Vox Romanica
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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1996
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Kristol De StefaniVOX ROMANICA 55 · 1996 VOX ROMANICA ANNALES HELVETICI EXPLORANDIS LINGUIS ROMANICIS DESTINATI CONDITI AB J. JUD ET A. STEIGER EDITI AUSPICIIS COLLEGII ROMANICI HELVETIORUM A RICARDA LIVER ET PETER WUNDERLI 55 · 1996 FRANCKE VERLAG BASEL Herausgeberkommission: Michel Burger (Universität Genf), Herve Chevalley (Glossaire des Patois de la Suisse romande), Rolf Eberenz (Universität Lausanne), Rudolf Engler (Universität Bern), Felix Giger (Dicziunari rumantsch grischun), Marc-Rene Jung (Universität Zürich), Andres M. Kristol (Universität Neuenburg), Georges Lüdi (Universität Basel), Federico Spiess (Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana). Publiziert mit Unterstützung der Schweizerischen Akademie der Geisteswissenschaften Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved A. Francke Verlag Basel und Tübingen ISSN 0042-899 X ISBN 3-7720-2195-6 Satz und Druck: Laupp & Göbel, Nehren Buchbinderische Verarbeitung: Braun & Lamparter, Reutlingen Printed in Germany Inhalt MICHELANGELO PicoNE, Presenze romanzesche nella Vita Nuova . . . . . . . . . . . . 1 MrCHELE LOPORCARO, Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft . . . 16 LOTTE ZöRNER, Neues zur oberitalienischen Personalendung der 4. Person Präsens -uma . 33 PETER WuNDERLI, Speculatio Carolina. Variationen des Karlsbildes in der altfranzösischen Epik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 CLAUDE BuRIDANT, «Varietas delectat». Prolegomenes a une grammaire de l'ancienfranr,;ais . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 ZYGMUNT MARZYS, La codification du franr,;ais a l'epoque de la Renaissance: une construction inachevee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 RoLF EBERENZ, ;,Que tipo de espaiiol escribe Nebrija? El gramatico como usuario y te6rico de la lengua . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 HANS GEISLER, Synkopeabstufungen im Spanischen . . . . . . . . 160 VOLKER NoLL, Brasil: Herkunft und Entstehung eines Toponyms . 188 Besprechungen . . . . . . . . . 203 Nachruf auf Siegfried Heinimann 383 Nachruf auf Eva Salomonski 388 Nachrichten . . . . . . . . . . 391 Büchereingänge -- Livres re-;ns 408 Besprechungen - Comptes rendus ANNE-MARGUERITE FRYBA-REBER, Albert Sechehaye et la syntaxe imaginative. Contribution ii. l'histoire de la linguistique saussurienne (I. Werlen) . . . . . . . . . . 203 PrnRRE DuPONT, Elements logico-semantiques pour l'analyse de la proposition Hernandez Sacristan) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 JOHANNES SCHNITZER, Wort und Bild: Die Rezeption semiotisch komplexer Texte. Dargestellt anhand einer Analyse politischer «pintadas» (Ursula Bähler) . . . . . . . . . . 208 WALTER BERSCHIN, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter, Band 3: Karolingische Biographie, 750-920 n. Chr. (G. Hilty) . 211 JACQUES BRES, La Narrativite (F. G6mez Redondo) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Studi Testuali 3 (P. Gresti) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 GEROLD HILTY (ed.), Actes du xx Congres International de Linguistique et Philologie Romanes. Universite de Zurich (6-11 avril 1992), 5 vol. (Maria Selig/ Eva Büchi) 220 EMANUELE BANF! IGIOVANNI BONFADINIIPATRIZIA CORDINIMARIA lLIESCU (ed.), ltalia Settentrionale: Crocevia di Idiomi Romanzi, Atti de! convegno internazionale di studi (Trento, 21-23 ottobre 1993) (P. Tekavcic) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 MARIA SELIG/ BARBARA FRANKIJöRG HARTMANN (ed.), Le passage a l'ecrit des langues romanes (G. Hilty) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 ULRICH HOINKES (ed.), Panorama der Lexikalischen Semantik. Thematische Festschrift aus Anlaß des 60. Geburtstags von Horst Geckeler (H. Geckeler) . 244 ANNETTE SABBANICHRISTIAN SCHMITT Sprachlicher Linguistik Rhetorik - Literaturwissenschaft 253 VI Besprochene und angezeigte Werke M. M. PARRY/ W. V. DAvrns/ R. A. M. TEMPLE(ed.), The changing voices of Europe. Social and political changes and their repercussions, past, present and future(C. Wittlin) . . 254 Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi [TPMA}. Lexikon der Sprichwörter des romanischgermanischen Mittelalters. Begründet von SAMUEL S1NGER. Herausgegeben vom Kuratorium Singer der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. Vol.1: A-Birne vol. 2: Bisam-erbauen - Quellenverzeichnis. Zusammengestellt von WERNER ZILTENER. Überarbeitet und ergänzt von CHRISTIAN HosTETT- LER(R.Schenda) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 JEAN MARIE KLINKENBERG, Des langues romanes. Introduction aux etudes de linguistique romane(P.W.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 FRANCO BR1oscm/ CosTANZO DI GIROLAMO(ed.), Manuale di letteratura italiana. Storia per generi e problemi. Vol. 1: Dalle origini alla fine del Quattrocento, vol. 2: Dal Cinquecento alla meta del Settecento, vol. 3: Dalla meta del Settecento all'Unita d'Italia (Grazia Lindt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 GuGLIELMO GoRNI, Il Dante perduto. Storia vera di un falso(P. Gresti) . . . . . . . . . 271 ANONIMO GENOVESE, Rime e ritmi latini. Edizione critica a cura di JEAN NICOLAS (P. Gresti) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 GIANRENZO P. Cuvrn/ CENSIN PICH (ed.), VIII Rescontr anternassional de· studi an sla lenga e la literatura piemonteisa; GIANRENZO P. Cuvrn/ CENSIN PICH(ed.), x Rescontr anternassional de studi an sla lenga e la literatura piemonteisa; GIANRENZO P. Cuvrn/ DARIO PASERO/ CENSIN PICH(ed.), XI Rescontr anternassional de studi an sla lenga e la literatura piemonteisa(G. Berruto) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 RoBERTO ALBERT! , Die Mundart von Gavardo(G. Berruto) . . . . . . . . . . 279 ETTORE BALDETTI, Antroponimia e storia nell'Italia centrale. Atti de! Convegno di Gabicce Mare, 18 settembre 1993(W. Müller) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 MARTIN MAIDEN, lnteractive Morphonology. Metaphony in Italy, London and New York(G.Salvi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 ELISABETH BuRR, Verb und Varietät. Ein Beitrag zur Bestimmung der sprachlichen Variation am Beispiel der italienischen Zeitungssprache(M. Grünert) . . . . . . . . . 285 Le Roman de Tristan en prose. Publie sous la direction de PHILIPPE MENARD. Tome 6: Du sejour des amants a la Joyeuse Garde jusqu'aux premieres aventures de la «Queste du Graal». Edite par EMMANUELE BAUMGARTNER et M1cHELE SzKILNIK (TLF 437). - Tome 7: De l'appel d'Yseut jusqu'au depart de Tristan de la Joyeuse Garde. Edite par DANIELLE QuERUEL et MoNIQUE SANTucc1 (TLF 450). - Tome 8: De la quete de Galaad a la destruction du chdteau de la lepreuse. Edite par BERNARD GumoT et JEAN SuBRENAT (TLF 462)(A. Arens) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 YASMINA FoEHR-JANSSENS, Le Temps des fahles. Le Roman des Sept Sages, ou l'autre voie du roman(R. Trachsler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 HuoN DE MERY, Le Tournai de l'Antechrist(R. Trachsler) . . . . . . . . . . . . . . . . 296 EvA AHLSTEDT, Andre Gide et le debat sur l'homosexualite, de L'Immoraliste (1902) a Si le grain ne meurt(1926)(Ursula Bähler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 EPHRAi'M MIKHAEL, Poemes en vers et en prose(A. Arens) . . . . . . . . . . . . . . . . 304 PovL SKÄRUP, Morphologie synchronique de l'ancien fran<;ais(Leena Löfstedt) . . . . . . 306 VOLKER MECKING, Wortgeschichtliche Untersuchungen zu Philippe d'Alcripe's «La nouvelle Fabrique» (ca. 1580)(J. Lengert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 ULRICH HOINKES, Philosophie und Grammatik in der französischen Aufklärung. Untersuchungen zur Geschichte der Sprachtheorie und französischen Grammatikographie im 18. Jahrhundert in Frankreich(Edeltraud Werner) . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 PIERRE REZEAU, Le « Vocabulaire poitevin» (1808-1825) de Lubin Mauduyt. Edition critique d'apres Poitiers(A. Arens) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 WOLFGANG DAHMEN/ GüNTER HoLTus/ JoHANNES KRAMERIMICHAEL METZELTIN/ ÜTTO WINKELMANN, Das Französische in den deutschsprachigen Ländern. Romanistisches Kolloquium vn(Mechtild Bierbach) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Besprochene und angezeigte Werke VII PIERRE KNECHT/ ZYGMUNT MARZYS (ed.), Ecriture, langues communes et normes. Formation spontanee de koines et standardisation dans Ja Galloromania et son voisinage (G. Berruto) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 JOACHIM LENGERT, Regionalfranzösisch in der Literatur. Studien zu lexikalischen und grammatischen Regionalismen des Französischen der Westschweiz (Z. Marzys) . . . . 333 Tresor de la langue franr;aise. Dictionnaire de Ja langue du 19 e et du 2o e siede (1789-1960) elabore par le Centre national de la recherche scientifique, tome 16 (teint zzz...) (0. Jänicke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 MARION CYPIONKA, Französische «Pseudoanglizismen». Lehnformationen zwischen Entlehnung, Wortbildung, Form- und Bedeutungswandel (Yvonne Stork) . . . . . . 345 WALTRAUD WEIDENBUSCH, Funktion der Präfigierung. Präpositionale Elemente in der Wortbildung des Französischen (Yvonne Stork) . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 GEORGES KLEIBER, Anaphores et pronoms (P.W.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 CORINNA J. WERNITZ, Bedingungen und Voraussetzungen für Sprachwechsel. Eine Untersuchung zum Sprachwechsel bei bilingualen Marokkanern in Frankreich (V. Noll) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 ANNEGRET BoLLEE (ed.), Dictionnaire etymologique des creoles franr;ais de l'Ocean Indien, 2 e partie: Mots d'origine non-franr;aise ou inconnue (J. Lengert) . . . . . . . . 360 MALTE-LUDOLF BABIN, «Orgolh» - «umil». Untersuchungen zur lexikalischen Ausprägung des Altokzitanischen im Sinnbereich des Selbstgefühls (C. Wittlin) . . . . . . . 363 FREDE]ENSEN, Syntaxe de l'ancien occitan (P. Gresti) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 MARIA GROSSMANN, Opposizioni direzionali e prefissazione. Analisi morfologica e semantica dei verbi egressivi prefissati con dese esin catalano (R. Eberenz) . . . . . 368 MARIA WENCESLADA Drnco LOBEJ6N, El Salterio de Hermann «el Aleman» (G. Hilty) . . 370 BERNARDO DE GoRDONIO, Lilio de Medicina. Estudio y edici6n de BRIAN DuTTON y M a NrnvEs SANCHEZ (Gemma Avenoza) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 NELSON CARTAGENA!CHRISTIAN SCHMITT (ed.), Miscellanea Antverpiensia. Homenaje al vigesimo aniversario de! Istituto de Estudios Hispanicos de Ja Universidad de Amberes (C. Hernandez Sacristan) . . . . . . . . . . 377 JOHN M. LIPSKI, Latin American Spanish (V. Noll) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Mitarbeiter des 55. Bandes (kursiv gedruckt sind die Seiten der Originalartikel) Arens,A...... Avenoza,Gemma Bähler,Ursula .. Berruto,G..... Bierbach,Mechtild . Büchi,Eva . Buridant,C. Eberenz,R.. Geckeler,H. Geisler,H.. G6mez Redondo,F. Gresti,P....... Grünert,M. .... Hernandez Sacristan,C. Hilty,G. . Jänicke,0.. Lengert,J. . Lindt,Grazia 289,304,326 373 .. 208,302 253,277,279,332 327 220 88 143, 368 244 160 214 217,271,273,366 ....... 285 ..... 207,377 211,241,370,388 338 308,360 266 Liver,Ricarda . Löfstedt,Leena . Loporcaro,M. Marzys,Z. Müller,W. Noll,V... Picone, M. Salvi,G. . Schenda,R. Selig, Maria Stork,Yvonne Tekavcic, P. Trachsler, R . . W erlen,I. Werner,Edeltraud Wittlin,C. .... Wunderli,P......... Zörner,Lotte ........ 383 306 16 126, 333 279 188, 357,380 1 282 255 220 345,350 236 292,296 203 314 254,363 38, 258,354 33 Presenze romanzesche neHa Vita Nuova Chiave da sempre privilegiata per introdursi nell'edificio letterario della Vita Nuova e stata quella ehe legge il libello dantesco come un «canzoniere»: un libro di poesie organizzato non da un copista ma dal suo stesso autore 1 . In effetti la Vita Nuova si presenta come un Liederbuch, una collezione di liriche non solo personale (tale dimostrava di essere gia il canzoniere di Guittone sepolto nel ms. L) ma anche autoriale: fatta cioe dall'autore per dimostrare la propria auctoritas. E questa la ragione per cui le 31 liriche composte in un arco di tempo novenario (dai 18 ai 27 anni della vita del poeta) vengono raccolte, una volta raggiunto il culmine di quell'arco, con lo scopo di rivelare il senso profondo delle liriche stesse, e quindi il valore esemplare dell'esperienza vitale e poetica ad esse connessa. La novitas di cui si fregia gia nel suo titolo il libello dantesco consiste proprio in questa rivelazione del senso di una vita: senso ehe viene traghettato dalla prosa commentativa delle ragioni e delle divisioni. Piu ehe i «versi d'amore» sono dunque decisive per la composizione e la definizione culturale della Vita Nuova Ie «prose di romanzi»: cioe la prosa autoesegetica ehe, interpretando le poesie, racconta la storia finita non solo dell'amore dell'io per Beatrice, ma anche della formazione letteraria dell'actor ehe attraverso Ja sua maturazione amorosa raggiunge la dimensione di auctor 2 • La Vita Nuova non e pertanto solo un Liederbuch, un semplice canzoniere; essa e piuttosto una raccolta poetica ehe ha l'ambizione di articolarsi come romanzo dell'io, e l'autobiografia romanzata del giovane poeta. Per tentare di dimostrare questo fatto, per far vedere cioe l'assorbimento nel genere lirico del genere romanzesco, analizzeremo i due luoghi della Vita Nuova piu compromessi in tale direzione. Si tratta di due luoghi ehe rivestono una speciale funzione demarcativa nella costruzione del libello, in quanto strategicamente disposti ai due poli della narrazione, all'inizio e alla fine della storia ivi affabulata. La Vita Nuova, come ben sappiamo, inizia con l'enigmatico sogno fatto dall'io nel capitolo m, e si conclude con la meravigliosa visione raccontata nel capitolo XLI. Ambedue queste apparizioni riguardano Beatrice: Beatrice nuda avvolta in un drappo sanguigno nel sogno iniziale, e Beatrice gloriosa fra i beati del Paradiso nella visione finale. Chiara- 1 Canzoniere da intendere non «come raccolta di rime di vari autori disposta secondo forme e generi, ma come storia spirituale per exempla poetici»: cosl DE RoBERTIS 1980: 15. Nella stessa prospettiva ermeneutica si pongono SANTAGATA 1979: 136-41, CAPPELLO 1988 e FASAN! 1994: 73- 86. Per una lettura moderna de! libello si ricorra a GoRNI 1992. 2 Sul rapporto prosa/ poesia nel libello si vedano BALDELLI 1976 e PICONE 1977. 2 Michelangelo Pieone mente la visione finale si presenta non solo eome la eonclusione dell'intera vieenda, ma anehe eome la spiegazione e la risoluzione dell'enigma posto dal sogno iniziale. Ebbene: sia il sogno ehe distingue l'inizio della Vita Nuova, sia la visione ehe ne earatterizza la fine, riprendono due tematiehe romanzesehe. Due tematiche, va notato, non seeondarie del grande romanzo oitanieo, ma essenziali per la sua stessa definizione e tipologia. Mentre infatti il sogno iniziale della Vita Nuova propone il motivo del euore mangiato: motivo emblematieo e riassuntivo dell'intera leggenda tristaniana, e quindi del romanzo di fol'amor; la visione finale elabora inveee il tema della quete, della eonclusione positiva della peregrinatio amorosa, quale troviamo realizzata nei romanzi di Chretien de Troyes ispirati all'ideologia della fin'amor 3 • * E veniamo subito all'analisi del sonetto A ciascun' alma presa e gentil core: la prima poesia raeeolta nel eanzoniere, ma anehe quella ehe mette in movimento l'intera maeehina narrativa del libello. 11 testo si artieola come una lettera eireolare, inviata da Dante ai poeti del suo tempo affinehe gli spieghino il signifieato di un sogno ehe viene in essa raeeontato: eostituisee insomma la proposta di una tenzone alla quale parteeipano, oltre a Guido Cavalcanti, anehe Terino da Castelfiorentino e Dante da Maiano 4 • In quanto lettera, il sonetto eontiene le parti prineipali teorizzate dai retori per questo genere di eomponimento: nella prima quartina troviamo infatti la salutatio e la petitio; nella seeonda quartina e nelle due terzine troviamo inveee la narratio. Ma leggiamo il sonetto: A ciascun'alma presa e gentil eore nel eui eospetto ven lo dir presente, in cio ehe mi rescrivan suo parvente, salute in lor segnor, cioe Amore. 4 Gia eran quasi ehe atterzate l'ore del tempo ehe onne stella n'e lucente, quando m'apparve Amor subitamente, cui essenza membrar mi da orrore. 8 Allegro mi sembrava Amor tenendo meo core in mano, e ne le braccia avea madonna involta in un drappo dormendo. 11 Poi la svegliava, e d'esto eore ardendo lei paventosa umilmente pascea: appresso gir lo ne vedea piangendo. 14 3 II riseontro si trova gia sinteticamente indicato in GARDNER 1930: 130-32. Sulla «narrativita» della Vita Nuova si veda ora CRISTALDI 1994. 4 I testi della tenzone si trovano riuniti in BARBI-MAGGINI 1956: 1-14. Per l'interpretazione del sonetto danteseo si vedano BEZZOLA 1968: 11-17, MENEGHETTI 1984, HARRISON 1994, RIGO 1994: 14-19. Le eitazioni della Vita Nuova sono fatte secondo il testo dato da DE RüBERTIS 1980. Presenze romanzesche nella Vita Nuova 3 La salutatio include, altre alla eanoniea forma di saluto (v. 4), anehe i nomi dei destinatari ai quali la lettera viene inviata (v. 1): e questi sono le persone «prese» da Amore, o eome vengono ehiamati nella prosa (§9) «li fedeli d'Amore»; una eireonloeuzione ehe individua qui, e nel resto del libello, i «famosi trovatori in quello tempo», eioe i poeti liriei ehe, eome Dante e eon Dante, eereano di eapire il senso del fenomeno amoroso (e quindi se stessi). La petitio manifesta da parte sua lo seopo per eui la lettera viene inviata: ehe e quello di trasmettere «lo dir presente» (v. 2), il testo poetieo ehe abbiamo davanti, ai suoi destinatari in modo ehe possano elaborare il loro «parvente» (v. 3), il loro giudizio o la loro interpretazione, e ehe possano «riserivere» questo loro «parvente», ovviamente sotto forma di risposta affidata ad un altro sonetto. Lo seopo per il quale Dante divulga il suo sonetto e dunque quello di risolvere l'enigma eontenuto nella sueeessiva narratio; l'emittente della lettera vuole ehe il rieevente lo aiuti a ehiarire il suo sogno. Ed eeeoei arrivati alla narratio ehe sviluppa il messaggio vero e proprio della lettera-sonetto; ehe eontiene cioe il fatto ehe si vuole raeeontare e si eerea di interpretare eon l'aiuto de! rieevente. E importante osservare subito eome nel sonetto danteseo sia proprio la narratio la parte della lettera ehe, dal punto di vista sia quantitativo ehe qualitativo, predomina nettamente su tutte le altre. Cio evidenzia la natura embrionalmente narrativa di questo frammento lirieo. Col v. 5 si passa dunque dal piano dell'enuneiazione a quello dell'enuneiato narrativo, dal livello dell'emittente e del destinatario a quello del messaggio: un messaggio ehe si svolge seeondo modalita affabulatorie. II resto del sonetto eomprende infatti la narratio di un evento: un evento non vissuto ma sognato, pur sempre un evento ehe proietta sulla storia dell'io le sue luci, ma soprattutto le sue ombre. La prima quartina serve a delimitare il eontesto temporale e psieologieo all'interno de! quale avviene il sogno. Troviamo subito ai v. 5s. Ja determinazione eronologica, spiegata nel §8 della relativa razo prosastiea: l'evento e infatti aeeaduto in un'ora preeisa della notte («la prima ora de le nove ultime ore de la notte»). Ein questo momento, ehe si eonnota di valenze altamente simboliehe, ehe l'io vede apparire davanti a se Amore. Si tratta del dio d'Amore della tradizione lirieoallegoriea, della mitica figura del signore ehe domina il mondo eortese ed e padrone assoluto del euore degli amanti. L'apparizione e qualifieata eome terrifieante (v. 8): il solo rieordo di eome Amore gli apparve allora, al momento del sogno, da ora al poeta ehe lo rievoea nel sonetto un senso di profonda e diffusa paura 5. La paura dell'amante eortese davanti all'ipostasi amorosa e analoga a quella provata dal eristiano quando entra in eontatto diretto eon la divinita: e la paura provoeata dalla eonsapevolezza dell'infinita distanza ehe separa il viator amoris, ehe si trova all'inizio della sua peregrinatio, dall'ideale amoroso ehe intende raggiungere. Dopo Je quartine, ehe svolgono rispettivamente la funzione extrae intradiege- 5 Senso ribadito dalla prosa (§3): « ... dentro la quale [nebula di colore di fuoco] io discernea una figura d'uno segnore di pauroso aspetto a chi la guardasse». 4 Michelangelo Picone tica, troviamo le terzine, alle quali viene invece affidata la funzione autenticamente diegetica del sonetto. I confini del racconto sono qui segnati dalle due forme aggettivali, polarizzate semanticamente, ehe compaiono all'inizio della prima terzina (v.9: «Allegro»), e alla fine della seconda terzina (v. 14: «piangendo», un gerundio con valore di participio presente). Queste forme aggettivali intendono significare le due contraddittorie condizioni nelle quali Amore si manifesta all'io, prima allegro e poi piangente; ma vogliono soprattutto caratterizzare il sogno stesso dell'io in modo positivo per quanto riguarda l'inizio, e in modo negativo per quanto riguarda la fine. In termini retorici possiamo dire ehe il sogno sviluppa una trama narrativa tragica: la vicenda amorosa in esso affabulata inizia bene, ma finisce male 6• L'allegria di Amore, descritta nella prima terzina, e legata al fatto di tenere nella sua mano il cuore de] poeta, e di accogliere nelle sue braccia il corpo di Beatrice dormente. La felicita di Amore traduce evidentemente lo stato d'animo dell'io, pienamente soddisfatto del suo servizio amoroso, ehe il suo cuore sia interamente votato all'amore; l'io gioisce soprattutto alla prospettiva di poter raggiungere presto l'oggetto del suo desiderio, di poter cioe conquistare fisicamente la donna amata. L'amplificatio prosastica del § 4, dove si parla della donna «nuda» e del drappo «sanguigno» nel quale essa e «involta leggeramente», sottolinea tutta la sensualita nascosta della scena onirica, annunciando l'erotismo ehe esplodera nella seconda parte del sogno descritta nell'ultima terzina. In questo secondo atto infatti la scena onirica da statica diventa dinamica: Amore sveglia Beatrice ehe dorme e le da da mangiare il cuore ardente di passione dell'io; e la donna compie, seppure con timore, il gesto di «pascersi» (v.13), di cibarsi del cuore ehe le viene offerto «umilmente» da Amore. Terminata l'azione omofagica, Amore si mette a piangere e si allontana dalla scena onirica. Prima di indicare le ragioni del pianto di Amore (ragioni ehe potranno essere spiegate solo coinvolgendo il modello di scrittura tragica rappresentato dal romanzo tristaniano), bisogna considerare la glossa ehe la prosa appone al messaggio narrativo contenuto nell'ultima terzina. Se il § 6 si limita a fornire una parafrasi dei v.12-13, il §7 apporta invece un elemento narrativo nuovo nei confronti del v.14, un elemento di capitale importanza per il rinvenimento del senso del sogno: Appresso cio poco dimorava ehe la sua letizia si convertia in amarissimo pianto; e cosi piangendo, si ricogliea questa donna ne le sue braccia, e con essa mi parea ehe si ne gisse verso lo cielo; onde io sostenea sl grande angoscia, ehe lo mio deboletto sonno non poteo sostenere, anzi si ruppe e fui disvegliato. L'amplificazione prosastica riguarda la meta verso cui si dirige Amore con la donna «ricolta ...ne le sue braccia», definisce cioe il luogo verso il quale la scena onirica si sposta, dalla terra al cielo: «con essa [Beatrice] mi parea ehe [Amore] si ne gisse 6 Secondo la definizione di tragedia data dallo stesso Dante nell' Epistola a Cangrande (§ 28) «... tragedia in principio est admirabilis et quieta et in fine seu exitu fetida et horribilis... » (cf. CECCHINI 1995: 12). Presenze romanzesche nella Vita Nuova 5 verso lo cielo». Sta proprio in questa aggiunta, ignota al poeta di allora ma conosciuta al prosatore di ora, iscritta non nel «libro de la memoria» ma nel libello della verita rivelata, il senso autentico della prima «meravigliosa visione» di Amore. Come e detto al § 15: «Lo verace giudicio del detto sogno non fue veduto allora per alcuno, ma ora e manifestissimo a li piu semplici». Il significato profondo del sogno, ehe nessuno dei «risponditori» seppe allora trovare (e ehe rimase nascosto allo stesso «proponitore»), e ora (dopo Ja visione finale di Beatrice in gloria) chiaro anehe alle persone meno abili nell'esegesi onirica (e testuale). Significato ehe non puo dunque consistere nella profezia della morte di Beatrice (era questa l'interpretazione del sogno ehe gia Cavalcanti avanzava nella sua risposta)7, ma va riferito proprio alla premonizione del destino glorioso di Beatrice, e quindi del suo poeta 8 • Infatti, e seguendo le arme di Beatrice, fatta «cittadina di vita eterna», ehe l'io riuscira a sublimare l'ideologia amorosa tipica della cultura romanza, a trasformare l'eros in caritas. L'inizio drammatico (il sogno del cuore mangiato) annuncia cosi, sebbene in modo enigmatico, la conclusione felice della vieenda amorosa dell'io. L'allegoria onirica, incapsulata nei versi del sonetto e svelata soltanto dalla prosa esegetica, rimane pertanto misteriosa e oseura nell'initium narrationis. Al momento di vivere esistenzialmente e di descrivere poetieamente il sogno, le immagini ehe si presentano davanti all'io sono legate all'ideologia dellafol'amor e non a quella della fin 'amor; sono ispirate cioe da modelli narrativi negativi e non positivi, tragici e non «comici». Cerchiamo quindi di studiare le implieazioni letterarie presenti nel primo sonetto della Vita Nuova, in modo da poter scoprire l'allusivita nascosta nei temi e nei motivi sviluppati da questo frammento lirico. Come ha osservato sinteticamente De Robertis nel suo commento ricciardiano: «II cuore dato in pasto all'amante e un topos della tradizione amorosa romanzesca piuttosto ehe lirica» 9 • Detto questo, lo studioso pensa ehe il suo lavoro di eommentatore sia finito; meutre si deve ancora indicare quale tradizione romanzesca venga qui coinvolta, e successivamente spiegare in ehe modo essa venga trattata e sviluppata. E necessario, in altre parole, procedere ad un'analisi intertestuale, facendosi magari guidare dal miglior lavoro prodotto in questi ultimi anni sull'argomento: la ricerca di L. Rossi sul cuore, «mistico pasto d'amore», condotta in ambito panromanzo 10 . 7 «Di voi lo cor e' ne porto, veggendo / ehe vostra donna Ja Morte chedea: / nodrlla d'esto cor, di cio temendo» (cf. CASSATA 1995: 102-3, anehe per la discussione di questo luogo controverso). s La tesi, oggi vincente, ehe il sogno costituisca il presagio della morte di Beatrice e difesa da SINGLETON 1968: 20ss.; altri interpreti, prevaricando sulla littera romanzesca, lo interpretano come allegoria apocalittica (cf. RIGO 1994: 17-8). 9 DE ROBERTIS 1980: 39. 10 Rossr 1982, a cui si rinvia anche per Ja bibliografia pregressa. Fra gli interventi recenti si ricorda V1NCENSINI 1991 e DouEIHI 1993; per la ripresa novellistica de! motivo si veda PrcoNE 1991: 334s.; per gli sviluppi successivi, fino a Stendhal, D1 MAro 1994. 6 Michelangelo Picone Abbiamo gia messo in evidenza il fatto ehe la funzione del sogno del cuore mangiato nel sonetto del giovane Dante e quella di dare una voce alla pulsione erotica del poeta. Attraverso la via onirica l'io manifesta il proprio desiderio di identificazione carnale con la donna amata, realizza la propria aspirazione alla comunione dei cuori e quindi alla fusione dei corpi. Le specificazioni addotte dalla razo prosastica, relative ai tre attori implicati nel sogno (Amore, l'io e la donna), servono appunto a rivelare la natura sensuale del desiderio dell'io. Nella prosa e detto ehe Amore appare avvolto «in una nebula colore di fuoco» (§3), mentre Beatrice si presenta «nuda», solo «involta in uno drappo sanguigno» (§4); l'io infine e rappresentato da «una cosa ehe ardeva tutta» (§5), cioe dal suo cuore. La nuvola di fuoco di Amore, il manto color sanguigno di Beatrice, e il cuore infiammato del poeta, sono tutte immagini oniriche ehe intendono tradurre la condizione psicologica in cui l'io si trova, ma vogliono anche e soprattutto qualificare il tipo di amore ehe l'io prova: un amore-passione destinato a una conclusione tragica, una fol'amor ehe non puo ehe condurre alla morte degli amanti. Ora, nel contesto letterario in cui opera il giovane Dante, questa particolare tipologia erotica, per la quale la pienezza dell'amore viene raggiunta solo al momento della morte, trova la sua realizzazione paradigmatica nella leggenda tristaniana: gli eroi eponimi della fol'amor romanza sono Tristano e Isotta. E questo, ci sembra, l'autentico modello secondo il quale il primo sonetto della Vita Nuova si costruisce. Piu ehe la vida e le razos di Guilhem de Cabestanh, piu ehe il Roman du Chastelain de Couci (la cui composizione e comunque di poco posteriore a quella del sonetto), e il fascinoso romanzo oitanico di Tristano l'intertesto privilegiato col quale Dante all'inizio della sua carriera poetica intende dialogare 11 • In effetti la vida trobadorica non fa altro ehe declinare il paradigma narrativo contenuto in uno dei frammenti del Roman de Tristan di Thomas (il cosiddetto frammento Sneyd 1); e Dante vuole confrontarsi con lo stesso archetipo romanzesco oitanico, piuttosto ehe con una della sue tardive riscritture. II frammento tristaniano di Thomas si riferisce al periodo della separazione degli amanti: Tristano si trova nella Piccola Bretagna, mentre Isotta e rimasta in Cornovaglia. La solitudine della regina, ehe non ha vicino il suo amante, e oltretutto aggravata dal fatto ehe i cortigiani di re Marco non perdono occasione per mettere in cattiva luce Tristano, per far circolare delle maldicenze sul suo conto. Isotta se ne sta dunque tutta sola nella sua camera, e per alleviare il suo dolore modula un triste canto d'amore 12 : 11 Rossr 1982: 112 privilegia invece l'intertesto occitanico: «... l'unica fonte ipotizzabile, per l'immagine de! cuore mangiato [nel sonetto dantesco], sono Je razos su Lo dous cossire [di Guilhem de Cabestanh]...». Sul Roman du Chastelain de Coucy si veda ora BABBI 1994. 12 Si cita secondo Ja lezione fissata da LECOY 1991: 44. Su questo episodio verte il brillante intervento di BAUMGARTNER 1994: 317-23. Presenze romanzesche nella Vita Nuova En sa chambre se set un jor e fait un lai pitus d'amur, coment dan Guiron fu surpris, pur l'amur de la dame ocis qu'il sur tute rien ama, e coment li cuns puis dona le euer Guiron a sa moillier par engin un jor a mangier, e la dolur que la dame out, quarrt la mort de sun ami sout. La reine chante dulcement, la voiz acorde a l'estrument; ! es mainz sunt beles, li lais buens, dulce Ja voiz, bas li tons. (v. 833-46) 7 Nel «lai pitus d'amur» (v. 834) Isotta trasferisce (esattamente come fara poi Dante nel suo sogno) tutte le sue aspirazioni e tutte le sue preoccupazioni amorose. Da questo punto di vista il lai cantato diventa una sorta di mise en abfme della storia narrata nell'intero romanzo. Nei pochi versi destinati all'affabulazione del «lai Guiron» troviamo cioecondensato il senso profondo di tutta la leggenda tristaniana. I personaggi del «lai Guiron» e del Roman de Tristan sono tre, come tre sono i personaggi coinvolti nel sogno di Dante: l'amante perfetto (Guiron, in cui si rispecchia Tristano, ma anche il protagonista della Vita Nuova), la «dame>> (v. 836), la donna amata (imago di Isotta, ma anche di Beatrice, almeno nella proiezione del desiderio dell'io), e il «cuns» (v. 838), il marito della donna (col quale si identifica il re Marco, non pero, come vedremo, il dio d'Amore del sonetto dantesco). II legame ehe Guiron stabilisce con l'oggetto del suo desiderio e un legame assoluto, ehe nessuna forza, umana o divina, riuscira a spezzare (v. 836s. ), ma dello stesso tipo el'amore ehe lega Tristano a Isotta, e Dante a Beatrice. E nello sviluppo di questo amore totale ehe il testo dantesco comincia a differenziarsi dal suo intertesto romanzeseo, finendo per opporsi decisamente ad esso nella conclusione. Se infatti l'amore conduce Guiron e Tristano ad una morte tragica (Guiron viene «pur 1'amur de la dame ocis» [v. 836], cosl come per amore morira Tristano), Dante inveee, avendo trasformato la sua fol'amor iniziale in amore spirituale finale, potra evitare la morte per amore e meritare al suo posto la vita: la visione della vera vita eterna. Nel lai cantato da Isotta e il marito, il gilos, ehe uccide Guiron, gli fa strappare il euore, e lo da da mangiare «par engin» (v. 840) alla moglie inconsapevole. Questo gesto crudele e anticortese del gilos subisce nel romanzo tristaniano una risemantizzazione in positivo; eil senso profondo e non la littera dell'azione omofagica ehe viene recepito da Thomas: la considerazione cioe ehe e solo con la morte ehe l'amante potra unirsi indissolubilmente con la donna amata. Il motivo del cuore mangiato assume cosl. nell'intertesto oitanico una doppia funzione: permette agli amanti di superare l'ostaeolo della separazione dei corpi, e al tempo stesso consente loro di sublimare l'amore attraverso la comunione dei cuori. Ma e preeisamente questa doppia funzione narrativa del motivo ehe 8 Michelangelo Picone anche Dante sapra recuperare nella Vita Nuova, soltanto proiettandola dalla terra al cielo, applicandola all'amore divino e non all'amore profano. Evidenti sono dunque le somiglianze ehe si instaurano fra il sonetto della Vita Nuova e il frammento del Roman de Tristan: somiglianze non solo al livello dell'intreccio narrativo, ma anche della situazione comunicativa. Sia nel romanzo di Thomas, sia nella Vita Nuova di Dante, il motivo del cuore mangiato viene presentato non come evento vissuto, ma come fatto cantato nel roman (il «lai Guiron»), e come fatto sognato nel libello. In ambedue i testi poi, questo motivo assume un chiaro valore prolettico (esso annuncia quella ehe sara la fine della storia principale), e una sicura rilevanza simbolica (esso racchiude il senso di tutta la storia). Altrettanto evidenti sono pero le differenze fra il testo italiano e la sua «fonte» oitanica. Bastera qui fissare meglio le tre differenze essenziali. La prima differenza riguarda la morte degli amanti. Mentre nel modello tristaniano l'amore di Guiron/ Tristano per la dama/ Isotta si puo realizzare solo con la morte violenta degli amanti, nel libello dantesco invece l'io realizza il suo amore per Beatrice non con la morte, ma con la vita: attraverso cioela prospettiva della vita eterna indicata dal transitus di Beatrice dalla civitas terrena a quella celeste. Nella Vita Nuova, infatti, la morte della donna (descritta, non come fatto accaduto, ma come evento immaginato, nel cap. xxm) non riveste il significato drammatico ehe aveva nel Tristan, non rappresenta una violenta rottura con la vita; essa condensa bensi il senso di una sublime apertura verso un'altra vita, una vita non umana ma divina. Con la sua morte Beatrice vuole insomma indicare al poeta la via da seguire per eternizzare il suo amore: un'eternizzazione ehe non sia di tipo metaforico, come quella consentita agli amanti di Cornovaglia (tramite la sepoltura insieme, e gli alberi ehe si intrecciano al di sopra della tomba), ma di tipo autenticamente simbolico (tramite il viaggio stellare dello «spirito peregrino», ehe ritrova Beatrice diventata creatura celeste). La seconda differenza fra il sonetto dantesco e il frammento romanzesco ela sostituzione del marito tradito e vendicativo con il dio d'Amore. Scompare cosi nel testo di Dante il personaggio tradizionale del gilos, e al suo posto viene messa una personificazione allegorica: la figurazione della stessa ipostasi amorosa. Qual eil risultato ehe Dante ottiene con questo avvicendamento? Soprattutto quello di trasformare il triangolo erotico romanzesco (all'interno del quale l'ostacolo da superare euna persona fisica) nel triangolo intellettivo della Vita Nuova, dove l'ostacolo non epiu costituito da un'entita fisica ma da un concetto astratto, non e una figura storica ma una figura retorica. La Vita Nuova diventa in tal modo un Bildungsroman: un romanzo ehe racconta l'avventura gnoseologica dell'io, la storia del viaggio ehe la mente deve campiere per risolvere il problema posto da «amore». Il poeta della Vita Nuova si veste pertanto dei panni del cavaliere arturiano, lanciato in una avventura conoscitiva ehe gia altri cavalieri (altri poeti) avevano tentato, ma ehe solo lui riesce per la prima volta a superare in modo definitivo. Presenze romanzesche nella Vita Nuova 9 La terza differenza fra il testo dantesco e il suo intertesto oitanico tocca la dinamica dell'azione, lo svolgimento dell'intreccio. Nella Vita Nuova il cuore del poeta viene dato da mangiare a Beatrice non con l'inganno («par engin»), come avviene nel romanzo tristaniano, ma «umilmente» (v. 13): con un gesto dunque non imperioso ma timido. Inoltre, si tratta di un cuore «ardente» (v. 12), tuttor vivo, e non privo di vita, addirittura cucinato, come nel Tristan. Beatrice infine, contrariamente all'eroina romanzesca ehe, inconsapevole del tragico pasto ehe le e stato imbandito, mangia di buon grado il cuore dell'amante, si mostra «paventosa», piena di sgomento e paura, nel mangiare il cuore dell'io ehe le viene offerto da Amore. Chiaramente queste variazioni nell'intreccio della fabula del cuore mangiato vogliono significare una distanziazione di Dante nel suo modello romanzesco. Se, come abbiamo gia detto, nel Tristan il motivo del cuore mangiato simbolizzava l'amore realizzato solo con, e dopo Ja morte, nella Vita Nuova invece assume una valenza per cosl dire terapeutica e catartica. L'azione omofagica, realizzata in una dimensione non reale ma onirica, viene compiuta da Beatrice non per dimostrarne il valor positivo, ma per svelarne tutta la carica negativa e distruttiva. Il pianto finale di Amore viene cosi a configurare l'avvertimento dato all'io a non lasciarsi trascinare dal fascinoso modello esistenziale tristaniano, e quindi a non arrestare la sua quete all'identificazione di amore e morte, al «Liebestod», ma a trovare dopo la morte dell'amata l'autentica vita dello spirito. Questo naturalmente l'io lo capisce solo dopo la rivelazione finale di Beatrice in gloria: solo allora avra Ja consapevolezza di aver trasformato lafol'amor non solo infin'amor, ma in amore divino. La Vita Nuova, ehe inizia con una «meravigliosa visione», il sogno enigmatico di Amore ehe da da mangiare il cuore del poeta a Beatrice, termina con un'altra visione, non piu enigmatica ma epifanica, destinata precisamente a chiarire il senso del misterioso sogno iniziale. E questa la visione ehe, scandita nei suoi momenti costitutivi (metaforico, simbolico e profetico) nei tre ultimi capitoli del libello, sigilla la quete amorosa dell'io: lo porta cioe alla scoperta del significato di tutta una cultura ehe si era identificata con la problematica amorosa 13 • E a questo punto finale dell'itinerario conoscitivo del giovane Dante ehe i «versi d'amore», e quindi la tradizione poetica dai trovatori a Cavalcanti, raggiungono il loro ambito di piena significazione. E da questa altezza ehe puo essere svelata la verita relativa alla imagery lirica romanza: verita ehe si affida alla prosa, alla «prosa di romanzi» appunto, per essere traghettata. 13 Per l'analisi degli ultimi capitoli della Vita Nuova, e per uno studio della tematica della peregrinatio, si rinvia a PrcoNE 1979: 129-92. 10 Michelangelo Picone Fra i due ultirni sonetti della Vita Nuova ehe potrernrno ora analizzare, quello contenuto nel capitolo XL (Deh peregrini ehe pensosi andate), in cui si affabula un'avventura ancora terrena, e quello del capitolo xu ( Oltre la spera ehe piu larga gira), lanciato invece nella definitiva avventura celeste, abbiarno scelto di leggere in chiave rornanzesca soltanto il prirno; anche perche in esso il gioco dell'intertestualita dantesca si rnanifesta in rnodo piu scoperto, e quindi per noi piu istruttivo. Anche per l'interpretazione di questo microtesto vitanovesco farerno reagire poesia e prosa: proiettererno cioe sulle irnrnagini poetiche del sonetto le luci del commento prosastico della relativa razo. Deh peregrini ehe pensosi andate, forse di eosa ehe non v'e presente, venite voi da sl lontana gente, com'a la vista voi ne dimostrate, ehe non piangete qnando voi passate per lo suo mezzo la eitta dolente, eome quelle persone ehe neente par ehe 'ntendesser la sua gravitate? Se voi restaste per volerlo audire, eerto lo eor de sospiri mi diee ehe lagrimando n'useireste pui. Ell'ha perduta la sua beatrice; e le parole eh'om di lei po dire hanno vertu di far piangere altrui. 4 8 11 14 Lo sfondo sul quale si svolge l'azione del sonetto e quello della «citta dolente» (v. 6). L'espressione riecheggia il passo scritturale, tratto dalle Lamentationes del profeta Gerernia, ehe era stato posto «corne entrata de la nuova rnateria» (xxx, 1) della Vita Nuova, cioe della terza parte «in rnorte» di Beatrice: «Quomodo sedet sola eivitas plena populo! faeta est quasi vidua domina gentium» (xxvm, 1). La «citta dolente» e dunque la civitas sola di cui parla Gerernia, e la citta abbandonata da Dio; nel caso particolare della Vita Nuova e la citta ehe «ha perduta la sua beatrice» (v. 12), ehe vive dolorosarnente nel ricordo della rnorte di Beatrice. Attraverso questa citta segnata dal dolore passano dei «peregrini» (v. 1), anch'essi «pensosi», contristati cioe, rna non per la rnorte di Beatrice di cui non sanno nulla (v. 7s. ), bensl per il ricordo delle persone ehe hanno dovuto Jasciare al rnornento di iniziare la loro peregrinatio (v. 2) 14. La tristezza dei «peregrini» e pertanto provocata da un'assenza relativa, rnentre quella del poeta e prodotta da un'assenza assoluta; se i prirni sono presi dalla rnalinconia (al loro ritorno in patria potranno rivedere le persone care), il secondo e colpito dalla nostalgia (non potra piu rivedere Beatrice ehe e rnorta). Evidente il significato superficiale del sonetto: il poeta vuole coinvolgere i «peregrini» nel suo dolore, vuole cornunicare loro il senso dell'assenza totale. E quanto troviarno nelle terzine: se voi dice il poeta ai t4 Si annuncia qui la grande apertura de! eanto vm de! Purgatorio, v. 1-6. Presenze romanzesche nella Vita Nuova 11 «peregrini» rimaneste ancora un po', io vi informerei della tragedia ehe ha colpito questa citta, vi parlerei della morte di Beatrice; cio ehe sicuramente provocherebbe il vostro pianto, e vi darebbe ragioni ancora piu gravi (di quelle legate alla vostra partenza) per essere tristi. Questo il senso litteralis trasmesso dal sonetto. L'incontro del poeta coi «peregrini» assume pero un senso piu profondo, quello allegorico rivelatoci dalla razo prosastica; senso di cui Dante non e ancora consapevole al momento di comporre il sonetto, ma ehe gli apparira chiaro al momento di scrivere il libello. Se sul piano della littera il poeta chiede ai «peregrini» di identificarsi col suo dolore, sul piano dell'allegoria sono i «peregrini» ehe invitano il poeta ad identificarsi con la loro condizione. La peregrinatio si impone cioe come la vera soluzione dell'impasse storica dell'io, come la conclusione definitiva della sua vicenda amorosa e conoscitiva. Ripetendo infatti l'itinerario dei «peregrini» (ehe sono in realta dei «romei» [§ 7] diretti versa Roma «per vedere quella imagine benedetta la quale Iesu Cristo lascio a noi per essemplo de la sua bellissima figura» [§ 1]), dirigendosi pero non versa la Roma terrena ma versa quella celeste, l'io non solo lascera il luogo dell'assenza per quello della presenza, ma nell'«imagine benedetta» di Beatrice scoprira la vera imago divina. I «peregrini» del capitolo XL diventano cosl i catalizzatori del senso ultimo del libello: essi annunciano metaforicamente il viaggio stellare ehe l'io, indossati i panni del peregrinus amoris, compira nel capitolo xu, raggiungendo Beatrice in gloria e concludendo felicemente l'avventura iniziata tanto misteriosamente con l'episodio onirico. Gia M. Scherillo, nel suo commento alla Vita Nuova del 1911, aveva individuato nel sonetto Deh peregrini le tracce di una memorizzazione dantesca del Cliges di Chretien de Troyes 15 . Il critico si limitava pero a notare delle somiglianze generiche fra il compianto per la morte di Beatrice nella «citta dolente» e l'analogo compianto per la creduta morte di Fenice nella citta di Costantinopoli (a riscontro della seconda quartina del sonetto egli citava i v. 5717ss. del romanzo oitanico). In realta la portata del richiamo intertestuale e molto piu vasta e profonda di quanto pensasse Scherillo. Dante infatti riprende dal Cliges non solo il motivo del cordoglio cittadino per la morte (vera o falsa ehe sia) della creatura piu bella del luogo, ma anche quello degli estranei ehe si trovano a passare dalla citta dimostrandosi ignari di quanto in essa e accaduto (cio ehe costituisce il nucleo narrativo centrale del microtesto dantesco). Prima di studiare il brano del Cliges implicato nel sonetto dantesco e forse opportuno fare qualche osservazione generale su questo romanzo di Chretien: sul suo sviluppo narrativo e sul suo significato culturale 16" Il Cliges nasce come 1s ScHERILLO 1911: 274; il riscontro veniva fatto contemporaneamente da COMFORT 1911; si veda anche NERI 1941: 223s. 16 Importanti sono a questo proposito le analisi di FRAPPIER 1969: 104-21 e di KÖHLER 1985: 193-249. 12 Michelangelo Picone romanzo a tesi: eon esso Chretien si propone di rispondere al Tristan di Thomas, il piu grosso sueeesso letterario degli anni sessanta del XII secolo. Da questo punto di vista il Cliges e stato appropriatamente definito eome l'anti-Tristan: esso rappresenta infatti la riserittura della fol'amor tristaniana fatta nella prospettiva della fin'amor; eonfigura la palinodia dell'amore ehe finisee tragieamente eon la morte degli amanti, nell'amore ehe si eonclude positivamente eon la vita degli amanti. La seelta operata da Dante del Tristan e del Cliges eome modelli romanzesehi per strutturare l'inizio e la fine del libello non poteva dunque essere piu oeulata. L'intreeeio romanzeseo del Cliges eonduce i suoi eroi a trovarsi nella stessa situazione in eui si erano gia trovati i personaggi del Tristan: Cliges, il protagonista del romanzo, si innamora infatti di Feniee, promessa sposa di suo zio Alis, il re di Costantinopoli; esattamente eome Tristano si era innamorato di Isotta, promessa sposa di suo zio Mareo, il re di Cornovaglia. La soluzione ehe pero Chretien offre dell'eterno problema posto dal triangolo erotico e drastieamente diversa da quella di Thomas: il matrimonio di Alis eon Feniee non verramai eonsumato (e questo grazie a un «boivre» magico, ehe da a Alis l'illusione di possedere la donna, mentre in realta abbraecia solo un'ombra), eio ehe eonsente a Feniee di tenersi pura e libera per Cliges. Per effetto del filtro Feniee evita cosi di eommettere lo stesso fatale errore di Isotta: quello di dividere il suo eorpo fra due uomini (il re Mareo e Tristano), pur dando il suo cuore a uno solo (Tristano). Feniee, apertamente eritieando questo eomportamento diIsotta, affermainveee ehe «qui a le euer, eil a le eors» (v. 3125): chi ha il suo euore, cioe Cliges, solo lui potra avere anehe il suo eorpo. Esemplare da questo punto di vista, il denouement romanzeseo della vieenda affabulata nel Cliges, a eui Dante si ispirera per ehiudere la narrazione della Vita Nuova. Come gli eroi tristaniani, anehe Cliges e Feniee realizzano il loro amore attraverso la morte e nella tomba: non pero la morte vera ma la morte apparente, e non propriamente nella tomba ma in un luogo attiguo alla tomba (ehe si presenta eome un meraviglioso locus amoris). Chretien utilizza qui il tema tristaniano della morte, ma gli attribuisce un signifieato del tutto nuovo. La morte infatti non e il fine vero cui gli amanti tendono, ma e un sempliee mezzo, un'astuzia degli amanti per superare l'ostaeolo ehe impedisee la piena affermazione del loro amore. Feniee assume le parvenze di morta 17 (ricorrendo ad un altro filtro magieo) solo per sottrarsi alla sua falsa vita matrimoniale con Alis, e per poter iniziare la vera vita d'amore eon Cliges. E proprio a questo partieolare momento della storia ehe si riferisce l'episodio del Cliges ripreso da Dante nel penultimo sonetto della Vita Nuova. Attraverso le vie di Costantinopoli, eosternata per la morte (da tutti ritenuta vera) della regina Feniee, si trovano a passare tre stranieri ehe, eome i «peregrini» del sonetto danteseo, non sanno niente del gravissimo lutto ehe ha eolpito la eitta. Contrariamente ai «peregrini» danteschi, essi si mostrano pero 17 Sul motivo della «morte vivante» e ancora fondamentale lo studio di HAUVETTE 1933 (per il Cliges si vedano le p. 100-08). Presenze romanzesche nella Vita Nuova 13 curiosi di conoscere la causa di tanto dolore e di tanta disperazione. l tre stranieri del Cliges chiedono infatti informazioni ai cittadini di Costantinopoli, ehe cos'i rispondono 18: «Dex, seignor, don nel savez vos? De ce devroit ansanble o nos Desver toz ii mondes a tire, S'il savoit lo grant duel et l'ire, Et le domage, et la grant perte Qu'an cest jor nos est aoverte. Dex, dom estes vos donc venu, Que ne savez qu'est avenu Or endroit an ceste cite? Nos vos dirons Ja verite, Car aconpaignier vos volons Au duel, de coi nos nos dolons. (v. 5753-64) Gli stranieri del Cliges vengono dunque informati dai cittadini di Costantinopoli della terribile perdita ehe essi hanno dovuto subire, la morte della loro regina, cos1 come i «peregrini» della Vita Nuova vengono informati dal poeta della morte di Beatrice. Sia il discorso dei cittadini, sia le parole pronunciate dal poeta, vogliono trasmettere il grande dolore causato dall'assenza irreparabile di quella ehe era la regina (vera o metaforica) del luogo, Fenice e Beatrice; e dovrebbero suscitare il pianto anche negli occasionali visitatori, rispettivamente nei tre stranieri e nei «peregrini». Ma ne i tre stranieri ne i «peregrini» sembrano essere toccati dal cordoglio generale ehe ha preso la citta. Le ragioni di un simile distacco sono peraltro profondamente diverse. Gli stranieri del Cliges non sono mossi dal dolore per il fatto ehe essi sono in realta dei medici provenienti da Salerno, e hanno capito subito ehe Fenice finge di essere morta; solo ehe questa loro convinzione scientifica non riescono a provarla e a farla accettare dai cittadini, finendo col pagare di persona la loro incredulita. I «peregrini» della Vita Nuova, invece, non sembrano partecipare al dolore della citta e del poeta perche presi dal desiderio di portare a compimento la loro quete spirituale, perche ansiosi di giungere a Roma dove potranno veder impressa nel velo della Veronica l'immagine di Cristo. Mentre il tentativo dei tre medici del Cliges di smascherare la falsa morte di Fenice fallisce (essi vengono addirittura defenestrati dalle dame di corte), il tentativo dei «peregrini» della Vita Nuova di indicare la via per superare l'impasse della vera morte di Beatrice e coronato da successo. D'altro canto, se Fenice, esaurito l'effetto del filtro ehe la faceva apparire morta, puo concludere la sua quete amorosa con Cliges in un meraviglioso locus amoenus, il poeta della Vita Nuova conclude la sua quete, non piu erotica ma conoscitiva e spirituale, nell'autentico Paradiso cristiano. Muta cos'i, passando dal romanzo cortese di Chretien al romanzo cristiano di Dante, dal Cliges alla Vita Nuova, il senso della morte: una morte ehe ha perduto la 1s Si cita secondo l'edizione MrcHA 1970: 175. 14 Michelangelo Picone carica distruttiva del modello tristaniano, per acquistare una valenza tutta positiva. Se da una parte la morte apparente di Fenice conduce gli amanti del Cliges alla piena identificazione del loro amore terreno, del loro eros, dall'altra parte la morte vera di Beatrice avvia gli amanti della Vita Nuova alla piena identificazione della natura divina del loro amore umano, alla trasformazione dell'eros in caritas. Zürich Michelangelo Picone Bibliografia BABBI, A. M. (ed.) 1994: [JAKEMES], Il romanzo del Castellano di Coucy e delta dama di Fayel, Parma BALDELLI,I. 1976: «Sul rapporto fra prosa e poesia nella Vita Nuova», Rassegna della letteratura italiana 80: 325-37 BARBI,t,1./ !vlAccrNr,F. 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Die Frage, mit der ich mich heute befassen werde, betrifft die Definition des Status und der gegenwärtigen Ziele der Dialektologie, insbesondere der italienischen Dialektologie. In welchem Verhältnis steht sie zur allgemeinen Sprachwissenschaft und was kann sie zur allgemeinen Sprachwissenschaft beitragen? Dieses Verhältnis erscheint zunächst eindeutig, wenn wir uns an eine ganz traditionelle Definition halten, so wie wir sie etwa in einem Wörterbuch finden würden: Dialektologie ist ein Unterbegriff. Sie ist laut Duden eine «sprachwissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Erforschung der Mundarten befaßt», also eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft: eine Sprachwissenschaft, die sich mit Dialekten befaßt. Ihre Definition (und somit die Bestimmung ihrer Methoden und Ziele) hängt folglich zum Teil von der Definition ihres Objekts ab. Was ein Dialekt ist, weiß jeder, zumal es sich um einen Begriff des Allgemeinwissens handelt. Und dennoch ist es eine komplizierte Frage, wie der Dialekt sprachwissenschaftlich genau zu definieren sei und ob es solch eine Definition überhaupt gebe. Stark vereinfacht können wir sagen, daß Dialekt eine sprachliche Varietät ist, welche sich durch die sozialen Bedingungen auszeichnet, in denen sie gebraucht wird. Ein Dialekt hat einen beschränkten funktionellen Bereich innerhalb des sprachlichen Repertoires, d. h. innerhalb der Gesamtheit der sprachlichen Mittel, die einer Sprachgemeinschaft zur Verfügung stehen. Der Dialekt ist vom formellen Gebrauch ausgeschlossen und wird nur in lokalen Interaktionen verwendet. Als Varietäten des formellen Gebrauchs und für die Fernintegration in ausgebreiteten Sprachgemeinschaften werden im Gegensatz dazu Standardsprachen verwendet: sie werden in der Linguistik, die lokalen, vom formellen Gebrauch ausgeschlossenen Minoritätssprachen dagegen in der Dialektologie betrachtet 1 • Auch in der Forschungsgeschichte besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen den beiden Disziplinen: der Vater der italienischen Linguistik, G. I. Ascoli, gilt gleichzeitig als Begründer der italienischen Dialektologie. * Der vorliegende Text wurde als Antrittsvorlesung an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich am 18. Dezember 1995 vorgetragen. Die diskursive Form der mündlichen Ausführung wird hier beibehalten. Es war mein Vorhaben, die geläufigen entgegengesetzten Anschauungen zusammenzufassen, um eine methodische Synthese darzustellen und Forschungsperspektiven aufzuzeichnen. Ein detaillierter Bericht über die gegenwärtige Debatte um das Thema war nicht beabsichtigt (cf. trotzdem einige Hinweise auf die reiche diesbezügliche Literatur, infra, N2). 