoule, cela va sans dire, de l'analyse spatio-temporelle du protoroman. II faut pourtant se mefier de l'epithete, d'ailleurs vague, «linguistiquement plausible», que N. Vincent attache a la notion de «suite chronologique»; l'evolution du protoroman met au jour des suites diachroniques dans lesquelles on trouve des etapes qui, sous ce rapport, paraissent des aberrations et qui pourtant se trouvent a leur juste place dans la chronologie; l'evolution de la declinaison en est une illustration eloquente: un systeme initial tres reduit, probablement acasuel, auquel succede un systeme tricasuel. 4.3.2.1.10. La bibliographie annexee au chapitre sur le latin reflete la lacune methodologique que je signale: manquent en effet trois auteurs de l'apres-guerre a qui l'on doit des syntheses importantes selon le modele de la simultaneite. T.H. Maurer (1959; le seul a proposer une syntaxe, avec, au §78, de precieuses remarques sur l'emploi adverbial de l'adjectif), R.A. Hall, Jr. (1974) et E. Pulgram (1975) 1. 4.3.2.1.11. On a beau dire que le modele de la simultaneite n'est pas une panacee, qu'il ne livre que des hypotheses, qu'il n'a pas toujours ete utilise avec discernement et n'a pas encore ete applique a tout le systeme, il reste, avec ! es textes latins antiques, la seule approche comprehensive apte a raccorder le latin aux parlers romans. Le fait de ne pas avoir tenu campte des acquis de ce modele, ni tente de l'appliquer a des sous-systemes jusqu'ici inexplores, porte prejudice a la valeur scientifique du chapitre; et puis, laisser ce modele de cöte sans une justification explicite, a supposer que cela se justifie, c'est donner au lecteur une idee fächeusement incomplete des possibilites methodologiques actuelles. 4.3.2.2. La realisation de chaque chapitre sur ! es parlers romans a ete laissee, comme on sait, a l'appreciation de leurs auteurs. Le resultat en est inegal: pour ! es sous-systemes dont 1 TH.H. MAURER, Gramatica do latim vulgar, Rio de Janeiro 1959; R.A.HALL, Comparative Romance Grammar, 3 volumes parus, I: New York/ London/ Amsterdam; II: New York/ Oxford/ Amsterdam; III: Amsterdam/ Philadelphia 1974ss; E. PuLGRAM, Latin-Romance Phonology: Prosodics and Metrics, München 1975. Besprechungen - Comptes rendus 247 l'histoire est connue de longue date, comme le systeme vocalique, le raccordement des parlers romans au latin s'opere bien; ailleurs, cependant, il regne sous ce rapport un manque, a mon avis penible, de systematicite. On sait que deux parlers romans, le sarde et le roumain, par leur caractere notoirement archai:que, sont d'un interet taut particulier pour la diachronie; ce fait est correctement releve dans le chapitre sur le sarde (314-315, 348), mais point dans celui sur le roumain. L'emploi adverbial de l'adjectif, que j'ai signale plus haut pour le protoroman ( CANTAT FORTE), laisse un peu partout des traces, sous une forme plus ou moins figee; a ce titre, il figure dans le chapitre sur le franc,:ais (il travaille dur [218-219]); mais, paradoxalement, cet emploi n'est pas signale pour le seul parler roman ou il n'est pas fige, a savoir le roumain. La diachronie est traitee parfois de maniere contradictoire: l'auteur du chapitre sur le roumain, G. Mallinson, attribue (400-401) le <<neutre roumain» a une influence s! ave; il ne donne aucun argument pour s'ecarter ainsi de la these traditionnelle selon laquelle il s'agit du vestige d'une structure protoromane, these reprise du reste par N. Vincent (44). Je veux bien admettre que la contradiction est inherente a toute recherche menee a plusieurs; mais elle n'est interessante pour le lecteur et stimulante pour la recherche que si elle est argumentee. Les lacunes dans la description du latin affectent la description des parlers romans. Par exemple, pour plusieurs parlers (l'espagnol, le catalan et le sarde), les auteurs font etat d'un objet direct introduit par un derive de la preposition AD; on admet actuellement que cette construction remonte au protoroman; mais, comme le chapitre sur le latin n'en souffle mot, elle se trouve, dans ! es chapitres sur ! es parlers romans, en porte-a-faux, a Ja fois sans origine et sans justification synchronique. Signalons enfin une erreur qui s'est glissee dans le chapitre sur le franc,:ais (228). L'auteur, M. Harris, constate que le rapport de possession s'exprime soit par de, soit par a, rivalite qui remonterait a une rivalite comparable du genitif et du datif en latin. A mon avis, il n'y a pas de lien diachronique de cette nature avec le latin: dans le systeme tricasuel, qui remonte au III e siede et qui est a l'origine du systeme franc,:ais, le cas appele «genitif-datif» fonctionne a la fois comme genitif possessif (FILIA REGr) et comme datif d'attribution (scRIBIT REGr); l'introduction de prepositions dans ces constructions se fait en deux etapes: d'abord AD est introduit dans ! es deux fonctions (FrLIA AD REGEM, SCRIBIT AD REGEM), ensuite DE est introduit dans la fonction de genitif possessif (FILIA DE REGEM). De 1a viennent ! es types <rivaux> que M. Harris constate en ancien franc,:ais (la fille al rei, la fille del rei) et qui se refletent sans doute deja dans les textes latins tardifs. 4.3.2.3. Les critiques que m'inspire le traitement diachronique du latin et des parlers romans montrent qu'on ne peut pas utiliser ce volume pour la diachronie comme on le peut pour la synchronie: il n'est, sous ce rapport, pas assez coherent, documente, ni sür. Peutetre est-ce 1a la ranc,:on d'un travail en equipe? 5. En resume, autant j'admire l'introduction sur la linguistique externe et, en ce qui concerne la synchronie, certaines analyses du latin et Ja description des parlers et creoles romans, autant je suis dec,:u par le manque de systematicite et les premisses methodologiques de la description diachronique. 11 me reste a souhaiter qu'une reedition de cet ouvrage soit, pour les editeurs, l'occasion de remedier a ce defaut. R. de Dardel * 248 Besprechungen - Comptes rendus RoGER WRIGHT (ed.), Latin and the Romance Languages in the Early Middle Ages, London (Routledge) 1991, 262 p. R. Wright ist in erster Linie wegen seiner umstrittenen Arbeit Late Latin and Early Romance in Spain and Carolingian France (1982) bekannt; einige Rezensenten sind ganz enthusiastisch, andere äußerst kritisch (cf. die Liste der Rezensenten, RomPhil. 40 [1986-87], 214 N 17, in der allerdings meine eigene kritische - Besprechung in der Vox Romanica 42 [1983], 259ss. fehlt). Beim 9. Internationalen Kongreß für historische Sprachforschung an der Rutgers University, New Brunswick, NJ, hat Wright nun eine Sektion zum Thema <Latin and the Romance Languages in the Early Middle Ages> organisiert. Die Beiträge der Teilnehmer in dieser Sektion sind im anzuzeigenden Bande gesammelt. Wenn Wright eine Konferenz über Latein und romanische Sprachen im Frühmittelalter organisiert, ist zu erwarten, daß seine eigene These, das Protoromanische sei die einzige gesprochene Sprache und Latein nur eine Schriftsprache, im Zentrum der Debatte steht vielleicht auch, daß die meisten der von Wright eingeladenen Teilnehmer dem Sektionsleiter ihren Weihrauch opfern; die epitheta ornantia sind in der Tat zahlreich («the remarkable book by R.W.», Janson p. 22; «Wright's excellent and intelligent book», Herman p. 43; «The book of R.W. that lies at the basis of our <Special sessio11> drives home all this in an original way», Van Uytfanghe p. 114; «it is one of W.'s virtues (quite unfairly criticized by Adams 1989) that . . .», McKitterick p. 135; »R. W.'s quite innovating study has kicked up much scientific dust», Heene p. 146; »I admire W. for the originality and boldness of his stance . .. », Walsh p. 205). Aber es hat auch wirkliche Diskussion gegeben, und einige Teilnehmer haben einiges an W.s Buch kritisiert. So macht Herman darauf aufmerksam, daß sein wichtigstes Beispiel aus Cassiodorus auf Annaeus Cornutus (1. Jh. n.Chr.) zurückgeht (43 N 6); Heene möchte ungern mit W. das Verb transferre in transferre in rusticam Romanam linguam (in den Bestimmungen des Konzils von Tours) durch «transfer from one style to another» übersetzen (154; cf. meine Besprechung VRom. 42 [1983] 262); Walsh vermutet im Gegensatz zu W., daß orthographische Schnitzer im merowingischen und leonesischen Latein phonetische Veränderungen in der gesprochenen Sprache widerspiegeln (210, 217). Der Band enthält die folgenden Beiträge: R. WRIGHT, «Introduction: Latin and Romance, a thousand years of uncertitude»; P. M. LLOYD, «On the names of languages (and other things)»; T.JANSON, «Language change and metalinguistic change: Latin to Romance and other cases»; J. HERMAN, «Spaken and written Latin in the last centuries of the Roman Empire»; A. VARVARO, «Latin and Romance: fragmentation or restructuring? »; T. D. CRAVENS, «Phonology, phonetics, and orthography in Late Latin and Romance: the evidence for early intervocalic sonorization»; H. PrNKSTER, «Evidence for SVO in Latin? »; J. N. GREEN, «The collapse and replacement of verbal inflection in Late Latin/ Early Romance: how would one know? »; R. WRIGHT, «The conceptual distinction between Latin and Romance; invention or evolution? »; M. VAN ÜYTFANGHE, «The consciousness of a linguistic dichotomy (Latin-Romance) in Carolingian Gaul»; R. McKITTE- RICK, «Latin and Romance: an historian's perspective»; K. HEENE, «Audire, legere, vulgo: an attempt to define public use and comprehensibility of Carolingian hagiography»; M. BANNIARD, «Rhabanus Maurus and the vemacular languages»; B. STENGAARD, «The combination of glosses in the C6dice Emilianense 60 ( Glosas Emilianenses)»; C. PENSADO, «How was Leonese Vulgar Latin read? »; T.J. WALSH, «Spelling lapses in Early Medieval Latin documents and the reconstruction of primitive Romance phonology»; R. BLAKE, «Syntactic aspects of Latinate texts of the Early Middle Ages»; A. EMILIANO, «Latin or Romance? Graphemic variation and scripto-linguistic change in medieval Spain»; M. DA- NESI, «Latin vs. Romance in the Middle Ages: Dante's De vulgari eloquentia revisited». Besprechungen - Comptes rendus 249 Im folgenden will ich einige Punkte herausgreifen und kritisch kommentieren: - P. 5 Wright: «But to historical linguists it is seif-evident that imperial Latin only has direct spoken continuity with medieval Romance, post-classical written Latin being a separate entity of problematic origin and unclear relationship with either of the others » ; für die meisten Forscher sind die Beziehungen gar nicht so unklar wie für W., cf. auch den Beitrag von Walsh und meine oben erwähnte Besprechung. - P. 32s. Herman: Zu den Zitaten aus Augustin und Hieronymus, cf. B. LöFSTEDT, «Augustin als Zeuge der lateinischen Umgangssprache » , in: Flexion und Wortbildung. Akten der V. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft 1975, p. 192ss. und LAMMERT, «Die Angaben des Kirchenvaters Hieronymus über vulgäres Latein», Philologus 75 (1918), 395ss. - P. 46 Varvaro: Zur Diskussion über das Verschwinden von -s cf. B. LöFSTEDT, Studien über die Sprache der langobardischen Gesetze (1961), p. 128ss. - P. 53 Cravens: «the once fairly common assumption that the spelling of Late Latin texts represents something in the realm of direct transcription of speech » . Wer hat jemals so etwas behauptet? Daß (vereinzelte) fehlerhafte Schreibungen von Veränderungen in der Aussprache zeugen, ist etwas ganz anderes. - P. 58 Cravens: «Complete lack of mis-spelling cannot stand as secure evidence that no change has developed. As Wright and others have already pointed out more than once, correct spelling may just as weil mean that the scribe or stonecutter knew how to spell and/ or copy. » Das ist eine Binsenweisheit. Warum sie wiederholen? - P. 83ss. Green: Man vermißt in dieser Darstellung einen Hinweis auf den Verlust des synthetischen Passivs sowie eine Diskussion der Konkurrenz zwischen den Typen amor : amatus sum, amabar: amatus eram usw. im Vulgärlatein (cf. z. B. V. VÄÄNÄNEN, lntroduction au latin vulgaire, Paris 1981, p. 129s.). - P. 144 McKitterick: Esa Itkonens Arbeiten zum merowingischen Latein sind mit Vorsicht zu benutzen, cf. B. LöFSTEDT, Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 29/ 1 (1983), 476s. B. Löfstedt * HANS GEISLER, Akzent und Lautwandel in der Romania, Tübingen (Narr) 1992, VII+ 217 p. (Romanica Monacensia 38) Die vorliegende, dem Lautwandel in der Romania gewidmete Untersuchung 1st eine Münchener Habilitationsschrift, die unter Helmut Stimm und Wolf-Dieter Stempel entstanden ist und 1988 von der Philosophischen Fakultät angenommen wurde. Für die Publikation hat der Verfasser seinen Text ganz rabiat gekürzt, was ihm nicht immer gut bekommen ist: Er liest sich oft mühsam und holprig, es fehlen Überleitungen und Definitionen, und v. a. bleibt manches trotz großer Materialdichte doch recht fragmentarisch. Gleichwohl handelt es sich um eine wichtige Arbeit, die unser Interesse verdient 1 . Ziel von Geisler ist es, eine Reihe von Lautentwicklungen gewissermaßen unter einem einheitlichen Dach zu vereinen, d. h. sie auf eine gemeinsame Ursache zurückzuführen. Diese glaubt er in der Akzentdruckerhöhung (Akzentverstärkung) beim Übergang vom Latein zu den romanischen Sprachen gefunden zu haben, die sich in der verschiedenartig- 1 Der Band ist drucktechnisch sehr gepflegt und ansprechend hier war endlich wieder einmal jemand am Werk, der noch weiß, was ein anständiges Layout ist! Druckfehler sind äußerst selten; dagegen zeugen drei Stellen von einer mangelnden Kontrolle des letzten Korrekturdurchgangs: p. 47 sind die vier Buchstaben eines Wortbruchstücks ([ca]lida) über eine ganze Zeile gespreizt; p. 70 und 132 sind bei Sonderzeichen mehrere Buchstaben übereinander gedruckt. 250 Besprechungen - Comptes rendus sten Weise sowohl direkt als auch indirekt im Rahmen der Silben- und Wortprosodie ausgewirkt und eine Fülle von Lautveränderungen zur Folge gehabt hätte. - Für diese Grundhypothese versucht nun Verf. zuerst eine theoretische Basis zu entwickeln (3ss.), vor deren Hintergrund in der Folge dann vier ausgewählte Phänomene in mehr oder weniger ausgedehnten Bereichen der Romania untersucht werden: die Synkopierung (44ss.), die Entwicklung von A[ (90ss.), die beide dem Bereich der direkten Auswirkungen der Akzentdruckverstärkung zuzurechnen wären, sowie die Palatalisierung von K (123ss.) und die Behandlung von intervokalischem K (141ss.), Phänomene, die nach Geisler als Sekundäreffekte zu gelten haben. Auf eine kurze Schlußbetrachtung (150-53) folgt dann eine umfangreiche Bibliographie (154-75) 2 , ein Wortindex (176-84) sowie ein eindrücklicher Kartenteil, der der Illustration der untersuchten Phänomene in der Romania dient. Seinen Ansatz gründet Geisler auf ein produktionsorientiertes Silbenmodell, wobei die Silbe als eine Funktionseinheit aufgefaßt wird, die sich aus der Polarität von Sonoritätsmaximum und konsonantischer Obstruktion ergibt. Dies ist soweit richtig, doch stellt sich natürlich die Frage, was denn eigentlich die Funktion der Silbe ist. Verf. bleibt uns hierauf die Antwort schuldig, ja er muß sie eigentlich schuldig bleiben, denn eine linguistische Funktion der Silbe hat bis jetzt noch niemand nachweisen können nicht umsonst spielt die Silbe in der strukturellen und funktionellen Linguistik keine Rolle. Sie dürfte vielmehr eine substanzbedingte Größe der Lautproduktion sein, und wenn dem so ist, dann muß der Terminus Funktion eigentlich als unangemessen gelten 3 • Da die Substanzebene im Blickfeld steht, ist es auch nur konsequent, wenn Geisler darauf insistiert, daß Lautveränderungen keinen diskreten Charakter hätten, sondern vielmehr als kontinuierlich, d. h. skalar zu gelten haben. Die als Auslöser der Lautveränderungen angesehene Akzentdruckzunahme hätte nun direkte Folgen auf den Sonoritätsbereich (den man etwas verkürzt mit demjenigen der Vokale gleichsetzen kann); die sich daraus ergebenden Verschiebungen bezüglich der Druckverteilung innerhalb der Silbe würden nun sekundäre Veränderungen im Obstruktionsbereich (Silbenan- und auslaut) auslösen, und zwar deshalb, weil die Sprache als selbstregulierendes synergetisches System zu gelten habe (3). Es gäbe sowohl sprecherbezogene Optimierungen (Minimierungen) des Produktionsaufwandes als auch hörerbezogene Optimierungen (Reduzierungen) des Rezeptionsaufwandes. Auch diese Ausführungen sind nicht ganz unproblematisch. Der Begriff der Selbstregulierung (autoreglage) gehört in den Bereich der strukturalistischen Grundaxiome 4 und kann deshalb nicht ohne weiteres auf den Substanzbereich übertragen werden. Geislers Konzeption läßt sich eigentlich nur retten, wenn man davon ausgeht, daß er so etwas wie eine Energiekonstante für die Silbe oder die Akzenteinheit (oder beides) annimmt wenn er dies auch nirgends in dieser Form sagt; zumindest muß man nach seinen Ausführungen aber davon ausgehen, daß es eine Art physiologisch bedingte Begrenzung des Energieaufwands gibt, die zur Folge hat, daß Verstärkungen in gewissen Mikrosegmenten durch Schwächungen in andern (korrelierten) Mikrosegmenten kompensiert werden, wobei diese Kompensa- 2 Es mutet allerdings recht eigenartig an, daß in der Bibliographie Arbeiten aus dem Bereich der Experimentalphonetik und der Intonologie weitgehend fehlen; obwohl Geislers Zielsetzung nicht in diesem Bereich liegt, hätten die Erkenntnisse in diesem Bereich für ihn doch große Bedeutung gehabt und ihn an zahlreichen Stellen sicher vorsichtiger formulieren lassen. 3 Das Gleiche gilt auch für die Termini prosodisch/ Prosodie, die für die von Geisler untersuchten Gegebenheiten wenig glücklich sind. Es geht hier nicht um suprasegmentale, den segmentalen überlagerte Einheiten, sondern vielmehr um die Interrelation zwischen eine Sequenz bildenden Phonemen bzw. Phonemrealisierungen (Substanzebene), oder mit anderen Worten: um die Syntax dieser Einheit. 4 Cf. hierzu P. WuNDERLI, «Glanz und Elend des Poststrukturalismus», RZLG 1992 [erscheint demnächst]. Besprechungen - Comptes rendus 251 tionsphänomene offensichtlich über die Silbengrenze hinausgehen können. Aufgrund dieser Gegebenheiten kommt Verf. dann zum Schluß, daß die ständige Ausbalancierung als allgemeines Motiv für Sprachwandel zu gelten habe (3) 5 • Wie Geisler selbst erklärt, ist der Ausgangspunkt für seinen Ansatz in den (für den morphosyntaktischen Bereich gültigen) Linearisierungsuniversalien von Greenberg (1963) zu suchen, die er gewissermaßen auf den lautlichen Bereich zu übertragen versucht. Für einen Zusammenhang zwischen morphosyntaktischen und prosodischen Phänomenen kann er sich auf Vorläufer wie Elise Richter (1911, 1919), Ch. Bally (1932), L. Deszö (1977, 1982), Th. Vennemann (1974) usw. berufen 6 . Grundthese ist die Annahme, daß der Übergang vom Lateinischen zum Romanischen durch die folgenden voneinander nicht unabhängigen Veränderungen gekennzeichnet sei: Wechsel von einer OVzu einer VO- Struktur; Übergang von einer fallenden zu einer steigenden Intonation; Ersatz des melodischen durch einen expiratorischen Akzent 7. Diese Phänomene würden den Rahmen liefern für den durch prosodische Faktoren im Rahmen der Silbe bedingten Lautwandel. Da dieser Lautwandel primär im Bereich der Substanz (Phonetik) ablaufe, sei eine spätere Phonologisierung der Ergebnisse keineswegs zwingend, da phonetischer und phonologischer Bereich ja nur bedingt voneinander abhängig sind (7s.). Im folgenden wird dann die phonetische Basis des Ansatzes weiter präzisiert. Geisler weist zu Recht darauf hin, daß im artikulatorischen Bereich bis jetzt nur der subglottale Druck einigermaßen verläßlich gemessen werden kann (9), wobei die Korrelation dieser Werte zu den akustischen und auditiven Parametern aber weitgehend ungeklärt ist 8 weshalb er sich bei seinen Ausführungen ganz auf die artikulatorische Größe beschränken will. Anschließend werden dann Phänomene wie der Kontinuum-Charakter des Lautstroms und die Koartikulation im Hinblick auf ihre Relevanz für die Arbeit diskutiert (10s.); Probleme sieht Verf. v. a. in der Ermittlung von eindeutig begrenzbaren Segmenten im Lautstrom, doch bleiben diese für ihn wegen der ausschließlich in schriftlicher Form zur Verfügung stehenden Quellen trotzdem unverzichtbar 9 • - Des weiteren geht Geisler dann auf die prosodischen Einheiten ein. Die Akzenteinheit wird etwas arg vereinfacht mit dem Wort gleichgesetzt (12); für die Silbe wird weiter ausgeholt: Verf. übernimmt im wesentlichen das sog. Trichtermodell, das auf Sonoritätsmaxima und -minima basiert, bei dem sich aber große Probleme mit der Abgrenzung der Silben ergeben (12ss.). Geisler macht zu Recht deutlich, daß die Silbenmuster weder konstanten noch universalistischen Charakter haben sie sind vielmehr einzelsprachlicher Natur und dem historischen Wan- 5 Dies ist etwas arg pauschal und müßte zumindest auf den Lautwandel eingeschränkt werden. Andere Sprachwandeltheorien (Keller, Labov, Meillet, Coseriu, Schuchardt), die durchaus auch für den Bereich des Lautwandels relvant sind, kommen nirgends zur Sprache. 6 Für die genauen bibliographischen Angaben cf. die Bibliographie bei Geisler. 7 Zur Problematik dieser Annahmen cf. auch unten. 8 Die Korrelationen zwischen artikulatorischem, akustischem und auditivem Bereich sind sicher noch nicht erschöpfend erforscht, aber so schlecht sind unsere Kenntnisse hierüber auch wieder nicht, wie Geisler behauptet hier macht sich seine bereits erwähnte Vernachlässigung der experimentalphonetischen Literatur bemerkbar. Auf jeden Fall wissen wir mit Sicherheit, daß es zwischen diesen drei Bereichen keine direkten Abhängigkeiten gibt und daß die verschiedenen für sie jeweils charakteristischen Parameter sich in hohem Maße kompensatorisch vertreten können. Cf. hierfür u. a. P. WuNDERLI, Französische lntonationsforschung, Tübingen 1978, passim; rn., «Intonationsforschung und Prosodie», in: LRL 5/ 1 (1990), p. 34-46. 9 Die Problematik besteht allerdings nur, wenn man ausschließlich die Substanzebene in Betracht zieht. Wie schon Saussure erkannt hat, sind Segmentierungen aber nur möglich, wenn man Substanz und Form dialektisch zu einander in Bezug setzt. Cf. CLG 154ss.; auch WuN- DERLI, Saussure-Studien, Tübingen 1981, p. 116-20. 252 Besprechungen - Comptes rendus de! unterworfen (21ss.) 10 • Als wortprosodische Funktion wird der Akzent ermittelt (19ss.) 11 , dessen artikulatorisches Korrelat der (über den subglottalen Druck meßbare) «Akzentdruck» wäre. Bei der silbenprosodischen Funktion dagegen tut sich Geisler schwer. Er sieht sie in der Sonorität und der Obstruktion aber dies sind mit Sicherheit keine sprachlichen Funktionen! 12 Großes Gewicht wird dann auf die Hierarchisierung der «prosodischen Funktionseinheiten» gelegt (24ss.) 1 3. Die «genetische Stärke» 1 4 wird auf die Sonorität (Schallfülle) bzw. den Öffnungsgrad zurückgeführt. Die Diskussion der Ansätze von Grammont, Lausberg, Vennemann, Hooper und Vogel führt Geisler zu dem berechtigten Schluß, daß sie alle irgendwie unbefriedigend sind. Er entwickelt deshalb ein eigenes Hierarchisierungssystem, in dem Sonoritäts- und Obstruktionsskala nicht ineinander übergehen, sondern vielmehr getrennt bleiben, und zwar aufgrund der Tatsache, daß ein Übergang zwischen vokalischem und konsonantischem Bereich zwar nicht immer ausgeschlossen, keinesfalls aber unbedingt gegeben ist. Dieses als (durchaus brauchbare) Arbeitshypothese deklarierte Schema präsentiert sich dann folgendermaßen (30): ÜBSTRUKTION SONORITÄT [+ l [-] [±] 1 p b fv m j ? E e a 1 t d s z n r q g y re 12) B a t k g JJ w u ::, 0 D t [-] [+l Der zweite zu berücksichtigende Parameter ist die positionsbedingte Stärke (von Konsonanten; 31s.). Die Position kann die «genetische» Stärke bzw. Schwäche je nachdem entweder akzentuieren oder auch (z. T.) aufheben. Am stärksten erweist sich die silbeninitiale Position, am schwächsten die silbenfinale; dazwischen liegt die silbenzentrale Stellung, die jedoch nur von Sonanten (d. h. Konsonanten in vokalischer Funktion) eingenommen werden kann. - Der dritte Parameter ist die umgebungsbedingte Stärke (32ss.). Auch hier entwickelt Geisler für Vokale und Konsonanten zwei von einander unabhängige Skalen. Vokale: Sonorität (+) 1 offene Silbe (C)y. 2 offene Silbe im Auslaut (C)Y# (-) 3 geschlossene Silbe (C)YC 10 Weshalb in dieser Diskussion nirgends auf die Silbentheorie Saussures (CLG 77ss.) eingegangen wird, ist schwerverständlich, denn sie enthält eigentlich schon die ganze Problematik, die sich Geisler mühsam in Auseinandersetzung mit neuerer Literatur erarbeiten muß. 11 Dies ist etwas zu pauschal formuliert, wie die Situation des Modernfranzösischen zeigt: Da der Akzent nicht mehr an das «Wort» gebunden ist, sondernvielmehr an das mot phonique, kann das «Wort» (im Sinne einer lexikalischen Einheit) höchstens noch als potentieller Akzentträger gelten. 12 Cf. oben, p. 250. Auch beim Akzent erweist sich Geislers Funktionsbegriff als problematisch, denn der Akzent selbst ist keine Funktion, sondernvielmehr ein (ausdrucksseitiges) Phänomen. Seine Funktion istvielmehr die p. 19 erwähnte mise en relief. 13 Gemeint sind damit letztlich die Phoneme bzw. Laute. 14 Auch dies ein wenig glücklicher Ausdruck! Besprechungen - Comptes rendus 253 Konsonanten: Obstruktion ( +) 1 koartikuliert im Anlaut #�V 2 koartikuliert nach Konsonant vc.cv 3 koartikuliert nach Vokal v.cv 4 ambisyllabisch vcv 5 tautosyllabisch im Auslaut VC# 6 tautosyllabisch vor Konsonant vc.c 7 koartikuliert zwischen Konsonant V.CCV und Silbengipfel (-) 8 tautosyllabisch zwischen Silbenvcc.c gipfel und Konsonant Alle diese Hierarchien werden im wesentlichen aus den Daten der historischen Lautlehre erschlossen und beruhen auf der Annahme, daß schwache Positionen in höherem Maße veränderungsanfällig sind, während starke Positionen sich als in höherem Grade stabil erweisen. Dieser Ansatz ist sicher plausibel; dies verhindert allerdings nicht, daß die Gewinnung der Hierarchien im ersten Kapitel und ihr explikativer Einsatz in den folgenden Kapiteln letztlich zu einem circulus vitiosus führt: Erklärendes und Erklärtes sind im wesentlichen identisch, wodurch eigentlich nur die Identität der beiden Datenmengen festgestellt wird. Auch die Hierarchie der akzentbedingten Stärke (34ss.) wird wieder aus den historischen Gegebenheiten rekonstruiert und ist deshalb in gleichem Maße problematisch. Für ein sechssilbiges Wort wie vicissitudine präsentiert sie sich nach Geisler wie folgt (36): Akzentdruckabstufungen Ss di Neu sind diese Ergebnisse alle nicht im geringsten; sie stellen vielmehr das Kernstück jeder traditionellen historischen Lautlehre dar. Neu ist allerhöchstens, daß Geisler eine Interaktion der verschiedenen Parameter annimmt und aus ihrer kumulativen oder kompensatorischen Überlagerung eine Gesamtstärke ableitet, deren exakte Ermittlung allerdings noch allzu viele Fragen offen läßt. 254 Besprechungen - Comptes rendus Dieser Parameterkomplex würde nun den historischen Prozessen zugrunde liegen bzw. sie im Einzelfall erklären, wobei wie bereits erwähnt zwischen Primär- und Sekundärprozessen unterschieden wird (38ss.). Bei den Primärprozessen haben wir es mit direkten akzentdruckbedingten Stärkungen bzw. Schwächungen des Sonoritätsbereichs (Silbenkern, d. h. im wesentlichen der Vokale) zu tun: Die Erhöhung des subglottalen Druckes führt in erster Linie einmal zu einer Akzentdruckzunahme in den haupttonigen Silben, was sich im akustischen (und auditiven) Bereich in einer Erhöhung von Länge, Intensität und Tonhöhe niederschlägt und unter bestimmten Bedingungen zu einer Diphthongierung führt. Im Rahmen des erwähnten Kompensationsmechanismus würde in den unbetonten Silben die Verringerung des subglottalen Druckes zu einer Schwächung der Sonorität führen; die (in den einzelnen romanischen Sprachen unterschiedlichen) Folgen wären Phänomene wie Vokalschließung, Vokalkürzung (bis hin zum Ausfall), usw. Einzig die Nebentonsilben (Anlautsilben) wären von diesem Kräftespiel so gut wie nicht betroffen. - Bei den Sekundärprozessen haben wir es mit Veränderungen des Silbengrenzbereichs (Silbenanlaut/ -auslaut) als Folge der Veränderungen im Kernbereich (primäre Veränderungen) zu tun. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Modifikationen der Obstruenten: Eine Stärkung findet sich in sog. starker Position (d. h. bei koartikulierten, silbeninitialen Konsonanten), um den erhöhten Akzentdruck im Sonoritätsbereich zu kompensieren; eine Schwächung ist dagegen für die silbenfinalen Konsonanten üblich, da der Akzentdruck nach einer Akzentverstärkung gegen das Silbenende hin abzufallen pflegt. - Diese Ausgleichsphänomene würden nun über die Silbengrenzen hinaus auf die ganze Akzenteinheit ausgedehnt im Bestreben, wieder eine einheitliche Druckverteilung zu schaffen 15. Die Stärkung der koartikulierten silbeninitialen Konsonanten würde sich so in ihrer Erhaltung oder gar Palatalisierung niederschlagen; Zeugen der Schwächung aller anderen Konsonanten wären dagegen Frikativierung, Spirantisierung, Schwund und Depalatalisierung. Vor diesem theoretischen Hintergrund sind nun die anschließenden (exemplarischen) Materialkapitel zu sehen, die sich in erster Linie auf Quellen wie FEW, ALF (und andere Sprachatlanten bzw. Regionalatlanten), Pope, Rheinfelder, Rohlfs (ItGr.), Meyer-Lübke (RG I) usw. stützen 16 . Für alle diese Kapitel gilt auch, daß sie im einzelnen keine neuen Fakten liefern: Alles ist im wesentlichen aus den guten historischen Lautlehren bekannt; neu ist nur die Einbettung in einen umfassenderen Zusammenhang bzw. die Rückführung eines ganzen Büschels von Phänomenen auf den Auslöser «Akzentdruckerhöhung». - Der Materialteil beginnt mit der Darstellung der Synkopierung unbetonter Vokale (44ss.), die mit einem knappen Forschungsbericht eröffnet wird. Eine Skizze der Synkopebedingungen führt zum Schluß, daß die Synkopeneigung v. a. von einer großen positiven Stärkedifferenz der potentiell in Kontakt tretenden Konsonanten gefördert wird. Oder mit Geislers Worten: Die Synkope tritt zunächst nur unter der günstigsten Bedingung bei positiver Stärkedifferenz zwischen Silbenauslaut und Silbenanlaut ein, bei der die Syllabierung aufrechterhalten werden kann. Mit Anwachsen der Stärke des Silbenauslauts sind graduelle Übergänge zur Ambisyllabierung festzustellen. Bei Vorliegen einer negativen Stärkedifferenz erfolgt nur bei starker Akzentdruckzunahme Synkopierung, da der Silbenkontakt ambisyllabiert werden muß. Die schlechter werdenden Silbenkontakte lösen Nachfolgeprozesse aus, die zur Optimierung des Silbenkontakts nötig sind. Diese Prozesse treten nicht mehr ein, wenn die negative Stärkedifferenz so groß wird, daß Resyllabierung möglich ist und die Bedingung für die Synkope ähnlich günstig wird wie bei großer positiver Stärkedifferenz. (48) 15 Näher begründet oder gerechtfertigt wird dieses Postulat allerdings nirgends; es wird wohl als selbstrechtfertigend-plausibel angesehen. 16 Eigene Materialsammlungen gibt es nicht, was aber angesichts der guten Dokumentationslage sicher kein Defizit darstellt. Besprechungen - Comptes rendus 255 Von der Neigung zur Synkope her gesehen ermittelt Verf. die folgende Hierarchie der Konsonantenkonstellationen als Rahmen eines potentiell synkopierbaren Vokals (49): Diff. Silbenkontakt Silbenstrukturänderung 3 LIQ-PLOS keine 2 LIQ-FRIC NAS-PLOS keine 1 LIQ-NAS NAS-FRIC FRIC-PLOS keine 0 LIQ-LIQ NAS-NAS FRIC-FRIC PLOS-PLOS keine/ Ambisyllabierung -1 NAS-LIQ FRIC-NAS PLOS-FRIC Ambisyllabierung -2 FRIC-LIQ PLOS-NAS Ambisyllabierung -3 PLOS-LIQ Resyllabierung Daran schließt eine ausgedehnte Diskussion der einzelnen Konstellationen und ihrer Behandlung in der Romania an, wobei auch weitere Faktoren wie Gleichheit/ Verschiedenheit des Artikulationsortes usw. mitberücksichtigt werden; besondere Aufmerksamkeit wird der Konstellation K vok . bzw. der Natur des auf Kfolgenden Vokals gewidmet, sowie dem Verhalten des Synkopevokals A (77ss.). Das Kapitel schließt mit der Feststellung: Die beschriebenen Prozesse haben alle eine Optimierung des Silbenkontakts, d. h. eine Verbesserung des Stärkeverhältnisses im Silbenkontakt zum Ziel und sind damit funktional zu begründen. Veränderungen in der genetischen Stärke wurden bisher in dieser Hinsicht wenig beachtet und sind für die Romania noch nicht systematisch untersucht. Die Anpassung der genetischen Stärke bei Konsonantenkontakten und vor allem das Auftreten «unorganischer» Konsonanten wurden nicht als prosodisch bedingte Prozesse erkannt, weshalb die Belege analogisch erklärt oder anderen Etyma zugeordnet werden mußten. (89) Kapitel 3 ist dann der Entwicklung von A[ gewidmet (90ss.). Auch hier leitet ein kurzer Forschungsbericht die Erörterungen ein. Geisler vertritt die Auffassung, die Entwicklung A[---+ e habe als Diphthongierung zu gelten 17, die durch die Akzentdruckzunahme ausgelöst wurde allerdings wegen der großen «genetischen» Stärke von A und der sich daraus ergebenden Resistenzfähigkeit erst relativ spät. Nacheinander werden die Verhältnisse unter dem Hauptton (93ss.) sowie in neben- und nachtoniger Silbe (96ss.) diskutiert sowie die möglichen Einflüsse der phonologischen Umgebung und anderer Faktoren erörtert (97ss.). Mit dem 4. Kapitel, das der Palatalisierung von K gewidmet ist (123ss.), kommen wir zur Behandlung von Sekundärprozessen im Obstruktionsbereich. Auch wird die Diskussion mit einem Forschungsbericht eröffnet, der von Morf 1911 bis zu Coseriu 1974 und Straka 1979 führt und zum Schluß gelangt, daß es sich bei der Palatalisierung nicht nur um eine Anpassung an die palatale Umgebung handeln kann diese ist zwar eine notwendige, keineswegs aber eine ausreichende Bedingung, denn Palatalisierungen finden sich nur bei koartikuliertem (d. h. starkem) Kund überdies nur in Phasen der Silbenanlautstärkung (124s.). Weiter werden die unterschiedlichen Palatalisierungsgrade erörtert (126), die in der Romania in ganz unterschiedlichen Konstellationen auftreten; daß das Palatalisierungsphänomen im französischen Sprachraum am stärksten vertreten ist, überrascht wohl niemanden. Die Diskussion des Einflusses der vokalischen Umgebung führt dann zu folgender Hierarchie (129): 17 Auch das ist nicht neu, meiner Meinung nach aber unabweisbar. 256 Besprechungen - Comptes rendus Letztlich kann man in der Romania vier Palatalisierungskonstellationen ermitteln: 1. K e / i entwickelt sich zu einer alveolar-präpalatalen Affrikate [tf], während K 3 erhalten bleibt: Rumänien, Mittel- und Süditalien, Teile der Lombardei, Pikardie und Normandie. 2. K e / i wird zu einer postdentalen Affrikate [ts] (u. U. auch zu [s]), während K 3 erhalten bleibt: Westromania, Okzitanisch, z. T. auch Norditalien.. 