1 Es handelt sich dabei um eine stark vereinfachte Unterscheidung, die jedoch zumindest auf westliche Gesellschaften annähernd bezogen werden kann. Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft 17 Gewiß, das unterscheidende Kriterium zwischen Sprache und Dialekt ist im wesentlichen außersprachlich. In diesem Sinne ist es ganz offensichtlich, daß eine Linguistik der Dialekte definiert man so die Dialektologie eine sich der außersprachlichen Lage besonders bewußte Sprachwissenschaft sein muß, sofern sie sich gewinnbringend mit einem Objekt auseinandersetzen will, das unter besonderen Beobachtungsbedingungen gegeben ist. 2. Die Dialektologie, wie wir sie soeben definiert haben, wird aber gegenwärtig von vielen in Italien als eine sich in einer Krise befindende Disziplin angesehen, und zwar aus mehreren und gegenteiligen Gründen 2• Den ersten Grund, der unterschiedlich orientierten Kritikern gemeinsam ist, könnten wir wie folgt zusammenfassen. Über die Dialekte meint man wissen wir schon viel. Seit Ende des vorigen Jahrhunderts wurde schon eine imposante Anzahl beschreibender Arbeiten verfaßt. Mittlerweile liegen Mundartgrammatiken und Wörterbücher sowie Sprachatlanten vor. Gerade in Zürich wurde z.B. von 1910 bis 1940 unter der Leitung von Jakob Jud der von uns italienischen Linguisten als echtes Denkmal verehrte Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz entworfen und realisiert. Kurz, die Gegebenheiten sind schon verfügbar: jetzt geht es ums Theoretisieren. Für die theoretische Vertiefung werden nun zwei grundsätzlich verschiedene Richtlinien vorgeschlagen (wie es in [la] gegenüber [lb] schematisiert ist): (1) «... die Gegebenheiten stehen schon zur Verfügung». Jetzige Ziele: a. «interne» Theoretisierung b. «externe» Theoretisierung Wer linguistische Studien in einem formell orientierten Paradigma betreibt (wie etwa dem der generativen Linguistik), konzentriert sich auf sehr spezifische theoretische Fragen und geht erst nachher auf die Suche nach dieser oder jener mundartlichen Gegebenheit, welche die theoretische Ausgangshypothese bestätigen kann. Als Beispiel für dieses Verfahren kann man viele Titel von kürzlich erschienenen Aufsätzen aufzählen, wie etwa Subject Clitics in the Northern Italian Vernaculars and the Matching Hypothesis (SuNER 1992). Was hier der Verfasserin tatsächlich wichtig ist, ist die Matching-Hypothese, das 2 «Krisis» ist so gut wie ein Stichwort in der aktuellen Debatte um das Thema. Cf. unter anderen VARVARO 1987a: 9 («gran parte della dialettologia italiana [forse dovrei dire della dialettologia romanza] soffre una crisi profonda»); ALINEI 1991: 207 («dialectology at the moment finds itself in an identity crisis»). Eine stets wachsende Literatur ist heute in Italien zur Bestimmung des Status und der heutigen Ziele der Dialektologie von verschiedenen methodischen Perspektiven her gewidmet. Es sei hier ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit etwa auf die Besprechungen in PELLEGRINI 1982, VARVARO 1987b sowie auf die in der Rivista ltaliana di Dialettologia 11 (1987), in Quaderni di Semantica 12 (1991: 207-333; «Whither Dialectology? ») und in RuFFINO 1992 gesammelten Aufsätze hingewiesen. 18 Michele Loporcaro ist etwas, das denen, die nicht in demselben theoretischen Rahmen engagiert sind, fast nichts sagt. Infolgedessen sind die Resultate einer solchen Theoretisierung meistens nur in einer innertheoretischen Perspektive von Bedeutung. Üblicherweise dient diese theoretische Tätigkeit nicht der Orientierung neuer Feldforschungen, und so bleibt eine Erweiterung der objektiven Kenntnisse über Mundartdaten meistens aus: obwohl es natürlich auch Ausnahmen gibt, werden vielmehr die Gegebenheiten benützt, die in der bestehenden Literatur schon zu finden sind. Die andere theoretische Richtung, auf die in (lb) hingewiesen wird, schlägt eine methodische Erneuerung der Dialektologie durch eine wesentliche Umbestimmung des Forschungsobjekts vor: nicht mehr der Dialekt bzw. ein Dialekt, sondern die äußeren, sozialen Bedingungen des Sprachgebrauchs sollen als Objekt gelten. Betrachtet man die tatsächlichen Bedingungen des Sprachgebrauchs, fällt sofort dessen unendliche inter- und intraindividuelle Variabilität auf 3 . Innerhalb dieser Variabilität ist es schwierig, einen Dialekt oder eine Sprache zu isolieren. Es sei sogar zweifelhaft, so wird argumentiert, ob die in der Linguistik gebräuchliche Isolierung solcher Entitäten wie Sprache und Dialekt überhaupt gerechtfertigt und gewinnbringend sei. Dies alles ist in den heutigen städtischen Sprachgemeinschaften besonders auffällig. Und in der Betrachtung solcher Gemeinschaften hat die eben umschriebene Forschungsrichtung Form angenommen, die als urbane Dialektologie oder Soziolinguistik bezeichnet wird. Darüber hinaus wird die Soziolinguistik in einigen extremen Auffassungen nicht nur als eine zeitgemäße Version der Dialektologie, sondern auch als die Linguistik schlechthin dargestellt. Das Forschungsobjekt der drei Disziplinen ist das gleiche, nämlich der Sprachgebrauch als ein Aspekt sozialen Verhaltens. Gemäß dem amerikanischen Soziolinguisten Dell Hymes, der als einer der bedeutendsten Vertreter dieser Auffassung gilt, soll der Aufbau von «a theory of speech as a system of cultural behaviour» als Ziel der Linguistik aufgefaßt werden 4 • Das Studium der sprachlichen Strukturen an sich wird hingegen als unbefriedigend bezeichnet. Das Forschungsverfahren muß ein anderes sein: One starts with a social group and considers the entire organization of linguistic means within it, rather than start with some one partial organization of linguistic means, called a «language». (HYMES 1974: 47) 5 3 Die Bestimmung der Dialektologie als Teildisziplin der Sprachwissenschaft wird heutzutage in sprachwissenschaftlichen Referenzhandbüchern und Lexika mehr oder weniger ausdrücklich angefochten. Neulich ist eine solche kritische Stellung durch TELMON 1994: 221 vertreten worden, gemäß dem die Dialektologie als Studium der linguistischen Variabilität primär zu definieren ist. 4 Bedeutenderweise heißt das Kapitel, woraus das im Text angeführte Zitat stammt, «Why Linguistics needs the Sociologist». s Selbstverständlich kann die vorliegende Zusammenfassung der Verschiedenheit der theoretischen Ansätze keineswegs Rechnung tragen, die unter den Wissenschaftlern, die sich selbst als Soziolinguisten bezeichnen, wie auch sonst überall besteht. Dem Begründer der urbanen Dialek- Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft 19 3. Die beiden Wege, die für die theoretische Erneuerung der Dialektologie vorgeschlagen werden, gehen von entgegengesetzten theoretischen Voraussetzungen aus. Es geht nämlich um die Alternative zwischen zwei philosophischen Grundeinstellungen. Gemäß der ersten Einstellung, die man als vom Realismus im philosophischen Sinne geprägt definieren kann, existiert die Sprache, d. h. sie ist eine «gute» Abstraktion; sie hilft dem Verständnis sprachlicher Erscheinungen; sie kann durch das Sprachverhalten der Sprecher untersucht werden. Nach der zweiten, vom Pragmatismus oder kulturellen Relativismus geprägten theoretischen Einstellung hingegen, existiert so etwas wie die «Sprache» nicht, d. h. es handelt sich um eine «schlechte» Abstraktion; sie hilft nicht, sondern hindert das Verständnis sprachlicher Erscheinungen; die einzige Realität, die man erforschen kann bzw. muß, sind die Sprecher und ihr konkretes Sprachverhalten. 4. Um heute ein befriedigendes Forschungsprogramm im Bereich der italienischen Dialektologie zu entwerfen, erscheint es höchst wünschenswert, die positiven Aspekte der beiden Einstellungen miteinander zu versöhnen; was heißt, die Beachtung der linguistischen Struktur einerseits und des sozialen Kontextes andererseits beizubehalten, aber ohne die Nachteile und die Übertreibungen der beiden Grundeinstellungen zu übernehmen. Man sollte nämlich einerseits vermeiden, daß die Beachtung der Sprache an sich zur Bearbeitung von reinen kartesischen Ideen wird, bloß metaphysisch gewährleistet und ohne direkten Bezug auf die Empirie; und man sollte andererseits auch vermeiden, daß die Beachtung des sozialen Kontextes letztendlich zur Auflösung des Objekts Sprache führt und somit der Linguistik ihr eigenes Forschungsobjekt entzieht 6• Kurz, es wäre eine Versöhnung zu wünschen, die eine neue und theoretisch bewußte Beachtung des Empirischen ergäbe. Dieses Vorhaben besitzt sowohl theoretische wie auch empirische Voraussetzungen. Auf theoretischer Ebene wird vorausgesetzt, daß der Wert einer Theorie nach Maßgabe der Daten gemessen werden kann, deren Entdeckung und Analyse sie ermöglicht. Eine weitere Voraussetzung ist anderererseits rein operativ: es wird angenommen, daß es sich heute noch lohnt, empirische Forschung im Bereich der italienischen Dialekte durchzuführen, daß sie immer noch etwas anzubieten haben. tologie, William Labov, wird von HYMES 1974: 196 vorgeworfen, er habe nicht eine echte Soziolinguistik («socially constituted linguistics»), vielmehr bloß eine «socially realistic linguistics» ausgearbeitet. Labovs Vorhaben, die klassische linguistische Frage des Sprachwandels «with data from the speech community» wiederaufzunehmen, erscheint Hymes als ein zu beschränktes und durchaus unbefriedigendes. 6 Dadurch wird überhaupt nicht gemeint, die Verdienste und die Wirksamkeit der beiden verglichenen Einstellungen und Forschungsverfahren an sich in Abrede zu stellen. In diesem Zusammenhang geht es vielmehr nur darum, eine Definition der (italienischen) Dialektologie und der Vorteile (und Nachteile), die für diese aus der Interaktion mit anderen Disziplinen entstehen können, vorzuschlagen. 20 Michele Loporcaro Im zweiten Teil meiner Ausführung werde ich zu zeigen versuchen, daß diese empirische Voraussetzung tatsächlich zutrifft. Um das zu beweisen, werde ich im folgenden eine Auswahl von Gegebenheiten aus dem Bereich der italienischen Dialekte diskutieren. Sie haben gemeinsam, daß sie einerseits typologisch bemerkenswert sind und andererseits erst vor kurzem beschrieben wurden. Es sind zwar an sich Gegebenheiten, sie waren aber bis vor kurzem noch nicht gegeben, d.h. sie standen nicht den Linguisten zur Verfügung, die sich mit der vergleichenden Grammatik der romanischen Sprachen beschäftigen oder die allgemeine sprachtypologische Studien durchführen. Auf diesem ideellen Spaziergang durch «das Land, wo die Zitronen blühen», können Sie mir mit Hilfe der Karte im Anhang folgen, wo die Lokalisierung der Mundarten angegeben wird, denen die unter den betreffenden Nummern bzw. Paragraphen angeführten Beispiele entnommen sind. 5. Ich werde mich hier auf die verbale Morphologie und Syntax beschränken. Zunächst werde ich auf die Opposition der finiten und infiniten Formen des Verbums eingehen. Das Verbalsystem der indogermanischen Sprachen wie das von vielen anderen Sprachen und Sprachgruppen basiert auf einer solchen ganz deutlichen Opposition, die durch eine Reihe von Merkmalen charakterisiert werden kann. Von diesen Merkmalen betrachten wir nun die in (2) hervorgehobenen: (2) a. die Verbalflexion der finiten Formen weist keine Genuskongruenz mit dem Subjekt auf; b. die Verbalflexion der infiniten Formen weist keine Personkongruenz mit dem Subjekt auf. Es gibt natürlich auch Sprachen bzw. Sprachfamilien, in denen die Merkmale in der Verbalflexion eine andere Verteilung haben. So gehört z.B. in den semitischen Sprachen der Ausdruck des Genus bereits zur Morphologie der finiten Verbformen, wie Sie in dem unter (3) angeführten Paradigma des hebräischen Präteritums von 'schreiben' beobachten können; in der zweiten Person z.B. wird die Form katavta 'du schriebst' nur dann verwendet, wenn ein Mann angesprochen wird. (3) Person 1. katdv-ti m.=f. 'schrieb' 2. katdv-ta m. * katdv-t f. 'schriebst' 3. katdv m. * kat: JV-d f. 'schrieb' 4. katdv-nu m.=f. 'schrieben' 5. kgtav-tem m. * kgtav-ten f. 'schriebt' 6. katgv-u m.=f. 'schrieben' Was diesen Bereich der Morphologie betrifft, weisen die Handbücher der romanischen Sprachwissenschaft auf keinerlei Ausnahmen hin. Und dies obwohl doch gerade die italienischen Mundarten einige Besonderheiten vorzuweisen hätten. Es gibt in der Tat etliche Dialekte, die in dem Verbum finitum das Genus morpholo- Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft 21 gisch unterscheiden. In (4) ist das Paradigma des Verbums 'essen' in der Mundart von Ripatransone (südliche Marche) dargestellt: (4) Ripatransone (Provinz Ascoli Piceno; PARRINO 1967) 'essen' (Indikativ Präsens) Person 1. Maskulinum [i 'map: u] Femininum [i 'map: e] 2. 3. 4. 5. 6. [tu 'map: u] ['is: u 'ma_p: u] [nui ma'p: e: mi] [vui ma'p: e: ti] ['if: i 'map: u] [tu 'map: e] ['es: e 'map: e] [nui ma'p: e: ma] [vui ma'p: e: ta] ['es: a 'map: a] Zu bemerken ist folgendes: erstens überwiegen die Genusunterschiede im Verhältnis zu denen der Person in der Konjugation des Verbs. Im Singular bleibt sogar das Genus die einzige gekennzeichnete Kategorie. Zweitens ist die Angabe des Genus in der Verbalflexion viel ausgeprägter als in der der Pronomen, wo genau wie im Italienischen unterschieden wird zwischen zwei Genusformen in der dritten Person, nicht jedoch in der ersten und zweiten. Diese beiden Eigenschaften stellen ein typologisch markiertes Merkmal dar. Außerdem sehen Sie in (4), daß zwei Reihen von Endungen unterschieden werden. Im Dialekt von Ripatransone werden sogar drei Genera in der Verbalmorphologie gekennzeichnet. Wie es in (5) ersichtlich ist, wird auch ein Neutrum in der 3. Person Singular unterschieden: (5) a. Maskulinum ['issu 've: ou] 'er sieht-M.' b. Femininum * ['esse 've: oe) 'sie sieht-F.' c. Neutrum =fa [s;, 've: o;, k;, ... ] 'man sieht-N., daß .. .' Kürzlich wurde auf weitere Fälle solcher Ausnahmen hingewiesen (d. h. Genusmerkmale in den finiten Verbformen). So unterscheidet man in den Dialekten von Trient und umliegenden Dörfern (cf. ZöRNER 1989: 257) zwischen [l 'E 'na] 'er ist-M. gegangen', [l 'E 'bE: l] 'er ist-M. schön' und [l 'ci 'na: da] 'sie ist-F. gegangen-F.', [l 'c:i 'bda] 'sie ist-F. schön-F.', wo zwei sich nach Genus unterscheidende Formen vom Hilfsverb 'sein' vorkommen. Eine ähnliche Erscheinung ist in emilianischen Dialekten des Apennins, der Provinzen Modena und Bologna zu beobachten. Hier wird die dritte Person des Verbums 'haben' nach dem Genus des Subjekts unterschieden (sowohl als Hilfsverb wie auch als Verbum des Besitzes, wie in (6) gezeigt)7: 7 Die angeführten Beispiele werden meistens durch eine Datumangabe begleitet, die dem Entdeckungsjahr des betreffenden linguistischen Phänomens entspricht. Ferneres dazu unter Nl5, infi·a. 22 Michele Loporcaro (6) Emilia: Apenninische Mundarten in den Provinzen Bologna und Modena [kl ':im l 'a/ *l 'E, 'tre: 'fjo: li) =I (kla 'd:i: na 1 'E! / *I 'a 'tre: 'fjo: li) 'jener Mann hat-M. drei Töchter' 'jene Frau hat-F. drei Töchter' [jus'fü l 'a/ *l 'E: �i'ga) =I (la 'la�ra 1 'E: / *l 'a �i'ga) 'Joseph hat-M. geweint' 'Laura hat-F. geweint' (1991) Diese Besonderheiten einiger italienischen Mundarten stellen das Resultat der historischen Entwicklung des lateinischen Verbalsystems dar, welche einen unvorhersehbaren Weg eingeschlagen hat. Für die regelmäßige Genusmarkierung in Ripatransone ist derselbe Zusammenfall von Auslautvokalen verantwortlich, der in der umliegenden Mundartzone stattgefunden hat. Der Wandel wird in (7) schematisiert: (7) 1. Phase Ripatransone *['vefo) 'sehen' 1. = 2. = 3. Person wie in den nach Süden angrenzenden Mundarten 2. Phase ['veo;i] N. > ['veou] M. ['veoe) F. Nachdem in einer ersten, vergangenen Phase alle lateinischen Verbalendungen zu einem zentralen mittleren Vokal [g] reduziert wurden, wie es in den südlich angrenzenden Dialekten der Fall ist, wurde eine Morphemdifferenzierung durch die Wiederherstellung der vokalischen Endungen neu geschaffen (cf. PARRINO 1967: 160; HARDER 1988: 315ss.). Für die ähnlichen trientinischen und emilianischen Fälle nimmt die wahrscheinlichste Erklärung an, daß zuerst zwei rein lautlich differenzierte, doch funktionell gleichwertige Formen vorgelegen haben mußten. Im Falle des Trientinischen stellt die (heutige) Form des Femininum [i::i] eine lautgesetzlich regelmäßige Zwischenstufe zwischen lat. EST und der phonetisch weiter reduzierten Form [i::] dar, die heute als Maskulinum verwendet wird. Auch im Apennin-Emilianischen sind die zwei vorhandenen Allomorphe als ursprünglich phonetische Varianten (synkopierte bzw. nichtsynkopierte) zu erklären. Diese Formen sind demnach ein gutes Beispiel dafür, wie ein Wandel in der Morphologie auch in unerwartete Richtungen, wie etwa die (für Lateinisch-Romanisches unerwartete) Schaffung einer Genusmarkierung im Verbum finitum, durch rein phonetische Ursachen entstehen kann. Jedenfalls verdienen sie, in den betreffenden Kapiteln über das Verbalsystem einer vergleichenden Grammatik der romanischen Sprachen erwähnt zu werden. Das ist allerdings bisher unterblieben. Auch wenn es sich um seit geraumer Zeit bekannte Tatsachen handelt, bleiben sie in den Zeitschriften für Dialektologie beerdigt. Außerdem sind viele dieser Daten erst kürzlich erhoben worden. Man könnte sich jetzt fragen, warum. Handelt es sich etwa um Dialekte, die vorher wenig untersucht worden sind? Nein. Was z.B. die emilianischen Varietäten in (6) betrifft, wurden zwei von den entsprechenden Ortschaften als Aufnah- Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft 23 meorte des Sprach- und Sachatlasses Italiens und der Südschweiz gewählt 8 • Doch anhand der Atlaskarten wird man sich des Phänomens nicht bewußt. In allen Sätzen, in denen eine Form der 3. Singular von 'haben' vorkommt, haben die Gewährsleute, welche Scheuermeier 1928 befragt hat, immer geantwortet, als ob sie ein männliches Subjekt vor Augen hätten 9 . Das erstaunt kaum, wenn wir den kulturellen Hintergrund der traditionellen ländlichen Gesellschaft berücksichtigen. Es gab außerdem keinen Grund zu erwarten, daß das Genus des Subjekts die Morphologie des finiten Verbums einer romanischen Varietät beeinflussen könnte. Nur eine detaillierte beschreibende Tätigkeit, jedoch kaum die mit einem Standardfragebogen für einen Atlanten durchgeführten Erhebungen, kann Besonderheiten wie die eben genannten zu Tage fördern. 6. Während die finiten Verbformen üblicherweise Genusinformationen keinen morphologischen Ausdruck verleihen, zeichnen sich die infiniten Formen durch die Nichtmarkierung der Person aus. Eine wohlbekannte Ausnahme bildet hier der portugiesische infinitivo pessoal. Wie unter Nummer (8) gezeigt wird, kann der Infinitiv mit persönlichen Endungen flektiert werden: (8) a filha pediu 'die Tochter bat ao pai para dem Vater für ir-em ao cinema gehen-3.Pl. ins Kino' Unter den italienischen Mundarten besaß das Altneapolitanische ein derartiges Paradigma mit persönlicher Flexion des Infinitivs und des Gerundiums 10 , wie die Texte des 14. bis 16. Jahrhunderts (9) bezeugen: (9) Altneapolitanisch: Beispiele aus dem cod. ital. 617, BN Paris (14.Jh.) a. se nde tornaro a li lloro paviglyuni per se reposareno (c. 78r 0 3) 'sie kehrten zu ihren Pavillonen zurück, um auszuruhen+3.Pl.' b. li Grieci [. . .] adasta(n)donosse a la mia destructione (c. 10lv 0 20s) 'die Griechen, zu meiner Vernichtung eilend+3.PI.' Die Historiker der italienischen Sprache, z.B. Polena und Rohlfs, betrachten diese Infinitive und Gerundia als künstliche Formen, als von den Literaten des aragonesischen Neapels, sozusagen «vom grünen Tisch aus» geschaffen und nicht den s Es handelt sich um die AIS-Punkte 454 (Prignano sulla Secchia, Provinz Modena) und 455 (Savigno, Provinz Bologna). 9 Cf. z.B. AIS IV K. 834me li ha venduti, Prignano (Pt. 454) <, mi a vandii '(er) hat(-M.) sie mir verkauft' und ferner die Karten AIS 1/ 123; 2/ 385, 397; 5/ 1032s.; 6/ 1111; 8/ 1606, 1618, 1673, 1703. 10 Auch in etlichen portugiesischen Mundarten kann das Gerundium wie der Infinitiv durch persönliche Endungen bestimmt werden: cf. em tu comendos, em tu estandos (westliches Algarve, Barlavento; NuNES 1902: 51). 24 Michele Loporcaro realen sprachlichen Bedingungen des Dialekts dieser Epoche entsprechend 11. Man kann jedoch das Gegenteil beweisen, da 1986 einige Überbleibsel von persönlicher Flexion des Infinitivs in den heutigen Dialekten Apuliens entdeckt worden sind. Die alten Texte dieser Gegenden belegen eine ähnliche Situation, wie wir sie in (9) für das Altneapolitanische gesehen haben. Das wird in (10) anhand eines Beispiels aus einem Dialekt Apuliens gezeigt 12 : (10) Reste des flektierten Infinitivs in Apulien (1986) Bitonto (Provinz Bari) ['kug 'wo! 'eslgng ac'cots] 'sie müssen getötet werden' (wörtlich: 'sein+3.Pl.') 7. Es kommt in den romanischen Sprachen also vor, wenn auch in recht seltenen Fällen, daß infinite Verbformen persönliche Endungen annehmen und sie an die infinite Endung anschließen, wie es in (11a) zu sehen ist: 11 Cf. FoLENA 1952: 84s. und RoHLFS 1966-69: §709, die die Erklärung dieser Formen übernehmen, welche ursprünglich von SAVJ-LOPEZ 1900 vorgeschlagen wurde. 12 Im Rahmen einer Besprechung von LoPORCARO 1988: 260, wo die in (10) aufgeführten apulischen Überbleibsel des flektierten Infinitivs mit Bezug auf die Mundart Altamuras kurz erwähnt werden, äußert sich BLAsco FERRER 1991: 200 auf folgende Weise: «L[oporcaro]crede di scorgere unaflessione dell'infinito [ ...]in ess. de! tipo: potes: ;in ac: iis 'possano essere uccisi'con desinenza di 6 p. affissa ad essere. In realta lo stesso L. ricorda poco prima ehe gli infiniti in altam. hanno perso tutti la desinenza infinitivale. Ecco la spiegazione di questo fenomeno: divenuti gli infiniti opachi, perche privi di desinenza formale (ess-), essi hanno potuto assumere una marcatezza aggiuntiva, specie quando si trovano accoppiati ai modali. [...]Siamo, credo, ben lontani dai fatti portoghesi e sardi, dove gli infiniti sono stati mantenuti cospicui nella loro forma.» Die hier vorgeschlagene alternative Erklärung ist nicht ganz durchsichtig. Es besteht gar kein Zusammenhang zwischen dem Wegfall der Infinitivendung -re und der Hinzufügung einer persönlichen Endung an den Infinitiv. In den süditalienischen Varietäten, die die Infinitivendung -re bewahren, wie etwa dem Altneapolitanischen, ist die Personenendung an die des Infinitivs angeschlossen, so daß ein esser(e)no entsteht. Wird aber dem Infinitiv eine persönliche Endung in den Varietäten angeschlossen, in denen -re weggefallen ist, wie es in den heutigen Mundarten Apuliens, Lukaniens, Kampaniens, Nordkalabriens etc. der Fall ist (essere > essc1), dann muß sich ein ess;;i+nc1 (Thema + persönliche Endung) ergeben, was tatsächlich im Altamurano, Bitontino etc. passiert. Belehrend sind die Beispiele aus altapulischen Texten: z.B. «siano franchi coloro ehe di raggione si permettera esserno franchi» (Statuti municipali della citta di Altamura, Jahr 1527; cf. DE GEMMIS 1956: 14; weitere Beispiele von flektierten Infinitiven in südital. Texten des 15. bis 17.Jh.s sind in LoPORCARO 1986: §6 gesammelt). Der chronologische und strukturelle Zusammenhang zwischen den in denselben Varietäten bezeugten esser+no 'sein+ 3.Pl.'(16.Jh.s) und ess;;i+n;;i 'id.'(20.Jh.s) ist nicht zu übersehen. Freilich stellt das heutige apulische ess;;i+nc1nun mehr den fossilisierten Rest eines in der Vergangenheit regelmäßigeren Paradigmas dar (cf. LOPORCARO 1986: §8). Daß ein solches Paradigma in Süditalien einmal regelmäßig war, wie es im Sardischen oder Portugiesischen noch heute ist, beweist das Altneapolitanische, wie schon von SAVJ-LOPEZ (1900) gezeigt. Daß ferner dieses Paradigma einen Reduktionsprozeß durchgemacht hat, beweist das heutige Neapolitanische, wo keine Spur davon mehr zu finden ist. Die Mundarten Apuliens haben hingegen einige auffällige Spuren der persönlichen Flexion des Infinitivs bewahrt. Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft (11) a. infinite Verbform + persönliche Endung Port. cant-a-r-em AltneapoL repos-a-re-no, Thema+ them. Vokal+ infin. Endung+ persönl. Endung b. finite Verbform + infinite Endung ? 25 Diese Formen des persönlichen Infinitivs und Gerundiums lassen sich aus funktionellen Gründen leicht rechtfertigen. Dadurch, daß eine infinite Form durch eine persönliche Endung ergänzt wird, wird der Bezug zum Subjekt, der auf syntaktischer Ebene sowieso besteht, morphologisch hervorgehoben. Theoretisch ist jedoch ein gegensätzlicher Kompromiß zwischen finiten und infiniten Formen auch denkbar. Rein hypothetisch könnten finite Formen Endungen der infiniten annehmen und sie an die persönlichen Endungen anhängen. Diese Möglichkeit ist in (llb) schematisch dargestellt. Das Fragezeichen bedeutet, daß Kompromisse dieser Art in den vergleichenden romanischen Grammatiken nicht verzeichnet sind. Und in der Tat, welche Funktion könnten auf diese Weise gebildete Formen haben? Die einzige syntaktische Funktion, welche z.B. das Morphem -re des italienischen Infinitivs canta+re erfüllt, ist die, anzugeben, daß diese Form an und für sich keinen Hauptsatz bilden kann, im Gegensatz zu den finiten Formen wie canta, cantavano usw. Wenn jedoch die Endung -re nur die Subordination angeben muß, besitzen die finiten Verbformen schon eigene Mittel für diese Funktion: analytische Mittel, wie Konjunktionen, und synthetische Mittel, wie die Alternierung von Modus (z.B. zwischen Indikativ und Konjunktiv). Die italienischen Dialekte bezeugen jedoch auch dieses morphologische Schema. In einigen Dialekten der Provinz von Reggio Calabria kommen Pluralformen des Imperativs vor, wie jene in (12): (12) Mosorrofa (Provinz Reggio Calabria; CRucrTTI 1988: 7) non parramuri forti parramuri 'sprechen wir nicht laut' 'sprech(en)' 1. Pl. Inf. non facitiri buci facitiri 'schreit nicht' 'tu(n)' 2.Pl. Inf. Die Erklärung dieser abweichenden Bildungen, abweichend, weil die Endung des Infinitivs an die der Person angehängt wird, ist im Schema (13) dargestellt. Die Infinitivendung wurde analog zur zweiten Singular auf die erste und zweite Person Plural übertragen. Ursprünglich war diese Infinitivendung nur in der zweiten Person Singular vorhanden, wie es auch im Italienischen der Fall ist, wo man anstelle des verneinten Imperativs die Form des Infinitivs verwendet (non parlare 'sprich nicht! '). Damit wurde das Paradigma durch analogische Ausgleichung symmetrisch, es entstand aber ein syntagmatisches Ungeheuer, weil die Endung 26 Michele Loporcaro (13) Diachrone Erklärung der unter (12) angeführten Besonderheit bejahende Form 2. parra 3. mi parra 4. parramu 5. parrati 6. mi parranu verneinende Form non parrar i non mi parra d non parramu(ri) non parrati(ri) non mi parranu eines infiniten Modus rechts von der persönlichen Endung angeschlossen wird. Auch dieser Fall müßte in einer romanischen vergleichenden Grammatik erwähnt werden. Dem ist nicht so, weil die erste linguistische Analyse der in (12)-(13) aufgeführten Fälle erst 1995 erschienen ist. 8. Betrachten wir nun einen anderen Paragraphen der romanischen Grammatiken, diesmal einen Paragraphen über die Syntax, und zwar das Passiv. Den Grammatiken können folgende drei wesentliche Punkte entnommen werden, die Sie unter (14) sehen: (14) a. die romanischen Sprachen wie das Latein erlauben die Passivierung des direkten Objekts, nicht jedoch die anderer Satzteile (z.B. des indirekten Objekts, wie etwa im Englischen John was given a book); b. die romanischen Sprachen bilden das Passiv mit dem Hilfsverb 'sein' oder 'gehen', oder auch anderen, aber auf keinen Fall mit 'haben' (im Gegenteil zu Engl. John got fired, wo ein Verbum des Besitzes als Passivhilfsverb verwendet wird); c. das Passiv ist eine «intellektualistische» Form, weit entfernt vom «volkstümlichen» Sprachgefühl und deswegen den Mundarten im wesentlichen fremd. Alle drei Annahmen werden jedoch von den italienischen Dialekten widerlegt. Das können Sie den Beispielen in (15) entnehmen, Beispiele aus einem apulischen Dialekt, welche die Verhältnisse für die Dialekte Apuliens und Lukaniens wiedergeben: (15) Passiv des direkten bzw. indirekten Objekts mit Hilfsverb haben (1988) a. [r krgstr'jein a'vaina ma'ngetg de: lr'u11n] a'vaing < HABEBANT 'die Christen wurden von den Löwen gefressen' b. [pg'ppmg 'jtva t;ilgfu'neit 'jev;i < HABET wörtlich: 'Joseph wird telefoniert' = 'man ruft ihn an' c. [r fatrja'turg 'javana 'det;i nu'skwaff] 'jav;ing < HABENT wörtlich: 'die Arbeiter werden eine Ohrfeige gegeben' Die Entstehung dieser zwei Unregelmäßigkeiten (= das Passiv des indirekten Objekts und das Passiv mit dem Hilfsverb 'haben') hängt in diesen Dialekten zusammen, und sie erklärt sich als Verallgemeinerung, die vom verbreiteteren Typ (15c) ausgeht, wie in Loporcaro 1988: 296s. vorgeschlagen. Ohne auf weitere Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft 27 Details einzugehen, genügt es hier gezeigt zu haben, daß das Studium der italienischen Dialekte, auch was die morphologische Bildung und die Syntax des Passivs anbelangt, eine Vervollständigung der romanischen Grammatiken ermöglicht. 9. Um diese Übersicht zu Ende zu bringen, gehen wir über zu einem anderen zentralen Paragraphen der romanischen Syntax: dem der Kongruenz des Partizip Perfekts in den zusammengesetzten Zeiten. Es ist eine vieldiskutierte Frage, die ihre Berühmtheit vor allem dem Französischen verdankt, wo sogar gesetzliche Maßnahmen vorgenommen worden sind, um das grammatikalische Phänomen zu regeln. In der Beschreibung der Partizipkongruenz folgen die romanischen Sprachwissenschaftler fast ausnahmslos der traditionellen Auffassung der alten französischen Grammatiker, die seit dem 16.Jh. (mit Clement Marot) die folgende wohlbekannte Regel festgesetzt haben13: (16) a. [erste Bedingung] ist das Hilfsverb 'sein', kongruiert das Partizip mit dem Subjekt (z.B. la pauvre femme est morte) b. [zweite Bedingung] ist das Hilfsverb 'haben', kongruiert es mit dem vorangehenden, nicht jedoch mit dem folgenden Objekt (z.B. la chaise, je l'ai repeinte aber j'ai repeint la chaise) Das ist aber keine befriedigende Beschreibung der romanischen Kongruenzbedingungen im allgemeinen, wie es die in (17)-(18) angeführten Beispiele zeigen. Denn es gibt viele Varietäten, wo Partizipkongruenz beim Hilfsverb 'haben' vorkommt. Das ist der Fall im Unterengadinischen -wie Nummer (17) zeigtsowie in vielen provenzalischen und italienischen Mundarten: (17) a. Ja rouda s'ha ruotta 'das Rad-F. sich hat gebrochen-F.' b. la puolvra da cafe s'ha scholta 'das Pulver-F. vom Kaffee sich hat aufgelöst-F.' Unterengadinisch (GANZONI 1983: 131s.) Auch die zweite Bedingung der traditionellen Regel besteht nicht die Prüfung der Dialektvariation. Es gibt in der Tat romanische Mundarten, in denen eine pronominale Kurzform die Kongruenz des Partizips steuert, obwohl sie nicht proklitisch sondern enklitisch vorkommt. Das ist im Frankoprovenzalischen von Val d'Aosta der Fall, wie Sie in (18) sehen können. 13 Die Grundlinien dieser Erklärung der Partizipkongruenz wurden, im wesentlichen unverändert, aus den alten Grammatiken einerseits in die moderne Romanistik (seit Diez) und andererseits in die theoretische Syntax (bis CHOMSKY 1991: 435s.) übernommen, wie in LoPOR- CARO 1995: 158-64 gezeigt. 28 Michele Loporcaro (18) a. (cetta meison) dz'i batia-la/ *bati-la tot solet '(dieses Haus-F.) ich habe gebaut: F.-sie ganz allein' b. (la lettra) dz'i ecrieite-la/ *ecri-Ja '(den Brief-F.) ich habe geschrieben: F.-sie' francoprovenyal valdotain (CHENAL 1986: 544s.) Hier kongruieren die Partizipien batia und ecrieite (in [18b]) mit la, obwohl diese Kurzform des Pronomens nach dem Partizip vorkommt: es handelt sich also nicht um ein vorangehendes Objekt, wie die traditionelle Regel besagt. Die traditionellen Kriterien erweisen sich demnach als unbefriedigend. Eine feinere strukturelle Erklärung, wie ich sie anderswo schon entwickelt habe, spiegelt sich in der Implikationsskala syntaktischer Kontexte in (19) wider 14 : (19) It. Fr. Sp. (Port., Rum.) a. lt. (Ja chiave) Giovanni / 'ha presa Fr. (la cle) Jean l'a prise + + - Sp. (Ja llave) Juan la ha tomado b. lt. (Maria) Gianni l'ha fatta piangere Fr. (Marie) Jean l'a fait pleurer + - - Sp. (Maria) Juan la ha hecho llorar C. lt. Maria e stata vista da Gianni Fr. Marie a ete vue par Jean + - Sp. Maria ha sido vista por Juan d. lt. Maria e Gianni si sono scritti Fr. Marie et Jean se sont ecrit + - Sp. Maria y Juan se han escrito e. lt. Maria si e scritta due lettere Fr. Marie s'est ecrit deux lettres + - Sp. Maria se ha escrito dos cartas f. lt. Maria si e scritte due Jettere Fr. Marie s'est ecrit deux Jettres + - Sp. Maria se ha escrito dos cartas g. lt. Gianni ha preso Ja chiave Fr. Jean a pris Ja cle - - - Sp. Juan a tomado Ja llave Diese Skala stellt im untersten Teil (d. h. [19g]) die übliche transitive Konstruktion der Art Johann hat den Schlüssel genommen dar. In der Mitte ist eine Reihe weiterer Satzarten dargestellt, und zuoberst in (19a) die gleiche transitive Kon- 14 Cf. LOPORCARO 1993 für eine detailliertere Ausführung diesbezüglich. In der Tabelle wird die Kongruenz bzw. Nichtkongruenz durch die Kursivschrift der betreffenden Endungsmorpheme hervorgehoben. So wird z.B. in (19c) die Kongruenz bzw. Nichtkongruenz des Partizips mit dem Subjekt und reflexivischen indirekten Objekt Maria, in (19d) die Kongruenz oder Nichtkongruenz desselben mit dem Objekt due lettere in Betracht gezogen. Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft 29 struktion, wo aber das direkte Objekt durch eine pronominale Kurzform vertreten wird. Die lateinischen Konstruktionen, die als Vorgänger der in (19) angeführten Verbalperiphrasen aufzufassen sind, wiesen in allen Fällen Partizipkongruenz auf (z.B. multa bona bene parta habemus, Plaut., Trin. 347; sorores una die obitae sunt, CIL 6: 17633). Was romanische literarische Sprachen anbelangt, bewahrt das Französische diese Kongruenz nur im Kontext (19a) (d. h. in Jean l'a prise). Die Zeichen Plus und Minus bedeuten Vorkommen bzw. nicht Vorkommen der Kongruenz. Das Italienische bewahrt die Partizipkongruenz in weit mehr Kontexten, außer im untersten Falle in der Tabelle (Gianni ha preso la chiave, in [19g]). Das Spanische und die anderen in (19) angeführten Sprachen haben die Kongruenz völlig abgebaut. In der in (19) anhand von Standardsprachen dargestellten Implikationsskala bleiben aber viele Stufen leer man könnte sogar daran zweifeln, daß es sich um eine echte Implikationsskala handelt. Trägt man aber die italienischen Dialekte in die Skala ein, so werden plötzlich die Lücken gefüllt, wie in (20) gezeigt wird. Es sind dort nur die Namen der betreffenden Dialekte angegeben und die Beispiele sind auf italienisch als Metasprache angeführt: (20) Neap. lt. Mail. Sard. Trient. Emil. Fr. Siz. a. (Ja chiave) Giovanni l'ha presa + b. (Maria) Gianni l'ha fatta piangere + c. Maria e stata vista da Gianni + d. Maria e Gianni si sono scritti + e. Maria si e scritta due lettere + f. Maria si e scritte due lettere + g. Gianni ha preso la chiave + Neap(oletanisch), Mail(ändisch), Sard(isch) [1993], Trient(inisch) [einige östlich von Trient gesprochene Mundarten (1995)], Emilianisch [einige appenninische Mundarten (1991)], Siz(ilianisch) Dank den Dialekten ist es somit möglich, eine feinere Darstellung der graduellen Variation in den synchronen Kongruenzbedingungen zu erreichen. Dies ist außerdem gleichzeitig eine plausible Darstellung der diachronen Entwicklung, die bis heute je nach Sprache in verschiedenem Ausmaß zum Abbau der Kongruenz geführt hat. Auch in diesem Fall sind die Arbeiten über italienische Mundarten, die zur Verfeinerung des Bildes beigetragen haben, erst kürzlich erschienen. 30 Michele Loporcaro 10. Ich komme jetzt zum Schluß. Der Zweck dieser kurzen Übersicht war, zu beweisen, daß die italienischen Mundarten ihren Beitrag zur Kenntnis der sprachlichen Variation im romanischen Bereich noch nicht völlig geleistet haben, und auch zu zeigen, daß dieser Beitrag für den Sprachtypologen wertvoll sein kann. Neue Gegebenheiten entdeckt man immer wieder; zumindest gelingt das denen, die sich vornehmen, solche Gegebenheiten weiterhin zu suchen. Um einen Eindruck hiervon zu vermitteln, habe ich mich bis auf wenige Ausnahmen auf Erscheinungen beschränkt, die im Laufe des letzten Jahrzehntes zu Tage gefördert wurden. Darüber hinaus habe ich fast ausschließlich Fakten erwähnt, die von mir persönlich durch Feldforschung entdeckt und beschrieben worden sind: bei allen Beispielen, wo keine bibliographischen Hinweise, sondern nur ein Datum angegeben ist, handelt es sich um einen vom Verfasser im entsprechenden Jahr veröffentlichten Aufsatz 15• Da es also noch etwas zu entdecken gibt, scheint eine gewisse Ausformulierung der obengenannten Vorschläge zur methodologischen Erneuerung der italienischen Dialektologie wünschenswert. Die Theoretisierung über linguistische Strukturen oder den sozialen Kontext sollte in, die linguistische Feldforschung integriert werden, anstatt sie ersetzen zu wollen. Theoretisierung auf beiden Ebenen könnte somit zu einer theoretisch bewußteren Feldforschung führen. Die strukturelle, interne Betrachtung wird dazu beitragen, die Phänomene anhand der Schärfung analytischer Mittel zu fokussieren. Die soziolinguistische Betrachtung wird dazu beitragen, die Vorgangsweise der Feldforschung zu verfeinern und die Reihenfolge der Prioritäten in Bezug auf die externe Lage zu bestimmen. Die soziolinguistischen Studien lehren uns, daß heutzutage in Italien ein gewaltiger und systematischer Sprachwechsel im Gang ist. Die bisher bestehende Diglossie schwankt, wobei die Hochsprache ihren Funktionsbereich auf Kosten der Dialekte allmählich ausbreitet, die demzufolge im Aussterben begriffen sind. Diese sind bereits sehr stark bedroht, weil sie als Sprache der ersten Sozialisierung und auch in den konservativsten Gesellschaftsschichten immer weniger gesprochen werden. Es ist also gerade das soziolinguistische Bewußtsein, das uns mahnend vor Augen führt, daß für die Untersuchung linguistischer Strukturen, deren Träger die 1s Bibliographische Hinweise: 1986: «L'infinito coniugato nell'Italia centro-meridionale: ipotesi genetica e ricostruzione storica», ID 49: 173-240; 1991: «Di alcuni caratteri morfosintattici de! dialetto di Grizzana, sull'Appennino bolognese», ID 45: 57-126; 1993: mit N. LA FAucr «Grammatical relations and syntactic levels in Bonorvese morphosyntax», in ADRIANA BELLETTI (ed.), Syntactic theory and the dialects ofItaly, Torino: 155-203; 1995: «Recessivita sintattica dell'infinito e vitalita morfologica della desinenza infinitivale in alcuni dialetti de! Reggino», in R. AJELLO/ S. SANI (ed.), Scritti linguistici e filologici in onore di Tristano Bolelli, Pisa: 331-58; 1995: mit M. TERESA VrGoLo: «Ricerche sintattiche sul confine dialettale veneto-trentino in Valsugana: l'accordo del participio passato», in: E. BANFI/ G. BoNFADINr/ PATRIZIA CoRDIN/ MARIA luEscu (ed.), Italia settentrionale: crocevia di idiomi romanzi, Tübingen: 87-101. Italienische Dialektologie und allgemeine Sprachwissenschaft 31 italienischen Dialekte sind, nur eine begrenzte Zeit übrig bleibt. Daß es in diesem Bereich für die Linguisten noch viel zu tun gibt, hoffe ich mit dem Gesagten, wenn nicht bewiesen, dann doch wenigstens suggeriert zu haben. Zürich (20) (18) CII��R ,- "'·.... . ,·-·-·\ _.,/ )-J:f-.. ·---,_---� - A .v.&, � ,._. .., - ·,. ... • ,· ,1 .,., '· i franc -·\ .,./ � · 1 b d vencziano -· 1 om ar o ' 1 / pro'venzale 1 • / .'/ ,. p! emontese r·� TORINO \ ' '. } } ligure � ✓ • ! , GENOVA 1,... ... '' ., ,i NO logudorese .........---(20) (9), (20) (20), § 5 --r· \1 \ TRIESTE F!UME VEGLIA Michele Loporcaro (10). (15) <waoo� calabrese (12) 32 Michele Loporcaro Bibliographie ALINEI, M. 1991: «Intervento alla Tavola Rotonda su <Dove va la dialettologia? > / Round Table ,Whither Dialectology? »>, Quaderni di Semantica 12: 207-14 BLAsco FERRER, E. 1991: Besprechung von Loporcaro 1988, RJ 42: 198-200 CHENAL, A. 1986: Le franco-provenc;al valdotain. Morphologie et syntaxe, Aosta CHOMSKY, N. 1991: «Some Notes on Economy of Derivation and Representation», in: R. FREI- DIN (ed.), Principles and Parameters in Comparative Grammar, Cambridge (Mass. )/ London: 417-54. CRUCITTI, P. 1988: Vocabolario e frasario Mosorrofano-Santagatino, Soveria Mannelli DE GEMMIS, G. 1956: «Di alcune consuetudini della Citta di Altamura», Altamura. Rivista storica 2: 5-43 FoLENA, G. 1952: La crisi linguistica del Quattrocento e l'«Arcadia» di ! . Sannazaro, Florenz GANZONI, G. P. 1983: Grammatica ladina. Grammatica sistematica dal rumantsch d'Engiadina Bassa per scolars e creschüts da lingua rumantscha e francesa, Samedan HARDER, A. 1988: Laut- und Formenlehre der Mundart von Ripatransone, Diss. Kiel HYMES, D. 1974: Foundations of Sociolinguistics, London LoPORCARO, M. 1986: «L'infinito coniugato nel! 'Italia centro-meridionale: ipotesi genetica e ricostruzione storica», ID 49: 173-240 LoPORCARO, M. 1988: Grammatica storica del dialetto di Altamura, Pisa LOPORCARO, M. 1993: L'accordo del participio passato nelle lingue neolatine. Con particolare riguardo all'italo-romanzo, Tesi di perfezionamento, Pisa LOPORCARO, M. 1995: «Grammaticalizzazione delle perifrasi verbali perfettive romanze e accordo de! participio passato», AG! 80: 144-67 NuNES, J.J. 1902: «Dialectos algarvios (lingoagem de Barlavento)», Revista Lusitana 7: 33-55 PARRINO, F. 1967: «Su alcune particolarita della coniugazione nel dialetto di Ripatransone», ID 30: 156-66 PELLEGRINI, G. 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Descrizione fonologica, storicofonetica e morfosintattica», Annali di S. Michele 2: 193-298 [S. Michele all'Adige] Neues zur oberitalienischen Personalendung der 4. Person Präsens -uma Die Entstehung der piemontesischen Personalendung -uma und seiner Äquivalente -6m, -um im Brescianischen, Cremonesischen und Piacentinischen ist seit langem Gegenstand von Diskussionen 1. Die traditionelle Erklärung versteht sie als Analogiebildung zu klt. SUMUS (MEYER-LÜBKE 1894: 167s., ROHLFS 1968: 251, TEKAVCIC 1980 §734.3 2 ). In neuerer Zeit ist diese jedoch verschiedentlich in Frage gestellt worden. Es haben sich folgende Theorien herausgebildet: SIMON 1967: 217-25 ist der Meinung, daß die piemontesische Endung -uma, die erst seit dem 18. Jh. schriftlich belegt ist, eine Kreuzung aus lombardischem unbetontem -om (kantom) und den piemontesischen Endungen, -emo/ ema und -amo (kantemo/ a kantamo) sei. Die lombardische stammbetonte Form kantom soll sich ihrerseits aus einer Kreuzung von kantemus, kantamus mit dem Typ CANTAT HOMO entwickelt haben (ib., 220). PrsANI 1971: 79 stellt diese Hypothese in seiner Rezension des Buches von Simon in Zweifel. Er versucht die piemontesische Endung als eine analoge Entwicklung unter dem Einfluß der französischen Desinenz -ons zu erklären. LuRATI 1973: 29ss. nimmt die Simon'sche These über die Entstehung der piemontesischen Endung -uma wieder auf. Er weist jedoch eine Beeinflussung durch das Lombardische zurück und erklärt, daß sich -uma parallel zur schriftlich gebrauchten Endung -em aus nachgestelltem HOMO im mündlichen Gebrauch entwickelt habe: CANTAT HOMO > cantaomo > kantuma, bresc. kant6m. Die Entwicklung von nachgestelltem HOMO zu einer Desinenz entspreche der im Piemontesischen und Lombardischen geläufigen Nachstellung des Subjektklitikums, das dadurch zur Personaldesinenz wird: piem. kanteve, alpinlomb. kantaf< cantate + voi (ib., 30) 3• Diese zunächst mündliche Endung sei zwar schon früh im Altmantuanischen belegt, sie trete aber wegen ihrer Volkstümlichkeit bzw. ihrer Zugehörigkeit zum mündlichen Code erst im 18. Jh. in piemontesischen Dialekten auf (ib., 31). 1 Cf. MAIR PARRY 1984: 246. 2 LAUSBERG 1962 §879, 880 hält die lat. Form suMus sowie die Endung -UNT für attraktive Muster, hebt aber hervor, daß sie die Endungen -ans, -om nicht allein erklären können. 3 Nach BLAsco FERRERs Meinung (1990: 62) «ist, rein formell gesehen, die Fusion des Morphems HOMO an das Verb canta(t) allein mit altital. syntaktischen und intonatorischen Verhältnissen erklärbar». 34 Lotte Zörner MANCZAK 1976s.: 63-69 weist alle bisherigen Theorien über die Herkunft von -uma zurück. Er hebt zunächst hervor, daß die Endung der 4. Person in der gesamten Romania mit einer gewissen phonetischen Unregelmäßigkeit gebildet wird und betont, daß im Französischen, Rätoromanischen und Italienischen in allen Konjugationen jeweils dieselbe Endung gegeben ist, während im Rumänischen die 1. Konjugation eine eigene Desinenz aufweist: CANTAMUS > cfntam. Er ist der Meinung, daß das Rumänische den Stand einer vorliterarischen Periode widerspiegelt, in der die 1. Konjugation eine eigene Desinenz hatte. Diese Situation habe auch für das Französische, das Rätoromanische und das Italienische gegolten (cf. die altfranzösischen Relikt-Formen cantomps/ cantumps und devemps). Da in den oberitalienischen Dialekten nach den Unterlagen des AIS 1683-96 eine ähnliche Situation vorliegt, d.h. die Endung -uma, -6ma etc. am häufigsten bei den -are-Verben auftritt, und auch im altlombardischen Text des Grisostomo die Endung -omo bei -are-Verben häufiger gegeben ist als bei den anderen Konjugationen, kommt MANCZAK 1976s.: 69 zum Schluß, daß die Desinenz -uma (so wie fr. -ons) aus -AMUS entstanden sei und die lautliche Reduktion von -AMUS zu -uma (fr. -ons, rätorom. -un, rum. -am) auf die höhere Frequenz des Gebrauchs der -are- Verben zuückzuführen sei. Die von Manczak vorgelegte, weitgehend auf statistischen Fakten beruhende Argumentation ist bis zu einem gewissen Punkt überzeugend, wir möchten allerdings zunächst darauf hinweisen, daß bei den Belegen aus dem AIS zwischen stammbetonten und endungsbetonten Formen auf -um unterschieden werden muß, da die Endung der stammbetonten Formen lavum, gwarfsum, etc. mit der Herkunft der in Rede stehenden Desinenz u.E. nichts zu tun hat, sondern eine im westlombardischen nicht ungewöhnliche Entwicklung schwachtoniger Vokale vor bzw. zwischen Labial darstellt, die auch in der 5. Person auftritt. mailändisch: mendrisiotto: Imperf. Ind. 4.P. 5.P. parldvom kantdvum parldvov kantdvuf Imperf. Konj. 4.P. 5.P. parldssum kantdssum parldssov kantdssuf Zu den bisher aufgestellten Theorien über die Entstehung der Endungen -uma, -um, -6m möchten wir bemerken, daß wir wie Manczak und Pisani überzeugt sind, daß von einer Herleitung dieser Endungen aus postverbalem HOMO abzusehen ist, wir teilen jedoch die Meinung von Lurati, daß sich -uma im Piemontesischen und seine Äquivalente in den anderen Dialekten früh entwickelt und als mündliche Formen weitergelebt haben, bis sie im 18. Jh. in den schriftlichen Code aufgenommen wurden. Die Tatsache, daß wir sie in einigen konservativen Dialekten nur im Adhortativ, der vorwiegend dem mündlichen Code angehört, vorfinden, spricht für diese Annahme. Neues zur oberitalienischen Personalendung der 4. Person Präsens -uma 35 Adhort. Ind. canavesanisch: kantuma kdntan groppallesisch: kantuma kdntam pavesischer Dialekt von Godiasco: kantuma kdntam Was die Entstehung der Endungen selbst anlangt, so möchten wir eine weitere Hypothese zu dieser Frage vorlegen: Wir gehen in unserer Beweisführung vom altlombardischen Text des Grisostomo 4 aus. In diesem Text lauten die Endungen in der Regel -emo und auch -amo; die Endungen -omo/ -oma sind jedoch auch verhältnismäßig häufig gegeben. Wie bereits Mariczak anmerkt, finden wir sie bei den -ere-Verben wesentlich seltener als bei den are-Verben, es ist aber keine fixe Regel zu erkennen, vielmehr können sie beim gleichen Verb variieren: -are-Verben: trouemoltrouomo (4,2; 20,31), cerchemo/ cerchoma (5,39; 4,17), parlomo (17,24,28), portomo (10,15), preghomo (108,5), adoromo (118,31), refermomo (120,20)5• -ere-Verben: uolomo (3,38; 120,18) und uoloma (5,34), receuomo (96,7; 106,40), semol somo (106,40; 50,15) und soma (96,6). Es fällt auf, daß omo außerdem verhältnismäßig häufig als Kurzform des Auxiliars HABERE vor dem Partizip Perfekt gegeben ist: omo proposo (2,9), omo miso (2,10) omo pregao (5,1), omo dichie (6,28), omo fachio (12,11), omo habuo (97,22), omo falio (112,19), omo observao (112,21) etc. Die Endung -emo ist nur vereinzelt beim Auxiliar gegeben: hauemo uisto (97,25), hauemo sentio (110,36), hauemo peccao (112,18), hauemo dichio (117,39). In der Verwendung als Vollverb liegen zwei Belege mit langer Form vor: no n'auemo casa propria (10,26), ma qualche partexela de questo amor hauemo (53,25) und ein Beleg mit der kurzen Form sti trj puerj ehe nu omo per man (37,39). Daraus läßt sich schließen, daß omo in der Funktion eines Hilfsverbs im Altlombardischen des Grisostomo eine Variante von auemo geworden ist, die dazu tendiert, auemo als Auxiliar zu ersetzen (nach unserer Zählung 8 omo / 4 hauemo 6 • Sie erhält durch diese Funktion eine Frequenz im Gebrauch, die analogiebildend sein kann. Die soeben dargelegten Gegebenheiten gestatten uns, die Hypothese aufzustellen, daß sich die Endungen -uma, -um, -6m aus der satzphonetisch unter dem Nebenton stehenden (verhältnismäßig häufig gebrauchten) Form des Hilfsverbs HABERE entwickelt hat: HABEMus > auemo > omo. Eine ähnliche Ent- 4 Cf. FoERSTER 1880. s Cf. die Aufstellung von C. SALVIONI 1898: 256 in seinen Annotazioni zur Parafrasi des Grisostomo, 200-68 und weitere Beispiele bei MANCZAK 1976s.: 68. 6 MANCZAK l976s.: 68 gibt ohne Spezifikation 7 Belege von auemo an, wir haben insgesamt 6 gefunden, davon 2 als Vollverb. 36 Lotte Zörner wicklung ist im übrigen auch im Rumänischen gegeben, das in der 4. Person Präsens des Verbs a avea die lange Form avem und die Kurzform am besitzt. Da die neue Endung -omo so wie auch Manczak festgestellt hat im Grisostomo am häufigsten bei den -are-Verben auftritt, ist anzunehmen, daß sie, obwohl sie von einer Form der -ere-Verben stammt, vermutlich aufgrund ihrer lautlichen Nähe zur Endung -dmo zunächst bevorzugt von den -are-Verben übernommen wurde und die analoge Übertragung auf die beiden anderen Konjugationen im wesentlichen später erfolgt ist. Wie die oben angeführten Belege aus der Parafrasi des Grisostomo zeigen, ist auch die auf -a auslautende piemontesische Endung -uma als Variante -6ma in einigen Belegen (cerchoma 4,17; uoloma 5,34; soma 96,6) bereits gegeben. Im Zuge unserer Untersuchungen haben wir versucht festzustellen, ob ähnliche Belege auch im Altpaduanischen vorliegen 7 • Eine Durchsicht von RuZANTES La Piovana hat gezeigt, daß die Endung -6n im Indikativ generell bei allen Konjugationen im Indikativ Präsens und im Imperativ auftritt: r,;erc6n, torn6n, and6n, lag6nlo, tas6n, met6nse, vegn6n, poss6n, vogi6n, a6n, se6n. Soweit wir es feststellen konnten, haben sich hier das Auxiliar und das Vollverb HABERE in der 4. Person gleich entwickelt: HABEMUS > auemo > aon. Wenn wir die oben belegte Entwicklung berücksichtigen, dürfte sich die Endung -6n aus der Endung -EMUS in labialer Umgebung entwickelt und durch die Frequenz des Auxiliars, wie oben dargestellt, ausgebreitet haben. Sie hat sich in den konservativen bellunesischen Dialekten bis heute erhalten (ZöRNER 1996). Pagotto Ind.Präs. cam6n vend6n finis6n Adhort. cam6ne = Konjunktiv Präsens vend6ne finis6ne In den paduanisch-vicentinischen Varietäten wurde sie hingegen von -em verdrängt (BELLONI 1991: 154). Die Übernahme der Endung -emo scheint in der medizinischen Fachsprache bzw. in der vornehmeren Sprache des 14. Jh.s nach den Untersuchungen von INEICHEN 1957: 110 an Texten des ausgehenden 14. Jh.s bereits erfolgt zu sein. Die Verbformen auf -6m (bzw. 6n in unserem Text) deutet Ineichen als konservative ländliche Formen, die Ruzante für seine Zwecke geeigneter hielt. * 7 Die Existenz der Endung -on im Altpaduanischen wurde bereits von WENDRINER 1889: 65s. festgestellt, der die Form als eine Entwicklung nach suMus erklärt. Neues zur oberitalienischen Personalendung der 4. Person Präsens -uma 37 Die nordwestitalienischen Endungen uma, -6m, -um sind die Fortsetzung der Endung -6mo. Diese hat sich aus der satzponetisch nebentonigen Form des Hilfsverbs HABERE entwickelt und wurde zuerst auf die -are-Verben und später auf die anderen Verben übertragen. Sie ist eine Endung, die sich im Piemontesischen vermutlich zunächst vor allem im mündlichen Gebrauch durchgesetzt hat und erst später zur schriftlichen Norm wurde. In einzelnen konservativen Dialekten ist sie nur im Adhortativ erhalten, was darauf hindeutet, daß sie vorerst dem volkstümlichen mündlichen Code angehörte. Die nordostitalienische Variante -6n hat sich ebenfalls aus der Endung des Verbs HABEMUS entwickelt. Sie hat sich früh auf alle Konjugationen ausgedehnt, ist aber nur in konservativen Dialekten als generelle Endung der 4. Person Indikativ Präsens erhalten geblieben. Innsbruck Lotte Zörner Bibliographie AIS: Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz, 8 vol., Zofingen 1928-40 BELLONI, S. 1991: Grammatica veneta, Battaglia Terme, La Galiverna/ Este BLASCo FERRER, E. 1990: «Die Klassifikation der oberitalienischen Dialekte: ein typologischer und kulturell-historischer Ansatz», RJ 41: 52-78 FüERSTER, W. (ed.) 1880: «Antica Parafrasi lombarda de! Neminem laedi nisi a se ipso di S. Giovanni Grisostomo», AG/ 7: 1-120 INEICHEN, G. 1957: «Die paduanische Mundart am Ende des 14. Jhdts. auf Grund des Erbario Carrarese», ZRPh. 73: 38-123 LAUSBERG, H. 1962: Romanische Sprachwissenschaft, 3 vol., Berlin LuRATI, 0. 