3. K e / i wird zu einer alveolar-präpalatalen Affrikate [tf], während sich K 3 zu einem mediopalatalen Quetschlaut entwickelt: rätoromanischer Raum, Friaul und gewisse galloitalienische Dialekte. 4. K e / i entwickelt sich zu [ts], K 3 dagegen zu [tf]. Dieser Typ kommt nur im Französischen (bzw. Altfranzösischen), im Frankoprovenzalischen und in gewissen galloitalienischen Dialekten vor. Im Anschluß an diesen typologischen Überblick werden dann exemplarisch noch der galloromanische, der rätoromanische und der galloitalienische Raum durchdiskutiert. Das letzte Materialkapitel schließlich befaßt sich mit der Behandlung von intervokalischem K im Altfranzösischen (141ss.) auch dies eine exemplarische Darstellung, überdies mit starker räumlicher und zeitlicher Begrenzung. Nach Geisler muß das intervokalische K im Lat. als koartikuliert gelten und ist deshalb geschützt. Erst aufgrund der im Anschluß an die Akzentdruckverstärkung stattfindenden Ausgleichsphänomene wird es zu einem späteren Zeitpunkt ambisyllabiert, und zwar zuerst in der Haupttonsilbe; von hier aus hätte sich die Erscheinung dann auf die andern Silbentypen ausgedehnt. Da der Plosiv aufgrund seiner «genetischen» Stärke aber für eine Ambisyllabierung wenig geeignet ist, sind «Optimierungen» in der Form eines Abbaus des Plosivstatus notwendig, d. h. Sonorisierungen, Frikativierungen usw. 18. Die Ausgestaltung der Modifikationen ist in hohem Maße von der Stellung zum Akzent und von der vokalischen Umgebung abhängig, wie aus der anschließenden Detailbehandlung der verschiedenen Typen deutlich wird. Auch hier kommt es zu keinen neuen Erkenntnissen: Es wird nur längst Bekanntes reformuliert. * Geislers Versuch leistet sicher eine interessante Integration von bisher isoliert betrachteten Phänomenen und wirkt so einer seit der Zeit der Junggrammatiker verbreiteten Atomisierung von Fakten und Phänomenen entgegen. Viele seiner Überlegungen sind auch durchaus einleuchtend, wenn sie auch oft weitgehend hypothetischen Charakter haben oder auf einer zirkulären Argumentationsstruktur beruhen. Allerdings ist es keineswegs so, daß sich im Rahmen von Geislers Ansatz der gesamte Lautwandel erklären ließe aber dies hat er auch selbst nie behauptet. Auffälliger ist, daß selbst in Bereichen, die er für seinen Ansatz in Anspruch nimmt, das Erklärungsmuster keineswegs immer greift. So muß er z. B. bei der Diphthongierung von A[ selbst darauf hinweisen, daß es auch andere Erklärungsmöglichkeiten wie die Einwirkung von Palatalen, Umlauten usw. gebe (42). Bei der Affrikatenbildung bleibt die doch entscheidende Frage offen, ob es sich nun um einen Verstärkungs- oder Abschwächungseffekt handele (42). Die Tatsache, daß in der Umgebung Nas.-Nas. die Synkope im Spanischen weiter geht als im Portugiesischen und Katalanisch/ Okzitanischen, verleitet Geisler zu einer schwer nachvollziehbaren Hypothese über eine genetische Stärkeveränderung von n und m vor der Synkopierung, damit das allgemeine Bild einer von Nordfrankreich ausstrahlenden und sich gegen die Peripherie der Romania immer mehr abschwächenden Entwicklung nicht gestört wird (69). Und bei den verwirrenden Ergebnissen für A[ mit Liquidobstruktion (SALEM---+ sei, TALEM -, tal/ tel, VALET---+ valt usw.) fällt ihm nichts anderes mehr ein, als unterschiedliche Entwicklungen in verschiedenen Dialekten anzunehmen, die dann in einem größeren Raum ausgeglichen worden 18 Die Frage scheint allerdings berechtigt zu sein, ob hier nicht das Pferd am Schwanz aufgezäumt wird. Der stark teleologische Charakter von Geislers Ansatz läßt ihm aber wohl keine andere Wahl, als die Ambisyllabierung an die erste Stelle der Anpassungsphänomene zu setzen. Besprechungen - Comptes rendus 257 wären (104s.). Wie wäre es mit der viel traditionelleren Sicht, daß man bei tal! tel, al!el, mal/ mel mit einer neben- und einer haupttonigen Entwicklung rechnen muß, wobei zu einem späteren Zeitpunkt die Funktionsdifferenzierung aufgegeben wird, und daß -m eben viel früher verstummt als -t und so grundlegend andere Bedingungen für die Entwicklung im vokalischen Bereich entstehen? Und schließlich wäre auch noch darauf hinzuweisen, daß bei der Diphthongierung A[---+ ae (---+ e) für die Schließung des zweiten Vokalsegments eine Abschwächung der Artikulation gegen Ende der Dehnung hin angenommen werden muß; da wüßte man natürlich gerne, wie Geisler Diphthongierungen vom Typus offenes E[---+ ie und offenes 6[-- -+ uo erklärt. Detailkritik ähnlicher Art könnte noch in zahlreichen anderen Punkten vorgetragen werden. Schwerwiegender scheint mir jedoch die Tatsache, daß die Erklärung des Lautwandels durch Erhöhung des Akzentdruckes und damit verbundene Optimierungsverfahren so lange letztlich nichts erklärt, als Geisler uns die Antwort schuldig bleibt, warum es denn zu einer Akzentdrukkerhöhung kommt wir haben letztlich nur eine post festum-Beschreibung. Sollte Geisler hier an eine Einwirkung des germanischen Superstrats (das ja in der Romania ganz unterschiedlicher Natur ist) denken? Er sagt es nirgends, und doch legen die Ausführungen dies oft nahe, zumal er die Sonderstellung des normannisch-pikardischen Raumes bezüglich der Palatalisierung und der Entwicklung von A[ auf eine späte Schwächung der ursprünglichen Gegebenheiten durch den Einfluß der Normannen zurückführt. Gerechterweise muß man allerdings zugestehen, daß die Schwächen von Geislers Ansatz im Kernbereich der Arbeit nie größer sind als die konkurrierender Erklärungsversuche. Viel problematischer sind dagegen gewisse Aussagen, die eher den «Randbereich» betreffen und wo Geisler in verhängnisvoller Weise dazu neigt, traditionelle Klischees ohne weitere Hinterfragung zu übernehmen. So wird z. B. behauptet, der Übergang vom Lateinischen zum Romanischen falle mit einem Überg'ang von der OVzu einer VO-Struktur zusammen (4). Nur: daß das Lateinische eine OV-Sprache gewesen sei, ist mehr als fragwürdig. Selbst für die klassische Literatursprache kann allerhöchstens von einer gewissen Tendenz in diese Richtung gesprochen werden; sowohl im Altlatein als auch im Vulgärlatein dominiert aber VO, und da das Vulgärlatein auch in vielen andern Fällen die altlateinischen Gegebenheiten fortsetzt, müßte man eigentlich annehmen, dies gelte auch für das Sprechlatein der Zwischenphase. - Aufgrund der Entwicklung OV-+ VO wird auch eine (korrelative) Veränderung der Satzprosodie behauptet: Wir hätten einen Übergang von einem fallenden zu einem steigenden Intonationsverlauf (4). Derartige Behauptungen sind in den Kreisen um Vennemann nicht selten, doch werden sie dadurch nicht annehmbarer. Wer weiß denn wirklich etwas über die lateinische Intonation und kann dies auf einigermaßen überprüfbare Weise belegen? Wir bewegen uns hier im Bereich der vollkommen willkürlichen Spekulationen. - Nicht besser steht es um die Behauptung, wir hätten im gleichen Zusammenhang mit einem Übergang von einem melodischen zu einem expiratorischen Akzent zu rechnen (5). Auch dies ist ein traditionelles Klischee, für dessen auch nur annähernde Richtigkeit es nicht die Spur eines Beweises gibt. V. a. müßte auch in Rechnung gestellt werden, daß bei suprasegmentalen Phänomenen immer Intensität, Dauer und Tonhöhe beteiligt sind und diese Parameter in einer kompensatorischen Relation zueinander stehen; ein nur auf einem dieser Parameter beruhender Akzent ist somit von vornherein auszuschließen. - Als Illustration für die Rückwirkungen der veränderten Satzprosodie (fallend -, steigend) auf die Wortprosodie werden Beispiele wie lat. muro fr. au mur angeführt (5). Dies gilt allerdings höchstens für das Französische, denn im Sp., Port., lt. usw. gibt es keine vergleichbare Generalisierung der Oxytonie. - Im gleichen Zusammenhang (5) wird auch behauptet, der französische Akzenttyp eigne sich wegen seiner Druckstärke besonders dazu, wortübergreifende Akzenteinheiten zu schaffen und trage so zum Aufbau der prädeterminierenden Strukturen und zur Nachsilbenreduktion (und damit zum Abbau der Postdetermination) bei 19 . Nur: was weiß man denn über die Akzentverhältnisse in früheren Zeiten? Und was macht man mit der Tatsache, 19 Der Ausdruck Determination ist in diesem Zusammenhang obwohl verbreitet wenig glücklich, denn ein Determinationsverhältnis im Sinne von Bally, Hjelmslev usw. liegt gerade nicht vor. 258 Besprechungen - Comptes rendus daß nach Delattre gerade die Intensität im (modern)französischen Akzent so gut wie keine Rolle spielt? Natürlich kann sich vom Altfranzösischen bis heute eine Menge getan haben, aber stutzig muß dies alles schon machen und sollte eigentlich von allzu spekulativem Vorgehen abhalten. So bleibt denn der Eindruck von Geislers Arbeit zwiespältig. Der allgemeine Rahmen ist äußerst fragwürdig, der Kern der Arbeit sicher interessant, im Detail in vielerlei Hinsicht aber noch verbesserungsbedürftig. Der Versuch, scheinbar disparate Phänomene einheitlich zu erfassen, ist aber auf jeden Fall begrüßenswert und sollte Nachfolger finden. P.W. * BrnTE STENGAARD, Vida y Muerte de un Campo Semdntico. Un estudio de la evoluci6n semantica de los verbos latinos stare, sedere e iacere de! latin al romance del s. XIII, Tübingen (Niemeyer) 1991, 414 p. (Beih.ZRPh. 234) Stengaard beginnt ihre Arbeit mit einem Zitat aus Marouzeau: «Le frarn;:ais dit: <l'arbre est sur la colline; le livre est sur la table; l'oiseau est sur la brauche>, tandis que l'allemand precisera: ,der Baum steht auf dem Berg; das Buch liegt auf dem Tisch; der Vogel sitzt auf dem Zweig»>. Auch Wandruszka hatte beobachtet, daß romanische Sprachen Mühe haben, Verben wie «hocken, kauern, knien, lehnen, hängen» usw. zu übersetzen; er vermutete, ein zunehmendes Desinteresse an Präzision in der Beschreibung räumlicher Positionen habe es ermöglicht, dem Verbum stare mehr und mehr grammatikalische Funktionen zu übergeben (oder umgekehrt? ). Aber: «Was diese Entwicklung ausgelöst hat, läßt sich heute nicht mehr sagen» (zit. p.7). Ullmann und Togeby sahen dahinter ein weiteres Indiz, daß romanische Sprachen lieber abstrakte als konkrete Verben benutzen. Andere Forscher, wie Spalinger und Ribeiro, verweisen auf phonetische und morphologische Lücken, Unregelmäßigkeiten und Homophonien in der Entwicklung der Verben stare, esse und sedere, die größere Rekonstruktionen in den romanischen Sprachen nötig machten. Bei einer solchen Forschungslage erklärt sich der Wunsch nach einer groß angelegten Aufarbeitung der Geschichte des Wortfeldes der Positions-Verben vom alten Rom bis zu den Anfängen der romanischen Nationalsprachen, als stare ein Hilfsverb wurde und Positionen dann umschrieben werden mußten (estar de pie, se tenir debout usw.). Stare, sedere und iacere bilden ein «Kontinuum der Realität» (Coseriu) von der vertikalen zur horizontalen Position. Der Fokus der drei Verben kann aber auch die Lokalisierung sein ('befindet sich ...'), oder ein Verbalaspekt, wie inchoativ, imperfektiv, durativ ('stoppt', 'wohnt' usw.). Die drei Seme [pos] [loc] und [dur] können sich also auf drei Niveaus beziehen, jedes davon in a und b unterteilt, gemäß Bedeutungsschwerpunkt. Die Tabelle, die p.22 diese Analyse des Wortfeldes schematisch zusammenfaßt, ist im Text recht gut erklärt; der eilige Leser aber hat später Schwierigkeiten mit häufigen Hinweisen wie z.B. «EI nivel 3a no se relacionaria ... con el nivel 2, sino que derivaria primariamente de! nivel 3b» (307). Stengaard nennt sich selbst «eklektisch in der Methode», aber eine Präsentierung ihrer Ergebnisse in der Metasprache auch anderer Darstellungsweisen, oder ganz einfach mit mehr Klartext, wäre ein pädagogisches Plus gewesen - und hätte vielleicht dazu geführt, die unwissenschaftliche Schublade «automatischer Gebrauch (des Verbums x mit dem Objekt y)» mit einer Reihe präziserer Kategorien wie '+/ belebt' usw. zu ersetzen. Das Hauptziel dieses Buches war es, über 1500 Beispiele des Gebrauches von stare, sedere und iacere und ihrer romanischen Nachfolger bis ins 13.Jahrhundert zu analysieren, sie zu gruppieren und mit dem «idealen» (theoretischen, textunabhängigen) Schema der Verteilung semantischer Schwerpunkte zu vergleichen. Lateinische Texte werden in vier Besprechungen - Comptes rendus 259 Perioden unterteilt, von Plautus bis zum Hl.Benedikt. Das iberoromanische Sprachgebiet wird in Portugiesisch (zwei Epochen), West-Spanisch, Kastilisch (drei Epochen) und Ost- Spanisch gegliedert, mit eigenen Kapiteln für den Cid, Berceo und für Texte unsicherer Herkunft. Der mittelalterlichen Situation entsprechend, werden Katalanisch und Okzitanisch als eine eigene Sprachgruppe behandelt. Im Verhältnis zu den Kapiteln mit iberoromanischen Beispielen werden dann Französisch und Italienisch eher kurz besprochen. Das Buch schließt mit einem Rückblick, drei Anhängen, Quellenverzeichnis und Bibliographie (in der leider die Anzahl von Druckfehlern weit größer ist als im übrigen Buch; so finden wir auf der allerletzten Seite Curia [statt Curial], Sicr6nico, la vocubalaire du Pelegrinage, L'emploie, sintaxe). Die Gedankenführung der Autorin und ihre Interpretationen der Zitate nachzuvollziehen, verlangt vom Leser viel Zeit und Konzentration. Die alten Texte werden nämlich unverändert aus neueren Ausgaben übernommen, oft mit mehr Kontext als nötig. Daß in einem portugiesischen Dokument vom Jahre 946 in einem Bibelzitat nicht esse sondern stare steht, ist natürlich bemerkenswert; aber die Ausgabe von 1856 zu imitieren, ist der Mühe nicht wert: «dixit deus non est bo ... tare ominem solum sed demus ei coniugem adiutorium similem siui ...» (114). In Beispielen aus Glossaren mehr als die zur Diskussion stehenden Verben zu zitieren, verwirrt bloß den Leser: «Mulier, quamuis 281 [macare ke siegat] docta ... uiros in conbentu 283 [con/ ceillo] docere non presumat» (110). Der Leser wundert sich oft, ob bestimmte seltsame Formen nicht vielleicht Fehler des ersten, zweiten oder dritten Kopisten sind, z.B. in «Facanos Deus omnipotes tal serbitjo fere ke denante sua face gaudioso segamus. Amem» (110). Der Leser wäre nicht nur dankbar für eine rascher faßbare Zitierweise, sondern allgemein für weniger Beispiele und weniger Unterabteilungen. Man spürt nicht viel von den Vorarbeiten der Autorin, mit dem unvermeidlichen Hin und Her (induktiv und deduktiv) zwischen Beispielen, Arbeitshypothesen, Adaptationen in der Methode, Kontrolle an weiteren Beispielen usw. Stengaard hat bewußt jegliches Vorurteil vermieden, und wünscht sich Leser, die ihre Zitatensammlung vorurteilslos studieren. Deshalb hat sie auf Übersetzungen ihrer Quellen verzichtet: «He querido evitar la imagen confusa que crean las traducciones» (372). Dem Leser ist aber ein Beispiel - Exzerpte aus dem Corpus Inscriptionum Latinarum, aus dem Portugaliae Monumenta Historica, aus spanischen fueros usw. nur dann von Nutzen, wenn er es versteht. Die Zitate zu übersetzen hätte aber die Autorin gezwungen, das Wortfeld der Positions-Verben im modernen Spanischoder, was auch aus pädagogischen Gründen vorzuziehen gewesen wäre, einer nicht-romanischen Sprache aufzuarbeiten und dann konsequent für eine bestimmte Koordinate in ihrem Schema immer denselben Ausdruck zu benutzen. So hätte sich jegliche imagen confusa vermeiden lassen ... Oder es hätte sich herausgestellt, daß eben manches konkrete Beispiel inhärent «konfus» oder plurivalent ist. Wie soll man z.B. stabat mater dolorosa iuxta crucem übersetzen? Doch wohl so, wie es Dutzende mittelalterlicher Maler verstanden haben: Maria stand neben dem Kreuze. Aber die alten Marienleben zeigen einen anderen Sinn: sie floh nicht wie alle andern, sie verharrte standhaft beim Kreuze. Über 1500 Beispiele aus vierzehn Jahrhunderten und fast einem Dutzend Sprachzonen zu sammeln und zu interpretieren ist eine große Leistung. Stengaard ist dafür zu danken. Der Leser wünschte sich aber mehr direkt assimilierbare nnd zitierbare Zusammenfassungen der Resultate und würde gerne von der Autorin selbst erfahren, wie wir nun die bisherige Forschung zu diesem Thema korrigieren und ergänzen sollen. Das Fehlen einer Eingangs- oder Schlußnotiz mit persönlichen Angaben über die Umstände dieser Arbeit wird so doppelt vermißt aber ist auch, in einem gewissen Sinne, konsequent. C. Wittlin * 260 Besprechungen - Comptes rendus Actes du XVIII" Congres International de Linguistique et de Philologie Romanes, Universite de Treves (Trier) 1986. III: Grammaire diachronique et histoire de la langue; Dialectologie et geographie linguistique; Textes non-litteraires, Tübingen (Max Niemeyer) 1991, XII + 785 p. Die internationalen Kongresse werden immer größer und ihre Akten immer unhandlicher. Der anzuzeigende 3.Band der Trierer Kongreßakten umfaßt 785 Seiten, und der Herausgeber (D.Kremer) brauchte acht solche Bände, um alle Beiträge unterzubringen. Der für eine Rezension zur Verfügung stehende knappe Raum gestattet es nicht, auch nur die Titel und Autorennamen aller in den 3.Band aufgenommenen Beiträge aufzuzählen. Ich werde mich darauf beschränken, nach subjektivem Geschmack einige Beiträge auszuwählen und mit Anmerkungen zu versehen. Der Band wird von J.Herman (Budapest) eingeleitet: «La demarche comparative en linguistique romane problemes et perspectives». Herman stellt mit Bedauern fest, daß sich die Ergebnisse der Vulgärlatinisten einerseits und die der Romanisten, die durch Vergleich der romanischen Sprachen das Proto-Romanische zu rekonstruieren versuchen, andererseits häufig nicht decken. Er bemerkt, das habe einige Forscher dazu verleitet, auf den Begriff ,Vulgärlatein> und die Ergebnisse der Vulgärlatinisten ganz zu verzichten; er erwähnt W.Mariczak und R. Wright; als weiteren nenne ich R. de Dardel, der in seinen Forschungen (z.B. Recherches sur le genre roman des substantifs de la troisieme declinaison, Geneve 1965) spät- und vulgärlateinische Texte überhaupt nicht berücksichtigt 1. Obgleich ich mir über die Schwierigkeiten völlig im klaren bin (cf. B. Löfstedt, Actes du 5 eme Congres des Romanistes Scandinaves, Turku 1973, p.107ss., wo ich mich z.B. mit dem Problem der Einheitlichkeit des Vulgärlateins im Gegensatz zu den Verschiedenheiten der ältesten romanischen Sprachen beschäftigt habe), halte ich es doch für wichtig, ja notwendig, daß Latinisten und Romanisten zusammenarbeiten und von einander lernen, um gemeinsam die Rätsel des Vulgärlateins lösen zu können. Am Ende seines Beitrags «Sulla scomparsa di quantita vocalica in latino volgare» bezieht sich A. Castellani auf J.Hermans Aufsatz zum Thema im BSLP 77 (1982), 285ss., und schreibt: «Ecco cio ehe troviamo nell'Ars de barbarismis et metaplasmis di Consenzio: quidam dicunt piper producta priore syllaba, cum sit brevis, quod vitium Afrorum speciale est (Keil V, 392,11); e nel De doctr. christ. di sant' Agostino ... l'orator de! secondo passo di Consenzio ... andra emendato in orat» (21). Merkwürdigerweise zitiert Castellani die im letzten Satz erwähnte Stelle aus Consentius überhaupt nicht; der Leser muß Hermans Aufsatz op.cit. p.287 nachschlagen, um festzustellen, daß Consentius schreibt: ... ut si quis dicat orator correpta priore syllaba, quod ipsum vitium Afrorum speciale est. (Es handelt sich bei Castellani um das, was wir Latinisten eine omissio propter homoioteleuton nennen). Übrigens sollte man Consentius, De barbarismis nach M. Niedermanns Ausgabe (Neuchatei 1937) zitieren (nicht mit Herman und Castellani nach Keil); des weiteren ist Castellanis Vorschlag, orat statt orator bei Consentius zu drucken, weil er «quelle frasi (des Consentius) come riguardanti non la quantita delle vocali ma il loro timbro» betrachte, schon deswegen problematisch, weil Consentius expressis verbis orator correpta priore syllaba als Beispiel für einen barbarismus temporis aufführt. M. Sala hebt in seinem Beitrag «Sobre el vocabulario panromanico» hervor, daß die theoretischen und methodologischen Prinzipien, denen er in seiner Arbeit gefolgt ist, auf E.Coserius Aufsatz «Pour une semantique diachronique structurale» (1964) zurückgehen 1 Das gleiche gilt für seinen Beitrag über die Konjunktionen im Romanischen, wozu van Reenen in der Diskussion (484) bemerkte: «Votre hypothese est tres interessante. Est-il possible de Ja verifier dans ! es documents latins provenant des differentes regions? » Ein Aebischer hätte diese Kontrolle sicher nicht unterlassen. Besprechungen - Comptes rendus 261 (57). Leider sind aber Coserius Methoden nur mit Vorsicht zu benutzen, cf. meine Kritik JF 84 (1979), 175ss.; vgl. auch die allgemeinen Bemerkungen von Hall in seinem Aufsatz «Why a Structural Semantics is Impossible » , Language Sciences 21 (1972), lss. H.D.Borks Beitrag «L'origine des composes romans verbe-nom » wurde später zu einem ganzen Buch erweitert: Die lateinisch-romanischen Zusammensetzungen Nomen + Verb und der Ursprung der romanischen Verb-Ergänzung-Komposita (Bonn 1990). Daß Borks Thesen nicht alle haltbar sind, habe ich in einer demnächst erscheinenden Besprechung in der ZRPh. zu zeigen versucht. In der wertvollen Bibliographie zum lateinisch-romanischen Einfluß auf das Baskische (97 N 2) unterläßt es M. Teresa Echenique zu Unrecht, ihre eigene Arbeit Hist6ria lingüfstica vasco-romdnica (1984) 2 zu erwähnen; auch einige von A. Tovars Büchern über das Baskische hätten dort genannt werden können. In der Diskussion ihres Beitrags «La maison(s) et li charbons. La forme du nominatif sing. fern. et masc. » sagen van Reenen & L. Sch0sler: «Les analyses de Sas (in seiner nützlichen Arbeit The Noun Diclension System in Merovingian Latin, Paris 1937) montrent, en effet, que les confusions entre eli et olu sont moins frequentes que les confusions entre e et i ou entre a et u. Dans la 2 e declinaison latine, le genitif singulier -i est souvent remplace par -o; pour l'accusatif et l'ablatif pluriel, on rencontre, sans distinction, -os et -is ... Il n'est pas certain que les confusions soient d'origine phonetique » (164). Die erste Behauptung ist eine Binsenweisheit, die zweite eine Untertreibung: die meisten Belege für -a statt -i im Gen.sind syntaktisch, und zwar durch Erweiterung des possessiven Dativs, zu erklären, und bei der Vermischung von Akkusativen auf -os und Ablativen auf -is haben sowohl syntaktische als auch morphologische Faktoren eingewirkt (cf. meine Studien über die Sprache der langobardischen Gesetze, Uppsala 1961, 235ss.). M.Cennamo, «La nascita di un nuovo sistema di voce in italiano antico » , schreibt p.247: «Ronconi osserva invece ehe forme quali se videt in latino avevano sempre valore personale (egli vede), mai impersonale (si vede)». Lat. se videt muß aber ,er sieht sich selbst> bedeuten. D. Uritescu, «Sur quelques formes dialectales dans Je latin populaire danubien » , bespricht die im Rumänischen weiterlebende lat. Form *vecinus und führt das e für f auf archaisches ei zurück (320). M.E. liegt vielmehr eine Dissimilation vor; so auch v. Wartburg und Corominas in ihren etymologischen Wörterbüchern. Zur Behandlung der Deszendenten von quaerere im Sinne von <liebem im Spanischen und Portugiesischen bei P.Atanasov, «Concordances linguistiques entre le roumain et l'ibero-roman » (494), ist zu beachten, daß diese semantische Entwicklung bereits im Vulgärlatein stattfand (cf. meine Belege in Flexion und Wortbildung. Akten der V. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft, Wiesbaden 1975, p. 196). In seiner «Considerazione pluristratica degli esiti di au e al + alveodentale » hätte E.Tuttle lieber V.Väänänen, Introduction au latin vulgaire, Paris 1981, p. 63 bezüglich cauculus statt calculus u. dgl. zitieren sollen statt Schuchardt 1867 und Fouche 1966 (578). Zu den verschiedenen Schreibungen auscultare, ascultare, abscultare usw. cf. B. Löfstedt, IF 72 (1967), 191ss. B. Löfstedt * 2 Sie wird aber p. 102 N 17 zitiert. 262 Besprechungen Comptes rendus LWüLFGANG PöcKL/ FRANZ RAINER. Einführung in die romanische Sprachwissenschaft, 1 1 Tübingen (Niemeyer) 1990, 125 p. (Romanistische Arbeitshefte 33) Comme la plupart des ouvrages qui s'intitulent Introduction a . . . , le livre de Pöckl et Rainer assume, autant qu'une fonction scientifique, une fonction pedagogique. En l'occurrence, il s'agit toutefois d'une introduction faite pour ainsi dire sur mesure, a l'intention d'un public bien precis, a savoir les etudiants de premiere annee des universites allemandes, compte tenu du niveau du baccalaureat et de la structure des programmes universitaires actuels. L'ouvrage se compose de treize chapitres, appeles «unites d'enseignement» («Unterrichtseinheiten»), comportant chacun trois sections; la premiere section est consacree aux techniques de travail (par exemple 7.1: «Hinweise zum Abfassen einer Arbeit») et a des problemes methodologiques elementaires (par exemple 10.1: «Hypothesen und Theorien»); la deuxieme section est consacree a des aspects de la description linguistique, diachronique (par exemple 4.2: «Sprachwandel») ou synchronique (par exemple 8.2: «Phonologie»); la troisieme section, enfin, consiste en une presentation, dans une optique interne et/ ou externe, du latin, des langues romanes et du papiamentu, presentation assortie chaque fois d'une version d'un meme texte biblique. Tous ! es chapitres se terminent par des references bibliographiques et par des devoirs, qui permettent a l'etudiant d'elargir son horizon et de reflechir par lui-meme. L'ouvrage se clot par une bibliographie succincte, mais couvrant un ! arge eventail d'etudes, recentes pour la plupart, et par un index des termes et des notions. Deux remarques generales s'imposent. La premiere est que, si, sur le plan scientifique, cet ouvrage est forcement sommaire, il aborde en revanche ! es aspects ! es plus divers qu'implique actuellement la pratique de la linguistique romane, notamment la linguistique generale, la sociolinguistique, la linguistique textuelle et la pragmatique. La seconde remarque, qui n'est pas une critique, est que la description linguistique est proposee en termes structuralistes, les acquis de la GGT etant seulement mentionnes c;a et 1a dans les considerations methodologiques. Et voici une critique, presque de detail. Le francoprovenc;al est presente comme ayant un substrat propre, le substrat burgonde (86). Or, cette theorie, admise encore il y a une vingtaine d'annees, n'a plus cours depuis que des specialistes comme E. Schille et 0. Jänicke, l'un pour la phonetique, l'autre pour le lexique, en ont mis a nu les insuffisances. Ceci n'enleve naturellement rien au fait que l'introduction de W. Pöckl et F. Rainer est une excellente je dirais meme: stimulante orientation generale pour le debutant. R. de Dardel * HARTWIG KALVERKÄMPER (ed.), Fachsprachen in der Romania, Tübingen (Narr) 1988, 290 p. (Forum für Fachsprachen-Forschung 8) Dieser Band bietet elf überarbeitete Vorträge vom Romanistentag an der Universität Freiburg im Jahre 1987. In seiner Einführung (7-14) bezeichnet der Herausgeber diese Referate als «Signale einer romanistischen Fachsprachen-Forschung», dank deren «die Fachsprachen-Romanistik als inauguriert gelten darf». Nun zeigt aber gerade die Lektüre dieser Arbeiten, daß Fachsprachen-Forschung weit über Einzelsprachen oder Sprachgruppen hinausgreift. Mehrere ausgezeichnete Artikel hätten ihr theoretisches und praktisches Ziel auch mit Materialien aus nicht-romanischen Sprachen erreichen können. So z�B. Regine Würstle, Textlinguistik und Fachsprache (130-150, über ein fr. Gerichtsurteil von 1979); H. Kalverkämper, Fachexterne Kommunikation als Maßstab einer Fachsprachen- Besprechungen - Comptes rendus 263 Hermeneutik (151-193, zu Reaktionen auf Tschernobyl in spanischen Zeitungen); Werner Forner, Fachübergreifende Fachsprachenvermittlung (194-217, die Methodik im Kurs, wo er fachsprachenstilistische Fertigkeiten einübt); Dieter Seelbach, Erkennung von Relationen bei der maschinellen Fachtextanalyse (218-263, wie Lexikoneinträge formuliert wurden, um maschinelles Übersetzen von französischen Wetterberichten zu ermöglichen); Horst Wagner, LEXECON - Lexeminventar der französischen Wirtschaftssprache (264-285, eine Datenbank für Übersetzer). Andere Arbeiten behandeln mit traditionellen Methoden nicht-literarische Texte: Peter Koch, Fachsprache, Liste und Schriftlichkeit in einem Kaufmannsbrief aus dem Duecento (15-60, mit Photographien); Günter Holtus, Zur Sprache venezianischer Seeversicherungstexte des 15. Jahrhunderts (61-79); Robert Kaehlbrandt, Condillacs «Art d'Ecrire» und «Le commerce et le gouvernement» (80-90). Daß die Romanistik in der Fachsprachen-Forschung vertreten sein muß, liegt auf der Hand. Dies nicht nur wegen der «gesellschaftlichen Relevanz» (7) dieser neuen Philologie mit Bezug auf «lebenspraktische Sachfelder» (etwa «die Schaffung eines europäischen Bewußtseins»? ). Die Probleme der Lesbarkeit von Fachtexten, der maschinellen Übersetzung und der Übersetzung im Allgemeinen sind nicht auf Einzelsprachen beschränkt; es wäre aber schade, wenn nicht auch romanische Sprachen in der Erarbeitung allgemeiner Theorien und angewandter Methoden beigezogen würden. Der vorliegende Band zeigt, daß dies zumindestens von Seiten deutschsprachiger Sprachwissenschaftler nicht zu befürchten ist. C. Wittlin * WILHELM PoETTERS, Begriff und Struktur der Novelle. Linguistische Betrachtungen zu Boccaccios «Falken», Tübingen (Niemeyer), 1991, 216 p. Nella scia dei suoi lavori (1987) sul Canzoniere de! Petrarca, il Pötters continua una riflessione iniziata nel 1981 con una tesi (non pubblicata) sul Boccaccio, proponendo una lettura immanente de! nono racconto della quinta giornata de! Decameron, la famosa novella di Federigo degli Alberighi. Intende offrire una descrizione linguistica e letteraria ehe rispetti la specificita de! racconto e i principi estetici, d'origine medievale, a cui si ispira il Boccaccio. Punto di partenza e l'importanza ben conosciuta del caso, della fortuna nel capolavoro de! Boccaccio. Sfruttando le indicazioni contenute nel Proemio, il Pötters vede nella novella boccaccesca la narrazione di una «unerwartete Begebenheit» (39: avvenimento inatteso). Questa poetica della sorpresa, dell'attesa delusa conduce il critico ad una prima definizione della novella: La struttura della novella consiste nella relazione tra due proposizioni, la quale corrisponde in abstracto alla struttura sintattica della proposizione concessiva. (p. 49: traduzione nostra) La lettura della novella V.9 e un'illustrazione sistematica del come trasporre la «funktionale Satzanalyse auf die Textebene» (60): l'intento e di descrivere il racconto con mezzi linguistici adeguati (per i presupposti teorici, cf. p. 60-71). Nella struttura-base della novella il Pötters riconosce una struttura di carattere concessivo (benche Federigo abbia invano cercato di farsi amare da Giovanna, la donna lo sposa), ehe viene completata da una struttura causale (perche l'uccisione de! falcone le fa capire la grandezza d'animo di Federigo). Sono due strutture sintattiche la cui importanza, all'interno de! racconto, viene analizzata p. 53-59 [ma e veramente concessivo il mentre ehe dell'unita 31 (28)? ]. Sono le 264 Besprechungen - Comptes rendus strutture ehe determinano anche il modo di mettere in rapporto gli elementi della novella nella rubrica (71) una giustificazione questa per il tipo di analisi proposto dal critico? Col sesto capitolo il Pötters affronta il problema della frase nella novella e parte, a ragione, dalla segmentazione del testo in 45 unita (elenco alla p. 90), proposta dal Boccaccio stesso nel Codex Hamilton 90 (trascrizione p. 2 4-2 9 ) coll'uso ehe fa della maiuscola. Lo schema a p.104 riassume i risultati dell'indagine: a) la morte del falcone (unita 26) si trova al centro (matematico) della parte centrale de! racconto (unita 7-45); b) ad ogni unita ehe precede il centro, corrisponde un'unita (nella stessa posizione rispetto al centro) ehe segue. Questa specolarita («spiegelbildliche Anordnung») non convince de! tutto: i criteri per stabilire, da! punto di vista de! contenuto, rapporti d'opposizione/ parallelismo tra due unita, non sono coerenti. Possono variare da un gruppo d'unita all'altro. L'importanza del numero 7 nella struttura interna del racconto permette al Pötters di riconoscere nella novella V.9 un principio fondamentale dell'estetica medievale: ! 'ideale dell'aequalitas numerosa (106), garante migliore dell'armonia secondo Sant'Agostino. La prosa del Boccaccio e una prosa metrica, la quale cerca di attuare nella prosa i procedimenti tipici della lirica: la funzione della frase, elemento ritmico del testo, corrisponde a quella del metro nella poesia. Caso o intenzione? II Pötters prevede un certo scetticismo da parte della critica universitaria. Come far capire loro ehe la creazione artistica sia anche (112) un lavoro di ragioniere ehe conta le frasi o i versi? Una prima risposta la da, ricordando ehe la narratrice (Filomena) afferma aver sentito raccontare Ja novella da Coppo di Borghese, uomo ehe sa «ragionare ... con ordine». Quest'osservazione di carattere metapoetico puo essere un indizio, non sara certo una prova: in quaJe senso va capita la parola ordine? II Pötters Ja interpreta neJ senso di un'armonia matematica: nei capitoli 9 e 10 propone un'analisi delle novelle II.4 e VI.6, seguita da un'analisi delle quattro prime novelle del Decameron. Queste Jetture gli consentono di confermare i risultati ottenuti, anche se la novella di ser Ciappelletto, piu complessa, pone evidenti problemi. II critico vede nel primo racconto della raccolta una ars poetica immanente dove si combinano i due principi, fondamentali per iJ Decameron, della specolarita e della circolarita (illustrata dalla parte centrale, la falsa confessione dell'usuraio). Nello schema a p. 1 6 6 coJpisce tuttavia il numero elevato di unita per Je quaJi il Pötters non ha stabilito rapporti di parallelismo/ opposizione: la specolarita non sembra perfetta. Con iJ suo libro Wilhelm Pötters si oppone decisamente alla critica ehe, basandosi sull'importanza delle intertestualita nel Decameron, sottolinea Ja varieta strutturaJe delle novelle: sotto Je «cento novelle, o favole o parabole o istorie» (Proemio) si nasconde, secondo lui, un modello unico ehe con figurativita sempre diverse realizza ! 'ideale dell'aequalitas numerosa. Non crediamo pero ehe i due tipi di analisi si escludano: scoprire nel Decameron una varieta di modelli o una sola matrice per tutti i racconti, dipende essenziaJmente dal livello d'astrazione dell'anaJisi. Tre osservazioni pero: a) il Boccaccio, si sa, sfrutta esperienze narrative anteriori (i fabliaux francesi, il Novellino, gli exempla, ecc.) e determina in gran parte Je esperienze narrative posteriori (dal Sacchetti al Bandello). Sarebbe interessante (in un futuro studio) vedere fin a ehe punto il modello de! Pötters permette di descrivere altre raeeolte o di distinguere Ja novella da altri tipi di «raeeonti brevi». b) in un lavoro ehe propone una definizione della novella deeameroniana, sarebbe da augurarsi una diseussione delle proposte di Claude Cazale-Berard, Strategie du Jeu narratif: Le Decameron, une poetique du recit (Paris 1 985), ehe il Pötters non sembra eonoseere. Nello SNT (sehema narrativo tipo), eo! quale ella deserive Ja struttura-base delle novelle, Besprechungen - Comptes rendus 265 le funzioni di «perturbazione» e «trasformazione» implicano la presenza dell'inatteso (della concessione, per parlare eo! Pötters) e della causalita: al livello figurativo dei racconti corrispondono alle possibilita, per l'individuo, di reagire di fronte agli interventi della fortuna o de! caso. c) ci si puo chiedere in ehe modo una futura lettura de! Decameron possa sfruttare Je interessanti proposte de! Pötters. L'alto livello d'astrazione raggiunto nel suo rigoroso libro segna anche i limiti del lavoro, almeno in quanto alla sua utilita per un'analisi letteraria. Un esempio: nell'ultimo racconto de! Decameron, il marchese di Saluzzo ha, rispetto alla moglie, la funzione ehe e quella della fortuna in altre novelle. II concetto della fortuna qui non rinvia a un mondo trascendentale: gli alti e i bassi nella vita di Griselda· dipendono da un fare puramente umano. Una tale «umanizzazione» della fortuna essenziale nella novella non trova evidentemente posto nel modello (troppo astratto) de! Pötters. E fin a ehe punto questo suo modello permettera di mettere in luce le differenze tra la versione della storia di Griselda offerta dal Boccaccio e quella offerta da! Petrarca (Seniles XVII/ 3)? ... J.-C. Mühlethaler * W. DAHMEN/ 0. GsELL/ G. HoLTus/ J KRAMERIM. METZELTIN/ 0. WrNKELMANN (ed.), Zum Stand der Kodifizierung romanischer Kleinsprachen. Romanistisches Kolloquium V, Tübingen (Narr) 1991, 410 p. Der vorliegende Band enthält 21 Beiträge zum Thema «Kodifizierung romanischer Kleinsprachen»: 16 davon sind Sprachen der europäischen Romania gewidmet, 5 den romanisch basierten Kreolsprachen der «Neuen Romania». Es sei vorweggenommen, daß der Band in hohem Maße informativ und somit nützlich ist: wer ist schon gleichermaßen orientiert über das Aromunische, das Aranesische, das Papiamentu, um nur einige der behandelten Sprachen zu nennen? Das Vorwort der Herausgeber (V-XIII) und die Einleitung von Otto Gsell (XV-XXIX) heben allgemeine Aspekte hervor, die sich, trotz unterschiedlichen Verhältnissen im Einzelnen, in vielen Fällen abzeichnen: - Sprachen, die nach einer Kodifizierung streben, stehen meistens vor der Alternative «Anlehnung oder Abgrenzung» gegenüber (einer oder mehreren) Dachsprachen, von denen sie sich zu lösen versuchen (Beispiele: Sardisch / Italienisch, Korsisch / Französisch und Italienisch, Kreol von Guinea-Bissau / Portugiesisch). Die Lösungen erfolgen von Fall zu Fall verschieden. Im großen Ganzen scheinen eher pragmatisch als rein linguistisch gesteuerte Entscheide erfolgversprechend. - Die Orthographie steht vielfach im Vordergrund der Diskussion. Obschon Phonologie, Morphosyntax und Lexik für die linguistische Erfassung einer Sprache ungleich wichtiger sind als die Modalitäten der Verschriftung, kommt der orthographischen Normierung in der Praxis eine erstrangige Bedeutung zu. Das hängt damit zusammen, daß die Orthographie einen eminent symbolischen Charakter hat. Politische und kulturelle Positionen spielen bei der Bevorzugung der verschiedenen Orthographiesysteme eine entscheidende Rolle. Die Lösungen bewegen sich im Einzelnen zwischen den Polen einer phonologischen Graphie (1 : 1 Relation Phonem : Graphem) und einer etymologischen Graphie, wobei praktische Erwägungen oft zu Kompromißvorschlägen führen (z. B. im Korsischen, p. 152-156, im Neuaragonesischen, p. 201-208, im Kreolischen der Seyschellen, p. 381-388). - Ein dritter Aspekt, der meiner Meinung nach viel stärker betont werden müßte, als das in der Einleitung (XVI) und in einzelnen Beiträgen der Fall ist, betrifft die Einstellung der Sprecher einer Kleinsprache gegenüber der eigenen Sprache. Wo bei der Mehrheit der Sprecher die Kompetenz in der eigenen Sprache schlecht und die Wertschätzung dieser Sprache gering sind die Überlebenschancen minim. 266 Besprechungen - Comptes rendus Bevor wir auf ein paar ausgewählte Beiträge näher eingehen, seien an dieser Stelle einige generelle Bemerkungen zu Inhalt und Präsentation des Bandes vorweggenommen. Zunächst einmal vermißt man eine Definition des Begriffs «Kodifizierung». In den meisten Beiträgen geht es (ohne daß dies je ausdrücklich festgehalten würde) um eine bewußte, geplante Standardisierung von Kleinsprachen, um die gezielte Herstellung einer verbindlichen Sprachnorm. Daneben begegnet in einigen Beiträgen eine zweite Bedeutung des Terminus «Kodifizierung», nämlich «Herausbildung einer Sprachnorm ohne bewußte Steuerung». Das gilt vor allem für den Fall des Franko-Italienischen im Mittelalter (G. Holtus, p. 105-118). Der Autor kommt zum Schluß: «Die Kodifizierung der franko-italienischen Kunstsprache ist letzten Endes in den Anfängen, in isolierten Versuchen und Bemühungen einzelner Autoren und Schreiber steckengeblieben. Erst mit der Expansion des Toskanischen setzt auch für die italienische Literatursprache ein deutlicher Kodifizierungsprozeß ein» (117). Auch die beiden Beiträge zum Ladino als Sakralsprache der Spaniolen (J. Kramer, p. 267-283) und zur Orthographie des Judenspanischen (G. Bossong, p. 285-309) haben mit Kodifizierung in der zweiten Bedeutung zu tun. Sie fallen insofern, wie der Beitrag zum Franko-Italienischen, aus dem thematischen Rahmen des Bandes, wenn sie auch hochinteressant sind. Während diese inhaltliche Heterogenität «kolloquiumsbedingt» sein mag, hätten technische Unstimmigkeiten bei der Redaktion des Bandes behoben werden können. Die Bibliographien am Schluß der Artikel sind nach verschiedenen Systemen gestaltet, je nach den Gewohnheiten des jeweiligen Autors (zum Teil sind sie sogar in die Fußnoten integriert, so bei Kremnitz und Kramer). Im Beitrag von J. Born zum Asturischen (217-236) werden Autorennamen, teils auch Titel, in Versalien gedruckt, was sonst nie der Fall ist 1. Typographisch präsentiert sich der Band dagegen sehr schön. Abschließend einige Bemerkungen zu ausgewählten Beiträgen. Erwin Diekmann schildert «Probleme und Aspekte von Kodifizierungsbemühungen des Bündnerromanischen und Bericht über eine Umfrage zur Rezeption und Akzeptanz des Rumantsch grischun als gesamtbündnerromanische Schriftsprache» (69-104). Nach einer Einleitung über die Entwicklung der regionalen Schriftsprachen in Romanisch Bünden und frühere Versuche zur Schaffung einer Einheitssprache, in der er sich auf Billigmeier und Arquint stützt 2 (69-76), stellt Diekmann die neue Standardsprache «Rumantsch Grischun» vor (76-78), um dann im Hauptteil seiner Ausführungen die Resultate einer von ihm selbst durchgeführten Umfrage zusammenzufassen, die die Haltung der Rätoromanen zum «Rumantsch Grischun» erforschen sollte. Wenn auch die Resultate im Gesamten optimistisch stimmen (eine deutliche Mehrheit der Befragten stellt sich positiv zum Versuch der neuen Einheitssprache), so kann sich doch der mit bündnerischen Verhältnissen vertraute Leser einer gewissen Skepsis nicht erwehren. Wenn man p. 78 liest, es sei der Lia Rumantscha gelungen, «das Rumantsch Grischun binnen kurzer Zeit im Sprachgebiet bekannt zu machen und zu verankern», so fragt man sich, was diese Metapher im Klartext beinhaltet. Daß als Kontaktpersonen Leute ausgewählt wurden, die zu den Kulturträgern gehören (79), beeinflußt natürlich die Resultate der Umfrage a priori in Richtung zustimmender Ant- 1 Wie brauchbar die Indices am Schluß des Bandes sind (Sachindex p. 391-398, Wortindex p. 399-410), würde erst eine intensive Beschäftigung damit erweisen. Eine Stichprobe ergibt z.B., daß unter dem Eintrag «Sprachrenaissance» nur ein einziger Verweis steht (auf p. 119, das Sardische betreffend), während doch in mehreren Beiträgen der (etwas fragwürdige) Begriff «Renaissance» für das Wiedererwachen des Selbstbewußtseins gewisser Sprachgemeinschaften verwendet wird, so p. 73 für das Bündnerromanische, p. 139 und 142 für das Korsische. 2 R.H. BrLLIGMEIER, Land und Volk der Rätoromanen, Frauenfeld 1983, J. C. ARQUINT, «Stationen der Standardisierung», in: Die viersprachige Schweiz, ed. R. ScHLAEPFER, Zürich/ Köln 1982, p. 273-300. Besprechungen - Comptes rendus 267 warten. Hier stellt sich das auch anderswo bedeutsame Problem des Verhältnisses zwischen der Sprachposition einer intellektuellen Elite und der Haltung der «Basis», der Mehrzahl der Sprecher 3 . Ob der Enthusiasmus von wenigen die Trägheit der vielen überwinden kann, hängt von zahlreichen Faktoren ab und ist schwer vorhersagbar. Während im Falle des «Rumantsch Grischun», trotz den erwähnten Vorbehalten, ein vorsichtiger Optimismus doch am Platze zu sein scheint, hat man bei der Lektüre des Beitrags von Rosita Rindler Schjerve zum Sardischen (119-137) eher Mühe, an einen Erfolg der geschilderten Kodifizierungsbemühungen zu glauben. Die Autorin erhebt am Schluß selbst den Einwand, es sei verfrüht, im Falle des Sardischen von «Verbreitung und Elaboration» einer Standardsprache zu sprechen (131). Tatsächlich fragt man sich, welchen Sinn es hat, Schemen wie die von Haugen und Kloss (cf. p. 121) auf eine Sprachsituation anzuwenden, wo weder von einer koordinierten Statusplanung noch von Korpusplanung die Rede sein kann. Auch die Aussage, die Bemühungen in kleinen Kollektiven von Intellektuellen zeugten für die Vitalität der Sprache (133), überzeugt wenig; man könnte ebenso gut das Gegenteil behaupten. Ein weiterer Fall, in dem sprachplanerische Bemühungen von Intellektuellen einer weitgehenden Gleichgültigkeit oder sogar Verachtung der eigenen Sprache bei den «gewöhnlichen Sprechern» gegenübersteht, ist der des «Bable» in Asturien (J. Born, p. 217-236).· .. Ganz anders scheint die Situation in gewissen Kreolsprachen zu sein. Annegret Bollee schildert im letzten Beitrag des Bandes die beachtlichen Fortschritte der Kodifizierung des Kreolischen der Seyschellen (377-389). Hier hat eine (selbstverständlich von oben gesteuerte) konsequente Sprachpolitik offenbar auch einen Wandel in der Einstellung der Sprecher zu ihrer Sprache bewirkt. Die Lektüre des Bandes ist nicht nur deshalb spannend, weil eine Menge Informationen zu weitgehend wenig bekannten Sprachsituationen vermittelt wird; sie lohnt sich auch, weil der Vergleich der geschilderten Verhältnisse Gemeinsamkeiten und Unterschiede in verschiedensten Konstellationen erkennen läßt. Aus diesem Vergleich ergibt sich eine Erkenntnis, die zwar nicht neu, aber unabweisbar ist: Erfolg oder Mißerfolg von spracherhaltenden Maßnahmen hängen viel weniger von der jeweiligen Ausgestaltung der Standardsprache ab als vielmehr vom Willen der Sprechenden, die eigene Sprache zu erhalten und in möglichst vielen Kommunikationssituationen zu verwenden. R.L. * DARIO PETRINI, La koine ticinese. Livellamento dialettale e dinamiche innovative, Berna (Francke) 1988, 280 p. (RH 105) Die vorliegende Arbeit ist eine unter der Betreuung von Gaetano Berruto entstandene Zürcher Dissertation, die sich zum Ziele setzt, die dialektale Architektur im Tessin hinsichtlich des Ist-Zustands zu analysieren und gleichzeitig Entwicklungstendenzen in der jüngsten Vergangenheit herauszuarbeiten. Sie besteht aus einer Einleitung (11-24), einem Definitionsversuch der Tessiner Dialektkoine (25-56), einem Materialteil (57-227), der in Phonetik (57-174) und Morphologie (175-227) zerfällt, einer abschließenden Zusammenfassung (229-35), einer umfangreichen Bibliographie (237-59) und Indices (Namen, Orte, Wörter; 261-80). 3 Ähnlich in Sardinien (cf. 132-133), in Südfrankreich (180-182), in Asturien (217-236). 268 Besprechungen - Comptes rendus In der Einleitung weist Petrini zu Recht darauf hin, daß es bis jetzt noch keine Studie zum dialetto regionale ticinese bzw. zur koine ticinese gebe 1 , und dies, obwohl es in vielen dialektologischen Arbeiten Hinweise auf die Existenz des Phänomens gibt. Ziel der Untersuchung ist es, diese verstreuten Hinweise (v. a. seit den grundlegenden Arbeiten von Oscar Keller zu den Tessinerdialekten) zu sammeln und sie aufgrund neuesten oralen Materials, insbesondere des Phonetikarchivs der Universität Zürich (cf. 12ss.), zu überprüfen; Einzugsbereich ist dabei nicht nur das eigentliche Tessin, sondern auch die italienischsprachigen Bündnertäler (Mesolcina, Val Calanca). Der Verf. liefert somit kaum eigene neue Daten, wenn er auch viele bisher unzugängliche Aufnahmen erstmals transkribiert und ausgewertet hat. Ob hierfür allerdings ein eigenes Transkriptionsbzw. Transliterationssystem nötig war, das eine Art Gemisch der Umschriftprinzipien von VS! , DSI, RTT und den gängigen phonetischen Alphabeten darstellt (19ss.), ist mehr als fraglich; warum nicht eines der existierenden Verfahren einfach übernommen wurde, begründet Petrini nirgends. - Die den Ausgangspunkt der Untersuchung bildenden dialektologischen Arbeiten waren noch in hohem Maße durch das junggrammatische Paradigma geprägt und konzentrieren sich in erster Linie auf den Bereich der Phonetik; manchmal wird noch die Morphologie, u.U. auch das Lexikon mit einbezogen. Auch Petrini bleibt dieser Tradition treu, ja es bleibt ihm bei der Anlage der Arbeit eigentlich gar nichts anderes übrig, als auf eine Berücksichtigung von Syntax und Intonation zu verzichten. Was das Lexikon angeht, so läßt es Verf. deshalb außen vor, weil sein Überprüfungskorpus für diesen Bereich nicht ausreicht und eigene umfangreiche Erhebungen aufgrund eines Fragebuchs nötig gewesen wären (lls.). Im ersten Hauptkapitel, dessen Gegenstand die Definition der koine dialettale sein soll, wird dieser sprachliche Varietätstypus zuerst einmal zwischen Dialekt und lingua 2 angesiedelt, wobei sich die verschiedenen Ebenen aufgrund formaler und funktionaler Kriterien unterscheiden lassen. Der ausgedehnte Anwendungsbereich des Dialekts läßt überdies den Schluß zu, daß wir es im Sinne von Kloss mit einer makrodiglossischen Situation zu tun haben. Damit hängt natürlich eng zusammen, daß die Dialekte im Tessin auch heute noch ein hohes Prestige haben, das in vielerlei Hinsicht mit demjenigen der deutschschweizerischen Dialekte vergleichbar ist. Sie unterscheiden sich von diesen jedoch dadurch, daß es einen deutlichen Unterschied zwischen ländlichen und städtischen Varietäten gibt, wobei die Stadtdialekte bezüglich des Ansehens deutlich besser abschneiden. - Vor diesem Hintergrund muß nun die koine dialettale gesehen werden, für deren Erfassung Petrini zuerst einmal auf die Definitionen von Pellegrini und Sanga 3 für den dialetto regionale zurückgreift (32); ich zitiere hier nur die zweite: II dialetto regionale e una «koine» basata sul dialetto de! centro principale (Milano, Torino, Venezia, ecc.), ehe accoglie le isoglosse comuni ai dialetti della zona, elimina i tratti locali piu vistosi e per il resto si riferisce al dialetto de! centro principale, ehe e anche il dialetto piu italianizzato. (zit. PETRINI 1988: 32) Die Existenz einer solchen Varietät erlaubt es den Dialektsprechern in der Kommunikation mit Tessinern aus anderen Dialektzonen, nicht auf das Standarditalienische auszuweichen, sondern eine Varietät zu verwenden, die ihrem angestammten Lokaldialekt sehr 1 Die Gleichsetzung dieser beiden Termini ist mit Vorsicht zu behandeln, cf. unten. 2 Unter lingua ist lingua comune, lingua standard oder etwas ähnliches zu verstehen. Dieser in Italien gängige Gebrauch ist natürlich für jeden Saussureaner ein Ärgernis. 3 Cf. G. B. PELLEGRINI, "Tra lingua e dialetto in Italia", in: id., Saggi di linguistica italiana, Torino 1975: 1-54, bes. p. 12 N 2; GL. SANGA, "La situazione linguistica in Lombardia", in: Jl paese di Lombardia, Milano 1978: 343-71, bes. p. 362. Besprechungen - Comptes rendus 269 nahe ist. Allerdings zeigt es sich im Tessin, daß wir es nicht mit einem einheitlichen, von einem den ganzen Raum dominierenden Zentrum abstrahlenden Regionaldialekt zu tun haben, sondern eben vielmehr mit einer Art Koine, einem relativ breiten Variationsspektrum, in dem die auffälligsten lokalen Züge eliminiert und «fremde» (regionale oder überregionale) Prestigezüge übernommen werden, die Basis aber gleichwohl immer der jeweilige Lokaldialekt bleibt. Diese Situation wird von Petrini mit einem schönen Beispiel aus Airolo illustriert (35s.). Die Koine ist somit nicht aufgrund einheitlicher und konstanter Züge erfaßbar, sondern nur aufgrund eines Büschels von bis zu einem gewissen Grade konvergierenden Merkmalen, die die starke sprachliche Fragmentation des Tessins zwar abschwächen, keineswegs aber ganz aufheben. Ob man diese Situation allerdings mit derjenigen der Pidgins (z. T. auch der Kreolsprachen) vergleichen darf, wie dies Verf. mehrmals tut, ist mehr als fraglich: Der Tessinerkoine geht doch gerade der reduktionistische Charakter (sowohl im morphosyntaktischen als auch im lexikalischen Bereich) ab, der für die Pidgins charakteristisch ist, und ebenso ist sie von der Anwendung her nicht auf einen ganz engen, rein utilitaristischen Bereich beschränkt; damit kann sie (ganz abgesehen von der Frage des sozialen Status) aber auch nicht eine Kreolsprache, d. h. ein zur Muttersprache gewordenes Pidgin sein. Überhaupt wäre zuerst einmal nachzuweisen, ob und wo der koine ticinese die Rolle der Muttersprache zukommt. Nach den Erkenntnissen von Petrini ist die Tessinerkoine im Gültigkeitsraum nicht nur sehr unterschiedlich ausgestaltet, sie ist in einzelnen Zonen und bei den einzelnen Sprechern auch unterschiedlich gut verankert. Dabei läßt sich nicht übersehen, daß die städtischen Zentren für ihre Gültigkeit eine wichti'ge Rolle spielen, und zwar sowohl wegen ihres Prestiges, als auch wegen der hohen Zahl von Berufspendlern (inklusive Auszubildenden und Schülern). Die regionalen Zentren haben so dem lombardo illustre, das noch zur Zeit der Untersuchungen von Oscar Keller in den 30er und 40er Jahren eine dominante Rolle als vehikuläre Bezugsnorm spielte, weitgehend den Rang abgelaufen: eine größerräumige Ausgleichsbewegung ist durch eine kleinerräumige ersetzt worden. Dem steht zwar der immer stärker werdende Einfluß des italiano comune entgegen, das einen noch umfassenderen Bezugsrahmen bereitstellt, dessen Einfluß sich aber einstweilen nur auf der Ebene des Lexikons und auch hier nur in beschränktem Ausmaß geltend zu machen scheint, und dies insbesondere in den Städten. Aber auch in dieser Hinsicht ist das Bild uneinheitlich, läßt sich doch insbesondere im Sopraceneri feststellen, daß die Generation der bis zu 20-jährigen sich sprachlich wieder bedeutend dialektbewußter verhält als die beiden vorhergehenden Generationen und daß selbst in den größeren Zentren der Dialekt plötzlich wieder in Mode kommt. Dies ändert zwar nichts an der Tatsache, daß die italienische Standardsprache ein wichtiges Bezugssystem darstellt und die Koine beeinflußt, gleichzeitig darf aber nicht übersehen werden, daß ihr Gewicht für diese wesentlich geringer ist als der regionale Kontext bzw. die Architektur gewisser Teilregionen. Daß sich diese Gewichte in Zukunft möglicherweise zugunsten des italiano comune verschieben könnten, ist zwar wahrscheinlich, muß sich aber zuerst noch erweisen. Dieses wichtige, ja für die Arbeit zentrale Kapitel soll eine Art soziologischen und soziolinguistischen Rahmen für die nachfolgenden Teile liefern. Die Ausführungen verdienen sicher großes Interesse, wenn auch nicht verschwiegen werden darf, daß eine klare Linie oft schwer erkennbar ist und unsere Zusammenfassung mehr Ordnung vermuten läßt, als die oft widersprüchlich wirkenden Darlegungen tatsächlich bieten. Insbesondere ist zu unterstreichen, daß theoretische Überlegungen weitgehend fehlen und meist mit (mehr oder weniger gesicherten) Fakten argumentiert wird. Dazu paßt auch, daß die stärker theoretisch orientierten Arbeiten von Berruto aus den Jahren 1974 und 1987 4 4 Cf. G. BERRUTO, La sociolinguistica, Bologna 1974; id., Sociolinguistica dell'italiano contemporaneo, Roma 1987; usw. 270 Besprechungen - Comptes rendus weder im Text erwähnt werden noch in der Bibliographie erscheinen und daß auch die theoretischen Ansätze aus der angelsächsischen Soziolinguistik (Labov, Trudgill usw.) so gut wie nicht rezipiert werden. Zu bemängeln ist an dieser Situatibnsskizze v. a. aber auch, daß nirgends die Rolle und die Geltung des Standarditalienischen im Tessin (z.B. in der Verwaltung, in den Massenmedien, in der Universitätsausbildung, im Verkehr mit den anderen Regionen der Schweiz und mit Italien, usw.5) thematisiert wird und daß auch kein Versuch unternommen wird, den dialetto regionale (bzw. die koine ticinese) vom Phänomen des italiano regionale abzugrenzen. Das Argument, die Grenzen zwischen diesen Bereichen seien ohnehin fließend, kann bei einem Schüler von Berruto nicht gelten, da dieser doch wie kaum ein anderer die Auffassung vom sprachlichen Kontinuum vertritt, in dem es nur so etwas wie Kristallisationskerne gibt. Vielmehr ist Petrinis Vorgehen durch eine gewisse Theoriescheu gekennzeichnet, was auch erklären dürfte, warum er (trotz der Überschrift des ersten Kapitels) keine eigene Definition der Tessinerkoine liefert, sondern sich hinter variierenden und diversifizierenden Bemerkungen zu den Definitionen von Pellegrini und Sanga versteckt. Im Hauptteil der Arbeit, der der Materialpräsentation gewidmet ist, entfällt dann die bisherige soziolinguistische Orientierung praktisch vollständig, und wir bewegen uns wieder weitgehend in den Bahnen der traditionellen Dialektologie (mit starker historischer Komponente) ein nicht zu übersehender und auch recht überraschender Bruch in der Arbeit. Im phonetischen Teil tragen die Unterkapitel Titel wie: Esiti di A latina (57), Esiti del suffisso lat. -ARIU (62), Esiti di E lunga/ J breve (76), Esiti di wgermanica (174), etc.; im morphologischen Teil finden wir Titel wie Formazione de! plurale: Esiti .metafonetici da -I lunga finale latina (175), Plurale dei femminili (185), Possessivi (186), Pronomi personali (193), Articolo determinativo femminile plurale (197), etc. Im wesentlichen haben wir es in all diesen Fällen mit einer Art historischen Grammatik zu tun, die zu den jeweiligen dialektalen Resultaten führt; anschließend daran werden dann (in Kleindruck! ) die Abweichungen von diesen «Zielvorgaben» in den oralen Quellen jüngeren Datums aufgeführt und diskutiert. Was dabei an Ergebnissen herauskommt, darf sicher als aufschlußreich und interessant bezeichnet werden. Gleichwohl bleibt das Ganze wenig befriedigend, was zu einem großen Teil darauf zurückzuführen ist, daß die ganze Materialklassifikation etymologisch aufgezogen und vorwiegend am Latein orientiert ist (cf. oben die Titel der Unterkapitel im phonetischen Teil). Dies ist zwar sicher ein verbreitetes und praktisches Klassifikationsprinzip, aber ist es für die Fragestellung dieser Arbeit auch sinnvoll? Ich meine nein, denn das Latein liegt entwicklungsgeschichtlich viel zu weit weg; wenn man es als Klassifikationsraster benutzt, wird einerseits aus heutiger Sicht Zusammengehörendes oft auseinander gerissen, andererseits Unterschiedliches zusammengepackt. Ähnliches müßte (obwohl in abgeschwächter Form) auch festgestellt werden, wenn auf das italiano comune oder das lombardo illustre als Bezugsrahmen zurückgegriffen würde. Um das Funktionieren der Beeinflussungsmechanismen wirklich in den Griff zu bekommen, gibt es eigentlich nur eine saubere Lösung: Der Bezugsrahmen muß der jeweilige Basisdialekt sein, auf den dann die interferierenden Systeme bezogen werden. Eine solche Lösung stünde durchaus im Einklang mit Petrinis Feststellung, die verschiedenen Erscheinungsformen der Koine wurzelten immer in einem Lokaldialekt. Allerdings hätte dieses Verfahren den Nachteil, daß jeder Lokaldialekt hinsichtlich seiner «Regionalisierung» für sich abgehandelt werden müßte aber da dies der sprachlichen Realität entspricht und so auch die tatsächlich ablaufenden Mechanismen besser in den Blick treten, könnte man die 5 Cf. hierzu z.B. P. WuNDERLI, "Die mehrsprachige Schweiz und Europa", in: P. RücK, Grenzerfahrungen. Schweizer Wissenschaftler, Journalisten und Künstler in Deutschland, Mahrburg 1991: 213-41, bes. p. 219-22. Besprechungen - Comptes rendus 271 Unbequemlichkeit wohl in Kauf nehmen. - Eine weitere Schwäche des Hauptkapitels ist die mangelhafte Unterscheidung zwischen phonetischen und morphologischen Phänomenen. So ist z. B. im Phonetikteil unter M latina» von den Imperfektendungen (60ss.), dem lat. Wortbildungssuffix -ARIU (62s.), unter «o breve latina» von den mask. Formen des Possessivums (99s.) die Rede, während andererseits bei der Pluralbildung im morphologischen Teil die Entwicklung von langem lat. -r (175ss.) diskutiert wird, usw. Natürlich ist unbestritten, daß phonetische Veränderungen auf morphologische Gegebenheiten zurückwirken können und daß morphologische Ausgleichsphänomene die «Lautgesetze» stören; dies sollte aber nicht daran hindern, den jeweiligen Diskussionsschwerpunkt im Auge zu behalten und v. a. das Klassifikationsraster konsequent zu gestalten. In den Osservazioni conclusive listet dann Petrini zuerst noch einmal die wichtigsten Ergebnisse seiner Untersuchung auf (229-32). Er betont anschließend, daß die Formen des Standarditalienischen höchstens eine Stützfunktion beim regionalen Ausgleich ausüben könnten, nicht aber wirkliche Leitformen seien. Hier liegt eine überraschende Umorientierung seit den 60er Jahren vor: Mailand und das Standarditalienische sind in den Hintergrund getreten und haben dem innerregionalen Ausgleich weichen müssen, was durch eine weitere Liste von Phänomenen, die dies belegen sollen, illustriert wird (232s.). Dazu kommt dann noch, daß für die Bevölkerung im ländlichen Raum (ausgenommen gewisse «Bildungssnobs») die Varietäten der Regionalzentren keineswegs mehr zwingend die Funktion von Leitformen haben (234) was allerdings die Verbreitung von einzelnen urbanen Zügen noch nicht unbedingt ausschließt. Es bleibt somit ein etwas diffuses Bild, das aber die wichtigsten Grundtendenzen doch mit genügender Deutlichkeit erkennen läßt. Bedauerlich ist, daß Petrini nirgends nach dem Grund für den Tendenzwandel in den letzten 30 Jahren fragt: wieso diese Abkehr von den eigentlichen Prestigevarietäten und eine Rückwendung nicht zum Lokaldialekt, wohl aber zu einer Art «entlokalisiertem» Regionaldialekt? Die Frage kann sicher nicht nur für das Tessin allein beantwortet werden, denn ähnliche Erscheinungen findet man auch in der deutschen Schweiz, in der Wallonie, in Quebec, in Louisiana, usw. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß ein Zusammenhang mit der sich ausbreitenden Ökologiewelle, der bewußten Rückwendung zum Einfachen, Bodenständigen, Natürlich-Kleinräumigen besteht. Die Arbeit von Petrini hat sicher interessante und brauchbare Resultate gebracht. Schade bleibt, daß diese aufgrund der Schwächen im theoretischen Bereich nicht immer das Gewicht und die Überzeugungskraft haben, die man sich wünschen würde. P.W. * GrovAN BATTISTA PELLEGRINI, La genesi del retoromanzo (o ladino), Tübingen (Niemeyer) 1991, 71 p. (Beih.ZRPh. 238) Man nimmt das dünne Bändchen, in dem einer der besten Kenner der Materie Bilanz zieht aus mehr als hundert Jahren Forschung und wissenschaftlicher (z. T. auch unwissenschaftlicher) Diskussion, mit Spannung zur Hand. Wer sich je mit den endlosen Polemiken um die «questione ladina» herumgeschlagen hat, ist dankbar für eine kritische Übersicht über die einschlägigen Themen und Positionen. Kernstück der Argumentation Pellegrinis ist, wie jeder weiß, der die Arbeiten des Autors kennt, die Widerlegung der von den meisten romanistischen Handbüchern vertretenen Auffassung, wonach die drei Dialektgebiete Bündnerromanisch, Dolomitenladinisch und Friulanisch eine effektive Einheit bildeten («unita ladina»), die es rechtfertigte, sie als eigene romanische Sprache zu qualifizieren. Mit dieser Fragestellung, die der (geographisch) «horizontalen» Zusammengehörigkeit der betreffenden Gebiete nachgeht, 272 Besprechungen - Comptes rendus ist eine zweite, «vertikal» ausgerichtete, verbunden: die nach der Abgrenzbarkeit der fraglichen Dialektgebiete von den jeweils südlich anschließenden Sprachregionen. Pellegrini hat dieser Problematik zahlreiche, im Verlauf von mehr als 45 Jahren entstandene Arbeiten (cf. die 35 Titel in der Bibliographie, p. 61-63) gewidmet. Das Resultat ist bekannt: Die Übergänge zwischen den «rätoromanischen» und den angrenzenden oberitalienischen Dialekten sind fließend. Es gibt keine scharfen Grenzen, oder wenn es heute solche gibt, sind sie das Resultat späterer Entwicklungen, einer Verwischung des ursprünglichen Typs der oberitalienischen Dialekte durch Einflüsse, die von Süden her kamen. Pellegrini gibt zunächst einen Überblick über die vorwissenschaftliche und die wissenschaftliche Diskussion zum Thema(§ 4-31, p. 3-26). Als verantwortlich für die Einheitstheorie werden Ascoli und vor allem Gartner bezeichnet. Carlo Battisti als dem prominentesten Gegner dieser Position ist eine durchwegs zustimmende Darstellung gewidmet. Pellegrini betont, daß die sachlichen Argumente Battistis von gegnerischer Seite kaum je ernsthaft diskutiert wurden. Im übrigen teilt der Autor die Forscher, die sich mit der «questione ladina» befaßt haben, in «objektive» und andere ein: Tagliavini, Francescato, Zamboni, Kramer, Pfister, Elwert, Iliescu und Hubschmid wird Objektivität attestiert, während Kuen, Rohlfs, Redfern und vor allem diejenigen Romanisten, die der Zeitschrift Ladinia nahestehen, negative Zensuren erhalten. In einem zweiten Teil(§ 32-54, p. 26-44) legt Pellegrini seine eigene Position dar. Er greift die wichtigsten Punkte der Diskussion noch einmal auf, untermauert früher vorgebrachte Argumente mit neuen Fakten und diskutiert neuere Literatur. Auf einzelnes soll weiter unten eingegangen werden. In den Paragraphen 55-57(44-46) äußert sich Pellegrini zum Einfluß der linguistischen Theorien auf das Sprachbewußtsein und das Selbstverständnis der zur Diskussion stehenden Sprachgemeinschaften. In bezug auf das Bündnerromanische und auf das Friulanische ist der Autor zurückhaltend, während er im Falle des Dolomitenladinischen eine sehr pointierte Haltung einnimmt, die in der Formulierung gipfelt: «i Ladini de! Sella possono anche oggi definirsi pienamente tirolesi» (45). Der letzte Paragraph (58, p. 46-47) faßt die Aussagen des Buches in sechs Thesen zusammen: 1) Verantwortlich für die Zementierung eines nach Pellegrini unangebrachten Gesamtbegriffs «Rätoromanisch» sind die gängigen romanistischen Handbücher. 2) Die Argumente für eine «unita ladina» stützen sich auf eine Übereinstimmung von (wenigen) konservativen Zügen in den betreffenden Dialektgebieten. 3) Die Sonderstellung des Friulanischen ist unübersehbar. Der lexikalische Befund bestätigt die in anderen Sektoren der Sprachbeschreibung gewonnenen Resultate. Zudem ist eine spontane Verständigung zwischen Friulanern und Dolomitenladinern resp. Bündnerromanen nicht gegeben. 4) Es gibt keine sprachliche Grenze zwischen «ladino» und den südlich anschließenden «italienischen» Dialektgebieten. Die Sella-Mundarten sind die archaischen und peripheren Ausläufer «di un particolare cisalpino» mit beträchtlichen tirolisch-deutschen Einflüssen. 5) Es gibt keine «unita dialettale retoromanza», da eine solche weder auf historischer noch auf linguistischer Ebene gerechtfertigt werden kann. 6) Die ursprünglich rein dialektologische Problemstellung ist von extralinguistischen, vor allem politischen, Faktoren verfälscht worden. Diesen Thesen, die das konzentrierte Resultat zahlreicher Einzeluntersuchungen darstellen, kann man(jedenfalls die Rezensentin) nur zustimmen(ausgenommen vielleicht der Bemerkung zur nicht gegebenen gegenseitigen Verständlichkeit von Friulanisch und Dolomitenladinisch resp. Bündnerromanisch, die zwar materiell richtig, für die Frage nach der Einheitlichkeit jedoch irrelevant ist (cf. etwa Sizilianisch und Bergamaskisch innerhalb Besprechungen - Comptes rendus 273 des italienischen Dialektsystems). Ich würde persönlich lieber noch weiter gehen und die auf fragwürdigen Prämissen beruhenden Einheitsetiketten «rätoromanisch» oder «ladinisch» als Bezeichnungen der Gesamtheit der drei fraglichen Dialektgebiete über Bord werfen 1 . Wenn der Terminus «Rätoromanisch» z.B. in der Bibliographie von M. Iliescu und H. Siller-Runggaldier (Romanica Aenipontana 13 [1985)) weiterhin als Oberbegriff für die drei Dialektgebiete verwendet wird, so trägt dies genau wie die von Pellegrini kritisierten Handbuchdarstellungen zur Zementierung eines Terminus bei, dem die Autoren selbst die Berechtigung absprechen (cf. die von Pellegrini positiv gewertete Skepsis Iliescus in bezug auf die «unita ladina», hier p. 26). Warum Pellegrini selbst seiner kritischen Abrechnung mit der «traditionellen» Position den Titel La genesi del retoromanzo (o ladino) gegeben hat, ohne «cosidetto» oder wenigstens Anführungszeichen beizufügen, ist mir nicht klar. Ebensowenig verstehe ich, was der Autor meint, wenn er von «genesi del nostro linguaggio» (32) spricht. Ein «cisalpino», zu dem sowohl die «traditionell rätoromanisch/ ladinischen Dialekte» wie auch die angrenzenden oberitalienischen Dialekte gehören? Die mehrfach wiederholte Forderung des Autors, es sei streng zwischen Linguistischem und Extralinguistischem zu scheiden, verdient volle Unterstützung. Auf dem Hintergrund einer so definierten Haltung erstaunt dann allerdings die Tatsache, daß Pellegrini sich so schwer tut mit dem Resultat der außerlinguistischen Entwicklung, derzufolge sich die Dolomitenladiner heute als eine von ihren südlichen Nachbarn verschiedene Sprachgruppe verstehen. Es klafft hier eine Lücke zwischen dem theoretisch Geforderten und dem selbst Praktizierten. Dasselbe gilt in bezug auf die Haltung des Wissenschaftlers, der seinen Gegenstand «sine ira et studio» untersuchen soll. Pellegrini betont, daß die Thematik seiner Schrift «con obiettivita scientifica» angegangen werden müsse (1) und daß es nötig sei, «affrontare qualsiasi discussione senza un briciolo di passionalita» (1). Mit diesem Programm verträgt sich der ironisch-polemische Ton, mit dem der wissenschaftliche Gegner Hans Goebl angegangen wird, sehr schlecht. Ich verweise auf die beiden letzten Abschnitte von p. 45, wo Goebl (fälschlich als Göbl zitiert) als selbstherrlicher «arbitro per qualsiasi questione relativa al 'retoromanzo'» qualifiziert wird, ohne daß eine Auseinandersetzung mit den Arbeiten des so Angegriffenen auch nur in einer Andeutung geleistet würde. Konsequenterweise (! ) fehlt Goebl denn auch in der Bibliographie. Während diese «Aussparung» auf ein bewußtes Totschweigen zurückzuführen ist, müssen andere Lücken in der Bibliographie als Unsorgfältigkeit des Autors gewertet werden. Einige Titel, auf die im Text Bezug genommen wird, sucht man vergeblich in der Literaturliste 2 . Gewisse Literaturangaben sind ungenau 3 oder weichen von den sonst praktizierten technischen Normen ab 4. Besonders störend sind die unkorrekte Einfügung deutscher Zitate in den italienischen Text und die oft fehlerhafte Wiedergabe der deutschen Zitate 5. 