1973: «Sul sistema verbale di quarta persona nell'Italia settentrionale (in particolare sul piem. -uma)», VRom. 32: 29-33 MArn PARRY, MARGARET 1984: The dialect of Cairo Montenotte. Unveröffentlichte Dissertation (PH.D) der University of Wales MANCZAK, W. 1976-77: «Piemontais kant-uma 'chant-ons'», Incontri linguistici 3/ 1: 63-69 MEYER LüBKE, W. 1894: Grammatik der romanischen Sprachen, vol. 2: Formenlehre. Leipzig PISANI, V. 1971: *H.J.SIMON: Beobachtungen an Mundarten Piemonts, Heidelberg 1967; AG/ 56: 75-81 RoHLFS, G. 1968: Grammatica storica dell'italiano e dei suoi dialetti. Traduzione di Salvatore Persichino, 3 vol. Torino RuzANTE: La Piovana. Testo originale a fronte. A cura di Lunov1co ZüRZI, Torino 1990 SALVIONI, C. 1898: «Annotazioni sistematiche alla ,Antica Parafrasi Lombarda de\' Neminem laedi nisi a se ipso di S. Giovanni Grisostomo> (Archivio VII 1-120) e alle ,Antiehe scritture lombarde, (Archivio IX 3-22)», AGI 14: 201-68 SIMON, H.J. 1967: Beobachtungen an Mundarten Piemonts. Heidelberg TEKAvcrc, P. 1980: Grammatica storica dell'italiano, 3 vol., Bologna WENDRINER, R. 1889: Die paduanische Mundart, Breslau ZöRNER, LOTTE 1996: Il Pagotto, dialetto dell' Alpago, Padova Speculatio Carolina Variationen des Karlsbildes in der altfranzösischen Epik* 0. Die altfranzösische Literatur ist in ihrer frühen Phase ohne jeden Zweifel die reichste unter den romanischen Literaturen, und sie beginnt geht man von den überlieferten Texten aus fast (wenn auch nicht ganz) mit einem Paukenschlag: mit der Chanson de Roland, die (obgleich «nur» in einem rund hundert Jahre jüngeren Manuskript überliefert) allgemein gegen Ende des 11. Jahrhunderts datiert wird. Dieser so weit oben in der französischen Literaturüberlieferung stehende Text ist ohne jeden Zweifel bereits ein Meisterwerk, der Höhepunkt einer Gattung, die gerade wegen seiner Leitfunktion eine außerordentliche Blüte erleben sollte: bis weit ins 13. Jahrhundert hinein erfreut sie sich größter Beliebtheit, von der eine Fülle von überlieferten Texten beredtes Zeugnis ablegt. Trotz ständiger inhaltlicher und formaler Adaptation an die sich wandelnden soziokulturellen Gegebenheiten wird jedoch die Größe des den Anfang der Überlieferungstradition markierenden Rolandslieds nie mehr erreicht. 0.1 Die Masse der Heldenepen wird seit Bertrand de Bar-sur-Aube, Autor des zwischen 1205 und 1225 entstandenen Girart de Vienne, in drei Zyklen eingeteilt 1: die Karlsgeste, die Wilhelmsgeste und die Empörergeste. In der Karlsgeste wird der Kampf Karls des Großen gegen die Heiden und für die Konsolidierung des Reichs dargestellt. Die Wilhelmsgeste befaßt sich mit den Taten des königstreuen Vasallen Guillaume d'Orange zum Schutze und zur Erhaltung von Karls Erbe unter dem (nach der epischen Tradition) vollkommen unfähigen Nachfolger Ludwig (auch «der Fromme» genannt). In der Empörergeste schließlich steht der Kampf des Königs (je nachdem Karl oder Ludwig) gegen eine Reihe von unbotmäßigen Vasallen im Vordergrund, die von innen her die Einheit des Reiches gefährden und sich der Oberhoheit des Monarchen auf vielfältige Weise zu entziehen versuchen. Zu den ersten beiden Zyklen kommt dann in der Spätphase der Gattung noch eine Reihe von Texten hinzu, in der die Kindheit der Zentralfigur und die Geschichte ihrer Vorfahren dargestellt wird. * Eine Kurzfassung dieser Studie ist erschienen in HECKER 1990: 59-79. 1 Cf. hierzu z.B. KöHLER 1985: 7h.; ADLER 1975: 19; etc. -Für den Text von Bertrand de Barsur-Aube cf. Girart de Vienne, ed. YEANDLE 1930, v. llss., 46ss. Speculatio Carolina 39 0.2 In der Karlsgeste und der Empörergeste spielt Karl der Große eine ganz zentrale Rolle im zweiten Fall wenigstens insoweit, als die dargestellten Ereignisse seiner Regierungszeit zugewiesen werden.In der Wilhelmsgeste dagegen tritt er nur im ersten Text des Zyklus, dem Couronnement Louis, als handelnde Person in Erscheinung, und auch hier nur am Anfang des Textes. Was die an das Couronnement anschließenden Epen angeht, so dient Karl hier nur als Kontrastfolie für die Bedeutungslosigkeit und Schwäche Ludwigs. Wenn wir gesagt haben, Karl spiele in der Karls- und der Empörergeste eine wichtige Rolle, so heißt dies keineswegs, daß er im Zentrum des Geschehens steht, die Hauptfigur ist ganz im Gegenteil: mit wenigen Ausnahmen (wie z.B. der Chanson d'Aspremont) bleibt Karl meistens eine Figur des zweiten oder dritten Gliedes. Sehr treffend hat Frantisek Graus darauf hingewiesen, daß in der altfranzösischen Chanson de geste im Gegensatz etwa zum antiken Drama - «si le souverain y joue en general un certain röle, ce n'est pas, la plupart du temps, le röle principal, et le roi se trouve relegue un peu au second plan» 2 • Trotz dieses Zurücktretens ins zweite Glied bleibt aber seine Person der Kristallisationspunkt, das Zentrum, um das herum sich die Vordergrundshandlung organisiert. Allerdings muß gleich von allem Anfang an darauf hingewiesen werden, daß der Karl, der uns in den altfranzösischen Epen entgegentritt, kaum etwas mit dem historischen König und Kaiser zu tun hat. Zu Recht unterstreicht Graus, daß «on ne saurait trop insister sur l'importance de l'enseignement affirmant qu'a aucun degre de son evolution et dans aucune de ses manifestations, la litterature n'est l'image mecanique de la realite» 3 . Alfred Adler präzisiert diese Position noch dahingehend, daß «die epische Fabel in diesem wichtigen Aspekt einer mythischen vergleichbar - ... nicht den historischen Faktor 'an dem sie hängt', von dem sie abhängt, [definiert]. Sie überspitzt diesen Faktor spekulativ» 4 • Dies ergibt sich schon daraus, daß historisch identifizierbare Ereignisse, die nachweislich in die Regierungszeit von Pipin oder Karl Martell fallen, oft Karl dem Großen zugeschrieben werden. Darüber hinaus werden aber auch wirtschaftliche, kulturelle und politische Gegebenheiten aus der Entstehungszeit der Epen auf das Umfeld des epischen Karl projiziert, und nicht anders ergeht es der Figur Karls selbst, dem oft Züge der zeitgenössischen Könige (Philippe I, Louis VI, Louis vn, Philippe n Auguste) zugewiesen werden 5 . Was uns so in der Literatur entgegentritt, ist ein (aus historischer Sicht) verfremdeter Karl, eine Figur, die je nachdem idealisierend überhöht oder aber auch verteufelt wird eine Figur, die wenig über den historischen Karl aussagt, dafür aber umso mehr über das Königsbild im 12. und 13. 2 Cf. GRAus 1969: 25s. 3 Cf. GRAUS 1969: 15; cf. auch p. 51. 4 Cf. ADLER 1975: 21. - Für ähnliche Stellungnahmen cf. BECKER 1978, in: KRAuss 1978: 85- 129, bes. p.119; BEZZOLA 1978, in: KRAUSS 1978: 130-63, bes. p.130s.; KRAUSS 1978: 4; etc. 5 Cf. auch KRAuss 1978: 8. 40 Peter Wunderli Jahrhundert. Dieses Bild ist je nachdem Wunsch- oder Zerrbild und manchmal auch beides zusammen; welche Optik jeweils gewählt wird, hängt einerseits von der ideologischen Position des Autors, andererseits aber auch von derjenigen des Publikums, an das er sich richtet, ab 6• «Historische Wahrheit» und «dichterische Wahrheit» sind so aus der Sicht des Wissenschaftlers nicht identisch. Es wäre nun aber vollkommen abwegig, den mittelalterlichen Dichter der «Geschichtsfälschung» zu bezichtigen: für ihn sind poeta und historicus identisch, ja er lebt sogar in dem Glauben, die entschiedene Behauptung der dichterischen Wahrheit werde die historische Wahrheit modifizieren - und z. T. ist dies zumindest in bezug auf die Geschichtsschreibung auch tatsächlich geschehen 7 • Wie wir sehen werden, ist diese «dichterische Wahrheit» für den epischen Autor allerdings bedeutend weniger selbstverständlich und homogen als etwa die Wahrheit des höfischen Dichters 8• 0.3 Wichtig ist einleitend auch noch, darauf hinzuweisen, daß die altfranzösischen Epen keineswegs zumindest ursprünglich nicht! - Schreibtischprodukte sind; sie waren anfangs für den oralen Vortrag bestimmt, für ein breites, in sich ungeschiedenes Publikum 9 : sie waren, wie Jean Rychner sagt, ein article de foire 10 • Vom jongleur meist über mehrere Tage hinweg in kleineren Portionen vorgetragen, erweist sich der in ihnen behandelte Stoff als außerordentlich variabel und flexibel: die einzelnen Episoden werden als Versatzstücke gehandhabt, die praktisch an beliebigen Stellen eingesetzt werden können. Durchaus zu Recht spricht deshalb P. Aebischer von einem «bric-a-brac epique», d.h. wir haben nichts anderes als eine mittelalterliche Ausbildung des berühmten bricolage von Roland Barthes 11 • Die schriftliche Fixierung der Epen beginnt erst relativ spät, in größerem Umfang sicher erst im Laufe des 12. Jh.s. Natürlich läßt eine solche Fixierung die ursprünglich sich ständig verformende Masse erstarren. Die Existenz von verschiedenen, oft erheblich voneinander abweichenden Versionen des gleichen Stoffes, sowie das Auftreten gleicher Episoden in ganz verschiedenen Epen und Kontexten legen aber weiterhin beredtes Zeugnis vom ursprünglichen Zustand der matiere epique ab. 1. Wenn wir uns nun nach diesen einleitenden Bemerkungen dem Karlsbild in der altfranzösischen Epik zuwenden, dann kann es unmöglich darum gehen, die ganze Masse der chansons de geste aufzuarbeiten. Ich werde mich vielmehr darauf 6 Cf. hierzu auch GRAUS 1969: 16, 51; BENDER 1965/ 66: 36; PARIS 1865a: 16s. 7 Cf. hierzu z.B. KRAuss 1978: 5; KöHLER 1978a: 5; LOT 1958: passim. s Cf. KÖHLER 1978b: 12-38, bes. p.17s. 9 Cf. KÖHLER 1978a: 4-6; KöHLER 1978b: 17. 10 Cf. hierzu v.a. RYCHNER 1955. - Cf. ferner KÖHLER 1978a: 6; KöHLER 1985: 72-76; KRAuss 1978: 10. 11 Cf. hierzu unten. Speculatio Carolina 41 beschränken müssen, auf einige für unsere Fragestellung besonders interessante Werke ausführlicher einzugehen und einige andere gewissermaßen hilfsweise heranzuziehen; viele werden dagegen unerwähnt bleiben. Gleichwohl hoffe ich, meine Auswahl so getroffen zu haben, daß die ganze Spannweite des Karlsbildes in den Blick tritt. 1.1 Das Rolandslied, in seiner «klassischen» Fassung Ende des 11. Jh.s entstanden und in einer rund hundert Jahre jüngeren, in Oxford aufbewahrten Handschrift überliefert, kann mit Gaston Paris als «le type le plus complet» der chanson de geste bezeichnet werden 12 • Entsprechend gilt das Bild Karls, das uns im Rolandslied vorgeführt wird, allgemein als Idealbild: schön, majestätisch, weise, überlegt, kriegstüchtig, initiativ, gerecht all dies sind Attribute, mit denen der König normalerweise charakterisiert wird; v.a. aber ist er auch ein in jeder Hinsicht vorbildlicher Lehnsherr 13• Allerdings bleibt seine Beschreibung immer recht unpräzise und pauschal, wie das folgende Zitat zeigt 14 : Desuz un pin, delez un eglenter, Un faldestoed i unt fait tut d'or mer: La siet li reis ki dulce France tient. Blanche ad Ja barbe e tut flurit le chef, Gent ad Je cors e le cuntenant fier: S'est kil demandet, ne l'estoet enseigner. Roland 114-19 15 Darstellungen dieser Art sind keineswegs isoliert 16; sie rechtfertigen alle das Urteil von Frantisek Graus, wonach «le nombre des propres moyens litteraires dont dispose un ecrivain pour caracteriser ... un bon souverain est bien ... restreint» 17 . Gleichwohl ergibt sich aus diesen Darstellungen eine Reihe von gewissermaßen topischen Zügen des Karlsbildes bzw. des Bildes des «guten» Herrschers überhaupt 18 . Karl ist somit majestätisch, stolz und schön 19 , und er ist v.a. mächtig 20 • Noch viel blumiger werden diese Qualitäten in der Chronik des Pseudo-Turpin dargestellt, einer Fälschung, die wohl zwischen 1130 und 1140 unter Rückgriff auf die altfranzösischen chansons de geste (und insbesondere auf das Rolandslied) 12 Cf. PARIS 1865a: 18. - Für eine ausführliche Zusammenfassung cf. z.B. GRÖBER 1902: 463- 65; HoRRENT 1981: 5ss.; KöHLER 1985: 36-38. 13 Cf. z.B. BENDER 1967: 9, 21. 14 Cf. auch PARIS 1865a: 345; BEZZOLA 1978: 133, 162; KöHLER 1985: 45. 1s Zitiert nach BEDIER 1922. 16 Cf. z.B. Chanson de Roland 2987-96, 3115s. 17 Cf. GRAUS 1969: 43. 1s Interessanterweise wird auch Baligant auf sehr ähnliche Weise charakterisiert (cf. ADLER 1975: 65)aber auch er ist letztlich ein guter Herrscher, sieht man einmal davon ab, daß ihm eben der richtige Glaube fehlt! 19 Cf. auch Roland 28. 20 Cf. auch op.cit., v. 94, 375s., 460. 42 Peter Wunderli entstanden sein dürfte 21 • Ich zitiere nach der deutschen Übersetzung von H.-W. Klein 22: Karl hatte dunkelbraunes Haar, ein rotes Gesicht, einen wohlgeformten und schönen Körper, aber einen durchdringenden, drohenden Blick. Er war acht Fuß groß, gemessen nach dem Maß seiner eigenen, sehr großen Füße, breitschultrig, mit kräftigen Hüften, einem entsprechenden Leib, starken Armen und Beinen, überhaupt mit sehr starken Gliedmaßen begabt, ein kühner Kämpfer. Sein Gesicht maß in der Länge anderthalbe Spanne, der Bart eine und die Nase etwa eine halbe. Seine Stirn maß einen Fuß, seine Augen funkelten und blitzten wie die eines Löwen. Die Augenbrauen maßen eine halbe Spanne. Jeder Mensch erschrak zutiefst, wenn er ihn voller Zorn mit weit aufgerissenen Augen ansah. Der Gürtel, den er um den Leib trug, war acht Spannen lang, ohne die Riemenenden, die noch herabhingen. Bei den Mahlzeiten aß er wenig Brot, aber einen Viertel Hammel, oder zwei Hühner, oder eine Gans, oder eine Schweineschulter, oder einen Pfau oder einen Kranich, oder einen ganzen Hasen . . . Eine wahrlich i n jeder Hinsicht beeindruckende Erscheinung, die i n ihrer Überzeichnung schon fast komisch wirkt. Von dieser Komik ist allerdings im Rolandslied noch nichts zu spüren 23 • In einem Punkt ist der Autor des Pseudo-Turpin allerdings «realistischer» als das Rolandslied: er stellt Karl als einen im besten Alter stehenden Mann dar, während er im Rolandslied als ehrwürdiger Greis erscheint: weißer Bart und Silberhaar kennzeichnen ihn, cf. auch v. 3503: Blanche ad la barbe cume flur en avril. Und immer wieder wird darauf insistiert -v.a. wenn er in die Schlacht reitet-, daß sein wallender weißer Bart auf die Rüstung fällt: Mult gentement li emperere chevalchet. Desur sa bronie fors ad mise sa barbe. Roland 3121s. 24 Das hohe Alter Karlsebenso wie seine äußeren Attributesind geradezu ein «Markenzeichen» des Kaisers, auf das der Autor immer wieder hinweist: obwohl er faktisch zum Zeitpunkt der Schlacht von Roncevaux erst gut 30 Jahre alt war, wird immer wieder betont, er stehe bereits im biblischen Alter von über 200 Jahren 25• So sagt z.B. Marsilius zu Ganelon: De Car! emagne vos voeill oi'r parler. II est mult vielz, si ad sun tens uset; Men esci:ent dous cenz anz ad passet. 21 Cf. hierzu PARIS 1865b. Roland 522-24 2 6 22 Cf. KLEIN 1986: 91. � Für den lateinischen Text cf. KLEIN 1986: 90. 23 Wohl aber in andern Texten, cf. hierzu unten. 24 Cf. auch v. 3123, 3316-19, usw. 25 Cf. hierzu auch PARIS 1865a: 346; CURTIUS 1978: 76s.; BEZZOLA 1978: 134s.; BENDER 1967: 25; usw. 26 Cf. auch Roland 538-44, 550-56, 1768-72. Speculatio Carolina 43 Wie sehr das hohe Alter Karls zum geradezu unabdingbaren Topos geworden ist, illustriert v.a. der späte, auf das Jahr 1205 datierte 27 Doon de Mayence. In ihm tritt uns ein Karl entgegen, der eben gerade frisch zum König gekrönt worden ist (768) also ein richtig «junger Spund». Während der Vorbereitung seines Dänemarkzugs (der eine zentrale Episode dieses Heldenliedes darstellt und den er zusammen mit Doon de Maience und Garin de Monglane ohne jegliches Heer durchführt) findet sich eine Szene, die fast schon komisch wirkt: Karl läßt sich von einem Friseur künstlich alt machen, und auf Geheiß eines ihm im Traum erscheinenden Engels müssen sich auch seine beiden Weggefährten der gleichen Prozedur unterziehen 28: 0 le roy ot .r. mestre qui (le] fist tresmuer Et palir et cangier et viel homme sembler, Les cheveus canuir et la barbe mesler Et la chiere fronchir, ! es epaules combrer Et la barbe canue a son menton gluer. N'ot pas .xxv. ans, mes bien cuidast jurer Plus de .c. en eust, qui l'en veist aler. Doon de Maience 224 29 Dieses face lifting «a l'envers», dieser topische Greisenhabitus bleibt aber rein äußerlich; nicht nur im Doon de Mayence, wo ja die Maskerade offengelegt wird, sondern auch im Rolandslied, wo Karl vom Äußeren her als de natura alt erscheint, ist er ein mächtiger Kriegsherr und ein großartiger Kämpfer; dies wird auch vom Sarazenen Bramimunde vorbehaltlos anerkannt: Li emperere est ber e cumbatant: Meilz voelt murir que ja fuiet de camp; Suz ciel n'ad rei qu'il prist a un enfant. Carles ne creint nuls hom ki seit vivant. Roland 2737-40 30 Neben diesen physischen, z.T. requisitenhaften Zügen kennzeichnen Karl auch eine Reihe von typischen Gesten und Verhaltensweisen. Wenn z.B. ein Problem auftaucht, dann entscheidet er nicht spontan oder redet, er senkt vielmehr den Kopf und denkt nach: Li empereres en tint sun chef enciin. De sa parole ne fut mie hastifs, Sa custume est qu'il parolet a leisir 27 Cf. LEVY 1957: 46. 2s Cf. ADLER 1975: 154s. 29 Cf. Doon de Maience, ed. PEY 1859. 30 Cf. auch Roland 2115-18, 3443-50, 3564-620. 31 Cf. auch BENDER 1967: 48. Roland 139-41 31 44 Peter Wunderli heißt es, nachdem ihm Blancadrin die Botschaft von Marsilius über dessen angebliche Bereitschaft zur Unterwerfung vorgetragen hat. - Und während Karl überlegt, zögert, seine Entscheidungen abwägt oder eine andere Lösung sucht als die, die ihm seine Berater vorgeschlagen haben, streicht er sich normalerweise gedankenverloren den langen weißen Bart und dreht sich den Schnauz: Li emperere en tint sun chef enbrunc, Si duist sa barbe, afaitad sun gernun, Ne ben ne mal ne respunt sun nevuld Roland 214-16 3 2 lesen wir, nachdem Roland ihm geraten hat, das Friedensangebot von Marsilius nicht ernst zu nehmen und den Krieg gegen die Sarazenen bis zur Eroberung von Saragossa fortzuführen. - Darüber hinaus erweist sich der Bart auch als unerläßliches Requisit, wenn Karl meist mehr oder weniger wütend schwört, daß er irgendetwas vollenden oder verhindern werde. So antwortet er auf das Angebot Naimes', die gefährliche Botschaft bei Marsilius zu übernehmen: ... : Vos estes saives hom. Par ceste barbe e par cest men gernun, Vos n'irez pas tan de mei si luign. Alez sedeir, quant nuls ne vos sumunt! Roland 248-51 Und wenn sich Roland und Olivier anschließend um die Übernahme der Gesandtschaft streiten, antwortet Karl nicht weniger autoritär: ... : Ambdui vos en taisez! Ne vos ne il n'i porterez ! es piez. Par ceste barbe que veez blancheier, Li duze per mar i serunt jugez! Roland 259-62 Genau wie die Muselmanen beim Barte des Propheten zu schwören pflegen, so schwört Karl bei seinem eigenen Barte (oder Schnauz)! - Und schließlich noch eine letzte typische Verhaltensweise Karls: erfährt er von Mißerfolgen, Schicksalsschlägen usw., dann weint und jammert er. So heißt es z.B. über die Schlacht bei Roncevaux: Karies li magnes en pluret, si se dementet Roland 1404 eine Reaktion, die sicher nicht Schwäche, Weichheit oder Feigheit bedeutet, sondern vielmehr die tiefe Betroffenheit des Herrschers symbolisiert 33 , eine Betroffenheit, die angesichts des leblosen Körpers von Roland bis zum Ohnmachtsanfall gehen kann: 32 Cf. auch v. 242ss. et passim; cf. ferner PARIS 1865a: 346; BENDER 1967: 48; KöHLER 1985: 46. 33 Zu den den Herrschern in der Literatur im allgemeinen zugeschriebenen Qualitäten cf. GRAUS 1969: 38ss. Speculatio Carolina Descent a pied, aled i est pleins curs. [Si prent Je cunte] entre ses mains ansdous, Sur lui se pasmet, tant par est anguissus. Roland 2878-80 45 Reaktionen dieser Art pflegt man heute v. a. als für Frauen typisch zu betrachten; in der altfranzösischen chanson de geste kennzeichnen sie dagegen gerade die großen Führergestalten und Helden, die man am allerwenigsten mit dem Attribut 'weibisch' belegen kann. Und gleichwohl: der König war so etwas wie die «Mutter der Nation» ... Mit diesen Verhaltensweisen sind wir bereits in einen Bereich vorgestoßen, den man mit «moralische Qualitäten Karls» überschreiben könnte. So wichtig die äußeren Attribute, die topischen Verhaltensweisen für die gewissermaßen «optische» Karlspräsentation sind für den Handlungsfortgang, als Motor der Ereignisse sind seine moralischen Eigenschaften viel wichtiger. Von den bereits erwähnten Zügen, die sich in Beschreibungstopoi niederschlagen, repräsentieren sicher Bedächtigkeit und Überlegtheit des Königs eine moralische Qualität. In diesen Zusammenhang gehört zweifellos auch die Tatsache, daß Karl vor schwierigen Entscheidungen seine Barone um Rat fragt. Nach dem Friedensangebot von Marsilius ist eine solche Situation gegeben: Desuz un pin en est li reis alez, Ses baruns mandet pur sun cunseill finer: Par cels de France voelt il de! tut errer. Roland 165-67 Obwohl de facto ein französischer König im 11. Jh. wohl überhaupt nicht in der Lage war, etwas ohne die Zustimmung seiner Feudalherren zu unternehmen 34, erlaubt es die Umprojektion der zeitgenössischen Verhältnisse auf den mythisierten Karl, diese Zustimmungsbedürftigkeit als moralische Qualität zu begreifen: der König erscheint so nicht als schwächlicher (kapetingischer) Herrscher, sondern als aufgeklärter (karolingischer) Despot! Zu den moralischen Qualitäten Karls gehört auch seine Ritterlichkeit gegenüber Frauen, v.a. aber gegenüber der Witwe des besiegten Marsilius, die zwar als Gefangene mit ihm nach Frankreich ziehen muß, «mais n'ad talent que li facet se bien nun» 35 . Darüber hinaus ist Karl von großer Frömmigkeit. Er steht regelmäßig früh auf und hört dann zuerst die Messe: Li empereres est par matin levet; Messe e matines ad li reis escultet. 34 Cf. AUERBACH 1967: 99; BEZZOLA 1978: 138. 35 Cf. Roland 3681. 36 Cf. auch Roland 163s. et passim. Roland 669s. 36 46 Peter Wunderli Bevor er in den Kampf zieht, bittet er Gott um Hilfe und Unterstützung, und nach dem errungenen Sieg dankt Karl als erstes Gott. Nachdem er die Armee von Marsilius am Ebro vernichtet hat, fällt er zuerst einmal auf die Knie: Quant Carles veit que tuit sunt mort paiens, Li gentilz reis descendut est a piet, Culchet sei a tere, sin ad Deu graciet. Roland 2476-81 Diese Frömmigkeit ist nun aber nicht einfach Unterwürfigkeit, ritualisierte Ergebenheit in eine höhere, unsichtbare Macht. Vielmehr besteht zwischen Karl und Gott so etwas wie eine Feudalbeziehung, die auf dem do ut des-Prinzip aufbaut und in der Karl die Rolle des Vasallen, Gott die Rolle des Herrschers spielt. Wenn Karl einerseits Gott dient, dann ist Gott andererseits verpflichtet, ihn für diesen Dienst zu belohnen -und er tut dies, indem er ihm im Schlaf Träume und Visionen schickt, die ihm die Zukunft künden 37 ; als göttlicher Bote fungiert meist der Erzengel Gabriel. Der eindeutigste Beleg für diesen «heißen Draht» Karls zu Gott, für diese «Gottesunmittelbarkeit» ist jedoch die Schlacht am Ebro, in der Karl den Tod Rolands, Oliviers und Turpins rächt. Die Nacht naht, die Sarazenen sind noch nicht vernichtet, das Hereinbrechen der Dunkelheit könnte ihre totale Niederlage verhindern. In dieser Situation wendet sich Karl wiederum an Gott, bittet um ein Wunder der Erzengel Gabriel signalisiert göttliches Einverständnis, und das Wunder geschieht. Doch lassen wir den Text selbst sprechen: Quant veit li reis le vespres decliner, Sur ! 'erbe verte descent li reis en un pred, Culchet sei a tere, si priet Damnedeu Que li solei:lz facet pur lui arester, La nuit targer e le jur demurer. Ais li un angle ki od lui soelt parler, Isnelement si li ad comandet: «Charle, chevalche, car tei ne falt clartet. La flur de France as perdut, 1,0 set Deus. Venger te poez de la gent criminel. » A icel mot est l'emperere muntet. Pur Karlemagne fist Deus vertuz mult granz, Car li soleilz est remes en estant. Roland 2447-59 Sicher, Karl ist ein Vasall Gottes, aber er ist ein Vasall ganz besonderer Art: er ist ein Erwählter, denn Gott erfüllt ihm gegenüber nicht nur seine Fürsorgepflicht, er tut vielmehr Wunder für ihn 38 . 37 Cf. Roland 717ss., 2525ss., 2555ss., 3993ss. 38 Cf. BENDER 1967: 16, 18s.; BENDER 1965/ 66: 39s., 42, 45; ADLER 1975: 60; KÖHLER 1985: 46. Speculatio Carolina 47 Bis hierher ist das Bild, das von Karl gezeichnet wird, geradezu ideal, durch die göttliche Hilfestellung in einen geradezu mythischen Idealisierungsbereich entrückt. Mit dieser Feststellung geben sich die meisten Autoren, die sich mit dem Karlsbild im Rolandslied in der einen oder anderen Form befaßt haben, zufrieden. Sie unterschlagen dabei, daß der Text Elemente enthält, die ein ganz anderes Karlsbild wenn nicht zeichnen, so doch durchschimmern lassen. Das fängt damit an, daß Ganelon Karl zwar einerseits gegenüber Marsilius in höchsten Tönen lobt, andererseits aber auch durchblicken läßt, er könne sein Reich nur dank der Hilfe von Roland (und Olivier) zusammenhalten, sei also von diesen beiden abhängig, und überdies sei er habgierig, ja geradezu bestechlich 39 • Dies könnte man noch als gewollte Verzeichnung aus der Perspektive eines Feindes von Karl abtun, obwohl man nicht vergessen darf, daß der Sarazene Bramimunde ein durchaus positives Bild von ihm gezeichnet hat! Dazu kommt noch, daß auch aus auktorialer Sicht - und dem Autor verdanken wir die bisher aufgezeigten positiven Aspekte des Karlsbilds - Züge genannt werden, die nicht so recht zum bisher entworfenen Idealbild passen. Dies beginnt damit, daß der Autor zugesteht, daß man Karl durchaus täuschen kann. Bei der Ankunft der Boten von Marsilius bemerkt er: Vindrent a Charles, ki France ad en baillie: Nes poet guarder que alques ne l'engignent. Roland 94s. Wie verträgt sich dies mit dem Bild eines idealen Herrschers, der überdies noch Gottes Fürsorge und Hilfe gewiß sein kann? Und wie kann es dazu kommen, daß Roland ihm, dem absoluten (wenn auch aufgeklärten) Herrscher, heftig widersprechen darf, als er durchblicken läßt, er könnte geneigt sein, das Friedensangebot von Marsilius anzunehmen 4 0? Wird dadurch seine Autorität nicht kompromittiert 41 - und dies umso mehr, als er einen heftigen Streit zwischen Roland und Ganelon über diese Frage zuläßt? Und wie steht es um den unermüdlichen Krieger und strahlenden Helden, wenn nach der Ankündigung neuer Kriegszüge durch Gabriel der Text mit den Versen endet: Li emperere n'i volsist aler mie: «Deus», dist li reis, «si penuse est ma vie! » Pluret des oilz, sa barbe blanche tiret. Roland 3999-4001 Tritt uns hier nicht ein müder, erschöpfter, einsamer und verzweifelter Karl entgegen, von dessen bisherigem Glanz kaum mehr etwas übrig geblieben ist 4 2? Karl ist auch nicht immer weise. Auf das Friedensangebot von Marsilius hin 39 Cf. Roland 520-579; cf. auch AUERBACH 1967: 102. 40 Cf. Roland 193ss. 41 Cf. BEZZOLA 1970: 89-114, v.a. p. 98s. 42 Cf. auch KÖHLER 1985: 47. 48 Peter Wunderli reagiert er mit übertrieben harten Bedingungen: Marsilius soll sich nicht nur taufen lassen, er soll die Hälfte seines Reiches an Roland abtreten (der ihm gleichzeitig auch noch als unangenehmer Nachbar präsentiert wird), und die andere Hälfte soll er als Lehen von Karls Gnaden empfangen. Und dann folgt auch gleich noch eine Drohung: wenn er diesem «Angebot» nicht zustimmt, wird Karl ihn gefangen nehmen, auf einem miesen Packpferd nach Aachen transportieren lassen und ihm dort den Prozeß machen 4 3• Wahrlich kein diplomatisches Meisterstück eines weisen Herrschers! - Instinkt-, ja Gefühllosigkeit zeigt Karl auch, nachdem er die Leichen der gefallenen Franken entdeckt hat: er befiehlt zwar, sie zu bewachen, kümmert sich aber nicht weiter um sie und setzt die Verfolgung von Marsilius fort. Und auch nachdem er diesen geschlagen hat, bedarf es noch der Mahnung von Geoffroy d'Anjou, daß er den Befehl gibt, die eigenen Toten zu bestatten 44 ! Weitaus am bedenklichsten scheint mir aber Karls Verhalten in der Beratung über die Gesandtschaft zu Marsilius 4 5 und im Ganelonprozeß 46 zu sein. Erich Köhler hat gezeigt, daß historisch gesehen die Institution des conseil des barons insofern einer Realität entsprochen hat, als der König bei schwierigen Entscheidungen verpflichtet war, sich durch seine Barone beraten zu lassen und deren Einverständnis einzuholen. Gleichwohl ist er keineswegs in dem Ausmaße an die Entscheidungen des Feudaladels gebunden wie im Falle des jugement des barons, das im Sinne des judicium parium der königlichen Rechtswillkür einen Riegel vorschieben soll. Eine funktionelle Identität von conseil und jugement des barons hat es offensichtlich nie gegeben, und selbst der schwächste kapetingische König hätte sich wohl entschieden gegen einen derartigen Eingriff seiner Vasallen in seine Befugnisse verwahrt 4 7: die im Rolandslied geschilderte Situation stellt somit ein Wunschbild, eine Zielprojektion aus der Sicht der mächtigen Fürsten dar, die danach strebt, die Handlungsfreiheit der realiter ohnehin schon schwachen kapetingischen Könige noch weiter einzuschränken. Dieser Aspekt stellt zweifellos einen Bruch gegenüber dem bisher festgestellten hohen Idealisierungsgrad des Karlsbildes dar. Wir halten dies einfach einmal fest und beschränken uns vorerst ganz vordergründig auf das dargestellte Verhalten Karls in den beiden Situationen. Was geht nun bei der Botschafterwahl vor sich? Die Barone haben den Vorschlag Naimes' angenommen, auf das Friedensangebot von Marsilius einzugehen (v. 230-43), und es geht nun darum, einen Abgesandten zu bestimmen. Naimes bietet sich selbst für dieses Himmelfahrtskommando an - und Karl lehnt unwirsch ab (v. 244-51). Gleichermaßen verfährt er mit den Angeboten von Roland und Olivier und fügt dann auch gleich noch bei, daß er keinen der 12 Pairs in dieser 43 Cf. Roland 469-83. 44 Cf. Roland 2425-39, 2945-49; cf. BENDER 1967: 23. 45 Cf. Roland 179ss. 46 Cf. Roland 3750ss. 47 KöHLER 1978c: 368-412; KöHLER 1985: 51-62. Speculatio Carolina 49 Rolle sehen wolle (v. 252-63). Damit ist bereits eine entscheidende Weichenstellung erfolgt: Karl hat die eigentlichen Stützen seiner Macht, die Franken im engeren Sinne, von dem gefahrvollen Unternehmen ausgeschlossen, und es ist nur konsequent, daß er auch auf das Angebot von Turpin in gleicher Weise reagiert. Als dann Roland seinen Stiefvater Ganelon vorschlägt, schweigt Karl und wartet den Beifall der Barone ab was er bisher immer durch eine rasche Intervention zu verhindern gewußt hat (v. 274ss.). Er hört sich auch das anschließende Wortgefecht zwischen Roland und Ganelon und dessen Racheschwüre ruhig an, um dann einfach zu entscheiden: Ganelon geht (v. 298). Nun: Ganelon ist eben kein Pair, er ist kein Franke im engeren Sinne: Maganzese, nur ein «barun de la marche» (v. 275), und dazu noch der wenig geliebte Schwager Karls! Offensichtlich hat Karl seinen conseil des barons manipuliert: er hat alles verhindert, was nicht zu seinen Plänen paßte, er hat ihn geschickt dorthin gebracht, wo er ihn haben wollte. Sein Abwägen, Überlegen, Nachdenken war nur Schau; voreingenommen gegen Ganelon hat er mit List seine Absicht realisiert. All dies paßt nicht zu dem idealen Karlsbild, das wir eingangs gezeichnet haben: Karl ist nicht gerecht, er unterzieht sich seinen Pflichten als Feudalherrscher nicht und macht die Institutionen, denen er sich eigentlich verpflichtet fühlen müßte, zu Requisiten einer Komödie 48. Als noch eklatanterer Rechtsbruch muß Karls Verhalten im Ganelonprozeß (v. 3750ss.) erscheinen, denn hier wäre er nach dem Feudalrecht auf jeden Fall verpflichtet, dem Ratschluß seiner Vasallen zu folgen. Ganelon verteidigt sich mit dem Argument, er habe keineswegs den Kaiser verraten, sondern mit Roland eine persönliche Fehde ausgetragen und an diesem Rache genommen für sein heimtükkisches Verhalten bei der Bestimmung des Abgesandten. Sein Verwandter Pinabel macht sich zu seinem Anwalt, und auch bei den Baronen findet er Gehör: sie bitten Karl fast einmütig um Gnade für den Verräter. Karl setzt eine finstere Miene auf und schweigt - und gibt so seinem (und Rolands) getreuen Gefolgsmann Thierry d'Anjou Gelegenheit, ein Gottesurteil zu fordern. Damit setzt er den Beschluß der Fürsten außer Kraft, und es kommt doch noch zur Hinrichtung Ganelons einer Hinrichtung, die übrigens wiederum rechtlich anrüchig ist: Nach der Niederlage Pinabels im Zweikampf mit Thierry läßt Karl Ganelon vierteilen, bevor dieser seine Schuld gebeichtet hat; überdies läßt er das ganze Gefolge von Ganelon an den nächsten Bäumen aufknüpfen. All dies kann nur in einem Sinne interpretiert werden: Karl hat erneut seine Ratsversammlung manipuliert und ein pseudoobjektives Urteil provoziert, das seinen eigenen Interessen Rechnung trägt 49. Er handelt in beiden Fällen nicht wie ein mächtiger karolingischer Herrscher, sondern 48 Cf. ADLER 1975: 53; KöHLER 1978c: 376ss. - Ungelöst ist immer noch das Problem, warum Karl nicht gleichermaßen listig die Ernennung Rolands zum Führer der Nachhut verhindert: Obwohl er durch zwei Träume gewarnt ist (v. 717ss.), tappt er voll in die Falle von Ganelon (v. 740ss.). Cf. hierzu AUERBACH 1967: 97-99; KöHLER 1978c: 394. 49 Cf. BENDER 1967: 60; ADLER 1975: 67-69; KöHLER 1978c: 400ss.; KöHLER: 1985: 60-62. 50 Peter Wunderli wie ein mickriger kapetingischer König, der nicht die Interessen des Reiches in den Vordergrund stellt, sondern auf krummen Wegen Hausmachtpolitik betreibt, indem er die rechtlichen Institutionen des Feudalwesens zur Elimination widerspenstiger Fürsten einsetzt 50 . Bleibt noch ein letzter Punkt, der ein nicht sehr günstiges Licht auf Karl wirft. Im Rolandslied läßt sich eigentlich nur schwer erklären, warum Karl sich derart für Roland einsetzt er ist zwar ein Neffe, ein Verwandter Karls, aber familiäre Bande ähnlicher Art gibt es noch zu zahlreichen andern epischen Figuren, ohne daß sie eine gleichermaßen bevorzugte Behandlung erfahren würden. Obwohl im Rolandslied hierzu jede Andeutung fehlt, gibt es in der mittelalterlichen Epik eine relativ breite und solide Tradition, die eine durchaus plausible Erklärung für die Sonderstellung Rolands liefern würde eine Tradition, die besagt, daß Roland der Sohn aus einer inzestuösen Beziehung Karls mit seiner Schwester Gisele sei; um diesen Fehltritt zu vertuschen, hätte Karl dann seine schwangere Schwester mit Milon d'Angers verheiratet; nach dessen Tod und der erneuten Verheiratung Giseles mit dem Maganzesen Ganelon wäre dieser so zum Stiefvater von Karls Sohn geworden 51 • Obwohl im Rolandslied kein direkter Hinweis auf diese Verfehlung Karls zu finden ist, bin ich mit Rita Lejeune und Alfred Adler der Meinung, daß dieses Element der bibliographie privee sowohl dem Autor als auch seinem Publikum bekannt gewesen sein muß, gewissermaßen stillschweigend vorausgesetzt werden konnte: Nur so läßt sich die Sonderstellung Rolands und die Heftigkeit von Karls Reaktionen in bezug auf alles, was Roland betrifft, erklären 52 • Kommen wir zum Schluß unserer Überlegungen zum Rolandslied. Karl erscheint zuerst als der ideale, wunschbildhafte Herrscher, der alle Qualitäten zu haben scheint, die man sich nur wünschen kann. Bei näherem Zusehen zeigen sich aber Risse in dieser glatten Oberfläche 53 , Züge, die keineswegs zu der Leitfigur einer «idealen Projektgemeinschaft» 54 passen. Sicher - und wir werden es noch sehen sind die späteren Epen «realistischer»; aber auch im Rolandslied sind wir nicht nur in einem Traumland der Zielprojektionen: Bei näherem Hinsehen kollidiert das Ideal bereits deutlich mit den Realitäten der Kapetingerzeit, und dies sogar in der Person von Karl. so Cf. KöHLER 1978b: 404ss. 51 Cf. PARIS 1865a: 378, 38ls.; BEZZOLA 1978c: 101ss.; ADLER 1963: 264; ADLER 1975: 53-55, 59s.; LEJEUNE 1961: 339-71, bes. p.361ss. 52 Am explizitesten ist der Hinweis auf Karls Verfehlung in der nordischen Karlamagnus-Saga (zw. 1230 u. 1280), aber auch im um 1216 entstandenen afr. Huon de Bordeaux findet sich eine deutliche Anspielung, die kaum anders interpretiert werden kann (cf. ed. RuELLE 1960, v. 10267- 80). - Cf. hierzu auch PARIS 1865a: 381; ADLER 1963: 264. 53 Es scheint mir deshalb nicht möglich zu sein, mit ERICH KÖHLER (1985: 77) von einer wunschbildhaften Harmonie zwischen König und Vasallen zu sprechen. 54 Cf. WALTZ 1965: 15; BENDER 1967: 60; KÖHLER 1985: 77. Speculatio Carolina 51 1.2 In den nun zu besprechenden Epen werden Züge Karls, die wir bereits kennen, je nachdem abgeschwächt oder akzentuiert. Besonders interessant ist in dieser Hinsicht der Anseis de Carthage, ein Text, der dem zweiten Viertel des 13. Jh.s zugewiesen wird und einen zweiten Kreuzzug Karls nach Spanien beschreibt 55 • Der König wird hier ganz ähnlich beschrieben wie im Rolandslied, wenn auch immer wieder die geradezu mustergültige Gerechtigkeit des Kaisers unterstrichen wird, der in vorbildlicher Weise Recht spricht und Unrecht verhindert 56 ein deutlicher Unterschied zu dem (wie wir gesehen haben) doch recht fragwürdigen Rechtsverhalten Karls im Rolandslied. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Epen liegt aber in der Tatsache, daß in Anseis Karl nicht nur äußerlich eine ehrwürdige Gestalt ist, sondern auch als tatsächlich alt und schwach, als richtiger Schlottergreis präsentiert wird 57 . Als er den Hilferuf von Ansei:s erhält, wird er folgendermaßen dargestellt: Quant Karles l'ot, mout en est abosmes, Tenrement plore, li cuers li est seres, L'eve li cort fil a fil ! es le nes. «He, diex,» dist il, «vrais rois de mai"stes, Bien a .vrr. ans acomplis et pases, Ke de mon lit ne levai par santes! Anseis 9270-75 Und das Thema wird gleich mehrmals mit Variationen wieder aufgenommen; nachdem ihm im Traum ein Engel erschienen ist, der ihn aufforderte, Ansei"s zu Hilfe zu eilen, sagt Karl: «He dex», dist Karies, «ki naistre me fesis! Bien a .vn. ans pases, ke jou languis; Or me convient ostoier, ehe m'est vis, Mais tant sui foibles et de fort mal aquis, Ne m'a mestier palefrois ne ronchis A moi porter, trop sui vieus et aflis. Or ferai faire un car, ki iert faitis, Caroies iere, quant jou serai sus mis. » Anseis 9318-25 Sowohl das Hinfälligkeits- 5 8 als auch das Wagenthema 5 9 werden immer wieder angesprochen und begleiten Karl fast wie ein Leitmotiv. Der Autor wird nicht müde zu unterstreichen, wie außergewöhnlich es sei, daß ein hinfälliger Herrscher von seinem Wagen aus sein Heer kommandiere: 55 Cf. HoRRENT 1978: 27-57; HoRRENT 1981: 38ss.; cf. ferner ADLER 1975: 167s. und GRÖBER 1902: 545. - Für eine ausführliche Inhaltsangabe cf. die Ausgabe ALTON 1892: 499-570. 56 Cf. z.B. Anseis 10809-40, 10841-57, 10860ss., 11148ss. 57 Cf. auch ADLER 1975: 166, 168. 58 Cf. z.B. AnseYs 9367 usw. 59 Cf. z.B. Ansei's 9354-56, 9465s. usw. 52 Peter Wunderli Onques mais hon n'o1 en son vivant Parler de roi, ki alast gueroiant En tel maniere, k'on le va caroiant. Anseis 9630-32 Karl ist jedoch nicht nur physisch hinfällig, auch seine Autorität scheint angeschlagen zu sein. Als er zum Kriegszug nach Spanien aufruft, zeigen sich seine Barone äußerst widerspenstig: sie wollen nicht unter einem alten und kranken König kämpfen, der besser das Bett hüten sollte; Gian de Biacler will sich eher die Glieder abschlagen lassen, als über die Pyrenäenpässe ziehen - Ansei"s kann ja schließlich in die Bretagne zurückkehren, wo er herkommt. Und alle Barone erklären gemeinsam: «Ja en Espagne ne querrons mais entrer » 60 • Karl weint wieder einmal und schlägt den Baronen dann einen Pakt vor: «Seignor baron, un don vous vuel rover, Ke vous m'aidies Espaigne a aquiter Et ke jou puisse Anse"is retrover, Par teus convens, con ja m'orres conter: Mais en ma vie ne vous ruis remuer. » Anseis 9409-13 Naimes läßt Karl dann bei Sankt Audomarus (Saint Omer) schwören, so daß der Feldzug doch stattfinden kann 61 • So weit ist es mit der Machtfülle Karls gekommen: Er muß sich die Hilfe seiner Vasallen bereits erkaufen! Andererseits hat sich Karl aber seine Gottesunmittelbarkeit bewahrt. Diese beruht auf einem unerschütterlichen Vertrauen in Gott, so z.B., wenn er den Hilferuf von Anse"is erhält: «Seignor baron » , dist Karies, «or oes! De maladie sui durement greves, Mais se jou puis et il vient dieu en gres, Secorus iert vos jovenes corones. » Anseis 9284-87 Und Gott erhört ihn auch: Er schickt ihm den Erzengel Gabriel, der ihm befiehlt, nach Spanien zu ziehen, gleichzeitig aber auch ankündigt, daß er nach seiner Rückkehr nur noch ein Jahr zu leben habe («Quant revenus seres, soies tous fis, / K'un taut seul an ne seras apres vis. » ) 62• Und Gott tut auch Wunder für ihn. Als Karl mit seiner Armee an die Gironde kommt, befinden sie sich in einer verzweifelten Situation: Sie wissen nicht, wie sie ans andere Ufer gelangen könnten. Karl geht in ein nahes Kloster und betet: Wie beim Zug des Volkes Israel durch das Rote Meer soll Gott die Wassermassen teilen, so daß sie trockenen Fußes durchziehen 60 Cf. Anseis 9390-405. 61 Cf. Ansei: s 9414-19. 62 Anseis 9303-14. Speculatio Carolina 53 können - und das Wunder geschieht 63• Und als er schließlich die von Marsilius belagerte Festung erreicht, in der Ansei:s eingeschlossen ist, bittet er Gott um Kraft, damit er wieder reiten und Waffen tragen könne, um die Sarazenen in Stücke zu hauen 64• Und wieder geschieht ein Wunder: Dex a 01 de! roi le desirier; Li rois se sent vertueus et legier; II s'estent si, k'il fait croistre et froisier Les flans de! car et ! es archons brisier; Li rois s'escrie et comenche a hucier: «Or tost as armes, franc baron cevalier! Mes armes vuel por moi apareillier. » Ansei:S 10027-33 Von dem Moment an ist Karl wieder der alte große Kriegsheld: Er reitet durch die Reihen seiner Truppen und organisiert die Schlacht 65, er stellt sich Marsilius zu einem ersten und einem zweiten Zweikampf und besiegt diesen schließlich auch 66• Anschließend bringt er das spanische Reich wieder in Ordnung, setzt Ansei"s erneut in seine Herrschaftsrechte ein und zieht schließlich über die Pyrenäen zurück. Nach Alfred Adler ist diese Rückkehr aber letztlich eine Aufhebung des Sieges 67 : Karl ist bei seiner Schlußrede wieder alt und schwach; nach Aachen zurückgekehrt, wird er krank und stirbt schließlich innerhalb der ihm von Gott verkündeten Frist 68. Ein alter, schwacher, in einem Wagen in den Krieg ziehender Karl paßt schlecht zu dem großen Helden des Rolandslieds, selbst wenn er mit Gottes Hilfe und einigen Wundern schließlich nochmals siegt. Sicher, Karl ist auch im Rolandslied von Gott abhängig, aber im Anseis de Carthage nimmt diese Abhängigkeit ein Ausmaß an, die den König zu einem Nichts, fast zu einer Marionette werden läßt. Das gleiche Motiv allerdings mit gewissen Variationen findet sich auch im Aiquin 69 , einer chanson de geste, die Ende des 12. oder Anfang des 13. Jh.s entstanden ist, und die von einem Feldzug Karls in die Bretagne berichtet: Er erobert das von den Heiden unter Aiquin besetzte Gebiet zurück und restauriert so die Macht des Erzbischofs Isore de Dol 7° . Auch hier ist Karl nicht mehr fähig, selbst zu reiten und am Kampf teilzunehmen, allerdings nicht aufgrund von Altersschwäche, sondern weil er beim Sturm auf Gardaine eine schwere Verletzung 63 Cf. Ansei:S 9500-48. 64 Cf. Anseis 1017-26. 65 Cf. Anseis 10187ss. 66 Cf. Ansei:S 10360-408, 10690-742. 67 Cf. ADLER 1975: 171. 68 Cf. Anseis 11566ss. 69 Cf. ed. JACQUES 1979. 70 Für den Inhalt cf. JACQUES 1979: x-xiv; HoRRENT 1978: 39s.; HORRENT 1981: 41-43; ADLER 1975: 172ss., v.a. p.175. 54 Peter Wunderli davongetragen hat 7 1• Auf den Rat von Naimes setzt Karl den Krieg dann in einem mit Kissen gepolsterten Wagen fort 72 , was allerdings nicht ganz ohne Probleme abgeht: Bei einer Flußüberquerung wird Karl ohnmächtig, so daß seine Leute schon glauben, er sei gestorben 73 . Seine Verletzung ist so schwerwiegend, daß er den Endkampf nicht bestreiten kann und diesen dem getreuen Naimes überlassen muß 74 • In einem gewissen Sinne scheint die Thematik gegenüber dem Anseis abgeschwächt zu sein, andererseits ist sie aber sicher auch verschärft: Die sonst doch fast ausnahmslos gültige Unverletzbarkeit Karls ist aufgehoben (was im Anseis nicht der Fall war), und es geschieht auch kein Wunder, das Karl wieder kampffähig macht (obwohl sonst Wunder nicht fehlen 75 ). Die Gottesunmittelbarkeit Karls, Gottes Eintreten für den Verteidiger von Christentum und Nation erscheinen so in bedenklicher Weise geschwächt sie sind prekär geworden. Gemeinsam istAnseis undAiquin, daß sie einen kranken bzw. verletzten König darstellen, der aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage ist, die Herrscherpflichten (in diesem Falle die Kriegsführung) auszuüben. Der König bzw. die Institution Königtum geht deswegen aber noch nicht unter: Gott oder ein getreuer Vasall bringen die Rettung, was mit Alfred Adler vielleicht dahingehend interpretiert werden kann, daß sich die Institution Königtum trotz eines unfähigen Monarchen sogar in extremen Situationen noch selbst trägt 7 6. 1.3 Sowohl das Thema des hohen Alters von Karl als auch dasjenige eines weitgehend handlungsunfähigen Herrschers (der aber nicht mit Karl identisch ist) spielen auch in dem etwas älteren Couronnement Louis eine zentrale Rolle. Der Text ist wohl nach 1152, aber noch in der Regierungszeit von Louis vn (t 1180) entstanden 77 und stellt sieht man von den Enfances ab das erste Werk der Wilhelmsgeste dar, in der es v.a. darum geht, daß Karl nicht nur (wie in allen anderen chansons de geste) als ein an Kindern äußerst armer Vater erscheint, sondern auch als ein Vater, der mit seinem Nachfolger keinen Staat machen kann 78 . Karl spielt in diesem Text nur noch am Anfang eine Rolle. Er erscheint als alt und verbraucht, weshalb er sich von den Staatsgeschäften zurückziehen will 7 9• So erklärt der Erzbischof anläßlich der Krönung Ludwigs: n Cf. Aiquin 2514-600. n Cf. Aiquin 2779-98. 73 Cf. Aiquin 2800-17. 74 Cf. Aiquin 2859. 1s Cf. z.B. die Zerstörung von Gardaine durch ein gewaltiges Unwetter auf ein Gebet von Karl hin (Aiquin 2632ss.). 76 Cf. ADLER 1975: 169. 11 Cf. BENDER 1967: 50s. 1s Cf. PARIS 1865a: 398-405; BEZZOLA 1970: 92; ADLER 1975: 43. - Für eine Zusammenfassung der Handlung cf. FRAPPIER 1967: 9s.; cf. ferner KöHLER 1985: 84s.; GRÖBER 1902: 467s. 79 Cf. ADLER 1975: 28. Speculatio Carolina « . . . Charles li maines a molt son tens use, Or ne puet plus ceste vie mener. II ne puet plus la corone porter: II a un fill a cui Ja vuelt doner. » Couronnement 53-56 80 55 Und wir erfahren im Text auch, daß Karl nach der Krönung nur noch 5 Jahre leben wird 8 1. Im Gegensatz zum Anseis de Carthage 82 wird im Couronnement der Tod Karls allerdings nicht geschildert: nach der Rom-Episode wird aufgrund eines Botenberichts einfach mitgeteilt, daß Karl gestorben ist (v. 1434-36) der Tod des Kaisers bzw. Königs ist in der Chanson de geste ganz offensichtlich kein Thema 83 . Die wesentliche Rolle Karls im Couronnement Louis ist, daß er seinem Sohn einen Herrscherspiegel vorträgt, in dem mit aller Deutlichkeit gesagt wird, was ein König zu tun und zu lassen hat 84• Ein König muß vor allem tapfer sein und sich im Kampf gegen die Heiden hervortun: «Filz Loois, ... Tu puez en ost bien mener cent mile omes, Passer par force les aives de Gironde, Paiene gent craventer et confondre, Et la lor terre deis a la nostre joindre. » Couronnement 72-77 Der König muß aber nicht nur tapfer, sondern auch tugendhaft sein: Unrecht, Wollust und Sünde müssen ihm verhaßt sein, er darf nie Verrat üben und Waisen nie um ihr Erbe bringen: « . . . Tort ne luxure ne pechie ne mener, Ne trai:son vers nului ne ferez, Ne orfelin son fie ne li toldrez; . . . » Couronnement 65-67 Darüber hinaus muß der König gegenüber den Armen und Schwachen Demut zeigen, ihnen mit Rat und Tat beistehen und ihnen zu ihrem Recht verhelfen (v. 182-85); ganz besonders gilt dies für Witwen und Waisen (v. 153s. ). Schließlich 80 Cf. ed. LANGLOIS 1966. st Cf. Couronnement 163: «Cinc anz vesqui puis Charles et ne mais » . - Für eine ähnliche Prophezeiung in Anseis cf. oben. 82 Cf.: Et l'emperere est de Loon partis Et vint a Ais, s'i est amaladis; Mors fu au terme, ke dex li ot promis A graut duel fu en la caiere asis. Anseis 11600-03 83 Cf. hierzu auch PARIS 1865a: 425s.; GRAUS 1969: 49-51; SuBRENAT 1978: 205-13, v.a. p.208s., 213. R4 Cf. Couronnement 65-214. - Cf. hierzu v.a. FRAPPIER 1978: 338-57, bes. p.339-41; ferner PARIS 1865a: 352; BENDER 1967: 49ss.; BEZZOLA 1978: 144, 146; ADLER 1975: 28s. 56 Peter Wunderli soll sich der König auch in den Dienst der Kirche stellen und v. a. nicht versäumen, seine Ritter angemessen für ihre Dienste zu belohnen: << ••• Tes chevaliers pense de chiers tenir; Par els seras onorez et serviz, Par totes terres et amez et cheriz. » Couronnement 157-59 Die wichtigste der königlichen Tugenden ist aber ohne Zweifel die, daß der Herrscher sich seine Vertrauten und Ratgeber gut aussucht und sich nicht mit Leuten niedriger Herkunft umgibt, die alle immer käuflich sind; vielmehr soll er auf die Dienste seiner hohen Fürsten vertrauen: «... Et altre chose te vueil, filz, acointier, Que, se tu vis, il t'avra grant mestier: Que de vilain ne faces conseillier, Fill a prevost ne de fill a veier: II boisereient a petit por loier; Mais de Guillelme le nobile guerrier, Fill Aimeri de Narbone le fier, Frere Bemart de Brubant le guerrier: Se il te vuelent maintenir et aidier, En lor servise te puez molt bien fiier. » Couronnement 204-13 Karl erweist sich hier als weiser alter Mann, der versucht, seine z. T. bitteren Erfahrungen an seinen Sohn weiterzugeben: seine Abgeklärtheit, die Ausgewogenheit des von ihm verkündeten Tugendkatalogs machen ihn so zum besten aller Könige 8 5• Doch Karl weiß bei seinen guten Ratschlägen bereits, daß sie fruchtlos bleiben werden, denn Ludwig hat bereits versagt: Als er ihm die Krone angeboten hat, hat er feige gekniffen (v. 87) und seinen Vater maßlos enttäuscht (v. 113ss.). Nur die dezidierte Intervention Guillaumes konnte die Situation noch retten: gerade von der Jagd zurückgekehrt, knallt er dem von usurpatorischen Gelüsten beseelten und nach der Regentschaft strebenden Ameis von Orleans die harte Faust unters Kinn, nimmt die Krone vom Altar und drückt sie Ludwig kurzerhand auf den Kopf (v. 113-46) 8 6. Guillaume erweist sich hier (und auch im folgenden) als der Garant des legitimen Königtums von Gottes Gnaden 87 • Er weigert sich, einer Dissoziation zwischen der Person des Herrschers und der Institution Königtum zuzustimmen 88 : Er verteidigt ihre Untrennbarkeit auch unter dem erbärmlichen ss Cf. BENDER 1967: 51. - Zu den Quellen dieses Tugendkatalogs cf. CuRTrus 1950: 342-49; fRAPPIER 1978: 34ls. 86 Cf. auch BEZZOLA 1978: 144. 87 Cf. FRAPPIER 1978: 342; ADLER 1975: 29. ss Cf. FRAPPIER 1978: 346; BENDER 1967: 53s.; ADLER 1975: 30. Speculatio Carolina 57 Ludwig 89 bis aufs letzte. Selbst wenn Ludwig besser zum Pfaffen oder Mönch geeignet zu sein scheint 90 , verschwendet er keinen Gedanken darauf, ob er nicht dem König vielleicht die Gefolgschaft aufkündigen sollte. Realpolitischer Hintergrund dürfte die Auseinandersetzung zwischen den Anhängern des Erbkönigtums und denen des Wahlkönigtums im 12. Jh. sein 91 , die in Frankreich (anders als in Deutschland) zugunsten der ersten Monarchieform ausging. Hinsichtlich des Thronerben liegen die Dinge auch im Huon de Bordeaux 92 ähnlich, nur heißt hier der Thronanwärter nicht Louis, sondern Charlot 9 3• Auch in diesem Epos erklärt sich Karl als alt, schwach, nicht mehr fähig, die Staatsgeschäfte zu führen; allerdings wird auf eine «biblische Überhöhung» des Alters verzichtet: Seit Karls Krönung sollen 60 Jahre verflossen sein, was noch im Bereich des Möglichen und Normalen liegt 9 4. Allerdings steht dazu die Aussage in eklatantem Widerspruch, er habe seinen mißratenen Sohn Charlot (auf Befehl des Erzengels Michael) erst im Alter von 100 Jahren gezeugt 9 5 ! - Karl schlägt nun seinen Baronen vor, Charlot zum Nachfolger zu bestimmen, obwohl dieser nichts tauge: - «Baron, dist Karies, por Diu, car l'eslisies, Se vous l'aisies, le fil de ma moillier, Karlot l'enfant, que jou aimme et tien chier, Et neporquant il ne vaut un denier . . . » Huon de Bordeaux 83-86 Es folgt dann eine lange Liste von Charlots Untaten 96, gleichzeitig aber auch der Hinweis, daß er in einem Zweikampf mit Ogier durch eine göttliche Intervention vor dem sicheren Tod gerettet worden ist 97 - und dies obwohl «il ne vaut le monte d'un denier» 98 . Die Rede Karls schließt dann mit folgendem Appell an seine Barone: << ••• Et ne porquant, por Diu, je vous requier Q'en facies roi, je vous en veul proier, Car c'est li oirs de France, ehe sacies. » Huon de Bordeaux 194-96 89 Cf. BEZZOLA 1970: 89s. -Die Figur des jämmerlichen Königs ist in der afr. Epik nicht selten, doch wird diese Rolle in aller Regel nicht Karl zugewiesen. Eine Ausnahme in dieser Hinsicht macht das Epos von Lion de Bourges; cf. hierzu KrnLER 1978: 281-90. 90 Cf. hierzu z.B. Le charroi de Nimes 162-68 (ed. PERRIER 1931); cf. auch BENDER 1967: 62. 91 Cf. FRAPPIER 1978: 344ss.; ADLER 1975: 30. 92 Ed. RuELLE 1960. 93 Cf. ADLER 1963: 257. - Gröber, Grundriss II/ 1: 549s. 94 Cf. Huon de Bordeaux 54-61. 95 Cf. Huon de Bordeaux 87-94. 96 Cf. Huon de Bordeaux 98ss. 97 Cf. Huon de Bordeaux 174-81. 98 Cf. Huon de Bordeaux 185. 58 Peter Wunderli Obwohl Karl zugeben muß, daß sein Sohn nichts taugt 99 , soll er also König werden. Gegenüber dem Couronnement Louis in der Kontrastsetzung nochmals kräftig akzentuiert, haben wir hier erneut ein entschiedenes Plädoyer für das Erbkönigtum. Nur: wo bleibt da Karls Fürsorgepflicht gegenüber seinem Reich und seinen Feudalherren? Wie kann er es wagen, einen ausgesprochenen Taugenichts und Tunichtgut zu seinem Nachfolger vorzuschlagen? Das Plädoyer für die Erbmonarchie gerät hier fast schon zur Parodie! Darüber hinaus finden sich im Huon de Bordeaux eine Reihe weiterer Charakterzüge Karls, auf die wir noch zurückkommen werden: Er hat häufig Wutanfälle 100 , er ist ungerecht und rachsüchtig 101 und verlangt von Huon eine durch nichts gerechtfertigte Buße 102 • 1.4 Verlassen wir nun die Linie des alternden, ja steinalten Karls und seiner dekadenten Nachfolger, und kehren wir zurück zum idealen, im Zenit seiner Leistungsfähigkeit stehenden König. Im Rolandslied hatten wir eine Reihe von Rissen in der glatten Oberfläche des Karlsbildes festgestellt. Diese Risse fehlen nun in der wohl kurz vor dem 3. Kreuzzug 10 3 entstandenen Chanson d'Aspremont 104 ; der Text liefert uns ein fast ideales Karlsbild, an dem zwar ebenfalls gewisse Abstriche zu machen sind, deren Tragweite aber bedeutend geringfügiger ist und die von ganz anderer Natur sind 105 . Die Darstellung Karls entspricht weitestgehend dem idealtypischen Bild, das man in bezug auf den großen Führer der Christenheit erwarten kann und das wir bereits aus dem Rolandslied kennen: Er ist reich 10 6, von vorbildlicher Großzügigkeit 10 7, ein großartiger Kämpfer gegen Aumont (obwohl Roland ihn in extremis retten muß und so letztlich zum Vollstrecker wird 108 ), und v.a. ist er von äußerst majestätischem Aussehen 1 0 9 . Eindrücklich ist in dieser Hinsicht v.a. die Schilderung von Balan, die dieser vor Agolant gibt: - Vei:s tu Carle? - Par Mahomet, oal. A Ais, son sie, a une fieste anval, Corones fu et pozes en estal. Pros est li rois, fort et fier et vassal. 99 Cf. ADLER 1975: 44, 69 und 1963: 263. 100 Cf. ADLER 1963: 265, 287s. 101 Cf. ADLER 1963: 267. 102 Cf. ADLER 1963: 260, 266. 103 Cf. KÖHLER 1978c: 380; BECKER 1978: 85-129, v.a. p. 85. 104 Cf. ed. BRANDIN 1924. ios Für den Inhalt cf. BECKER 1978: 85s., 120-24; cf. auch GRÖBER 1902: 540s.; HoRRENT 1981: 20-23; HORRENT 1978: 34-36. 106 Cf. Aspremont 408-24. 107 Cf. Aspremont 133-39, 140-42, 160-63; cf. auch BECKER 1978: 120. 10s Cf. Aspremont 5874-6070; cf. auch PARIS 1865a: 853; BENDER 1967: 133s.; ADLER 1975: 96. 109 Cf. Aspremont 427ss. Speculatio Carolina Sos ciel n'a home, s'il l'esgarde par mal Ki fust jamais en cest siede loial. Desor tols pules est li siens general Com est ors cuis sor kevre et sor meta! . Aspremont 565-72 59 Im Gegensatz zum Rolandslied macht er auch keine gravierenden Fehler 110 , und v. a. bestimmt er nicht einen Großvasallen zum Abgesandten bei Agolant: Klug und vorsichtig stellt er vielmehr die Bedingung, daß für diesen Auftrag nur ein junger und unbedeutender Ritter in Frage kommen könne: « . . . Jo ne voel pas a paiens envoier Haut home nul qui tiere ait a ballier, Que ne l'ocYent eil gloton paltonier. Dont n'avons nos nul povre chevalier Qui nos peüst cest message noncier ...? Aspremont 1767-73 1ll Daß dann Naimes eigenmächtig an die Stelle des unbedeutenden Richier tritt, ändert nichts an Karls Weitblick ganz im Gegenteil: Naimes gerät genau in die Schwierigkeiten, die der König vorhergesehen hat, und kann nur dank der Hilfe des edlen Balan entkommen. Gleichwohl ist das Karlsbild nicht makellos. Bei aller kriegerischen Tüchtigkeit gerät er z. B. im Zweikampf mit Aumont in eine hoffnungslose Situation: Er wäre verloren gewesen ohne die Intervention von Jung-Roland, der seinen Onkel im letzten Moment noch heraushaut 11 2 - und dies wird vom Autor auch mit aller Deutlichkeit gesagt: Or poes dire, et bien le vos creant, Que ja mais Karies, a jor de son vivant, En dolce France ne fust mais repairant Ne ne portast corone d'or luisant, Se Dex ne fust et son neveu Rollant. Aspremont 6071-75 Karl ist somit von Roland abhängig, und gleichermaßen ist er es auch von Girart de Fraite, der nicht nur den entscheidenden Schlußkampf gegen Agolant bestreitet 113 , sondern auch schon vorher Karl entscheidende Hilfe in der ersten Schlacht gegen Aumont leistet 114 • Und der Autor zögert nicht festzustellen: 110 Cf. auch BECKER 1978: 105, 108-10. 111 Cf. auch KÖHLER 1978b: 389s. 112 Cf. Aspremont 5977ss.- Cf. dazu auch schon Roland 544, 557, 596s. m Cf. Aspremont 10408ss. 114 Cf. Aspremont 4760ss. 60 Peter Wunderli Cel jor fust Karies vergondos et iros, Se Dex ne fust et dans Girars li ros. Aspremont 4796s. Karl ist aber nicht nur von Girart abhängig, dieser verachtet ihn auch und macht ihn und seine Ahnen schlecht und klein. So fordert er z.B. seine Söhne und Neffen auf 115 : Jo vos comant, quant jo serai fenis, Ne tenes rien de Carlon al fier vis. Ses pere fu uns dolans nains caitis; Enbloit as grans et toloit as petis. Aspremont 1433-36 Diese Mißachtung überträgt sich auch auf die Sarazenen, für die er ein «petit vels canu», ein «petit viel sor un ceval ferrant (! )» ist 11 6• Und Agolant nimmt gewissermaßen die Worte Girarts wieder auf, wenn er zu Sorbrin sagt 117 : «Fus tu en France, fix de bon Sarrazin, Por espiier Carlon, le fil Pepin? Conois le tu, le malvais, le frarin? . . . » Aspremont 2489-91 Überhaupt könnte das Problem Karls im Aspremont darauf zurückgeführt werden, daß er Girart de Fraite neben sich hat. Sicher: Karl ist ein großer König, der von großen Fürsten umgeben ist, aber Girart ist immer noch ein bißchen größer 118 • Dies fängt damit an, daß Karl nur seinen Neffen Roland hat, den er eigentlich wegen seines jugendlichen Alters gar nicht mit in den Krieg ziehen lassen will, während Girart zwei kriegstüchtige Söhne und zwei ebensolche Neffen hinter sich weiß 11 9; und dies endet damit, daß es schließlich Girart mit seinem Neffen Clairon ist, der Agolant besiegt und Karl den Kopf des Sarazenen überbringen kann 1 20• Charakteristisch ist in dieser Hinsicht auch, wie der Spion Sorbrin vor Agolant das Verhältnis zwischen Karl und Girart beschreibt: << • • • Mais Carles a un molt riche voisin; Gerart d'Eufrate l'apielent Limosin. Tant par est riches de tieres et d\Jr fin Trente cites sont bien a lui aclin. S'ils fust a Carle ne ami ne cosin, Bien vos peüssent eil doi metre al cemin. rn Cf. auch Aspremont 1124-37. IJ6 Cf. Aspremont 6187, 6780. m Cf. auch ADLER 1975: 93s, 100s. 11s Cf. auch ADLER 1975: 99. 119 Cf. Aspremont 1514ss. 120 Cf. Aspremont 10647-56. Speculatio Carolina 61 Mais ne feroit por lui un romesin; Plus het ! 'uns l'autre que tri'acles venin.» Aspremont 2503-10 Dieser mächtige Girart (u. U. eine epische Nachbildung von Henri II Plantagenet 121 ) kann es sich leisten, gegenüber Turpin, der ihn zum Feldzug nach Italien auffordert, zu erklären: « . . . Ja vostre rois n'estra de moi ame, S'il ne s'est ainz a mon pie acline.» Aspremont 1176s. Denn, so führt er weiter aus, er ist nur Gott verpflichtet, nicht aber irgendeinem anderen Menschen 122 . Aus diesem Grunde lehnt er es denn auch entschieden ab, Karl nach Kalabrien zu begleiten, und sicherheitshalber nimmt er seinen Söhnen auch gleich noch das Versprechen ab, auch sie würden Karl nach dem Tode ihres Vaters nie dienen 1 2 3. Zwar kann seine kluge Frau Hermeline ihn dann doch noch dazu bewegen, im Interesse der Nation nach Italien zu ziehen 12 4 aber Girart tut es auf eigene Faust und unabhängig von Karl; als Alibi dient ihm die Tatsache, daß ohnehin längst eine Pilgerfahrt nach Rom fällig sei. Als er dann in Kalabrien mit Karl zusammentrifft, erklärt er sich zwar im Interesse der Sache bereit, sich dem Oberbefehl des Königs zu unterstellen, betont aber ausdrücklich, daß jeder nach dem Kriege wieder in sein eigenes Reich zurückkehren werde und daß er von Karl Dankbarkeit für seine Hilfestellung erwarte 1 2 5. Und am Schluß des Epos erklärt er nochmals mit aller Deutlichkeit: << • • • En Ja batalle vos trais a avoe Et de ma boce fustes sire clame. Ne me doit estre en grant cort reprove: Qanque j'ai fait en fis par amor De. Ne sui vostre om ne li vostre jure Ne ne serai ja jor de mon ae.» Aspremont 11341-46 Girart ist somit ein widerspenstiger und störrischer Fürst, der auf das peinlichste auf seinen eigenen Ruhm und seine Unabhängigkeit bedacht ist 12 6. Diese Unabhängigkeit Girarts ist ein großes Ärgernis für den König und seine Getreuen. So kann es denn nicht überraschen, daß auch mit Tricks versucht wird, Girart den Vasallenstatus aufzudrängen. Wie z.B. Karl und Girart sich in Kalabrien begeg- 121 Cf. BENDER 1967: 129 N43. 122 Cf. Aspremont 1181-84. 123 Cf. Aspremont 1428-36. 124 Cf. Aspremont 1438-511. 125 Cf. Aspremont 4177-89. 126 Cf. auch BECKER 1978: 103-05. 119; BF.NDER 1967: 130; HoRRENT 1978: 36; ADLER 1975: 91. 62 Peter WunderJi nen, umarmen sie sich, wobei Karls Hut zu Boden fällt. Girart bückt sich sofort, um ihn aufzuheben ein Anlaß für den Fuchs Turpin, gleich zu Papier zu bringen, Girart habe sich vor Karl verneigt und ihm somit gehuldigt 127 . Derartige Listen verfangen allerdings nicht, und Karl muß letztlich selbst zugeben, daß Girart ein durchaus würdiger König wäre, was Girart jedoch bescheiden ablehnt: «Baron » , dist Karies, «par foi, mervelles voi Que si fais om a tant de bien en soi. Sire Girars, por qoi ne fustes roi? » Respont Ji dus: «N'est pas remes en moi. Je ne vaJ tant ne n'en ai Je pouoir; Mais em pais tieng ce que je tenir doi. » Aspremont7153-58 12 8 Gleichwohl sind die Handlungen Girarts durchaus von königlichem Zuschnitt, sowohl im Kampf, als auch, wenn er in Reggio eine Abtei gründet 129 , wenn er Karl dreizehn gefangene Königinnen zum Präsent macht 130 oder dem jungen Florent ganz zum Schluß einen Königspiegel präsentiert 131 • Gerade dieser Königspiegel hat es nun in sich. Er enthält die folgende Passage: Ne faire mie de ton serf ton segnor. Lai Je viJain a faire son Jabor, Car Ji viJains n'a que faire d'onor; A sa nature revient aJ cief de! tor. Aspremont11223-26 Diese Passage ist letztlich eine Ohrfeige für Karl, der für seinen Feldzug und die einzelnen Schlachten schließlich Hinz und Kunz mobilisiert hat; Naimes hat ihm zu diesem Vorgehen geraten, und Karl hat es ausführlich praktiziert 132 . Die beiden eindrücklichsten Stellen bezüglich des undifferenzierten Vorgehens von Karl sind die beiden folgenden: «Vignent avant Ji baceJier Jegier, Keu de cuisine, senescaJ, botellier, Et damoiseax, jogJeor et harpier, Et tos icex qui se poront aidier, L'auberc vestu et Je hiaJme d'achier, L'espee yaindre et monter en destrier: En cest besoing seront tuit chevaJier. S'en dolce France poions repairier, Je Jor ferai ! es fies d'aJberc ballier; Tos lor Jignages i avra recovrier.» 121 Cf. Aspremont4142-63. 12s Cf. auch Aspremont10726-34, 10813-23. 129 Cf. Aspremont10567ss. 130 Cf. Aspremont11086ss. 131 Cf. Aspremont11180-254, v.a. 11212-26. Aspremont7270-79 132 Cf. Aspremont73-8l, 98-103, 133-39, 845-63, 4943-63, 7380-83, 7683-85. Speculatio Carolina EI tref Eaumon fu Karle et son barnage. Chevalier fist le jor de maint lignage. Por qoi il sace proece et vaselage, Onques ne fu acontes li parages. Se il est sers,quites est del servage; Ja nel donra ne lui ne son lignage Ne par sa terre ne treü ne servage. Qanque il doivent est cuite a iretage, Car Karlemaines les cuite son aage; Aspremont 7442-50 63 Karl erhebt also der Not gehorchend ohne Ansehen der Abkunft alles in den Ritterstand, was ihm nützlich sein kann; und die so «Beförderten» fühlen sich ihm auch entsprechend verpflichtet 133; so sagen sie z.B. untereinander: ...: «Molt nos poons prisier: Nos esti:ons garfon et paltonier; Bien devons Karle amer et tenir cier Qui nos a fait del servage lascier. Ja de cavage ne donrons mais denier; Cascun de nos a il fait chevalier. Ains nos lairons tos les membres brisier Que lasfons Karle honir ne vergognier. » Aspremont 9656-63 Ganz anders verhält sich in diesem Punkt Girart: zwar betreibt auch er «Beförderungspolitik», aber es kommen für ihn hierfür nur Adlige in Frage 134. Nicht etwa, daß er den Einsatz von Nichtadligen in der Schlacht ablehnen würde er stimmt diesem Verfahren sogar ausdrücklich zu 135; von einer Erhebung in den Adelsstand kann für ihn aber keine Rede sein. Aus dieser Sicht erklärt sich dann auch Girarts (indirekte) Kritik im Königspiegel: eine Allianz des Königs mit den Nichtadligen, ein Einreißen der sozialen Schranken sind für diesen «reinrassigen» Fürsten vollkommen unannehmbar 136• Fassen wir zusammen. Girart ist geprägt von Mißtrauen und Distanz zu Karl, und zwar betreffen seine Vorbehalte nicht die Institution des Königtums, sondern die Person des Königs: Im Gegensatz zu Guillaume d'Orange haben wir hier also eine Dissoziation von Institution und Amtsträger 137. Dieses Mißtrauen gründet v. a. in dem absolut gesetzten Unabhängigkeitswillen des Fürsten 138, der seine Ziele mit derartiger Leidenschaft verfolgt, daß er selbst ein Zerbrechen der feudalweltli- 133 Cf. auch Aspremont 9668-76,9678-88,9725-30. 134 Cf. Aspremonf 7254-65. -Cf. hierzu auch Guillaume d'Orange im Charroi de Nimes 637-56. rn Cf. Aspremont 7403-07. 136 Cf. hierzu auch PARIS 1865a: 353; BENDER 1967: 69,119,120,122ss.; ADLER 1975: 95s.,98. - Das gleiche Motiv findet sich auch im Jehan de Lanson (cf. unten) 365,520-28; cf. auch ADLER 1975: 141. 137 Cf. ADLER 1975: 95. 138 Cf. BENDER 1967: 130ss.; ADLER 1975: 102. 64 Peter Wunderli chen Einheit in Kauf nimmt 1 39• Diese extreme Haltung scheint ihm u. a. auch dadurch gerechtfertigt zu sein, daß der Herrscher selbst die ursprüngliche Verbundenheit mit dem Hochadel aufgibt und sich mit den Nichtadligen verbündet 140 ganz offensichtlich ein Reflex der politischen Situation unter Philippe II Auguste, der erstmals eine Allianz zwischen Königtum und Bürgertum realisierte und damit den Hochadel ins Abseits drängte! 1.5 Der Girart de Vienne ist eine der wenigen chansons de geste, deren Autor wir kennen: Wir verdanken dieses Werk Bertrand de Bar-sur-Aube, der es wohl zwischen 1205 und 1225 geschrieben hat. Es stellt inhaltlich und von der Handlung her eine Art Fortsetzung der Chanson d'Aspremont dar und wird dort am Ende auch schon angekündigt 141 : Die distanzierte Haltung des Girart de Fraite gegenüber dem König wird bei Girart de Vienne zur offenen Rebellion, weshalb dieses Werk (im Gegensatz zu Aspremont) zur Empörergeste gerechnet werden muß 142 • Was die Charakterisierung des Königs angeht, so fällt sie im Girart de Vienne bedeutend negativer aus als bisher, wenn er auch keineswegs verteufelt wird. Aber immerhin: Karl wird gefangengenommen, was sicher kein Ruhmesblatt ist, und den entscheidenden Schlußkampf bestreitet nun Roland (anders als in Aspremont) ganz allein. Darüber hinaus fehlen Karl auch gewisse Qualitäten, die bis dahin selbstverständlich waren. Da wäre zuerst einmal seine mangelnde Großzügigkeit zu nennen, womit er seine Pflicht als Herrscher verletzt: Auf das Angebot von Renier und Girart, die ihm ihre Vasallendienste zur Verfügung stellen 14 3, sagt er einige freundliche Worte über die Familie, erklärt, ihrer Dienste im Moment nicht zu bedürfen und versucht, sie mit einer bescheidenen Gabe abzufertigen: « . . . Chascun de vos donre .r. garnement Et .xxx. livres entre or fin et argent. En vos pats en iroiz lieement. De moi diroiz ennor et biau senblant. » Girart de Vienne 687-90 Die beiden Brüder reagieren darauf wütend: sie wollen umgehend abreisen, dennsagen sie sie seien keine Krämer; wenn Karl ihre Dienste nicht wolle, dann würden sie sich eben einen anderen Herrn suchen 14 4• Der Hof bittet nun Karl, auf seine Entscheidung zurückzukommen (v. 708ss.) und erzwingt schließlich eine 139 Cf. BENDER 1967: 134ss.; KöHLER 1985: 78. 140 Cf. BENDER 1967: 124ss. 141 Cf. BECKER 1978: 90. 142 Für den Text cf. YEANDLE 1930. - Für den Inhalt cf. auch GRÖBER 1902: 559; ADLER 1978: 85ss. 143 Cf. Girart de Vienne 664ss. 144 Cf. Girart de Vienne 69lss. Speculatio Carolina 65 etwas großzügigere Haltung: Karl will Renier zum Ritter schlagen, Girart zu seinem Knappen machen und beide gebührend ausrüsten (v. 727ss.). Aber auch dies ist noch zu wenig, zumal Karl den großen Einsatz Reniers in seinem Dienste in keiner Weise belohnt. Zu Recht wirft dieser ihm deshalb vor: «Sire, quel el avez trovee? Quele cite nos avez or donee? Ne quele terre quel fie ne quel contree? Vos m'adoubates, c'est verite provee, Mes je n'en ai eü autre sodee De vostre terre que vos ai aquitee . . . » Girart de Vienne 975-80 Über diese mangelnde Großzügigkeit kommt es dann zum Konflikt zwischen Herrn und Vasall (v. 993ss.) 145, der in einer Schlägerei gipfelt. Die Fürsprache von Henri d'Orleans kann jedoch Karl besänftigen, der Renier schließlich Genvres zum Lehen gibt (v. 1101-38); Girart wird zum Ritter geschlagen (v. 1236-45), ja später sogar mit einem Lehen versehen allerdings gewissermaßen als Ersatz für die Herzogin von Burgund, die Karl lieber selbst heiratet (v. 1950-58). Damit kommen wir zu einem weiteren Mangel Karls, den wir zwar bereits aus dem Rolandslied kennen, der dort aber bei weitem nicht in dieser Schärfe hervortritt, so daß er lange Zeit von der Kritik überhaupt übersehen werden konnte: Karls mangelhaftes Rechtsempfinden bzw. seine Ungerechtigkeit. Sicher, Girart hatte die allzu forsche, vielleicht recht mannstolle Herzogin zuerst einmal abblitzen lassen (v. 1342ss.) aber dies gibt Karl noch lange nicht das Recht, Girart die ihm bestimmte Frau einfach auszuspannen (v. 1246-438), zumal seine Werbungsversuche schon lange vor Girarts Affront einsetzten. Und schließlich gereicht es Karl auch nicht zur Ehre, daß er sich in der Fußkuß- Szene von seiner frisch angetrauten Frau hereinlegen läßt (v. 1460-76): Die Szene wirkt außerordentlich komisch, und Karl wird hier zum ersten Mal lächerlich gemacht 146; deshalb kann auch Karl über den Streich seiner Frau nicht lachen (v. 2217). Insgesamt gesehen kann man nicht sagen, Karl werde im Girart de Vienne negativ dargestellt aber der Glanz fehlt eindeutig: knickerig, ohne die nötige Weitsicht, mit einem nicht ganz einwandfreien Rechtsempfinden behaftet und leicht das Opfer der Streiche seiner Frau, fällt er definitiv ins Mittelmaß zurück. Der Autor dürfte weder profeudal noch proköniglich gewesen sein: er stellt zwar das Königtum nicht in Frage, aber er bricht auch keine Lanze für den König 147 • 145 Cf. auch GRAUS 1969: 46; KöHLER 1972: 11s. 146 Cf. auch ADLER 1975: 87. 147 Cf. auch ADLER 1975: 86s. 66 Peter Wunderli 1.6 Die erwähnten Züge (und einige Negativa, denen wir schon früher begegnet sind) werden nun im Jehan de Lanson 148 akzentuiert. Dieses Empörerepos, dessen Hauptfigur ein Neffe von Ganelon ist, dürfte dem 1. Drittel des 13. Jh.s zuzuweisen sein 149_ Dieses Epos ist sicher kein Meisterwerk, aber bezüglich des in ihm gezeichneten Karlsbilds hat es einen nicht unwichtigen Platz in unserem Spektrum. Das Karlsbild schlägt hier erstmals eindeutig ins Negative um. Karl erweist sich gleich zu Beginn des Textes als stur und jähzornig. Als Roland Vorbehalte gegenüber dem Feldzug anmeldet, erklärt Karl: «Vous y venrez o moy ou vous veuillez ou non! », um gleich noch einige anzügliche Bemerkungen über die schöne Aude, Rolands Verlobte, anzuschließen. Roland wirft ihm umgekehrt seine Alterssturheit vor (v. 77ss.): «Puis que ly hons vit trop, il n'a sens ne raison» (v. 80) - Worte, die im Rolandslied, im Couronnement Louis, im Aspremont vollkommen unmöglich wären! Auch hier lösen sie bei Karl noch einen Wutanfall 150 aus: Charlez ot Roland se fait eiere de lyon; Ossi vermaulz devint comme fu de carbon. II rouaille ! es yeulz, chiere fait de griffon. Par mault fier mautalent vot saisir ung baston; Ja en ferist Rolant parmy Je quief enson Quant il y acoururent Allemant et Frison Qui le roy destournerent de ferir le baron Iehan de Lanson 83-89 Karl ist nicht nur stur und jähzornig, er ist auch ungerecht und tyrannisch: Wer nicht bereit ist, freiwillig als Bote zu Jehan zu gehen, wird einfach unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Machtmittel dazu verdonnert 151 d.h. letztlich müssen alle zwölf Pairs sich auf den Weg machen. Karl mißachtet damit auf rüde Weise die Empfehlung seines conseil des barons, und da es sich um eine Kriegsentscheidung handelt, tritt er so das Feudalrecht mit Füßen. Sein Verhalten ist aber nicht nur rechtswidrig, es ist v.a. auch unklug: Da es sich bei dem Gang zu Jehan um ein «Himmelfahrtskommando» handelt, ist es Wahnsinn, alle seine zwölf Pairs aufgrund einer reinen Trotzreaktion dieser Gefahr auszusetzen. Karl sieht dies später allzu spätauch ein: Als ihm Basin die Nachricht von der Belagerung der zwölf Pairs im Turm bei Lanson überbringt, stellt er nach einem langen Klagelied fest: 148 Ed. MYERS 1965. 149 Cf. MYERS 1965: xns. - Für die Handlung cf. MYERS 1965: xxxvm-xun; ADLER 1975: 135-38. 1so Jähzornig ist Karl auch bereits in der Entree d'Espagne, wo er Roland nach der Eroberung von Nobles ins Gesicht schlägt; cf. ADLER 1975: 57. 1s1 Cf. Iehan de Lanson 121-23. - Vgl. auch ADLER 1975: 136. Für ein ähnliches Verhalten Karls im Fierabras cf. BENDER 1967: 96. Speculatio Carolina Toz vos a morz Jehanz se il en ot puissance! Quant a lui vos tramis, molt par fis graut anfance. Jehan de Lanson 3209s. 67 Bereits unsere vorhergehenden Ausführungen haben ahnen lassen, daß es um Karls Autorität nicht zum Besten bestellt ist. Dieser Autoritätsverfall wird geradezu eklatant in der Szene, wo Ganelons Leute Basin vor den Augen Karls angreifen, um so den Feldzug nach Italien doch noch zu verhindern (v. 3576-615). Karl kann Basin mit Mühe vor dem Tod bewahren - und der Übeltäter geht letztlich straffrei aus. Dies alles ist aus feudalrechtlicher Sicht unerhört. Und schließlich erscheint Karl auch noch als träge und vergnügungssüchtig. Als er mit seinem Heer nach Italien ziehen soll, leiht er nur allzu leicht sein Ohr denen, die ihn mit Schmeicheleien und falschen Ratschlägen von diesem aufwendigen und gefährlichen Unternehmen abzuhalten versuchen (v. 3530ss., 3774ss.): Man hat den Eindruck, Karl suche nur nach einem Vorwand, um nicht ins Feld ziehen zu müssen. - Und als er dann Lanson belagern muß, wird er der Angelegenheit schon bald überdrüssig und geht jagen (v. 5758-859): Ohne Basins magische Künste hätte seine Gefangennahme wohl zu einer totalen Katastrophe geführt 1 5 2• Fassen wir zusammen. In Iehan de Lanson erscheint Karl als stur, jähzornig, unklug, leicht beeinflußbar, leichtsinnig und v. a. als mit dem Feudalrecht auf dem Kriegsfuß stehend. Im Vergleich mit dem Rolandslied könnte man ihn bereits als heruntergekommen bezeichnen aber es kommt noch schlimmer! 1.7 Eine weitere Verschärfung des negativen Karlsbildes findet sich im Daure! et Beton 153 ; dieser Text, der nur in einer altprovenzalischen Version überliefert ist, dürfte um 1200 entstanden sein 154 also zu einer Zeit, für die Rebellenepen geradezu typisch sind. Die schauerliche Mordgeschichte in diesem Text (v. 394ss.) 1 55 müßte einen gerechten Kaiser dazu veranlassen, seine Pflicht als oberster Richter wahrzunehmen aber er tut nichts. Gui, der zum Erben des von ihm ermordeten Boeve eingesetzt werden will, besticht vielmehr den Kaiser mit dem Versprechen, ihm seinen Schatz zu überlassen: ...: «Ieu tenh las eretatz Qu'ero de! duc que de! segle es anatz: Reis, se vos plas, a mi las autreas. L'aur e ! 'argen vos er tot aportatz. Daure/ 570-73 152 Cf. hierzu auch PARIS 1865a: 366ss.; ADLER 1975: 138, 141; GRAus 1969: 46. 153 Cf. ed. MEYER 1880. 154 Cf. MEYER 1880: XXVIII-XXIX. 155 Cf. ADLER 1975: 160-62. - Für eine ausführliche Zusammenfassung cf. MEYER 1880: m-xrx. 68 Peter Wunderli Und er fügt gleich bei, er wolle auch die Witwe haben: Er wäre dann Karls Schwager, und da er so reich sei, könne er ja viel zum Glanz des Kaisers beitragen: «Das mi Ja dona, serai vostre conhatz; Amar vos ai mai c'om de maire natz. Ieu so rix hom, be i seres onratz; Serai el loc del duc qu'es traspasatz. » Daure! 574-77 Und wie reagiert Karl? Man wird zuerst essen und dann zu Ermengart gehen; die Habgier hat ihn offensichtlich geblendet, und der Autor zögert auch nicht zu unterstreichen, daß der Reichtum den Schmerz um Boeve schlagartig ausgelöscht habe: «Ades irem can nos aurem dinatz. » Cant au l'aver que es tan desmesuratz. Lo dol de! dux es trastot oblidatz; Daurel 579-81 Als Karl und Gui zu Ermengart kommen, beschuldigt diese den Verräter offen des Mordes (v. 595ss.). Gui stellt sie als hysterisches Frauenzimmer hin (v. 601ss.), was Ermengart ihrerseits veranlaßt, einen Gottesbeweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung zu fordern (v. 607-14). Karl lehnt all dies barsch ab: ...: «C'est conte11dre laissas: Per tot aiso 11011 er lo duc cobratz; El loc del duc Guis vos sia do11atz. . . . » Daure[ 615-17 Ermengart beschuldigt ihren Bruder der Bestechlichkeit: « . . . Ben grans aver cre vonh sia do11atz. Aital ric rey si fo en bo11 ponh natz Que per aver de sa sor fai mercatz! » Daure[ 621-26 Aber alle ihre Vorhaltungen nützen nichts: Karl bleibt bei seinem Beschluß und beendigt jede Debatte mit der Aufforderung an Gui: «Coms, dese l'espozatz» (v. 635). Alle Anwesenden murren heimlich, aber keiner wagt den Mund aufzumachen: Tuh la ragardo li gran e 1i menor, Non i a .j. 11ois plore de dolor, Car a tos peza fors de l'emperador; No l'auzo dir, car de luy an pahor. Daure[ 644-47 Speculatio Carolina 69 Was für ein gewandeltes Karlsbild tritt uns hier entgegen! Der Herrscher ist habgierig, bestechlich, gefühllos und tyrannisch. Am schlimmsten ist aber zweifellos die Tatsache, daß er seine verwitwete Schwester trotz allen Widerstands dazu zwingt, den Mörder ihres Gatten zu heiraten. Sicher steht ihm im feudalen Rahmen das Wiederverheiratungsrecht für die Witwe eines hohen Vasallen zu, aber ebenso steht fest, daß dies nicht ohne die Zustimmung der betreffenden Dame geschehen darf 156 • Durch sein tyrannisches Verhalten mißbraucht, ja pervertiert er dieses Recht 157 ; kein Wunder, wenn um einen solchen Tyrannen herum nur noch Furcht herrscht. 1.8 Kommen wir zur Krone der Rebellenepen, den Quatre fils Aymon, auch unter dem Namen Renaut de Montauban bekannt. Dieses gewaltige, fast 20000 Verse umfassende Epos dürfte kurz vor 1200 entstanden sein 158. Auch hier haben wir es mit einem keineswegs idealen Karl zu tun: Er ist wortbrüchig und bedient sich der Verrätersippe der Maganzesen zur Durchführung seiner durch nichts mehr gerechtfertigten Rache (v. 1439-72); Ungerechtigkeit, Sturheit und Rachsucht kennzeichnen dann auch sein weiteres Verhalten 1 59: Karl hat ganz offensichtlich seine Idealität als Lehnsherr verloren, und so kann er auch nicht mehr der von Gott Erwählte sein 160 ; diese Funktion ist vielmehr an seinen Gegner Renaut übergegangen. Hier nur ein paar Beispiele für Karls Fehlverhalten. Karl hat auch im Renaut de Montauban seine Wutanfälle, so z.B., wenn Ydelon de Baviere ihm in einer langen Rede zur Versöhnung mit Renaut rät: Quant Charlemaignes l'ot, s'a tot le sanc mue; Si rougi et mua com carbon alume. II a estraint ! es dens, si a Je cief crolle Ni a baron tant rice qui ne [s]oit esfree. Renaut 5587-90 Und die Szene schließt mit einer wilden Beschimpfung seines Ratgebers und der Drohung, er werde jeden ins Gefängnis werfen oder aufhängen, der Renaut in der Schlacht schone (v. 5593-603). Ydelon hat hier ganz offensichtlich nicht genügend in Rechnung gestellt, was er doch selbst zu Beginn seiner Rede als charakteristischen Mangel im kaiserlichen Verhalten bezeichnet hatte: 156 Cf. hierzu KRAUSS 1980: 131ss. 151 Cf. auch BENDER 1967: 89, 92; ADLER 1975: 161. - Eine ähnliche Szene findet sich auch in Aye d'Avignon (ed. S.J. BoRG, Geneve 1967, v. 3176ss.): Karl wird hier von dem Ganeloniden Milon bestochen, damit er seine Nichte Aye, die Witwe des von ihm ermordeten Garnier zwingt, ihn zu heiraten. 158 Cf. KöHLER 1985: 91. - Für den Inhalt cf. KÖHLER 1985: 90s. - Cf. auch die Ed. CASTETS 1909: 16-36; GRÖBER 1902: 547-49; ADLER 1975: 144s.; ADLER 1963: 31, 33s. 159 Cf. PARIS 1865a: 357; KöHLER 1985: 92; BENDER 1967: 69, 96. 160 Cf. hierzu auch BENDER 1967: 97s., in bezug auf Fierabras und Aye d'Avignon. 70 Peter Wunderli « . . . Il n'est hom qui puist mie devant vo cors paller, S'i ne dist tot vo uen et tot vo volente Qu'il ne soit par vos sempres de trai"son rete. . . . » Renaut 5552-54 Karl ist also eingebildet, überheblich und schlägt jeden Ratschlag seiner Barone in den Wind 161: der conseil des barons ist zur Farce geworden. Dies muß unweigerlich zur Rebellion der Barone führen 162• Ein erster Aufstand findet statt, als Karl sie dazu zwingen will, Richard, den jüngsten Bruder Renauts, hinzurichten: Einer nach dem anderen lehnt ab, und schließlich verlassen sie gemeinsam und unter Protest das Zelt des Kaisers (v. 9934-10316) 16 3. Die Hauptrebellion findet sich aber gegen Ende des Epos im Kampf um Dortmund. Karl weigert sich immer noch, auf die Friedensangebote Renauts einzugehen, obwohl dieser inzwischen Richart de Normandie gefangen genommen hat und droht, ihn als Geisel zu benutzen. Dies beeindruckt den Kaiser nicht im geringsten: De Richart n'a il garde, par lui soit vergoignie; Mieux voudroit de sa teste avoir .r. ceil sachie. Renaut l4986s. Er will Renaut zwingen, ihm seinen Cousin Maugis, den verhaßten Zauberer, auszuliefern, und dafür ist er auch bereit, einen seiner Getreuesten zu opfern. Damit verletzt er in eklatanter Weise seine Fürsorgepflicht gegenüber einem Vasallen. Dies veranlaßt dann einen nach dem anderen seiner Barone, sich von ihm loszusagen und ihn zu verlassen (v. 15017-69), so daß Karl gar nichts anderes mehr übrig bleibt, als schließlich doch einzulenken (v. 15107-15) 1 6 4. In dieser Szene wird auch ein weiterer Grundzug von Karls Charakter deutlich: seine Ungerechtigkeit sowohl gegenüber seinen Feinden als auch gegenüber seinen Freunden. Er will Richard, den Bruder Renauts, ungerechterweise hinrichten lassen, und ebenso ungerecht ist er, wenn er Richart de Normandie opfern will. Ungerechtigkeit des Kaisers löst letztlich auch den Streit mit dem jungen Renaut aus: Renaut und Bertolai spielen Schach, Bertolai verliert und beschimpft Renaut massiv, der ihm eine runterhaut. Bertolai, des Kaisers Neffe, läuft zum großen Onkel und beklagt sich, worauf Karl (ohne Abklärung des Sachverhalts) Renaut beschimpft, der nun seinerseits dem König den Verrat an seinem Onkel Beuve vorhält. Karl schlägt Renaut ins Gesicht, Renaut läuft weg, begegnet aber leider Bertolai, den er noch schnell mit dem Schachbrett erschlägt (v. 1905-45) - und das Verhängnis nimmt seinen Lauf 165 . Wir haben also eine Kettenreaktion, eine 161 Cf. auch ADLER 1963: 49s. 162 Cf. hierzu auch die Revolte Rolands im Fierabras, cf. BENDER 1967: 95. 163 Cf. auch ADLER 1975: 58s. 164 Cf. auch BENDER 1967: 152,154. 165 Cf. auch ADLER 1963: 37. Speculatio Carolina 71 Lawine, letztlich ausgelöst durch eine Kleinigkeit. Hätte Karl sich korrekt und gerecht verhalten, wäre überhaupt nichts passiert; so aber wirkt seine Ungerechtigkeit wie ein Katalysator (im traditionell chemischen Sinn! ). - Ungerecht ist schließlich auch sein Verhalten gegenüber Bayard, dem Pferd von Renaut, an dem sich der Kaiser gewissermaßen stellvertretend für seinen Herrn rächen will: Er bindet ihm einen Mühlstein um den Hals und stürzt es in Lüttich von der Brücke in die Maas. Seine Barone halten mit Kritik nicht zurück: «Ogier, dist l'arcevesques, par Diex lo roi am[l]ant Molt est cruelx mes sires, ge m'en vois merveillant, Quant une beste mue maine par tel samblant.» «Fols est», dist Oliviers. «Voire», ce dist Rollant. Ains n'i ot nus des pers, bien lo vos acreant, Ne plorast por Baiart, lo bon cheval corrant. Renaut 15313-18 Allerdings entkommt Bayard: Er zertrümmert den Mühlstein mit den Hufen, durchschwimmt den Fluß und flieht in die Ardennen. Zurück bleibt ein wutschäumender Karl (v. 15294-341) 166• Und noch ein anderer Zug, der Karl als unwürdigen Herrscher erscheinen läßt: Er ist geizig, er zählt seine deniers 167 ; im Krieg gegen die Aymoniden ist seine größte Sorge, daß der listige Maugis ihn beklauen könnte (v. 5678-80). Ein Kaiser mit einer Krämerseele wird aber lächerlich, und eine lächerliche Figur gab ja Karl letztlich auch schon gegenüber dem listigen Hengst Bayard ab. Und dies ist sogar ein spezifischer Zug des Renaut de Montauban, der uns bisher nicht (oder zumindest nicht in diesem Ausmaß) begegnet ist: Karl wird immer wieder und schon fast systematisch lächerlich gemacht, und zwar vor allem durch Renauts Cousin 168, den Zauberer Maugis, aber auch durch Renaut selbst. In Paris wird auf den Rat von Naimes ein Pferderennen veranstaltet, bei dem ein hoher Preis ausgesetzt und die Krone Karls ausgestellt wird; Ziel ist es, Renaut in eine Falle zu locken und sich Bayards zu bemächtigen (v. 4760ss.). Der verkleidete Renaut mit seinem unkenntlich gemachten Bayard gewinnt natürlich das Rennen - und klaut Karl noch so nebenbei die Krone (v. 4951-53). Zurück bleibt ein jammernder Karl, der um seine Krone bettelt und Renaut alles mögliche verspricht (v. 4956-59) 169• Nicht viel besser geht es Karl in seinem Zweikampf mit Renaut (v. 10878-1064). Nachdem Renaut nochmals ein Friedensangebot gemacht und Karl mit der unannehmbaren Forderung nach einer Auslieferung von Maugis geantwortet hat, den er schändlich hinrichten lassen will, schlägt Karl Renaut zuerst einmal nieder. 166 Cf. auch BENDER 1967: 158; ADLER 1963: 67. 167 Cf. ADLER 1963: 48-50. 168 Cf. ADLER 1975: 128; 1963: 61s. 169 Cf. auch ADLER 1963: 42. 44. 72 Peter Wunderli Wieselflink spring Renaut auf, packt Karl um die Hüften, lädt ihn sich auf die Schultern und rennt mit dem strampelnden, um Hilfe rufenden Kaiser Richtung Bayard, um seine «Beute» in Sicherheit zu bringen, die ihm aber im letzten Moment noch von Roland und seinen Leuten abgejagt wird (v. 11011-53) 170• - Diese Szene findet ihre Wiederholung unter der Regie von Maugis (v. 12530-57). Der listige Cousin Renauts schleicht sich eines Nachts bei Karl ein, spricht eine Zauberformel und bringt den wehrlosen Kaiser huckepack zu Renaut nach Montauban (der ihn allerdings später freiwillig wieder freiläßt) 171: Maugis vint a Charlon, droit au Jit ou il ert; A son col l'encarja, o Jui J'en a porte. Charles ne pot parler ne .I. sol mot soner. Maugis vint a Baiart, es archons l'a pose; Puis est saillis derriere, atant s'en est tornes. Venus est a Ja sale, s'avaJe ! es degres. En .r. lit cordei:s coJva Charlon soef; Devant lui aluma .1. grant cierge enbrase; Molt a Je roi de France servi et honore. Renaut 12549-57 Auffällig ist auch das Ritual, das Maugis mit Karl aufführt: Er wird behandelt wie ein toter Kaiser, und ein toter Kaiser wäre wohl schon wieder ein guter Kaiser(! ). - Maugis hatte übrigens kurz zuvor Karl einen ähnlichen Streich gespielt, in dem es allerdings nicht um die Person des Kaisers ging: Von diesem gefangengesetzt, wendet Maugis wieder einmal einen seiner Zaubertricks an, so daß um Mitternacht die ganze Mannschaft (Karl und die zwölf Pairs eingeschlossen) einschläft. Mit einem zweiten Zauber öffnet er dann alle Riegel, Türen, Kettenschlösser usw. und spaziert ungehindert aus seinem Gefängnis nicht ohne Karl und den zwölf Pairs ihre Schwerter zu stehlen(v. 11610-51) 172• Der Höhepunkt der Komik wird aber sicher in der Pilgerszene erreicht. Nachdem Karl Renauts Bruder Richard gefangengenommen hat und diesen hinrichten lassen will, verkleidet sich Maugis als Pilger, um ihn zu befreien(was letztlich auch gelingt). Trotz des Ernstes der Lage kann es Maugis aber nicht unterlassen, mit Karl sein Spielchen zu treiben. Er gibt sich als von den vier Haimonskindern und Maugis übel behandelter, schwer maltraitierter und kranker Mann aus, dem in einem Traum offenbart worden sei, daß er nur genesen könne, wenn Karl ihn, vor ihm knieend, füttere. Und in der Tat, er bringt den Kaiser dazu, auf sein Ansinnen einzugehen(v. 9480ss.) 173: 110 Cf. auch ADLER 1963: 54, 61. 111 Cf. auch ADLER 1963: 47. 172 Cf. ADLER 1963: 58. m Cf. auch ADLER 1963: 57s. Speculatio Carolina A genoillons se met l'emperere Charlon; Puis a pris .r. coutel, si desfait le paon; Puis a pris .1. morsel, si fist bene"ü,:on. «Paumier, crvre la bouce et nos le te donron. » Maugis crvre la geule a guisse de grifon Et Charles li mist ens le morse! a bandon. Sachies qu'il n'i failli, se molt petittet non, Que Maugis ne le prist as dens par le doiton Renaut 9650-57 73 Dieser Höhepunkt der ganzen Komödie ist derart geschickt und ausführlich vorbereitet, daß kein Leser die parodistische Intention des Autors verkennen kann. Ein derartiges Karlsbild ist das pure Gegenteil dessen, was wir im Rolandslied angetroffen haben 174 : ein cholerischer, uneinsichtiger, ungerechter und lächerlicher Tyrann 17 5, der kaum mehr einen Gedanken an den Krieg gegen die Heiden verschwendet, sondern sich ausschließlich in internen (letztlich von ihm selbst verschuldeten) Querelen mit seinen Vasallen verzehrt 176 . Karl ist hier zum Antiideal geworden, zum Vorbild dafür, wie ein Herrscher nicht sein sollte. Einern solchen König muß natürlich jeder mythische Zug abgehen, und dementsprechend kann es in Renaut de Montauban auch keine göttlichen Interventionen zugunsten des Königs geben ganz im Gegenteil: Wenn Gott eingreift, dann tut er dies zugunsten seiner Gegner und verdeutlicht damit, auf wessen Seite das Recht ist 177. Macht und Recht, König und Vasall sind hier zu fast unvereinbaren Gegensätzen geworden, die alte dialektische Einheit des Feudalstaates ist zerbrochen 178 • Dies bedeutet allerdings nicht, daß das Königbzw. Kaisertum als solches in Frage gestellt würde; die vier Haimonskinder usurpieren nie die Königswürde, nutzen ihre Erfolge nie aus 1 79: Renaut gibt Karl die geklaute Krone (irgendwie und heimlich, wir erfahren es im Text nicht) wieder zurück, und wenn die Rebellen den Kaiser einmal in ihre Gewalt bringen, lassen sie ihn nachher wieder unversehrt laufen. Was in Frage gestellt wird, ist offensichtlich nicht die Institution, sondern die Person des Herrschers eine Haltung, die geradezu typisch für die Zeit um 1200, für das kapetingische Königtum unter Philipp n. Auguste, ist 180 . 174 Cf. BENDER 1967: 165. 11s Cf. BENDER 1967: 153s., 172. 176 Cf. BENDER 1967: 171. rn Cf. BENDER 1967: 167s. 11s Cf. KÖHLER 1985: 78, 92; BENDER 1967: 145ss., 156. 179 Cf. BENDER 1967: 100s.; KöHLER 1985: 91s.; ADLER 1963: 34, 70; ADLER 1975: 130s. 1so Cf. ADLER 1963: 70s. 74 Peter Wunderli 1.9 Kommen wir zum letzten Text, der hier berücksichtigt werden soll: es handelt sich um die sogenannte Karlsreise 181 , ein kurzes Werk von nur 870 Versen, das meist der 2. Hälfte des 12. Jh.s zugewiesen wird 182 • Dieser Text ist anders als die bisherigen; was dort tragico more dargestellt wurde, wird hier comico more präsentiert; dieser Unterschied gilt letztlich auch in bezug auf Renaut de Montauban, in dem zwar die komischea Elemente nicht fehlten, aber eben nur Einschlüsse in einem anders gearteten Basistext darstellten. Hier aber haben wir es mit einer durchgängigen Lächerlichmachung zu tun: Es liegt eine Parodie vor 183 , in der die Größe Karls destruiert wird 184 • Sicher ist Karl nicht ohne eine gewisse Majestät, und Gott erhört ihn auch, wenn er ihn um Hilfe bittet bei der Ausführung der gabs (Prahlereien): Er schickt ihm den Erzengel Gabriel, der ihm seine Hilfe ankündigen soll (v. 668ss.); gleichwohl wird er lächerlich gemacht, und dies gilt auch für seine Barone, ja letztlich sogar für Hugo von Konstantinopel 185 • Der komische Tenor ist also durchgängig und damit die Grundvoraussetzung für eine Klassifikation als Parodie gegeben. Komisch-parodistisch ist schon der Anfang: ein aufgeblasener, eitler Karl präsentiert sich an einem Festtage im vollen Schmuck seiner Herrscherwürde und erwartet, daß alle vor seiner Schönheit und Größe in Ohnmacht fallen werden (v. lss.) aber seine Angetraute spielt das Spiel nicht mit und verletzt seine Eitelkeit in nicht gerade kluger Weise (v. 13ss.): Anlaß der ganzen Geschichte ist also nichts weiter als ein handfester Ehekrach 186. Und nicht weniger disproportioniert sind die Ereignisse in Jerusalem 18 7• Es beginnt damit, daß Karl sich-vollkommen unbedarft und naiv-auf den Stuhl Christi setzt und seine zwölf Pairs um sich herum auf den Stühlen der Apostel plaziert (v. 112-22). Für diese Tölpelhaftigkeit wird er anschließend vom Patriarchen mit dem Titel «der Große» geehrt: E dist li patriarches: «Sire, mult estes ber! Sis as en la chaere u sist mei:mes Deus: Aies nun Charlemaine sur tuz reis curunez! » E dist Ii emperere: «Cin cenz merciz de Deu! . . . » 181 Ed. AEBISCHER 1965. Voyage 156-59 1s2 Anders FAVATI 1965: 124, der sich für die 2. Hälfte des 13. Jh.s ausspricht. - Für eine Zusammenfassung cf. KöHLER 1985: 78-81; cf. auch HORRENT 1981: 43s. 183 Cf. ADLER 1975: 69; KÖHLER 1985: 81; AEBISCHER 1956: 160, 162; HEINERMANN 1936: 511, 548, 550, 562; NEUSCHÄFER 1959: 78-103. 184 Cf. FAVATI 1965: 31 et passim. - Anderer Ansicht ist in diesem Punkt HoRRENT 1961, der aus dem Text eine «histoire de piete» im Rahmen einer «aventure imaginaire» machen will; er scheint jedoch diese Interpretation in HoRRENT 1981: 43s. selbst aufgegeben zu haben. - Zur Bewertungsgeschichte im allgemeinen cf. FAVATI 1965: 10-13. iss Cf. FAvATI 1965: 21s., 44ss., 63ss. 186 Cf. auch AEBISCHER 1956: 161; NEUSCHÄFER 1959: 84; KÖHLER 1985: 82. 187 Cf. AEBISCHER 1956: 162s.; NEUSCHÄFER 1959: 88ss.; KÖHLER 1985: 82. Speculatio Carolina 75 Komisch war auch der Jude, der die Barone auf den Abendmahlsstühlen entdeckt hatte (v. 129ss.): Der Schreck fährt ihm in die Glieder (v. 130), er fällt beinahe hin, flieht, geht zum Patriarchen, um ihm zu berichten, und verspricht ihm, sich nun taufen zu lassen (v. 136) denn er hält die dreizehn für Gott und die zwölf Apostel: « . . . Duze cuntes vi ore en cel muster entrer: Oveoc euls le trezime, unc ne vi si formet! Par le men esc'ientre, �o est ma'imes Deus: Il e li duze apostle vus venent visiter! » Voyage 137-40 Der Höhepunkt der Komik wird aber beim Inventar der übergebenen Reliquien erreicht, die da sind (v. 162ss.): der Arm des Hl. Simon; der Kopf des HI. Lazarus; Blut von St. Stefan; das Schweißtuch Christi; einer der Nägel, die Christus bei der Kreuzigung durch den Fuß geschlagen wurden; die Dornenkrone Christi; der Abendmahlskelch und die Abendmahlsschale; das Messer, mit dem Christus gegessen hat; Bart- und Kopfhaare von Petrus; Muttermilch von Maria und ein Stück ihres Hemdes. Vielleicht sollte man sich gar nicht zu sehr an den einzelnen Reliquien aufhalten, denn im christlichen Reliquiengeschäft ist (fast) alles möglich; eindeutig komisch ist aber die Häufung der Reliquien, die geradezu an Rabelais erinnert, und dann auch ihre Funktion im folgenden: Sie heilen nicht nur Kranke, sondern lassen auch vor den Franken auf dem Weg nach Konstantinopel alle Wasser zurückweichen, so daß der Zug trockenen Fußes überall hingelangen kann 188: Les reliques sunt forz; granz vertuz i fait Deus, Qu'il ne venent a ewe, n'en partissent les guet, Ne n'encuntrent aveogle, ne seit reluminet; Les cuntrez i redrescent e les muz funt parler. Voyage 255-58 Die Komik setzt sich in Konstantinopel ungebrochen fort. Da ist zuerst einmal der von seiner Sänfte aus mit goldenem Gerät pflügende Hugo, ein Bild, das die biederen Franken in den Grundfesten ihrer Überzeugungen erschüttert (v. 283ss.) 189. Ein erster Höhepunkt wird aber mit dem Chateau tournant 190 , das sich plötzlich im Winde zu drehen beginnt, erreicht (v. 354ss.): Karies vit Je palais turneer e fremir: II ne sout que ceo fud, ne ! 'out de luign apris. 188 Cf. auch FAvATI 1965: 51ss., bes. p. 56. 189 Cf. auch AEBISCHER 1956: 164s.; KöHLER 1985: 82s. 190 Zur Thematik des Chateau tournant und ihrer Tradition cf. CrGADA 1961: 576-606. - Cf. ferner auch FAVATI 1965: 23s. 76 Peter Wunderli Ne pout ester sur pez: sur le marbre s'asist. Franceis sunt tut versez: ne se poent tenir, E covrirent ! ur chef e adenz e suvin, E dist li uns al altre: «Mal sumes entrepris! Les portes sunt uvertes: si n'en poüm issir! » Voyage 385-91 Die Komik der Szene wird noch dadurch akzentuiert, daß Hugo von dem ganzen Geschehen unbeeindruckt unter den Franken herumspaziert und dem verzweifelten Karl ganz ruhig erklärt, er solle sich doch etwas gedulden (v. 394-99). - Kaum hat sich der Wind gelegt, setzt man sich auch schon zu Tisch: Die Franken gehen nahtlos von der Todesangst zu größter Freßlust über (v. 399ss.). Schon beim Essen beginnt die gewaltige Sauferei, die dann im Schlafgemach fortgesetzt wird und zu einer Reihe von maßlosen Prahlereien führt (v. 448ss.). Nach der Prahlerei kommt auch gleich wieder der Sturz ins Gejammer: durch einen Spion informiert, verlangt Hugo die Einlösung der großmäulig verkündeten Heldentaten (v. 643ss.). Keine Entschuldigung hilft, weder der Verweis auf den Vollrausch noch die Behauptung, derartige Prahlereien seien in Frankreich in Männergesellschaften eben üblich: Die Franken können nur ihr nostra culpa singen: «Seignurs, dist l'emperere, mal nus est avenud: Dei vin e de! claret tant eümes beüd, E desimes tel chose que estre ne deüst! » E ad fait les reliques aparter devant lüi: A ureisuns se getent, unt ! ur culpes batud, E prient Deu de! cel e la sue vertud, Dei rei Hugun le fort que ! es garisset üi, •••>> Voyage 664-70 Und die von Gott durch seinen Boten Gabriel zugesagte Hilfe schlägt gleich wieder in Komik um: Die herbeigesehnten Wassermassen sind so mächtig, daß nicht nur Hugo auf seinen Turm, sondern auch Karl und seine Barone wie die Affen auf eine alte Pinie fliehen müssen 191; Desur un pin antif est Charles al vis fer, II e li duze pers, li barun chevaler, E prient Damne Deu que d'eauls il ait pited. Voyage 780-82 Und Gott hat dann schließlich auch ein Einsehen und läßt die Wassermassen zurückweichen (v. 791s.). Für die in der Karlsreise erzählten Ereignisse gibt es mit Sicherheit keinen konkreten historischen Hintergrund 192, allerhöchstens einen indirekten Anlaß, 191 Cf. auch FAVATI 1965: 24ss. 192 Cf. auch AEBISCHER 1956: 154; KöHLER 1985: 81. Speculatio Carolina 77 den die einen im 2. Kreuzzug von Louis VII sehen 1 9 3, andere in Karls Heiligsprechung in Aachen am 8.Januar 1166 194 usw. Ich ziehe es mit Guido Favati vor, gar kein konkretes derartiges Ereignis anzunehmen 19 S , ebensowenig wie ich an eine direkte Parodie des Rolandslieds (oder irgendeines anderen identifizierbaren Epos) glaube 196 • Dagegen spricht auch nicht die Tatsache, daß sich im Text - und dies ist durchaus zu Recht immer wieder herausgestellt worden 19 7 besonders viele Anspielungen auf das Rolandslied finden: schließlich war dieses Epos so etwas wie der idealtypische Leittext der chanson de geste im allgemeinen und der Karlsgeste im besonderen. Allerdings geht es wohl etwas weit, von einer Destruktion des Epos als Gattung zu sprechen 1 9 8, denn soweit ich sehe, fehlen Anspielungen auf die Wilhelms- und Empörergeste: Anvisiert ist nur die Karlsgeste, d.h. wir hätten eine Parodie auf den proköniglichen Epenzyklus - und somit erneut eine Destruktion des Karlsbildes. Erreicht wird diese Destruktion durch das, was Aebischer sehr treffend als brica-brac epique bezeichnet 1 99 : Traditionelle Motive der chanson de geste und v.a. des Karlszyklus werden verfremdet, umgelenkt 200 , dadurch, daß sie in einen unerwarteten (d. h. parodistischen) Kontext eingebettet werden; es handelt sich nicht mehr um den Kontext «Christentum-und-Vaterland», sondern um den banalen Bereich eines Ehekrachs. Die enttäuschte Publikumserwartung läßt so den (fast) idealen Herrscher zu einem hemdsärmeligen Pantoffelhelden werden 201 • 2.0 Obwohl wir nur einige ausgewählte Texte aus dem Bereich der altfranzösischen Epik vorgestellt haben, ist uns darin ein Karlsbild begegnet, das von der (fast) idealen Karlsfigur im Rolandslied bis hin zum Tyrannen des Renaut de Montauban reicht. Zwischen diesen Extremen gibt es praktisch jede beliebige Menge von Zwischenpositionen, ja würde man das ganze überlieferte Epenmaterial auswerten, so müßte der Eindruck eines Kontinuums zwischen den beiden Polen entstehen. Dazu kommt noch, daß sowohl der «gute» als auch der «böse» Karl keineswegs immer ernst genommen, sondern beide oft verulkt oder sogar durchgängig parodiert werden, was die Sachlage nur noch verkompliziert. Wie ist nun dieser verwirrende Befund zu interpretieren, wie können wir dieses widersprüchliche Bild erklären? 193 Cf. HEINERMANN 1936: 550. 194 Cf. NEUSCHÄFER 1959: 100s.; KÖHLER 1985: 83. 19s Cf. FAVATI 1965: 68ss. 196 Cf. AEBISCHER 1956: 161; HEINERMANN 1936: 511. 197 Cf. v.a. HEINERMANN 1936. 198 Cf. NEUSCHÄFER 1959: 80, 95; KÖHLER 1985: 83; FAVATI 1965: 38ss. 199 Cf. AEBISCHER 1956: 176. 200 Cf. NEUSCHÄFER 1959: 82s. 201 Cf. NEUSCHÄFER 1959: 83, 89. 78 Peter Wunderli 2.1 Ganz wesentliche Erklärungsinstrumente verdanken wir den literatur-soziologischen Überlegungen von Erich Köhler, für den die altfranzösischen Epen aus den Gegebenheiten der Feudalgesellschaft im 11. und 12. Jahrhundert zu interpretieren sind und nur vor diesem Hintergrund angemessen bewertet werden können 202 . Die große Zeit des Hochadels waren das 10. und das frühe 11. Jh. gewesen, in denen die Grafen eine unerhörte Machtfülle erreicht und den König zu einer weitgehenden Statistenrolle verdammt hatten 203 . Daneben hatte sich seit dem 9. Jh. eine Klasse von Kastellanen und Baronen herausgebildet, die von den Grafen abhängig waren. Diese Aftervasallen verarmen nun im Laufe des 10. Jh.s zunehmend, da sie sich kräftig vermehren und ihre Einkünfte aufgrund der Erbteilung immer geringer werden. Die ökonomische Auszehrung geht so weit, daß diese Schicht schon bald mit dem im 10./ 11. Jh. entstandenen Stand der Berufskrieger, die den niedrigen und vollkommen besitzlosen Adelsstand darstellen, zusammenfällt. Der Hochadel muß sich nun vorerst gegen die Ansprüche des niedrigen Adels wehren, der es aber gleichwohl schafft, Mitte des 12. Jh.s von einer classe de fait zu einer classe de droit zu werden 2 04, wodurch das zweite feudale Zeitalter eingeleitet wird. Andererseits sieht sich der Hochadel auch bald vom Königtum bedroht, das sich in seiner Machtlosigkeit nicht wohlfühlen konnte: Es strebte danach, durch Stärkung der eigenen Position von den großen Feudalherren weitestgehend unabhängig zu werden, deren Macht und Einfluß auf die Zentralgewalt zu brechen und so den nationalen Interessen den Vorrang vor den partikulär-regionalen zu verschaffen. Dies mußte natürlich zum Konflikt zwischen dem König und den mächtigen Feudalherren führen, die mit der Schaffung von regionalen höfischen Zentren auf die Zentralisierungsbestrebungen antworten 205 . Diese Bestrebungen erwiesen sich vor allem im Süden als relativ erfolgreich, waren doch hier der Einfluß der Krone traditionell gering und die Feudalherren praktisch unabhängig. Der Süden wurde so zur feudalen Hochburg 20 6 - und nicht umsonst stammen die Helden der Empörergeste vorwiegend aus dem Süden Frankreichs, wo sich auch meist die Handlung (oder zumindest ein wichtiger Teil der Handlung) abspielt. Die Entstehungszeit der altfranzösischen chanson de geste (Ende 11. Jh. bis Anfang 13. Jh.) fällt nun genau mit dieser Krisen- und Umbruchszeit zusammen. Wir haben es in den rund 150 Jahren, die uns interessieren, mit vier kapetingischen Königen zu tun 20 7: Philippe r (1052-108/ 1060-108), Louis v1 «le Gros» (1081- 137/ 1108-37), Louis VII «le Jeune» (1120-80/ 1137-80) und Philippe II Auguste 202 Cf. KÖHLER 1978c: 368s. 203 Cf. hierfür und für das Folgende KöHLER 197b: 20ss. 204 Cf. BLOCH 1968; vgl. auch KöHLER 1978a: 3s. 20s Cf. zum Konflikt zwischen dem König und den unabhängigen Feudalherren LEMARIGNIER 1965. 206 Cf. auch KöHLER 1972b: 26. 201 Das erste Paar von Jahreszahlen gibt die Lebensdaten, das zweite die Regierungszeit an. Speculatio Carolina 79 (1165-223/ 1180-223). Philippe r war noch ein ausgesprochen schwacher König gewissermaßen ein typischer Frühkapetinger -, und ähnliches kann man auch noch von seinen beiden Nachfolgern sagen. Gleichwohl: Sie betrieben im Rahmen ihrer Möglichkeiten durchaus zielstrebig eine königliche Stärkungs- und Zentralisierungspolitik, die zwar immer wieder Rückschläge hinnehmen mußte, aber dennoch kleine Fortschritte brachte. Der Durchbruch gelang schließlich Philippe n Auguste durch eine antifeudale Allianz mit der Funktionärsschicht und dem Bürgertum im allgemeinen. Diese Allianz setzte sich in einem erbitterten Kampf, der bis 1214 dauerte, schließlich durch: in der Schlacht von Bouvines gelang es Philippe II Auguste, mit Hilfe von städtisch-bürgerlichen Truppen die mit Otto rv. verbündeten Großvasallen vernichtend zu schlagen 208 ; die Barone waren nun entmachtet, dem Ausbau und der weiteren Stärkung der Zentralgewalt stand nichts mehr im Wege. Geht man nun davon aus, daß sich die politischen Verhältnisse der kapetingischen Zeit in der Karlsfigur spiegeln, und nimmt man an, das Rolandslied sei in der Oxforder Version während der Regierungszeit von Philippe I entstanden, dann bietet sich die Erklärung für das Karlsbild an, das wir im Rolandslied angetroffen haben. Philippe I ist noch ein schwacher kapetingischer König, der an der Spitze eines von inneren Fehden zerrissenen Feudalstaates steht und der seinen Feudalherren weitgehend ausgeliefert ist. Diese realpolitische Situation schlägt sich u. a. im Verhalten Karls im conseil des barons und im Ganelonprozeß nieder. Andererseits zeichnet uns der Autor das Karlsbild eines sowohl äußerlich als auch von seiner moralischen Struktur her idealen, mächtigen Weltkaisers, der, von Nationalgefühl und christlichem Sendungsbewußtsein durchdrungen, auch in der Lage ist, seine Vorstellungen durchzusetzen 2 09 also ein Wunschbild, eine Zielprojektion aus proköniglicher Sicht, oder wie Erich Köhler es formuliert: Unser Dichter hat unter den Möglichkeiten, die seine Zeit enthielt, jene gesichtet, an deren Verwirklichung er auf Grund einer universalhistorisch-christlichen Konzeption der Monarchie zu glauben vermochte. Göttliche Intervention mußte legitimieren, was in der geschichtlichen Konstellation nur erst als Chance, aber noch nicht als Gewißheit bereitstand. Was den Dichter überhaupt erst zu diesem Entwurf ermächtigte, war die Existenz der zwei sozial und politisch relevanten Gruppen, an deren Interessenkonflikt und dessen Utilisierung sich das Schicksal der kapetingischen Monarchie entscheiden mußte. (KÖHLER 1972b: 411) Das Rolandslied ist somit im wesentlichen proköniglich, doch dringen die profeudalen Positionen gleichwohl vereinzelt durch, wenn Karl als die feudalen Rechtsnormen unterlaufend dargestellt wird: Unter der scheinbar glatten Oberfläche 208 Cf. BENDER 1967: 115, 119; KÖHLER 1985: 91. 209 Cf. KÖHLER 1978c: 396, 411; KöHLER 1985: 44. - Cf. auch KRAUSS 1978: 9; AUERBACH 1967: 99; BEZZOLA 1978: 131; fRAPPIER 1978: 343s. 80 Peter Wunderli werden so die inneren Widersprüche und Spannungen der gegebenen Situation deutlich, denen sich eben auch Karl nicht entziehen kann und die aufgrund des Konfliktes Roland - Ganelon überhaupt als Motor des ganzen Geschehens anzusehen sind. Ganz anders liegen die Dinge für den um 1200 entstandenen Renaut de Montauban. Was unter Philippe r noch reines Wunschdenken war, hat sich unter Philippe n Auguste weitestgehend konkretisiert: An der Spitze Frankreichs steht jetzt ein glanzvoller, in zunehmendem Maße mächtiger werdender Herrscher, der in der Lage ist, die Einheit und das Funktionieren des Staates zu realisieren und zu garantieren. Der Feudaladel sieht seine Felle davonschwimmen, denn er konnte seine partikulären Interessen nur unter einem schwachen König durchsetzen. Für den Feudaladel mußte der Aufstieg des Königtums ein Werk des Teufels sein, der mächtige Herrscher konnte ihm nur als Tyrann erscheinen, der mit allen seinen Idealen widersprechenden (negativen) Zügen behaftet war. Literarischer Ausfluß dieser profeudalen Sicht der geschichtlichen Entwicklung ist die Rebellenepik, die im Renaut de Montauban kulminiert, ein Werk, das man geradezu als politisches Pamphlet des sich ins Abseits gedrängt fühlenden Feudaladels interpretieren könnte 210 . 