1 Warum ich die zwar umständliche, der sprachlichen Wirklichkeit jedoch besser Rechnung tragende Lösung bevorzuge, jeweils von Bündnerromanisch (oder Rätoromanisch), Dolomitenladinisch und Friulanisch zu sprechen, habe ich in einem Forschungsbericht auf der Gartner- Tagung in Vill/ Innsbruck 1985 begründet. Cf. Romanica Aenipontana 14 (1987), 54-56. 2 PFISTER 1982 (zit. p. 27); CRAFFONARA 1977 (zit. p. 6). PELLEGRINI 1986 (zit. p. 41) scheint PELLEGRINI 1986b zu meiIJen; ob aber 1986 a, b, c oder d gemeint ist, wird nicht präzisiert. 3 Mit «RrscH, ERNST, Die Räter als sprachliches Problem, 22-36» kann niemand etwas anfangen, der die Publikation nicht anderweitig kennt. 4 Unter DAUSES, AUGUST 1989 sind Vor- und Nachnamen der Herausgeber ERNST und STEFE- NELLI vertauscht. Statt GERHARD (ERNST) steht GERHART. 5 Z.B. p.6.: il marebbano, il badiotto e il gardenese, connessi «der ultramontaner Dialekten»; p.7.: il Bacher riteneva ehe «die ladinische Sprache für dieselbe, die weiland der tuskische Heerführer Rhätus ... gesprochen». Weitere Beispiele p. 13, 26. 274 Besprechungen - Comptes rendus Woher die Karten p. 67-71 stammen, wird nirgends erläutert. Die beiden ersten, schwarzweiß reproduziert wie die übrigen, sind offenbar im Original farbig. Der Leser kann beim Umsetzen der Legenden <werde», «giallo chiaro», «giallo intenso» usw. nur frustriert bleiben. Daß in der Bibliographie nicht alles verzeichnet ist, was ein Leser erwarten würde, der mehr von der bündnerromanischen als von der dolomitenladinischen oder friulanischen Forschung herkommt, darf dem Autor nicht angelastet werden. Immerhin wären etwa zum Thema der verhärteten Diphthonge, das p. 36 behandelt wird, neuere Stellungnahmen zu erwähnen: H. SCHMID, «Zwischen Chur und Chiavenna: die Mitte Romanischbündens», Annalas da la Societa Retorumantscha 98 (1985), 49-107, bes. p. 60-71; W. ErCHEN- HOFER, «Diachronie des betonten Vokalismus im Bündnerromanischen seit dem Vulgärlatein», Romanica Raetica 6 (1989), 161-169. Zur «questione ladina» und deren methodologischen Aspekten wäre JÜRGEN LANG, Sprache im Raum. Zu den theoretischen Grundlagen der Mundartforschung, Tübingen 1982, zu ergänzen. Abschließend soll nochmals betont werden, daß die Schrift Pellegrinis eine willkommene Bilanz der wissenschaftlichen Diskussion zur «questione ladina» darstellt. Die Fülle der Fakten und bibliographischen Hinweise ist beeindruckend, die Argumentation weitgehend überzeugend. Ob das Buch allerdings dazu beitragen wird, alte Animositäten zu glätten oder gar aus der Welt zu schaffen, wage ich zu bezweifeln. R.L. * JOACHIM SCHULZE, Sizilianische Kontrafakturen. Versuch zur Frage der Einheit von Musik und Dichtung in der sizilianischen und sikulo-toskanischen Lyrik des 13. Jahrhunderts, Tübingen (Niemeyer) 1989, X + 260 p. (Beih.ZRPh. 230) Die Frage einer möglicherweise auch gesungenen Vortragspraxis der sizilianischen Lyrik hat in Ermangelung eindeutiger historischer Zeugnisse seit jeher ihre Befürworter und Gegner gefunden. Inzwischen gilt sie mehrheitlich im Sinne einer eben von den Sizilianern definitiv vollzogenen Trennung von Musik und Dichtung als beantwortet, ohne daß sie je Gegenstand einer spezifischen Untersuchung gewesen wäre. Angesichts dieser Forschungslage besteht das Ziel des Verf. darin, die verbreitete These von einem «divorzio tra musica e poesia» (Contini, Roncaglia) durch den bislang noch nicht versuchten Nachweis von sizilianischen Kontrafakturen zu widerlegen bzw. zu schwächen. Zu diesem Zweck greift er methodisch auf F. Gennrich und H. Spanke zurück. Die Studie ist in ihrem Hauptteil in 21, nicht weiter gruppierte Kapitel gegliedert. Die ersten drei Kapitel bilden insofern eine Einheit, als sie in die Thematik einführen: Verf. beschreibt zunächst die Entstehung der These vom «divorzio tra musica e poesia» und lehnt sie als nicht stichhaltig ab (Kap. 1); er skizziert sodann die allgemeine Bedeutung von «Musik als Ehr und Zier» für die hochadlige Selbstdarstellung (Kap. 2) und entwickelt anschließend seine Hypothese anhand eines exemplarischen Vergleichs zweier «Lieder», welcher zugleich der Darlegung seiner von Gennrich übernommenen Kriterien dient (Kap. 3). Die Kapitel 4-20 bilden den empirischen Schwerpunkt der Studie. Hier stellt der Verf. detailliert alle weiteren Fälle vor, in denen metrische und textliche Parallelen zwischen dem italienischen «Lied» und seinem aokz. oder afrz. Muster für die Annahme von Kontrafakturen sprechen. Darüber hinaus untersucht er den musikalischen Einfluß auf die Gliederung der siz. Kanzonenstrophe (Kap. 19). Er beschließt nahezu jedes Kapitel mit einer dem italienischen Gedicht unterlegten Textvorlage und Notierung. Erwähnt sei seine Hypothese zur formalen Entstehung des Sonetts: Dessen <metrisches Etymon> wäre dem- Besprechungen - Comptes rendus 275 nach weder die cobla esparsa noch das strambotto, sondern die siebenzeilige prov. Kanzonenstrophe (Kap. 15). Die rund 20 eruierten Kontrafakturen veranlassen den Verf. nun, nach dem musikalischen Modellcharakter einiger sizilianischer und sikulo-toskanischer Gedichte innerhalb dieser Lyrik zu fragen, zumal er für neue italienische Formen eigene Melodien annimmt (Kap. 21). In seinem Rückblick klassifiziert er die für die sizilianischen Kontrafakturen okzitanischer oder französischer Muster gewonnenen Ergebnisse nach ihren Wahrscheinlichkeitsgraden. Die prinzipiell gegebene Möglichkeit von metrischer Isomorphie schließt er für die frühe Rezeptionsphase zugunsten der Kontrafaktur aus. Überlegungen zum «Nutzen der Kontrafakturforschung» runden das Kapitel ab. Im Anhang untersucht er die Herkunft des sizilianischen Binnenreimes (Kap. 1), plädiert für eine im wesentlichen formal begründete Rückdatierung der Entstehungszeit der Sizilianischen Schule (Kap. 2) und weist auf die musikalische Beeinflussung .zwischen geistlicher und weltlicher Ballata hin (Kap. 3). Eine nach Sachgebieten gegliederte Bibliographie sowie ein Verzeichnis der kontrafizierten provenzalischen und französischen Lieder beschließen die Studie. * Die Studie ist ein kühner Vorstoß in einen weitgehend unerforschten Bereich. Trotz ihres sperrigen Gegenstands ist sie gut lesbar und zügig durchgeführt. Sie liefert, gestützt auf das musikologische Wissen des Verf.s, anschauliche Beispiele für metrische Nachbildungsmöglichkeiten in der italienischen Lyrik. Die eigene Position ist klar herausgearbeitet. Jedoch wagt der Verf. nur vorsichtige Kontrafakturvermutungen, keine dezidierte Behauptung. Die Annahme einer in der frühen italienischsprachigen Lyrik weiterbestehenden Einheit von Musik und Dichtung beruht in erster Linie auf einem Analogieschluß des Verf.s: Warum sollte diese Dichtung «vom sonstigen europäischen Brauch» abweichen (3)? Er unterlegt sie 1. mit Salimbenes Zeugnis über die Sangeskunst Friedrichs II., übersieht dabei aber zum einen den topischen Charakter und dehnt das Phänomen zum anderen in historisch unzulässiger Weise auf die Sizilianer und Sikuler-Toskaner aus; 2. durch intentionale Interpretation von cantare, suo[n] und «musikologischer Belege» aus De Vulgari Eloquentia, deren Grundausrichtung er verkennt; 3. mit in keiner Weise überzeugenden Aussagen von Musikhistorikern und 4. mit dem Aufzeigen möglicher sizilianischer Kontrafakturen. Daß die Sizilianer keine expliziten Hinweise auf Kontrafakturen hinterlassen haben, spricht in der Tat nicht gegen deren Vorhandensein. Gerade ihre geringe Zahl und die Seltenheit ihrer Metren wertet der Verf. als absichtsvolle Nachbildung durch die Dichter selbst zwecks «Übernahme auch der Melodie» (37). Die Auseinandersetzung mit A. Roncaglia durchzieht die Studie wie ein roter Faden. Dabei hat der Verf. mit seiner Behauptung, die These vom divorzio sei unbewiesen, insofern unbeabsichtigt recht, als diese in der Tat mit stilistisch-technischen Analysen allein nicht aufrecht erhalten werden kann. Doch mit demselben Ansatz kann er ebensowenig seine eigene These beweisen! Wiewohl kein Forscher auf jeweils aktuelle Ansätze verpflichtet werden kann und soll, so ist bezüglich moderner wissenschaftlicher Standards doch auf gravierende Mängel der Studie hinzuweisen: Sie präsentiert sich völlig unbekümmert um den theoretischen und methodischen Paradigmenwechsel in der mediävistischen Literaturgeschichtsschreibung; undiskutiert bleibt sie dem Vorrang der Filiationsforschung verhaftet. Selbst neuere, strukturalistisch inspirierte Entwicklungen in der Metrikforschung finden keinen Eingang. Das Begriffsinstrumentarium ist größtenteils überholt. 276 Besprechungen - Comptes rendus Die Heterogenität des Inhaltsverzeichnisses setzt sich in der Kriterienvielfalt der Analyse fort, welche mitunter den Eindruck der Willkür erweckt. Viele Kontrafakturindizien laufen auf den Nachweis von nicht weiter überraschenden intertextuellen Bezügen hinaus. Es erfolgt keine Gattungsdifferenzierung, weder in sozialer noch in thematischer und musikalischer Hinsicht, obwohl diese die Frage einer gesungenen Vortragspraxis unmittelbar tangiert. Neu ist an seiner Hypothese zur Entstehung des Sonetts lediglich die Verszahlangabe der als Muster gewählten canso-Strophe, keinesfalls die bekannte Tatsache der Wiederholbarkeit ihrer Strophenteile. Unklar bleibt, warum er die Hypothese innerhalb seiner Argumentation nicht mit der Frage nach musikalischen Anregungen für neue Strophengliederungen in sizilianischen Kanzonen verbindet (Kap. 19). Die bibliographische Auswertung ist sehr selektiv. So dürfte der Verf. sich z.B. von den musikologischen Aussagen des Lemmas canzane in der Enciclopedia Dantesca gern haben beflügeln lassen, doch hat er die deutlich relativierenden Aussagen der Lemmata melodia und musica (alle drei von R. Monterosso) bezeichnenderweise nicht berücksichtigt. Der Hauptmangel der Studie besteht im gänzlichen Vernachlässigen des für alle an einer Kontrafakturpraxis beteiligten Dichtungen jeweils unterschiedlichen Sitzes im Leben. Die entscheidende Frage nach der Motivation von Melodieübernahmen ist mit «Musik als Ehr und Zier» (Kap. 2) nur unspezifisch beantwortet. Das eventuelle Interesse der Italiener an einem gesungenen und instrumental begleiteten Vortrag ihrer Gedichte wäre weniger auf ihre Vorbilder, als vielmehr auf ihre eigene historisch-soziale und kulturelle Situation zurückzuführen. Stattdessen gebraucht der Verf. die Bezeichnung sizilianisch «im weitesten Sinne» (143), so daß entgegen etablierter Überzeugung das Sirventes in das «sizilianische» Gattungsspektrum gelangt (Kap. 18). Auch geht es nicht an, für die Italiener das höfische milieu oral des 12. Jhs. anzunehmen (229), zumal schon die Trobadorlyrik den Vorrang des Textes vor der Melodie bezeugt und nicht ausschließlich auditiv rezipiert wurde. Innerhalb seines Argumentationsrahmens hat der Verf. gefunden, was er finden wollte. Da grundlegende Fragen jedoch offen bleiben, kann er die These vom divorzio tra musica e poesia nicht schwächen. Seine Studie bleibt eine empirische Fleißarbeit, deren drei Hypothesen dringend einer rezeptionsästhetischen und literatursoziologischen Überprüfung bedürfen. Grazia Lindt * CHARLES DAHLBERG, The Literature of Unlikeness, Hannover/ London (University Press of New England) 1988, 207 p. • · Der knapp 200 Seiten starke Band beschäftigt sich mit Literatur aus einer Zeitspanne von über tausend Jahren (Augustin bis Malory), in Latein und mehreren Volkssprachen, aus völlig verschiedenen Gattungen'. Behandelte Autoren sind u. a. der des Beowulf, Chretien de Troyes, Chaucer und Alain de Lille. Der gemeinsame Nenner dieser auf den ersten Blick disparat wirkenden Auswahl ist das Augustinische Konzept der «unlikeness», der inneren und äußeren «dissimilitudo», welche den Menschen von Gott, nach dessen Bild er geschaffen ist, trennt. Die Formel «regio dissimilitudinis» mit dem Sinne «fernab von Gott» hat in der mittelalterlichen Literatur bis in die Neuzeit großen Widerhall gefunden und ist vor allem im 12. Jahrhundert immer wieder zitiert worden. Das vorliegende Werk verfolgt die Wendung und wofür sie steht in einem weitgefächerten Textkorpus. Explizit folgt C. D. den Ideen D. W. Robertsons, der in den 50er Jahren postulierte, daß mittelalterliche Literatur sich im Spannungsfeld der positiven «caritas», der Liebe zu Gott, und der negativen «cupiditas», der Sinnlichkeit, bewege. Das erste Kapitel, The Land of Unlikeness (16-25), untersucht die Formel bei Augustin Besprechungen - Comptes rendus 277 selbst, in der Consolatio des Boethius, wo der Gedanke implizit dadurch aufgenommen ist, daß der Mensch auf Erden im Exil und nicht in Gott, wo er hingehört, ist. The Kingdom of Unlikeness (26-54) beschäftigt sich mit dem Beowulf, der die Wendung ebenfalls benutzt. In diesem ersten großen Text in englischer Sprache verschiebt sich das Gewicht allerdings auf die Königschaft (regio = kingdom). The Rhetoric of Unlikeness (55-72), wo sich die Dinge zunehmend verdichten, handelt von Alain de Lille und dem Pseudo Dionysius Areopagitus, dessen Werk im Zuge der karolingischen Renaissance zweimal ins Lateinische übersetzt worden ist und im 12./ 13. Jahrhundert beträchtlichen Einfluß ausgeübt hat. Der Bezug zur «regio dissimilitudinis» ergibt sich durch Dionys' Annahme, daß die Begriffswelt der menschlichen Sprache für das Göttliche notwendigerweise inexakt ist und sie die Realität dessen, das zu bezeichnen sie sich bemüht, verfälscht. Love as Unlikeness (73-97) vollzieht den Schritt in die profane Literatur und handelt über Andreas Capellanus und Chretien de Troyes. Der Autor schlägt eine Brücke von der «gelehrten» Literatur über Autoren wie Guillaume de St. Thierry oder St. Bernard, die behaupten, daß Liebe natürlich ist, wenn sie sich gegen ihren Ursprung, ihren Schöpfer richtet, aber wertlos und gefährlich, wenn nicht. In diese letzte Kategorie fällt der amour courtois. Lancelots Ritt ins Königreich Gorre im Karrenritter wird in diesem Kontext zwangsläufig zu einer Reise in die «regio dissimilitudinis», und die Szene, in der Lancelot auf den Wagen steigt (d. h. seiner weltlichen, ehebrecherischen Liebe gehorcht und dem Prinzip der Unordnung Folge leistet), ist dafür symptomatisch. The Gardens of Unlikeness (98-124) beschäftigt sich mit dem Rosenroman, der bekanntlich in der ersten Person Singular geschrieben ist und somit an die Augustinische Tradition der Confessiones anknüpft. Im Gegensatz jedoch zu seinem Vorbild, das die weltliche Liebe als fornicatio gegen Gott bezeichnet, hält die Figur des amant im paradiesischen verger ihre irdische Liebe für die einzig wahre. Indem Jean de Meun die Ansichten seiner Figur aber ironisiert und ihr andere (Raison, Dieu d'Amour) gegenüberstellt, wird die Form der confessio, deren erste Person Singular Authentizität garantiert, sozusagen auf zweifache Weise auf den Kopf gestellt. The Poet of Unlikeness (125-148) versucht, eine kurze Passage aus Chaucers Troilus and Criseyde, in der ein Ich- Erzähler seine eigene «unlikelyness» erwähnt, zu erhellen. Nach 1400 läßt sich eine Art von Retreat from Unlikeness (149-72) ausmachen, als dessen Repräsentant Malory untersucht wird. Der Autor zeigt, wie die theologische Komponente zusehends ausgeblendet wird und z.B. die Erwähnung kirchlicher Feste der bloßen Zeitangabe dient. Was immer der Leser von den Robertsonschen Gedanken halten mag, ist es nicht einfach, der Materialfülle der Untersuchung der «regio dissimilitudinis» durch die Jahrhunderte hindurch gerecht zu werden. Für den theologisch-philosophischen (lateinischen) Bereich, wo die Wendung explizit verwendet wird und für den das Konzept auch zentral ist, erscheinen die Resultate plausibel, denn es wird jeweils ein Filiationsmodell angeboten, welches zeigt, wie die Metapher vom einen Text in den anderen kommt, und zahlreiche Parallelstellen stützen die Argumentation. Was hingegen die französischen literarischen Texte betrifft, für die im übrigen die neuere, nicht anglophone Sekundärliteratur nicht immer berücksichtigt scheint, sind einige Stellen diskutabel: um zu zeigen, daß das Land Gorre in Chretiens Lancelot mit der «regio dissimilitudinis», d. h. hier mit einem Reich der Sinnlichkeit gleichzusetzen ist, führt der Autor (mit Verweis auf andere Kritiker) an (84), daß im Namen Lancelot die «lance» anklinge, die ihm die flans (Sitz seiner Begierde) durchbohre und seinem Namen somit einen Anstrich von Sinnlichkeit gebe, oder daß Gorre und Bade 'pomp, vanity' respective 'frivolity, worthless thing' bedeuteten. Auch der Artushof selbst wird kurzerhand zu einem monde bestourne erklärt, da Keu «OF keu, coeu 'cook'» (86) mit den Bediensteten esse, von Artus aber mit dem ehrenden Titel seneschal angeredet werde. Stellen wie diese zeigen, daß der Autor manchmal der Versuchung nicht widerstehen kann, Texte einzig im Lichte seiner Idee anstatt der literarischen Tradition zu lesen. Im Kapitel über den Rosenroman etwa wird, um die erste Person 278 Besprechungen - Comptes rendus Singular zu illustrieren, das zweihundert Jahre ältere lyrische Ich von Guillaume IX von Aquitanien herangezogen. Um zu zeigen, wie bei Malory die religiöse Dimension verblaßt und Kirchenfeste bloß den Zweck einer Zeitangabe haben, wird Sir Gawain and the Green Knight zitiert, wo das eben nicht so sei (unter Berufung auf L. Walsh) und der Neujahrstag, das Fest der Circumcision, in Verbindung mit dem «beheading game» zu bringen sei. Dennoch sind auch diese Stellen, die wohl etwas weit gehen, wertvoll, denn sie unterstreichen etwas, was für Dichtung fundamental ist: den dialektischen Entwurf von literarischen Welten und Gegenwelten, die auf vielfältige Weise miteinander in Verbindung stehen können (similitudo) und für die in einigen Fällen die Augustinische Achse Gott- Mensch tatsächlich die relevante ist. R. Trachsler * M. SHEPHERD, Tradition and Re-creation in Thirteenth-Century Romance: «La Manekine» and «Jehan et Blonde» by Philippe de Remi, Amsterdam/ Atlanta (Rodopi) 1990 (Faux Titre 48) Die vorliegende Studie füllt insofern eine Lücke in der Erforschung mittelalterlicher Literatur, als sie sich vornehmlich als kritischer Kommentar zu den beiden Neuausgaben 1 der im Titel erwähnten Romane versteht. Doch dies ist nicht ihr einziges Anliegen. Sie bemüht sich, darüber hinaus durch einen Vergleich der beiden Werke den Nachweis zu erbringen, daß beide der Feder des Philippe de Remi entstammen. In seiner Einleitung (9-20) trägt der Autor zunächst alle verfügbaren Materialien zu Verfasserschaft und Datierung der beiden Texte zusammen. Was jedoch der Vorzug dieser Darstellung hätte werden können, gerät zu ihrem Mangel: jene Detailfülle eben, die nur mit recht zaghafter Wertung Fakten nebeneinander stellt, ohne diese für den Leser zu gewichten. Bei der Datierung von Jehan et Blonde wird der Leser das Ende des 13. Jahrhunderts mit dessen immerhin «realistischen Attitüden» leicht nachvollziehen können, zumal ungewöhnlicher Humor die Konventionen aufbricht, alltägliche Sprache in das Romangeschehen Eingang findet, komische Szenen mit Verkleidung und Betrügereien arbeiten, der Bürgerschaft bereits eine gewisse Mitwirkung am Geschehen beigemessen wird. Bei der Datierung von La Manekine indes hat der Leser seine liebe Not; denn zunächst wird dessen «merveilleux chretien» als Kennzeichen des 12. Jahrhunderts unter das Thema des Graals gestellt, um sodann für das folgende Jahrhundert mit jener ungewöhnlichen Verquickung von romanesken Paradigmata und religiösen Inspirationen als Kontrastfolie zur Prosa späterer «romans du graal» eingefordert zu werden (15). Ein gewagtes, aber vor allem wenig überzeugendes Vorgehen. Doch auch hier sind noch Steigerungen möglich, zumal beide Romane gleich ihren arthurischen Vorbildern den Weg von der Jugend zur Reife vermittels einer individuelle Erfüllung und soziale Dienstbarkeit vereinenden Thematik, gar den Sieg des so geprüften Protagonisten darstellen (18). Hier muß die Frage gestattet sein, warum beide Romane überhaupt die Bezeichnung «realiste» verdienten, wenn sie durch ihr Ausbrechen aus der rituellen Geographie des Artusromans mit einer stilisierten Gesellschaft ein höheres Maß an Reflexion über eine tatsächliche Welt einleiteten. Die drei folgenden Kapitel (21-71) beschäftigen sich mit den im Titel der Untersuchung bereits angesprochenen Größen der Tradition und der Neuschöpfung bei La Manekine. l «Jehan et Blonde» de Philippe de Remi: Roman du xrn e siecle, ed. par s. LECUYER, Paris (Champion) 1984 (CFMA 107), und Philippe de Remi's «La Manekine»: Text, Translation, Commentary by I. GNARRA, New York/ London (Garland) 1988. Besprechungen - Comptes rendus 279 Hierbei stehen Volkserzählung und Roman, Realismus und Magie, Form und Bedeutung als dialektische Analyseinstrumente zur Verfügung. Was bereits auf Jehan et Blonde verweist, sind jene Szenen, in denen niedere Gesellschaftsschichten vom Poeten mit Sympathie bedacht werden und von daher die ihnen bald neu zufallende soziale Rolle erhalten (39). Ungarn und Rom dienen innerhalb einer Handlung, die von der inzestuösen Liebe des ungarischen Vaters zur Protagonistin bis hin zu deren Hochzeit mit dem schottischen König führt, als bedeutungsgeladene Metaphern von der Sünde bis hin zur Errettung (58) 2 . Daß diese Aussagen des Romans durch formelle Attribute überbetont werden, ist gang und gäbe in mittelalterlichen Texten und hätte deswegen nicht weiter erwähnt zu werden brauchen (71) 3 . Die drei nächsten Kapitel (73-118) gehen den in der Thematik angelegten Hauptlinien von Jehan et Blonde nach. Dabei erfassen sie Stereotyp und Iroi;iie, Erzählrhythmen und Themenentwicklungen, Sprache und Verwandlung. Der Held gerät im Laufe der Erzählung vom «amant transi» zum «amant martyr» (73). Auf Grund vielfältiger Textanalysen gelingt es dem Autor, durch Iterationen und Parallelismen ein Geflecht von Bildern, Charakteren und Ereignissen aufzudecken, das mit dem aufmerksamen Leser sein ironisches Spiel treibt (117). Durch Humor erst vermag der altfranzösische Verfasser die «Realität» seines fiktiven Universums derart zu steigern, daß sich diese als feingesponnenes Trugbild selbst entlarvt (118). In einem gesonderten Kapitel zum Sinn der beiden Romane (119-127) verdeutlicht der Autor die Einbindung der Texte in einen höfischen Rahmen, gegen dessen Ideale eine kontrastierende Realität antritt. Gemeinsamkeiten in Technik wie auch Thematik bieten sich bei La Manekine und Jehan et Blonde an. So teilen beide die Ansichten zu Heirat und Familie (121). Desgleichen werden kirchliches Konzept und aristokratischer Kode als konkurrierende Kräfte ausgewiesen (124). Beide Texte führen von himmlischem Anspruch zu gesellschaftlicher Anerkennung (126). Ob in diesen wenigen Gemeinsamkeiten allerdings das Anrecht beschlossen liegt, für beide Romane denselben Verfasser einzufordern, muß beim gegenwärtigen Kenntnisstand angezweifelt werden. Die Zusammenfassung (129-131) kann sich folglich nur auf erzähltechnische Gemeinplätze stützen, die immerhin auf ein gut Teil der altfranzösischen Romane zuträfen, also nicht über die nötige Trennschärfe für das gewählte Thema verfügen. Die hierfür geforderte Familienähnlichkeit durch eine ethische Perspektive, die die Heirat in den Mittelpunkt der sozialen Strukturen stellt und darin die Garantie für die Wahrung der moralischen Werte sieht (130), beruht mit einigen Abwandlungen in den Einzelheiten auf einer europäischen Tradition. So läßt sich das Buch von Shepherd insgesamt als Sammlung von ausgezeichneten Detailstudien zu den beiden Romanen werten. Hätte nicht neben der Kommentierung noch der Anspruch gestanden, den Erweis für Philippe de Remis gleichzeitige Verfasserschaft zu erbringen, die Argumentation hätte nicht so leicht an diesem Bemühen scheitern können 4• H. Klüppelholz 2 Auf die Möglichkeit der Tabu-Überschreitung, die in jenen Extremsituierungen der für das Mittelalter bekannten Geographie stecken, weist A.-J. SucHIER, «A propos de la traduction des textes litteraires medievaux: ,La Manekine>. Roman du XIII e siede», Anna/ es de l'Est 33 (1981), 71-75, hin. 3 Ob dies allerdings berechtigt, THELMA S. FENSTER, «Beaumanoir's ,La Manekine>; Kin D(r)ead: Incest, Doubling, and Death», American Imago 39 (1982), 41-58, zu folgen, die etymologisierend-psychologisierend in mannekijn ein Phallus-Symbol sieht, mag dahingestellt bleiben. 4 In diesem Zusammenhang soll keinesfalls die ausgezeichnete Bibliographie am Ende des Buches (133-139) unerwähnt bleiben. 280 Besprechungen - Comptes rendus MrCHELLE SZKILNIK, L'Archipel du Graal. Etude de l'«Estoire de! Saint Graal», Geneve (Droz) 1991, 147 p. (Publications Romanes et Fran<; aises 196) L'Estoire del Saint Graal est une ceuvre peu lue, voire meme un peu meprisee par Ja critique. C'est pourquoi l'etude de M.S. est d'emblee Ja bienvenue. Sa täche n'a pas ete facile: eile a ete contrainte de travailler avec ! es vieilles editions d'Hucher (1875) ou de Sommer (1909) et n'a pas pu consulter les travaux (nouvelle edition plus etude) de J.-P. Ponceau, actuellement en cours de publication. Comme ils n'existaient que tres peu d'etudes anterieures, Je present livre est Ja premiere monographie, presque entierement originale, sur ! 'ensemble du texte de l' Estoire. L' Estoire constitue Ja premiere partie du Cycle du Lancelot-Graal. Mais eile a sans doute ete composee apres coup, entre 1225 et 1230, quand ! es autres parties du cycle existaient deja. II etait donc interessant de voir comment eile s'integrait dans l'ensemble du cycle pour lequel eile fonctionne comme une introduction, usant d'annonces et de propheties pour preparer ses pseudo-continuations. L' Estoire raconte ! es aventures du Graal et d'une serie de personnages qui arrivent, apres Ja mort du Christ, par des chemins divers en Grande-Bretagne. Les aventures des differents personnages sont souvent sans lien apparent, et M.S. propose donc, afin de tenir campte de cette structure eclatee du texte, Ja metaphore de ! 'Archipel, Oll ! es elements, taut en conservant leur independance, prennent place dans une configuration plus vaste (8). C'est cette metaphore, ainsi que celle du Voyage, qui relie ! es differentes parties entre elles et qui sert de ligne directrice a l'etude. L'etude met en evidence que ! es personnages, sur leur chemin de ! 'Orient vers Ja terre promise en Occident, evoluent d'une part selon Je modele de Moi"se, mais prefigurent de l'autre aussi en sens inverse - Je voyage de Galaad, qui, dans Ja Queste, ramene Je Graal dans sa terre d'origine. L' Estoire valorise ainsi apres coup l'Occident decadent delaisse par Ja Queste (18). Les voyages suivent un itineraire spirituel, ils se font a travers ! es mers Oll guette Je diable, avec, pour ! es pai"ens, des sejours initiatiques sur des iles, qui leur permettent de se convertir ou de fortifier leur nouvelle foi. Arrive en Grande-Bretagne, il incombe a Josephee, a nouveau a travers ses deplacements, d'evangeliser ! es habitants barbares et d'organiser, en laissant ses compagnons a des endroits strategiques, la nouvelle terre. En meme temps, il met Ja base, Je port, a partir duquel Je reste du cycle peut prendre Ja raute. L' Estoire, a l'instar d'un immense recit etiologique, met en place Ja geographie arthurienne, mentionnant par exemple Camelot, Orcanie et la Foret de Broceliande. Le caractere apocalyptique du prologue de ! ' Estoire s'efforce en outre de conferer une assiette sacree au livre entier et, partant, a l'ensemble de la Vulgate (57). Taut Je lang de l'Estoire, se profile Ja verite evangelique. Le tres convaincant chapitre Vent d'Est, Vent d'Ouest (83-110) s'occupe du style et du mode d'ecriture de l'Estoire qui s'opposent a ceux de Ja Queste, accusant peut-etre davantage l'influence de la tradition mediolatine et des romans en vers que celle des autres romans du cycle. A cette position-charniere au niveau de Ja forme correspond Ja multitude des «matieres» dans lesquelles Je texte puise. II s'y mele des elements de taut type de discours qui font croire que ! ' Estoire, dans sa confusion, est moins, comme Je voulait Ja critique jusqu'a present, l'expression du manque de talent d'un pietre ecrivain, mais le «Je projet ambitieux, et peut-etre avorte, [...] d'une ceuvre que ne limiteraient pas ! es conventionnelles definitions de matieres ou de genres litteraires» (136). La demarche de l'etude est toujours la meme: sans se laisser emporter par sa propre metaphore, M.S. retrace ! es faits des differents cheminements, eile ! es expose, ! es rapproche ! es uns des autres, montre en quoi ils se distinguent et vers Oll ils convergent. Elle ! es insere, Je cas echeant, dans une tradition litteraire existante, mais surtout souligne leur signification par rapport a l'ensemble du cycle. II apparait ainsi que, taut en respectant fidelement ! es donnees du cycle, ! ' Estoire prend par moments deliberement Je contre-pied de Ja Queste et peut influencer, par sa reecriture, Ja Vulgate entiere. Besprechungen - Comptes rendus 281 Pour finir, quelques petites remarques critiques: quand M.S., dans son introduction, se propose de choisir entre l'edition de Sommer et celle d'Hucher (finalement elle choisira a juste titre celle de Sommer, tout en recourant a celle d'Hucher, quand le texte est interessant), elle resume (12): «la version d'Hucher me parait plus verbeuse». Ce jugement, sans etre faux, est un peu subjectif, et il conviendrait de dire, avec, par exemple, le Grundriss IV/ 2 partie documentaire, p. 118, que le texte de l'Estoire (environ 56 mss) est represente par deux redactions: l'une longue (et correspondant au texte d'Hucher), l'autre courte (l'edition Sommer). Le lecteur aurait sans doute aussi apprecie une page ou deux a part sur les rapports passes sous silence dans l'introduction et rapidement evoques p. 72 entre l'Estoire et le Joseph de Robert de Boron qu'elle utilise et qui relate egalement les «Enfances du Graal». On peut aussi reprocher a M.S., meme au risque de paraitre excessivement pointilleux, quelques details concernant surtout la presentation formelle. Outre un nombre de coquilles dans les notes relativement eleve pour une publication d'a peine 150 pages il faut mentionner notamment le manque d'unite et de precision dans les renvois bibliographiques (dans les notes et dans la partie Bibliographie) ou tant6t l'editeur precede le lieu de parution, tant6t c'est l'inverse. En plus, la bibliographie donne, pour certaines revues, le lieu de parution mais pas pour d'autres et finalement et c'est le plus grave il manque parfois au lecteur un element essentiel pour retrouver en temps utile un article. Ainsi, il aurait ete judicieux d'indiquer, pour une etude d'E. Baumgartner parue dans les Actes d'un colloque, le lieu (Reims) ou, encore mieux, le nom de l'editeur (Y.Bellenger) au lieu de «Actes du Colloque de novembre 1984», parus d'ailleurs deux ans plus tard. Ailleurs il manque les pages (20 N 24, de meme dans la Bibliographie) ou le numero d'une revue (89 N 28, de meme dans Ja Bibliographie). Mais ce ne sont 1a que des details qui n'enlevent rien a la valeur de cette etude tres suggestive qui a, outre le merite d'attirer l'attention sur un texte pratiquement inconnu et d'en montrer les enjeux et le fonctionnement, l'avantage de se lire agreablement. R. Trachsler * EDELGARD E. DuBRUCK (ed.), La Passion lsabeau. Une edition du manuscript Fr. 966 de la Bibliotheque Nationale de Paris avec une introduction et des notes, New York/ Bern/ Frankfurt/ Paris (Peter Lang) 1990, 234 p. (American University Studies, Series II; Romance Languages and Literature 141) Wie ein moderner Roman wird dieses Buch auf dem Umschlag mit Aussagen einiger ersten Leser angepriesen. Vier Professoren werden zitiert, die vermutlich in Empfehlschreiben an den Verleger diese Textausgabe als «tres soignee», «remarquable» und (engl.) «excellent» bezeichnen. Ich kann leider in diesen Lobgesang nicht einstimmen. Äußere Aspekte des Bandes sind zwar Geschmacksfrage (z.B. Papierverschwendung: vor und nach dem Kap. Titre, das nur aus einem Satz besteht, kommt je eine leere Seite; die kurzen Zeilen des Kopisten werden imitiert), aber die Ausgabe an sich, der kritische Apparat und das Glossar, sind aus objektiven Gründen unbefriedigend. Der wiederholte Fehler Jhesus Nazarenius Rex Judeor (Z. 3131, 3168 und 2892; cf. 5061 lacrimar) ist symptomatisch für die Grundschwächen dieser Arbeit: mangelnde Paläographie-, Sprach- und Sachkenntnisse, und fehlende interne und externe Textkritik. Daß DuBruck mit Photographien arbeitet, erklärt zwar manchen Fehler (z.B. Verwechslungen von c und t, von u, n und v und anderer jambages); aber erstens sind Worttrennungen, Akzentuierung, Punktuation und Markierung von Zitaten von der Handschrift unabhängig (z.B. qui statt qu'i, für 282 Besprechungen - Comptes rendus ,qu'il>; lui disoient ainsi par reproche: «comme fol, assote prophete, cuidoies tu ...» 