2.2 Die «Stimmigkeit» dieser Extremwerte legt nun einen durchgängigen Parallelismus zwischen der Entwicklung der Feudalgesellschaft einerseits und den sich in der epischen Literatur spiegelnden politischen Themen andererseits nahe. Eine derartige Sicht ist z.B. von Bezzola und Becker 211, in ganz besonderem Ausmaß aber von Bender 2 1 2 vertreten worden, für den die chansons de geste direkt aus den politischen Ereignissen des 12. Jh.s heraus gedeutet werden müssen und der einen chronologischen Vergleich zwischen dem Entwicklungsstand von epischer und historischer Feudalgesellschaft versucht, ja einen Isochronismus zwischen den beiden Bereichen postuliert. Dabei gerät er aber sehr schnell in Schwierigkeiten, da es im postulierten Parallelismus zahlreiche Ungereimtheiten gibt. In bezug auf das Couronnement Louis muß auch Bender 2 13 einräumen, daß hier keine direkte Widerspiegelung von historischen Gegebenheiten vorliegt, denn Louis vn war im Vergleich zu seinem Vorgänger keineswegs ein schwächerer oder unfähigerer Herrscher; oder sollte die Tatsache, daß er noch als Kind auf den Thron kam, für diese Charakterisierung ausreichen? Dagegen spricht Benders eigene Annahme, der Text sei nach 1152, d.h. zu einem Zeitpunkt, wo Louis VII schon längst 210 Cf. KRAuss 1978: 9s.; KöHLER 1985: 91s. 211 Cf. BEZZOLA 1978; BECKER 1978, v.a. p.114-16. 212 Cf. BENDER 1967, v.a. p. 7s. m Cf. BENDER 1967: 60, 64ss. Speculatio Carolina 81 volljährig war, entstanden 2 14• Vor allem aber müßte man fragen: Wie steht es denn mit dem unfähigen Sohn Charlot im Huon de Bordeaux, einem Text, der auf 1216 datiert wird, also nach dem großen Sieg von Philippe n Auguste liegt? - Probleme hat Bender auch mit Aye d'Avignon, denn um seine These aufrecht zu erhalten, muß er eine Übertragung der Verhältnisse in der königlichen Domäne auf den Vasallenbereich annehmen 2 15• Auch die Übergriffe Karls im Fierabras bleiben für ihn ohne Bezug zu den aktuellen Verhältnissen 216 , usw. Auch die Ergebnisse unserer eigenen Untersuchung widersprechen der These vom vollkommenen Isochronismus zwischen geschichtlicher und epischer Entwicklung. Sicher: Die oben vorgenommenen Zuordnungen Rolandslied - Philippe I und seine Zeit, Renaut de Montauban - Philippe n Auguste und seine Zeit haben ihre Gültigkeit. Zu Renaut de Montauban kann man auch noch Daurel et Beton stellen, ein Werk, das mehr oder weniger gleichzeitig entstanden ist. Wie aber erklärt es sich, daß im Voyage Charlemagne, einem ebenfalls gegen Ende des 12. Jh.s entstandenen Werk, der Kaiser nicht verteufelt, sondern einfach lächerlich gemacht wird? Warum ist im Girart de Vienne und im Jehan de Lanson 2 17, die ins Ende der Regierungszeit von Philippe II Auguste (oder kurz danach) fallen, das von Karl gezeichnete Bild bedeutend weniger negativ als im Renaut de Montauban und in Daurel et Beton 2 18 ? Und wie erklärt es sich, daß in der gleichen Zeit mit Anseis de Carthage und Aiquin 219 zwei Epen entstehen können, in denen Karl zwar alt und schwach bzw. schwer verletzt erscheint, die in ihrer Grundhaltung aber durchaus proköniglich sind? Und was ist mit Aspremont, einem Text, der auf 1188 datiert wird und der somit bereits in der Regierungszeit des von allem Anfang an zielstrebig die Entmachtung der Feudalherren betreibenden Philippe II Auguste fällt? Sicher, Girart de Fraite ist immer ein bißchen größer und besser als Karl, aber Karl ist weitgehend fehlerfrei also ein Text, der keineswegs als antiköniglich angesehen werden kann. Probleme über Probleme! Halten wir fest: Es gibt zwei Texte, die so etwas wie Eckdaten markieren und die gewissermaßen das Gegenbild der historischen Wirklichkeit zu sein scheinen: auf der einen Seite haben wir das Rolandslied, das vor dem realpolitischen Hintergrund eines schwachen, den Feudalherren ausgelieferten Königtums das Idealbild eines weitgehend vollkommenen und mächtigen christlichen Weltkaisers entwirft; auf der anderen Seite steht der Renaut de Montauban, ein Text, der vor dem Hintergrund einer realpolitischen Situation, in der die Zielprojektionen von vor 214 Cf. BENDER 1967: 50. -Traditionell wird das Couronnement allerdings auf 1130/ 31 datiert (cf. KöHLER 1985: 84; LANGLOIS 1966: vn; LEVY 1957: 45; usw.), was sich aber mit einer Reihe von (guten) andern Argumenten Benders schlecht verträgt. 215 Cf. BENDER 1967: 90. 216 Cf. BENDER 1967: 97. 211 Zwischen 1205 und 1225, bzw. 1. Drittel 13. Jh. 21s Kurz vor 1200 bzw. um 1200. 219 2. Viertel 13. Jh., bzw. Ende 12./ Anfang 13. Jh. 82 Peter Wunderli hundert Jahren weitgehend eingelöst worden sind, den Widerstand der entmachteten Feudalherren artikuliert und in dem der (zu) mächtig gewordene Herrscher verteufelt wird. Und zwischen diesen beiden Polen gleichgültig, ob der Renaut de Montauban chronologisch vor- oder nachzuordnen ist gibt es eine Fülle von Texten, die in je unterschiedlicher Weise zwischen der extrem proköniglichen und der extrem profeudalen Position Stellung beziehen. 2.3 Wie ist nun aber dieser diffuse Übergangsbereich zwischen Rolandslied und Renaut de Montauban zu interpretieren, wie kommt diese scheinbar endlose Variation zwischen den extremen Polen zustande? Zur Lösung dieser Frage scheint mir Alfred Adler den entscheidenden Ansatz geliefert zu haben 220 . Nach Adler darf das gesamte Korpus der chansons de geste nicht auf seine chronologische Abfolge fixiert und in Abhängigkeit von ihr betrachtet werden 22 1; vielmehr hätte die Gesamtheit der Epenliteratur als ein Text zu gelten, d.h. die diachronische müßte einer synchronischen Betrachtungsweise weichen. Die Epenautoren würden prinzipiell die gesamte Stoffmasse überblicken und vor dem Hintergrund des Gesamtinventars gewisse Typen von Konstellationen exemplarisch behandeln, ja sie bis in ihre extremsten Konsequenzen ausspekulieren: In einer Art von Sandkastenspielen, in deren Rahmen grundlegende gesellschaftliche und politische Konstellationen in überspitzter Form simuliert werden, kommt man dann zu quasi-mythischen Problemlösungen, die eine kognitive und/ oder entlastende Funktion in bezug auf die Realität haben. Verstärkt würde diese didaktische Funktion der ausspekulierten Kasus durch die Technik der Gegenbildlichkeit, d.h. durch die Abhandlung von einander diametral entgegengesetzten Konstellationen in verschiedenen Epen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die einzelnen Themen und Motive als Versatzstücke, die aufgrund unterschiedlicher Auswahl und variabler Kontexteinbettung einen in den einzelnen Epen jeweils unterschiedlichen Stellenwert erhalten: das, was Aebischer als bric-a-brac epique bezeichnet 222 , was man mit Roland Barthes bricolage epique nennen könnte, muß somit im Gesamtzusammenhang nicht nur der einzelnen Epen, sondern auch der Gattung in ihrer Gesamtheit gesehen werden 223 . Kommen wir nun zurück zu unserer Fragestellung betreffend den diffusen Zwischenbereich zwischen Rolandslied und Renaut de Montauban. Wir haben immer nur das Karlsbild analysiert, und dies ist sicher eine methodische Schwäche 220 Cf. ADLER 1975. - Cf. auch KöHLER 1977: 234-41; WUNDERLI 1988, v.a. p. 155ss.; WuN- DERLI 1987; KRAUSS 1978: 11; LIMENTANI 1978: 295-334, bes. p. 307. 221 Für eine derartige Betrachtungsweise spricht auch die Tatsache, daß die ganze Chronologie der altfranzösischen Epen nach wie vor äußerst fragwürdig ist und es wohl auch immer bleiben wird. 222 Cf. AEB! SCHER 1956: 170, 176. 223 Cf. auch KRAuss 1978: 6-8. Speculatio Carolina 83 unserer Untersuchung, denn das Karlsbild ist immer eine Funktion der übrigen Figuren des jeweiligen Epos und damit abhängig von dessen Gesamtstruktur. Gleichwohl lassen die differenzierten Ergebnisse erkennen, daß das Karlsbild Adlers Arbeitshypothese bestätigt: Zwischen den proköniglichen (Roland) und profeudalen (Renaut de Montauban) Extrempositionen kann dieses Bild endlos variiert und nuanciert werden, wobei diese Variation abhängig ist von der für das Epos gewählten Gesamtkonstellation.Das Ausspekulieren unterschiedlicher Ausprägungen der Relation Herrscher-Feudaladel schlägt somit auf das Karlsbild zurück, die epische Spekulation (Adler) wird zur speculatio carolina. Welche Konstellation für die verschiedenen Figuren gewählt wird, wie das Wertsystem beschaffen ist, in das sie integriert werden, hängt jeweils von der ideologischen Position des Autors und seines Zielpublikums ab 224 : Bei Gleichklang entstehen leicht extreme Darstellungen wie im Rolandslied oder im Renaut de Montauban, bei Divergenz kommen irgendwelche Zwischentöne zustande, wie sie uns ja reichlich begegnet sind. Dabei kann nicht übersehen werden, daß auch die jeweilige realpolitische Situation einen gewissen Einfluß auf das epische Wertsystem ausübt, und zwar v.a. als Kontrastfolie: Vor einem den Hochadel begünstigenden politischen Hintergrund kommen eher prokönigliche Konstellationen im Sinne einer idealen Zielprojektion zustande, vor einer das Königtum begünstigenden historischen Situation eher profeudale Literaturprodukte im Sinne einer Klage über ein entschwundenes «goldenes» Zeitalter allerdings ohne daß es sich hierbei um einen rigiden Determinismus handeln würde und nicht auch «atypische» Stellungnahmen möglich wären. Die Antinomien prokönigliche/ profeudale Haltung, Ideal/ Wirklichkeit, gerechter/ ungerechter König usw. 22 5 sind in ein außerordentlich kompliziertes Beziehungsgeflecht eingebunden, das oft nur mit Mühe zu rekonstruieren ist, das aber für die zwischen den beiden Polen Rolandslied/ Renaut de Montauban endlosen Variationen des Karlsbildes verantwortlich ist. 2.4 Bleibt noch der Voyage Charlemagne, ein Text, der vorerst nicht so recht in unser Erklärungsschema zu passen scheint.Andererseits vermag auch die Bewertung von Guido Favati nicht zu befriedigen 22 6, nach der es sich um «un'opera di puro divertimento, dovuta ad un letterato ehe sie dilettato di prendersi gioco di un insieme di situazioni epiche raggruppate ad un Carlomagno smanioso di eccellere, ...» handelt. Soweit Favati den bricolage, die Technik des Ausspekulierens und der Gegenbildlichkeit im Blick hat, pflichte ich ihm gerne bei aber dieses Spiel ist nicht ganz so unschuldig, wie es sich gibt, nicht einfach ein literarischer Zeitvertreib, sondern von höchster politischer Brisanz. Dies scheint sich mir schon daraus zu ergeben, daß Parodie und Komik sich ja nicht nur (durchgängig) im Voyage 224 Cf. GRAUS 1969: 16, 22; LIMENTANI 1978: 302. 22s Cf. auch GRAUS 1969: 16, 23s. 226 Cf. FAVATI 1965: 78. 84 Peter Wunderli finden, sondern (punktuell) auch eine wichtige Rolle in einer «ernsthaften» chanson de geste, dem fast gleichzeitig entstandenen Renaut de Montauban spielen 227• Für die Erklärung dieses Phänomens scheint sich mir die Theorie der Karnevalisierung von Michajl Bachtin anzubieten 22 8• Für Bachtin gibt es vom Altertum bis in die Renaissance eine Tradition des «populären Lachens», die weitgehend wenn auch nicht ausschließlich an die öffentlichen Plätze und das auf ihnen stattfindende Jahrmarktstreiben gebunden wäre. Funktion dieser Institution wäre es, eine Art karnevalistische Gegenwelt zur offiziell-feierlichen Welt von Kirche und Staat zu schaffen, einen Rahmen zu geben, in dem man sich ohne Furcht vor Strafe und Repressionen austoben, Kritik an der obrigkeitlichen Welt üben und seine Aggressionen gegen sie loswerden kann: Es eröffnet sich die Möglichkeit eines monde totalement autre, eines monde ii l'envers, einer «verkehrten» Welt, in der das Lachen oberstes Prinzip ist, ein Lachen, das einerseits kritisch-destruktiven Charakter hat, andererseits aber auch durchaus konstruktiv und zukunftsstiftend im Sinne einer Zielprojektion sein kann. In diesem Rahmen, meine ich, muß der Voyage Charlemagne gesehen werden. Zwar handelt es sich nicht um ein populäres, für die place publique bestimmtes Werk, sondern um ein literarisches Kunstprodukt elitären Charakters aber die Karnevalisierung hat schließlich auch anderweitig in den oberen Kreisen durchaus eine Rolle gespielt 22 9. Durch die Transposition vom populären in den elitären Bereich eröffnet sich so die Möglichkeit einer elitären Kritik an der offiziellen Ideologie und an ihrer «Image-Pflege»: Ebenso wie dies Alfred Adler für die komischen Szenen des Renaut de Montauban unterstrichen hat 230 , werden auch im Voyage das königliche Selbstverständnis und seine propagandistische Außendarstellung verunglimpft und parodiert. Allerdings glaube ich nicht, daß es sich dabei (so Adler) um parodistische Selbstironie handelt. Alles spricht vielmehr für eine karnevalistische Ideologiekritik an der proköniglichen Position aus der Sicht des Feudaladels. Da der Voyage Charlemagne durchaus in der Regierungszeit von Philippe II Auguste entstanden sein könnte, und da gerade dieser Herrscher das idealisierte Karlsbild ausgiebig als Propagandainstrument einsetzte 231 , fände eine karnevalistische Antwort auf die offiziellen Indoktrinationsversuche wie von selbst ihren Platz im literarisch gespiegelten Kräftefeld der Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien. 221 Darüber hinaus finden sich komische Szenen auch in andern Epen. 22s Cf. v.a. BAKHTINE 1970. - Cf. auch WuNDERLI 1986b: 115-18; ferner LIMENTANI 1978: 326. 229 Cf. z.B. für die Cent Nouvelles Nouvelles und den burgundischen Hof WuNDERLI 1986b: 118. 230 Cf. ADLER 1963: 62s. 231 Cf. BECKER 1978: 109s. und v.a. KöHLER 1978c: 390, sowie BENDER 1967: 123ss., 133ss. Speculatio Carolina 85 2.5 Kommen wir zum Schluß. Wir sind mit einem außerordentlich vielfältigen, äußerst schillernden Karlsbild konfrontiert worden, das uns ein Reflex der Auseinandersetzung zwischen Königtum und Feudaladel ab Mitte des 11. bis Anfang des 13. Jh. s zu sein scheint. Die jeweilige Ausgestaltung der Karlsfigur ist abhängig von der ideologischen Position des Autors und dem Zielpublikum und variiert im Sinne der epischen Spekulation weitgehend chronologie-unabhängig zwischen der dezidiert proköniglichen (Roland) und der dezidiert profeudalen (Renaut de Montauban) Position. In diesem Gefüge finden auch partielle oder durchgängige Karnevalisierungen im Sinne von Bachtin ihren Platz. Angesichts der Variationsbreite und der Widersprüche bei der Bewertung der Herrscherfigur könnte man versucht sein, in der altfranzösichen chanson de geste so etwas wie die (freie) politische Presse einer längst vergangenen, deswegen an sozialen Spannungen aber keineswegs armen Epoche zu sehen. 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Wilmet (MARTIN-WILMET 1980), au regard de grammaires empiriques se bornant a un recueil d'observations commodement classees (CHANTRAINE 1932) 1 a provoque deux effets salutaires sur * II m'est agreable de remercier ici Jean-Pierre Chambon et Gilles Roques, qui ont lu d'un ceil critique la premiere version de cet article, presentee d'abord sous forme de communication aux «Rencontres linguistiques en pays rhenan » (Strasbourg, novembre 1994): leurs remarques m'ont ete tres precieuses et je leur suis redevable de plusieurs amendements et affinements. 1 «Mais, pour le philologue, l'etude de la grammaire n'est pas une fin qui porte en soi sa justification. Elle est un moyen qui permet de prendre contact avec les textes dont le contenu reste l'objet final de son effort. En constituant la grammaire, il vise a faire un recueil d'observations empiriques, sans pretendre etablir une doctrine. » (CHANTRAINE 1932: 95). Et plus loin: «Sans doute ! es philologues ont du reunir des materiaux et les classer de maniere commode. Ils out du en particulier analyser avec finesse ! es emplois et les tournures qu'ils observent dans les textes. Mais pour decrire exactement une langue, il n'est pas superflu de s'etre fait une idee nette de ce que c'est qu'une langue. A un moment donne de leur histoire, le grec et le latin constituent un systeme ferme, dont il appartient au linguiste de definir la structure: ce n'est pas sa täche la moins importante que de decrire «statiquement » un etat de langue donne. » (ibidem, 100s.). Les «Grammaires de l'ancien fran�ais » sur Je marche (MENARD 1988; BoNNARD-RE- GNIER 1989; HASENOHRIRAYNAUD DE LAGE 1993) sont des grammaires-recueils-d'observationsempiriques-commodement-classees. Faites par des philologues plus que par des linguistes, leur but est de permettre de lire des textes. Dans cette perspective, les rapports avec les modeles descriptifs (linguistique descriptive) et les theories linguistiques (linguistique generale) ne se sont pas poses et ne se posent pas. On ne demande pas aux auteurs de «s'etre fait une idee nette de ce qu'est une langue » , ni de reflechir sur leurs procedures et leurs categories, ni de situer ce qu'ils disent dans le cadre de l'etude scientifique des langues et du langage. (Je dois ces references et ces observations a Jean-Pierre Chambon, que je remercie vivement ici pour sa lecture attentive et critique des premieres esquisses de ma Grammaire Nouvelle de l'Ancien Fram; ais). Une syntaxe de l'ancien fran�ais comme celle de P. Menard est ainsi caracterisee comme «pedagogiqne » par S. Fleischman dans Je compte rendu de la derniere edition; elle echappe, de maniere deliberee, aux avances theoriques et methodologiques qui ont renouvele l'approche de notre ancienne langue, sinon sous la forme d'ajouts limites confines aux recherches dans le domaine fran�ais: «The pedagogical orientation of the book and its stated objective an aid to reading Old French texts rather than a grammar designed for linguists explain a number of decisions concerning methodology and expository idiom: the emphasis on empirical description at the expense of explanation or theorical considerations, the adherence to a traditional grammatical vocabulary and avoidance of specialized linguistic terminology, the attention to dialectal variation, and, in particular, the focus on phenomena that separate Old French from Modem French. By stating as his goal <de faire un expose des faits, d'analyser ! es emplois et ! es valeurs, de distinguer l'usage courant et l'exception> rather than attempt ,une syntaxe minutieusement Varietas delectat 89 les recherches que j'ai menees sur notre ancienne langue depuis quelque trente ans a present: une prise en campte critique des avancees theoriques les plus marquantes et les plus solides appliquees a l'ancien frans;ais, assortie d'un retour reflexif sur mes propres monographies, pour en degager la coherence et leur donner de la perspective (cf. BuRIDANT 1987, 1991, 1993, 1995). une reanalyse de l'objet meme «ancien frans;ais» a la lumiere des progres et des orientations qui en ont renouvele les approches, ces dernieres annees. Je me propose ici de faire un point provisoire sur ces elements qui sont entre eux dans un rapport dialectique, la specificite de notre ancienne langue conditionnant dans une certaine mesure l'application et la pertinence des approches theoriques, et la validite de ces approches conditionnant sa (re)connaissance: il s'agira donc, en quelque sorte, de prolegomenes, sans doute elementaires, a une grammaire de l'ancien frans;ais. historique ou explicative, (9), M. guards against potential criticism that his Syntax fails to reflect advances in linguistic theory and methodology. In his assessment of the first edition, P. Dembowski (DEMBOWSKI 1973: 91s.) raises this very point, observing that ,one has a right to expect that modern description of historical syntax take advantage of novel insights and approaches developed by modern linguistics. > Yet in pondering ,HOW MUCH linguistic theory should be allowed to percolate [into] a primer of O[ld] F[rench] (a language of major concern to medievalists and humanists" he ultimately seems to favor the approach taken by M. » (FLEISCHMAN 1993a: 88). Et S. Fleischman fait des remarques analogues apropos des grammaires historiques dans son compte rendu de P.A.MACHONIS, Histoire de la langue. Du latin a l'ancienfranc;ais, New York/ London, 1990, soulignant que ! es grammaires «atheoriques» tendent en fait, tacitement, vers un positivisme philologique: «Authors of historical grammar texts must decide whether or not to integrate theory into their accounts of diachronic change, and if so, how much and what kind. Not surprisingly, most historical grammars presume to be atheorical, and are thus (tacitly) theoretically slanted towards philological positivism. A notable exception is Harris 1978, in which word-order-typology (Greenberg-style) provides a comprehensive theoretical framework for presenting the pathways of syntactic change in Romance. » (FLEISCHMAN 1993b: 200). S. Fleischman annonce, dans ce compte rendu, une etude a paraitre sur ! es incidences de l'ideologie dans la methodologie des grammaires historiques, dont on peut attendre des analyses penetrantes («Methodologies and Ideologies in Historical Grammar: A Case-Study from Old French » , aparaitre dans R. H. Bloch/ S. G. Nichols (ed.), Medievalism and the Modernist Temper, Stanford). «In fairness to M. it should be stated that the 3d edition incorporates albeit implicitly and without attribution a certain amount of recent linguistic work, invariably of French inspiration (reflecting les theories de l'enonciation and French approaches to theme and rheme, presupposition and assertion, and to the argumentational structure of language). This esprit de clocher is reflected in the bibliography also, which, except for early German classics of historical grammar, consists almost entirely of works by French scholars (and, occasionally, Scandinavians working within French traditions); British, American, and contemporary German work on Old French is conspiciously absent. » (Fleischman, 1993a: 88). On observe cependant un progres notable dans une description elementaire de l'ancien fran9ais, tenant compte d'avancees nouvelles, dans le recent Pour lire l'ancien franqais, de C. Thomasset et K. Ueltschi, mais le format de l'ouvrage rend certaines parties schematiques et aJa Jimite du caricatural (cf. Je chapitre 6.3. Quelques adverbes); y sont encore conservees des appreciations obsoletes (la trop fameuse «nuance aristocratique» du cas regime direct sans preposition, en filigrane dans Ja presentation de la p. 36), et rien n'est dit de Ja dialectalite profonde de l'ancien fran9ais (THOMASSET-UELTSCHI: 1995). 90 Claude Buridant C'est qu'une Grammaire de l'ancienfran<; ais ne me semble pas pouvoir s'elaborer sans tenter de degager ce qui caracterise fondamentalement notre ancienne langue, car de ces caracteristiques memes decoulent des consequences theoriques sur les strategies et l'appareil de description, et les orientations theoriques qu'elles impliquent. Mais cette caracteristique va au-dela de la competence linguistique proprement dite: elle engage, au plus profond, ce que j'ai appele, dans des monographies variees, l'architectonique mentale medievale, qui se manifeste a differents niveaux. L'essence de cette architectonique serait un goüt de la variete, de la variance, dans le cadre d'une civilisation Oll prime l'oralite: varietas delectat. L'homme medieval, et en particulier l'intellectuel tel que nous pouvons le reconstituer, se meut naturellement dans un univers de variance Oll il se plait et se complait, et dont je degagerai ici, dans une esquisse de synthese, les principaux parametres, en orchestrant des travaux et des observations anterieurs. L'ancien franc,;ais et les parametres de sa variance Le parametre diachronique Si l'on comprend sous «ancien frans;ais» la longue periode de la langue frans;aise comprise entre les Serments de Strasbourg texte plutöt symbolique que reellement representatif de la «naissance du frans;ais», en depit d'un livre recent (CER- QUIGLINI 1991), par ses calques formulaires et son ossature juridico-sacrale et les debuts du 14 e siede, sur une longue periode donc, l'ancien frans;ais est evidemment, comme toute langue naturelle, une langue en mouvement, et le premier parametre de la variance serait un parametre diachronique. Du 9 e au 14 e siede, l'ancien frans;ais est loin de presenter, a travers ies textes, une physionomie uniforme: le tres ancienfran<; ais, qui embrasserait le 10 e et la premiere moitie du 11 e siede, presente volontiers, a travers les plus anciens monuments de la langue frans;aise au nombre de 9, s'etageant de l'an 900 environ (Sequence de Sainte Eulalie, manuscrit de Saint-Amand), jusque vers 1030 (Epftre de Saint-Etienne) un polymorphisme interessant, remontant a une periode Oll la langue litteraire n'est pas encore constituee, Oll elle se cherche; ces textes sont souvent localement limites en s'adressant a un public restreint (DE PoERCK 1963: 150-62). L'ancien frans;ais dit «dassique», jusqu'au debut du 14 e siede, se presente sans doute dans des monuments litteraires moins circonscrits, en dehors des documents juridiques en frans;ais, mais il est aussi le theätre de transformations touchant des systemes linguistiques fondamentaux: la premiere periode offre surtout des residus de systemes, tels que les formes en -ret du systeme verbal, la seconde periode offre surtout des evolutions marquantes de systemes, telles que l'effritement de la dedinaison bicasuelle des substantifs s'engageant a partir de l'Ouest pour se Varietas delectat 91 condure dans la zone de resistance du Nord-Est (ScH0SLER 1984), non sans qu'intervienne l'attitude des copistes (STANOVAIA 1993). Les parametres diatopique et diastratique Apres la variance diachronique, la variance diatopique apparait consubstantielle a l'ancien frarn; ais, perceptible a travers la conscience de ses propres locuteurs, et les apports des etudes les plus recentes, renouvelant l'analyse des observables. - Conscience linguistique des locuteurs telle qu'elle peut transparaitre dans les observations sur la langue frans;aise reperees dans des ouvrages theoriques ou chez des ecrivains. Tout un ensernble de ternoignages, rassernbles par S. Lusignan pour la plupart (LusrGNAN 1986), affirrnent ainsi la conscience de l'unite du frans;ais au 13 e siede, rnais en rnerne ternps celle de sa diversite regionale. Soit des ternoignages de theoriciens: • Roger Bacon, se referant au frans;ais pour expliquer le rapport entre le chaldeen et l'hebreu (LusIGNAN 1986: 69); • Thomas d'Aquin: «Dans une merne langue on trouve diverses fas;ons de parler (diversa locutio), cornme il apparait en frans;ais, en picard et en bourguignon» (super Evan. Matthaei, 26s.) (LusrGNAN 1986: 61); • Nicolas de Lyre, qui sernble plutöt faire reference aux differences d'«accents» entre les dialectes: «Bien que la langue frans;aise soit une, ceux qui sont de la Picardie la parlent differernrnent de ceux qui habitent a Paris; et par cette diversite (varietas), on peut percevoir d'ou quelqu'un vient» (LusrGNAN 1986: 62). Des ternoignages analogues se retrouvent au 14 e siede, ou s'accuse le sentirnent des differences regionales. Soit des ternoignages d'auteurs litteraires: • Celui de Conon de Bethune, dont la farneuse chanson - Mout me semont Amors ke je m'envoise ironise sur les rnoqueries que provoque a la cour royale son langage provincial (cf. aussi infra). e Celui de Jean Bretel, dans le Tournoi de Chauvency: il y critique legerement, en rneusien qu'il est, les picardisrnes d'un heraut d'arrnes, qu'il parodie, tout en disant le plaisir avec lequel il a entendu le rnenestrel Henri de Laon, qui «ne parloit mie breton, Mais un frans;ois bel et joli, et dont les rnos sont si poli, Si bien taille et si a point Qu'il n'i avoit ne pou ne point De vens qui i fust mal apert» (v. 1062-67). Et S. Lusignan de cornparer l'experience de la diversite regionale, chez les locuteurs rnedievaux, a celle de locuteurs de differents pays de la francophonie. 92 Claude Buridant Cependant commence a se faire jour, a travers des temoignages du temps, la conscience d'une certaine hierarchie entre les varietes regionales, tendant a affirmer la precellence et la preeminence du «frarn;:ois», langue de l'Ile-de-France, de Paris, du roi, langue prestigieuse que l'on commence a sentir telle des le 12 e siecle. Chez les theoriciens se degage ainsi la notion d'un dialecte plus «pur» que les autres, comme le note Roger Bacon, distinguant des autres les «Frarn,;ais purs» (puros Gallicos) (Compendium 8: 467, LusIGNAN 1989: 69). Commence a se developper a la cour royale de Philippe-Auguste, suivie par la cour de Champagne, une sorte de sentiment normatif du «bon fran9ais», qui serait parle a la cour, ayant tendance deja a s'imposer pour des causes auxquelles la politique capetienne n'est vraisemblablement pas etrangere. Plus d'un siecle plus tard, dans la preface de sa traduction de la Consolatio Philosophiae de Boece, l'Anonyme de Meun «temoigne sans equivoque du prestige de ce qui est la langue de Paris» (LuSIGNAN 1989: 71, citant le passage d'apres L. DELISLE, Anciennes traductions frani:;aises de la Consolation de Boece conservees a la B. N. de Paris, BECh. 34 [1873]: 15). Le prestige du fran9ais de l'Ile-de-France lui vaut un rayonnement au-dela de ses strictes limites geographiques: le Braban9on Adenet le Roi confirme, vers 1275, que la norme parisienne est egalement adoptee par certains grands seigneurs «tiois» (A. HENRY (ed.), Berte aus grans pies, Paris 1963: 148-57) 2. - Apport des etudes recentes. L'hegemonie linguistique du modele parisien, qui tend a s'affirmer, est cependant loin d'etre absolue, et la situation linguistique est plus complexe. Si la langue de l'Ile-de-France peut commencer a constituer une langue de reference, elle est loin de s'imposer, en realite, dans les differents domaines de l'ecrit: pour l'ecrit juridique, par exemple, il a ete montre que le debut de Ja «francisation» varie considerablement d'une region a l'autre. Mais surtout, a cöte du modele francilien, d'autres dialectes ont pu jouir, tout au long du 13 e siede et du siede suivant encore, d'un rayonnement non negligeable. On a ainsi observe que le picard a oppose une resistance considerable a ce modele, comme le montre l'influence qu'il a exercee en Angleterre a la fin du 14 e siede encore (KRISTOL 1989), et sa riche litterature regionale dont Molinet est un tardif fleuron. Pendant tres longtemps, la norme de l'ecrit fran9ais est donc restee polycentrique, soumise a l'attraction d'aires et de centres de rayonnement culturels et administratifs qui ont pu offrir des resistances au mouvement centripete. C'est d'abord l'aire anglonormande, aire Plantagenet, partiellement trilingue, au 12 e siede, berceau d'une flamboyante floraison d'ceuvres litteraires dans tous les domaines (SHORT 1991), relayee par l'aire champenoise et I'aire picarde au 13 e siede-ou tend a se repandre une langue litteraire commune francien-picard et au-dela: le trouvere picard 2 II faut cependant tenir compte, dans cette ceuvre, du role majeur de Paris et de Saint- Denis, l'episode en question se situant a l'epoque de Pepin, et faire la part des rapports etroits entre Gui de Dampierre et la Flandre. Varietas delectat 93 Conon de Bethune ecrit sa fameuse chanson, ou il ironise avec finesse sur les reproches que lui ont valu a la cour royale, ses «mos d'Artois», au moment ou le parler litteraire arrageois (d'Artois) est en train de se constituer pour devenir, avec Jean Bodel et beaucoup d'autres, le parler le plus important, litterairement, en detrönant comme langue Iitteraire le fran9ais de l'Ouest et la variante champenoise en vogue dans les decennies precedentes 3 . La conception unitaire d'un frarn;:ais ecrit supra-regional, d'une koine en expansion au 13 e siecle aux depens des dialectes ecrits, ne correspond que d'assez loin a la realite, la langue ecrite refletant au contraire des traits regionaux, tant phonetiques que morphologiques, syntaxiques, ou meme lexicaux, qui ne sont nullement les restes de traditions regionales en voie de disparition (DEES 1985: 87). C'est dire que tout texte medieval, jusqu'au 13 e siede au moins, est par nature regional; la coloration regionale, pour peu qu'elle ne soit pas alteree par les editeurs modernes, est plus ou moins marquee dans la scripta des copies, elle-meme d'interpretation souvent difficile, puisqu'elle est loin d'etre un reflet transparent des habitudes phonetiques des dialectes et de leurs variantes 4• Au-dela de ses varietes diatopiques, cependant, le fran9ais peut avoir, a cette epoque, un caractere beaucoup moins regional que d'autres langues vernaculaires europeennes: iljouit egalement d'une large diffusion en tant que langue de culture, attestee dans les milieux intellectuels, comme en temoigne BRUNET LATIN dans son Livre du Tresor, ecrivant son ouvrage en «rouman9, pour ce que la parleure est plus delitable et plus commune a toutes gens» (Livre dou Tresor l) ou l'auteur norvegien de la Konungs-Skussga, une encyclopedie pedagogique, recommandant la connaissance du fran9ais parce qu'il a la plus grande extension, avec le latin. Comme le fait remarquer S. Lusignan, le rayonnement intellectuel de l'Universite de Paris au 13 e siede a pu contribuer tout autant a la diffusion internationale du fran9ais que la politique centralisatrice des Capetiens. Le prestige du fran9ais ne saurait cependant se mesurer encore a celui du latin. Le latin, dont certains theoriciens considerent qu'il peut remonter jusqu'a l'hebreu, langue divine, est la langue de la res publica clericorum (et clericarum) de l'Europe savante, le latin medieval etant lui-meme marque par des colorations regionales touchant aussi bien la prononciation que la graphie, la morpho-syntaxe 3 Le deplacement de l'aire champenoise vers l'aire picarde se repere egalement a travers la tradition manuscrite des ceuvres de Chretien de Troyes, Oll aux manuscrits champenois de Guyot succedent les manuscrits copies en Picardie. 4 «Le temps n'est plus Oll l'on admirait avec Beaulieux, dans la graphie du 12 e siede, une ,orthographe, simple et quasi phonetique » celle du 'bel fran�ois' -; l'ecriture, loin de noter avec precision et sans equivoque les realites phoniques [masquant] a l'occasion les differences dialectales. » (STEFANINI: 1983: 13). C. Marchello-Nizia a etabli avec bonheur Ja distinction entre - «scripta regionale, langue ecrite plus ou moins fortement coloree de traits dialectaux, mais restant lisible cependant dans tout le domaine de la langue franyaise et le dialecte parle, le parler local tel qu'on devait le pratiquer parallelement, auquel nous ne pouvons avoir acces, mais dont on peut supposer qu'il possedait des caracteres plus marques que la ,scripta, correspondante, puisqu'on sait que la communication entre locuteurs de provinces differentes etait fort difficile. » (MARCHELLO-NIZIA 1979: 18). 94 Claude Buridant ou le lexique, objet de creations et d'emprunts issus de ces langues. Savoir theorique acquis par l'impregnation precoce, possedant seul une grammaire, grammaire lui-meme, il est la langue de reference, langue exclusive de la philosophie, de la theologie, et de la liturgie, dont certains genres, comme l'historiographie en langue vulgaire, commencent a s'emanciper. A l'oppose, le franc;:ais, langue maternelle «nutritive», n'a pas, al'epoque, de grammaire explicitee et systematisee dans une reflexion theorique, meme s'il existe «des traces d'une authentique pensee grammaticale de la langue fran9aise chez les intellectuels medievaux» (LusIGNAN 1987) et s'il n'est pas interdit de supposer qu'ont pu exister en France des manuels d'enseignement elementaire, disparus acause de leur faible valeur marchande et du peu de soin des ecoliers et acause de la rapide evolution de la langue, qui les a rendus tres vite caducs. (Lus1GNAN-ÜUY 1991: 156) 5 . On mettra apart la situation de l'Angleterre ou, apartir du 13 e siede, il devient une langue seconde acquise de fa9on reflechie, avec la creation de grammaires, comme pour le latin dont le Donat franr; ais de JOHN BARTON (av. 1409), sans doute la premiere grammaire fran9aise et de manuels qui l'enseignent telle une mere, les feminae. Cette absence supposee de grammaire elaboree de la langue maternelle n'est peut-etre pas pour rien dans la plasticite et la souplesse d'une langue non reglee par des normes, non corsetee par des interdits: c'est un point sur lequel on reviendra. Les intellectuels medievaux, i.e. tous les clercs ayant beneficie d'un enseignement de base, se trouvent donc naturellement dans un etat de relative diglossie, ayant sans doute des degres 6, mais qui comprend cependant une langue de reference servant de modele et de moule d'apprentissage, ayant ses domaines reserves, et une langue maternelle se manifestant sous tous les aspects d'une langue vivante, dont nous n'avons qu'un aper9u tres limite, puisque nous ne la connaissons qu'a travers les productions ecrites de la langue litteraire, technique ou juridique. Le fran9ais parle nous est irremediablement ferme et n'est reconstituable que de fa9on tres limitee et imparfaite 7: nous n'avons en particulier, malgre des tentatives pour 5 Cet article fait etat d'une discussion entre G. Ouy et S. Lusignan quarrt a l'existence d'un enseignement ecrit de Ja grammaire fran9aise. Contrairement a S. Lusignan, G. Ouy «imagine qu'il a du exister des manuels d'enseignement du fran9ais, sans doute meme a deux niveaux: un niveau elementaire, celui des petites ecoles, et un niveau superieur, correspondant a Ja Faculte des Arts, ou encore a Ja formation donnee aux jeunes notaires de Ja chancellerie royale oll, des Je debut du 14 e siecle, une bonne partie des actes etait redigee en fran9ais.» (LusrGNAN/ OuY 1991: 156). 6 II faudrait ici distinguer bilinguisme et diglossie: Je bilinguisme serait ! 'egale maitrise de deux langues parlees coexistantes, et ce bilinguisme a existe dans Ja Gaule du nord du moins, pendant la periode du 5 e au 10 e siecle, Oll le gallo-roman naissant a coexiste avec Ja langue germanique, celle des Francs, qui a impregne le phonetisme d'un fort accent d'intensite, decisif dans l'evolution ulterieure du fran9ais. La diglossie serait la maitrise plus ou moins approfondie de deux langues n'ayant pas le meme statut, dorrt l'une peut etre une langue savante de diffusion et l'autre une langue vernaculaire. II y a certes des degres dans Ja diglossie, les clercs ne possedant pas tous le latin avec Ja maitrise d'un Jean de Meun, par exemple. 7 Les tentatives de reconstitution du fran9ais parle touchent surtout Ja prononciation. Les travaux d'A. Dees et de ses emules degagent ainsi, a partir d'une analyse systematique de Dimension diastratique Langue de Dieu Langue primitive / grec/ hebreu 11 l Latin Medieval (diglossie des intdT"cis) Fran1;ais L'ancien fram; ais: parametres diastratique et diatopique Dimension diatopique Caracteristiques Domaines d'application Diffusion Savoir Langue Langue unique de Langue de Ja «res publica Coloration regionale theorique non maternelle - Ja philosophie clericorum» (prononciation, orthographe, possedant une la theologie = morphosyntaxe, lexique) grammaire - Ja liturgie langue europeenne Performance Langue Langue ecrite Diffusion assez! arge Scripta regionale: langue et competence maternelle registre en Europe ecrite plus ou moins fortement pratiques sans grammaire litteraire, coloree de traits regionaux, explicitee et technique, «Fran1;ais pur» de mais comprehensible dans systematisee scientifique, I'lle-de-France (verus taut le domaine fran1;ais. dans une juridique gallicus) --+ vers Rayonnement parisien non reflexion l'unification. Processus pertinent pendant le 13 e siecle. theorique* Langue parlee variable selon! es genres Sur le plan de Ja scripta: pas Fran1;ais oral Prestige du francien, d'unite du fran1;ais ecrit: spontane (non mais aussi du picard polycentrisme de Ja norme reconstituable) de l'ecrit * Situation particuliere de! 'Angleterre: a partir du 13 e siecle, le fran1;ais y devient une langue seconde apprise de fa1;on reflechie: creation de grammaires comme pour le latin. � " �;;;- '° UI 96 Claude Buridant apprehender l'ancien frarn; ais parle, aucune notion du «franyais spontane» de l'epoque (SAUVAGEOT 1962), de ce que les Anglo-Saxons appellent l'«impromptu speech» (ENKVIST 1982), qui retient actuellement l'attention des linguistes pour le franyais contemporain. Nous ne pouvons reconstituer du fonctionnement reel de l'ancien franyais qu'un systeme partiel et necessairement reducteur. Dans ses parametres diatopique et diastratique, resumes pour l'essentiel dans le tableau annexe, l'ancien franyais offre donc une situation complexe, en apparaissant a bien des egards comme un carrefour de tensions: entre langue maternelle et langue seconde de reference (latin, langue savante); entre langue homogene, tendant a la diffusion europeenne, et varietes regionales; entre mouvement centripete s'amoryant vers une langue royale precellente, et polycentrisme. Le parametre textuel, la variance des textes L'objet ancien fran9ais ne se livre aussi qu'a travers le crible de textes litteraires pour l'essentiel, transcrits par des scribes marques regionalement. Ces textes sont fondamentalement mouvants: la forme manuscrite s'inscrit dans la continuite de l'oral, comme l'a souligne P.Zumthor, en reprenant la these de Mc Luhan, notant la difference «abyssale» qui distingue «l'homme scribal» de «l'homme typographique»: les «cultures de manuscrits», enseigne-t-il, «restent globalement tactiles-orales, et l'ecriture y exerce beaucoup moins d'effet que dans notre monde». L'idee est reprise par W. Ong, qui situe le manuscrit dans la continuite de l'oral, la rupture n'intervenant progressivement qu'avec l'imprimerie. «La production du manuscrit introduit en effet, entre le message a transmettre et son recepteur, des filtres qu'eliminera en principe l'imprimerie mais qui, en revanche, sont etroitement analogues au bruit parasitant la communication orale ...Toutes les fois qu'une pluralite de manuscrits nous permet d'en contröler la nature, la reproduction du texte nous apparait, fondamentalement, comme reecriture, reorganisation, compilation. Comment mesurer les effets de la duree qui s'etendit entre la production du texte et la premiere transcription qui nous soit graphies localisees et datees et des rimes, les prononciations regionales dans leur dimension diachronique et diatopique (DEES 1990 et DE JoNG 1992). Ces deux articles traitent de la prononciation de l'affriquee [ts], reduite precocement a [s] dans le Nord, pour ne s'effacer qu'a partir de 1320 dans la region parisienne. Sur le plan syntaxique, ! es Manieres de langage enregistrent, comme les methodes actives ! es plus modernes, des phrases-exemples de l'ancien frarn;;ais oral (KRISTOL: 1992). L'ouvrage de G. Steinmeyer tente de remonter, avec l'ancien fran9ais, aux origines des tendances de la langue populaire du «fran9ais avance», traquant des phenomenes qui auraient vecu de fa9on plus ou moins souterraine jusqu'a nos jours (STEINMEYER: 1979), mais il embrasse trop ! arge, comme l'a fait observe R. Martin (MARTIN: 1981). Varietas delectat 97 parvenue? Plus qu'a une tradition typographique, les hasards de cette histoire ressemblent a ceux d'une tradition orale, et posent des problemes d'interpretation a peine differents. Dans une importante these de doctorat presentee a l'Universite de Berkeley en 1982, Amelie van Vleck montre, par un examen attentif de la tradition manuscrite des troubadours, a quel point ces poetes furent conscients de la fragilite de l'ecriture, et certains d'entre eux, hantes par son impuissance a limiter la mouvance des textes. Qu'en conclure, sinon que, globalement et sauf exception, les traditions poetiques du Moyen Age ont eu plutöt le type de fonctionnement des traditions orales observees dans le monde moderne, que des traditions ecrites de, par exemple, l'epoque classique? » (ZuMTHOR 1985: 15-16). La mouvance du manuscrit commence par leur lecture meme: la lecture orale, a haute voix, est deja une premiere interpretation du texte, parce qu'elle est, non pas lecture cursive in silentio, mais dechiffrement d'ecriture a travers la grille d'un systeme d'abreviations et les balises d'une ponctuation faite essentiellement pour l'oral. Elle se trouve ensuite dans leur transcription. - Transcription dans la graphie. Les textes sont transcrits par des scribes qui se trouvent au creur d'un diasysteme, comme l'a souligne C. Segre, a propos du coloris linguistique en particulier. «Les copistes medievaux travaillent normalement entre deux pöles d'attraction: l'effort pour respecter l'exemplaire qu'ils copient et la tendance a suivre leurs propres habitudes linguistiques. Le resultat est un compromis linguistique, et le philologue doit peniblement restituer l'aspect original du texte a l'aide, par exemple, des rimes. Le resultat de cette Sprachmischung est un diasysteme» (SEGRE 1976: 280), un systeme naissant d'un compromis entre deux systemes en contact. C'est dire que le copiste medieval se trouve, sur le plan linguistique, a un carrefour, au croisement des axes diachronique et diatopique, oü jouent les concurrences: • concurrence entre graphies traditionnelles et graphies novatrices, entre o et ou, par exemple, a une epoque ou le [o] ferme est passe a [ u]. • concurrence entre graphies dialectales-sources ou graphies dialectales etendues et graphies dialectales-cibles, entre eh et k par exemple, dans le domaine picard. Un exemple particulierement interessant et apparemment exceptionnel de cette mouvance de la copie nous est donne par l'unique manuscrit nous ayant transmis la traduction des Otia imperialia de Gervais de Tilbury par Jean de Vignay, le manuscrit 3085 de la Bibliotheque Nationale de Paris, du milieu ou de la seconde moitie du 14 e siede. Deux passages de la traduction de la Tercia Decisio y sont negligemment repetes par le meme copiste (m, eh. LVI et eh. crx), et ces reprises 98 Claude Buridant sont riches d'enseignement par leurs variantes: elles illustrent la latitude qu'avait le copiste medieval devant son texte de reference, la coexistence de tendances qui cohabitent dans son plurisysteme, en meme temps que les points sensibles sujets aux alterations (GERNER 1995) 8 . - Transcription stylistique. Les copistes modelent et remodelent les reuvres qu'ils copient sans un respect etroit de la lettre qui n'a de sens que pour un erudit moderne. Tout scribe est aussi un editeur: «Un bon copiste n'est pas qu'un tächeron passif. Ses connaissances et ses initiatives le rendent en fait maitre du destin de l'reuvre qu'il a choisi de copier ou plutöt d'editer, corrigeant ce qui lui parait errone, supprimant ce qui lui parait superflu, ajoutant ce qui lui parait necessaire. La culture medievale a ainsi ete portee, pendant des siecles, par des armees de copistes dont elle a toujours proclame ! 'eminente dignite ... Un scribe copie une reuvre; copie a la suite plusieurs reuvres; extrait d'une oeuvre certains passages qu'il copie; ajoute ici ou 1a quelques mots ou quelques phrases de liaison...» (GuENEE 197: Ss.). Par transitions insensibles, notre scribe est devenu editeur 9 , auteur, se considerant aussi comme detenteur d'un gout esthetique dont il s'autorise pour remanier son modele, a une epoque Oll la compilation est une activite respectable, Oll «les droits d'auteur ne sont pas reconnus, Oll l'exploitation du travail litteraire d'autrui est non seulement permise, mais digne d'eloge, a l'interieur de l'ideologie de l'auctoritas», et oll, par surcroit, «la vitalite d'une reuvre se reconnait a travers sa reproduction toujours renouvelee et adaptee a des publics differents» (SEGRE 1976: 281). Sur le plan stylistique, aussi, la mouvance est consubstantielle a la transmission des textes. C'est dire qu'il n'y a pas, dans la culture medievale, de frontiere rigoureuse et absolue entre le scribe et l'auteur, ce qui n'exclut pas pour autant la notion d'auteur-createur, qu'on a voulu croire abolie a cette epoque: aux 12 c et 13 e siecles, au-dela de l'anonymat du poete epique traditionnel, transcripteur de la geste d'une memoire collective, se dessine un espace auctorial tantöt revendique dans les 8 Ces passages font l'objet de fines remarques dans l'edition de D. Gerner (GERNER: 1995). Qu'il suffise de mentionner ici: - ! es points sensibles que sont ! es noms propres, propices aux alterations et deformations de toutes sortes: Jheremie dans Ja premiere copie ----> Jheroisme dans la seconde. - ! es graphies concurrentielles, souvent en variantes libres d'une copie a l'autre: zls (dedenz----> dedens); o! ou (soloit----> souloit); aile (faire----> fere); consonnes doubles/ simples (bele----> belle). elements de morpho-syntaxe concurrentiels: declinaisons (ii mesel----> les mesiaux); prepositions concurrentielles ( a/ en); prepositions/ adverbes ( en/ dedenz). 9 Ainsi, dans la tradition manuscrite du Perceval de Chretien de Troyes, «il y a deux manuscrits ou nous voyons des copistes tres individualistes a l'ceuvre: la copie de Guiot (A) et R, dont le scribe a visiblement ,edite, son recueil.» (BuSBY 1993: xxxrx). Et plus loin, toujours a ce propos, en referant a J. FoURQUET (Wolfram d'Eschenbach et le Conte del Graal, Paris 1966: N12): «La transmission du Conte du Graal a ete celle des textes <vivants>. Les copistes comprenaient et critiquaient le texte, tant du point de vue du sens que de la metrique. » (ib., XLII). Varietas delectat 99 premiers romans ou le genre lyrique romans du moi -, tantöt occulte saus un anonymat de principe dans les romans en prose Oll l'auteur, compilator non inventor, disparait au profit d'une multitude de temoins (STANESCO 1990). C'est dire aussi que le concept meme d'original, garanti et revendique au nom de la propriete litteraire, est un concept totalement etranger au Mayen Age: si «aucun scribe n'a jamais eu le moindre scrupule ... a retoucher ou a contaminer le texte qu'il lisait ou recopiait » , il n'a pas eu davantage, «dans ses interventions, la moindre pretention a retrouver le texte primitif qu'il pratiquait, s'il avait quelque doute sur la les;on qu'il avait saus les yeux ... Il resulte de cet etat de choses un flottement generalise et aleatoire de tous les textes medievaux (romans s'entend), flottement dont l'ampleur peut etre plus ou moins marquee, bien entendu, mais qui ne fait jamais defaut.II en resulte aussi que, dans la mesure Oll l'on peut parler de la version originale d'une reuvre ..., cette version, a peine venue au jour, a eclate, a disparu, s'est en quelque sorte volatilisee ou metamorphosee, semblable en cela a ces particules de matiere que nos physiciens modernes parviennent, au prix d'enormes efforts, a mettre en evidence, mais dont le temps de vie ne depasse pas la duree d'un rapide eclair. » (LECOY 1984: 5). Au-dela de cette evanescente les;on originale, les copies du texte medieval, multiformes, fragments et temoins authentiques de la vie et de la vitalite des reuvres, traces de la mouvance, apparaissent ainsi comme les resultats d'une Sprachmischung entre l'exemplaire-source et l'exemplaire copie, dans une tradition manuscrite labile depuis le primum mobile declencheur. Ce remodelage permanent n'est evidemment pas sans poser des problemes epineux pour l'etablissement des textes, et, par contre-coup, pour l'elaboration d'une grammaire de l'ancien frans;ais. Chez les philologues, la methode eclectique produisant un texte composite a vecu (cf. l'edition du Roman de Troie par L.Constans dans la S.A.T.F., et le compte rendu d'E. FARAL, Romania 18 (1914: 94-119), alors que la methode de Lachmann, visant a retrouver le «texte original » de l'reuvre medievale par reconstitution est abandonnee par les editeurs frans;ais, au regard de l'Italie et de la Belgique, parce que viciee dans son principe; la pratique de Bedier et de ses emules, editant comme temoin privilegie le manuscrit unique tenu pour Je meilleur d'un stemma, est la plus communement admise. Mais cette pratique pose le probleme de la selection des les;ons et de l'identification et du reperage des «fautes » . C'est que, pour soignes qu'ils puissent etre, les documents ne sont pas sans defauts et l'etablissement du texte exige de reperer ces defauts et ces «irregularites » , et de les corriger. Or, la correction meme se fait en fonction de choix qui touchent, au fond, la competence linguistique de l'editeur, portant un jugement critique sur Je texte et ses variantes, et engageant, en dernier ressort, l'etablissement d'une grammaire de l'ancien frans;ais. C'est un point sur lequel je reviendrai, apres avoir degage un autre parametre fondamental de la variance de l'ancien frans;ais: celui de l'ecriture litteraire. 100 Claude Buridant L'ancien franr.;ais et le parametre stylistique: l'ecriture medievale et ses assises rhetoriques La mouvance de l'ancien franyais se marque egalement dans ses pratiques d'ecriture et ses assises rhetoriques. Se degageant de la vision romantique et post-romantique prönant la disjonction totale de la societe et de l'individu et finissant necessairement par croire que tout sentiment sincere doit s'exprimer contre la societe, toute une revolution s'est operee dans la critique, apres la derniere guerre mondiale, pour retrouver la specificite de I'ecrivain medieval: loin d'etre en rupture avec la societe, il s'y trouve en symbiose, dans la continuite et la variance sur des modeles. E. Köhler rappelle ainsi, apropos des troubadours, les reflexions pionnieres de R. Bezzola qu'amplifieront les belles pages de R. Guiette (GuIETTE 1949, 1960): «Le poete du Moyen Age .. ., comme le sculpteur, le peintre, l'architecte, le musicien, et meme le penseur et le philosophe, cree d'apres un modele qui nait de l'äme meme de l'�uvre qu'il reve, et non pas en premier lieu pour exprimer ses sentiments individuels, comme les estheticiens modernes veulent le faire croire des poetes de tous les temps. L'auteur du Mayen Age, comme celui de l'Antiquite, n'est pas seulement un individu perdu dans un monde chaotique et hostile; il est une personne, c'est-a-dire qu'il se sent individu, mais aussi et surtout, membre d'un organisme, de la societe humaine. Le style qu'il adopte, auquel il se soumet sans en sentir la contrainte, est l'expression de cet organisme. » (KOEHLER 1964: 7; cf. BEZZOLA 1947: 82s.). D'ou la specificite de l'ecriture, que l'on decouvre alors: «Voici que notre monde decouvre seulement, non sans tätonnements, non sans surprise, tres longtemps apres ce qui a ete fait pour la sculpture et la peinture du Moyen Age, le sens et l'art des formules medievales en matiere de litterature, aussi bien dans l'epopee que dans la lyrique. Par la meme occasion, nous commenyons a gouter le plaisir des nuances infinies, celui des "variations sur un theme donne". » (LEJEUNE 1958: 75). Et l'originalite est alors dans l'exploration et l'exploitation du lieu commun, illustrees avec le plus extreme raffinement dans la chanson courtoise, dont R. Guiette ecrit: «Jamais poesie ne fut plus rigoureuse, plus totalement et consciemment calcul, mathematique et harmonie. » (GurETTE 1949: 61, et GurETTE 1960: 15). Et cependant «de tous ces mots, en quelque sorte prevus par le lieu commun et les cliches habituels du genre, Je poete tire un accent qui peut emouvoir » (GurnTTE 1972: 35). Ainsi le stereotype devient le lieu meme de l'originalite (MARTIN 1992: 11). Depuis ce tournant revolutionnaire dans notre esthetique litteraire, l'on n'a fait qu'approfondir l'etude de cette caracteristique essentielle de la litterature medievale ancienne en langue vulgaire, que «hantent sans cesse la formule, le retour, la reprise » (CERQUIGLINI 1981: 10): la stereotypie variationnelle. Sans doute cette stereotypie trouve-t-elle son paroxysme dans la chanson courtoise et la chanson de geste: un ensemble d'�uvres-phares ont ainsi creuse le sillon amorce par les Varietas delectat 101 premiers laboureurs. A la suite de l'etude maitresse de J. Rychner (RYCHNER 1955), taute une serie de travaux ont precise l'identification des elements fondamentaux de la technique litteraire des chansons de geste et affine leur hierarchie et leurs rapports: themes, narremes, motifs (distingues recemment en motifs narratifs/ rhetoriques par J.-P. Martin (MARTIN 1992), cliches, formules. Mais la recurrence formulaire est loin de se limiter aux chansons de geste: elle peut impregner la prose narrative de la chronique, modelee par les cliches de l'epopee (SCHON 1960), le roman en prose aussi. La stereotypie recurrente de l'esthetique litteraire peut, plus largement, etre definie par des «types», au sens Oll l'entend P. Zumthor, le type etant tout element d'«ecriture» a la fois structure et polyvalent, c'est-a-dire comportant des relations fonctionnelles entre ses parties, et reutilisables, indefiniment, dans des contextes differents, au niveau des formes de l'expression et a celui des formes du contenu. L'esthetique litteraire de l'epoque est donc, tout naturellement, une esthetique de la variation, greffee sur tout element typique, «lieu commun» de l'auditeur et de l'auteur. Cette variation est elle-meme le reflet d'un principe rhetorique fondamental consistant a eamdem rem dicere sed commutate, dont une des figures majeures est l'iteration lexicale. Plusieurs monographies ont degage les fonctions majeures de cette figure, et sa valeur fondamentale dans l'architectonique mentale medievale (BuRIDANT 1980a; WITTLIN 1991; MELKERSSON 1992). Cumulant souvent une fonction documentaire et une fonction ornementaire, l'iteration lexicale est un des modes remarquables de la glose. Elle deploie les semes d'un mot par enumeration accumulative, et dans les mots de large champ semantique, tout particulierement, le second terme du binöme joue souvent le röle d'un vecteur semantique, orientant le sens du premier, comme dans fier: fier et orgueillos, fier et crueus, fier et estout, etc. Cette fonction glossatrice est aussi a l'reuvre dans les traductions, Oll le second terme du binöme, neologisme issu de la langue-source, s'appuie sur un premier terme courant, qui lui sert d'appui et de passeport. Ou encore dans les emprunts du latin medieval, Oll les transfuges latinises des langues vulgaires s'appuient sur l'autorite de termes latins confirmes (BuRIDANT 1980b). L'iteration lexicale est ainsi le reflet d'une architectonique mentale ou la variante se greffe sur une base reconnue, Oll la nouveaute exige le recours a l'autorite, lieu de reconnaissance et de communion. Le parametre variationnel en morpho-syntaxe J'indiquais plus haut que l'editeur moderne est souvent amene a appliquer au texte qu'il edite une grille selective filtrant les le<;:ons a retenir. Cette selection n'est pas sans problemes: dans des traditions manuscrites complexes, dans des textes d'interpretation difficile (je songe particulierement a l'anglo-normand, dont la grammaire specifique est encore a affiner), on n'est jamais sur que les le<;:ons rejetees, meme au nom de la plus elementaire coherence et/ ou de regles de morpho-syntaxe, n'aient 102 Claude Buridant pas ete acceptables, linguistiquement, par les locuteurs contemporains. Dans une serie d'ouvrages et d'articles, S. Sandqvist s'est ainsi fait le champion des leyons rejetees par les editeurs du Roman de Tristan et de la Chronique des ducs de Normandie (SANDQVIST 1976, 1978, 1979, 1986), non sans entrainer une polemique avec certains d'entre eux (HOLDEN 1981): telle leyon rejetee ou jugee suspecte par un editeur peut se reveler taut a fait recevable a plus ample examen. Ainsi une leyon comme: De cels d'Espaigne unt Zur les das turnez, du manuscrit Ode La Chanson de Roland, a laquelle plusieurs editeurs ont prefere la leyon de deux autres manuscrits: De cels d'Espaigne unt les escloz truvez en la jugeant sans doute plus conforme a la syntaxe de l'ancien franyais, est en fait confirmee par d'autres attestations relevees par S. Sandqvist, et parfois «rectifiees» par les editeurs. Serait ainsi occultee une construction a pronom regime postpose sans doute rare, et dont la rarete meme a encore ete accentuee par les philologues qui l'excluent, mais bien attestee en ancien franyais. L'ancien franyais apparait ainsi, trop souvent sans doute, comme la langue des leyons refaites (CERQUIGLINI 1981). Il en irait de meme pour ces emplois pleonastiques du possessif dans ces exemples, consideres comme des leyons fautives et corriges par les editeurs, que S. Sandqvist propose de retenir: Apovri et desertie Et essillie furent a tort Li prodome apres sa mort Utherpandragon qui rois fu Et peres le bon roi Artu Graal 441-43, ms. A, corrige en la mort dans l'edition Lecoy 'Et ! es honnetes gens furent, sans l'avoir merite, appauvris, prives de leur heritage et ruines apres Ja mort d'Uterpandragon, qui etait roi et pere de ! 'excellent roi Arthur' Ne de son duel ne de sa honte La reine ne li chaut il ib. 968s., corrige en la honte 'Et peu lui importe la douleur de ceJui-ci, comme Ja douJeur qui atteint Ja reine' Dans ces tours au cas regime absolu, le pleonasme peut certes apparaitre moins recevable 10 que dans ceux ou le possessif refere a la partie d'un taut: 10 Dans ces deux exempJes, J'emploi pJeonastique du possessif intervient avec Je cas regime absoJu, ce qui n'est peut-etre pas negligeabJe. Comme je le developperai dans ma Grammaire, J'etude du possessif est a mettre en rapport avec Ja notion de possession inalienable, ou s'inscrit Od ses princes de son reiaume Est a Loün dreit repairie Varietas delectat Chronique des ducs de Normandie 12792s., ed. C.Fahlin Ses panz de son samit ai trestot deronpuz Floovant 1356, ed. S.Andolf Qui de lui out sa vie escrite ChronDN 9125 103 Mais peut-on veritablement etablir une frontiere nette et rigoureuse entre les emplois recevables et les emplois a proscrire, au risque de raidir un systeme souple au nom d'une competence que nous ne possedons pas? C'est dire a quel point il faut tenir campte, dans l'elaboration d'une grammaire, de taut un ensemble de phenomenes morpho-syntaxiques relegues dans des apparats critiques au nom de regularites somme taute artificielles, et qui peuvent offrir des temoignages non negligeables de systemes parfois passes au lit de Procuste. Il faut donc prendre en consideration, pour appuyer les demonstrations ou pour suppleer les intuitions, de paraphrases donnees dans les manuscrits d'une meme reuvre, d'epoques et de regions differentes, ou de diverses reformulations d'une meme expression au sein d'un meme texte; plus largement, il faut accorder attention aux options apportees par les temoignages de la tradition manuscrite, qui sont autant de «lectures plurielles» d'une meme reuvre et dont on a souhaite qu'ils puissent etre confrontes par «fenestrage» (CERQUIGLINI 1989). Mais plus encore, ce qu'offrent les textes, ce sont, non des systemes rigides et figes, mais bien des systemes souples d'elements concurrentiels, a geometrie variable: parce que non contraints par les normes d'une grammaire explicite; parce que se realisant dans des variantes concurrentielles, temoins de la tradition textuelle 11; l'emploi du cas regime absolu. A mesure que cet emploi se restreint, Je possessif tend a Je doubler. De ces deux leyons, Ja premiere est commune acinq manuscrits (ALPRT), y compris ! es trois meilleurs. La seconde est presente dans tous ! es manuscrits sauf LR. K.Busby y voit deux erreurs de copistes, qui transcriraient machinalement, ce qui n'est pas exclu au demeurant: dans Je premier cas, ! es copistes «ont probablement suppose qu'il s'agissait toujours du pere de Perceval»; dans Je second cas, ! es copistes, sauf celui de C, qui est hypometrique, «semblent avoir ecrit de son duel et de sa honte sans avoir constate que la hontella reine etait un genitif.» (BusBY 1993: 429, 437 [notes aux vers 444-46 et 970s.]). 11 Les copistes interviennent dans Ja tradition textuelle en produisant naturellement des variantes qui s'inscrivent dans ! es possibilites du systeme. K.Busby en donne quelques exemples apropos de Ja tradition textuelle de Perceval: «Un copiste peut voir un verbe au present et Je copier au preterit; il peut voir une formule comme biax amis et ecrire biax frere ou bien biax sire; il peut ecrire si au lieu de et, puis que au lieu de des que; il peut employer assez librement ! es differents pronoms demonstratifs (icistlcest, etc.) ou substituer un pronom sujet pour un demonstratif (il! cil; ele/ cele) ou vice-versa; Ja flexibite de ! 'ordre des mots en ancien franl,!ais est souvent al'origine d'autres variantes ...» (BusBY 1993: xur). Et il remarque en note combien 104 Claude Buridant parce que fonctionnant le plus souvent dans des textes versifies ou jouent des imperatifs formels, la fameuse «licence poetique», si souvent invoquee atout propos par les modernes, n'etant qu'une formule creuse 12. Ce qui fait qu'ils sont souvent exploites au maximum de leurs possibilites. Cette variance et cette labilite de la langue se traduisent bien dans tous les domaines de la morphologie et de la syntaxe. En morphologie derivationnelle, meme si d'importantes etudes restent a faire pour distinguer des strates chronologiques dans leur emploi, au regard du releve non differencie de P. Guiraud (GmRAUD 1975: 27), la suffixation est d'une richesse remarquable, qu'il s'agisse de variantes libres, comme certement, certeinement, ou de derivations pouvant porter des traits differentiels, comme les derives sur la base ire: irour, irance, etudies par G. Kleiber (KLEIBER 1978) 13 , ou encore iree, qu'on releve ala rime dans La Chanson de Jerusalem (ms. D, base de l'ed. Hippeau 1868, v. 7929: Li cuens Rotrox de! Perce i fiert a grant iree iree < : espee, coree>; fiert par grant ai'ree, ms. A, base de l'ed. Thorpe, 1992, v. 8665). Les variantes concurrentielles porteuses d'eventuelles nuances semantiques, que peuvent exploiter les textes versifies, ont tendance as'accroitre dans les traductions, en particulier avec le mouvement de latinisation (cf. devision / devisement; destruison / destruction; delitier ! delicter, etc. dans les Oisivetes des empereres de Jean de Vignay (GERNER 1995). En morphologie encore, se manifeste ataut instant la malleabilite des formes a travers des variations qui peuvent refleter des oppositions systematiques: l'on songe ici a l'exploitation des formes du pronom personnel sujet je et jou, du demonstratif ehe et chou dans les textes picards, ou elles peuvent apparaitre en distribution complementaire, selon l'etude d'A. Eskenazi, les formes jou/ chou se l'etude de l'attitude des copistes face a leur(s) modele(s) pourrait etre riche d'enseignements: «L'attitude des copistes devant leur modele merite une etude approfondie; il est certain qu'une telle etude nous dirait beaucoup sur la syntaxe et la semantique de l'ancien fram,:ais litteraire.» (ib., XLII N21). 12 Cette notion trop commode est condamnee a juste titre par M. Wilmet dans la discussion de Ja communication de P. Demarolle, «Reflexions preliminaires a une tentative de description de la syntaxe de Villon dans le Testament»: «Je trouve regrettable qu'on evoque a tout propos la <licence poetique,: le style d'un auteur peut s'eloigner de la norme (pour des raisons de commodite ou mieux d'expressivite), il ne saurait en aucun cas violer le systeme a une epoque donnee. L'ecart n'est souvent qu'une exploitation rare des possibilites de Ja langue.» (WrLMET 1978: 31). 13 Pour irance, G. Kleiber observe ainsi: «La forme IRANCE qui apparait dans La Chanson de Roland (v. 1845) se presente avec le classeme «COMPORTEMEND> dans le scheme SNl I DEMENER II IRANCE. Elle ne saurait donc etre consideree comme une simple variante formelle d'rRE. Le sememe «douleur» se laisse deduire des vers 1814s. et 1836s. qui traduisent les manifestations de tristesse des Frarn;:ais. » (KLEIBER 1978: 438 N7). Irance est cependant une les;on discutable de la Chanson de Roland, au vers 1845, hypometrique dans le manuscrit 0: N'i ad cel ne demeint irance («corrige » en N'i ad cel fsi ne demaint irance d'apres d'autres MSS dans l'ed. SEGRE- TYSSENS 1989), fa ou certains editeurs retiennent une autre les;on: N'i ad icel durement ne s'en plaigne (cf. ed. I. SHORT, Lettres Gothiques, 1990). Varietas deleetat 105 revelant, dans leur emploi, portees sur un tenseur binaire, comme des formes d'apres, marquees, des formes d'avant communes je/ ehe (EsKENAZI 1980). Et A. Eskenazi de conclure: «[Le] copiste fait de la disponibilite qui lui est offerte l'usage qu'il juge utile. » (EsKENAZI 1980: 348). En syntaxe: - Les imperatifs formels jouent un r6le non negligeable a l'interieur de systemes ouverts admettant des constructions concurrentielles. Ainsi dans ces quelques exemples: • Dans le systeme hypothetique en se: ces imperatifs expliquent, pour R.- L. Wagner, le maintien du subjonctif imparfait dans l'hypothese portant sur le passe, en face de son concurrent au plus-que-parfait qui permet de lever toute ambigu'ite en situant nettement l'epoque. Si cette forme apparait relativement tard, c'est sans doute du au fait que, jusqu'au 13 e siede, l'ecriture normale des textes est la forme versifiee en octosyllabes («pain quotidien » de l'ecriture) ou en decasyllabes: des raisons metriques peuvent expliquer que les poetes aient ainsi eu recours a des formes disyllabiques de verbes de haute frequence comme oist, eüst, feist-, ou trisyllabiques, de preference a des formes periphrastiques trop longues pour entrer dans le metre (WAGNER 1939, et WAGNER 1968, I, 139, note 1) 14 . • Dans le systeme de l'article defini, l'emploi generique, encore limite au regard de l'emploi specifique, auquel se situe d'abord l'article, comporte une part d'alea, au-dela d'une exploitation systemique. Plus largement, des asymetries non exceptionnelles s'observent dans l'emploi de cet article, dans des syntagmes identiques ou alternent presence et absence: Faire le mal et bien laisier TristBe 90 'Faire Je mal et laisser le bien' Que easeune i ot sans dangier Quanqu'est bon au euer et a bouce Eseanor 8982s. 'Car chacune y avait sans reserve tout ce qui rejouit le creur et la bouche' Bien devri'ez laisser orgoil Qui vus maint el euer et en oil Besant 1443s. 'Vous devriez assurement abandonner l'orgueil, qui vous reste dans le creur et dans le regard' Tel eop li donroi de ma pate, Que je ai fort et chamue et plate, 14 «Le plus-que-parfait du subjonctif apparai't relativement tard dans ! es textes mais cela ne prouve pas grand-chose. Les textes sont des poemes ecrits en decasyllabes ou en octosyllabes. Des raisons metriques expliquent tres bien que ! es poetes aient eu recours a des formes disyllabiques (oist, eüst, feist) ou trisyllabiques de preference a des formes periphrastiques trop longues pour entrer dans ! es vers». 106 En col, en piz et an la face, Que je l'abatrai en la place RenartR X, 9377-80 Claude Buridant 'Je lui assenerai un tel coup avec ma patte, que j'ai puissante, epaisse et ! arge, sur Je cou, Ja poitrine et Je visage, que je l'abattrai en ce lieu meme' A ces asymetries ne sont pas etrangeres des considerations metriques et rythmiques dans ies textes en vers, comme dans le Protheselaus de Hue de Rothelande, dont ce serait un usage caracteristique de combiner un substantif accompagne de l'article avec un substantif sans article dans le meme syntagme (ed. Holden m: 18): Saisi citez e les chastels (269) Char et color e le sanc pert (2159) E flurs e mercs e li cristal (4686) Cf. aussi 5135, 8170, 9850, 10035, 10386 L'on assiste, ici encore, a une exploitation des possibilites ouvertes du systeme emploi/ non emploi de l'article -, en fonction d'imperatifs formels. - Dans l'accord du verbe avec son sujet: • Sujet collectif: le sujet collectif gent singulier par sa forme, pJurieJ dans son semantisme, peut regir le singulier ou le pJurieJ du verbe, la tendance etant qu'avec deux verbes Je premier est Je plus souvent au singulier, le second au pluriel, comme l'a releve en particulier l'etude de A. R. Epp consacree au phenomene chez Chretien de Troyes (EPP 1995: 4). Les imperatifs de versification ne sont cependant pas negligeables: De la cite maut grant gent ist Et vont veoir la ou Pyn gist Thebes, 375s. 'Une foule enorme sort de Ja ville pour aller voir ou git Je Sphynx' Mais Si on tel joie demenee Qu'ainz nule gent si grant ne firent Et tuit a lor seignor ofrirent Lor servise ... Yvain 4572-75, ed. Roques: copie Guiot, rime firent: ofrirent 15. 15 Ici encore Ja tradition manuscrite n'est pas indifferente. Le manuscrit P offre Ja leyon: «Si ont tel joie demenee / Que nules gens si grant ne virent, Et tuit a lor seignor offrirent / Lor serviche si com il durent» (ed. C. MELA, Lettres Gothiques, v. 4572-75). Cf. aussi Perceval: «Les angles dont la gent se plaignent, / Qui oci:ent quanqu'il ataignent» (399s., ed. K. BuSBY). Mais les manuscrits BU et M offrent / es genz. On peut en induire une tendance, chez des copistes, a accorder la lettre et Je sens en mettant gent au pluriel. Varietas delectat 107 • Accord avec l'un des sujets d'une sequence: il arrive que l'accord du verbe se fasse uniquement avec le plus rapproche des sujets coordonnes d'une sequence: Car mult vos priset mi sire et tuit si hume Roland 636 'Car mon mari et tous ses hommes vous estiment fort' Amenez / es i a Beranger et Herdre Parise 1844 'Beranger et Hardre ! es ont amenes' Mais ce type d'accord peut etre exploite pour des necessites de versification: Marcus et Jonatas en la croix vos pendi Parise 811 'Marcus et Jonatas vous accrocherent a la croix.' compare a: Si murtrirent son pere Berangiers et Herdre ib. 1824 'Beranger et Hardre assassinerent son pere' - Dans l'emploi de l'articulant que dans le systeme comparatif a deux termes. L'absence de cet articulant ne se rencontre que dans les textes en vers, presque tous du 13 e siede, et plus particulierement chez Gautier de Coinci, selon P. Jonas, qui evoque a ce propos l'eternelle «licence poetique» (JoNAS 1971: 201; cf. supra et Nll). Plus largement, il faut dire que les articulations de la subordination dependent largement de la forme versifiee ou non versifiee des textes, comme l'a montre C. Marchello-Nizia dans une communication eclairante s'appuyant sur d'importants releves: «En vers, et des l'origine, dans plus de 80% des cas, structure rythmique et structure syntaxique coi"ncident. Et cela au point que la cesure peut parfois, a elle seule, servir de demarcation syntaxique: c'est le cas, en particulier, dans les constructions que l'on nomme <paratactiques>, Oll une proposition <subordonnee>, du moins du point de vue du sens, se construit directement a la suite de la <principale> a laquelle elle se rattache semantiquement sans aucun signe de subordination, comme dans ce vers de La Chanson de Roland (v. 1058): Je vos pleviz II tuz sunt jugez a mort. Ce type de construction est relativement frequent en vers: il n'y a pas de texte Oll l'on n'en rencontre quelque exemple. Or, toujours sans exception, la rupture syntaxique entre les deux <propositions> se situe a une coupure rythmique. Et ces constructions paratactiques sont a peu pres totalement absentes de la prose: la structure du vers est bien une condition necessaire a leur emploi.» (MARCHELLO- 108 Claude Buridant NrzrA 1978: 37). Aux poses rythmiques dans les textes versifies correspondent des pauses marquees par la ponctuation dans les textes en prose, qui cooccurrent avec des mots precis assurant une fonction demarcative. - Dans l'ordre des mots. Les observations de J. Härmä sur l'importance des facteurs textuels dans les phenomenes de dislocation sont faites sur le moyen frarn;;ais sans doute, mais ses remarques valent aussi pour l'ancien frarn;:ais: «Les facteurs textuels entrent en jeu surtout dans les textes en vers, bien que 1a aussi on doive egalement tenir campte des facteurs pragmatiques proprement dits. Par facteurs textuels, j'entends ici les causes ou motifs rythmiques et/ ou metriques qui peuvent illustrer le choix de telle ou telle construction. » (HÄRMÄ 1993: 721). Ainsi, «dans un certain nombre d'exemples, la dislocation semble apporter une syllabe <supplementaire> au vers, par rapport a une structure <canonique> ou <basique>. C'est 1a qu'on voit le röle de la dislocation en tant que moyen de varier l'ordre normal des constituants, d'effectuer une <mise en relief>, pour employer un terme traditionnel dans ce contexte. Mais cette mise en relief peut etre due en grande partie a d'autres facteurs. » (ib.) 16 . Ainsi Les yeux si sontfaits pour servir, (Charles d'Orleans, Chansons, ed. Spence, 108, 12). «[L'exemple] peut surprendre a premiere vue, puisqu'il n'y a apparemment pas dislocation. Sans pouvoir entrer dans les details ici, constatons que l'adverbe ou la <particule enonciative> si semble souvent jouer le meme röle qu'un representant pronominal, aussi bien en ancien qu'en moyen franfais. Cette interpretation peut evidemment etre controversee, mais le parallelisme est frappant. » (ib. 722. Cf. infra les remarques sur la fonction de topicalisation de si). De meme pour la dislocation a droite: «La dislocation a droite peut au moins theoriquement fournir une rime au vers precedent ou suivant. Il n'est pas evident que ce facteur puisse etre invoque tres souvent, mais peut-etre joue-t-il un röle dans les exemples comme le suivant: Et quant je le voi si diverse, Le trayteuse et le perverse, Je le voel doubter et furr Froissart, La Prison amoureuse, 239-44.» ib. 722. 16 Pour illustrer son propos, J. Härmä donne d'abord un exemple inadequat, extrait de La prison amoureuse de Froissart: Chil et chele qui le liront Apries ma plaisance iJ diront, Qui n'a pas este trop wiseuse, Que c'est la Prisons amoureuse Froissart, La Prison amoureuse 3816-19, ed. A. Fourrier. II ne change rien au compte des syllabes puisque Je e de plaisance s'efface devant lui. Varietas delectat 109 Dans les frequentes rimes pour l'reil 17• La varietas peut encore se manifester dans les categories grammaticales charnieres, comme les prepositions-adverbes, ou les formes nominales du verbe, bifrons par excelience. Ainsi, une des caracteristiques majeures de l'infinitif substantive «accidentel» 18 est qu'il peut alterner selon les copies, dans la meme construction, avec des infinitifs non substantives, comme l'illustrent ces deux exemples: De l'acoler et de/ baisier Ne li fait ele nul dangier Perceval2358s., ed. K.Busby; ms. T, ed. W.Roach; De l'acoler ne do baisier 2288, ms. B, ed. C.Mela/ Et d'acoler et de beisier Ne li / ist ele nul dongier Perceval2356s., ms. A [Guiot], ed. F.Lecoy 'Elle ne se fait/ fit pas prier pour accepter baisers et embrassements' Li quens Guillelmes del referir se haste Couronnement de Louis 932, mss. AB, ed. Y.Lepage/ de referir 666, ms. C. Mais lui sont concurrentielles aussi des variantes appartenant au plan nominal, tel le participe passe substantive. Ainsi departirldepartie: Si / ist encor plus que cortoise, K'el lor dona de ses joiaus Au departir, et bons et biaus Escoufle 5820s. 'Elle fit montre de plus de courtoisie encore en leur donnant, au moment de la separation, quelques-uns de ses bijoux, de magnifiques bijoux de prix' Elle le baise et si en fait Grant joie a cele departie ib. 3822s. 'Elle l'embrasse et se montre toute joyeuse lors de cette separation' La departie fu tostfete Guillaume de Dole 4452 'L'on se separa en un instant' escremir/ escremie: 17 Le souci de la rime peut amener a maintenir tardivement et artificiellement la declinaison, comme c'est le cas dans le Mystere de saint Sebastien, ou biaus amis en apostrophe est a la rime, au regard de bei ami a l'interieur du vers (ed. L.R. Mills, Geneve 1965). 18 Infinitif substantive «accidentel» par opposition a infinitif substantive «essentiel» lexicalise deja en ancien frai19ais, comme les infinitifs d'un noyau de verbes fondamentaux. Cf. infra. 110 Claude Buridant De l'escremir me resemble bricon Cour. de Louis ms. 1033, AB De l'escremie me sembles bien Breton ib. ms. D 'Au maniement des armes, tu as tout d'un nigaud / d'un Breton a mes yeux' La concurrence peut jouer aussi, a l'occasion, pour l'infinitif 1, essentiellement Substantive: Tu as mout fier penser Cour. de Louis, ms. AB! pense ms. C La Mort Artu, a supposer que le texte de l'edition Frappier 1964 soit fidele au manuscrit A, choisi comme base 19 , offre un jeu de concurrents remarqnable dans des contextes homologues ou l'infinitif, le participe et le substantif alternent en reprise thematique: Lors s'en entre [i.e. Lancelot] en une chambre et comeni;a a penser trop durement; et en cel penser sospiroit mault parfondement . . . § 111: 7-10, ed. J . Frappier 1964 Lors commence a penser [i.e. la reine Guenievre], si est tant a malese qu'ele ne set quefere; en ce pense ou ele estoit, vint ses cousins par aventure devant li ib. § 169: 8-11 Assez pensa (i.e. Morgue) cele nuit a cele chose, savoir mon si ele li dira ou ele s'en tera ... En cele pensee demora tant qu'ele s'endormi ib. § 50: 32-39. Il faut aussi se resoudre a admettre que le principe de Humboldt- «une forme, une fonction» est loin de s'appliquer constamment en ancien franfais, et qu'il existe bien des concurrences ouvertes de constructions sans valeur semantique particuliere. C'est ainsi que la distribution A/DE/ 0 devant l'infinitif complement d'objet ne semble nullement correspondre a une difference semantique, comme l'a etabli la minutieuse etude de P. van Reenen et L. Schosler, qui conclut: «La syntaxe de la plupart des verbes en ancien franfais ne presente pas de variation dans le choix de 19 Dans une minutieuse analyse critique, M. Plouzeau a montre que l'edition Frappier 1964, qui est en fait la troisieme edition allegee du roman depuis l'edition de 1936, n'est qu'approximativement fidele au manuscrit A (Arsenal 3347), le texte etant «fabrique avec au moins quatre MSS (A, B, R, D) etant le plus souvent mis a contribution». Elle propose de reediter La Mort Artu a partir d'un MS de la «brauche II» n'exigeant pas tant de corrections que A, en mentionnant l'interet, pour l'etude de la langue, de deux manuscrits dates: D (BN 342), termine en 1274 et deja edite par J. DouGLAS BRuCE a Halle en 1910, dans une edition a examiner; et B (Bibl. universitaire de Bonn, termine en 1286, et dont on sait en outre qu'il a ete copie a Amiens) (PLOUZEAU 1994: 218). Varietas delectat 111 0/ A/ DE. Dans cette serie sans variation, notons l'absence quasi totale de verbes pronominaux dans la construction VOinf. Dans la serie de verbes qui connaissent la variation, il faut mentionner l'absence de differenciation semantique entre 0/ AIDE dans la plupart des cas. » Une difference semantique et quelques contours dialectaux semblent seulement se dessiner dans un choix de onze verbes (VAN REENEN - 5CH0SLER 1992: 542). Les conjonctions or, donc/ dont, car, mais, ainz, comme connecteurs de l'articulation du discours, ont, pour la plupart, un statut semantique large, puisqu'elles peuvent etre des adverbes de mot comme des connecteurs de phrase, et il est logique de subsumer sous des vecteurs uniques la palette de leurs emplois: comme d'autres struments, ces connecteurs temoignent de la polyvalence des elements syntaxiques de l'ancien franfais. Varietas et description linguistique 1° Si l'ancien franfais se caracterise par une varietas qui fait du scripteur medievalcelui qui manie l'ecriture, ecrivain ou scribe quelqu'un qui se situe au confluent d'un plurisysteme de parametres refletant une structure mentale specifique: parametre diatopique: systemes dialectaux en osmose et en concurrence; parametre diastratique: diglossie ou meme triglossie des medievaux; parametre diachronique: systemes ancien et nouveau en symbiose: graphies conservatrices et graphies novatrices en concurrence; formes et elements de systemes en concurrence, cette caracteristique n'est pas sans incidence sur le choix des instruments d'analyse devant en rendre compte et, plus profondement, sur la selection des theories linguistiques a mettre en reuvre. Pour prendre en compte la distribution et la polyvalence des formes; les systemes souples d'une «grammaire floue » , non normee, exploites au maximum de leurs possibilites au gre des exigences de la communication et des imperatifs formels; des categories grammaticales non fixees, les analyses les plus adaptees seront des analyses variationnelles tenant compte de la distribution spatiale, temporelle et stylistique des donnees (cf. VAN REENEN/ ScH0SLER 1992: 122); des analyses representees non en termes d'unites discretes, mais en termes de 112 Claude Buridant continua, de scala, d'echelles, comme le propose H. Lüdtke (LüDTKE 1989), degageant un principe suivi par bien des romanistes 20. Mais plus encore, ces analyses en continua, ces representations scalaires ne sauraient etre purement formelles: elles doivent correspondre au fonctionnement profond de la langue tel qu'il pouvait exister pour les scripteurs eux-memes, concevant dans des systemes puissanciels des formes multiples et/ ou polyvalentes, exploitees en discours. C'est dire, en d'autres termes, que les analyses linguistiques qui semblent les plus adequates pour l'objet ancien fran<; ais seront les analyses de type guillaumien, en termes de tenseurs, binaires ou non, representant les emplois le long de vecteurs Oll s'egrenent les effets de sens, a partir des valeurs fondamentales. II faut donc approfondir les sillons creuses par G. Moignet, en subsumant par exemple sous un double tenseur: si/ se adverbe et conjonction, Oll le transfert de l'un a l'autre s'observe dans «l'expression-frontiere» se/ si m'aist Dex, qui se figera sous les formes cemaidieux, midieux abrege; que/ qui conjonction et relatif, subsumes sous un tenseur binaire, en reprenant l'esquisse de G. Moignet; nelnon, integrant le ne dit expletif selon la these de Queffälec (QuEFFELEC 1985, 1988); les prepositions-adverbes de lieu: dans-dedans; sus-dessus, etc. C'est encore sous forme scalaire que l'on representera les possibilites d'emploi des formes verbales. Soit l'infinitif, mode bifrons par excellence, a la frontiere du plan nominal et du plan verbal, dont l'ancien franfais a exploite les possibilites de substantivation (BuRIDANT 1990), l'infinitif muni d'article ayant alors la particularite, comme d'autres langues romanes contemporaines, de construire ses arguments sur un double plan: • verbal, avec la complementation directe propre aux verbes; • nominal, avec la complementation prepositionnelle propre aux noms (KERLE- Roux 1990). 20 C'est dire aussi que Ja matiere linguistique de l'ancien franfais impose, plus que d'autres etapes de Ja langue, une approche variationniste dont on a montre qu'elle est indispensable a Ja description linguistique de toute langue (Cf., parmi ! es travaux de Labov, WEINRICH! LABov/ HERZOG 1968, et LABOV 1982). Dans la premiere de ces etudes, ! es auteurs definissent Ja langue comme un systeme differencie et appellent a «(break)down the identification of structuredness with homogeneity» (101). Varietas delectat 113 On representera ainsi sous forme de vecteur binaire, la rection et la caracterisation de l'infinitif substantive, sur le double plan, nominal et verbal. L'infinitif en ancien franqais: rection et caracterisation 21 regime nominal � regime verbal direct caracterisation caracterisation adjectif epithete adverbe ---------------------------------------------------- ----------------------------------------------------- PLAN NOMINAL Caracterisation et rection du substantif • Caracterisation par l'adjectif epithete: De son biau chanter par est ce Une tres douce melodie Guillaume de Dole, ed. Lecoy, 1407s. PLAN VERBAL 'La beaute de son chant est une melodie d'une douceur incomparable' • Rection par le complement de nom: Dit qu'il i iert, l'andemain, premiers, A l'asenbler des chevaliers Cliges, ed. Roques, 4839s. 'II declare qu'il sera, Je lendemain, Je premier a la rencontre des chevaliers' - Caracterisation et rection du proces verbal • Caracterisation adverbiale: ll n'i a que dou belement Aler ariere . . . Guillaume de Dole, 2324s. 'II n'y a qu'a rebrousser chemin tranquillement' • Rection verbale sous forme de regime direct: Si n'i ot que de/ avaler Le pont ... 21 Apres BURIDANT 1990, j'ai traite du fonctionnement de l'infinitif en ancien frarn;:ais dans une conference donnee a l'Universite de Pavie, avril 1993, preparatoire a un article a paraitre. 114 Claude Buridant Yvain, 4159s. 'II ne restait plus qu'a baisser le pont. . .'. Soit le passe compose, dont la palette des possibilites aspectuelles dans la diegese peuvent etre representees sur un vecteur de type guillaumien, ou I'on peut suivre la subduction progressive de l'auxiliaire, depuis le present resultatif accompli jusqu'a la quasi equivalence avec le perfectum historicum (BuRIDANT 1993: 680). Les valeurs du passe compose en ancien franr,;ais (Subduction progressive de l'auxiliaire (avoirlestre), depuis le present resultatif jusqu'a la quasi equivalence avec le perfectum historicum) Present resultatif accompli Equivalence Accompli Accompli Valeur Avoir non avec le indifferent d'un proces cinetique dematerialise parfait au temps anterieur A + part. pa. pleinement objet = attribut incident l l Hardrez Quant gabe descendent lor a tost i a le chief a sus ont/ quant -'? donne encline; monte gabe orent sont congie la face a descendu moillie Un bon exemple de la polyvalence des formes, a subsumer sous des tenseurs binaires, serait aussi celui de la «particule» fors, particule que I'on pourrait qualifier de «typique» de l'ancien franl(ais, au sens «typologique» du terme, susceptible d'occuper toutes les positions sur le plan nominal comme sur le plan verbal, representees sur un tenseur binaire (avec ajout des particules separables par, reet probablement tres, initialement) (BuRIDANT 1995: 315). Varietas delectat 115 Fors en ancien franr;ais: un exemple typique de polyvalence PREFIXE NOMINAL forban forclose PREVERBE forjoster forjugier forjurer PREPOSITION fors la cite fors de la vile PLAN NOMINAL [PARTICULE SEPARABLE] par-, re- *tres PARTICULE SEPARBE/ AD-PREP fors aler ADVERBE la fors PLAN VERBAL prefixe nominal: forban, forclose (a la forclose) preposition: fors la cite/fors de la vile adverbe: la fors a maint burgeis (Roman de Rau 2115, ed. J. Holden, n) adverbe-particule separee, a laquelle on pourrait donner dans bien des exemples le statut d'adprep, comme l'a fait D. Bolinger pour l'anglais (BoLINGER 1971), la particule pouvant etre consideree a la fois comme une preposition au referent implicite et comme le second element du phrasal verb: Et eil fors s'en fu refu alez Et trove seant lez a lez Une assamblee de voisins Perceval 5905s., ms. T, ed. K. Busby. preverbe: forjoster, forjugier, forjurer, forloigner, formener. 2 ° Si l'ancien fran9ais se caracterise par une predominance de l'oralite, comme l'a souligne P. Zumthor, en distinguant les trois paradigmes de l'oralite au Moyen Age l'oralite primaire, l'oralite mixte, et l'oralite seconde (ZuMTHOR 1987: 18-20)-, si plus precisement encore on peut distinguer un spectre de quatre possibilites, de l'oralite pure au texte ecrit pour la lecture, comme le fait K. Gravdal (GRAVDAL 116 Claude Buridant 1993: 662) 22 il va de soi que la description de l'ancien fran�ais a tout a gagner a s'inspirer de la pragmatique, precisement parce que cette brauche de la linguistique, en plein developpement, met au premier rang les facteurs communicatifs de l'oralite. II n'est donc pas etonnant que les renouvellements les plus sensibles dans la description de l'ancien fran�ais doivent beaucoup aux approches pragmatiques, en particulier: • Dans l'analyse des connecteurs fondamentaux du discours, comme si (cf. l'analyse de MARCHELLO-NIZIA 1985, et son renouvellement par FLEISCHMAN 1991 et 5CH0SLERIVAN REENE 1993), or (ÜLLIER 1989-90), ou celle des embrayeurs (PERRET 1988), sans compter la riche palette d'etudes du numero 32 de Linx ap.prochant en diachronie la linguistique de l'enonciation (Linx 1995). Voici comment on peut ainsi representer, a partir de FLEISCHMAN 1991, le vecteur d'emploi de si, marqueur de continuite thematique, depuis le theme + continue, predictible, identifiable, jusqu'au theme continue, predictible, identifiable. Hierachie de reconnaissance du theme en ancien franr; ais selon un vecteur decroissant: du maximum au minimum de reconnaissance THEME + CONTINUE, + PREDICTIBLE, + IDENTIFIABLE 1. Accord grammatical, 0 sequence de verbes de meme sujet sans ambigui:te possible 2. Si: sequence de verbes de meme sujet + demarcation d'une nouvelle proposition 3. Pronom sujet il thematique 4. Si V pronom sujet 5. Pronom demonstratif 6. Syntagme nominal defini dans un ordre neutre 7. Syntagme nominal defini avec dissociation a gauche 8. Si V syntagme nominal defini (construction en focus) 9. Syntagme nominal indefini reförentiellement 10. Si V syntagme nominal indefini reförentiellement TIIEME + CONTINUE, + PREDICTIBLE. + IDENTIFIABLE 22 «To represent the opposition of oral to written, we can posit a simplified spectrum in four parts, corresponding to the range of oral to written textuality. First, we find the purest form of orality: texts that are orally improvised in performance. Second, there is a type of text that is composed and then memorized, in order to be performed orally, but involves no writing. A third possibility is that of the text written down to be performed orally intended for oral performance. Finally we find the text that is written to be read.» II resterait des etudes approfondies a faire sur la progressive conquete de l'ecrit par cette langue principalement orale qu'etait d'abord l'ancien fram; ais. Comme le remarque S.Lusignan, «l'exemple du fran�ais est Varietas delectat 117 • Dans Ja prise en compte des facteurs de thematisation et mise en focus dans l'ordre des elements de la phrase, qui jouent dans les phenomenes de dislocation, enfin soulignes dans des etudes recentes (en particulier HÄRMÄ 1990a, 1990b, 1991, 1993). Sans compter d'autres analyses renouvelees mettant en jeu l'anaphore et la reference, dans les demonstratifs, par exemple (cf. la 'revolution' dans l'analyse des demonstratifs de l'ancien fran9ais apportee par KLEIBER 1987) ou dans l'emploi des temps verbaux, dont rend partiellement campte l'important ouvrage d'O. Sautet, borne majeure dans l'approche revisitee et revivifiee de l'ancien fran9ais (SouTET 1992) 23 . 3 ° Si l'ancien fran9ais se caracterise, dans sa pratique stylistique, par une ecriture fondamentalement formulaire, a «stereotypie variationnelle», la description grammaticale de cette langue doit aussi tenir compte de ce parametre, qui n'est pas sans intervenir dans l'emploi des formes. Une etude serree de l'infinitif substantive montre ainsi que cet infinitif, en tant que forme condensee d'evocation, est utilise frequemment comme procede commode de reprise d'un proces sous sa forme la plus synthetique dans les motifs stereotypes des scenes de combat, par exemple -. Ainsi dans ces exemples, ou l'infinitif substantive reprend un proces immediatement precedent devenant alors circonstanciel, selon le schema: proces 1 proces 1 proces 2 -----------------------> -----------------------> 1 -----------------> 2 -----------------> ll descendent; et au descendre La dame Jet les chevax prendre, Qu'ele avoit mesnie fort bele ... As uns commande oster ! es seles Des chevaux, et bien conreer, N'i a celui qui l'ost veher Einz le firent molt volentiers. riche d'enseignement puisque entre le 12 e et la fin du 14 e siede ... il elargit ses competences de langue de la communication orale qu'il est principalement d'abord, a celles d'une langue qui exploite finalement la plupart des registres de l'ecriture. » (LusrGNAN 1987: 956). La conquete des genres didactiques, plus particulierement l'historiographie et Ja philosophie, alliee a une syntaxe plus hierarchisee sur le modele latin, n'est pas sans favoriser ainsi un mode de lecture rnoins oral, plus interiorise, promouvant la reflexion. C'est un point auquel je pense m'attacher dans une etude future. 23 Ces nouvelles perspectives se heurtent cependant a une pesanteur qui regne dans la formule des concours - CAPES et Agregation scleroses depuis des decennies, dont ! es questions repetitives sont coulees dans le moule d'une «grammaire» essentiellement empirique. 118 Claude Buridant 1 ------------- > Desarmer fet les chevaliers; 2 ------------- > Au desarmer les filles saillent Chretien de Troyes, Lancelot 2523-35, ed. M. Roques Mais la reprise par substantivation s'inscrit souvent dans la technique de variation, technique dans laquelle un auteur aussi raffine que Chretien de Troyes excelle, comme en temoigne l'un des passages les plus remarquables d'Erec et Enide: Erec, accompagne d'Enide, quitte la famille de cette derniere, dans laquelle ils sont heberges, le comte de Laluth, oncle d'Enide, promettant de les accompagner a leur depart (ed. M.Roques, v.1410-58): Li cuens a son ostel s'an vet, et dit qu'il le convoiera au matin, quant il s'an ira. Cele nuit ont tote dormie. Au main quant l'aube est esclarcie, Erec s'atorne de l'aler; ses chevax comande anseler, et s'amie la bele esvoille; cele s'atorne et il aparoille. Li vavasors lieve et sa fame: n'i remaint chevalier ne dame qui ne s'atort por convoier la pucele et le chevalier. Tuit sont monte, et li cuens monte. 1412 1416 Erec chevalche lez le conte 1420 et delez lui sa bele amie, qui l'esprevier n'oblia mie: a son esprevier se deporte, nule autre richesce n'an porte. 1424 Grant joie Jet au convoier; avoec Erec volt anvoier au dessevrer une partie lifrans cuens de sa conpaignie, 1428 por ce qu'annor li feissient, se avoec lui s'an alessient; mes il dist que nul n'an manroit, ne conpaignie ne queroit 1432 fors que s'amie solemant. Puis lor dist: «A Deu vos comant. « Convoiez les orent grant piece; li cuens beise Erec et sa niece, 1436 si les comande a Deu le pi. Li peres et la mere ausi le beisent sovant et menu; MOTIF DU CONVOIEMENT ANNONCE PREPARATIFS CONVOIEMENT Varietas delectat de plorer ne se sont tenu: 1440 au departir plore la mere, plore la pucele et li pere. Tex est amors, tex est nature, tex est pitiez de norreture: 1444 plorer leur feisoit granz pitiez et la dolcors et l'amistiez qu'il avoient de lor anfant; mes bien savoient ne por quant 1448 que lor fille an tel leu aloit don grant enors lor avandroit. D'amor et de pitie ploroient que de lor fille departoient; 1452 ne ploroient por altre chose: bien savoient qu'a la parclose an seroient il enore. Au departir ont molt plore; 1456 plorant a Deu s'antre comandent; or s'an vont, que plus n'i atandent. DEPART AVEC PLEURS C'est d'abord le motif du convoiement, qui est annonce (v.1405-08). La scene du depart qui suit peut se decomposer en trois parties: les preparatifs (v.1410-18) le convoier (v.1419-36) les adieux (v.1436-58). 119 Dans cette scene, le convoiement est traite gräce au jeu du mode et du temps, comme un theme a variation: les preparatifs qui, des deux epoux, gagnent l'ensemble de l'entourage, sont faits por convoier (v.1407), et c'est ce convoier saus forme d'infinitif substantive qui constitue le noyau de la seconde partie (v.1425) le depart etant donne par tuit sont monte (v.1419) pour etre repris a l'accompli au v.1435. On est donc passe de por convoier --------------------- > intention a au convoier ------------------------ > duratif et a convoiez les orent -------------- > accompli. Cependant, pendant le convoier, Ie dessevrer proprement dit est annonce au vers 1427, que relaiera le departir au vers 1441, repris par le vers conclusif 1456. En contraste avec la joie du convoier, Ie departir est marque par les pleurs.Plorer n'intervient pas moins de sept fois dans cette scene d'adieux, comme un leitmotiv, d'abord sous forme d'annonce: de plorer ne se sont tenu (v.1440), puis dans un vers d'ouverture qui, avec l'infinitif substantive, declenche ! es pleurs (v.1441). Leur abondance est soulignee par la repetition plore la mere, plore la pucele et li pere (v. 1441-42). Les vers 1443-45 annoncent sous leur forme generale le motif de ces pleurs, amor et pitie de nourreture, que contrebalance cependant l'idee de l'hon- 120 Claude Buridant neur qui attend Enide, au vers 1451, comme une reprise conclusive du developpement des vers 1443-50. La reprise conclusive de plorer sous forme accomplie au vers 1456 marque l'adieu. On est donc passe de de plorer ne se sont tenu ------------------ > annonce a au departir plore la mere --------------- > declenchement des pleurs a d'amor et de pitie pioroient que de lorfille departoient --------------- > explication des pleurs et a au departir ont malt plore ----------- > conclusion des pleurs. Le departir substantive constitue comme la base sur laquelle se developpe le leitmotiv thematique des pleurs qui s'acheve sur une derniere variation au participe present dans ! 'adieu, or s'an vont, du vers 1458, marquant la rupture finale. Le maitre champenois a su exploiter, avec toutes les ressources de son art, les possibilites de thematisation que lui offrait l'infinitif substantive. Une des fonctions majeures de cette forme est en effet de se constituer comme theme: soit anaphoriquement, en reprise d'un proces precedent sous sa forme la plus condensee, en particulier dans des sequences fortement saturees par un enchainement «en cascade» typique du recit medieval (le commentaire d'un premier theme devenant le theme d'un second commentaire, lequel devient le theme d'un troisieme etc.) comme l'ont bien souligne B. Cerquiglini et alii (CERQUIGLINI/ FoRET/ MuKHERJEE 1976) et B. Combettes (CüMBETTES 1988); soit cataphoriquement, en annonce d'un commentaire, comme dans les proverbes (Biaus parler ne conchie boche). L'infinitif substantive, que 1'on peut rattacher, au plan typologique, aux caracteristiques de type «germanique» de l'ancien frarn;:ais, illustre ainsi l'hybridite d'une categorie qu'exploite volontiers une ecriture de la variatio, en usant des possibilites souples de la langue, ou est passe maitre Chretien de Troyes. Son etude ne saurait etre ainsi dissociee de la pratique scripturaire medievale, son declin co'incidant avec le developpement du vocabulaire abstrait (WuLFF 1875: 59s.) et la delimitation de categories plus tranchees de la langue sous l'effet d'une grammaire reflexive, comme je vais l'evoquer brievement ci-dessous. La reduction de la varietas L'evolution typologique du fran�ais provoque un changement profond dans tous les domaines, qui tend a reduire ou a eliminer la varietas: revolution de la rhetorique: a la rhetorique de la variation a succede une rhetorique classique, reagissant contre l'exuberance baroque et eliminant ce qui est desormais considere comme redondance et tautologie. L'iteration lexicale, a tra- Varietas delectat 121 vers ses figures majeures, les binömes synonymiques et la dierese, tombe dans le discredit, comme signe de l'imperfection, de l'approximation: «La langue doit aspirer al'ordre, a la simplicite, ala discipline rationalisee. La recherche de la clarte reduit le discours al'unique, le <centralisme> ou le <monisme> intellectuel bannit la redondance parce qu'elle est la marque du discours vide, de la pensee non maitrisee.» (BURIDANT 1980a: 52). La Stereotypie, qui est encore ala base de genres majeurs au 16 e siede, constitutive d'une ecriture de «reconnaissance» dans les romans de chevalerie par exemple se verra condamnee par le culte romantique du genie individuel, original, discordant avec la societe. reduction des parametres diatopiques et diachroniques, favorisee par les progres de l'imprimerie, limitant les filieres de la transmission mouvante des textes, desormais fixes et figes ne varietur pour une diffusion large, dans des formes et des graphies statiques, que tendent acodifier les progres de l'orthographe, inconnue des scribes medievaux, la langue moderne, toute normee qu'elle soit, se colorant cependant de variations regionales, dialectales, sociolectales liees ason expansion geographique et sociale. constitution d'une grammaire specifique du franc; ais, reglee et normee, ou l'on se rapproche du principe de Humboldt, «une forme, une fonction», et tendant a fixer et figer les elements grammaticaux en categories etanches. Se developpe ainsi, comme l'a souligne 0. Gsell, la tendance ala separation formelle des expressions epithetes ou clitiques, et des expressions autonomes sur le plan syntaxique et prosodique, qu'on observe dans l'evolution des demonstratifs, des pronoms personnels et possessifs, d'une partie des indefinis, et des prepositions et des adverbes (dans vs. dedans, etc.) (GsELL 1989: 133). Ainsi dans la fixation des röles des deux series du demonstratif: la restructuration progressive fixe cistlcest et leur forme reduite ce dans le röle de determinants nominaux conjoints, de cil/ cel et leur forme unique celui dans celui de pronom autonome (ce-cet en fonction d'adjectif/ celui en fonction de pronom). Et 0. Gsell voit derriere cette separation formelle, en partie «un rationalisme categorisant dans le domaine grammatical, qui a conduit (quelquefois accompagne) le moyen frarn; ais et les debuts du frarn; ais moderne, d'une syntaxe de la phrase parlee et entendue aune syntaxe de la phrase ecrite et lue» («Hinter dieser formalen Scheidung steht sicher zu einem Teil ein grammatisch kategorisierender Rationalismus, der das Mittel- und Frühneufr. von einer Syntax des geschriebenen und gelesenen Satzes geführt und begleitet hat.» ]). - N'est pas etrangere a cette fixation et a ce figement des classifications etanches la dure necessite orthographique, comme le signalait F. Brunot apropos de la distinction radicale des adverbes et des adjectifs en mots invariables/ variables 24 . Dans Le masque et la furniere, P. Zumthor souligne encore, apropos de la 24 «Si on a tant tenu a separer adjectifs et adverbes, c'est certainement a cause de l'importance qu'on attribuait a la classification des mots en Mots variables et Mots invariables, en vue des questions d'orthographe qui se posaient. » (BRUNOT 1922: 604). 122 Claude Buridant langue du 15 e siede par rapport au modele latin en particulier, la «relative rudesse de la langue fran\;aise, l'empirisme de sa syntaxe, ses flottements lexicaux, l'interpenetration de formes dialectales d'origine diverse, la mouvance de sa morphologie. Facteur positif, en ce qu'il permet, et peut-etre exige, l'emergence simultanee de plans d'expressions heterogenes; en ce qu'il situe ce discours [celui des rhetoriqueurs] avant le divorce d'un parler populaire, vivant, et d'un idiome <litteraire> aseptise et normalise ...» (ZuMTHOR 1978: 211). Dans la langue normalisee se restreignent les possibilites de constructions en meme temps que disparait la variation «vide», la differenciation fonctionnelle s'accompagnant d'une differenciation semantique. Les fonctions grammaticales specifiques sont volontiers signalees a l'aide d'une seule marque grammaticale. Pour reprendre l'exemple des indices d'infinitif, on assiste a la fixation de la preposition de comme marque typique du complement d'objet direct pour les verbes autres que les quasi-auxiliaires. Ce processus d'ensemble de rejet de la varietas, a travers ces parametres convergents, s'inscrit dans la reduction de l'oralite, dans la part de plus en plus grande prise par l'ecrit, dans une veritable revolution copernicienne des mentalites, dessinant une nouvelle architectonique mentale privilegiant la codification normee et le discours regle, touchant cependant plus les elites que la masse parlante et ne pouvant reduire l'oralite consubstantielle du langage. 