2153), und zweitens lassen Kenntnisse der afr. Sprache Dutzende von Stellen korrigieren (seront esclandus 819; il souffu 3191; soi esbatir 2462). Am schlimmsten ist es, wenn ein Fehler nicht nur wiederholt (de une morte statt demie morte in 2821, 2962, 4276 und 4444), sondern sogar ins Glossar aufgenommen wird. So lesen wir 1884 und 1901 chamberie, aber 1905 chamberiere; im Glossar steht «CHAMBRIER, E; n.m ou f. (chambellan) 1884, 1901, 1905». In einem Text, der meistens maut, malt und mault gebraucht, befremdet die Form monlt (623, 723 usw. und im Glossar). Der kritische Apparat am Ende des Textes ist gänzlich überflüssig. Er gibt den falschen Eindruck, die Basishandschrift P 1 sei dank anderer Handschriften kontrolliert worden. Er verzeichnet aber nur mit vier Ausnahmen, auf die das stemma codicum p. 39 aufbaut! - Varianten von Bib. Nat. fr. 978 (P 3 ). Weshalb gerade diese Handschrift, wird nirgends erklärt, obwohl das stemma eher davon abrät. Leider fehlen mehrere Fußnoten, die P 1 rekonstruieren ließen, und häufig sind Korrekturen gänzlich unnötig (z.B. 1358 ed. les brebis [se parpilleront] nach P 3 , statt P 1 s'espartilleront; 1743 ed. [ainz], en cieulx, und 2837 [ains], de plus, statt wie P 1 encieulx, Variante von aini;;ois). Oft wundert sich der Leser, ob wirklich keine der anderen p. 40-50 beschriebenen einundzwanzig Handschriften einen besseren Text bietet als P 1 und P 3 . Etwa für 1881, comme Pierre se chauffoit au dit feu mault forment espovantes donc espoir il en avoit plus grant froit; oder 3506, Tu qui ne l'as point encore este sans lermes que je senti ou doleur tresgrant; oder 3677, Et de la divinite laquelle il estoient vins, si le recommandoit ... a Dieu; oder 4373, a mains courtes et bras esleves. DuBruck aber hat sich auf nur einen Kontrolltext beschränkt «...comme le texte est assez long et qu'il aurait trop de manuscrits a considerer». Nebst mehr Sorgfalt, Handschriften- und Quellenvergleichen hätte vor allem das übungsweise Übersetzen der Transkription in eine moderne Sprache viele Fehler vermeiden lassen. Wie hätte wohl die Herausgeberin, oder ihre Studenten, folgende Stellen übersetzt? en ce cas faux et donner du mien (169, der Satz geht weiter ce que j'en vueilfaire et donner); fruit de bonnes cuvies (479; cf. Bibel «fructus operis»); - Marie se mesla celle nuytee defaux lassiete ... Si dist ...: Entres a table (915, liesfaire l'assiete); va dire: «Abba pater, ha, a pere toutes choses te sont possibles» (1546; cf. 2741 dirent: «Haa Pylate ...»); venoit grant a ! 'eure (1725); - Pierre ... tire une espee ou grant coustel, de quoy espoir avoit este le vespre departy l'aigniel pasqual (1799); celle couronne pour les espines, qui estoient longues, ne se povoient enformer en la teste ..., pour l'enformer plus avant en la teste. Et par ainsi les espines ... peri;;oient le test jusques au fons du cervel donc le sang decouroit et contreval (2669); - Gardent soy bien qu'il ont fait bien leur enconviegne (4937); que les ames soient sauvees que man pere aures a son image (1962). Welch Gelächter unter den Studenten, wenn jemand Jacques l'ennuyeur auf Zeile 1876 mit «Jakobus der Langweiler» übersetzen würde! (cf. 1710, falsch punktiert, Jacques, le mineur cousin germain de Jhesus). Was ebenfalls mehrere Fehler hätte vermeiden lassen, ist die Beobachtung, daß dieser Text häufig Glossen oder Synonymgruppen verwendet (was mich vermuten läßt, daß P 1 , von ca. 1440, eine Überarbeitung des Originals von 1398 ist). Ich gebe mehrere Beispiele, weil in dieser Beziehung auch manch anderer Herausgeber profitieren könnte: louez ne nus enbesogne (146, lies ne mis en besogne); reculer et ordonner (1407, rieuler); ne soyes baretes et de ceulx (1713; dei;;u; cf. 3803 de ceulx aveugles, statt dei;;u et); champs ou tribut (2365, cens); vie tresverte et de tres grant purete (3160, tres nette); en pensant ne en caurant (2615, passant); taut afflicti et taut desire, taut sallie (5036, afflict et sossie; cf. 1667 or vaus reconfartes ... et si ne vous souffres de riens, lies saussies). Interne Textkritik, oder ein Blick in die Bibel, zeigt, daß an einigen Stellen ein Wort fehlt; etwa 749: Prenez le ... et le pases ens. Esquelles seront pleurs (cf. Bibel «mittite in Besprechungen - Comptes rendus 283 tenebras»). Oder gar eine ganze Zeile, wie 216 remors de conscience qui s'apelle le ver qui jamaiz n'estaint (der Wurm beißt; was nie erlöscht, ist das Feuer). Textvergleiche hätten ein gutes Dutzend schlimmer Fehler vermeiden helfen; wie etwa 2970: Symon Pierre de deulx hommes nommes Rouz et Alixandre. Die Bibel hat nur quemdam; viele Passionsgeschichten aber, wie z.B. die von Ludolf von Sachsen, haben dies erweitert in Simonem Cyrenaeum ... patrem Alexandri et Rufi. Ein längeres Beispiel läßt uns die Häufigkeit solcher Schwächen zeigen und führt weiter zur Quellenforschung. Im Abschnitt über die sieben Worte am Kreuze (4077s.) berichtet der Autor, daß Jesus zwischen dem Ausruf Hely, hely, la mazabathamy (sie 4022) und den Worten In manus tuas duas commando spiritum meum (sie 4080; lies Domine, commendo) alle dazwischenliegenden Psalmenverse gebetet habe. Or y a de l'un pas a l'autre neuf pseaumes entieres du psaultier, lesquelles pseaumes contiennent cent et un vers, et taut cela il dist en la croix ... en quoi il vous (lies «nous») donna exemple de n'estre pas tantost ennuyez en oroison et en devocion. (Komma) Et par especial, quant adversite vous (lies «nous») contraint, (Kolon) dont aucunes devotes personnes ont les dessusdictes neuf pseaumes et un vers esleves et tries a part (statt Synonymgruppe «esleus et tries»? ), pour dire a ce benoit jour du grant vendredi et autres toutes, et quantes (Komma vor, nicht nach toutes; nach quantes fehlt «fois», cf. FEW 2.1418) que adversite les suprent en souvenance de la pssion de Nostre Seigneur. Das erste Zitat ist Psalm 22/ 1, das zweite Psalm 31/ 5. Ob dazwischen neun oder zehn Psalmen liegen, kommt auf die Zählweise an (oder die Zahlensymbolik). Die Basishandschrift irrt, wenn sie auf die Psalmen XXI und XXXI verweist, aber neuf pseaumes zählt. Die Herausgeberin hätte auch nachzählen können, daß es sich um mehr als un vers oder sogar cent et un vers handelt. Die katalanische Übersetzung einer Version der Meditationes Vitae Christi des Pseudo-Bonaventura liest: ... s6n deu psalms y contenen cent sinquanta versos; lo Senyor los digue tots estant en la creu ...; y per c;;o es cosa loable, en recort de la passi6 del Senyor, dir-los algunes vegades (ed. ALBERT HAUF, Contemplaci6 de la passi6 de Nostre Senyor Jesucrist, Barcelona 1982, p. 59). In neueren Ausgaben der Meditationes findet sich kein Hinweis auf diese Legende und volkskundlichen Brauch, aber es ist offensichtlich, daß der Übersetzer der Passion auch hier bloß seiner lat. Vorlage folgt. DuBruck, die die Meditationes nur aus Zitaten in Emile Roys Le Mystere de la Passion kennt (cf. p. 57 N 32), glaubt aber, die Meditationes seien nichts mehr als «source inspiratrice» gewesen (20). Ihr Text sei keine «traduction au sens moderne, mais plutöt une adaptation de la source latine; eile se lit comme un text d'origine vernaculaire» (17; cf. p.3: «assez libre pour etre considere comme un traite independant»). Nun ist aber die Überlieferungsgeschichte der Meditationes äußerst schlecht bekannt. Doch in ihrem letzten Fünftel entspricht die Passion wörtlich der gedruckten Version der Meditationes, mit für das fünfzehnte Jahrhundert üblichen Einschüben von Erklärungen («isti»: ces gens taut armes 4341) und Adjektiven usw. («fratres»: Hee, mes treschiers freres 4377), Verdopplungen («moestissima mater»: sa dolante et povre mere 4376), Gefühlsüberschwang («vehementer anhelat»: ahenner et allener et alleter de paine et de travail 2950), und Glossen («Centurio ... dixit»: Et lors le centurion estoit ung chevalier qui estoit capitaine sur cent chevaliers que il avoit saus soy. Quant ... se va escrier et dire a haulte voix, 4326, lies le centurion c'estoit ... saus soy quant ...). All dies zeigt, daß die Aussage des Übersetzers J'ay translate ceste Passion de Jhesus Nostre Sauveur de latin en franc;;ois sans y adjouster moralites, hystoires, exemples ou figures nicht bloß eine «formule» ist, wie DuBruck es haben will, um diesem Text mehr literarhistorische, Bedeutung zumessen zu können. Aber weit mehr Quellenforschung ist nötig, bevor z.B. der Einfluß der Passion auf Grebans Mystere als «indeniable» (29) hingestellt werden kann. Die genaue Vorlage des Übersetzers wird vermutlich unauffindbar bleiben, aber ich bin überzeugt, daß sich für jede Stelle in dieser Passion, die DuBruck als originale Interpolation bewundert, eine Quelle finden ließe. 284 Besprechungen - Comptes rendus Das Glossar 211-221 beschränkt sich auf heute unbekannte Wörter, es fehlen aber ein gutes Dutzend wichtiger Ausdrücke. 3240 z.B. gibt der Übersetzer zwei Interpretationen eines biblischen Wortes: « Va qui destruis templum dei ...» Va, c'est une moquerie et une masniere de reproche, comme l'en diroit niffle ou va, vanteur, vanteur, tu te vantoies ... (lies: niffle, ou va, «vanteur»: Vanteur, tu ...) Das FEW 7.123 belegt niffle als «exclamation marquant la deception» erst ab 1644 ( ,deception> trifft aber für vorliegendes Beispiel nicht zu). Andererseits sähe man gerne in einem Glossar alle Wörter gesammelt, veraltet oder nicht, die von sprachgeschichtlichem Interesse sind. So wäre eine Liste von intern übersetzten Latinismen wünschenswert, da diese datierbare Rückschlüsse auf den Verbreitungsgrad von Neologismen, oder den Bildungsgrad des Übersetzers, ermöglichen. Beispiele: distant, c'est loin (25); vous precederont, c'est a dire, iront devant vous (698); contendre a arguer (4693, lies et, da es sich um eine binominale Übersetzung von lat. «contendere» handelt; 4663 gebraucht die Quelle ebenfalls «contendebat»: P 1 hat vermutlich elle contenoit [conabgekürzt], und nicht elle tenoit, wie gedruckt). DuBrucks Ausgabe dieser Passion mag zwar für gewisse Forschungsansprüche genügen, ähnlich einer Landkarte in einem zu kleinen Maßstab. Aber der Philologe und Mediävist verlangt mehr. Eine kritische Ausgabe dieses Textes mit vollständigem Variantenapparat ist vielleicht nicht notwendig. Aber paläographische Zuverlässigkeit und ein durchgehend verständlicher Text sind Grundbedingung, nebst systematischen Vergleichen mit anderen Handschriften, mit der Bibel und mittelalterlichen Paralleltexten. Nur so kann man die Basishandschrift bereinigen und Originalität, Arbeitsmethode und Qualität des Übersetzers beurteilen sowie Hypothesen auf eventuelle Überarbeitungen des Originals aufstellen. Die vorliegende Ausgabe ein «chef d'reuvre de rigueur et d'erudition qui satisfera pleinement tous ! es medievistes» zu nennen (Buchrücken), ist entweder abjekte Schmeichelei, oder entspricht der Meinung, es komme ja beim Verlag Peter Lang nicht so darauf an. C. Wittlin * ToBLER-LOMMATZSCH, Altfranzösisches Wörterbuch. Adolf Toblers nachgelassene Materialien, bearbeitet und herausgegeben von Erhard Lommatzsch, weitergeführt von Hans Helmut Christmann, 89. Lieferung, Zweite Lieferung des 11. Bandes, venteler viäire, Stuttgart (Franz Steiner) 1991, eo! . 193-384 Erfreulich schnell nach der Publikation der ersten Lieferung des elften Bandes (cf. dazu die Anzeige VRom. 49/ 50) legt Hans Helmut Christmann die zweite vor und bestätigt die Hoffnungen auf einen zügigen Fortgang der Arbeit. Gerne und mit Nachdruck wiederholen wir unsere Dankbarkeit und Anerkennung für Christmanns Bereitschaft, den Tobler- Lommatzsch in großem Stil zu Ende zu führen. Wem der lexikographische Alltag fremd ist, der vermag kaum zu ermessen, welches Maß an Energie und philologischer Arbeit in den 96 Seiten einer solchen Lieferung steckt. Umso erleichterter haben wir daher wenn auch auf Umwegen davon Kenntnis erhalten, daß Christmann die Last der Redaktion nicht immer ganz alleine tragen mußte 1, und hoffen, daß eine gewisse Arbeitsteilung noch andauert. 1 In: MONIKA KELLER, Ein Jahrhundert Reformen derfranzösischen Orthographie, Tübingen 1991, erfahren wir auf der hinteren Umschlagseite im Rahmen einer Kurzbiographie von ihrer «Mitarbeit am Altfranzösischen Wörterbuch (Tobler-Lommatzsch) 1985-1988». Besprechungen - Comptes rendus 285 Die Lektüre der Artikel, von denen vilorR mit einer Länge von nahezu 22 Spalten den Umfang einer Monographie erreicht, ist ebenso informativ wie anregend. Bewundernswert ist einmal mehr die Feinstanalyse grammatikalischer und syntaktischer Erscheinungen, etwa in den Artikeln vilorn und VERITE. Hier wird die von Tobler formulierte und von Lommatzsch übernommene Überzeugung lebendig, «daß der größte Teil dessen, was gemeiniglich der Syntax zugewiesen wird, fürs Französische durchaus dem Wörterbuch und nur ihm anheimfällt,> 2 . Gleichzeitig wird aber auch das semantische Spektrum der Wörter in einer Ausführlichkeit vorgeführt, die manchen Artikeln durchaus enzyklopädischen Charakter verleihtein Vorgehen, das für ein mediävistisches Wörterbuch uneingeschränkt zu begrüßen ist. So erfährt man etwa zu vermeil 'rot, scharlachrot, leuchtend rot, hochrot' nicht nur die eigentliche Bedeutung als Farbe, sondern auch die Verwendungen als 'rot als Farbe des Blutes', 'rot von Blut', 'Gesichtsfarbe: rosig', 'rot vor Wut, vor Scham', 'abwechselnd rot und blaß', 'rot vor Angst', 'Blumen, Früchte', 'rot (von Haaren)','rothaarig','rot vom Gefieder des Pfaus','Kleider, Stoffe','rot als Farbe im Wappen des Schildes,des Banners', 'Sonstiges', 'Rotwein', sowie die substantivischen Verwendungen als 'rote Farbe, Rot', 'Rotbraun, vom Gefieder des Falken', 'Rot im Schild' und schließlich die Wendung torner le vermeil de l'escu 'das Rot des Schildes (gegen den bisherigen Herrn) wenden, zum Gegner (des bisherigen Herrn) werden'. Bei der Auflistung dieser Unterteilung haben wir in Anführungszeichen ('. . .') gesetzt, was im TL zu Beginn einer Beleggruppe einfach kursiviert ist. Diese einheitlich durchgängige Kursivierung schränkt leider den Wert der semantischen Analyse ein, denn der Benutzer kann nicht auf den ersten Blick erkennen, ob er es nun mit Definitionen oder Kommentaren und Erklärungen zu tun hat. Bei 'Sonstiges' ist klar, daß es sich nicht um eine Bedeutung von vermeil handeln kann es geht in den Belegen um rote Edelsteine und rotes Gold -, und daß bei 'abwechselnd rot und blaß' noch pale o. ä. im Spiel sein muß, ist auch leicht ersichtlich. Aber vermeil 'roter Stoff' könnte man sich neben afr. rage 'id.' (TL 8, 1385; FEW 10, 532b) durchaus vorstellen 3 , und vermeil 'Rotwein' wäre auch denkbar, vgl. nfr. rouge m. 'id.'. Ein anderes Beispiel für die Problematik dieser Art der Darstellung: s. VERM 'Wurm'findet man neben einer Reihe von Verwendungen dieses Wortes in besonderen Kontexten die «Bedeutung» 'Raupe (Seidenwurm, Seidenraupe)'. Tatsächlich heißt das Tier in den Belegen ver qui fait la soye, viers ki fait soie, bzw. im Plural ver qui font la soie, vier ki font le soie. Die Belege für diese Bedeutung sind wichtig und willkommen (FEW 14, 292a gibt nur ver a soie [seit Est 1538] und in einer Fußnote den Beleg aus AalmaR), aber es könnte in der Darstellung doch besser differenziert werden, was tatsächlich Definition istbei zusammengesetzten Ausdrücken sollten diese der Definition vorangestellt werden 4 -, wo aus enzyklopädischem Interesse auf bezeichnende oder auffällige Kontexte verwiesen wird, usw. Der Art der Darstellung an dieser Stelle noch einmal größere Aufmerksamkeit zu widmen fühlt sich der Rezensent dadurch aufgefordert, daß Christmann sich jüngstens zu 2 Tobler, VB 5,477, zitiert von Lommatzsch in TL 1, XI. - Die hier verwendeten Sigeln sind die des DEAF. 3 Mit Recht übrigens, denn vermeil 'etoffe rouge' ist belegt in FetRomF 1 654, 28 (FEW 14, 289b). 4 Vgl. etwa TL 6,670 s. 'Knoten' «no de la gorge 'Adamsapfel'», «noz de l'eschine 'Wirbel des Rückgrats'»,«noz de la coe 'Schwanzwirbel des Hundes'». Die typographische Präsentierung von Definition,Kommentar, etc. ist allerdings seit jeher die Schwachstelle dieses sonst vorzüglichen Wörterbuches, vgl. im selben Artikel nacheinander «Knoten am Gewande, darin man Geld eingebunden trägt», «no (d'estrain) als Minimalwert», «Redensarten», «figürl. Knoten, festes Band». 286 Besprechungen - Comptes rendus diesem Thema ausführlich geäußert hat 5 . In Abgrenzung zum sprachwissenschaftlichen Wörterbuch charakterisiert er dabei noch einmal kurz die Merkmale des TL, den er in der Nachfolge Lommatzschs als philologisches Wörterbuch verstanden wissen möchte: «(...) Aufführung zahlreicher und oft längerer Belegstellen; Anwendung philologischer Textkritik bei der Auswahl der Lesarten; sorgfältige Ermittlung der Bedeutung des Wortes an Hand aller verfügbaren Kriterien; genaue Beobachtung der syntaktischen und stilistischen Verwendungen; intensive Berücksichtigung der kulturhistorischen und volkskundlichen Aspekte. » (574s.). Die Ausführlichkeit der Darstellung ist dadurch gerechtfertigt, daß für den Philologen «ein Wort eigentlich nie ,ganz gewöhnlich, ist, sondern immer in einem vielfältig variierten geistigen, phraseologischen, stilistisch-literarischen, kulturhistorischen oder volkskundlichen Kontext steht » (576s.). Unbestritten ist, daß man auf der Grundlage dieser Überlegungen lexikographisch arbeiten kann, und daß die Fülle des Materials willkommen ist. Allein, man wünschte sich etwas mehr methodologische Präzision bei den sprachwissenschaftlichen Aspekten, ohne die kein Wörterbuch auskommen kann. In demselben Aufsatz erläutert Christmann auch die Anordnung der Belege innerhalb eines Artikels, eine Anordnung, deren Feinsinnigkeit mir zuvor entgangen war, und die daher zu Unrecht Gegenstand der Kritik wurde. Da das Prinzip auch für die Artikel des neuen und der noch ausstehenden Faszikel gilt, erscheint es nicht überflüssig, hier etwas ausführlicher zu zitieren. Als anschauliches Beispiel dient der Artikel VENTAILLE (Sp. 187ss.), just jener Artikel also, anhand dessen ich die Aufgabe der chronologischen Anordnung der Belege und ihre Verteilung monieren zu müssen glaubte. Tatsächlich beginnt der Artikel mit einer genauen Bedeutungsbestimmung nebst den Verweisen auf die Sekundärliteratur «und bringt als ersten Beleg eine längere Passage aus den Perceval- Fortsetzungen, die den Sinn recht genau verdeutlicht und speziell zeigt, daß es sich nicht um das Heimvisier handelt: (...). Ein zweiter Beleg, aus Chretiens Perceval, unterscheidet expressis verbis Helm, Panzerhaube und Panzerstreifen: (...). Nach ähnlichen, aber weniger deutlichen Belegen folgen solche, die das Wort in charakteristischen sachlichen Zusammenhängen und dementsprechend mit verschiedenen Kollokationen vorführen: mit fermer 'befestigen, festmachen', lacier 'festbinden', deslacier 'losbinden', oster 'losmachen, abnehmen', abaissier 'herunterlassen', mit spezifischen Wörtern für 'kaputtmachen' wie rompre, trenchier, coper, mit abatre 'herunterschieben' u.a. meist durch mehrere Nachweise, die dann chronologisch geordnet sind. Den Abschluß bildet eine Stelle aus dem Roman de la Rose ou de Guillaume de Dole, wo ventaille okkasionell (scherzhaft ) für einen Teil der weiblichen Kopfbedeckung verwendet ist. » (578s.). Dazu bleibt lediglich anzumerken, daß sicherlich mancher Benutzer dankbar wäre, wenn die Kollokationen u.ä. den Belegreihen kursiviert vorangestellt würden, zumal dadurch nicht nur der allgemeine Überblick verbessert, sondern auch der Zugriff für phraseologische, stilistisch-literarische Untersuchungen etc. erleichtert würde. Zurück zum neuen Faszikel. Was die Erstellung des Textteiles anbelangt, so ist inzwischen erkennbar geworden, daß Christmann die Toblerschen Materialien trotz völliger Veränderung der Arbeitstechnik (cf. die Vorbemerkung zum 11. Band ) noch mitberücksichtigt, cf. 203, 25 s. VENTRAIL «Tobler: Magen » (Christmann definiert 'Bauch', Ruelle als Hg. des Textes 'Brust' ) 6 , 316,20 s. VERSATILE «Tobler: sich rasch drehend » (Ch. 'leicht 5 H.H. CHRISTMANN, «Philologie oder Sprachwissenschaft? Zum Altfranzösischen Wörterbuch (Tobler-Lommatzsch )» in: K.H.KöRNERIG.ZrMMERMANN (ed.), Homenaje a Hans Flasche, Stuttgart 1991, p. 572-584. 6 Es muß sich um einen Vermerk auf einer der Toblerschen Karteikarten handeln, denn in den Anmerkungen zur Ed. Martin des Besant de Dieu, die zum Großteil von Tobler stammen, findet sich kein derartiger Hinweis. Besprechungen -Comptes rendus 287 drehbar'), 336, 7 s. VERTIR «Tobler erwägt nerci » (an Stelle von verti), etc. Neben die älteren Belege tritt jetzt aber immer deutlicher die Masse der Lesefrüchte Christmanns aus neuen und neuesten Textausgaben zutage. Zu den häufiger herangezogenen gehören etwa LancPrK, MenagB, ContPercR, RenyF, BibleMalkS, SGregS, lpH, um nur einige Editionen der letzten Jahre zu nennen. Die jüngsten sind wohl SaisnAiLB, SGregEvrS und RenMontdT, alle von 1989. Die zitierten Textstellen werden noch einer philologischen Kritik unterworfen, gegebenenfalls diakritische Zeichen und Interpunktion im Vergleich zur zitierten Ausgabe verändert, vgl. 216, 26/ 27; 318, 16; 321, 7; etc. 7 Zugenommen hat auch die Zahl der Verweise auf Sekundärliteratur jüngeren Datums (etwa BuchonAnimal, OrelliBibel, MöhrenVal, MöhrenLand, etc.), wobei sogar noch eine Publikation von 1990 mitberücksichtigt werden konnte (342, 46). Wünschen wir Hans-Helmut Christmann -und auch den interessierten Romanisten weiterhin ein gutes Vorankommen der Publikation der ausstehenden Lieferungen. Vielleicht darf man jetzt auch schon die Anregung für einen «abrege» des TL zum Ausdruck bringen, wie G. Roques dies in seiner Besprechung von MelLommatzsch in ZRPh. 92, 613 getan hat. Einige Anmerkungen: 195, 14: el le 1. et le; -195, 15: grant 1. grans; -196, 2: il vens 1. li vens; -196, 23: der Beleg aus Meon 1, 8, 202 Si reventent li autre vent ist s. VENTER wohl zu streichen, auch wenn von REVENTER (TL 8, 1215) auf VENTER verwiesen wird; ansonsten diesen Text lieber aus MuleH oder MuleJ zitieren; -196,26: vanta 1. Vanta; -198, 10: Ens un un 1. Ens en un; -199, 41: zu VENTOISE vgl. noch die Anmerkung in NoomenFabl 1, 344; 199, 51: venteur aus AalmaR 13037 hätte in Spalte 194 zu einem Eintrag *vENTEOR adj. 'windreich' führen können. -203, lss. sind s. VENTRAIL Formen zusammengestellt, die im FEW unter zwei verschiedene Etyma geräumt sind: ventrail s. VENTER (FEW 14, 249b), ventroil dagegen s. VENTRICULUS (FEW 14, 254b) mit Anm.); ein Kommentar dazu wäre nützlich; -203, 34 'Herzkammer', 203, 54 'Hirnkammer' und 204, 24 'Hirnkammer' interpretieren den Kontext; - 205, 7 und 205, 10 wird ventre in zwei Belegen der Wendung fendre le ventre (aus demselben Text) einmal 'Bauch als Körperteil (des Menschen)', einmal 'Leib, Brust' definiert; fraglich; -210, 42: ergänze ventrel 'ventre' FEW 14, 250a; - 211, 49: ergänze ventriere 'ventre' TilLex 156 und FEW 14, 249b; -212, 3ss. s. VENTRILLIER sind zwei etymologische Familien zusammengelegt: neben den Vertretern von VENTRrcu- LUS (FEW 14, 254b) finden sich Formen (vutrillier, viutriies, voiltrollier), die zu *vowrn- LARE (FEW 14, 619b) zu stellen sind; -212, 20: Ke sour 1. ke sour; -213, 2: doulouser 1. dolouser; 213, 24: für die Wendung a ventrillons 'auf dem Bauch, auf den Bauch' wird den Belegen mit der Graphie -on der Vermerk «sing. » vorangestellt, d. h. bei den Belegen auf -ans nimmt Ch. plurales -s an; es handelt sich dabei doch wohl vielmehr um analoges -s der Adverbbildung dieses Typus; -216, 26: lifist dure 1. li fist si dure; 217 s. VEOGE ergänze den Beleg aus DEAF G 389, 32; 223, 52: «veoir a sehen nach, überprüfen» ist nicht zu trennen von 229, 35 «veoir a q. eh. 'nach etwas sehen, auf etwas achten, für etwas sorgen' » ; - 233, 7: ca 1. car; -247s. s. VERBAL und VERBE ergänze Verweis auf StädtlerGram 296 bzw. 297. - 249, 36: zu VERCHE vgl. ZRPh. 101, 234 den Verweis auf OvArtPrR 3980 mit Hinweis auf das Fehlen dieser erbwörtlichen Form in FEW 14, 320b s. VERTEx; -253, 39: die Korrektur ist berechtigt, aber statt der alten Ausgabe Beckmann (1799) lieber die zuverlässige von Studer/ Evans (1924, Nachdruck 1976) zitieren, die auch den richtigen Text gibt; -256, 29: eher 'Rute, Stock' (Glossar Walberg 'verge'); -256, 45 ist das Fragezeichen zu streichen, 7 Benutzerfreundlich ist die durchgängige Großschreibung der Versanfänge, auch bei Texten, in denen der Herausgeber dies nicht tut, vgl. die Zitate etwa aus ThebesR, CleomH oder TrubertR. (Einmal wurde eine solche Korrektur übersehen, cf. 256, 4ss. im Zitat aus ThebesR.). 288 Besprechungen - Comptes rendus das Wort gehört zur Familie von germ. *wALDA (FEW 17, 486b); der Beleg ist im DEAFG 398 nachzutragen; - 256, 48 VERGAY fehlt ein Verweis auf DEAF G 37; dort weitere Belege; - 257, 52ss.: für die Belege verge pelee (Rol; Bueve3S; Meon) ist das «ohne Rinde» der Definition zumindest in Klammern zu setzen; - 259, lOss.: die Bedeutung 'Rutenhiebe, Tracht Prügel' ist zu streichen, richtig ist die Übersetzung des Kontextes in TL 5, 1075, 52 s. MANIIER 'die Rute handhaben, ihn mit Ruten züchtigen'; die Definitionen 'Königsstab', 'Amtsstab', 'Bischofsstab' interpretieren den Kontext; so steht etwa beim 'Königsstab' in jedem Beleg der Zusatz real, royal (bei VERGEL 262, 26 richtig nur 'Stab'); ebenso als Kollokationen aufzuführen sind verge del fum, verge de fumee 'Rauchsäule' und 263, 4 vergele de fumee 'kleine Rauchsäule'; - 260, 34: Dedanz 1. Dedans; - 262, 30: VERGELE und VERGELETE sind als Lemmata zu trennen; -266, 30: der Beleg aus CharroiPo ist unter dieser Bedeutung sicher zu streichen; nicht jeder Garten, in dem ein Apfelbaum steht, ist deswegen schon ein Obstgarten; -die Belege 267, 20 und 267, 25 sind identisch: Im Roman du Castelain de Couci ist das Lied von Gace Brule eingestreut (vgl. einen richtigen Hinweis dieser Art 359, 22); -die Belege ErecF 1759 Quant li rois la vit vergoignier und CligesF 5021 (nicht 5019) 8 Si que tot vergoignier le voient sind 271, 28 unter die Kategorie: intr. 'sich schämen' zu stellen; -276, 2: ergänze s. VERISSIBLE den Verweis auf FEW 14, 331a; -280, 19s. ist der Kontext recte zu setzen; -281, 41: et s'en 1. Et s'en; -287, 10: ergänze s. VERMEIL den Verweis auf SchäferFarb 47ss.; - 287, 49: der Beleg aus LancPrK 120, 28 ist unter die Substantive zu stellen; im Glossar richtig; - 291, 9: vermeil bezeichnet wohl, trotz FEW und Gdf., nicht den Ort, sondern das eigentliche Objekt des Wühlens. Ich übersetze: Die andere Art Futter, nach der Wildschein und anderes Schwarzwild zum Fressen unterwegs sind, nennt man Gewürm . . .; vgl. noch ModusT Glossar: 'les vers que le sanglier mange'; - 292, 10: ergänze den Verweis auf FEW 14, 289b mit der Definition 'filago'; - 297, 15: verminer ist kein Hapax; der eine Zeile zuvor zitierte Levy Tres gibt fünf Belege, dabei auch noch die Bedeutung 'produire de la vermine' (allerdings gehört der Beleg für Ps 30, 11 aus GlBNhebr 302L zur Bedeutung 'etre couvert de vermine'; die Glossen zu Ex 16, 20 auch in GlBNhebr302L 23, 83 -sind eindeutig); - 304, 44 VERREGLACIER und 305, 3 VERREGLAZ fehlt ein Verweis auf DEAF G 789/ 90; dort weitere Belege; - 305, 38: ergänze den Verweis auf DC 8, 281a; - 305, 44: die Herzogin und Trubert sind keine Karnickel; - 311, 31: 109ff. 1. 123; - 316, 19: ergänze den Verweis auf FEW 14, 311a; -317 s. VERSEFIIER hätte man den Beleg aus PeanGatS 4864 aufgrund einer Toblerschen Notiz erwartet, da er ihn in seiner Besprechung ZRPh, 21, 411 aufführt; - Flooyant B 1. Floovant A; der Beleg ist wohl eher zu streichen. Die Andolfschen Überlegungen sind zwar geistreich, aber die Bedeutung 'faire reculer', die notwendig wäre, um dem Vers bei dieser Lesart einen Sinn zu geben, ist semantisch nicht aufrechtzuerhalten; 1. averse 'feindlich'; -321, 6: Su 1. Si; -321, 7: afaut 1. afait; -324, 50: ergänze s. VERT den Verweis auf SchäferFarb 68; -330, 3; Lapid. 1. Lapid. E; -336, 52: vermeilon aus MoamT hätte gut in den entsprechenden Artikel gepaßt (293, 35); dort nur Belege aus zwei Texten für 'Zinnober'; -340, 9: MöhrenLand 338 definiert die Wendung se tenir en vertu 'produire sans cesse (d'une plante)' und expliziert 339: «vertu ist hier wie in Menag eher 'force, vigueur (de croissance)' zu definieren»; -369, 12: die beiden Bedeutungen sind deutlicher voneinander zu trennen, etwa wie s. VERTILLON; - 378, 40 besser aus PhMezGrisG 170, 86 zitieren, bzw. Hinweis geben, daß es sich um einen anderen Text handelt; -382, 21: ergänze den Verweis auf FEW 21, 485b. Th. Städtler 8 V. 5019 ist um eine Silbe zu kurz; besser nach der «großen» Ausgabe 1884zitieren: Mais bel li est et s'an a honte. Besprechungen - Comptes rendus 289 MAURICE GREVISSE, Le bon usage. Grammaire fran9aise. Douzieme edition refondue par ANDRE GoossE, Paris/ Louvain la Neuve 1986 (impr. 1991) (Duculot), XXXVIII + 1768 p. Die 1991 erschienene Paperback-Ausgabe des französischen Grammatik-Klassikers 1 fleischfarben mit roter und blauer Aufschrift verkündigt schon rein äußerlich ein Programm: Grevisse sowie douzieme edition refondue par in rot, le bon usage und Andre Goosse sowie Duculot und Klappentext auf der Buchrückseite in blau. Tradition und Innovation finden sich damit auch typographisch hervorgehoben, wobei das zweite Element optisch dominiert. Der Verlag identifiziert sich durch die farbliche Gestaltung mit der modernen Auffassung einer Grammatikschreibung, die bemüht ist, Erkenntnisse der modernen Sprachwissenschaft in für das Publikum verdaulicher Weise in ein altes Hilfsinstrument zu integrieren - und nicht nur der «Fachmann» profitiert davon. Das Ganze ist das Verdienst Andre Goosses, des Schwiegersohnes von Maurice Grevisse nur als solcher konnte er es wagen, den traditionsreichen Bon usage in weiten Bereichen derart umzugestalten und doch noch unter dem Namen «Grevisse» dem Publikum zu präsentieren. Symptomatisch für die Neuorientierung ist auch der Verzicht auf den Untertitel «avec des remarques sur la langue fran9aise d'aujourd'hui». DieserBezug auf Vaugelas wäre mit dem neuen Konzept auch nicht mehr gut vereinbar, stellt der «neue Grevisse» doch ein sowohl methodisch weitgehend homogenes als auch in seiner Gliederung gutgegossenes Ganzes dar. Vergleicht man die 12. Auflage mit den vorangehenden (die letzte umfassendere Erweiterung hatte im Zuge der 9. Auflage stattgefunden, ohne daß allerdings an Systematik oder Definitionsmodus etwas verändert worden wäre) 2 , so fallen bei allen oberflächlichen Gemeinsamkeiten doch rasch auch die rein äußerlichen Unterschiede ins Auge. Neben einer teilweise moderneren Terminologie wird auch eine neue Systematisierung der beschriebenen sprachlichen Teilbereiche vorgenommen, die vor allem im dritten Hauptteil zu den Parties du discours schon beim Blick ins Inhaltsverzeichnis deutlich wird. Den klassischen neun Redeteilen der Vorgängerauflagen (nom, article, adjectif, pronom, verbe, adverbe, preposition, conjonction und interjection) stehen in der 12. Auflage elf offensichtlich als solche empfundene Klassen (nom, adjectif, determinant, pronom, verbe, adverbe, preposition, conjonction de subordination, conjonction de coordination, introducteur [das sind unveränderliche Elemente, die ein Wort, ein Syntagma oder einen Satz einleiten, z.B. voici, voila, que, est-ce que, diverse Präpositionen, etwa in au Jeu usw.] sowie motphrases) gegenüber. Es fällt auf, daß der Artikel als eigenständiger Redeteil, um den nicht nur die französische Grammatik so lange gerungen hat, nicht mehr auftaucht. Er findet seinen systematischen Platz unter den Determinanten gemeinsam einerseits mit den anderen Paradigmen, die Artikelfunktion ausüben ('ce', 'mon' usw.) und andererseits mit weiteren geschlossenen Paradigmen im Umfeld des Nomens (Numeralia, Relativdeterminanten Typ auquel [cas], Interrogativ- und Exklamativdeterminanten usw.). Neu ist auch 1 Cf. erste Reaktionen auf die überarbeitete Neuauflage (1986) etwa von F. G. HEALEY, *M. G., Le bon usage, MLR 83 (1988), 184-86; P. OswALD, *M. G., Le bon usage, RF 99 (1987), 419-42; R. SrNoou, *M. G., Le bon usage, BSLP 83 (1988), 243-45, sowie M. TRoussoN, «Un aspect significatif de la reflexion linguistique en Belgique francophone: La reedition, en 1986, du Bon Usage de Maurice Grevisse», Etudes litteraires 21 (1988), 69-87, bes. p. 74ss. 2 Zur Geschichte des «Grevisse» durch die verschiedenen Auflagen hindurch bis hin zur 11. cf. MARIA LIEBER, Maurice Grevisse und die französische Grammatik. Zur Geschichte eines Phänomens, Bonn 1986. Für die Analyse ausgewählter Darstellungsbereiche des «alten» Grevisse cf. zudem Band 12/ 13 der TL, der ausschließlich diesem Werk gewidmet ist: RrKA VAN DEYCK (ed.), Tradition grammaticale et linguistique: «Le bon usage» de Maurice Grevisse. 290 Besprechungen - Comptes rendus die Gleichstellung von subordinativer und koordinativer Konjunktion als eigene Redeteile. Der Redeteil der introducteurs ist in der französischen Grammatikschreibung neu und trägt der Tatsache Rechnung, daß sprachliche Einheiten Funktionen außerhalb des normalen Dependenzgefüges als reine Aktualisatoren und Präsentatoren wahrnehmen können. Und mit den mots-phrases wird der satzfunktionellen Ebene Rechnung getragen. Doch liegen, verglichen mit den Vorgängerauflagen, nicht nur hier bedeutende Veränderungen vor. Das gesamte Belegmaterial wurde einer Revision unterzogen. Beispiele von in Vergessenheit geratenen Autoren werden ersetzt, neue Quellen erschlossen, und auch moderne Autoren finden mit ihren Werken Aufnahme. Querverweise werden nurmehr sparsam eingesetzt. Insgesamt gesehen hat die Neubearbeitung so auch eine «Entrümpelung» mit sich gebracht. Des weiteren werden von Grevisse vernachlässigte Bereiche ausgebaut bzw. neu eingebracht: So werden die diversen Register systematischer erfaßt und auch hier und da Hinweise auf die gesprochene Sprache gegeben, obwohl diese nicht der zentrale Gegenstand der Grammatik ist. Neu ist das Einbeziehen von v.a. für die Schweiz und Kanada charakteristischen Regionalismen. Neuen Interessengebieten auch außerhalb Frankreichs wird damit erstmals Rechnung getragen und der Rang eines würdigen Beschreibungsobjekts eingeräumt. Der Sachindex (1709-1761 ) ist völlig überarbeitet, desgleichen ist die einleitende Bibliographie aktualisiert und um eine Liste der zitierten Autoren und Werke erweitert (XI-XXXVI) (in den früheren Auflagen im Anhang ). Hinzu kommt der Abdruck des Arrete Haby vom 28.12.1976 mit den neuen Richtlinien für orthographische und grammatikalische Toleranzbereiche, die in einem Annex beigegeben sind. Was den Aufbau der einzelnen Artikel angeht, so will ich diesen pauschal kurz erläutern. Fast jedem Gegenstand ist nun eine Literaturangabe vorangestellt, die dem Interessierten Lektürehinweise für eine spezifischere Behandlung durch den Fachwissenschaftler gibt. Klassiker tauchen neben neuesten Beiträgen (bis ca. 1985) auf. Jedem Gegenstand geht eine Definition voraus, bevor dann eine Auflistung all derjenigen Erscheinungen folgt, die unter das jeweilige Oberkapitel fallen. Wenn von Interesse, wird in einem typographisch durch einen kleineren Schrifttyp gekennzeichneten Abschnitt Information zur Geschichte des aktuellen Themas gegeben. Daran schließt sich dann die ausführliche Darstellung der Nutzungsmodalitäten und -alternativen in Regel und Ausnahme an. In mit Remarques überschriebenen Abschnitten wird zusätzlich auf Details eingegangen, die bei der allgemeinen Darstellung ausgespart geblieben waren, die aber unter verschiedenen Gesichtspunkten für den Konsultenten von Interesse sein könnten. Die Illustration erfolgt meist, doch nicht ausschließlich, mittels literarischer Beispiele. Sicher hätte der Mann/ die Frau «vom Fach» an der einen oder anderen Stelle eine andere Darstellungsweise bevorzugt (z.B. bei den formes composees, denen zur Abgrenzung zu denformes simples ein temporaler Wert zugeschrieben wird, statt den Unterschied angemessener über den Aktionsstand zu fassen dementsprechend fehlen auch die Termini accomplissement und accompli im Index, etc.), doch wäre eine hier einsetzende Detailkritik eine unangemessene Beckmesserei und in einer Rezension fehl am Platze. Sie muß dem wissenschaftlichen Diskurs vorbehalten bleiben. Die Entscheidung über eine geglückte Neubearbeitung wird zunächst einmal das anvisierte Publikum treffen müssen. Goosses Movens ist dabei ein hochseriöses im Dienste einer zeitgemäßen Grammatikographie, so wie sie von Grevisse selbst in der 1. Hälfte unseres Jahrhunderts angestrebt wurde und permanent in den Bearbeitungen der Neuauflagen fruchtbar geworden ist. Auch der «neue» Grevisse wird seine Bearbeitungen finden ... Es sei hier zum Abschluß der letzte Abschnitt des Avant-propos von Goosse zitiert, in dem sowohl die neue wie auch die traditionsgetragene Zielsetzung auf knappstem Raum deutlich werden: «En conclusion, j'espere que cet ouvrage sous sa forme nouvelle rendra mieux encore ! es services qu'on attend: fournir une description du fram;:ais moderne aussi Besprechungen - Comptes rendus 291 complete que possible; apporter des jugements normatifs fondes sur l'observation de l'usage, des usages; permettre aux locuteurs et aux scripteurs de choisir le tour qui convient le mieux a l'expression de leur pensee et a la situation de communication dans laquelle ils se trouvent.» (IXs.) Der «neue Grevisse» ist damit eine für das Zielpublikum reizvolle Handreichung und Referenzgrammatik, der man einen ebenso großen Erfolg wünscht, wie den vorangegangenen Auflagen. Edeltraud Werner * L'Ordre des mots en franr;ais, Paris/ Gembloux (Duculot) 1987, 278 p. (TL 14/ 15) Die unter dem Titel «L'ordre des mots» im November 1987 erschienene Aufsatzsammlung der Travaux de linguistique (14/ 15), «Revue internationale de linguistique fran1,aise» behandelt, ausgehend von einem domaine ideel des Themenkreises, 17 von insgesamt 20 im Mai desselben Jahres an der Universite de Gand im Rahmen eines colloque international · sur les problemes de ! 'ordre des mots vorgestellten Beiträge. Diese sollten allgemein das Französische als Umgangs- oder Literatursprache behandeln und, zumeist auf das Niveau der norme de la langue konzentriert, sämtliche Schulen der Linguistik tangieren. Weiterhin sollten zahlreiche Beiträge bezogen sein auf das niveau du type linguistique (Coseriu, p. 249ss.). Mit der hier vorliegenden Sammlung stellen sich die Travaux de linguistique in wissenschaftshistorischer und sprachphilosophischer Hinsicht sowohl thematisch als auch von ihrer Funktion her in die Tradition der Academie Royale des Sciences et Belles Lettres zu Berlin, welche während der zweiten Hälfte des 18.Jh.s als Spiegel der gesamteuropäischen kulturellen, politischen und geistigen Strömungen hervortrat 1 . Unter anderem mit dem im Jahre 1782/ 84 ausgeschriebenen akademischen Concours zur «Universalite de la langue fran9aise», in deren Mittelpunkt schließlich auch die Problematik des ordre des mots stehen sollte, vermochte die Berliner Akademie nicht nur eine Organisations- und Orientierungshilfe für einzelne Wissenschaftszweige bereitzustellen, sondern vielmehr eine Differenzierung der Wissenschaften in Einzelsektoren zu forcieren (Piedmont 1984: 7) 2 . Der auf einer rationalistischen Sprachtheorie basierende Siegesbeitrag Antoine Comte de Rivarols von 1782/ 84 unter dem Titel «Discours de l'Universalite de la Langue Fran- 9aise» 3 , welcher die seinerzeit intensive sensualistisch-rationalistische Kontroverse nicht nur weiter belebte, sondern darüber hinaus noch das französische Sprachbewußtsein bis in unsere Tage prägte, verstand sich als Gegentheorie zum konsequenten Sensualismus Etienne Bonnot de Condillacs. Rivarol formulierte eine Rechtfertigung der universellen Rolle des Französischen mittels der These «(...) de sa [i.e. Ja Jangue fran9aise] concordance avec ! es Jois de Ja raison universelle» bzw. der ordo naturalis (Rivarol 1828: XX; Ricken 1973: 67ss.). In der Abfolge sujet du discours + verbe (als Handlung) + objet sah 1 Cf. R.M.PrnDMONT, Beiträge zum französischen Sprachbewußtsein im 18. Jahrhundert. Der Wettbewerb der Berliner Akademie zur Universität der französischen Sprache von 1782/ 84, Tübingen 1984, p.5s. 2 Cf. A.HARNACK, Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, vol. I/ 1, Berlin 1900, p. 396. 3 Cf. U.RICKEN, «La critique sensualiste a l'encontre du ,Discours sur l'universalite de la langue fran9aise d'Antoine de Rivarol. Quelques aspects des liens entre politique et theorie linguistique», Historiographia Linguistica 1 (1973), 67; ANTOINE CoMTE DE RrvAROL, «De l'Universalite de la Langue fran9aise», in: Dictionnaire classique de la langue fram; aise, Paris 1828, p. ii-xxviij. 292 Besprechungen - Comptes rendus Rivarol die natürliche Logik aller Menschen, welche als einzige dem gesunden Menschenverstand und somit einer für das Denken notwendigen Ordnung entsprechen sollte (Rivarol 1828: XX). Der konsequente Sensualismus Condillacs entsprach dagegen einer historischgenetischen Konzeption, welche sich ihrerseits als Opposition zur rationalistischen Konzeption einer angeborenen und unabänderlichen Vernunft begriff. Der konsequente Sensualismus bediente sich somit also einer historischen Perspektive, welche ihrerseits die Existenz einer natürlichen und unabänderlichen Ordnung von Gedanken und Sprache von vornherein ausschloß. Die Klarheit des Ausdrucks hingegen galt dank des Prinzips der Verbundenheit der Gedanken innerhalb der sensualistischen Perspektive als gesichert (Ricken 1973: 68 ) 4 . Der Lehre Condillacs entsprechend sah auch Jean Charles Laveaux die Möglichkeit zur Klarheit der Sprache ausschließlich durch die Reproduktion der vielfältigen emotionalen Modifikationen der Gedanken gewährleistet, worin sich implizit der Gebrauch einer variablen Ordnung der Wörter als Forderung artikulierte (Ricken 1973: 72) 5 • Vor dem Hintergrund des Dargestellten und der nunmehr deutlichen Affinitäten zwischen der Geschichte der Berliner Academie Royale des Sciences et Beiles Lettres in der zweiten Hälfte des 18.Jh.s und der Bedeutsamkeit der vorliegenden Sammlung der Travaux de linguistique, läßt sich die Leistung letzterer unbedingt als Beitrag zum Fortschritt der Forschung bezüglich des ordre des mots in Gestalt einer Aufdeckung und Identifikation der zu diesem Sektor zählenden Probleme beschreiben wie auch als Verdeutlichung der Notwendigkeit eine selbständige, die Einzelprobleme des Themenkreises koordinierende Disziplin zu etablieren (Coseriu, p. 249ss.). In seinem Beitrag «L'ordre des mots et ses fonctions» (9-19) intendiert A. Berrendonner die Etablierung eines dem ordre des mots im Französischen zukommenden Funktionsinventars wie die Ableitung eines die natürlichen Sprachen repräsentierenden Strukturtyps (9). Im Rahmen der Repräsentation einer theorie generale de ! 'ordre des mots und eines damit einhergehenden, für den Gegenstandsbereich relevanten Forschungsmodells, erfolgt eine Unterscheidung zweier grundlegender Funktionstypen des ordre des constituants, welche miteinander in Konflikt treten können, nämlich der semiotischen Funktion einerseits und der pragmatischen Funktion andererseits (Coseriu, p. 250). Hinter dieser Differenzierung verbirgt sich eine Aufteilung der von Berrendonner entwickelten Serialisierungsoperationen, der operations de linearisation, in zwei Gruppen. Während die der Informationsvermittlung dienende pertinence semiotique einen Gebrauch des ordre des mots als Träger konventioneller Werte darstelle und damit die sequentielle syntaktische Anordnung als Taxeme charakterisiert werde, gelte es im Falle der pertinence pragmatique, welche der Kodierung und Dekodierung diene, eine bedeutungstragende Funktion des ordre des mots auszuschließen (15s.). Befinden sich die als semiotisch bezeichneten Funktionen in Abhängigkeit von universellen Prinzipien des Denkens, so beziehen sich laut Berrendonner die pragmatischen Funktionen dagegen auf die «(...) clarte et (...) coherence des discours (...)» (Coseriu, p. 253 ). Generell beschreibt der Verfasser die generativen Kapazitäten der Syntax als nicht-entscheidbar, da die Operationen letzterer zueinander in Widerspruch stehen können. Hierbei läge eine deutliche strukturelle Bedingtheit der conflits operatifs vor, wobei die Entscheidungen für jeweils eine von zwei möglichen Operationen auf abgesicherten, regelmäßigen und formalisierbaren Strategien basierten (17s.). Das in «L'ordre des mots et ses fonctions» entwickelte Modell beinhaltet zwei Komponenten, nämlich das sich aus dem linguistischen Material (hier: operations 4 Cf. E.BONNOT DE CONDILLAC, rEuvres philosophiques, 3 vols., ed. par Georges Le Roy, Paris 1947-51. 5 Cf.J.CH.LAVEAUX, Cours theorique et pratique de la langue et la litterature fram; oise, vol. I, Berlin 1784. Besprechungen - Comptes rendus 293 actualisables) konstituierende Strukturniveau und das sich aus strategischen Regularitäten konstituierende meta-strukturelle Niveau (hier: conditions sur l'execution des operations). In diesem Sinne handele es sich somit um eine Ersetzung traditioneller Regeln durch das Begriffspaar operations ~ strategies (18s.). Der von Ch.Schmitt mit «Semantique et predetermination de l'ordre des mots en fran9ais contemporain»betitelte Beitrag (21-31 ) behandelt die Kompleinentenanordnung in deren Eigenschaft als ein durch die Semantik der die Elemente regierenden Verben Determiniertes (Coseriu, p. 251) und listet zahlreiche semantische Restriktionen und Zwänge auf (Coseriu, p. 252s.). Schmitt attestiert den meisten Grammatiken, welche, ungeachtet der schriftsprachlichen Realität, in simplifizierender Weise die Abfolge V (verbe) > COD (complement d'objet direct) > COI (complement d'objet indirect) als die normale, logische, objektive oder intellektuelle Ordnung innerhalb der französischen Sprache ausweisen, einen deutlichen Mangel an funktionaler Kritik (21s.). Vielmehr hänge der ordre des mots von der perspectivefonctionnelle beziehungsweise vom Inhalt der an einen jeweiligen Empfänger gerichteten Information ab (22s.). Die semantische Determiniertheit des ordre des mots manifestiert sich, so der Verfasser, beispielsweise in der Existenz von durch eine nicht umkehrbare kommunikative Perspektive charakterisierten Verben. Der entsprechende ordre logique bedinge schließlich die Invariabilität der Komplementenanordnung und damit den«(...) blocage de la distribution de theme et de rheme par les moyens de l'ordre des mots» (27). In diesem Sinne gelangt Schmitt zu der These von der im Französischen nachweisbaren Existenz von Verben, deren Komplemente in einer eindeutig determinierten Abfolge auftreten (28). Darauf ausgerichtet, die Verhaltensunterschiede der verschiedenen, einer einzigen syntaktischen Funktion folgenden verbalen bzw. lexikalisch-grammatischen Kategorie zu bestimmen, stellt C. Blanche-Benveniste ihren Beitrag (33--46) unter dem Titel«L'ordre des mots selon les categories grammaticales»vor (Coseriu, p. 250). Die generelle Setzung der Abfolge S (sujet) - V (verbe) - 0 (objet) als ordre majeur schreibt, so Blanche-Benveniste, den Wörtern eine Rolle als base de calcul zu. Die hierbei häufige Unterschlagung der Kategorien, innerhalb welcher sich Subjekt und Komplemente erst realisieren, bedinge schließlich eine Behandlung der Nominalgruppen als bloßes Modell. Von dieser Erkenntnis geleitet, gelangt die Verfasserin zur eigentlichen Zentralthese ihres Beitrags, der zufolge ein von einem Verb gefordertes Element obligatorisch über die Kapazität verfügen muß, sich in mehr als nur einer Kategorie zu manifestieren; im Falle eines«(... ) blocage dans une seule categorie (...)»handele es sich nicht um ein Komplement des Verbs (33ss.). Für das Phänomen der multiple-categorie, von welchen jeder einzelnen eine eigene micro- -grammaire zukäme, erfolgt somit eine Ausweisung als fundamentale Eigenschaft der construction verbale (35). Hervorzuheben im Rahmen der Studie ist weiterhin die seitens der Autorin in Anlehnung an Skärup verfolgte repartition en zones, nämlich in eine zone verbale, eine zone preverbale und eine zone postverbale, welche unabhängig von den Funktionen eine ökonomie-orientierte Behandlung der Phänomene des ordre des mots erlauben soll (38ss.).Die Leistung des Beitrags von Blanche-Benveniste liegt zweifelsohne in einer Hervorhebung der Notwendigkeit sog. microgrammaires de l'ordre des mots zu etablieren, welche an den Verbal-Kategorien und deren Unterklassen orientiert sind (Coseriu, p. 250).Insgesamt mündet der Beitrag von Blanche-Benveniste in die Hypothese, die durch das Verb konstruierten Elemente zeichneten sich nicht durch eine In-Sich-Linearität aus, sondern vielmehr durch die Möglichkeit einer Linearisierung im Rahmen unterschiedlicher Realisationsmodelle (45 ). Drei Korpora oraler Produktion sollten der von M.-L. Moreau vorgelegten Studie «L'ordre des constituants dans la production orale entre familiers»(47--65) zugrundeliegen und verschiedene Sprecherkonstellationen aus der Gruppe der Sprecher Vater [ = P] / Mutter [ = M] / Kind [ = E] berücksichtigen. Generell geht die Studie von einer auf der 294 Besprechungen - Comptes rendus Ordnung der Hauptkonstituenten des Satzes S (sujet) - V (verbe) - 0 (sojet) basierenden Typologie aus und berücksichtigt in starkem Maße die Architektur der Sprache, also die die Sprache konstituierenden Stilebenen, Soziolekte und Dialekte. Ferner werden auch andere Sprachregister (Hochsprache/ Schriftsprache ) zur Kontrastierung herangezogen und statistische und graphische Auswertungen vorgestellt(Coseriu, p. 251s.). Im Mittelpunkt der Untersuchung Moreaus stehen drei Kernfragen: erstens die Frage, ob es die nachweisliche Häufigkeit syntaktischer Permutationsmechanismen der Abfolge S+V+O dennoch erlaubt, beim Französischen von einer langue SVO zu sprechen; zweitens die Frage nach der Sprecherbedingtheit der syntaktischen Abfolge unter gleichen Äußerungsbedingungen; drittens die Frage nach der Bedingtheit der syntaktischen Abfolge durch die jeweiligen Kommunikationspartner (47). Die Beantwortung der Fragen sollte auf drei Analyseebenen erfolgen, nämlich a ) auf der Ebene der anhand von syntaktischen Kategorien zu analysierenden structures brutes (= AI )(49ss.), b) der Ebene der von den Konstituenten abstrahierenden structures filtres (= All ) (56ss.) und c ) der an den Kategorien S/ V/ O orientierten Ebene(= AIII )(6ls.).Moreau ermittelt im Rahmen ihrer Arbeit eine unbedingte Stabilität der Konstituentenanordnung in Unabhängigkeit von jeweiligen Sprechern bei gleichen Äußerungsbedingungen (Coseriu, p. 63). Die Variable interlocuteur erwies sich auf der Ebene AI als ein ein Variablen-Konglomerat bedingender Faktor. Der Wechsel des Kommunikationspartners bedingt nicht nur einen Themenwechsel, sondern auch eine Änderung des type de discours. Auf der Ebene AIII dagegen zeichnet sich die Variable interlocuteur durch Relevanzlosigkeit aus (53s.). Insgesamt ergeben alle drei Analyseebenen schließlich, so Moreau, dieLegitimität einer Bewertung des Französischen als langue SVO (50, 56, 6 2, 63). «La thematisation et ! es complements temporels» in ihrem Artikel(67-81) behandelnd, definiert A.-M. Berthonneau eingangs die thematisation als eine grammatische Operation, welche einen Beitrag zur Festlegung dessen leistet, was ein möglicher Satz ist und weiterhin eine entscheidende Rolle bei der Zuweisung der temporalen Referenz und Äußerungsinterpretation spielt. Die Realisierung der thematisation eines Satzkomplements könne sowohl in Gestalt einer Ante als auch einer Postposition desselben erfolgen. In jedem Fall sei das complement thematise dem champ de la negation entzogen(67). Sofern die thematisation in Postposition nicht als Modifikation der linearen Ordnung fungiert, führe sie zu einem Wechsel der Komplementeurelationen bzw. der«(...) relations de reperage entre proces et complement temporel»(67s.). Die thematisation beeinflußt, so Berthonneau, die Relation zwischen proces und complements einerseits und diejenige zwischen complement und complement andererseits (68). Generell bedinge die thematisation einen Wandel des referentiellen Wertes und führe somit zu einer Polysemie der Äußerungen. Sie entspräche somit einem«(...) mode de decrochage du moment d'enonciation comme origine du calcul de la refärence temporelle». So wie die thematisation die Relation zwischen proces und complement modifiziere, bedinge sie einen Wandel der Akzeptabilität und Interpretation (68ss.). Bezüglich der Relation zwischen den Komplementen konstatiert Berthonneau, daß sich die Modifikation der paraphrastischen Relation von semantischen Variationen ableitet, während die thematisation umgekehrt auch Paraphrasebeziehungen zwischen den durch unterschiedliche semantische Beschreibungen determinierten Komplementen einführen könne (71). Weiterhin wird auf die Modifikationen kombinatorischer Zwänge zwischen temporalen Angaben eingegangen. Die thematisation gauche setze einen konstitutiven Bezugspunkt, welcher eine Globalfixierung der Äußerung und die Einführung von stabilen Koordinaten für das Folgende leiste. Die thematisation droite erlaube eher einen parenthetischen Zusatz zu den temporalen Koordinaten oder die Ausdehnung des Prozesses (72s.). Die thematisation führt, so die Verfasserin abschließend zu diesem Punkt, im Hinblick auf die Relation zwischen proces und complements, derjenigen zwischen complement und complement wie hinsichtlich des «(...) mode de reperage relativement au Besprechungen - Comptes rendus 295 moment d'enonciation (...)», zu einer Instabilität, welcher mit einer semantischen Beschreibung wie auch mit einer Definition überhaupt möglicher Sequenzen zu begegnen sei. Die thematisation leiste die «(...) mise en place d'un reperage intrinseque pour l'enonce». Ihr käme somit die Funktion des determine zu, ohne jedoch den Begriff des deja connu für sich zu beanspruchen (73 ). In einem weiteren großen Block behandelt Berthonneau die place de la thematisation dans les descriptions (73ss.). Insbesondere en betrachtend wird festgestellt, daß die thematisation eines mittels en angeschlossenen Komplements die' Verbklassifikation völlig umwirft. Tatsächlich handele es sich um die Kombination grammatischer Operationen und nicht etwa distributioneller Oberflächenkategorien, welche die Definition der Akzeptabilitätsbedingungen eines Komplements leistet (73s.). Nachdem der Beitrag in einem dritten Block die niveaux et operations (76s.), das niveau lexical (7 7s.) und das niveau grammatical (7 8ss.) untersucht, schließt er mit der Feststellung, daß «(...) les niveaux et categories operatoires ne sont pas necessairement identifiables a des constituants superficielles de l'enonce» (80). Die Probleme der Sprachgeschichte aus diachronischer Perspektive behandelnd (Coseriu, p. 25ls.), intendiert der unter dem Titel «La place des constituants majeurs dans un fragment des Quatre Livres des Rois» (83-93 ) von R. de Dardel vorgelegte Beitrag die Ermittlung der als constituants majeurs bezeichneten Elemente Subjekt, Verb und Komplement, wie auch die Erfassung von Daten des als base definierten, in nicht-markierten Äußerungen nachweislichen ordre des mots innerhalb des Fragments des anglo-normannischen Textes «Les quatre Livres des Rois» aus dem 12.Jh.(83, 93, N 2). Aus synchronischer Perspektive ergibt die Untersuchung eine Verifikation der gängigen typologischen Bewertung des Altfranzösischen als einer «langue T [theme] - V [verbe] - X [argument nonspecifie]», wobei es sich im Fragment bei dem Thema; welches die Initialposition eines Satzes einnimmt, zwangsläufig um ein Argument handele (86 ). B.Bauer geht in ihrem diachronisch ausgerichteten Beitrag dem Problemfeld «[de] l'evolution des structures morphologiques et syntaxiques du latin au frarn;;ais» nach und gelangt zu der Überzeugung, daß die Zeit des insgesamt nachgewiesenen Wechsels von S (sujet) - 0 (objet) - V (verbe) zu S-V-O die Grenzen des Lateinischen deutlich überschreitet, da es sich vielmehr um eine Evolution vom lndo-Europäischen zum modernen Französischen handele. Die Umkehr der Strukturen und nicht etwa eine Fixierung des ordre des mots entspräche dem eigentlichen Charakteristikum der Evolution (101), wozu eben auch der Übergang von der lateinischen Postzur neufranzösischen Prädeterminierung zähle (102). Während Bauer dem Lateinischen nach dem Prinzip einer langue S-O-V organisierte syntaktische und morphologische Strukturen attestiert, schließt sie beim Französischen einen ordre fixe aus und spricht vielmehr von einer dem Lateinischen symmetrisch entgegengesetzten Ordnung (9 5). Der von R. van Deyck mit «La position du noyau predicatif dans la langue de Villon: Resultat de l'evolution diachronique» betitelte Beitrag (109-120) intendiert, zurückgreifend auf eine diachronische, statistisch gestützte Perspektive, eine Separierung der Ursachen der in der Evolution nachweislichen Modifikationen des ordre des mots, um schließlich die gewonnenen theoretischen Ergebnisse an einem geschlossenen Korpus abzusichern, nämlich an der 2:-parole Fran1;:ois Villons anhand des Manuskripts Coislins (109). Die Verfasserin beschränkt sich hierbei nicht auf die Typologie der Konstituentenfolge des Satzes, sondern konfrontiert diese Ordnung vielmehr mit einer Vielzahl in der diachronischen Evolution nachweislichen Modifikationen im Französischen (Coseriu, p. 257 ). In Anlehnung an Marouzeau geht auch Van Deyck von einer freien, jedoch nicht willkürlichen linearen Abfolge innerhalb des lateinischen Satzes aus, in welchem ausschließlich dem Verb eine im Verhältnis zu anderen Elementen motivierbare Position zukommt (109s.). Durch eine deutlich kontrastive Perspektive sollte die Studie M.-G. de Boers, «L'ordre des mots en frarn;;ais compare avec celui de l'italien» (121-132), bestimmt sein, wobei der 296 Besprechungen - Comptes rendus rein syntaktische Vergleich der beiden Sprachen auf eine Gegenüberstellung der spezifischen und allgemeinen Phänomene der linearen Ordnung und der Dominanz beschränkt wird. Als Ausgangsbasis der Studie wird die kanonische Struktur (NP(nominal phrase)- VP(verbal phrase)-NP-PP(prepositional phrase))s(sentence) gewählt (121). Die Summe aller Daten als Interaktion bestimmter getrennter Phänomene behandelnd, gelangt De Boer zu einer Vielzahl sprachspezifischer oder allgemeiner Charakteristika des Italienischen und Französischen, welche u.a. die Möglichkeit satzinterner Permutationen, auch die Eliminierbarkeit des pronominalen Subjekts betreffen, oder sich auf jeweilige Kongruenzregeln wie auf die Existenz pragmatischer Konditionen zur Festlegung der Akzeptabilität verschiedener Kombinationen beziehen (131). Unter dem Titel «Les causes et l'evolution de la place du pronom personnel regime conjoint en fran9ais» (133-144) des Beitrags von A. de Kok verbirgt sich ein Vergleich des Französischen des 12. mit demjenigen des 13.Jh.s (133). Als Grundthese unterlegt die Verfasserin den vielfältigen Veränderungen im Rahmen der Evolution vom Altzum Neufranzösischen einen gemeinsamen Nenner in Gestalt tieferliegender Faktoren sprachlichen Wandels (134). In diesem Sinne konstatiert De Kok einen typologischen Wandel des Französischen von einer langue V/ 2 [i.e. Verb in zweiter Position] zu einer langue S (sujet nominal) - V (verbe) - X (complement majeur non specifie), also von einer durch positionelle Beschränkungen zu einer durch funktionelle Beschränkungen bestimmten Sprache,wobei sich das dem Verb vorangehende Nominalsyntagma obligatorisch als Subjekt klassifiziert. Von einem bestimmten Moment der Evolution an, sei eine Sequenz NP (nominal phrase) - V - NP ausschließlich als S-V-O (objet nominal) zu interpretieren gewesen (135 ). Der dargestellte Wandel von einer positionellen zu einer funktionellen Determination des ordre des mots sei schließlich für die Position der Personalpronomina in Sätzen mit mehreren Verbalformen,in welchen ein oder mehrere Verben regieren und ein oder mehrere Verben regiert werden, von Relevanz gewesen, und zwar in Gestalt einer Verschiebung der Objektpronomina zum Infinitiv (135s.). «L'ordre des clitiques objets en fran9ais moderne» (145 -158) untersucht E. Roegiest aus kontrastiver Perspektive über eine Gegenüberstellung des Französischen mit dem Romanischen im allgemeinen (Coseriu, p. 25 2). Als gemeinsames Merkmal aller romanischen Sprachen sieht Roegiest das System der morphemes clitiques, der Personalpronomina, welche sich mit dem Verb verbinden und mit diesem ein mot phonique bilden.Die clitiques entzögen sich potentiell den die nominalen Syntagmen normalerweise regierenden Regeln und entwickelten eine von der natürlichen Ordnung der SN (syntagmes nominaux) unabhängige feste Ordnung. Alle morphemes clitiques seien in einem einzigen romanischen System durch den ihnen gemeinsamen statut thematique vereint (145 ).Als Besonderheit des Französischen konstatiert der Beitrag die Existenz von Pronomina,welche nicht auf ein SN, sondern auf ein SP (syntagme prepositionnel) verweisen und bezüglich Genus, Numerus, und Person keine Differenzierung aufweisen. Ferner gehorche das Französische weniger strikt als andere romanische Sprachen der Abfolge OI ( objet indirect) > OD ( objet direct) [le lui vs. me le / se le], wie auch in enklitischer Position nach affirmativem Imperativ der Pronominagebrauch schwankend sei. Während die Pronomina ylen beständig seien hinsichtlich ihrer Position [ nous en] und auch die Abfolge OD" OI innerhalb des nomierten Sprachgebrauchs gelte [le lui], versuche die gesprochene Sprache eine Entsprechung zur proklitischen Konstruktion [nous le] zu etablieren (145s.). Roegiest zufolge liegt die Besonderheit des Französischen somit in der Manifestation zweier zueinander in Opposition stehender ordres des mots, wobei von einem auf tiefenstruktureller Ebene angesiedelten Prinzip ausgegangen werden müsse,welches durch die oppositionelle Ordnung verletzt wurde (146). H. Huot, die ihren Beitrag der «Morphosyntaxe du verbe fran9ais et [l']inversion du clitique sujet» (159-176) widmet, geht in ihrer Analyse von der Annahme aus,«(...) que Besprechungen - Comptes rendus 297 ! es clitiques sujets du franfais sont aujourd'hui partie integrante du verbe et qu'en consequence je chante doit etre analyse [vje chante]» (160). Die clitiques sujets gelten somit als mit der Verbalform, mit welcher sie eine morphologische Einheit bilden, verbunden (161). Die Affixe als kategoriebildende Elemente und das sogenannte Null-Morphem als Realisierungsvariante von Kategorien anerkennend, ergibt sich für die Verfasserin eine zwangsläufige Markiertheit der Differenzierungskriterien [ModusfTempus/ Numerus/ Person] in der Verbalstruktur über eben spezifische Affixe (163). Der gemeinschaftliche Beitrag von L. Tasmowski und D. Willems, «Les phrases a premiere position actancielle vide: Par la porte ouverte (il) entrait une odeur de nuit et de fleurs» (177-191), bespricht das im Französischen nachweisbare Problem der Existenz zweier paralleler Strukturen, nämlich VS (verbe/ sujet) und «il VS», deren gemeinsamer Nenner die Plazierung des systeme nominal lexical rechts des Verbs ist. Innerhalb dieser Strukturen sei das ungebundene Subjekt nicht in seiner typischerweise thematischen Funktion und vermöge eben auch nicht als Ausgangspunkt des Gesagten zu fungieren. Vielmehr sei S in einer rhematischen Position, nämlich hinter V plaziert. Die beiden Autorinnen folgen in Anlehnung an Atkinson (1973) der Auffassung, es handele sich bei «il VS» um eine vagere Präsentationsvariante als im Falle der Struktur VS (177). Beiden Strukturen käme global gesehen ein gemeinsamer rhematischer Charakter zu (179). Die Verfasserinnen vertreten die These, daß der Struktur VS die Charakterisierung eines topischen Komplements zufällt (182). Sie füge sich ein in den Kontext der Progression des Erzählten. Die Struktur «il VS» dagegen zeichne sich durch eine starke kontextuelle Unabhängigkeit aus (183). Insgesamt käme der Kategorie S somit in der Struktur VS eine größere syntaktische und semantische Autonomie zu als in «il VS» (183). Abschließend konstatieren die Verfasserinnen im Hinblick auf eine Unterscheidung zwischen langue ecrite und langue parlee, daß im Rahmen ersterer die Sequenz SV eher für kategorische Äußerungen, die Sequenz VS für thetische Konstruktionen Verwendung fänden. Die langue parlee dagegen bevorzuge für kategorische Äußerungen die Sequenz Clit (clitique) VS und greife bei thetischen Konstruktionen eher auf die Sequenz«il y a ... qui» zurück. Zwischen beiden Sprachbereichen käme es somit also zu einer Kreuzung«(...) pour ce qui est de ! 'ordre relatif de S et de V» (188). M. van Peteghem behandelt in ihrem Beitrag (193-207)«Ja reversibilite et ! es phrases copulatives specificationelles» im Sinne einer Hinterfragung der Permutationsbedingungen für die beiden Konstituenten innerhalb von Kopulativsätzen mit nominalem Attribut (193s.). Generell scheint die Vertauschbarkeit der beiden um die Kopula angeordneten SN (syntagmes nominals) ausschließlich gewährleistet, wenn letzteren eine rein referentielle Funktion zukommt, und das Kopulativverb einem signe d'equation entspricht (194 ). Der Beitrag intendiert die Klärung der Frage,«(...) si les phrases specificationnelles ne deviennent pas simplement identificationnelles ou predicationnelles lorsque ! es syntagmes changent de place» und ob das dabei zum Subjekt gewordene Attribut nicht rein referentiell wird bzw. ob das zum Attribut gewordene Subjekt seine valeur d'etiquette beibehält oder aber eher identificationnel oder predicationnel wird (194s.). Die Autorin kommt zu dem Schluß, daß sich spezifizierende Kopulativsätze sehr deutlich von den phrases identificationnelles in diskursiver und pragmatischer Hinsicht wie auch bezüglich des referentiellen Status des SN unterscheiden (204). Da der Intonation im Französischen eine geringere Relevanz zukommt als in einigen anderen Sprachen, könne der ordre des constituants als ein ausreichendes Kriterium zur Abgrenzung der copulatives specificationnelles von anderen Kopulativsätzen bewertet werden (204). Eine Illustration der pragmatischen Funktionen des ordre des mots innerhalb des Bereichs der Fragesätze intendiert der Beitrag B. Callebauts,«Pour une pragmatique de ! 'ordre des mots: La phrase interrogative fran9aise» (209-220). Die Untersuchung basiert auf einer Dreiteilung in a) syntaktische Zwänge, b) die intermediäre Zone freier Varianten 298 Besprechungen - Comptes rendus und c ) diskursive Zwänge (210). In Gestalt der Erhellung einer Beziehung zwischen Syntax und Pragmatik intendiert Callebaut weiterhin die Adäquatheit dieser dreiteiligen Repräsentation zu belegen (210). Hinsichtlich des pragmatischen Zugangs zur umrissenen Problematik wird das Feld der Q (questions) negatives präsentiert, welche als orientierte oder aber orientierende Äußerungen (i.e. affirmativ oder negierend ) definiert werden. Diese beiden möglichen Orientierungen, nämlich die si- und non-Fragen, zeichneten sich durch verschiedene Ausdrucksformen, nämlich zum einen über die Prosodie und zum anderen, im Falle der expliziten Orientierung, in formaler oder aber lexikalischer Weise aus. Der Ausdruck der Differenz der Orientierung erfolge durch einen unterschiedlichen Gebrauch der Negation. Sie sei entweder extern und argumentierend, oder aber intern und wahrheitsfunktional (211). Zusammenfassend stellt Callebaut fest, daß der Konstituentenanordnung innerhalb der Fragesatzkonstruktion die Funktion einer pragmatischen Markierung zukommt, wobei das unter den verschiedenen Q-Konstruktionen herrschende Konkurrenzverhältnis weiterhin durch zahlreiche specialisations discursives bestimmt ist (217). Die Inversion beinhaltet im Rahmen der Q-Konstruktion stets das Merkmal 'assertif', während bei den Intonationsfragen die mit den sogenannten Q-presomptives verträgliche nicht-markierte Konstituenten-Abfolge das Kriterium 'semi-assertif' nachweislich zutrifft. Die mit «est-ce que ...» realisierte periphrastische Konstruktion dient, so der Verfasser, vornehmlich zur Vermeidung der Inversion und beinhaltet darüber hinaus bestimmte emphatische Kapazitäten (217). Die behandelten formalen und pragmatischen Aspekte seien weniger einzelsprachlicher Natur, als vielmehr in den europäischen Sprachen allgemein nachweislich (217s.). P. Wunderli, der seinem Beitrag den Titel «La place de l'adjectif: Norme et infraction a la norme» (221-235) voranstellt, geht dem Problem der in der französischen Grammatik mehr oder weniger unscharf behandelten Adjektivstellung nach und stellt die Frage nach der Normalposition der Adjektive (221). Als Ausgangsbasis seiner Überlegungen geht Wunderli davon aus, daß zunächst einmal prinzipiell jedes Adjektiv sowohl in Anteals auch in Postposition auftreten kann, wobei im Falle des Positionswechsels eines konkreten Adjektivs eine funktionale Identität in beiden Stellungen nicht zwangsläufig gegeben sei. Ferner ließen sich zwei Adjektivklassen konstatieren, welche die Adjektive gemäß ihrer jeweiligen Normalstellung in sich vereinigen (228). Wunderlis Ansatz unterscheidet somit also zwei Adjektivklassen, nämlich A a einerseits und A P andererseits, wobei A für ein beliebiges Adjektiv steht und die Indices eine anteposition normale (= a) bzw. eine postposition normale (= p) markieren. Ausgebend von den Normalparadigmen anteposition (= AP) und postposition (= PP), gilt ein A a (PP) bzw. ein A P (AP) als markiert (230s.). Demzufolge könne auch jedes Adjektiv im modernen Französischen einen ordre marque darstellen, wenn es sich nicht in der Nominalposition befindet (229s.). Wunderli konstatiert eine deutliche Tendenz markierter Konstruktionen, in Verbindung mit einem accent d'insistance aufzutreten: «(...) grand homme, mais homme 'grand (...); et vice-versa: journee grise, mais 'grise journee (...)» (230ss.). Als ein weiteres Problem bezeichnet der Verfasser die Frage, weshalb es in der französischen Sprachgeschichte zur Herausbildung zweier Adjektivgruppen unterschiedlichen distributionellen Charakters überhaupt gekommen ist. Er sieht hierin eine ausschließlich historische, mit den aktuellen synchronischen Verhaltensmustern der Adjektive des modernen Französischen in keiner Relation stehende Problematik. Die historische Evolution sei durch eine Vielzahl kaum zu umreißender Faktoren bestimmt. Der Verfasser zitiert in diesem Zusammenhang R. Keller (1982: 84/ 85), welchem zufolge der Sprachwandel weder durch Willkürlichkeit, noch durch Zufälligkeit bestimmt ist, sondern vielmehr durch eine dritte Ordnung, der sogenannten «unsichtbaren Hand» (232 ). In diesem Sinne definiert der Verfasser die Adjektivstellung im Französischen als ein auf historisch etablierten Normen beruhendes Faktum (Coseriu, p.256s.). Einige Faktoren umreißend, nennt Wunderli zunächst einmal die Tatsache, daß Besprechungen - Comptes rendus 299 sich bereits ab der Phase des klassischen Lateins die fortschreitende Manifestation einer Tendenz zur Postposition nachweisen läßt, während im Indoeuropäischen die Anteposition des Adjektivs als Regel galt. Weiterhin könne die Situation der germanischen Sprachen in eingeschränktem Maße durchaus auch die Situation des Französischen beeinflußt haben. Neben der Relevanz zahlreicher Faktoren bei der Konstituierung des aktuellen Stands innerhalb der französischen Sprache, glaubt der Verfasser schließlich auch in der Silbenzahl als einem rhythmischen Kriterium einen ausschlaggebenden Faktor zu sehen, welcher im Falle der Adäquatheit der dargestellten Hypothese von innovativem Charakter sein müsse. Die aufgelisteten Faktoren stellten jedoch gerade einmal einige verstreute Mosaiksteinchen der historischen Entwicklung des modernen Französisch dar (232s.). In ihrem Beitrag«Les constructions absolues et l'ordre des mots» (237-248) behandelt S. Hanon die «( ...) constructions constituees par deux termes solidaires, qui sont en rapport de sujet et de predicat». Während das Subjekt in diesem Zusammenhang gängigerweise durch ein Substantiv repräsentiert sei, kommt dem Prädikat, so Hanon, ein Verbalcharakter zu, ohne jedoch ein konjugiertes Verb oder einen Infinitiv darzustellen (237 ). Hinsichtlich der Typologie der constructions absolues, kurz c. abs., würde traditionell von einer 2-Gruppen-Subdivision ausgegangen, und zwar anhand des Kriteriums, ob eine solche Konstruktion die Funktion eines complement circonstanciel, welcher dem absoluten Ablativ des Lateinischen nahekäme, erfüllt oder nicht (237s.). Den c. abs. könne somit einerseits eine Adverbialfunktion wie in «Le chat parti, les souris dansent» zukommen, wobei sie vornehmlich dem Ausdruck von Zeit, Ursache, Bedingung usw. dienten, dem Ausdruck eines «(...) evenement externe par rapport a la principale (...)» also. Eine Gene'rierbarkeit dieses c. abs.