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Face a des syntheses recentes (HucHON 1988; TRUDEAU 1992; SMITH 1993), je voudrais simplement reprendre et completer les reflexions que j'ai publiees, il y a une vingtaine d'annees (MARZYS 1974), sur ce qu'Alexis Franfois avait appele en son temps «le reve d'une langue franyaise dassique» (FRAN�ors 1936: 91). Je pense en effet que ce reve, confu par les hommes de la Renaissance, ne s'est pas realise, ou du moins qu'il s'est realise, au xvn e siede, d'une maniere tres differente de celle qu'ils avaient imaginee. Comme le fait R. Anthony Lodge dans son ouvrage recent sur l'histoire externe du franyais (LoDGE 1993), je prendrai pour point de depart le modele d'Einar Haugen, qui distingue quatre aspects dans le processus de standardisation d'une langue (HAUGEN 1966: 931-33): 1 ° Ja selection d'un modele de Ja norme; 2 ° Ja diffusion 2 de ce modele dans une communaute; 3 ° l'elaboration, c'est-a-dire Ja variation maximale des fonctions; 4 ° Ja codification, c'est-a-dire la variation minimale des formes. Essayons d'appliquer ce schema a la situation du franfais a la fin du Mayen Age. Le paysage linguistique du domaine d'oi1 se presente alors comme une triglossie. Au bas de l'echelle, des langues vernaculaires, servant essentiellement a la communication orale et interpersonnelle. Au sommet, le latin, langue du savoir et d'une litterature de prestige. Au milieu, le franyais; largement unifie sur le modele de la variete parisienne, employe massivement comme langue litteraire et administrative, il est en passe de s'etendre a la fois horizontalement en direction du Midi et verticalement sur les positions tenues par le latin. En d'autres termes, le franyais est en train de devenir une langue standard en ce qui concerne les trois premiers points de Haugen: selection, diffusion, elaboration. II n'en est pas de meme quant a la codification. On peut admettre que, dans la mesure ou le franyais se conforme au modele parisien, il a subi une premiere codification spontanee. On voit aussi, des le xm e siede, des auteurs conscients de 1 Texte d'une conference prononcee a l'Universite de Berne le 28 octobre 1995, lors d'un colloque en l'honneur de M. Rudolf Engler. z Ce terme ne correspond pas exactement a acceptance utilise par Haugen, mais me semble bien rendre Ja realite qu'il designe. La codification du frarn,;ais a l'epoque de la Renaissance 127 la distance entre la langue quotidienne et son usage ecrit 3 • Le fram;;ais est egalement l'objet d'une certaine reflexion grammaticale, sous-produit de l'enseignement latin ou des manuels d'apprentissage a l'adresse des Anglais (cf. LusIGNAN 1986; KRISTOL 1989). Mais il n'existe aucune tentative de le doter d'une norme explicite et universellement valable. Le fran�ais reste donc, aux yeux des gens cultives, une «langue vulgaire» 4 au sens de Dante: langue «que nous apprenons sans aucune regle en imitant notre nourrice», par opposition a la grammatica, c'esta-dire au latin, objet de preceptes normatifs, de reflexion theorique et d'enseignement scolaire. Dante ajoutait, il est vrai, que Ja langue vulgaire etait «plus noble» que le latin 5 ; mais ce ne sera pas l'avis des humanistes fran�ais du xvr e siede. Pour la plupart d'entre eux en effet, seule une langue strictement codifiee est apte a rivaliser de prestige avec les langues anciennes. On peut evidemment en rester 1a et n'ecrire qu'en latin, comme Je feront un Guillaume Bude, un Jean Salmon Macrin ou un Jacques de Thou. Mais si l'on veut, sans dechoir, contribuer a la diffusion de la culture antique en ecrivant en langue vulgaire, il faut en faire une veritable grammatica, a la fois comportant des regles precises et fixee dans une forme ne varietur. Ce projet ne va pas sans problemes. Le premier est pose par la concurrence de l'italien. Au xu e et au xrn e s., le fran�ais a eu ses heures de gloire; mais a la fin du Mayen Age, son prestige international decline, et c'est l'italien qui, pendant taute la Renaissance, s'affirmera comme la langue moderne la plus importante d'Europe (FRAN<;:01s 1959/ 1: 99-106). Ainsi, lorsqu'a la fin du xv e s. les Fran�ais decouvrent la culture italienne, ils se sentent en position d'inferiorite. Ils apparaissent d'ailleurs aux Italiens comme des barbares, et ils essaient de s'en defendre en contreattaquant. Des 1509, Claude de Seyssel suggere a Louis xn une veritable politique linguistique, qui consisterait a diffuser le fram; ais dans les provinces italiennes fraichement conquises, notamment en leur imposant des lois redigees dans cette langue, de telle sorte que les Italiens soient obliges de l'apprendre. D'ailleurs, faisant du «wishful thinking», Seyssel pretend qu'ils le font deja spontanement: 3 Cf. HuoN DE MERY, Le Tornoiement Anticrist 10-15: «Mes al troveur bien avient/ Qui set aventure novele/ E face tant ke Ja novele/ De l'aventure par tut aille/ E ke sun gros fram; ois detaille/ Pur faire oevre plus deliee» (ed. MARGARET 0. BENDER, Mississippi 1976: 59); cf. MARZYS 1978: 202s. - Sur Ja contribution des traducteurs, et specialement de Nicole Oresme, a cette prise de conscience, cf. en dernier lieu LusrGNAN 1986: 129-71. 4 II est significatif par exemple que dans le domaine francoproven1;al, ou pourtant le fran1;ais est un produit d'importation, «! es termes roman (ou romain) et vulgaire peuvent s'appliquer indifferemment au dialecte parle, a une scripta plus ou moins dialectale comme au fran1;ais», et cela jusqu'au xvr c siede (MARZYS 1978: 199). s «Vulgarem locutionem asserimus, quam sine omni regula, nutricem imitantes, accipimus. Est et inde alia locutio secundaria nobis, quam Romani gramaticam vocaverunt ... Harum quoque duarum nobilior est vulgaris» (De vulgari eloquentia, I/ 1). 128 Zygmunt Marzys Par Je moyen des grandes et glorieuses conquestes qu'y avez faites, n'y a quartier maintenant en icelle [ = en Italie], Oll le langage frarn;:ois ne soit entendu par Ja pluspart des gens; tellement que fa Oll ! es Italiens reputoyent jadis les Frarn,ois barbares tant en meurs qu'en langage, a present s'entreentendent sans truchement ! es uns ! es autres, et si s'adaptent les Italiens, tant ceux qui sont soubs vostre obei:ssance, que plusieurs autres, aux habillemens et maniere de vivre de France. (BRUNOT 1894: 31; cf. LONGEON 1989: 22-27) En 1511, dans Les Illustrations de Gaule et singularitez de Troye, Jean Lemaire de Belges s'efforce d'accrediter le mythe de i'origine troyenne des Francs et de prouver par ce moyen que leur culture ne doit rien a l'Italie. Voici comment il definit son dessein: L'acteur dessus nomme ... pretend a l'ayde de Dieu faire demonstration certaine de la signification du tiltre de ce volume. C'est a savoir esclarcir en ce langage frans;ois, que les Italiens par leur mesprisance acoustumee appellent barbare (mais non est) la tres-venerable antiquite du sang de nosdits princes de Gaule. (STECHER 1882-85/ 1: 11) En 1513, dans La Concorde des deux langages, Lemaire va se montrer plus conciliant: il imagine le temple de Minerve, ou ... se treuvent conjoints, vivans en paix sans noise, le langage toscan, et la langue frans;oise. (STECHER 1882-85/ 3: 130) Tout cela ne persuade guere les Italiens que les Franc;ais sont aussi cultives qu'eux. En 1528 encore, Baldassar Castiglione, dans Le Livre du courtisan, fera dire a son porte-parole Colonna: Je pense que le vrai et principal ornement de l'esprit de chacun, ce sont ! es lettres, bien que ! es Frans;ais connaissent seulement la noblesse des armes et ne fassent aucun cas du reste, de maniere que non seulement ils n'apprecient pas ! es lettres, mais meme ils les abhorrent, et tiennent tous ! es lettres pour ! es plus vils des hommes; et il leur semble qu'ils font une grande injure a quelqu'un quand ils l'appellent «clerc». (PoNs 1991: 81)6 L'autre probleme concernait les sources de la norme linguistique. La norme des langues anciennes, telle que la concevaient les humanistes et surtout les «ciceroniens», etait fondee sur des modeles litteraires. 11 en etait de meme pour l'italien, du moins dans la perspective de Bembo, qui allait l'emporter sur les autres. Mais il n'y avait pas en France d'ecrivains aussi prestigieux que ceux du Trecento en Italie. La litterature du XII e et du xm e s. etait en grande partie tombee dans l'oubli, et d'ailleurs l'evolution de la langue l'avait rendue a peu pres incomprehensible. Plus 6 «II vero e prinicipal ornamento dell'animo in ciascuno penso io ehe siano le lettere: beuche i Franzesi solamente conoscano la nobilita delle arme, e tutto il resto nulla estimino; di modo ehe, non solamente non apprezzano le lettere, ma le aborriscono; e tutti i letterati tengon per vilissimi omini; e pare lor di gran villania a chi si sia, quando lo chiaman clero» (CrAN 1947: 104). La codification du fram; ais a l'epoque de la Renaissance 129 pres dans le temps, aucun auteur, aucune reuvre ne jouissait d'une autorite suffisante pour servir de modele. Des lors, les Frarn; ais chercheront en vain des auteurs «classiques» a opposer aux Italiens. Ainsi Jean Lemaire produit une liste d'ecrivains allant duxm e au debut duxvr e s.; mais il est evident qu'aucun d'entre eux, pas plus Jean de Meung qu'Alain Chartier, sans parler des autres, n'a le prestige de Dante, Petrarque et Boccace, cites en parallele: L'une des parties soustenoit, que Ja langue frarn; oise estoit assez gente et propice, suffisante assez, et du tout elegante pour exprimer en banne foy, et mettre en effect, tout ce que Je langage toscan ou florentin (jasoit ce qu'il soit Je plus flourissant d'Italie) sauroit ditter ou excogiter, soit en amours soit autrement. Et en ce allegoit pour ses garants et deffenseurs aucuns poetes, orateurs, et historiens de la langue franyoise, tant antiques comme modernes, si comme Jean de Mehun, Froissart, Maistre Alain [Chartier], Meschinot, ! es deux Grebans, Millet [=Jacques Milet], Molinet, George Chastelain, et autres, dont la memoire est et sera longuement en la bouche des hommes, sans ceux qui encores vivent et flourissent. Desquelz maistre Guillaume Cretin est le prince. L'autre personnage deffendoit et preferoit le langage italique, comme celuy qui plus et mieux a poinct, et par plus grande affection, syait exprimer son intention en pratique amoureuse et autres matieres. Et pour ce prouver mettoit en avant plusieurs acteurs renommez et autorisez, si comme Dante, Petrarque, et Bocace tous trois Florentins, Philelphe, Seraphin, et assez d'autres Italiens. (STECHER 1882-85/ 3: 98s.; cf. LoN- GEON 1989: 31-36) En revanche, la variation diatopique pose aux Franvais moins de problemes qu'aux Italiens. En effet, en Italie, le modele toscan ne fait pas encore l'unanimite; en France la domination de la variete parisienne est si massive qu'elle est difficilement contestable. Rares sont les theoriciens qui voient dans les dialectes un obstacle a la standardisation de la langue vulgaire: on ne peut guere citer que Charles de Bovelles et son Liber de differentia vulgarium linguarum et Gallici sermonis varietate (1533; cf. DuMONT-DEMAIZIERE 1973). D'autres, il est vrai, voudraient tenir campte de varietes regionales. Mais il s'agit soit de reflexions abstraites, soit de propositions qui se limitent a accueillir dans la norme centrale quelques elements regionaux de prononciation ou de vocabulaire (cf. SCHMITT 1977). * Si l'on fait abstraction des ecrits plus ou moins polemiques de Claude de Seyssel et de Jean Lemaire cites taut a l'heure, on peut situer dans le deuxieme quart du XVI e siede les premieres publications sur la codification du franvais. Nous allons reprendre les quatre plus celebres d'entre elles: le Champ fleury de Geofroy Tory (1529), l'Isagoge de Jacques Dubois alias Sylvius (1531), la Deffence et illustration de Joachim Du Bellay (1549) et le Trette de la grammere franr,;oeze de Louis Meigret (1550) 7• On peut presenter les differents modeles de la norme qu'elles proposent au moyen du schema suivant: 7 Cite ci-apres selon l'edition modernisee de HAUSMANN 1980a. 130 Zygmunt Marzys + archai'que archai'que + litteraire Tory 1529 Du Bellay 1549 litteraire Sylvius 1531 Meigret 1550 Geofroy Tory. Rappelons que son Champfleury n'est ni une grammaire ni un traite de rhetorique, mais un manuel de typographie. Toutefois Tory est conscient qu'avec la diffusion de l'imprimerie, l'etablissement d'une norme linguistique prend une importance nouvelle; il commence donc par presenter un programme de codification du frarn;:ais, dont le but devrait etre de fixer la langue et d'en faire un veritable moyen d'expression litteraire. Il propose ce programme des la preface: Pleust a Dieu que quelque noble cueur s'employast a mettre et ordonner par reigle nostre langage frarn; ois! ...S'il n'y est mys et ordonne, on trouvera que de cinquante ans en cinquante ans Ja langue fran1,oise, pour la plus grande part, sera changee et pervertie. Le langage d'aujourd'huy est change en mille fa1,ons du langage qui estoit il y a cinquante ans ou environ ...J'espere qu'au plaisir de Dieu quelque noble Priscian, quelque Donat, ou quelque Quintilien fran1,ois naistra de bref, s'il n'est desja tout edifie ... Quant l'un traictera des lettres, et l'aultre des vocales, ung tiers viendra qui declarera ! es dictions, et puis encores ung aultre surviendra qui ordonnera la belle oraison. Par ainsi on trouvera que peu a peu on passera le chemin, si bien qu'on viendra aux grans champs poetiques et rhetoriques plains de belles, bonnes et odoriferentes fleurs de parler et dire honnestement et facillement tout ce qu'on vouldra. (TORY 1529: Aux lecteurs; cf. LoNGEON 1989: 49-54) Tory ne neglige pas l'usage parle des classes dirigeantes, mais ne le trouve pas suffisant pour fonder une norme litteraire: II est certain que le stile de parlement, et le langage de court sont tresbons, mais encores pourroit on enrichir nostre dict langage par certaines belles figures et fleurs de retorique, tant en prose que autrement. (ib.Iv 0 -1Ir 0 ) La codification devrait donc se faire plutöt d'apres des modeles litteraires. Philologue, Tory a une certaine connaissance de la litterature du xn c et du xm e s., et il la croit utilisable pour la norme de la langue contemporaine: Si avec nostre facundite, estoit reigle certaine, il me semble soubz correction, que le langage seroit plus riche, et plus parfaict ...Qui se vouldroit en ce bien fonder, a mon advis porroit user des oeuvres de Pierre de Saint Cloct [= Saint-Cloud] et des oeuvres de Jehan li Nevelois [=Jean le Nevelon] qui ont descript Ja vie d'Alexandre le Grant ... Iceulx deux susdicts autheurs ont en leur stile une grande majeste de langage ancien et croy que s'ilz eussent eu le temps en fleur de bonnes lectres, comme il est aujourd'huy qu'ilz eussent excede tous autheurs grecs et latins ... On porroit aussi user des oeuvres de Chrestien de Troyes, et ce en son Chevalier a l'espee [= Chevalier au lion? ], et en son Perseval qu'il dedia au conte Phelippe de Flandres. On porroit user pareillement de Hugon de Mery, en son Tornoy de l'Entecrist.Tout pareillement aussi de Raoul [de Houdenc] en son Romant des Elles [=Ailes]. Paysant de La codification du frarn; ais a l'epoque de la Renaissance 131 Mesieres [ = Pai"en de Maisieres) n'est pas a despriser, qui faict maintz beaux et bons petitz coupletz, et entre ! es aultres, en sa Mule sans frein ... (ib. III v 0) Pourtant, comme le montre sa remarque apropos de Pierre de Saint-Cloud et de Jean le Nevelon, Tory se rend bien campte que ces auteurs sont trop anciens et que leur langue a trop vieilli pour qu'ils puissent vraiment servir de modeles; acöte d'eux, il propose donc des ecrivains du xv e et meme du xvr e s.: On pourroit en oultre user des oeuvres de Arnoul Graban, et de Simon Graban son frere ... Alain Chartier, et George Chastellain chevalier sont autheurs dignes desquelz on face frequente lecture, car ilz sont tresplains de langage moult seignorial et heroique.Les Lunettes des princes [de Jean Meschinot) pareillement sont bonnes pour le doulx langage qui y est contenu. On porroit semblablement bien user des belles Chroniques de France que mon seigneur Cretin nagueres chroniqueur du roy a si bien faictes, que Homere, ne Virgile, ne Dantes, n'eurent onques plus d'excellence en leur stile, qu'il a au sien. (ib. IVr 0) Ces eloges sont d'autant plus hyperboliques que la cause est difficile a defendre: en realite, aucun de ces auteurs n'a le prestige des grands Italiens et ne peut guere servir de modele de la norme. Alors, curieusement, Tory se tourne vers la variation dialectale et essaie de faire de necessite vertu; aceux qui voient dans l'existence des dialectes un obstacle a la codification de la langue vulgaire, il repond par un parallele avec les dialectes litteraires grecs 8 : Nostre langue est aussi facile a reigler et mettre en bon ordre, que fut jadis Ja langue grecque, en laquelle y a cinq diversites de langage, qui sont la langue attique, la dorique, Ja aeolique, Ja ionique, et Ja comune, qui ont certaines differences entre elles en declinaisons de noms, en conjugations de verbes, en orthographe, en accentz et en pronunciation ... Tout ainsi pourrions nous bien faire, de Ja langue de court et parrhisiene, de Ja langue picarde, de Ja lionnoise, de Ja lymosine, et de Ja prouvensalle. (ib. 1Vv 0 -Vr 0 ) Evidemment, les dialectes gallo-romans ne pouvaient pas servir de base a des varietes codifiees de la langue litteraire: ils differaient trop les uns des autres et ils se trouvaient en etat de trop grande inferiorite socioculturelle par rapport au frarn; ais de Paris. II s'agissait en realite d'un mythe de langue classique, fonde cette fois-ci non sur le latin mais sur le grec, mais n'ayant aucune chance de realisation. Sylvius. C'est un autre mythe que represente son Isagoge 9 • Le but de cet ouvrage est double, ainsi que l'auteur l'explique lui-meme dans sa preface. D'une part, persuade que l'evolution n'est qu'une corruption, il voudrait reconstituer une forme archai'que du frarn;:ais, plus proche du latin et d'autres langues anciennes: s Comme Je signale P. SMITH (1993: 45ss.), l'anaJogie remonte a Ja discussion italienne sur Ja questione della lingua et apparait deja chez Cristoforo Landino; elle reparaitra chez Henri Estienne. 9 Sur Sylvius, cf. en dernier lieu: DEMAIZIERE 1989; GLATIGNY 1989: 13-18. 132 Zygmunt Marzys J'aurai l'impression d'avoir realise mon desir, si je ravive quelque peu l'eclat originel de la langue fran9aise, depuis longtemps presque disparu et couvert de rouille, et si je restitue une partie de sa purete primitive par une espece de retour en arriere, en recherchant l'origine des mots fran9ais dans l'hebreu, le grec et le latin, source d'ou notre parler decoule presque tout entier lO _ Le second but de Sylvius est d'etablir des regles du fran�ais pour en faire une grammatica au sens de Dante: Ce n'est pas sans raison que j'ai entrepris de cultiver la langue fran9aise, pour montrer la voie a mes successeurs qui traiteront de cette matiere avec plus de distinction, d'abondance et de bonheur; et pour inciter ! es hommes de notre epoque a apprendre, du moins a leurs heures perdues, en abandonnant un peu leur etude si assidue des langues etrangeres, ! es regles de leur propre langue, afin de n'etre pas toujours reduits a repeter, a la maniere des pies et des etourneaux, des mots entendus de leurs parents, sans jamais en prendre conscience, y reflechir, ! es comprendre; car c'est une chose honteuse pour un homme que de paraitre etranger dans sa langue maternelle 11 . En d'autres termes, le dessein de Sylvius est de composer une grammaire historique et une grammaire normative, l'une et l'autre destinees moins a etudier objectivement Je fran�ais qu'a prouver, comme on le dira plus tard, sa «conformite» avec les langues anciennes, a la fois quant a ses origines et quant a son systeme grammatical. A ce double dessein correspondent les deux parties de l'ouvrage. La premiere, In linguam Gallicam Isagoge, est une espece de phonetique historique: Sylvius rapproche systematiquement chaque son latin de ses resultats presumes en fran- �ais. Sa methode nous paratt bien naive et les conclusions auxquelles il parvient franchement aberrantes, ce qui n'a rien d'etonnant dans l'etat de la science etymologique de l'epoque. Mais il y a plus: chaque fois qu'il le peut, Sylvius tente de corriger le fran1:ais en le rapprochant du latin. Il constate par exemple (p. 20s.) qu'a la voyelle E du latin correspond souvent en fran�ais le groupe [wE]: ainsi TELA/ [twEl], SERUM/ [swcr], REX/ [rwE]. Mais il sait d'autre part que dans certains dialectes, et notamment en normand, on dit [tel], [scr], [rE]. Des lors, il donne sa preference a la prononciation normande et traite celle des Parisiens de «corrom- 10 «Mihi vero ipse interim voti compos esse videbor, si nativum linguae Gallicae nitorem, iamdiu prope exoletum, et situ obsitum, nonnihil detersero, ac velut postliminio in puritatis pristinae partem restituero: corrogata scilicet ex Hebraeis, Graecis, Latinis vocum Gallicarum origine: a quibus ceu fontibus nostra prope universa elocutio manavit» (SYLVlUS 1531, Ad lectorem linguae Gallicae studiosum). 11 «Non iniuria sermonem Gallicum excolere aggressus sum: ut posteris velut praeluceam, ista limatius, copiosius et foelicius tractaturis: ac nostrae aetatis hominibus animos excitem, ut horis saltem succisivis, intermissa paululum linguarum exoticarum disquisitione tarn solicita, sui sermonis rationem condiscant, ne picarum aut sturnorum more a parentibus audita, sed nunqnam animadversa, nunquam perpensa, nunquam intellecta, semper effundant: quum sit foedum, hominem in ea lingua videri hospitem, in qua natus est» (ib.). La codification du frarn; ais a l'epoque de la Renaissance 133 pue»; et il se rejouit que la prononciation [E] gagne peu a peu Paris, par ex. dans aimeroie [Em;:irE], etc. La seconde partie de l'ouvrage, Grammatica Latino-gallica, est en principe une morphologie synchronique du frarn; ais. Mais le titre indique le veritable dessein de l'auteur: il ne s'agit pas de decrire simplement le frarn;:ais, mais de le codifier sur le modele de la grammaire latine. Sylvius ne se contente pas d'imposer a sa grammaire un cadre theorique calgue sur le latin ni de choisir, comme dans la premiere partie de son ouvrage, les variantes les plus proches de la langue originelle. Il lui arrive de forcer l'usage pour regulariser le frarn; ais. Par exemple, il voudrait refaire la conjugaison du verbe aimer en j'ame, tu ames, il ame pour la rapprocher a la fois du latin amo, amas, amat et des autres mots de Ja famille, tels que ami, amour, etc. 12• Ou encore, il exige l'accord du participe passe avec le complement antepose: j'ai rer;utes tes lettres/ habeo receptas tuas litteras. Ici pourtant, il prevoit une objection et il y repond: Mais qui donc, diras-tu, a jamais entendu dire j'ai rer;utes tes lettres, d'apres habeo receptas, c'est-a-dire accepi, tuas litteras? Prends l'habitude de suivre Ja grammaire, et eile sonnera bien plus agreablement a tes oreilles que l'usage l3_ Si l'ouvrage de Sylvius a jete les bases theoriques de la grammaire fran�aise, sa proposition de fonder la norme sur l'idee abstraite d'une langue originelle et rationnellement ordonnee n'avait pas plus de chances de succes que celle de Tory, qui prenait pour modeles des textes litteraires trop rapidement vieillis. On etait donc dans l'impasse et, deux ans apres la parution de l'Isagoge, Bovelles avait beau jeu de declarer les langues vulgaires impossibles a codifier. Joachim Du Bellay. II faut attendre 1549 pour voir paraitre une nouveHe proposition de faire du fran�ais une langue standard aussi prestigieuse que le latin, avec La Deffence et illustration de la langue franr;oyse de Joachim Du Bellay. Comme on le sait, cet ouvrage n'est pas un projet de codification du fran9ais, mais le manifeste d'une nouvelle ecole poetique qui prendra plus tard le nom de «la Pleiade», et qui a la volonte de creer en fran9ais une litterature digne des Anciens et susceptible de concurrencer les Italiens. De la, chez Du Bellay, une apparente contradiction: enthousiasme pour la langue vulgaire et mepris de la tradition litteraire fran�aise; amour des lettres antiques et attaque contre le grec et le latin. 12 «Amo g'-afme, tu aimes, il aimet. Plu. nous afmons, voiis afmes, ils afment. Mihi magis placet sine diphthongo g-ame, tu ames, il amet, et sie totam facere coniugationem, ut ab eo amicus ami, amica amie, amabilis amiable, amor amour, amoureus ab amorosus etc. in quorum nullo diphthongum il! am af invenies» (Snvrns 1531, p.133s.). t3 «Sed quis unquam (inquies) audivit hunc sermonem: g'haf receuptes tes letres, ab habeo receptas, id est accepi, tuas litteras? Assuesce artem imitari, usu multo auribus tuis suavius insonabit» (ib. p.123s.). 134 Zygmunt Marzys Mais la contradiction s'explique si l'on admet, avec Wolfram Krämer (1967), que la doctrine linguistique des nouveaux poetes n'est qu'une consequence de leur doctrine litteraire: Du Bellay et ses amis ont le projet de creer une nouvelle poesie franr;aise a l'imitation des Anciens: d'ou le rejet, a la fois, de la litterature frans,;aise comme modele des ceuvres a creer et de la langue latine comme moyen d'expression. Conformement a ce programme, La Deffence et illustration contient: 1 ° une apologie du frans,;ais (defense non au sens de 'protection contre la corruption', auquel ce mot est employe aujourd'hui par les puristes, mais au sens juridique de 'plaidoyer'); 2 ° une ebauche d'art poetique (illustration 'action de rendre illustre'). La «defense» consiste essentiellement a demontrer que le frans,;ais est susceptible de l'usage litteraire et scientifique, tout aussi bien que les langues anciennes ou l'italien. En effet, pour Du Bellay comme pour ses predecesseurs, les Italiens sont a la fois des concurrents et des modeles a suivre. Mais ici surgit une difficulte capitale. Du Bellay, comme Bembo, ne cons,;oit le prestige d'une langue qu'en fonction de sa litterature. Mais comme il n'attribue aucune autorite aux ecrivains frans,;ais qui l'ont precede, il ne peut pas les opposer a Dante, Petrarque et Boccace, comme le faisaient Jean Lemaire ou Geofroy Tory. II s'avise alors de combattre les Italiens par leurs propres armes: ainsi que l'avait demontre des 1908 Pierre Villey, il a emprunte a peu pres textuellement son apologie de la langue vulgaire, sans en souffler mot bien entendu, au Dialogo delle lingue de Sperone Speroni (Venise 1542). Or, dans son evaluation des langues vulgaires, Sperone Speroni se place dans une perspective qui differe fondamentalement de celle de Bembo. Bembo regarde en arriere; il mesure la valeur d'une langue a la valeur de sa litterature. Par consequent, il considere le toscan, fort de sa tradition litteraire, comme superieur non seulement a tous les dialectes italiens, mais encore a toutes les langues vulgaires. Sperone Speroni, en revanche, regarde en avant: il ne s'agit pas de savoir quelles sont actuellement les qualites respectives des differentes langues, mais quelles sont leurs virtualites. Or, pour Sperone Speroni, les langues ne sont pas des produits naturels, mais des creations arbitraires des hommes; il n'y a donc entre elles aucune inegalite de nature. Leur plus ou moins grande perfection depend du degre de culture auquel elles sont parvenues. Par consequent, les langues vulgaires peuvent, a force d'etre cultivees, atteindre le meme prestige que le grec et le latin. La langue italienne elle-meme est encore dans sa jeunesse: «elle n'a pas completement fleuri et n'a pas produit les fruits qu'elle peut donner» 14 • Du Bellay se saisit de cette opinion et la developpe pour situer le frans,;ais non seulement face a l'italien, mais aussi et surtout face aux langues anciennes. II ne nie pas l'inferiorite actuelle du frans,;ais par rapport au grec et au latin; mais il s'efforce 14 «Non ha appieno fiorito, non ehe frutti produtti, ehe ella puo fare» (cite dans CHAMARD 1948: 25 Nl; cf. VrLLEY 1908: 45). La codification du fran1cais a l'epoque de la Renaissance 135 de montrer qu'elle n'est pas insurmontable. En effet, comme n'importe quelle autre langue, le fran�ais possede toutes les virtualites qui lui permettent de produire des ceuvres dignes des litteratures antiques, pour peu qu'il se trouve des gens qui veuillent le cultiver: Qui voudra de bien pres y regarder, trouvera que nostre langue fran9oyse n'est si pauvre, qu'elle ne puysse rendre fidelement ce qu'elle emprunte des autres, si infertile, qu'elle ne puysse produyre de soy quelque fruict de bonne invention, au moyen de l'industrie et diligence des cultiveurs d'icelle, si quelques uns se treuvent tant amys de leur pa'iz et d'eux mesmes, qu'ilz s'y veuillent employer. (CHAMARD 1948: 29) La culture du fran�ais consiste moins a le normaliser qu'a l'«enrichir», c'est-a-dire a le doter de nouveaux moyens d'expression. Il s'agit en particulier, pour Du Bellay et ses amis, de creer une nouvelle langue poetique, a la fois riche, savante et ornee. Pour cela, il faut disposer notamment d'un vocabulaire approprie, distinct du vocabulaire commun. Cela implique d'une part l'emploi de registres marginaux de la langue: archa"ismes, regionalismes, termes techniques 15 ; mais d'autre part, la formation de neologismes: Je veux bien avertir celuy qui entreprendra un grand ceuvre, qu'il ne craigne point d'inventer, adopter et composer a l'immitation des Grecz quelques motz fran9oys, comme Ciceron se vante d'avoir fait en sa langue. Mais si ! es Grecz et Latins eussent este supersticieux en cet endroit, qu'auroint-ilz ores de quoy magnifier si haultement cete copie qui est en leurs langues? ... Ne crains donques, poete futur, d'innover quelques termes, en un long poeme principalement, avecques modestie toutesfois, analogie et jugement de l'oreille, et ne te soucie qui le treuve bon ou mauvais. (ib. 137-40) C'est donc seulement a condition d'etre «enrichi» que le frarn;;ais peut devenir un instrument litteraire susceptible de rivaliser tant avec l'italien qu'avec les langues anciennes. Les Italiens se sont mis en marche les premiers; qu'a cela ne tienne! Les Fran�ais, pense Du Bellay, ne leur cedent en rien, bien au contraire; d'ou cette diatribe en conclusion de son livre: La France, soit en repos ou en guerre, est de long intervale a preferer a l'Italie, serve maintenant et mercenaire de ceux aux quelz eile souloit commander. Je ne parleray icy de la temperie de l'air, fertilite de la terre, abundance de tous genres de fruictz necessaires pour l'ayse et entretien de la vie humaine ... Je suis content que ces felicitez nous soient communes avecques autres nations, principalement l'Italie: mais quand a la piete, religion, integrite des meurs, magnanimite des couraiges, et toutes ces vertuz rares et antiques (qui est la vraye et solide louange), la France a tousjours obtenu sans controverse Ie premier lieu. (ib. 184-86) ts Cf.Du Bellay dans CHAMARD 1948: 142s., 172; mais surtout Ronsard dans Odes, Suravertissement au lecteur; Abbrege de l'art poetiquefranr;ois; La Franciade, Au lecteur apprentif (LAUMO- NIER 1914/ 75/ 1: 57; 14: 9-12; 16: 347-53). 136 Zygmunt Marzys Il s'agit donc de cultiver la langue, comme l'ont fait les Latins et les Italiens: Quand Ciceron et Virgile se misrent a ecrire en latin, l'eloquence et Ja poesie etoint encor'en enfance entre les Romains, et au plus haut de leur excellence entre ! es Grecz. Si donques ceux que j'ay nommez, dedaignans leur langue eussent ecrit en grec, est-il croyable qu'ilz eussent egale Homere et Demosthene? Pour le moins n'eussent ilz ete entre les Grecz ce qu'ilz sont entre les Latins. Petrarque semblablement et Boccace, combien qu'ilz aient beaucoup ecrit en latin, si est-ce que cela n'eust ete suffisant pour leur donner ce grand honneur qu'ilz ont acquis, s'ilz n'eussent ecrit en leur langue. (ib. 188s.) La conclusion est claire: le Petrarque et le Boccace frarn;:ais, ce sont les nouveaux poetes dont l'auteur de La Deffence et illustration se fait le porte-parole: les reuvres qu'ils s'appretent a creer (et qu'ils vont publier incessamment 16 ) vont servir de modele non seulement litteraire, mais aussi linguistique. Du Bellay et ses amis pretendent donc jouer pour le fran9ais le r6le attribue aux ecrivains du Trecento pour l'italien; ils aspirent, en somme, a devenir des classiques. Cette tentative aboutit, elle aussi, a un echec. C'est precisement leur volonte d'innovation qui a empeche les poetes de la Pleiade de fournir des modeles au frarn; ais standard: leur langue, trop recherchee, trop savante, trop eloignee de l'usage courant, n'a pas fait autorite (cf. MARZYS 1976). La norme du fran9ais, au contraire de celle de l'italien, n'allait pas ou du moins pas encore se conformer a des modeles litteraires. Restait une derniere solution: celle de fonder la norme sur l'usage. C'est cette solution que defend Louis Meigret. Louis Meigret. La notion d'usage chez Meigret a ete dernierement etudiee avec beaucoup de precision par M. Wunderli (1987) 17, de telle sorte que je pourrais presque me dispenser d'en parler. Je voudrais tout de meme commenter quelques passages de son Traite de la grammaire franr,;aise, pour mettre en relief le contraste avec ses predecesseurs. Des la preface de son livre, Meigret affirme une attitude positive a l'egard du fran9ais tel qu'il est: Notre langue est aujourd'hui si enrichie par la profession et experience des langues latine et grecque, qu'il n'est point d'art ni science si difficile et subtile ... dont elle ne puisse traiter amplement et elegamment. Par quoi il nous faut confesser qu'elle a en soi quelque ordre, par lequel nous pouvons distinguer ! es parties dont sont composes tous langages, et la reduire a quelques regles ...En poursuivant donc ce present traite selon l'experience que je puis avoir de l'usage de Ja parole et langage franyais, je commencerai aux premiers principes et elements, qui sont les voix et leurs lettres comme commune matiere de toutes langues, epluchant toutes celles dont nos syllabes et vocables sont formes: et finalement toutes les parties necessaires a 16 Rappelons que ! 'Olive de Du Bellay a paru la meme annee que La Deffence et illustration et ! es Odes de Ronsard l'annee suivante. 17 Cf. aussi HAUSMANN 1980b; GLATIGNY 1989: 13-18. La codification du frarn;:ais a l'epoque de la Renaissance 137 batir un langage entendible, avec les regles que j'ai pu extraire d'une commune observance, qui comme une loi les nous a tacitement ordonnees. (HAUSMANN 1980a: 1-5) En d'autres termes: 1° Le frans;ais est apte a tous ! es emplois litteraires et scientifiques, et il n'est pas necessaire de l'«enrichir» comme le pretend Du Bellay. 2 ° Le frans;ais, comme toute Iangue, possede une norme spontanee, qu'il suffit de degager par analyse; il n'est donc pas question de lui imposer de l'exterieur une norme artificielle, comme le voudrait Sylvius. 3 ° Le «corpus» dont il faut extraire cette norme n'est ni Ja litterature du passe comme pour Tory, ni un modele abstrait comme pour Sylvius, ni une langue poetique a creer comme pour Du Bellay, mais l'usage contemporain, que le grammairien a pour tache d'observer et d'exposer rationnellement. Pour voir l'application de ces principes, j'examinerai deux citations. La premiere concerne la derivation. Meigret vient de montrer qu'elle est irreguliere en frans;:ais, surtout qu'elle est plus ou moins influencee par le latin, et il conclut: Je ne m'amuse pas fort aux formaisons des derivatifs: d'autant que cela requiert la lecture des grammaires grecques et latines: auxquelles celui se devra adresser qui les voudra entendre: saus toutefois se prescrire aucune loi contre l'usage de la prononciation franc;aise: comme font plusieurs qui disent [que] nous dussions dire ainsi suivant ! es regles latines et grecques: auxquels, pour toute satisfaction, il faut repondre que nous devons dire comme nous disons, puisque generalement l'usage de parler l'a rec;u ainsi: car c'est celui qui donne autorite aux vocables: sauf toutefois 1a ou ! es regles frans;aises et la congruite sont offensees: comme font ceux qui disent, je venions, je donisse, je frapisse: qui sont fautes qui n'ont jamais ete rec;ues par ! es hommes bien appris en la langue franc;aise. (ib. 29) Plusieurs elements de ce fragment permettent de prec1ser la notion d'usage chez Meigret. D'abord l'independance par rapport aux langues anciennes: «les regles latines et grecques» n'ont aucune autorite sur la langue vulgaire. Deuxiemement, le caractere oral de l'usage, marque par des termes tels que prononciation, dire, parler. Enfin, le röle de la regularite grammaticale et des gens instruits, dont sans doute le grammarien lui-meme, lorsqu'il s'agit de choisir entre les variantes de l'usage. Dans le fragment qui suit, Meigret critique ouvertement Sylvius sans le mentionner. 11 s'agit d'une remarque faite en passant dans le chapitre concernant les participes: Au regard d'amant, c'est un nom tire du participe latin amans signifiant autant que \e nom verbal amoureus: car quant a amer et tous ses temps et modes, le courtisan frans;ais ne le conna"it point: ni ne se faut pas en cela amuser a je ne sais quelle ratiocination par laquelle aucuns se persuadent que, puisque l'usage a rer,:u un vocable, nous pouvons aussi user suivant les regles de leurs derivatifs inusites, de meme droit que nous usons des au- 138 Zygmunt Marzys tres: de sorte que nous pouvons dire amer, j'ame, tu ames, puisque nous disons amant. Je confesse que cela serait raisonnable, si ! es regles qu'on fait de grammaire, commandaient a l'usage: vu qu'au contraire ! es regles sont dressees sur l'usage et fafon de parler. (ib. 101) Si donc le grammairien peut choisir, parmi les variantes en usage, celles qui lui paraissent les plus regulieres, en revanche il n'a pas le droit d'inventer des formes inusitees pour regulariser artificiellement la langue. Celui qui lui indiquera si telle forme est usitee ou non, c'est avant taut le «courtisan frarn;;ais». Ce n'est pas la premiere fois que la langue de la cour apparait comme une source de la norme; deja Tory la citait a cöte du «stile de parlement». Mais chez Meigret, «le courtisan» ou «le bon courtisan», mentionne a plusieurs reprises 18 , devient le temoin par excellence de l'usage. Est-il en rapport avec le cortegiano de Castiglione? Ce n'est pas sür. Le cortegiano est imagine comme un individu qui, par une maniere de parler elegante, cherche a se faire valoir sans en avoir l'air. Le courtisan de Meigret est plutöt le representant d'un milieu dont il a interiorise le comportement. Et c'est ce milieu, la cour, plutöt que tel individu modele, qui est appele a une grande carriere en tant qu'instance supreme de la norme. Mais il n'est pas encore l'instance exclusive. D'une part, Meigret lui associe les savants, «les hommes bien appris en la langue»; d'autre part, comme l'a montre M. Wunderli, il ne soumet a ces deux instances que le niveauformel de la langue, sans rejeter necessairement les autres. II faut attendre Vaugelas pour qu'apparaisse la distinction entre le «bon usage» et le «mauvais usage», ce dernier etant rejete purement et simplement 19 . * Dans la seconde moitie du siede, l'hesitation sur le modele de la norme continuera. Robert Estienne, comme Tory, associe la langue des courtisans a celle des juristes et fonctionnaires 20 • Ramus recuse les «savants» et voudrait former la norme sur l'usage de l'ensemble de la societe parisienne, sans en privilegier aucune 1s Cf. HAUSMANN 1980a, index p. 168. 19 «II y a sans doute deux sortes d' Usages, un bon et un mauvais. Le mauvais se forme du plus grand nombre de personnes, qui presque en toutes choses n'est pas le meilleur, et le bon au contraire est compose non de la pluralite, mais de l'elite des voix» (MARZYS 1984: 40; cf. ib. 17). - 11 est significatif que le terme bon usage n'apparaisse chez Meigret qu'une seule fois, sans etre oppose a mauvais usage: «Ceux qui ont voulu bien dresser une grammaire sur le bon usage de parler, ont aussi, en le suivant, donne ! es moyens de bien ecrire par ! es lettres, en gardant a chacune sa puissance». (HAUSSMANN 1980a: 2) 20 «Nous ayans diligemment leu ! es deux susdicts autheurs [Sylvius et Meigret] ... avons faict ung recueil, principalement de ce que nous avons veu accorder a ce que nous avions le temps passe apprins des plus syavans en nostre langue, qui avoyent tout le temps de leur vie hante es Cours de France, tant du Roy que de son Parlement a Paris, aussi sa Chancellerie et Chambre des comptes: esquels lieux le langage s'escrit et se prononce en plus grande purete qu'en tous autres» (R. EsnENNE 1557: 2s.); cf. GLATIGNY 1989: 9-13. La codification du frans;ais a l'epoque de la Renaissance 139 variete 2 1. Henri Estienne, en 1578, rejette l'usage de la cour comme trop italianise 22 , et l'usage en general comme trop variable. Que reste-t-il alors pour etablir la norme du franvais? D'abord la connaissance des langues anciennes 2 3; ensuite la «raison» 2 4, par quoi il faut entendre sans doute, dans le choix des variantes, a la fois la regularite grammaticale et la plus grande transparence etymologique possible 25 . Nous revenons ainsi, en cette seconde moitie du siede, a une version attenuee de la theorie de Sylvius: pour discerner ce qui est correct, il faut s'adresser a des savants, c'est-a-dire a des gens frottes aussi bien de latin et de grec que de theorie grammaticale. En d'autres termes, la norme ne doit etre fondee ni sur la langue litteraire ancienne ou moderne, ni sur l'usage parle de quelque milieu que ce soit, mais sur le savoir. Cette proposition n'aura pas plus de suite que les precedentes. Ainsi, en 1589, Blaise de Vigenere pourra constater que le fran�ais n'est toujours pas codifie: 21 «Le peuple est souverain seigneur de sa langue, et la tient comme un fief de franc aleu, et n'en doit recognoissance a aulcun seigneur. L'escolle de ceste doctrine n'est point es auditoires des professeurs hebreus, grecs, et latins en l'universite de Paris ..., elle est au Louvre, au Palais, aux Halles, en Greve, a la place Maubert» (RAMUS 1572: 30). - Sur Ramus, cf. en dernier lieu: GLATIGNY 1989: 18-21; SwrGGERS 1989; WUNDERLI 1991. 22 «Nostre question estoit si le langage courtisan doit avoir plus de credit et autorite que celuy qu'on parle ailleurs.Vous avez respondu qu'il ne faloit faire aucune doute de cela.A quoy je vous ay replique qu'autresfois il y eust eu quelque apparence en cela, mais depuis les changemens qui sont advenus en ceste cour, et nommement que la cour est devenue une petite Italie, qu'elle avoit perdu beaucoup de son autorite en cest endroit. Car ayant oste ! es Italiens de la cour ... nous avons trouve que nous avions oste pour le moins la moitie des courtisans, et puis avons este d'accord qu'il ne seroit pas raisonnable que la moitie de la cour eust autant d'autorite que toute la cour. Mais quand nous sommes venus a examiner ceste moitie qui restoit, il nous a fallu jouer encores au rabbat. Car nous avons trouve que nous la devions tenir suspecte, pour le moins une partie d'icelle. Tellement qu'il a falu encores oster la moitie de ceste moitie, et ainsi est restee seulement la quarte partie des courtisans, le langage desquels peut avoir quelque autorite. Et encores a la fin n'avez pu garder ceste quarte partie que je vous laissois. Car vous avez confesse qu'elle n'estoit pas toute de personnes qui eussent tel jugement qu'il est requis d'avoir pour discerner le bon et pur langage d'avec Je mauvais et brouille» (SMITH 1980: 417). 23 «Pour le moins, vous me confesserez tousjours qu'un qui entend bien le latin a grand avantage quarrt a la congnoissance du frans; ois sur un qui ne l'entend point, voire que celuy qui a aussi la congnoissance du grec, a avantage, pour Je frans; ois, sur celuy qui n'entend que le Jatin.- Mais si on ne peut discerner le bon frans; es d'avec le mauvais que par l'usage, quel avantage pourra avoir celuy qui entend Je latin, voire qui a aussi congnoissance du grec? - Si l'usage de la Jangue frans; oise estoit pareil en tous lieux (je di, entre ceux tant seulement qui sont estimez bien parler car, quarrt aux autres, c'est une chose infinie ), ce que vous dites auroit quelque apparence, mais veu qu'il y a de la controverse quarrt a l'usage, il faut avoir recours aillieurs qu'a l'usage. Car de dire que par l'usage qui est en un lieu on pourroit juger de l'usage d'un autre lieu, ce seroit contre raison» ( ib. 396s.). 24 «II faut que la raison domine, et en conferant le langage des uns avec celuy des autres, il s'en faut rapporter a eile, tellement que si en quelque chose la raison se trouvoit estre du coste des crocheteurs, voire des bergers, quarrt au langage, et non pas du coste des courtisans, il faudroit qu'ils passassent condamnation, quelque grands qu'ils fussent» (ib. 402 ). 25 Cf. QUINTILIEN, Institutio oratoria, I, 6, 1: «Rationem praestat praecipue analogia, nonnumquam et etymologia.» 140 Zygmunt Marzys Quant il l'oraison solüe [= la prose] je m'en tais, et deporte d'en parler plus avant, parcequ'il y a tant d'escrivains aujourd'huy qui s'accablent ! es uns ! es autres, qu'on ne peut gueres bien discerner ! es bons des mauvais, qui ! es esteignent et suffoquent il guise des meschantes herbes qui surcroissent parmy ! es utiles et salutaires, et ! es surmontent et estouffent, quand chacun sans aucun choix ny jugement, sans rien elabourer, sarcler, ne cribler, se transporte Je nez au vent selon que sa fantaisie le pousse, ainsi que Je maniement d'un cheval non dompte encore: car n'y ayant point de grammaire, ny de reigles establies jusqu'aujourd'huy, cela s'en va indistinctement, et varie tout de mesme que Ja main d'un jeune gar�on, auquel si deslors qu'on luy veut apprendre a escrire on abandonnoit en pleine liberte son papier, sans Je reigler pour Je faire aller droit tout s'en iroit il vauderoute haut et bas, tortu, bossu, sans aucune proportion: Ainsi en est-il des reigles de la grammaire pour ! es langues, qui nous contraignent de parler et escrire correct et congru; sans lesquelles si quelqu'un s'y comporte tolerablement, il faut referer cela il la bonte de son esprit, et il Ja longue pratique et usage qu'il en a eu de longue main, mesmement surtout il hanter ! es cours des princes, ou par raison on doit tousjours mieux parler et escrire qu'ailleurs (cite par FRANC,:OIS 1936: 99s.). Aux yeux de Montaigne, les efforts visant a fixer la langue n'ont pas davantage abouti. Voici ce qu'il en dit dans le livre III des Essais: J'escris mon livre il peu d'hommes et il peu d'annees. Si c'eust este une matiere de duree, il l'eust fallu commettre il un langage plus ferme. Selon la variation continuelle qui a suivy le nostre jusques a cette heure, qui peut esperer que sa forme presente soit en usage, d'icy il cinquante ans? II escoule tous ! es jours de nos mains, et depuis que je vis s'est altere de moitie. Nous disons qu'il est asture [= il cette heure] parfaict. Autant en dict du sien chaque siede. Je n'ai garde de l'en tenir 1a tant qu'il fuira et se difformem com'il faict. C'est aux bons et utiles escris de Je clouer il eus, et ira son credit selon Ja fortune de nostre estat. (STROWSKJ 1906/ 33/ 2: 254). Ainsi, les auteurs de la fin du siede n'ont pas l'impression que les tentatives de codifier le frarn; ais aient abouti: la langue n'a toujours pas de norme generalement acceptee, et son evolution ne s'est pas ralentie. Mais en meme temps, ils indiquent les voies de la future codification: c'est dans «les cours des princes» qu'on parle et qu'on ecrit le meilleurfrarn;:ais, et ce sont les ecrivains qui ont pour tache de le fixer. Ainsi, lorsque le debat sur la norme sera repris, apres l'avenement d'Henri IV et le retablissement de la paix interieure, il va se situer d'emblee entre ces deux instances: les ecrivains et la societe aristocratique. Entre-temps, la position sociolinguistique du frarn;:ais aura profondement change. Le röle normatif de Ja variete parisienne est definitivement confirme, et les langues regionales purement et simplement exclues de la norme. Le frans;ais s'est etendu dans l'usage ecrit sur l'ensemble de la Galloromania, et notamment sur le domaine d'oc. Et si le latin domine toujours largement comme langue scientifique, le frans;ais est devenu la langue litteraire et administrative par excellence: on lit Ronsard et Montaigne bien plutöt que Jean Salmon Macrin ou Jacques de Thou; et depuis l'ordonnance de Villers-Cotterets, le latin est exclu des procedures judiciaires 26 . Le frarn; ais a donc cesse d'etre une «langue vulgaire» et est en passe de 26 Sur ! es effets linguistiques de l'ordonnance de Villers-Cotterets, cf. en dernier lieu TRUDEAU 1983. La codification du frarn;:ais a l'epoque de la Renaissance 141 devenir sinon une langue classique, du moins une langue standard, mais cela non a cause des efforts visant a le codifier, mais malgre leur echec. Le jour ou «Malherbe viendra», il proposera des regles non pour accroitre le prestige du franvais, mais parce que le franvais sera devenu assez prestigieux pour requerir une codification. Neuchatel Zygmunt Marzys Bibliographie BENDER, MARGARET 0. 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No servfa para el aprendizaje del espafiol en cuanto segunda lengua, ni proponfa pautas para la redacci6n de ciertos generos de textos, como lo hacfan, por ejemplo, los manuales de composici6n lfrica en lengua provenzal o, para el espafiol, el Arte de trovar de Enrique de Villena. Bien es verdad que la Gramatica castellana respondfa en cierto modo a una preocupaci6n secundaria del autor. Nebrija era ante todo latinista, y a la filologfa clasica pertenece tambien la mayor parte de sus trabajos, especialmente sus celebres Introductiones latinae. De hecho, esta gramatica latina le proporcion6 en buena parte el aparato conceptual para la caracterizaci6n del espafiol; metodo problematico, pero que no tenfa nada de particular si consideramos que hasta aquel momento la estructura del castellano estaba practicamente sin estudiar. Y aunque en algunos casos el modelo latino le impide ver la diferente organizaci6n de su lengua materna por ejemplo, cuando le supone una declinaci6n del nombre -, Nebrija muestra generalmente una notable perspicacia en su analisis. Sabido es que la obra ha suscitado toda clase de comentarios y que su exegesis ha discurrido por caminos sinuosos 1 , atendiendo a menudo a aspectos mas bien marginales. Durante siglos fue sobre todo el pr6logo, con su teorfa de las lenguas y su reflexi6n sobre la importancia de la codificaci6n lingüistica, lo que acapar6 la atenci6n de los estudiosos. En las ultimas decadas, en cambio, la crftica se ha interesado cada vez mas por el analisis gramatical y sus supuestos te6ricos que Nebrija ofrece en el cuerpo del tratado. Sin embargo, junto a estos objetos * Este articulo es la versi6n escrita de una communicaci6n presenta el 28 de octubre de 1995 en Berna (coloquio «La theorie linguistique dans ! es pays romans a l'epoque de la Renaissance», con motivo de! 65 aniversario de! nacimiento de Rudolf Engler). 1 Para la historia de las distintas aproximaciones a la Gramatica castellana vease el exhaustivo estudio de BRASELMANN 1991: 19-44. 144 Rolf Eberenz principales de los estudios nebrisenses, hay un tercer planteamiento que hasta el momento no ha despertado demasiado interes entre los especialistas: la actitud del gramatico frente a la lengua que describe. De hecho, merece la pena preguntarse en que variedad o variedades se basa Nebrija al retratar el espafiol. A primera vista, la cuesti6n parece ociosa: siempre se ha supuesto, sin decirlo explfcitamente, que la nonna literaria estaba ya en buena parte fijada y que no existfa en realidad ninguna posibilidad de elegir entre distintas variedades regionales, sociales o hist6ricas. Efectivamente, el celebre reproche con que Juan de Valdes intent6 descalificar la obra de Nebrija, su pretendido andalucismo, se ha revelado como inconsistente. En cambio, conviene recordar algunas de sus observaciones sobre la variaci6n diacr6nica formuladas en el pr6logo de la obra; nos referimos a la idea de que la evoluci6n aparentemente imparable de las lenguas no sometidas a control social dificultarfa cada vez mas la comprensi6n de los textos antiguos y pondrfa asf en peligro la continuidad de la tradici6n cultural. Con un optimismo filol6gico que hoy en dfa nos puede parecer un tanto excesivo, Nebrija opina que para frenar la progresiva alteraci6n del idioma basta con codificar el uso lingüfstico e imponer estas pautas de una vez para todas. Ahora bien, a la vista de la conciencia hist6rica que muestra Nebrija, convendrfa averiguar si el tipo de espafiol que propone en su gramatica corresponde realmente al uso contemporaneo o si, por el contrario, y como hasta hoy es habitual en las gramaticas, refleja mas bien una sincronfa anterior. 2. EI gramatico entre la tradicion de la lengua escrita y su competencia de hablante nativo Este planteamiento nos conduce, en ultima instancia, al problema de la norma, de sus fundamentos te6ricos y de las autoridades de referencia. En otras palabras: Z,en que o en quien se apoya Nebrija a la hora de describir el castellano? Aunque el mismo no se extienda mucho sobre este particular, sefiala por lo menos dos criterios esenciales, que ya han sido destacados por los estudiosos 2 • El primero, muy en la tradici6n de Quintiliano, es el uso de la minorfa culta, «de aquellos que tienen autoridad» (NebrG, 117); criterio un tanto borroso y de dificil aplicaci6n practica, pero que ofrece por lo menos la ventaja de ser estrictamente sincr6nico. La segunda piedra de toque es la literatura, los autores consagrados que proporcionan los modelos de correcci6n. Tres son las obras citadas con mayor frecuencia (aunque no presentadas explfcitamente como auto- 2 Veanse sobre todo BRASELMANN 1991: 401-16, y EsPARZA 1995: 104-10. i,Que tipo de espafiol escribe Nebrija? 145 ridades): los Proverbios del Marques de Santillana, el Laberinto de Fortuna de Juan de Mena y el Arte de poesia castellana de Juan del Encina 3 • Los Proverbios y el Laberinto son de la primera mitad del siglo xv y reflejan ciertamente un estado de lengua ligeramente desfasado respecto al de Nebrija; solo la obra de Encina es estrictamente contemporanea de su gramatica. Esta aparente contradicci6n entre diacronfa y sincronfa se explica, sin embargo, por el eclecticismo de nuestro autor, quien recurre tan pronto a sus poetas (sobre todo en el libro n dedicado a la metrica) como al habla viva (por ejemplo, en las consideraciones sobre ortograffa del libro r). Pero, ademas, hay otro elemento de peso que resta importancia a ciertas incoherencias metodologicas de Nebrija. En realidad, la literatura desempefia un papel mas bien ancilar en su gramatica; proporciona simplemente los ejemplos que le convienen para apoyar su teorfa, pero no funciona como verdadero corpus en que se pueda basar una norma descriptiva. Para entender el porque de este procedimiento hay que tener en cuenta que Nebrija era un intelectual un tanto voluntarioso, un lingüista lo suficientemente convencido de su propia competencia, no solo de gramatico, sino tambien de hispanohablante, como para convertir su idiolecto, su modo de escribir el espaf i ol, en la base principal de su descripcion. Es evidente que cuando no se refiere explfcitamente a un determinado autor, reproduce y representa la lengua que el mismo utiliza. z,Que caracterfsticas ofrece entonces el espafiol de Nebrija? Nos parece que para obtener una vision correcta de la cuesti6n hay que distinguir tres c6digos en gran parte coincidentes, pero que en algunos sectores pueden presentar diferencias: en primer lugar, el espafiol general de sus contemporaneos o, mas precisamente, el uso culto tal como se refleja en los textos de la epoca; luego, Ja lengua que Nebrija utiliza corrientemente en su propia practica del espafiol; y, por fin, el sistema que propone a traves de su discurso de gramatico. Tal diferenciaci6n resulta necesaria, si tenemos en cuenta el momento historico en que se publica la Gramatica castellana. La segunda mitad del siglo xv es una etapa crucial para la historia del espafiol, no tanto porque su evolucion se acelerase o porque se consumasen cambios importantes para la configuraci6n de la lengua moderna, extremos por otra parte diffciles de comprobar, sino por las circunstancias externas que la acompafiaban. Corno ocurre a menudo en la historia de las lenguas, los cambios mas visibles que se observan en los textos corresponden a reajustes iniciados mucho antes, y su generalizacion definitiva en la lengua literaria se ve facilitada por hechos que nada tienen que ver con su funcionamiento interno. Varios son los factores que pudieron contribuir a consolidar ciertas tendencias evolutivas del espafiol: la inestabilidad social debida a las guerras civiles del 3 Para una relaci6n completa de sus fuentes de autoridad, vease EsrARZA 1995: 107. 