-Typs von einer phrase sous-jacente ist, so Hanon, ausgeschlossen, obgleich sie die Möglichkeit eines«( ...) retablissement de donnees circonstancielles (...)» einräumen. Andererseits könne den c. abs auch die Funktion eines indirekten Attributs zukommen, welches sich auf ein Substantiv in der Regel auf das Subjekt des Satzes bezöge, wie in«Pierre est arrive, les mains dans les poches», und zwar hauptsächlich als Ausdruck der Art und Weise, in welcher«(...) l'actant pose l'action, generalement en rapport avec l'idee de possession inalienable». Bei diesem c. abs.-Typ läge eine Generierbarkeit von einer phrase sous-jacente vor. Unabhängig von der jeweiligen Typenzugehörigkeit korrespondierten die structures absolues mit Transformationen oder eher mit Reduktionen der propositions sous-jacentes (237s.). Weiterhin differenziert Hanon zwischen jenen c. abs. primärer Funktion und solchen sekundärer Funktion. Im Sinne der Satzgrammatikalität erforderlich, seien erstere durch ein attribut du sujet, ein complement d'objet direct oder ein adverbial de verbe repräsentiert und in aller Regel rechts vom konjugierten Verb, dem Satzknoten, plaziert. Letztere dagegen, die c. abs. sekundärer Funktion, träten in Gestalt der complements circonstanciels auf und umfaßten die c. abs. ersten Typs mit adverbialem Wert und diejenigen zweiten Typs mit attributivem oder prädikativem, freiem oder indirektem Wert (240). Der Frage nachgehend, inwieweit der ordre des mots eine bezüglich dieser beiden Typen distinktive Funktion beinhaltet, gelangt Hanon schließlich zu einem vereinfachenden Schema, welches in Independenz von der jeweiligen Funktion der c. abs. non-essentielles die möglichen Positionen letzterer darlegt. Hierbei steht das Symbol S für sujet, Sn für sujet nominal, V für verbe und schließlich X für einen objet direct, einen attribut du sujet, einen objet indirect, einen datif, einen adverbial de lieu, de temps, etc. (p. 240s.). A) c. abs. SV (X) B) SV (X) c. abs. = anteposition de la c. abs. vs = postposition de la c. abs. vs C) Sn. c. abs. V (X) = intraposition de la c. abs. 300 Besprechungen - Comptes rendus In weniger häufigen Fällen leisten die c. abs. auch die Modifikation anderer Terme als des Subjekts, nämlich beispielsweise des direkten oder indirekten Objekts. Die Verfasserin schließt in diesem Zusammenhang auf die Relevanz der proximite dans l'espace, welche die Wahrscheinlichkeit einer eindeutigen Funktion erhöht. Vor allen Dingen zeichne jedoch die Natur des Verbs für die Wahl zwischen den Aktanten verantwortlich (24 4s.). Zusammenfassend schließt Hanon ihren Beitrag mit der Feststellung, daß den eine fonction essentielle de la proposition erfüllenden c. abs. eine festgelegte Position zukommt, nämlich diejenige rechts vom Verb. Erfüllten sie jedoch nur eine sekundäre Funktion, so könnten sie in Relation zum Verbalknoten sowohl eine Ante- oder Postposition, als auch eine Intraposition einnehmen. Ferner seien die c. abs. in der Lage, des groupes a forte cohesion aufzubrechen, weshalb diese einer mise en relief par une serie d'outils linguistiques unterzogen werden könnten. Abgesehen von den Sequenzen mit mehreren Aktanten, welche eine Tendenz zur attributiven Funktion aufwiesen, wobei der ordre des mots eines der eine Funktionsfestlegung erlaubenden Elemente sei, wäre eine Differenzierbarkeit der constructions attributives von den constructions circonstancielles auszuschließen (247). In seiner abschließenden Betrachtung, «L'ordre des mots au colloque de Gant: Bilan et perspectives» (24 9-261), konstatiert E. Coseriu die Applikation der in der gesamten deskriptiven und historischen Linguistik gängigen und notwendigen Differenzierung hinsichtlich Perspektiven, theoretischen Ansätzen und Arbeitsgebieten auf das modele ideel de la discipline des ordre des mots als implizit artikulierte Forderung der Aufsatzsammlung bzw. des vorangegangenen Kolloquiums (252). Von seinem Wesen her habe sich gezeigt, daß es sich bei dem ordre des mots weniger um ein intentionell kreiertes Zeichen oder um einen ebensolchen Prozeß der Sprache von determinierter Funktion handelt, sondern vielmehr um ein «(...) resultat autonome de la realisation lineaire du langage dans la parole et, par consequent, dans le temps (...)» (256). Eine Funktion werde nicht durch die Wortanordnung selbst, sondern über die Opposition zweier Ordnungen gleicher Elemente im Paradigma der betreffenden Syntagmen realisiert, da der «(...) ordre des mots ne peut pas s'opposer a zero comme les morphemes dotes d'expression propre» (256). Funktionalität käme dem ordre des mots somit nur als Möglichkeit, nicht jedoch als inhärenter Wesenszug zu (256). Das gängigerweise als ordre des mots Bezeichnete meint, so Coseriu weiter, den «(...) ordre des unites d'une couche structurale inferieure combinees a l'interieur d'une unite d'une couche immediatement superieure (...)». Der Terminus mots bezöge sich hierbei auf die «(...) constituants materiels de toute unite d'un niveau de structuration superieure au niveau du mot (...)», wobei mit constituants manchmal die betreffenden Funktionen und erst in zweiter Instanz die durch sie zum Ausdruck gelangenden Bedeutungen bezeichnet würden (258). Die folgliche Doppelintention einer linguistique de ! 'ordre des mots läge zum einen in der Untersuchung der Konstituentenanordnungen in deren Eigenschaft als syntaktische Einheiten, und zum anderen in der Analyse des «(...) ordre des mots proprement dits a l'interieur des constituants qui en contiennent» (258). Coseriu sieht hierbei die Notwendigkeit sogenannter microgrammaires, welche die Analyse der Konstituentenanordnungen leisten, die stets analogen syntaktischen Funktionen innerhalb der verschiedenen couches de structuration entsprechen (259). Weiterhin gelte es vor dem Hintergrund einer Berücksichtigung der dem ordre des mots eigenen Funktionen stets eine Unterscheidung zwischen Sprachnorm, -system und -typ im Vorfeld zu leisten (259). K.Hansen * Besprechungen - Comptes rendus 301 CHRISTIANE BEINKE, Der Mythos «franglais». Zur Frage der Akzeptanz von Angloamerikanismen im zeitgenössischen Französisch mit einem kurzen Ausblick auf die Anglizismen-Diskussion in Dänemark, Frankfurt/ Bern/ New York/ Paris (Peter Lang) 1990, 380 p. (Europäische Hochschulschriften XIII, Französische Sprache und Literatur 151) Dissertationen mit sarkastischen Titeln sind eher selten. Der Doktorand soll sich ja ehrfürchtig in die Forschung seiner Ältern einarbeiten und sich als würdig erweisen, sich ihnen anschließen zu dürfen. Nun hatte es aber Beinke schwer, sich über Spezialisten der Anglizismen im modernen Französischen eine hohe Meinung zu bilden. Daß Etiemble (118ss.) und seine Epigonen wie Gobard, Marmin, Cellard usw. (134ss.) nicht als seriöse Denker ernst zu nehmen sind, sieht man schon schnell in ihren Ideen, daß z.B. Frankreichs Schulen bloß praktisches business-Englisch zu unterrichten brauchen, während Ausländer sich am literarischen Französisch kulturell emporranken sollen. Oder daß die Landessprache dank der Dialekte im Hexagon ausländische Lehnwörter vermeiden könne während den Regionalsprachen das Wasser abgegraben wird. Oder daß selbsterfundene unverständliche Wortschöpfungen wie usaification, universiturique (149) weniger zu kritisieren seien als populäre Fremdwörter. Oder daß Anglizismen französischer Abstammung nur halb so schlimm seien: z.B. gadget, das auf fr. gagee fußt. Oder daß Xenismen orthographisch assimiliert werden sollten (also wie die vielbewunderte redingote nun auch blougines und tichirtes), während andererseits kuaför im Türkischen oder korniszon im Polnischen «barbarisch» sei - und dies nur wegen der Schreibweise; Gallizismen geben ja anderen Sprachen oft un charme supplementaire, während Anglizismen im Französischen als Symptome eines processus de colonisation bekämpft werden müssen. Beinke hatte es aber auch schwer, von bona fide Philologen in diesem Gebiet einen guten Eindruck zu gewinnen. Daß Wörterbücher wegen ihrer inkonsequentenBehandlung von Lehnwörtern meist unbrauchbar sind, überrascht zwar nicht besonders; aber man fühlt sich auch hilflos, wenn man z.B. beobachtet, daß die Schätzung der Menge von Anglizismen im heutigen Französischen zwischen 75 bei Guiraud und 578 bei Gebhardt schwankt. Beinke beschränkt sich auf eine Beschreibung von solchen Widersprüchen, und diskutiert nur beiläufig die theoretischen Grundlagen, die es ermöglichen würden, den Prozentanteil von Anglizismen vorteilsweise unterteilt in «nötige» und «unnötige» am Gesamtwortschatz zu errechnen. Die Stärke ihrer Arbeit liegt im objektiven Überblick über die außersprachlichen das heißt, volkspsychologischen - Beziehungen Frankreichs mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten, und die Selbsteinschätzung der Franzosen als Kulturinsel mit Missionsauftrag in einer neuen Weltordnung. Wie Präsident Pompidou sagte, wird Europa nur insoweit Europa sein, wie es sich von Amerika unterscheidet. Französisch als erste europäische Arbeitssprache muß von jeglichem amerikanischen Einfluß verschont bleiben, was am besten im Rahmen eines allgemeinen Sprachpurismus erreicht werden kann. Diese Vermischung von internem Purismus und Projektion nach außen ist bestens ersichtlich in der langen Liste von offiziellen, halboffiziellen und privaten Organisationen zur Pflege der französischen Sprache, die p. 211-226 besprochen und p. 315-358 aufgelistet werden. In einem weiteren Anhang (359-380) resümiertBeinke neuere ministerielle Erlasse zu Anglizismen (bis 1985 sind 6200 Ersetzungen von Anglizismen vorgeschrieben oder empfohlen worden! ) und kopiert das Sprachgesetz von 1975 (Diskussion p. 227-255). Da. dieses Buch vor allem zeigen will, daß die Reaktion der Franzosen auf Anglizismen ein sprachpolitisches und sprachpsychologisches Phänomen darstellt und nur indirekt von sprachwissenschaftlichem Interesse ist, konnte das Kapitel über «Die Anglizismen-Diskussion in Dänemark» kurz ausfallen (257-286). Es wird vor allem die Aktivität der staatlichen Organisation Dansk Sprogncevn beschrieben, die u. a. zeigt, daß die Benutzer ihrer telephonischen Auskunftsstelle meistens Sekretärinnen ohne Wörterbuch weit weniger 302 Besprechungen - Comptes rendus unter anglizistischen Verfolgungsängsten leiden, als die Franzosen. Zumindestens die Franzosen, die den anti-amerikanischen Puristen in die Falle gegangen sind. C. Wittlin * BRIGITTE PALAZZOLO-NömNG, Drei Substandardregister im Französischen: «familier», «populaire», «vulgaire». Ergebnisse einer Wörterbuchuntersuchung und einer Umfrage in Draguignan, Frankfurt a.M. (Haag + Herchen) 1987, 240 p. (Mannheimer Studien zur Linguistik 7) Die Studie erfüllt ohne Zweifel ein Desiderat: sie wendet sich der empirischen Bearbeitung dreier Substandardregister zu und ist damit letztlich in die Varietätenlinguistik einzuordnen, in deren Rahmen es immer noch an konkreten Ergebnissen mangelt. Die Autorin untersucht ein Korpus von 84 Substandardwörtern und -wendungen (z.B. bagnole, lancer des canards, tripoter une femme) auf ihre Registereinstufung hin. Referenzautoritäten sind dabei einerseits 9 Wörterbücher des 20. (und 19.) Jahrhunderts und andererseits 50 native speakers aus Draguignan. Ein Vergleich dieser beiden unterschiedlichen Informationstypen scheint interessante Ergebnisse zu versprechen. Das Ziel der Analysen ist zunächst unklar, kann aber vom Ende der Untersuchung her (cf. Kap. 4.2. «Zusammenfassung») rekonstruiert werden: Es geht der Autorin offensichtlich um die Ermittlung der Frage, «wie bewußt ... die Existenz sprachlicher Register ist» (220). In einem ersten Kapitel (3-29) wird ein Forschungsüberblick zum Thema geliefert, eingeschränkt auf Untersuchungen ab 1965. Ausführlicher werden die Registerunterscheidungen von Bodo Müller (Das Französische der Gegenwart, Varietäten, Strukturen, Tendenzen, 1975) diskutiert, an dessen Auffassung von franr,;ais familier, populaire und vulgaire sich die Autorin scheinbar anlehnt. Sie kritisiert ihn, da seine Aussagen nicht vor empirischem Hintergrund gemacht seien (22), sie widerlegt ihn durch ihre Ergebnisse hinsichtlich der soziographischen Anbindung von Registern: das fram; ais populaire ist nicht, wie Müller annimmt, auf die mittlere und untere Schicht beschränkt (22), sondern es zeigt sich gerade bei den Kopfarbeitern eine Tendenz, Elemente dieses Registers zu verwenden (221). Eine eigentliche theoretische Einordnung des vorliegenden Ansatzes findet nicht statt. Aus diesem Grunde fehlen in der Bibliographie Namen wie Coseriu, Polenz, Hjelmslev (von Saussure gar nicht zu reden), Martin, Höfler etc. Es werden weder Standard und Substandard, noch Markiertheit und Unmarkiertheit, noch Stil und Konnotation, noch Normen im allgemeinen und in Wörterbüchern diskutiert. Könnte man dieser Auslassung noch mit dem Hinweis begegnen, ein Theorieüberhang habe noch keine empirische Arbeit weiter gebracht, so gilt dies nicht mehr für den folgenden Punkt: Das Übergehen der Problematik von deskriptiven und präskriptiven Wörterbüchern, zumindest der von ihr zugrundegelegten, ist doch schmerzlich, auch - oder besonders? für eine empirische Studie. Denn Aussagen von Wörterbüchern müssen immer in Beziehung gesetzt werden zu ihrer jeweiligen Intention, zum anvisierten Zielpublikum und zur Gesamtkonzeption. Dies hat besondere Relevanz für das hier untersuchte Thema. Es erweist sich als äußerst bedauerlich (und folgenträchtig), daß der Verfasserin offensichtlich das bereits 1984 erschienene Buch von E. Maier, Studien zur Sprachnormtheorie und zur Konzeption der Sprachnorm in französischen Wörterbüchern, nicht zugänglich war, in dem alle die genannten Punkte umfassend behandelt werden. Darüber hinaus untersucht diese Studie alle 9 Besprechungen - Comptes rendus 303 Wörterbücher (und mehrl, die auch bei Palazzolo-Nöding zugrundegelegt werden, auf Normen und Register hin . Die Kapitel 2 und 3 widmen sich den Wörterbüchern und der Umfrage. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung (4), der Bibliographie (5), dem verwendeten Fragebogen (6), dem Verzeichnis der 27 Tabellen (7) und einem Register der 84 Substandardwörter (8). - Die eigentlichen Analysen und Ergebnisse sind also in den Kapiteln 2 und 3 enthalten. Die Zahlen mögen für sich selbst sprechen: Von 183 Seiten (30-213) liefern ca. 120 ausschließlich Tabellen, d. h. wir haben es mit ca. 63 Seiten Text zu tun. Ich werde mich im folgenden vor allem auf das Vorstellen und Diskutieren der Grundannahmen und der Verfahrensweisen beschränken. Die Verfasserin betont, daß von 9 untersuchten Wörterbüchern (Littre, DG, Acad., PL, DFC, TLF, Lexis, DFV, PR) einzig der PR die verwendeten Registereinstufungen (marques d'usages) definiert, und zwar sowohl im Abkürzungsverzeichnis als auch im Vorwort (40s.). Die Verfasserin fragt ihr Korpus in den genannten Wörterbüchern hinsichtlich Aufnahme und Markierung ab. In diesem Zusammenhang wird die These widerlegt, wonach es zwischen den einzelnen Wörterbüchern nur Abweichungen um eine, nicht um 2 oder mehr Stufen gebe (cf. Tabellen, 44ss.). Ihre Stufeneinteilung ist dabei O für unmarkiert, -1 für fam., -2 für pop. und -3 für triv.lgross./ vulg. Die Abweichungen seien zum Teil beträchtlich ein Ergebnis, das eigentlich schon jedem unbefangenen Benutzer von mehr als einem Wörterbuch ziemlich klar sein dürfte. Hier stellen sich folgende Probleme: 1. Wie kann nach einem solchen allgemein angesetzten Stufenraster gewährleistet sein, daß die jeweiligen Wörterbuchautoren unter der jeweiligen Markierung auch wirklich das gleiche Register meinen, werden diese doch wie die Autorin selbst feststellt außer im PR gar nicht definiert, sondern mehr oder weniger intuitiv gesetzt. Wie aussagekräftig können dann etwa überhaupt Feststellungen zu den prozentualen Abweichungen sein? Subjektive Fakten werden nicht dadurch objektiver, daß man sie statistisch erfaßt. Man erfaßt damit allerhöchstens den Grad der Subjektivität. 2. Es gilt das oben Gesagte: Intention und Zielgruppe der jeweiligen Wörterbücher sind entscheidend sowohl für die Aufnahme als auch für die Art und Weise der Markierung von Substandardwörtern. Letztendlich ist dies auch der Verfasserin bewußt, weist sie doch (allerdings erst in Kap. 3, in dem es um die Fragebogenaktion geht) mit Rey-Debove darauf hin, daß etwa vulgaire-Wörter «wegen des Drucks der sozialen Norm» keine der Gebrauchsnorm getreue Aufnahme in Wörterbüchern finden, um nicht zu schockieren (55). Obwohl 9 Wörterbücher in der eben beschriebenen Weise untersucht werden, wird im Grunde einzig PR für die Umfrage (cf. Kap. 3, 54-213) relevant. Der Fragebogen (227-235) ist folgendermaßen aufgebaut: I. Persönliche Daten (die dann auch gruppenspezifisch ausgewertet werden); II. Definitionen des PR zufam. und vulg., und Beispiele des PR zu pop. Im letzten Fall vermeidet die Verfasserin die Definition, da PR dieses Register unzutreffend auf die Unterschicht beschränkt (41) und sich die Probanden diskriminiert fühlen könnten (54); III. das Korpus: alle Wörter werden jeweils in einem (minimalen) Kurzkontext (oft aber auch völlig isoliert, z. B. une chiasse) geliefert, der in der Regel auch dem PR entnommen ist. Die Testpersonen haben im Sinne des multiple-choice-Systems jeweils die Wahl, ein entsprechendes Wort als fam., pop. oder vulg. anzukreuzen. Ein viertes Kästchen bleibt für die Benennung eines in diesem Dreier-System nicht aufgenommenen möglichen anderen Registers. Das Verfahren, zusätzlich noch das standardsprach- 1 Hierzu �nsere Besprechung in VRom. 47 (1988), 286-290. Das gleiche gilt für das Buch von R. BARTSCH, Sprachnormen: Theorie und Praxis, Tübingen 1985, das neben der Normproblematik auch dem Standard und den Varietäten viel Aufmerksamkeit schenkt. 304 Besprechungen - Comptes rendus liehe Äquivalent zu liefern, wie z.B.: «Une belle bagnole (automobile)», scheint mir nicht glücklich, schafft dieses Element des «gepflegten» code ecrit doch möglicherweise eine (ungewollte) Distanz der Befragten zum Substandardwort. Ferner: Die mitgelieferten Definitionen schränken die Aussagekraft des Tests erheblich ein. Die Aussagen der Fragebogen stellt die Verfasserin den Aussagen der Wörterbücher gegenüber (70-158), um dann die Ergebnisse bezüglich der von ihr angesetzten Gruppen zu errechnen (158-213). Die Gruppen werden nach folgenden Parametern gebildet: 1. Herkunft; 2. Berufsgruppen (geistig Arbeitende, körperlich Arbeitende, Angestellte, Beamte); 3. Geschlechtsgruppen; 4. Altersgruppen. Nebenergebnisse sind u.a., «daß die Gruppenkategorien Beamte und Angestellte ... für soziolinguistische Untersuchungen nicht sinnvoll sind», da auch Beamte manchmal geistig arbeiten (186) (dies hätte man sich eigentlich auch schon bei der Erstellung der Kategorien klar machen können und muß night erst als Resultat herauskommen). Was sind nun eigentlich ihre Ergebnisse (Kap. 4)? Wen wundert's, daß es ein Kapitel über das Sprachbewußtsein ausgerechnet des PR gibt? Dieses Wörterbuch repräsentiert nach der Verfasserin das Sprachbewußtsein jüngerer Männer aus der Kopfarbeiterschicht, die räumlich mobil ist (218), dies u.a. aufgrund der Tatsache, daß die acht befragten (Ober-)Schüler in ihren Einschätzungen am wenigsten vom PR abweichen (ob sie nicht vielleicht ihren PR gut kennen ...? ). Ein anderes Ergebnis ist, daß von der in der Literatur angenommenen «Einebnungstendenz» der sprachlichen Register keine Rede sein kann und damit auch kein Anhaltspunkt vorliegt für ein schwindendes Bewußtsein für sprachliche Niveaus. Darüber hinaus wird bestätigt, daß Registergebrauch gruppenspezifisch ist, wobei Kopfarbeiter jedoch Substandard viel positiver bewerten als körperlich Arbeitende (der Unterschicht). Kommen wir zum Schluß: Hat die Verfasserin ihr Ziel erreicht? Dadurch, daß sie den Informanten bestimmte, wohldefinierte Substandards «unterschiebt», ist ihr Vorgehen zirkulär: man kann nicht ermitteln, ob Register bewußt sind, wenn deren Existenz vorgegeben wird. Der Fragebogen scheint nicht glücklich; eine mündliche Befragung hätte bessere Ergebnisse erzielt. Spontanes Sprachverhalten sagt ungleich mehr aus über das Registerbewußtsein. Aber auch bei einer schriftlichen Erhebung hätte man anders vorgehen können, und zwar durchaus im Sinne des hier angestrebten Ziels: keine Mitlieferung von Definitionen, dafür beträchtlich mehr Kontext, und zwar sowohl standardsprachlichen als auch registermarkierten. Der standardsprachliche Kontext entspricht dem in den Wörterbüchern (implizit) zugrundegelegten neutralen Parameter. Da aber die Registermarkierung eines Wortes, wie z.B. bagnole, nur in Kontrast zu standardsprachlichen Texten dynamisiert (und damit konnotativ wirksam) wird, nicht aber in Texten, deren gesamter Sprechstandard dem Register pop. angehört 2 , schiene es mir sinnvoll, die Substandardwörter auch in entsprechende substandardsprachliche Kontexte einzubetten. Ein solches Vorgehen hätte aus der Gegenüberstellung der in der vorliegenden Studie eingesetzten unterschiedlichen Informationsquellen (Wörterbücher: Standardnorm; Fragebogen: Textnorm) höchst interessante Resultate bringen können bezüglich der kontext- und situationsbedingten Wirkung von (statischen, lexikalen) Substandardwörtern 3. 2 Cf. hierzu P. BRASELMANN, Konnotation - Verstehen Stil, Frankfurt a.M./ Bern 1981, bes. zur «statischen/ dynamischen Konnotation», p. 138ss. 3 Cf. v.a. H. RossrPAL, «Konnotationsbereiche, Stiloppositionen, Sprachen in der Sprache», Germanistische Linguistik 4 (1973), 1-87. Rossipal unterscheidet zwischen lexikalem (langue-Ebene) und kontextuell/ kommunikativem (parole-Ebene) Stilwert von sondersprachlichen Einheiten, wobei letzterer erst durch Kontrast wirksam wird. Besprechungen - Comptes rendus 305 Hat die Studie dazu beigetragen, die immer noch zu unverbindliche Registereinschätzung konkreter zu erfassen? Auch dies muß negiert werden. Erreichbar wäre ein solches Ziel geworden, wenn im Fragebogen (und zwar in der vorgegebenen Form) etwa die Wahl zwischen «normal»/ «unnormal» zu fällen gewesen wäre und der Proband aufgefordert worden wäre, ein «unnormal» genauer zu spezifizieren (obwohl natürlich auch hier die Registerdefinitionen nicht hätten erscheinen dürfen). Mangelnde theoretische Einbettung (und damit fehlende Funktionalisierung der Ergebnisse) sowie zirkuläres Verfahren (das von einer zu starken und ausschließlichen PR- Orientierung herrührt) annullieren jedoch nicht das sei hier betont die Validität des Materials, das sorgfältig und solide zusammengestellt ist und das für weiterführende Untersuchungen durchaus nutzbar gemacht werden kann. Petra M. E. Braselmann * SABINE LORENZ, Die Konkurrenz zwischen dem futur simple und dem futur periphrastique im geschriebenen Französisch der Gegenwart, Münster (Kleinheinrich) 1989 (Münstersche Beiträge zur Romanischen Philologie 3) Die Arbeit, eine Münsteraner Dissertation, beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen den beiden neufranzösischen Formen des Futurs: dem analytischen, mit aller + Inf. gebildeten, nach seinem angenommenen semantischen Wert auch futur proche und von Vf. futur periphrastique genannt, und dem synthetischen, demfutur simple, das seinerseits auf eine modale Periphrase (Inf. + habere) zurückgeht. Anders als im Falle des gesprochenen Französisch, wo schon seit langem das periphrastische Futur als starke Konkurrenz zum einfachen gesehen wird 1, weisen die weitgehend am code ecrit orientierten Grammatiken dem synthetischen Futur nur einen untergeordneten Rang zu (2). Man kann also vorab von einer diaphasischen Markierung der beiden Formen ausgehen. Außerdem besteht die Möglichkeit einer semantischen Markierung («nahe» vs. «ferne Zukunft» sowie «Verbundenheit» vs. «Loslösung», cf. p. 5-8), die durch den Terminus ,efutur proche» für die analytischen Formen suggeriert wird. Der Einfluß dieser sowie einiger anderer Faktoren (z.B. morphologische Struktur des Verbs, grammatische Person, Präsenz von Zeitadverbien) auf die Wahl der Formen wird von Vf. durch die statistische Auswertung empirischer Daten überprüft. In einem Überblick über die Forschungslage (1-29) werden die verschiedenen Auffassungen zur Verwendung der beiden Formen vorgestellt. Entsprechend dem Datenmaterial der referierten Autoren entfernen sich dabei die größtenteils literarischen Zitate zeitlich z. T. weit vom «Französischen der Gegenwart». Obwohl in vielen Grammatiken bis heute üblich, sollte die Vorgehensweise, Racine und Moliere (19) als Gewährsleute für die moderne, selbst geschriebene Sprache heranzuziehen, mit einem gewissen Vorbehalt betrachtet werden. Im Hauptteil (30-234) werden zwei Korpora ganz unterschiedlicher Art ausgewertet: Das erste enthält hochliterarische Werke (Roman und Drama, ab 1931) sowie «gebrauchsliterarische» Texte (Trivialromane, Comics), das zweite die Ergebnisse schriftlicher Interviews, die 1984 und 1985 in Paris durchgeführt wurden. Im Gegensatz zum 1. Teilkorpus können hier die Versuchspersonen durchgehend nach Alter, Geschlecht und sozialer Gruppe klassifiziert werden. Ebenfalls anders als im 1. Teil werden, von einer onomasiolo- 1 Cf. das einleitende Kapitel der parallel angefertigten Dissertation von BETTINA LORENZ, Die Konkurrenz zwischen dem futur simple und dem futur periphrastique im gesprochenen Französisch der Gegenwart, Münster (Kleinheinrich) 1989, p. 1-3. 306 Besprechungen - Comptes rendus gischen Basis «Ausdruck der Zukunft» ausgehend, auch andere Verbformen, die einen futurischen Sachverhalt ausdrücken (Präsens, Konjunktiv, Modalverbgefüge sie machen zusammen immerhin 42,6% der Belege aus! cf. p. 160) mit einbezogen. In beiden Korpora überwiegen zahlenmäßig ganz eindeutig die Formen des futur simple: Korpus 1: 4750 : 1806 (Verhältnis 2,6 : 1), Korpus 2: 2301 : 414 (Verhältnis 5,6 : 1) 2 . In den Interviews spielen die periphrastischen Formen eine noch geringere Rolle als in den literarischen Texten. Wie zu erwarten, zeigen die Comics den höchsten Anteil an periphrastischen Formen, und zwar umso mehr, je mehr sie um die Wiedergabe von Umgangssprache bemüht sind (57-58). Den höchsten Anteil an einfachen Formen weisen bezeichnenderweise die Trivialromane ohne Bildkommentar auf, deren Sprache p. 36 als «mißlungene Imitation der Hochsprache» bezeichnet wird. Die offenbar hyperkorrekte Verwendung der synthetischen Formen läßt bereits Schlüsse auf deren Prestige (Markierung: «Hochsprache») zu. Dieser Einschätzung entspricht auch das Ergebnis der Interviews: Das futur simple wird von Angehörigen der oberen sozialen Gruppe signifikant häufiger verwendet als von Angehörigen der niedrigen sozialen Gruppe (166). Außerdem machen ältere Sprecher grundsätzlich häufiger davon Gebrauch als jüngere (162), was sowohl auf einen Sprachwandel in process hindeuten könnte als auch auf eine stärkere Normorientierung der älteren Generation. Geschlechtsspezifische Unterschiede kommen kaum zum Tragen, abgesehen von dem Umstand, daß männliche Sprecher der oberen sozialen Gruppe das futur periphrastique häufiger vermeiden als weibliche. Ein Blick auf das entsprechende Kapitel in der Arbeit von Bettina Lorenz (102) zeigt, daß diese Auffälligkeit in der gesprochenen Sprache nicht nachzuweisen ist (98, 102). Das würde bedeuten, daß die Oberschichtmänner beim Schreiben stärker an der hochsprachlichen Norm orientiert sind als die Frauen mit ähnlicher Ausbildung und ähnlichem Sozialstatus ein interessanter Umstand, der näher zu untersuchen wäre. Bestehen nun außer den diaphasischen und diastratischen auch faßbare semantische Unterschiede zwischen den beiden Formen? Schon die gängige Bezeichnung/ utur proche, die von Vf. bewußt vermieden wird, legt die Vermutung nahe, daß das analytische Futur auf einen Sachverhalt in der nahen Zukunft, das synthetische auf einen in der fernen Zukunft referiert. Eine Möglichkeit, das zu überprüfen, besteht darin, das Auftauchen bestimmter Formen mit temporalen Adverbialen zu überprüfen. Für das literarische Korpus bestätigt sich die genannte Tendenz, wenn auch nicht von verbindlichen Zuordnungen gesprochen werden kann (77-88). Im Interview-Korpus zeigt sich, daß die Fragen nach Plänen für die nahe Zukunft mit einem relativ hohen Anteil an periphrastischen Formen beantwortet werden, die weiteren Fragen nach Plänen für immer weiter entfernte Zeitpunkte mit weniger periphrastischen und einem gleichbleibenden Anteil an •einfachen Formen. Vf. zieht das Fazit, daß das futur periphrastique zwar bevorzugt für ein avenir tres proche verwendet wird, daß es aber auch in den anderen Kontexten vorkommen kann, so daß seine Identifikation mit einemfutur proche «nicht mehr in vollem Umfang haltbar» ist (203). Stattdessen sieht Vf. nach den Belegen der Korpora die These bestätigt, daß die Verwendung vonfutur simple und futur periphrastique mit den Kriterien «Losgelöstheit» bzw. «Verbundenheit» erklärt werden kann (235): «Entweder sah der <Sprechen-Schreiber das 2 Die hohen Belegzahlen für das futur simple hängen allerdings auch damit zusammen, daß 42,21% aller Belege auf 10 hochfrequente Verben fallen, die wiederum nur 23,54% der futur periphrastique-Formen,ausmachen (cf. die Tabelle p. 89). Hilfs- und Modalverben sowie einige andere häufig verwendete Verben (Ausnahme: faire) stehen bevorzugt mit dem futur simple, was sich natürlich auf die absoluten Belegzahlen auswirkt. Besprechungen - Comptes rendus 307 zukünftige Ereignis mit seiner Gegenwart verbunden bzw. von ihr losgelöst oder die Verbundenheit bzw. Loslösung äußerte sich in der subjektiven, persönlich engagierten objektiven, unbeteiligten Haltung des <sprechendem/ schreibenden Subjekts den futurischen Ereignissen gegenüber» (235-236). So läßt sich u. a. eine Steigerung der periphrastischen Formen bei den Antworten auf die Fragen nach Arbeitslosigkeit und Kriminalität feststellen, und zwar bei den Angehörigen der niedrigen sozialen Gruppe, bei denen diese Themen am ehesten persönliche Betroffenheit auslösen dürften. Doch läßt dieser Befund auch an Labovs Untersuchungen zum amerikanischen Englisch denken. Labov 3 stellte bei seinen allerdings mündlichen - Interviews fest, daß große persönliche Betroffenheit dazu führen kann, daß die ansonsten berücksichtigte hochsprachliche Norm außer acht gelassen wird. Eine stärkere Verwendung periphrastischer Formen, die ebenso in der gesprochenen Sprache festzustellen ist (cf. B. LORENZ, p. 141-142), könnte vielleicht z. T. auch auf diese Weise erklärt werden. Die Markierungen «objektiv, unbeteiligt» für das futur simple und «subjektiv, persönlich engagiert» für das futur periphrastique erscheinen auch interessant in Hinblick auf allgemeine Mechanismen der Grammatikalisierung. Das heutige futur simple war im Vulgärlateinischen ein futur periphrastique (cantare habeo), das einem klassischlateinischen synthetischen Futur (cantabo) gegenüberstand. Bezeichnenderweise wird in der Literatur eine ganz ähnliche semantisch-pragmatische Zuordnung vorgenommen wie für die Formen des Neufranzösischen: die synthetische Form steht für Distanz und Objektivität, die modale Periphrase für Subjektivität und persönliche Meinung (cf. den Überblick bei Coseriu 4 sowie die Darstellung bei FLEISCHMAN 1982: 45 5 ). Die Arbeit von Sabine Lorenz liefert in gut lesbarer Form eine Reihe von interessanten Informationen über die Verwendung der Futurformen im geschriebenen Französisch. Man könnte sich weitere Erkenntnisse, besonders hinsichtlich der Einheitlichkeit des «geschriebenen Französisch» und der Beziehung zwischen Schreib- und Sprechfranzösisch erwarten, wenn einerseits die Auswertungen der beiden Teilkorpora, andererseits die Ergebnisse der beiden Arbeiten von Sabine und Bettina Lorenz systematisch miteinander verglichen würden. Barbara Schäfer * ÜRLANDO GRoSSEGESSE, Konversation und Roman, Stuttgart (Franz Steiner) 1991, 343 p. (Text und Kontext 7) In seiner Arbeit versucht Grossegesse die Annahme, «daß schriftstellerische Produktion auch dann mit Konversationskultur und dandyistischem Bewußtsein verknüpft sei, wenn es sich bei dieser Produktion um realistische Romane handelt» (311), zu bestätigen. Bevor er diese These anhand der Untersuchung von drei Romanen des portugiesischen Romanciers fa; a de Queiroz (1845-1900) entwickelt, beschreibt er zuerst einmal sorgfältig den Begriff Konversation. Gemeinhin bezeichnet dieser eine Form der Kommunikation, bei der die phatische und die metasprachliche Funktion im Vordergrund stehen und nicht ein praktischer Situationsbezug. Allerdings kann die para- und extralinguistische Komponente dieser Definition gerade zuwiderlaufen, deshalb erachtet es der Verfasser für sinnvoller, 3 W. LABOV, Sociolinguistic Patterns, Philadelphia 1972, p. 93-94. 4 E. CosERIU, «Sobre el futuro romance» Revista Brasileira de Filologia 3/ 1 (1957), 1-18. 5 SuzANNE FLEISCHMAN, The Future in Thought and Language. Diachronie evidence from Romance, Cambridge 1982, p. 45. 308 Besprechungen - Comptes rendus «Konversation als Überlagerung von situativer Relevanz und Selbstzweck zu begreifen» (25). Ausgehend von dieser Erkenntnis entwickelt er ein eigenes Konversationsmodell, das auf der Definition von Kommunikation als «information sharing process», der über Feedback-Kreise Konvergenz zwischen den Gesprächspartnern erreichen will, beruht. In einem nächsten Schritt wird gezeigt, daß sich dieses Modell auch auf die selbstbezogene Kommunikation anwenden läßt, wobei die Grenzen zwischen letzterer und der sogenannten nützlichen Kommunikation ohnehin nicht so genau gezogen werden können. Ein zweites Kapitel ist der Untersuchung, wie die derart definierte Konversation in den Roman integriert werden kann, gewidmet. Der Schlüssel zur Erklärung dieses Vorganges liegt in der Erkenntnis, daß auch in mündlichen Gesprächssituationen die Grenzen zwischen Gespräch und Erzählung fließend sind. Bezogen auf den Roman heißt das, daß sich auch Erzählsprache und Figurenstimmen vermischen. Erzähltechnisch drückt sich dieser Sachverhalt etwa im Gebrauch der erlebten Rede aus. Den Möglichkeiten dieses Stilmittels, das die in der indirekten Rede enthaltene Distanz des erzählerischen Diskurses mit dem durch die direkte Rede ausgedrückten, unmittelbaren Beteiligtsein vereint, widmet Grossegesse denn auch ein kurzes Unterkapitel, bevor er nachher die derart gewonnenen Erkenntnisse auf die Analyse der Romane von E9a de Queiroz überträgt. Das Buch richtet sich eindeutig an Literaturwissenschaftler, gerade in der Einleitung findet aber auch der Linguist eine aktuelle, durch reichhaltige Literaturangaben ergänzte, Synthese verschiedener Konversationstheorien und Modelle zur Beschreibung der Gesprächswiedergabe im narrativen Diskurs. A. Schor In memoriam Heinrich Lausberg Am 11. April 1992 starb nach längerer Krankheit im Alter von 79 Jahren Heinrich Lausberg. Mit ihm haben die deutsche Romanistik und die deutsche Wissenschaft insgesamt eine herausragende Forscherpersönlickeit von internationaler Reputation, einen der ganz Großen verloren. Heinrich Lausberg war der vielleicht letzte «grand old man» seines Faches, für den die Romanistik ganz selbstverständlich eine Einheit darstellte, die nicht nur verschiedene Sprachen und Literaturen umfaßt, sondern die auch einer Trennung in Sprach- und Literaturwissenschaft unzugänglich ist. Lausberg hat ein monumentales wissenschaftliches Werk hinterlassen, das sowohl durch seinen Umfang als auch durch seine inhaltliche Breite den großen Universalgelehrten mit enzyklopädischem Wissen ausweist. In 13 teils mehrbändigen Monographien, 148 Aufsätzen und über 400 Rezensionen hat er sich mit Problemen der romanischen Sprach- und Literaturwissenschaft, der Rhetorik und Poetik, der Mariologie und der Hymnologie und des Johannes-Evangeliums befaßt 1 . Mehrere seiner Werke wurden in verschiedene Sprachen übersetzt und gehören in Fachkreisen als «der Lausberg» benannt zu den Standardwerken der philologischen Disziplinen. Obwohl es angesichts der Weite und der Vielfalt von Lausbergs Arbeiten schwierig ist, diese darzustellen und zu würdigen, sei nachfolgend der Versuch unternommen, vier Materialkreise aufzuzeigen, in denen seine Forschung charakteristisch hervorgetreten ist. 1. Romanische Sprachwissenschaft 1939 veröffentlichte Lausberg, der sich im übrigen stets als Linguisten und literarischen Text-Linguisten verstanden wissen wollte, mit seiner von G. Rohlfs in Tübingen angenommenen Dissertation Die Mundarten Südlukaniens (Halle a. d. S.) das Ergebnis seiner auf Anregung seines akademischen Lehrers Rohlfs bereits im 6. Studiensemester (1934) in Süditalien durchgeführten Sprachaufnahmen. Seine Entdeckung einer hier vorzufindenden völlig unvermuteten archaischen Zone, die heute in der italienischen Sprachwissenschaft durchgängig als 1 Cf. das vollständige Schriftenverzeichnis von H. Lausberg in: A. ARENS (ed.), Text-Etymologie. Untersuchugen zu Textkörper und Textinhalt. Festschrift für Heinrich Lausberg zum 75. Geburtstag, Wiesbaden 1987, p. XIX-XLII. 310 In memoriam Heinrich Lausberg «zona Lausberg» bezeichnet wird, führte zu einer grundlegenden Revision der bislang gültigen Auffassung von der Gliederung der Romania 2. - Innovativ war auch Lausbergs 1949 erschienener Aufsatz Über Wesen und Aufgaben der Phonologie: eine Einführung 3 ; mit diesem Beitrag war er wie G. C. Lepschy richtig feststellt - «(e)iner der ersten Romanisten, die sich nach dem Krieg für die Verbreitung der strukturalen Methode in Deutschland einsetzten» 4• - Und mit seinem dann in den Jahren 1956ss. erschienenen und inzwischen ins Spanische, Italienische und Portugiesische übersetzten Werk Romanische Sprachwissenschaft (Berlin) legte er d i e Darstellung des Gesamtbereichs der gemeinromanischen Sprachwissenschaft vor; diese Arbeit gehört auch heute noch zum unverzichtbaren Rüstzeug eines jeden Romanisten. 2. Rhetorik, Poetik, allgemeine Literaturwissenschaft Neben vielen anderen Publikationen sind hier an erster Stelle die Elemente der literatischen Rhetorik (München 1 1949, 10 1988) und das große Handbuch der literarischen Rhetorik (München 1 1960, 2 1973; Wiesbaden 3 1990) zu nennen. Lausberg wurde durch diese Werke von fundamentaler Bedeutung als d e r Rhetoriker im In- und Ausland bekannt. Sein großes Verdienst liegt darin, die lange Zeit vergessene Rhetorik wieder rehabilitiert zu haben und mit methodischer Originalität und ungewöhnlichem Organisationstalent eine schier unüberschaubare Fülle an Stoff verarbeitet, systematisch gegliedert und für den Sprach- und Literaturwissenschaftler zugänglich gemacht zu haben. Treffend stellte P. Demetz in Die Zeit fest, es handele sich hier um Werke, die «an die großen Arbeiten von Curtius, Auerbach und Wellek» 5 gemahnen. 3. Altfranzösisch, Mariologie, Hymnologie Der dritte Materialkreis umfaßt die umfangreichen, z. T. in Monographien erschienenen Arbeiten Lausbergs zu Mediävistik. In diesen Untersuchungen hat er sich verstärkt der zuvor nur zaghaft angewendeten Methode der (von ihm so bezeichneten) Text-Etymologie bedient, die darauf abzielen sollte, text-bezogene und text-überschreitende Anspielungsinhalte wiederzuentdecken. Meisterlich ge- 2 1946 wurde Lausbergs Dissertation bei G.Rohlfs, der inzwischen einen Lehrstuhl in München übernommen hatte, als Habilitationsschrift angenommen. In seinem an den Dekan der Fakultät gerichteten Brief (23.4.1946) schreibt Rohlfs: «Dr. Lausberg ist unter den jüngeren Romanisten wohl der fähigste Kopf.» 3 Erschienen in Zeitschriftfür Phonetik und allgemeine Sprachwissenschaft 3 (1949), 249-261. 4 G. C. LEPSCHY, Die strukturale Sprachwissenschaft. Eine Einführung, München 2 1969, p. 165. 5 Cf. hintere Umschlagseite der Elemente der literarischen Rhetorik, München 21963. In memoriam Heinrich Lausberg 311 lungen ist ihm dieses Untersuchungsverfahren u. a. in der Arbeit Der Hymnus « Veni creator spiritus» (Opladen 1979), in der er überzeugend die Zielsetzung des Textes wiederentdeckte. 4. Johannes-Evangelium Die Methode der Text-Etymologie führte Lausberg dann auch zu völlig neuen Entdeckungen bei der Interpretation des Johannes-Evangeliums, der er sich insbesondere nach seiner Emeritierung gewidmet hat. Zu diesem Materialkreis hat er zwar noch mehrere Einzeluntersuchungen vorlegen können; Krankheit und Tod haben es ihm jedoch nicht mehr erlaubt, die geplante große Monographie fertigzustellen. * In Anerkennung und Würdigung seiner bedeutenden und z. T. bahnbrechenden wissenschaftlichen Leistungen wurden Lausberg zahlreiche Ehrungen zuteil: 1956 wurde er als Komtur in den Verdienstorden der italienischen Republik und 1961 in die Accademia delta Crusca (Florenz) aufgenommen (neben seinem Lehrer Rohlfs war er seinerzeit der einzige deutsche Wissenschaftler, der dieser Körperschaft angehörte); 1962 wurde er als Offizier im Orden der Palmes Academiques ausgezeichnet; 1967 wurde er als ordentliches Mitglied der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften zu Düsseldorf und 1969 als ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen bestellt (er war damals der erste Gelehrte, der gleichzeitig zwei Akademien angehörte); und am 13. Mai 1992 hat ihm die Universität Potenza in Italien in einem feierlichen Festakt posthum die Ehrendoktorwürde verliehen. Neben dem großen Wissenschaftler und Forscher war Heinrich Lausberg auch der große - und was besonders hervorzuheben ist der humane akademische Lehrer, der Generationen von Studenten ausgebildet hat. Nach dreijähriger Tätigkeit als außerplanmäßiger Professor und Lektor des Italienischen an der Universität Bonn (1946-1949) hier fand er im übrigen in E. R. Curtius, der seine Anstellung bewirkt hatte, einen geistigen Mentor wirkte er von 1949 bis 1972 als Ordinarius an der Universität Münster, die er nachdem er zuvor ehrenvolle Berufungen nach Heidelberg und Berlin abgelehnt hatte dann verließ, um bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1981 noch an der neugegründeten Universität- Gesamthochschule Paderborn tätig zu sein. Lausbergs stets mit Humor angereicherten Lehrveranstaltungen, die in immer bis auf den letzten Platz besetzten Hörsälen stattfanden, waren d i e romanistischen Veranstaltungen. Er verstand es mit großem didaktischen Geschick, selbst in schwierigste Inhalte des Fachs in eingänglicher Form einzuführen. Und insbe- 312 In memoriam Heinrich Lausberg sondere war er - und das schon in der Zeit der Ordinarien-Universität ein stets ansprechbarer, hilfsbereiter und verständnisvoller Lehrer, den man ohne große Scheu auch vor und nach den Lehrveranstaltungen konsultieren konnte. Obwohl er mit seiner Zeit grundsätzlich sehr sparsam umging, nahm er sich für die Sprechstunden sehr viel Zeit; die eigentlich auf eine Stunde pro Woche begrenzten Sprechstunden dauerten oft mehr als 4 bis 5 Stunden. Hier hat er sehr vielen Studenten und Studentinnen väterlich geholfen. Und geholfen hat er sehr vielen auch als Prüfer und als langjähriger stellvertretender Vorsitzender des wissenschaftlichen Prüfungsamtes Münster. Er verband in diesen Tätigkeitsbereichen eine genuine, völlig unbürokratische Großzügigkeit mit einer gewissenhaften Erfüllung der Pflichten im Ganzen und im Detail. Mit dem Tod von Heinrich Lausberg hat die Wissenschaft eine markante Forscherpersönlichkeit verloren; seine Kollegen und Mitarbeiter haben einen stets auf Ausgleich bedachten, großzügigen und verständnisvollen Menschen verloren; und seine Schüler haben eine väterlichen Freund verloren. Arnold Arens Basel Nachrichten - Chronique 1. Querschnitt durch die Schweizer Romanistik Veränderungen von Oktober 1991 bis November 1992 1.1. Universitäten Auf das Wintersemester 1992/ 93 trat C. Blum von seinem Ordinariat für französische Literaturwissenschaft zurück. Er folgt einem Ruf an die Sorbonne. Bern Auf den 1. Oktober 1992 wurde Marc Bonhomme vom Extraordinarius zum Ordinarius für französische Sprache befördert. Fribourg Am 3. Oktober 1992 wurde Giovanni Pozzi, emerierter Professor für italienische Literatur, in Pisa mit dem Premio Galileo für seine wissenschaftliche Tätigkeit ausgezeichnet. Neuchatei Seit dem Wintersemester 1991/ 92 ist Philippe Terrier Direktor des «Seminaire de fran�ais moderne (ecole de fran�ais pour etrangers)». Philippe Terrier wurde zum «professeur ordinaire» befördert und übernimmt die Nachfolge von Andre Allemand, der auf Beginn des Wintersemesters 1991/ 92 emeritiert wurde. Auf das Wintersemester 1991/ 92 wurde Irene Andres-Suarez zum «professeur ordinaire de langue et litterature espagnoles» ernannt. Sie übernimmt damit den Lehrstuhl von Jean-Paul Bore! , der auf das Wintersemester 1990/ 91 zurückgetreten ist. St. Gallen Auf den 1. Oktober 1992 wurde Renato Martinoni als Ordinarius für italienische Literatur an die Kulturwissenschaftliche Abteilung (KWA) berufen. Zürich Auf das Wintersemester 1991/ 92 habilitierte sich Dr. Jean-Claude Mühlethaler als Privatdozent für «Ältere französische und italienische Literaturwissenschaft». Auf Ende November 1992 trat Professor Hans Stricker von seinem Extraordinariat für vergleichende romanische Sprachwissenschaft aus gesundheitlichen Gründen zurück. 1.2. Wörterbücher Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana: Federico Spiess trat auf Ende Mai 1992 als Redaktor zurück. Auf den 1. Juni wurde Rosanna Zeli zur Direktorin befördert. Ihre Nachfolgerin im Redaktionsteam seit dem 1. November ist Dafne Pini. Franco Lura hat seine Redaktorentätigkeit von 80 auf 60% reduziert. 314 Nachrichten - Chronique Französisches Etymologisches Wörterbuch: Jean-Pierre Chambon hat das FEW auf den 30. 9. 92 verlassen. Er wurde auf eine Professur nach Strassburg berufen. 2. Bibliographie der Schweizer Romanistik 1991 ANTONINI FRANCESCA, cf. VASSERE STEFANO BALDINGER KuRT, «Preface», in: G. DI STEFANo/ RosE M. BILDER (ed.), Du Manuscrit a l'imprime. Actes du Colloque intern. Univ. Mc. 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RuHsTALLER, Estudio lexico semdntico de los nombres de lugar onubenses. Toponimia y arqueologia, Sevilla 1991, p. 9-10 - «Sprachwissenschaft als persönliches Erleben (zwischen den Methoden von gestern und morgen)», in: H.-M. GAUGERIW. PöcKL (ed.), Wege der Sprachwissenschaft. Vierundvierzig autobiographische Berichte, Festschrift für Mario Wandruzska, Tübingen 1991, p. 29-44 - «Fischarts Rabelaisübersetzung von 1575 (Gargantua Kap. XXII)», in: Geist und Zeit - Wirkungen des Mittelalters in Literatur und Sprache. Festschrift für Roswitha Wisniewski zu ihrem 65. Geburtstag, Frankfurt a. M. (Bern/ New York/ Paris) 1991, p. 307-323 - «Discours d'ouverture», in: BRIGITTE HoRIOT (ed.), Franr;ais du Canada - Franr;ais de France. Actes du deuxieme Colloque intern. de Cognac du 27 au 30 sept. 1988, Tübingen 1991, p. 3-4 - «Conclusion du Colloque», in: BRIGITTE HoRIOT (ed.), Franr;ais du Canada - Franr;ais de France. Actes du deuxieme Colloque intern. de Cognac du 27 au 30 sept. 1988, Tübingen 1991, p. 235-236 BANZER ANTON, cf. STRICKER HANS BANZER RoMAN, «Pragmatik und Interferenzen der Mundarten des Fürstentums Liechtenstein, des St. Galler Rheintals und Vorarlbergs», in: L. KREMERIH.NIEBAUM (ed.), Grenzdialekte. Studien zur Entwicklung kontinentalwestgermanischer Dialektkontinua, Hildesheim 1990, p. 341-359 BECK HEINRICH, cf. PFISTER MAX BERRUTO GAETANO, «Italiano terra nunc cognita? 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Auflage, Stuttgart 1991, p. 7-35 - «Einleitung», in: W. DAHMEN/ G. HoLTus/ J. KRAMERIM. METZELTIN/ P. WUNDERLI (ed.), Zur Geschichte der Grammatiken romanischer Sprachen. Romanistisches Kolloquium IV, Tübingen 1991, p. VII-XXX - «Die Grammatik von Ramus zwischen Tradition und Innovation», in: W. DAHMEN/ G. HoL- Tus/ J. KRAMERIM. METZELTIN/ P. WuNDERLI (ed.), Zur Geschichte der Grammatiken romanischer Sprachen. Romanistisches Kolloquium IV, Tübingen 1991, p. 161-198 - *JEAN-PIERRE MAILHAC, Le temps operatif en psychomecanique du langage, Paris/ Geneve 1988; ZRPh. 107 (1991), 179-183 - * Linguistique generale et linguistique romane! Histoire de la grammaire. Actes du xvn e Congres international de linguistique et philologie romanes (Aix-en-Provence, 29 aoüt - 3 septembre 1983), vol. 1, Aix-en-Provence 1986; VRom. 48 (1989), 208-212. - *WOLFGANG ScHWEICKARD, Die «cronaca calcistica». Zur Sprache der Fussballberichterstattung in italienischen Sporttageszeitungen, Tübingen 1987; VRom. 48 (1989), 280-287 - *PIERRE LEON/ PARTH BHATT/ RENEE BALIGAND, Structure du fran<,;ais moderne. Introduction a l'analyse linguistique, Revised Edition, Toronto 1989; VRom. 48 (1989), 320-324 - *GABRIELE BECK, Verb-Satz-Zeit. Zur temporalen Struktur der Verben im Französischen, Tübingen 1987; VRom. 48 (1989), 325-330 - KARL ALFRED BLüHERIJüRGEN ScHMIDT-RADEFELT (ed.), Forschungen zu Paul Valery! Recherches Valeryennes 1 (1988); ZRPh. 106 (1990), 519s. - Cf. METZELTIN MICHAEL ZELi RoSANNA, «Carte da giuoco e giochi di carte nel Ticino», Cartophilia Helvetica 3 (1991), 10-13 - «Territorio ehe cambia. Toponimi ticinesi in lingua», in: AAVV, Fra dialetto e lingua nazionale: realta e prospettive, XVIII Convegno di studi dialettali italiani, Padova 1991, p. 325-334 - «Mes da! Bambfn», Cooperazione n. 51, 19.12.1991, p. 10-14 ZINSLI PAUL, «Erinnerungen an Andrea Schorta. Zum Gedenken an einen heimatverbundenen Forscher und Mittler», Bündner Jahrbuch 1992, 39-45 ZuFFEREY FRAN<;:ors, «A propos du chansonnier provenc;al M (Paris, Bibl. Nat., fr. 12474)», in: MADELEINE TYSSENS (ed.), Lyrique romane medievale: La tradition des chansonniers. Actes du Colloque de Liege, 1989, Liege 1991, p. 221-243 ZuMTHOR PAUL, «De Perceval a Don Quichotte: l'espace du chevalier errant», Poetique 87 (1991), 259-268 - «A propos de La lettre et la voix», Comparatistica 3 (1991), 138-145 3. Dissertationen (soweit nicht in früheren Bänden angekündigt) Fribourg RIMA, BEATRICE, La specchio e il suo enigma. Vita di un tema intorno a Tasso e Marino CANONICA, E., El poliglotismo en el teatro de Lope de Vega Zürich AESCHLIMANN, BARBARA, Il partitivo in italiano in prospettiva tipologica BÄHLER, URSULA, Aspects de la philologie franr;;aise dans l'a:uvre de Gaston Paris BRUNO, G., La figura del rey en el «Libro de Apolonio» CHAPPUIS, BRIGITTE, Pour une lecture de «Philomena» attribuable a Chretien de Troyes DEL CuRTO, ANTONELLA, Les Nouvelles de Sens (edition et commentaire) 326 Nachrichten - Chronique HAUPT, H.-CHR., «Le Roman d'Arles», edition critique ScHÄUBLE, CHRISTA, La traduction des «Heroides» par Octovien de Saint-Gervais ScHMID-FEDERER, BARBARA, Französische und spanische Übersetzungen der «Regula Sancti Benedicti» SEEBASS-LINGGI, CLAUDIA, Pour une lecture d'«Erec et Enide» STRAUB, R., Les activites litteraires de David Aubert TROMBETTA, M., La competenza lessicale della seconda generazione di immigrati italiani in Svizzera 4. Stand einiger periodischer Veröffentlichungen (abgeschlossen am 30. Dezember 1992; cf. zuletzt VRom 49/ 50) Diccionario de/ espaiiol medieval, Carl Winter, Heidelberg: fase. 7: acina acordar, 1992 Dictionnaire onomasiologique de l'ancien gascon, Niemeyer, Tübingen: Supplement, fase. 7: 705 rouce - 822 laitue, 1991 Dictionnaire onomasiologique de l'ancien occitan, Niemeyer, Tübingen: fase. 5: 676 grenade - 824 cresson, 1992 Glossaire des Patois de la Suisse Romande, Droz, Geneve: Tome V, fase. 87: droit durer, 1990 fase. 90: durer dz;:,bolon, 1991 Tome VII, fase. 88: faisande fafouiner, 1990 fase. 89: farfoulyon fedzere, 1991 Lessico Etimologico Italiano, Reichert, Wiesbaden: Vol. III, Fortsetzung Indici dei volumi ! -III: fase. 34, 1991 fase. 35, 1991 fase. 36, 1992 Vol. IV, fase. 37: ba bac(c)inum, 1992 Schweizerisches Idiotikon, Huber, Frauenfeld: Band XV, Heft 192 Wacht-wucht, wad-wud (Hif h -Wacht bis Früelings-Weid), 1991 Heft 193 Wad-wud (Früelings-Weid bis Widerigkeit), 1992 Thesaurus Linguae Latinae, Teubner, Leipzig: Vol. X/ 2, fase. VI: praepotens praesuscipio, 1991 Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana, Mazzucconi, Lugano: fase. 38/ 39: indici, 1991 fase. 40: ca ca, 1992 Romanica Helvetica, Francke, Bern: Band 107 REGULA MEYENBERG, Alain Chartier prosateur et l'art de la parole au xv e siecle. Etudes litteraires et rhetoriques, 1992. Band 108 ST. RUHSTALLER, Toponomia de la regi6n de Carmona, 1992 Nachrichten - Chronique 327 Zeitschrift für Romanische Philologie, Beihefte, Niemeyer, Tübingen: Band 239 W. PöTTERS, Negierte Implikation im Italienischen. Theorie und Beschreibung des sprachlichen Ausdrucks der Konzessivität auf der Grundlage der Prosasprache des «Decameron», 1992 Band 240 MARIA TERESA VIGOLO, Ricerche lessicali sul dialetto dell'Alto-Vicentino, 1991 Band 241 Band 242 Band 243 Band 244 Band 245 W. SCHWEICKARD, «Deonomastique». Ableitungen auf der Basis von Eigennamen im Französischen. Unter vergleichender Berücksichtigung des Italienischen, Rumänischen und Spanischen, 1992 DoROTHEA KuLLMANN, Verwandtschaft in epischer Dichtung. Untersuchungen zu den französischen «chansons de geste» und Romanen des 12. Jahrhunderts, 1992 J.-M. DEFAYS, Jeux et enjeux du texte comique. Strategies discursives chez Alphonse Allais, 1992 R. M. BATZ, Französische Fernsehnachrichten als kultureller Text, 1992 LISELOTTE BIEDERMANN-PASQUES, Les grands courants orthographiques au XVII e siecle et la formation de l'orthographe moderne. Impacts materiels, interferences phoniques, theories et pratiques (1606-1736), 1992 5. Laufende Arbeiten zum Bündnerromanischen (Stand November 1992) 5.1. Linguistik 5.1.1. Wörterbücher - Dicziunari Rumantsch Grischun (DRG); cf. VRom. 49/ 50 - Bündnerromanisches etymologisch-dialektologisches Wörterbuch. Bearbeitet von: H. STRIK- KER, A. DECURTINS, W. ElCHENHOFER, M. VÖGEL! , URSULA SALUZ 5.1.2. Zeitschriften - Annalas da la Societa Retorumantscha, Societa Retorumantscha, Chur, Band 106 (1993) (Schwerpunkt Linguistik) erscheint Herbst 1993. 5.1.3. Monographien, Artikel - GRIN, FRAN<;:OIS, Theorie et pratique des politiques linguistiques: analyse economique - PuoRGER, MEVINA, Die Lyrik von Luisa Famos. Diss. Zürich - S1ALM, PATRICIA, Fonetica historica dil consonantissem sursilvan. Lic. Fribourg - TöNZ, ALICE, Untersuchungen zur Übersetzungsproblematik aus dem Italienischen in bündnerromanische Idiome (Arbeitstitel). Diss. Zürich - VINCENZ, CLAUDIO, Las ovras dramaticas da Theodor de Castelberg. Ediziun. Diss. Fribourg 5.1.4. Datenbank - Ediziun da la banca da datas linguisticas da la Lia Rumantscha (LR). 160 000 Stichwörter, Deutsch/ Romanisch (hauptsächlich Rumantsch Grischun). Red.: ANNA-ALICE DAZZI GRoss, Arbeitsstelle RG der Lia Rumantscha, Chur. 328 Nachrichten - Chronique 5.2. Literatur 5.2.1. Ausgaben, Monographien - CAMARTIN, I./ TuoR, L., Ediziun Giacun Hasper Muoth. Bände 1 und 2: Cronica e documents; Band 3ss.: Ovras - RrATSCH, C./ WALTHER, LucrA, Literatur und Kleinsprache - Studien zur bündnerromanischen Literatur seit 1860, 2 Bände, Romanica Raetica 10/ 11 5.2.2. Zeitschriften - Litteratura, Novas litteraras 1512 (1992): Nocturnas (Anthologische Sammlung von Kurzprosa zum Thema «Nacht»). Neue Zeitschrift für Information und Literaturkritik, zweimal jährlich. Red.: F. SPESCHA (Koordination), V. HENDRY, Mevina Puorger Pestalozzi Indices A. Wörterverzeichnis acrobatique 170 aristocratie 170 astripotent mfr. 175 beau-pere 170 binarch(ie) mfr. 175 biographe 171 carniforme mfr. 175 courtois 172 crucefy mfr. 176 crucifix 176 delitation afr. 171 demonoman(ie) mfr. 175 fleur de farine 170 fleurette 170 fleuriste 170 floral 169 florilege 169, 171 franc-tireur 170 germaison 170 germinaison 170 germination 170 jardinier 170 citora mure. 212 cogori;;alcogorza cast. 217 cohechar cast. 217 cohfta cast. 217 cohfto cast. 217 cohonder cast. 217 confita cast. 217 fit cat. 211 fitero nav. 213, 219 fito port., gall., ast., arag., nav. 211 fitola leon. 212 fitora cat. 212 fitoria ast. 212 *CONFECTARE 217 *CONFICTORIU 219 CONFICTUS 217 CONFINIUM 218 *CONFORTIARE 217 Französisch latinicome mfr. 175 mirilifique mfr. 175 misericorde 173 monteplier mfr. 176 moulin a vent 171 multiplier 176 nonobstant 174 olympicole mfr. 175 omnijuge mfr. 175 ordonaire afr. 171 patriarche 169 patrie 169 perfectionnement 170 perot 170 portefaix 172 sacrefice mfr. 176 sacrifiage 170 sacrifice 176 sentimental 172 timbre-poste 171 veriforme mfr. 175 Iberoromanisch fituero cast. 219 fituro leon. 213 hita and. 212 hitazo and. 212 hito cast. 211ss. hit6n and. 212 hiituero cast. 215, 219 ituero cast. 213, 219 jitera and. 212 jito sant. 211 jitu astor. 211 jituero cast. 219 Lateinisch CONFUNDERE 217 *FICTORIU 213, 219 FICTUS 211ss. *posTERIU 213 330 Cofto 217 Cojitar 217 Cojito 217 Cohifio 218 Confetaire 218 Confitar 215 Confite 215s. Confitera 215s. Confitero 215s. Conforcos 218 Coorcos, Corcos 218 Fitero 213s. Fitoiro 213 Fit6n 212 Fitona 212 Wörterverzeichnis B. Toponyme (Iberoromania) Fitoria 213 Fituero 213 Gitorejo 214 Gituero 214 Hitar(es) 211s. Hitarillo 211s. Hit6n(-a) 211 Hituelo 211s. Hituero 213s. Itero 214 Ituero 214 Jituero 214 Postero 213 Posteruelos 213 Postuero 213 Jakob Th. Wüest / Andres M. Kristol (eds.) Aqueras montanhas Etudes de linguistique occitane: Le Couserans (Gascogne pyreneenne) Avec une preface de Pierre Bec 1993, 450 Seiten, DM 78,-/ öS 609,-/ sFr 80,- ISBN 3-7720-2131-X Region de montagne a l'ecart des grandes voies de communication, le Couserans est reste une region tres agricole, longtemps fidele a son dialecte occitan. Or les difficultes actuelles de l'agriculture menacent non seulement la survivance de la langue traditionnelle, mais aussi l'existence meme des villages de montagne. Ce livre rend compte de cette situation, a travers une serie d'enquetes sociolinguistiques dirigees par ses deux editeurs. Comme dans leur precedente etude sur le Haut-Beam et a difference d'autres etudes de ce genre les editeurs ne se sont pas limites aux methodes traditionelles du questionnaire et de ! 'interview, mais ont essaye de cemer le cas du Couserans par une pluralite de methodes de travail. C'est ainsi que cet ouvrage renferme en particulier la premiere contribution importante a une analyse conversationnelle de l'occitan parle. Als Gebirgsgegend abseits der Durchgangsstraßen hat das Couserans mit seiner stark landwirtschaftlich geprägten Struktur seinen okzitanischen Dialekt lange bewahrt. Die heutigen Schwierigkeiten der Landwirtschaft in Berggebieten bedrohen jedoch nicht nur die angestammte Sprache, sondern gefährden selbst die Existenz vieler Bergdörfer. Der Sammelband dokumentiert durch eine Reihe von soziolinguistischen Untersuchungen diese Veränderungen. Es wurde versucht, die Eigenheiten des Couserans mit einer Vielzahl von Arbeitstechniken zu erfassen. So enthält dieses Buch insbesondere die erste umfassendere Untersuchung zur okzitanischen Konversationsanalyse. Postfach 2560 · D-7400 Tübingen• Fax 07071 / 75288 Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie Elmar Schafroth Zur Entstehung und vergleichenden Typologie der Relativpronomina in den romanischen Sprachen Mit besonderer Berücksichtigung des Substandards 1993. XIII, 428 Seiten. Ln ca. DM 168.-. ISBN 3-484-52246-I (Band 246) Die Arbeit versucht, einen Beitrag zur Synchronie und Diachronie der Relativpronorninalsysterne in der Romania zu leisten. Im Mittelpunkt stehen Relativkonstruktionen, die in allen romanischen Einzelsprachen mit präskriptiver Norm als Substandard gelten, in nicht-kodifizierten romanischen Sprachsystemen (z.B. Sardisch, galloromanische und italienische Dialekte, französische Kreolsprachen, romanische Substandardvarietäten) jedoch die Gebrauchsnorm darstellen und somit als genuin sprechsprachliche Diskursstrategien betrachtet werden können. Auf der Basis einer übereinzelsprachlichen abstrakten Typologie der ,Substandard,-Relativa werden, ausgehend vorn klassischen Latein, sowohl frühere Sprachstufen als auch die Gegenwartssprache, einschließlich diatopischer und diastratisch-diaphasischer Varietäten, berücksichtigt. Die Problematik des ,polyvalenten Relativums, wird somit unter historisch-genetischem und synchronisch-funktionalem, aber auch unter soziolinguistischern und sprachtypologischern Aspekt behandelt. Waltraud Weidenbusch Funktionen der Präfigierung Präpositionale Elemente in der Wortbildung des Französischen Ca. 240 Seiten. Ln ca. DM 94.-. ISBN 3-484-52247-x (Band 247) In dieser Arbeit werden unter funktionellem Gesichtspunkt diejenigen Wortbildungsprodukte des Französischen untersucht, die traditionellerweise zu den Präfigierungen, den Parasynthetika oder den Zusarnrnenrückungen gezählt werden und die ein Element besitzen, welches formal und/ oder inhaltlich einer Präposition entspricht. Anknüpfend an die Untersuchungen zu den französischen Präpositionen von B. Pottier und J. Lang und an die inhaltliche Wortbildungslehre von E. Coseriu können diese Bildungen als Modifizierungen und Entwicklungen interpretiert werden. Die Materialbasis, anhand derer die Bildungsmöglichkeiten B•eihefte ZtP jedes >präpositionalen Elementes< detailliert beschrieben werden, ist dem »Grand Larousse de la langue franyaise« entnommen. Martha Kleinhans «Lucidere vault tant a dire comme donnant lumiere» Untersuchung und Edition der Prosaversionen 2, 4 und 5 des Elucidariurn 1993. X, 740 Seiten. Ln. DM 248.-. ISBN 3-484-52248-8 (Band 248) Der Band bietet sowohl eine kritische Erstedition dreier altfranzösischer Prosaversionen des »Elucidariurns« von Honorius Augustodunensis (Ende 11. bis Mitte 12. Jahrhundert) als auch eine differenzierte textphilologische, rezeptions- und rnentalitätsgeschichtliche Untersuchung der Texte. Die Arbeit weist die Entwicklung des bekannten Lehrdialogs über Glaubensfragen vorn Handbuch für Priester bis zum livre populaire für einfache Rezipienten vorn Entstehungszeitraum bis ins 19. Jahrhundert nach. Die Veränderungen vorn lateinischen Vorlagetext zu den französischen Übersetzungen und Rezeptionszeugen belegen eindrucksvoll Beharrungsvermögen und langsamen Wandel religiöser Glaubensnormen und Glaubensvorstellungen. Elke Sallach Studien zum venezianischen Wortschatz des 15. und 16. Jahrhunderts Ca. 300 Seiten. Ln ca. DM 112.-. ISBN 3-484-52249-6 (Band 249) Im Mittelpunkt dieser lexikalisch ausgerichteten Studie steht die Auswertung von fünf Texten des 15. und 16. Jahrhunderts im Hinblick auf für den behandelten Zeitraum typische Venezianisrnen, die sowohl synchron als auch diachron untersucht werden. Die sprachwissenschaftliche Analyse berücksichtigt etymologische, sprachgeographische, phonetische, rnorpho-syntaktische und semantische Fragestellungen und wird punktuell durch kulturhistorische Forschungen ergänzt, unter Heranziehung bisher weitgehend unbekannter und schwer zugänglicher Quellen. Max Nierneyer Verlag GmbH & Co. KG Postfach 21 40 • D-7400 T übingen Nietneyer L�xikoo der Romanistischen Lirtguistik Herausgegeben von GüNTER HoLTUS, MICHAEL METZELTIN, CHRISTIAN SCHMITT Insgesamt 8 Bände. Format 17 x 24 cm ISBN Gesamtwerk: 3-484-50250-9. Die Bände sind auch einzeln erhältlich. Bislang sind erschienen: Band III Die einzelnen romanischen Sprachen und Sprachgebiete von der Renaissance bis zur Gegenwart: Rumänisch, Dalmatisch/ Istroromanisch, Friaulisch, Ladinisch, Bündnerromanisch 1989. XXIV, 912 Seiten. Ln DM 438.-(bei Abnahme des Gesamtwerkes) Einzelpreis: DM 474.- (ISBN für Einzelbestellung: 3-484-50233-9) Band IV Italienisch, Korsisch, Sardisch 1988. XVI, 935 Seiten. Ln DM 448.-(beiAbnahme des Gesamtwerkes) Einzelpreis: DM 484.- (ISBN für Einzelbestellung: 3-484-50234-7) Band V, 1 Französisch 1990. XII, 894 Seiten. Ln DM 544.-(beiAbnahme des Gesamtwerks) Einzelpreis: DM 592.- (ISBN für Einzelbestellung: 3-484-50235-5) Band V, 2 Okzitanisch, Katalanisch 1991. XII, 310 Seiten. Ln DM 198.-(beiAbnahme des Gesamtwerks) Einzelpreis: DM 218.- (ISBN für Einzelbestellung: 3-484-50335-1) tRL Band VI,1 Aragonesisch/ Navarresisch, Spanisch, Asturianisch/ Leonesisch 1992. XLI, 708 Seiten. Ln DM 443.- (bei Abnahme des Gesamtwerks) Einzelpreis: DM 492.- (ISBN für Einzelbestellung: 3-484-50236-3) In Vorbereitung: Band 11,1 Latein und Romanisch, Historisch-vergleichende Grammatik der romanischen Sprachen Ca. 500 Seiten. Ln ca. DM 349.-(beiAbnahme des Gesamtwerks) Einzelpreis ca. DM 388.-. ISBN für Einzelbestellung 3-484-50232-0 Bandll ,2 Die einzelnen Sprachen und Sprachgebiete vom Mittelalter bis zur Renaissance ISBNfür Einzelbestellung 3-484-50339-4 Band VI,2 Galegisch, Portugiesisch Ca. 450 Seiten. Ln ca. DM 292 .-. (beiAbnahme des Gesamtwerks) Einzelpreis: ca. DM 324.- (ISBN für Einzelbestellung: 3-484-50336-x) Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG Postfach 21 40 · D-7400 Tübingen Niemeyer fJj Das Französische in Deutschland Eine Einführung Von Johannes Kramer. Unter Mitarbeit von Sabine Kowallik 1992. 160 Seiten, 7 Karten. Kart. DM 48,- Sowohl die deutschsprachige Romanistik als auch die Germanistik haben die Erscheinungsformen, in denen das Französische und verwandte Sprachformen (Provenzalisch, Frankoprovenzalisch, Moselromanisch) auf deutschem Boden in Geschichte und Gegenwart zu verzeichnen sind, bisher wenig beachtet; es gibt allerlei meist schwer auffindbare Spezialstudien, aber eine umfassende Einführung in die Thematik fehlt. Diese Lücke schließen will der aus einem Proseminar hervorgegangene Abriß; er bemüht sich bewußt um eine Darstellungsweise, die auch Anfängern und Fachfremden die Lektüre ermöglicht. Behandelt werden u.a. der wissenschaftsgeschichtliche Hintergrund der Vernachlässigung des Themas; die Reste mittelalterlicher Romanität an der Mosel, im Saarland und im Schwarzwald; die französisch-deutschen Sprachbeziehungen im Mittelalter; die Sprache der hugenottischen Glaubensflüchtlinge; das Französische im Rheinland in der „Franzosenzeit"; die puristische Bekämpfung französischer Elemente; die Geschichte des Französischunterrichtes in Deutschland und das Auftreten französischer Wörter in deutschen Dialekten. Sieben Karten und die umfangreichen Hinweise auf weiterführende Literatur in den Fußnoten unterstützten die Darstellung dieses für Romanisten, Germanisten und Historiker gleichermaßen interessanten Buches. Dje Rä-oromanen Graubündens Peripherisierung einer Minorität Von Frauke Kraas 1992. 406 Seiten mit 71 Abbildungen, 15 Tabellen und 2 Karten. Kart. DM 128,- Die Rätoromanen Graubündens, Träger der vierten Landessprache der Schweiz, sind eine ethnolinguistische Bevölkerungsgruppe, die nach 1950 in ihrem reliktären Verbreitungsgebiet zur Minderheit geworden und deren Fortexistenz heute ernsthaft bedroht ist. Die Untersuchung gilt der Peripherisierung dieser Minorität; damit wird ein Prozeß dargestellt und umfassend erklärt, von dem viele Bevölkerungsgruppen betroffen sind. Er besteht darin, daß solche Gruppen bei Abnahme ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung und Schrumpfung ihres Raumes in Randlage geraten, wobei dieser periphere Bereich zunehmend Merkmale passivräumlicher Strukturschwäche erhält. Untersucht und methodisch überzeugend dargestellt werden die Entwicklung seit dem Mittelalter, der Rückgang des Romanentums von 1880 bis 1980, dessen gegenwärtige strukturelle Differenzierung und deren Ursachen, Handlungskonsequenzen und weitere Aussichten. Abschließend wird das Schicksal der Romanen in die Problematik vergleichbarer Minderheiten eingebunden. Franz Steiner Verlag Stuttgart Postfach 1 0 15 26 - 0-7000 Stuttgart 1 0