146 Rolf Eberenz reinado de Enrique IV, seguida de un periodo de reordenamiento y expansionismo bajo los Reyes Cat6licos; la extensi6n de la cultura literaria tan caracteristica del siglo xv, con la emergencia de nuevos generos representados por un gran mimero de textos; y, por fin, la difusi6n del libro impreso, que acentua la necesidad de unificar la norma lingüfstica. Nebrija escribe su tratado en una epoca de grau optimismo politico y cultural, lo que explica sin duda que la considere «el tiempo mas oportuno que nunca fue hasta aquf» y piense que la lengua castellana esta ya «tanto en la cumbre, que mas se puede temer el decendimiento della que esperar la subida» (NebrG, 113). No podemos detenernos aqui en la trayectoria posterior del espafiol; pero es evidente que, contrariamente a lo que opina nuestro gramatico, su obra no logr6 detener ciertos cambios ni constituy6, probablemente, un hito importante en la evoluci6n interna del idioma. Corno lo prueba la historia del sistema fonol6gico, la estabilizaci6n que configur6 las grandes lineas de la norma moderna se produjo bastante mas tarde, entre los siglos XVI y xvn. Pero dejando aparte la cuesti6n del alcance social de un tratado de gramatica, hay que recordar que la fijaci6n del c6digo lingüfstico en una situaci6n de precaria estabilidad supone a menudo elegir entre varias soluciones que coexisten en la sincronfa de la que parte el gramatico o en la diacronfa de los distintos textos que maneja. Se le presentan constantemente situaciones en que debe tomar partido, sea conservando formas y construcciones tradicionales, sea optando por otras mas innovadoras. Aun es temprano para hacer una caracterizaci6n exhaustiva de la norma propuesta por Nebrija, tanto respecto al uso de su epoca como en comparaci6n con su propio idiolecto. Lo que vamos a ofrecer aquf es una serie de ejemplos que nos parecen significativos de su modo de proceder en la codificaci6n del espafiol. Estas muestras casos en litigio que el codificador no podfa pasar por alto proceden de una investigaci6n nuestra sobre la morfosintaxis del siglo xv, proyecto basado en un corpus de textos en prosa, cuyos resultados pueden confrontarse con la teorfa y la practica gramaticales de Nebrija. 3. Primer ejemplo: Ja forma del articulo ante sustantivo femenino iniciado por vocal El castellano medieval muestra todavfa una amplia vacilaci6n en el artfculo que determina a los sustantivos femeninos con comienzo vocalico. Si otras lenguas romanicas generalizaron en este caso la elisi6n de la ade la (grafiado l'), el espafiol conserv6 por un lado una variante arcaica elidida el ( < ela < ILLA) y usaba, por otro, tambien la forma corriente la. Corno es sabido, el se impuso sobre todo ante sustantivos comenzados por dinicial t6nica. A continuaci6n, la normativa i,Üue tipo de espafiol escribe Nebrija? 147 moderna limit6 su empleo a este entorno concreto. En cuanto al uso del siglo xv, nuestros recuentos permiten sacar las siguientes conclusiones: - Con at6nica predomina el, aunque se encuentren esporadicamente ejemplos del tipo de la anima o la arte. Ante aatona se emplea tanto el como la, con un ligero predominio del segundo. La variante el resiste sobre todo ante nombres propios (el Andaluzia, el Adrada, etc.) y ciertos elementos del vocabulario basico (abeja, aguja, aldea, alegrfa, arafia, arena, etc.). Los sustantivos con et6nica son poco frecuentes; en cambio, son numerosos los que comienzan en eatona, y entre ellos hay nuevamente algunos lexemas muy corrientes, que seleccionan con cierta frecuencia el, como escalera, espada, esperanr;a y estrella. - Ante 6t6nica el artfculo suele ser la, mientras que la oatona admite en algunos casos el (tenemos varios ejemplos de el oreja). - Los comienzos u-/ it6nicos y atonos favorecen casi exclusivamente la forma la. EI interes de este caso de variaci6n reside en que tanto Nebrija como otros gramaticos mas tardios tuvieron perfecta conciencia del problema y sugirieron posibles soluciones. He aquf las propuestas que Nebrija formula en su Gramatica y en las Reglas de ortograffa: Mas avemos aquf de mirar que cuando algun nombre feminino comiens;a en a, por que no se encuentre una a con otra, & se haga fealdad en la pronunciaci6n, en Jugar de la ponemos el, como el agua, el aguila, el alma, el ar;ada; si comiens;a en alguna de las otras vocales, por que no se haze tanta fealdad, indiferente mente ponemos el o la, como el enemiga, la enemiga; pero en el plural siempre ! es damos el artfculo de las hembras, como las aguas, las enemigas. (NebrG, 188) Escreuimos esso mesmo en algunos lugares, l senzilla y pronunciamosla doblada, como quando a los nombres femininos que comiens;an en a, porque no se encuentre vna a con otra y haga fealdad en la pronunciaci6n, dexamos el articulo de! feminino y tomamos el artfculo del masculino, como por dezir: la alma, la aguja, la ar;ada, dezimos con doblada l: ell alma, ell aguja, eil ar;ada, pero escreuimos el alma, el aguja, el ar;ada. Con las otras vocales, lo vno y lo otro escriuimos y pronunciamos, como diziendo: la espada, el espada, eil espada. (NebrR, 146s.) De los dos pasajes se desprende que la descripci6n de nuestro gramatico todavfa no coincide con la normativa moderna, pues preconiza el para at6nica y aatono y deja libertad completa ante otras vocales, si bien sus ejemplos de estos ultimos entornos conciernen unicamente a la eatona. Veamos ahora su propia practica de la lengua. Respecto a los sustantivos con ainicial, se muestra coherente con su teorfa, empleando el sistematicamente no solo ante la vocal t6nica, sino tambien ante la atona. Asf, encontramos en la introducci6n a su Diccionario el acetreria, el Andaluzfa (2 ejs.), el antigüedad (3 ejs.) y el autoridad; la Gramatica contiene el ar;ada, el amistad, el antigüedad, el asperidad y 148 Rolf Eberenz el autoridad (4 ejs.). Ahora bien, en este segundo punto su actitud contrasta con el uso general, donde tendfa ya a predominar la forma la. Algo parecido ocurre con la oatona: en el pr6logo del Diccionario se consignan el osadia, el ortografia, pero la opini6n y la oraci6n. En la Gramatica hemos apuntado el ortografia y, en cambio, la opini6n y la oraci6n (27 ejs.). Nuestra interpretaci6n de estos datos es que Nebrija no quiso zanjar una cuesti6n delicada, en que el uso se oponfa a menudo a la claridad de las distinciones: el satisfacfa el criterio euf6nico, pero se prestaba a la confusi6n del genero. Y aunque en muchos casos analogos el lingüista andaluz se muestra partidario de cierta l6gica gramatical especialmente en cuestiones de concordancia -, aquf no solo reconoce el peso de la tradici6n, sino que hace el mismo un extenso uso de la variante euf6nica el. 4. Segundo ejemplo: teorfa y practica de los mecanismos interlocutivos Nuestro segundo bot6n de muestra se refiere al sistema de interlocuci6n del castellano cuatrocentista; mas concretamente, a los pronombres de segunda persona y a los tratamientos de cortesfa. Para apreciar la actitud de Nebrija hace falta que nos detengamos unos momentos en la situaci6n de la lengua general de la epoca y, de modo especial, en su empleo de los pronombres personales. EI castellano medieval posee, junto al singular tu, un plural vos, que se utiliza tambien como forma de cortesfa, al igual que lo hace el frances hasta nuestros dfas. En otras palabras: tenemos un tuteo de familiaridad y un voseo de cortesia. Es el sistema binario de la llamada «defxis social», que se usaba en casi todas las lenguas romanicas. Sin embargo, a diferencia de estos otros idiomas, el castellano extiende considerablemente el uso de vos, aplicandolo cada vez mas a personas con las que se tiene cierta familiaridad (parientes, amigos, etc.). Se observa, pues, un franco retroceso de tu y, al propio tiempo, un empleo en cierto modo inflacionista de vos. Ademas, la alteraci6n provoca varios cambios secundarios (v. GARCiA 1990): - Corno pronombre de la 2 a persona de plural se impone una nueva forma compuesta, vosotros, de modo que vos queda limitado a la funci6n reverencial en singular. Esta innovaci6n esta practicamente consumada a fines del siglo xv. - Al mismo tiempo, vos era tambien la forma del pronombre clftico («digo-vos que no vos puedo ayudar»). Para esta funci6n surge desde principios del siglo xv una variante fonetica os, que se generaliza en la segunda mitad del siglo. - La depreciaci6n del vos de cortesfa hace necesarios unos procedimientos nuevos para expresar el respeto al interlocutor. En las cartas y otros textos aparece entonces la f6rmula nominal vuestra merced, giro que en los siglos XVI y xvn ha de convertirse en el nuevo tratamiento de cortesfa y que se conserva hasta hoy en la forma usted. Ahora bien, en la epoca de Nebrija, vuestra merced esta todavfa mal integrado en el sistema. La mayorfa de los autores emplean para el trata- 1,Que tipo de espafiol escribe Nebrija? 149 miento de cortesfa esencialmente vos, pero intercalando de vez en cuando vuestra merced. Sin embargo, este uso alternativo de dos construcciones distintas crea problemas de concordancia, ya que vuestra merced requiere en el verbo y el pronombre posesivo las formas de la 3 a persona de singular, mientras que vos concuerda con la 2 a de plural. De hecho, puede observarse hasta las ultimas decadas del siglo una cierta desorientaci6n, siendo de notar que predomina ampliamente la concordancia del verbo con vos. lC6mo reacciona Nebrija ante tal fluctuaci6n del uso? Por lo pronto, conviene sefialar que no trata estos fen6menos como conjunto, puesto que en su epoca la interlocuci6n no solia formar parte de la gramatica, sino mas bien de los manuales del arte epistolar. Los datos que nos interesan hay que espigarlos en varios pasajes centrados en otros temas. Los mas importantes aparecen en un capftulo sobre barbarismos, donde encontramos las siguientes observaciones: i mucho menos [sc. se puede tolerar] lo que esta en el uso: que hablando con uno usamos de! mimero de muchos, diziendo vos venistes, por dezir tu veniste; por que, como dize Donato en su Barbarismo, este es vicio no tolerable, el cual los griegos llaman solecismo [... ]; cuanto mas, que los que usan de tal asteismo o cortesia, no hazen lo que quieren, por que menor cortesia es dar a muchos lo que se haze, que a uno solo, & por esta causa, hablando con Dios, siempre usamos de! numero de uno; & aun veo que en los razonamientos antiguos que se enderec;:an a los reies, nunca esta en uso el numero de muchos. I aun mas intolerable vicio serfa diziendo: vos sois bueno, por que peca contra los preceptos naturales de Ja Gramatica; por que el adjectivo bueno no concuerda con el substantivo vos, a lo menos en numero.l mucho menos tolerable serfa si dixiesses vuestra merced es bueno, por que no concuerdan en genero el adjectivo con el substantivo.Pero a la fin, como dize Aristoteles, avemos de hablar como los mas, & sentir como los menos. (NebrG, 217s.) Queda claro que Nebrija condena el voseo de cortesfa, y ello por motivos de orden gramatical e hist6rico. Le molesta sobre todo el hecho de que las formas del plural se apliquen a una sola persona. Corno buen humanista recuerda tambien que los antiguos usaron el tu incluso con los interlocutores de mayor respeto. Y, por fin, hace una referencia mas bien marginal a la f6rmula vuestra merced, a prop6sito de la cual critica los errores de concordancia que cometen sus contemporaneos. Si pasamos ahora a examinar su propia practica de la lengua, encontramos que Nebrija evita, por lo menos en sus escritos, el voseo de cortesfa en las formas pronominales y verbales (del tipo de vos cantastes). Cuando se dirige a un personaje de alto rango, lo trata de vuestra real Majestad o vuestra Alteza (asf en el pr6logo de la Gramatica, dedicada a la reina Isabel la Cat6lica), de vuestra seiiorfa (en carta dirigida al cardenal Cisneros [NebrE]) o de vuestra merced (en la introducci6n a las Reglas de ortograffa dedicadas a Lorenzo de Carvajal [NebrR]). Las formas verbales son siempre las de la 3 a persona. En cambio, el pronombre posesivo todavfa no es su(s), como ocurrira mas tarde, sino vuestro(s) 4• En este 4 P. ej.. «vuestros cronistas» o «vuestras hazafias» 113). 150 Rolf Eberenz punto Nebrija no lleva a las ultimas consecuencias el rigor que preconiza en sus reflexiones sobre la concordancia. Sigamos con unas observaciones sobre otro de los aspectos de la interlocuci6n, la sustituci6n de vos, en cuanto forma del plural, por vosotros; cambio que se habia realizado en la segunda mitad del siglo xv. Sobre este tel6n de fondo, la posici6n de Nebrija resulta mas bien contradictoria. Segun su Gramatica, los pronombres esenciales de las primeras personas del plural son nos y vos (NebrG, 152, 192 y 198), mientras que nos otros, vos otros (escritos en dos palabras) aparecen unicamente como formas enfäticas 5 y, por tanto, excepcionales. Sin embargo, cuando nos fijamos en su propia manera de escribir, aparece que emplea constantemente las formas compuestas, sobre todo nosotros y, en algun caso, vosotros. El contraste es llamativo y puede ser un indicio de que en su teorfa Nebrija se dej6 influenciar por modelos mas antiguos. En cuanto al ultimo fen6meno de la interlocuci6n, el reemplazamiento de la forma atona vos por os, Nebrija mantiene la variante plena y no adopta la practica de os, ya muy difundida. 5. Tercer ejemplo: los relativos Recuerdese que el espaiiol posee una gama de relativos particularmente amplia y que la selecci6n de cada uno depende de criterios lingüfsticos (la fndole semantica y gramatical del antecedente, el papel sintactico del relativo en la clausula, la naturaleza especificativa o explicativa de la clausula, etc.) y estilfsticos (la clase de discurso en que figura). El marco de este artfculo nos impide, evidentemente, exponer mas en detalle todo este complejo mecanismo. La lengua del siglo xv empleaba fundamentalmente que, el cual, quien y, con valor de preposici6n implfcita, cuyo y do(nde). De entre las multiples variaciones que presenta el uso de estos elementos y de otros mas esporadicos vamos a limitarnos a algunas cuestiones parciales que permiten, sin embargo, poner en evidencia la actitud de Nebrija. EI mas joven de los elementos enumerados es el cual, ya que su gramaticalizaci6n con el artfculo definido y su difusi6n en la lengua literaria se situan en los siglos XIV y xv (GARCIA GARCfA 1992). Efectivamente, durante todo el cuatrocientos la frecuencia de el cual en la prosa elevada aumenta a ojos vistas, sobre todo cuando es termino de una preposici6n. Ademas, no aparece unicamente en clausulas explicativas, sino tambien en especificativas, sobre todo tras antecedente de cosa. En tales entornos (p. ej. «no es otra cosa la letra, sino figura por la cual se representa la boz», NebrG, 123), el maestro salmantino muestra una cierta inclinaci6n por este s Las trata en el cap. VIII del libro III despues de comentar expresiones como io mesmo, tu mesmo, etc.; precisa que mesmo tiene valor enfätivo, «& por esta figura dezimos nos otros, vos otros» (NebrG, 192). i:,Que tipo de espafiol escribe Nebrija? 151 elemento culto, pues lo utiliza en el 28% de los casos (junto a que y quien), cuando el promedio de sus contemporaneos se situa en un 14%. Tambien llama la atenci6n el que lo utilice en el unico ejemplo con que ilustra la clausula relativa, «el maestro Iee, el cual ensefia» (NebrG, 178), frase que parece un tanto rebuscada y construida para el prop6sito. Otro caso de variaci6n que nos ha interesado es el de los nexos de! cual y cuyo. Corno cuyo es hasta hoy una forma escasamente usada en el lenguaje oral, se suele pensar que su difusi6n en la prosa literaria se produjo relativamente tarde. Sin embargo, en las obras del siglo xv que hemos analizado ya es muy corriente. Ahora bien, en los entornos en que puede emplearse tanto del cual («[los artejos] son unos pequefios miembros a semejarn;:a de los cuales se llamaron aquellos articulos», NebrG, 194) como cuyo («declara los poetas & otros autores por cuia semejarn;:a avemos de hablar», id., 117), los autores de la epoca muestran una manifiesta preferencia por cuyo; este figura en el 70% de las ocurrencias, mientras que del cual totaliza s6lo un 24%, a lo que habra que afiadir un 6% del giro que su, hasta hoy caracteristico del lenguaje hablado 6 • Nebrija sigue esta tendencia, aunque con frecuencias algo mas elevadas de del cual: su Gramatica contiene 7 ejemplos de este nexo (37%) y 12 de cuyo (63%); ademas, es significativo que no emplee nunca que su.Uno de los relativos mas polifaceticos de la lengua medieval es donde con sus variantes formales, puesto que se emplean no solo con antecedentes de significado locativo, sino tambien con otros de naturaleza humana 7 o referentes a objetos no animados 8 • Nebrija sigue aquf la corriente general, aunque optando decididamente por la variante donde, que en la segunda mitad del siglo xv va suplantando a do (onde desaparece ya en las primeras decadas del siglo): junto a unas 70 ocurrencias de donde hay en los fragmentos estudiados uno solo de do 9 • A la hora de describir de forma razonada las construcciones de relativo, nuestro gramatico las despacha de manera excesivamente expeditiva. Es de notar que concibe la relatividad de un modo bastante mas amplio de lo que se hace en las gramaticas actuales. La menciona en el contexto del adjetivo, dentro del capitulo II del libro m, dedicado al nombre; el fen6meno que le interesa es la relaci6n entre sustantivo y adjetivo (en funci6n de adyacente), en su opini6n analoga a la que 6 P. ej. en esta cita de! Corbacho: «lQuantos, di, amigo, viste o oyste dezir que en este mundo amaron, que su vida fue dolor e enojo [...]? » (MzTol, 58). 7 P. ej.: «despues de los enemigos de nuestra fe vencidos por guerra & fuen; a de armas, de donde los nuestros recebian tantos dafios» (NebrG, 112). s P. ej.: «nunca dexe de pensar alguna manera por donde pudiesse desbaratar la barbaria» (NebrV, 2v-3r). 9 «si buena mente se puede hazer que nunca se entreponga tiempo en que no este delante del, Je lisonjee, le halague, se ria delo que el se reiere, le pese delo que le pesare, le acompafie do fuere, & de donde viniere» (NebrD, lv); do (cf. de donde en la clausula siguiente) podria deberse a una fijaci6n fraseol6gica. 152 Rolf Eberenz existe entre antecedente y relativo. A continuaci6n, amplia esta concepci6n de la relatividad, extendiendola a ciertos aspectos de la comparaci6n. Los pronombres que enumera explicitamente son que, quien y (el) cual. Mas adelante, en el libro v, en el compendio de gramatica espafiola para extranjeros, se encuentra tambien un cuadro sin6ptico de los relativos: estos se reducen a dos, que 10 y el cual. Estamos, pues, ante una caracterizaci6n fragmentaria que no contiene nada respecto a los problemas mas acuciantes de la construcci6n. En cuanto al uso del propio Nebrija, podemos retener que sigue en este caso la norma elevada, pero rechaza los arcafsmos. 6. Cuarto ejemplo: 1a formacion del Futuro absoluto y el Futuro hipotetico Otro tema de gran importancia para nuestro gramatico es el de los tiempos del verbo y, mas concretamente, de sus formas compuestas. Efectivamente, Nebrija vio con su acostumbrada agudeza este hecho fundamental de la morfologia verbal de las lenguas romanicas, la abundancia de formas perifrasticas, aunque no lleg6 a desenmarafiar completamente la complicada trama del sistema. En una primera etapa (libro m, cap. x) sefiala cinco tiempos fundamentales del indicativo (NebrG, 197): «Presente» «Passado no acabado» «Passado acabado» «Passado mas que acabado» «Venidero» ioamo ioamava ioame ioavia amado ioamare (Presente) (Imperfecto) (Preterito) (Pluscuamperfecto) (Futura absoluto) Se advierte que su cuadro no es consecuente con la forma de la expresi6n. Incluye el Pluscuamperfecto, que es un tiempo compuesto, y mas tarde Nebrija nos dira que tambien considera como tal el Futuro absoluto io amare. En cambio, faltan otros elementos del mismo orden, como por ejemplo el Perfecto compuesto 11 • En el capftulo siguiente, titulado «De los circunloquios del verbo», ofrece un esbozo de teorfa de las perffrasis verbales. De nuevo a prop6sito de los tiempos del indicativo, sefiala que el castellano dispone para ciertos tiempos de dos tipos de formas, unas simples y otras compuestas. Y, a continuaci6n, enumera todos los tiempos compuestos que el espafiol emplea hasta hoy. De modo que las dos series perifrasticas evocadas por Nebrija contienen los siguientes tiempos: 10 En realidad, el tratamiento que ! es da Nebrija es desconcertante: que aparece siempre en el giro el que, y no queda claro si este representa / antecedente pronominal + relativo/ (como pensamos nosotros) o el moderno el que que no incluye antecedente («el libro del que te hable»). 11 Corno expone Ro.ro 1978, tales contradicciones se deben esencialmente a que Nebrija parte del sistema verbal latino, cuyas estructuras interfieren a menudo en su caracterizaci6n de los tiempos verbales del espafiol. Serie I io e amado io avia amado io ove amado io avre amado io avria amado l,Que tipo de espaiiol escribe Nebrija? Serie II io amare io amaria «io e de amar» «io avfa de amar» 153 Unos cuadros mas completos, con ejemplificaci6n de los paradigmas mediante varios lexemas verbales, se encuentran en las «Introduciones de la lengua castellana para los que de estrafia lengua querran deprender» del libro v. Despues de resefiar brevemente las propuestas te6ricas de Nebrija, intentaremos otra vez confrontarlas con su propia practica discursiva y con las tendencias del espaiiol a fines del siglo xv. En primer lugar, vamos a ocuparnos del Futuro absoluto y el Futuro hipotetico, tiempos cuya configuraci6n representa una de las cuestiones clasicas de la lingüistica romanica. En la morfologfa del espaiiol actual se consideran como formas simples, ya que los elementos que hist6ricamente las vinieron a constituir, el infinitivo del verbo portador del contenido lexico y las formas conjugadas de haber, estan completamente soldadas. Otra opini6n sostiene Nebrija para la lengua de su epoca cuando dice que los <los tiempos se forman «por rodeo», esto es, mediante perffrasis. Merece la pena detenerse en su argumentaci6n: I si alguno dixiere que amare, amaria, & leere, leeria, no son dichos por rodeo deste verbo e, as; ia, {as, preguntaremos Je, cuando dezimos assf: «el Virgilio que me diste leertelo e» & «leertelo ia si tu quieres» o «si tu quisiesses»; e, ia, z,que partes son de la oraci6n? es for�ado que responda que es verbo. (NebrG, 200) El criterio es, pues, la conocida posibilidad de insertar un pronombre clftico entre los dos elementos, tal como el portugues lo sigue practicando hasta hoy 12. EI fen6meno esta estrechamente vinculado a la colocaci6n del pronombre, puesto que la inserci6n se produce s6lo cuando, debido al ritmo y orden de palabras de la frase, el clitico viene a colocarse despues del verbo 13. Efectivamente, la evoluci6n transcurri6 en tres etapas sucesivas (en la exposici6n que sigue tipificamos el pronombre clftico en la forma lo): 1. lo cantare alterna con cantar-lo-e, variando Ja posici6n del clitico en funci6n de] ritmo de! contexto oracional (siglo xn-xv1); 2. lo cantare alterna con cantare-lo, segun los mismos factores (siglos xvr y xvn); 3. cae en desuso Ja posposici6n del clftico, con lo cual lo cantare se convierte en forma unica (espaiiol moderno). 12 Contrariamente a lo que piensa BRASELMANN 1991: 254; 338, Ja argumentaci6n de Nebrija no se basa en Ja perifrasis latina que origin6 las formas romances (los giros castellanos «e de amar», «avia de amar» sirven simplemente para parafrasear su significado), sino en la posibilidad de separar los dos elementos en el propio castellano. 13 Vease tambien EBERENZ 1991. 154 Rolf Eberenz lCual era el estado alcanzado por la lengua contemporanea de Nebrija? Los datos de que disponemos indican que el Futuro absoluto y el Futuro hipotetico no se comportaban de la misma manera y que, ademas, habia divergencias entre los distintos lexemas verbales. Nos encontramos, pues, en plena transici6n entre las etapas 1 y 2, y el mismo Nebrija no pudo librarse de ciertas confusiones. En cuanto al Futuro absoluto, puede decirse que las formas escindidas predominaban todavfa ampliamente, si bien las unidas, con el pronombre pospuesto, se documentan ya varias veces a lo largo de todo el siglo xv, sobre todo en los verbos dezir, hazer, poder, poner y tener. He aqui algunos ejemplos: dezir: Dirdsme nunca, o que al presente non se te acuerda que por ellos ovieses mal, dafio, e enojo [...](MzTol, 276); Dirdte despues lo que ha passado (LucR, 76); Pues, si tu me das licencia, direte la necessitada causa de mi venida (Cel, 84); hazer: Que si los [sc. los pollos] pidiere, harele creer que los a comido(Cel, 151); poder: E podrase luego despojar con la mano de sus cubiertas(VillA, 113); I cierto assf es que [...]podrdn la [sc. la lengua] mas aina saber por esta mi obra.(NebrG, 114); poner: con ella fauoreceras su firmeza, y pornasle en estado que ni quiera mas bien ni tema mas mal (SPedro, 135); tener: Si no lo hazes con presto movimiento, ternasme por capital enemiga (Ce! , 72s.). El motivo por el que estos verbos fueron los primeros en quedar soldados parece claro: todos ellos tienen desde los orfgenes de la lengua dos formas, una para los contextos en que al infinitivo del verbo sigue inmediatamente la terminaci6n y otra para los casos de escisi6n y pronombre inserto. Nos encontramos, pues, con las parejas alom6rficas dire/ dezir-lo-e, hare/ hazer-lo-e, podre/ poder-lo-e, porne/ poner-lo-e, terne/ tener-lo-e. Pero como las formas con pronombre intercalado eran mucho menos numerosas en el discurso, se comprende que, desde tiempos relativamente tempranos, los hablantes intentasen eliminarlas. N6tese, ademas, que en el caso de dezir y hazer las formas contrafdas se empleaban tambien con pronombre intercalado: dir-lo-e y far-lo-e. En la epoca de Nebrija, dezir, hazer, poder, poner y tener son practicamente los unicos verbos que aparecen con el clitico pospuesto a la terminaci6n, aunque todavia es fäcil encontrar ejemplos de formas escindidas. He aquf algunas muestras: dezir: la Sacra Escritura manda que no fable ninguno con su rey papo a papo, ni ande con el a dime y dirte he (PulgL, 29); <',No quieres? Pues dezirte e lo que dize el Sabio: [...](Ce! , 52); iDame albricias! Dezirtelo e (id., 112). Veamos ahora el Futuro hipotetico. Las formas soldadas con el clitico pospuesto son aquf significativamente mas frecuentes, y ello ya desde comienzos del siglo xv. Si, en principio, se dan sobre todo en los mismos verbos que hemos comentado a prop6sito del Futuro absoluto, en alguna ocasi6n se encuentran tambien en otros lexemas. Veamos algunos ejemplos con poder y, despues, con verbos que no pertenecen a la serie que acabamos de tratar: lÜue tipo de espaiiol escribe Nebrija? 155 poder: sy esto le fizieres [sc. al halc6n], e podrfaslo antes perder (LzAyC, 157); Podriase aun este enxenplo al estado disc,;ipular allegar e deduzir (VillD, 94); lPodrfala yo hablar? (Ce! , 30); consentir: si el lo quisiese aiiader en Ja ley mesma e escrivir-lo asi, lCOnsintiriades-ge-lo o non? (ACartR, 80); deber: Devrias te avergonc,;ar de no me querer seguir (RzPad, 70); huir: Los mios deven de ser, que son unos locos y desarman a cuantos passan, y huiriales alguno (Ce! , 206). En ambos tiempos hay motivos fundados para pensar que las muestras del tipo soldado que se consignan en los textos ocultan un empleo bastante mas frecuente de esta forma en la lengua hablada. Tambien Nebrija o su impresor la emplea alguna vez, por ejemplo en «podrdn-la [...] saben> (en una de nuestras citas) y «preguntaremos-le» 14 , aunque generalmente mantiene el uso tradicional con el pronombre intercalado. Si confrontamos esta practica con sus postulados de gramatico, queda patente una cierta divergencia. Ante una realidad ambigua, expresi6n de un cambio lingüfstico en fase de realizaci6n, Nebrija simplifica las cosas, optando por 1a soluci6n tradicional que presenta como la (mica valida. Por otra parte, es interesante notar que no se deja influenciar por el modelo latino, sino que percibe claramente la peculiaridad de estos dos tiempos del espafiol. 7. Quinto ejemplo: los valores del Perfecto compuesto Pasemos a otro tiempo verbal que ha planteado muchos quebraderos de cabeza a los historiadores del espaiiol: el Perfecto compuesto. Nebrija lo comenta en varios capftulos de su obra. No figura en el esquema de los tiempos basicos que hemos visto hace unos momentos, en el que consta, en cambio, el Pluscuamperfecto avia amado. Mas adelante, al presentar las formas compuestas, equipara el Preterito ame a e amado y ove amado: [...] aun algunos tiempos de los que tiene proprios dize tan bien por rodeo. Assi que dize el passado acabado, por rodeo en dos maneras: una, por el presente de! indicativo; & otra, por el mesmo passado acabado, diziendo io e amado & ove amado (NebrG, 200). Otra afirmaci6n parecida se encuentra en el capftulo xrv, sobre el participio, y mas tarde, en los paradigmas verbales del compendio para extranjeros (libro v, cap. 1v). Nebrija no distingue, pues, entre unos tiempos del pasado que tienen funciones bien diferenciadas. Su extraiia falta de discernimiento en este punto no deja de sorprender al lector moderno, y mas a(m al lingüista, dado que la oposici6n entre el Preterito ame y el Perfecto compuesto he amado constituye hoy en dfa uno de los temas mas estudiados y controvertidos de la morfosintaxis verbal de! espa- 14 En el pasaje citado mas arriba, donde Nebrija expone la naturaleza compuesta del futuro. 156 Rolf Eberenz iiol, ademas de ser una de sus principales dificultades en cuanto lengua extranjera. l,C6mo hay que interpretar este lapsus? Un primer elemento de explicaci6n es que Nebrija dedica a los tiempos verbales un espacio y un-a atenci6n relativamente reducidos en comparaci6n con otros ambitos como la fonetica -, si consideramos la complejidad del asunto. Ademas, Nebrija se interesa mas por las formas y sus paradigmas que por los distintos contenidos de los tiempos. A modo de ejemplo, puede apuntarse que no dice casi nada sobre las complejas funciones del Futuro hipotetico y muy poco sobre la forma amara, que de Pluscuamperfecto de indicativo se esta convirtiendo, durante el siglo xv, en Preterito de subjuntivo 15 . Sin duda, influy6 en su posici6n la propia ambigüedad funcional del Perfecto compuesto. Sabido es que la forma constituida por HABERE + participio perfecto expresaba originariamente un estado resultativo en tiempo presente. Pero como el resultado implicaba de alguna manera un proceso previo que conducfa a dicho estado, se comprende que el Perfecto compuesto haya invadido mas y mas el terreno del Pasado propiamente dicho, esto es, del Preterito. En la historia del espaiiol, el Perfecto compuesto describe una clara trayectoria hacia unos usos cada vez mas extensos, en detrimento del Preterito simple, si bien no alcanza las cotas del passe compose frances. Dentro del amplio abanico de valores contextuales que el Perfecto compuesto adopt6 en la lengua moderna, me limito a seiialar el mas caracterfstico del espaiiol peninsular actual, para el que ALARcos LLORACH 1973: 29 acuii6 el concepto de presente ampliado: cuando el momento del acto verbal se precisa con una determinaci6n temporal como hoy, ahora, estos dias, esta semana, este ano, etc., el espaiiol europeo prefiere actualmente el Perfecto compuesto, mientras que en la epoca de Nebrija (y hasta hoy en la mayor parte de las variedades americanas) prevaleda el Preterito. En cuanto al uso de nuestro gramatico, se basa generalmente en las pautas tradicionales, esto es: el Perfecto compuesto, tal como el lo emplea, se refiere esencialmente a los actos que arrancan de un punto del pasado y llegan hasta el momento de elocuci6n, mientras que todos los demas actos se evocan en Preterito. Hay, sin embargo, alg(m caso de vacilaci6n: «[la lengua] hasta nuestra edad anduvo suelta & fuera de regla, & a esta causa a recebido en pocos siglos muchas mudanyas» (NebrG, 112). Ambas oraciones contienen procesos que llegan hasta la epoca en que escribe Nebrija, pero se actualizan una vez en Preterito y otra en Perfecto compuesto. Veamos otro caso: «la cual forma de letras dur6 despues en tiempo de los juezes & reies de Castilla & de Le6n, hasta que despues, poco a poco, se comenyaron a concertar nuestras letras con las romanas & antiguas, lo cual en nuestros dfas & por nuestra industria en gran parte se a hecho» (NebrG, 121s.). Este es el 1s Nebrija rechaza su empleo etimol6gico en una glosa al capftulo v de las Introductiones latinae, como hace notar RoJo 1978: 299 Nl7. i,Que tipo de espafiol escribe Nebrija? 157 contexto clasico del presente ampliado, y llama la atenci6n que Nebrija emplee aquf el tiempo del espafiol moderno. Tambien en la cita siguiente se da en cierto modo una situaci6n de presente ampliado, en este caso en el marco de la defxis textual. Nebrija remite a un pasaje anterior de su propia exposici6n, referencia temporal para la que emplea normalmente el Preterito simple (por ejemplo, en la frase recursiva «como diximos arriba»), mientras que aquf prefiere excepcionalmente el Perfecto compuesto: «por las cuales distinta mente podemos representar las veinte & seis pronunciaciones de que arriba avemos disputado» (NebrG, 134). lQue conclusi6n puede sacarse sobre este punto? Por lo pronto, se nota que Nebrija tiene conciencia de las estructuras formales de los tiempos, aunque se le deslizan ciertas inconsecuencias debidas a su fijaci6n en el modelo latino. En cambio, tiene dificultades para captar y ordenar correctamente los significados que cubre cada elemento. Si en el caso del Futura la ambigüedad era meramente formal, en el Perfecto esta ambigüedad se situa en el plano del contenido, lo cual no deja de complicar las cosas. Sus propios empleos del Preterito y el Perfecto demuestran lo siguiente: se trata de tiempos claramente diferentes, que poseen, sin embargo, ciertas parcelas de significado comunes, puesto que en una serie de entornos discursivos aparecen como equivalentes. El hecho de que dos formas puedan expresar a la vez nociones distintas e identicas debi6 desconcertar a Nebrija, quien solfa buscar soluciones inequfvocas. Recordemos que muchos de los que han analizado los tiempos verbales del espafiol se atienen al significante, fijandose principalmente en el hecho de la perffrasis participial, lo que los conduce a resaltar el valor aspectual resultativo del Perfecto compuesto. Nebrija se da cuenta de que las divisiones del plano del contenido no tienen por que coincidir con las de la forma; no menciona el Perfecto compuesto entre los tiempos basicos del indicativo, porque falta en latin, pero lo trata como una variante del Preterito. Al destacar su valor de pasado parte del uso de su epoca, en el que el matiz aspectual de esta forma queda cada vez mas difuminado. 8. Observacion final Volviendo a la pregunta que hemos hecho al principio, podemos recordar lo siguiente: El modelo de norma que Nebrija propone en la Gramatica representa generalmente el uso literario de su tiempo. Se trata de una norma moderadamente conservadora, reacia tanto a ciertos rasgos coloquiales o populares como a algunos fen6menos claramente arcaicos que se encontraban todavfa en algunas cr6nicas y, sobre todo, en los libros de caballerfas. Por otra parte, se comprende que su descripci6n, por ser la primera de este tipo, resulte en muchos aspectos fragmentaria o excesivamente esquematica. Ello se nota especialmente en las situaciones 158 Rolf Eberenz donde, debido a un cambio lingüfstico, coexiste entre los hablantes una estructura tradicional con otra innovadora. L6gicamente, su propia practica discursiva ofrece en estos casos unos cuadros mas diferenciados, en que caben tambien la vacilaci6n y la ambigüedad, como ya tuvimos ocasi6n de constatarlo en otro estudio (EBERENZ 1992). En varios puntos el maestro salmantino no escribe exactamente de acuerdo con la norma que postula. Si bien las diferencias no son enormes, se nota, sin embargo, que Nebrija es mas conservador como codificador que como usuario. Por lo que respecta a las diferencias entre su manera de escribir y la lengua general, hemos notado algunas peculiaridades, aunque no nos atrevemos, de momento, a atribuirlas a la variaci6n diacr6nica. 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Es synkopiert deutlich weniger als das Französische, jedoch stärker als das Portugiesische und die ostromanischen Sprachen. Die genauen Bedingungen für die Synkopierung im Spanischen sind noch wenig geklärt, da bislang nur kurze Darstellungen aus gesamtromanischer Perspektive oder Abhandlungen im Rahmen von Lautlehren und Handbüchern vorliegen 1. Für das Spanische fehlt sowohl eine genaue Auflistung nach Umgebungsklassen, als auch eine Begründung der abgestuften Synkopierung. Im folgenden wird deshalb zunächst aus der Sicht eines produktionsorientierten silbenbasierten Ansatzes versucht, eine kurze theoretische Darstellung der Grundlagen für die Synkopierung zu geben (cf. GEISLER 1992: 44-89). Wie bereits von MEYER-LÜBKE 1884 und RICHTER 1911 vermutet, scheint die unterschiedliche Ausprägung der Synkope in der Romania mit der unterschiedlichen Veränderung des lateinischen Akzents in den einzelnen romanischen Sprachen in Zusammenhang zu stehen. Falls die Akzentveränderung zu einer Stärkung der Sonorität in der Haupttonsilbe und damit korreliert zu einer Schwächung der Sonorität in den unbetonten Silben führt, können diese synkopiert bzw. apokopiert werden. So führt nach Meyer-Lübke im Französischen eine starke Zunahme 1 Cf. MENENDEZ PIDAL 1950: § 63 bis und 1982: §§54-61, LLOYD 1987: 199-207, PENNY 1991: 75- 79 etc. Eine Ausnahme bilden ALONSO 1962: 47-55 mit einer kurzen Sichtung der konsonantischen Umgebungen, NELSON 1972: 1023-38 mit einer Untersuchung der Synkope im Libro de Alexandre, die primär textkritischen Zwecken dient, und PENSADO 1984: 225-458 mit Betonung der relativen Chronologisierung von Synkopen und anderen Lautentwicklungen. Pensado gliedert zwar das Material grob nach konsonantischen Umgebungen, jedoch fehlen Kriterien für die eigentliche Nexusbildung. Obwohl auf neuere Arbeiten zur Silbenstruktur wie HoOPER 1976 und VENNEMANN 1972, 1978 hingewiesen wird, sind deren Ergebnisse nicht erkennbar mitverarbeitet. Wie in früheren Arbeiten üblich, wird lediglich auf die gute «pronunciabilidad» eines Nexus verwiesen (cf. PENSADO 1984: 226-28). Synkopeabstufungen im Spanischen 161 des exspiratorischen Anteils im Akzent zu früher Synkopierung vor der Sonorisierung intervokalischer Konsonanten, während eine entsprechend geringere Akzentdruckveränderung im Okzitanischen die Synkopierung teils vor und teils nach der Sonorisierung eintreten läßt. Für das Spanische wird generell Synkopierung nach der Sonorisierung angenommen 2 • Artikulatorisch gesehen geht der Synkopierung ein gradienter Sonoritätsabbau in den betreffenden Silben voraus. Dadurch wird zunächst eine normale Ausdifferenzierung der Vokalartikulation verhindert, und es entstehen Neutralvokale. Bei weitergehender Reduktion kommt es schließlich zum vollständigen Schwund der Silbensonorität und zur Bildung einer neuen Silbengrenze, bei der zuvor nicht in Verbindung stehende Konsonanten in Kontakt treten: CALrnus > cal.dus. Die «gute» oder «schlechte» Kombinierbarkeit dieser Konsonanten ist, neben der Sonorität des zu synkopierenden Vokals, ausschlaggebend dafür, zu welchem Zeitpunkt bei einer bestimmten Akzentdruckveränderung die Synkope eintritt 3 . Sie ergibt sich im wesentlichen aus der genetischen Stärke der an der Nexusbildung beteiligten Konsonanten. Die genetische Stärke läßt sich wiederum aus der Engebildung bei der Artikulation der Konsonanten ableiten. Dabei ist von folgender Abstufung zwischen homogenetischen Klassen auszugehen 4 : 2 MEYER-LüBKE 1884: 240 weist auch bereits auf die Abhängigkeit von der umgebenden Konsonanz hin. Wegen der damals zur Verfügung stehenden Materialbasis blieb die Untersuchung aber zu undifferenziert, um die direkte Abhängigkeit der Synkope von den einzelnen Konsonantenumgebungen klar aufzeigen zu können. So wird z.B. für das Spanische angenommen, daß die Synkopierung bei mehr als zwei Nexuskonsonanten generell unterbleibe; ebenso wird Synkopierung auf stimmloser Basis im Spanischen nicht berücksichtigt. Der Aufsatz von Meyer-Lübke gab jedoch wichtige Anstöße für die romanische Synkopeforschung, die sich in einer teilweise sehr kontrovers geführten Diskussion der einzelnen Einflußfaktoren niederschlugen. Da die Diskussion fast ausschließlich anhand galloromanischer Beispiele geführt wurde, wird hier nicht daranf eingegangen (cf. NEUMANN 1890, MEYER-LÜBKE 1890: 261ss., HORNING 1891: 498, ELFRATH 1899, KARSTEN 1884, MEYER-LüBKE 1901: 116ss., MEYER-LÜBKE 1913, CLE- DAT 1903: 124, BAUER 1903, GIERACH 1910, GERHARDS 1913 sowie speziell zum Okzitanischen WENDEL 1906 und HERFORD 1907). 3 Viele Arbeiten zur Synkopierung gehen davon aus, daß die Sprecher generell «ungünstige Konsonanz» vermeiden. Der Begriff wäre jedoch für jede einzelne Sprache zu präzisieren. So zeigen z.B. aus romanischer Sicht einige germanische Sprachen Synkope auch bei «sehr ungünstiger Konsonanz»: engl. forecastle > [fo:iksl], ordinary > [odnn], ahdt. angest > Angst, adalaro > Adler, bair. zwanzig> [tswantsg] etc. Es scheint demnach allein vom Akzenttyp abzuhängen, bei welchen Umgebungen die Sprecher synkopieren bzw. welche Nexus toleriert werden. 4 Eine genaue artikulationsphysiologische Begründung der homogenetischen Klassen findet sich bei CATFORD 1977: 117-65. So unterscheidet sich z.B. die Realisation von Frikativen von der von Plosiven durch das Auftreten turbulenter Strömungen bei der Engebildung etc. Die Abstufung zwischen Plosiv und Frikativ beruht also darauf, daß ein gewisses Maß an artikulatorischem Mehraufwand geleistet werden muß, um die für einen Plosiv konstitutive Engebildung zu erzeugen. Abstufungen innerhalb der homogenetischen Klassen (wie 1 � r oder m � n) ergeben sich aus Artikulationsunterschieden in Bezug auf einzelne Organe (homorganische Klassen) und sind damit sehr viel stärker von einzelsprachspezifischen Artikulationen geprägt. 162 Hans Geisler Plosive [ +5]? Frikative [ +4]? Nasale [ +3]? Liquide [ +2]? Gleitlaute [ +1]? Vokale [O = keine Engebildung] Die Einteilung des Materials nach homogenetischen Klassen der Nexuskonsonanten folgt der Annahme, daß es bevorzugte Konsonantenkombinationen bei Silbenkontakten gibt, die mit einer Reihe von Präferenzgesetzen zur Silbenbildung beschrieben werden können (cf. VENNEMANN 1982, 1986, 1988) und für die bis zu einem gewissen Grade artikulatorische Erklärungen möglich sind. Von besonderer Bedeutung in Zusammenhang mit der Synkope ist eine von VENNEMANN 1986: 39 als «Silbenkontaktgesetz» bezeichnete Erscheinung, wonach ein Silbenkontakt umso stärker bevorzugt wird, je größer die absolute Stärkedifferenz zwischen den Konsonanten im Silbenauslaut und Silbenanlaut ist. Frühe Synkopen sind also bei entsprechender Akzentdruckzunahme beim Zusammentreffen von Liquiden [ +2] und Plosiven [ +5] (cf. z.B. CA LID US > Appendix Probi caldus) zu erwarten. Die Tendenz zur Synkope verringert sich bei Zunahme der Stärke des potentiellen Silbenauslauts und gleichzeitiger Abnahme der Stärke des Silbenanlauts. Die Synkope erfolgt nur bei weitergehender Akzentdruckveränderung mit deutlicher zeitlicher Verschiebung und ist auf bestimmte Gebiete der Romania beschränkt. Der entstehende Nexus muß durch Ambisyllabierung und Silbenkontaktoptimierung nachgebessert werden (cf. z.B. Nasal [ +3] + Liquid [ +2]: HUMERU > sp. hombro vs. it. omero). Die Synkope kann auch früh auftreten, wenn eine große negative Stärkedifferenz zwischen Silbenanlaut und Silbenauslaut vorliegt, da in diesem Fall einfach resyllabiert werden kann. So lassen sich z.B. bei Plosiv [ +5] und Liquid [ +2] die ersten Synkopierungen bereits im Vlat. nachweisen (cf. in der Appendix Probi «acer non acrus», «teter non tetrus», «aper non aprus»). Aus einer nach artikulatorischen Stärkedifferenzen geordneten Tabelle werden die sich graduell ändernden Bedingungen für den Silbenkontakt deutlich: Stärkedifferenz 3 21 0 -1 -2 -3 LIQ-PLOS NAS-PLOS FRIC-PLOS PLOS-PLOS Silbenkontakt LIQ-FRIC NAS-FRIC FRIC-FRIC PLOS-FRIC LIQ-NAS NAS-NAS FRIC-NAS PLOS-NAS LIQ-LIQ NAS-LIQ FRIC-LIQ PLOS-LIQ Silbenstrukturänderung keine keine keine keine/ Ambisyll. Ambisyllabierung Ambisyllabierung Resyllabierung Zu den Präferenzen bzw. Restriktionen hinsichtlich der Kombinierbarkeit von homogenetischen Klassen kommen Präferenzen hinsichtlich der Kombinatorik von Artikulationsorten, die bisher wenig untersucht und möglicherweise einzelsprachspezifisch sind. Es ist aber davon auszugehen, daß Homorganität die Nexusbildung fördert. Schwerer zu erklärende Präferenzen finden sich dagegen Synkopeabstufungen im Spanischen 163 in vielen Sprachen bei p-t und k-t im Gegensatz zu t-k und t-p (ebenso g-d und b-d). Dies ist bei der Analyse zu berücksichtigen. Gesondert zu behandeln sind auch Beispiele, bei denen im Silbenkontakt mehrere Konsonanten aufeinandertreffen. Dies erschwert bzw. verhindert die Synkopierung sehr oft (cf. ARBORE > sp. arbol, ORPHANU > sp. huerfano). Wie frühe lat. und vlat. Belege zeigen, ist dies aber keineswegs immer der Fall, weshalb auch hier eine genaue Sichtung der Nexus vonnöten ist (cf. die bereits lat. Varianz bei DEXTRA und DEXTERA, INFRA und INFERA, cf. VÄÄNÄNEN 1937: 73). Bei der Synkopierung ist demnach von folgenden Gesetzmäßigkeiten auszugehen: 1) Je nach Grad der Akzentdruckveränderung in den einzelnen romanischen Sprachen wird die Sonorität unbetonter Silben in unterschiedlicher Weise reduziert, und es werden verschieden viele konsonantische Umgebungen von der Synkopierung erfaßt. 2) Konsonantische Umgebungen, die präferierte Silbenkontakte ermöglichen, werden bevorzugt synkopiert. 3) Bei Silbenkontaktoptimierungen infolge ungünstiger Nexusbildung wird zumeist der positionell geschwächte Silbenauslaut «angepaßt» oder aber der Silbenkontakt durch Ambisyllabierungen und Resyllabierungen vollständig umgebildet. 1. Synkope bei a in der unbetonten Silbe Da der Synkopierung ein allmählicher Abbau der Sonorität der unbetonten Silbe vorausgeht, behindert a als Vokal mit der stärksten Sonorität die Synkopierung stärker als die anderen Vokale. Dies bewirkt, daß die Synkope im Sp. unter diesen Bedingungen vollständig unterbleibt. Nur bei wenigen hochfrequenten Wörtern mit sehr günstigen Nexusbedingungen wie l-a-p oder p-a-r dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit noch in gemeinromanischer Zeit synkopiert worden sein: COLAPHU > sp. golpe (bereits in der Lex Salica und in Glossen colpus, cf. FEW 2,2: 876a), COMPARARE > sp. comprar 5 . Ansonsten bleibt die unbetonte Silbe mit a im Sp. auch beim Aufeinandertreffen von Plosiv und Liquid erhalten: CANTHARU > sp. cantaro 6 , ASPARAGU > sp. esparrago. Dies gilt umso mehr für die übrigen Umgebungen: RAPHANU > sp. rabano, ORGANU > asp. uergano 1294 (DCECH 4: 296a). s Neuspanische Formen ohne Quellenangabe sind nach DCECH etymologisiert. 6 Bei vergleichbarer Umgebung ohne a wird dagegen mit Silbenkontaktoptimierung synkopiert: SARTOR > sp., port. sastre. 164 Hans Geisler 1.1. Auftreten eines «unorganischen a» Bei bestimmten Silbenkontakten scheint es im Spanischen nicht mehr zum vollständigen Schwund der Silbensonorität gekommen zu sein. Der Sonoritätsabbau in der unbetonten Silbe war aber bereits groß genug, um die normale Ausdifferenzierung der Vokalartikulation zu verhindern, so daß ein zentralisierter Neutralvokal entstand, der als a geschrieben wurde. Häufig ist diese Erscheinung bei Silbenkontakten mit starkem Silbenauslaut und n im Silbenanlaut, die im Sp. eine Grenzbedingung für die Synkopierung darstellen (cf. Kap.4.4.-4.6. zu Plosiv-n)7: BUCINA > asp. buzano (DCECH 1: 705b) PAMPINU > sp. pampano coPHINU > sp. cuevano ABROTONU > sp. (a)br6tano (nach DEM 1: 233a «cultismo», bereits im Lat. als Nebenform ABROTANUM) SEROTINU > asp. ser6dano 1263, 1265 S.Pedro de Montes vs. serondo (PENSADO 1984: 388) Vereinzelt wird zusätzlich der folgende Silbenanlaut verändert, also *suBTULU > *[sobtolo] > *[sot 0 lo] > *[sot a lo] > asp. s6talo > asp. s6tano (DCECH 5: 269a): POMPILU > sp. pampano (REW 6644) mhdt.pfffer > sp. pifaro 1517, pifano (DCECH 4: 562a) CAUPULU > sp. c6pano Darüber hinaus finden sich weitere schwierig zu synkopierende Silbenkontakte, welche ebenfalls die Umwandlung des unbetonten Vokals zu a bewirken: C-klg MORDICU DOMESTICU CORRUGU C-r! l PASSER *CICERU SULPHUR >>> > >> sp. muerdago sp. (a)miesgado, miezdago (DCECH l: 244b) asp. c6rrago 1057, Burgos cuerrago, cuernago neben Burgos cuerrego, Albuquerque c6rrigo (DCECH 2: 276b) asp. passaro, pajaro (DCECH 4: 342b) sp. chicharo asp. aqulfar, r; ulfa G. de Segovia neben azufre (PENSADO 1984: 250) 7 Auch in anderen rom. Sprachen finden sich dazu Beispiele: IUVENE > it. giovane, HIER- ONYMU > it. Gerolamo, LABYRINTHU> mail. lavarin (REW 4816), LACRIMUSA> prov. (la)gramüzo (REW 4826), LAURINU > venez. lavrano (REW 4942), CIRCINU> rum. cearcii.n, GEMINU > rum. geamii.n, LACRIMA > rum. lacrii.mii (cf. LAUSBERG 1969: §289). Sonoritätsanpassungen an den folgenden Silbenanlaut treten bei unbetonten Vokalen bereits im Lateinischen auf: 1) V+ velares l > ul: Sicilia vs. Siculi, 2) V+ r > er und vlat. ar, 3) V+ sonstige C > iC! uC (cf. Rrx 1966, ]ANSON 1977). Für das lt. scheinen folgende Regeln zu gelten: 1) -il > -ol: DEBILE> it. debole, 2) -arl-or > -er: MARGHARITA> it. margherita, ARBORE> it. albero, 3) -en > -an: COPHINU> it. cofano (cf. LAUSBERG 1969: §290, TUTTLE 1974, MALKIEL 1973). Synkopeabstufungen im Spanischen 165 VESPERA MESPILU > sp. viespara Burgos neben v[espera (DCECH 5: 830b) > burg. niesparo neben asp. niespero 1106, sp. nispero (DCECH 4: 229b) Bei vielen Beispielen dürfte es sich um späte Entlehnungen mit halbgelehrter Entwicklung handeln, die auch bei günstiger Umgebung nicht mehr vollständig synkopiert wurden und dann ebenfalls die Umwandlung des unbetonten Nachtonvokals in a zeigen: CHRISTOPHORU ARCHIDIACONU VIPERA FEBER ALICA SEPTIMU CAMERA >>>>>> > sp. Crist6bal salm. arcedüigano neben sp. arcediagno, arcediano (PENSADO 1984: 390) asp. vibara neben vibora, bivora (PENSADO 1984: 425, DCECH 5: 803) sp. b{baro neben befre, befle (DCECH 1: 554b) sp. alaga sp. ON Sietamo neben siedma 1259 (PENSADO 1984: 291, DCECH 5: 244b) sp. camara 8 2. Synkope bei Konsonant + stimmloser Plosiv 9 2.1. r-t, l-t Die Kombination von Liquiden mit einem stimmlosen dentalen Plosiv bietet besonders günstige Bedingungen für die Synkopierung, da zusätzlich zum Unterschied in der genetischen Stärke identische Artikulationsorte vorliegen. Im Sp. scheint deshalb in dieser Umgebung so früh synkopiert worden zu sein, daß noch keine Sonorisierung des intervokalischen t erfolgt war 10 : s Unsynkopierte Formen wie asp. camara, port. camaro stellen FEW2,l: 135b und DCECH 1: 779a zu CA.MARA. Reste von Optimierungen wie bei asp. cambara 1262, rioj. cambariella, ast. cambares, lassen jedoch eher vermuten, daß Silbenkontakt stattgefunden hat und das a sekundär entstanden ist. 9 Aus Platzgründen werden hier nur die Verbindungen mit dentalen Plosiven C-t und C-d behandelt. Für C-p, C-b und C-k:'· 0 ·", C-g a , o , u verläuft die Entwicklung ähnlich, mit einigen Einschränkungen hinsichtlich der Kombinierbarkeit von Artikulationsorten. Bei C-k i , e und C-i' e verkompliziert sich die Entwicklung aufgrund von Interferenzen mit der Palatalisierung. Die unterschiedlichen Synkopierungszeitpunkte lassen sich relativ zu anderen Lautentwicklungen näher eingrenzen. Als wichtigstes Kriterium ist für das Sp. die Schwächung intervokalischer Konsonanten anzusehen, die durch die Synkopierung gestoppt wird. Dagegen fallen Diphthongierungen, die im Sp. unabhängig von der Silbenstruktur auftreten, als Kriterium weg. 10 Nach MENENDEZ PmAL 1982: § 54,1 sind Fälle mit stimmloser Synkope entweder bereits lat. oder gelehrt. PENSADO 1984: 350s. zitiert zu r-t und l-t, wie auch bei anderen Nexus, unkommentiert eine Reihe stimmhafter bzw. unsynkopierter Formen, die entweder unsicherer Herkunft oder gelehrt sind: madroiio (zu *MOROTONU oder *MOROTONEU gestellt, ohne Hinweis auf die problematische Lautentwicklung), goldre (zu CORYTU oder zu goldrar < COLORARE), meldar (zu MELETARE, nach FEW6,l: 660b aus dem Judensp.), Merida (zu EMERITA, ohne Quellenangabe), alborotar, abolotar, embolotar (zu VOLUTARE; «tal vez cat. segun DCECH»). 166 *REFERITA *FALLITA MOLITURA SOLITARIU *ABSOLUTU *VOL(V)ITA Hans Geisler > asp. refierta, rehierta, sp. reyerta (DCECH 4: 902a) > sp.falta > arag. moltura 11 > sp. soltero 12 > asp. absuelto (DEM 1: 250b) > arag. vuelta (FEW 14: 623a) 13 Wenig aussagekräftig sind in diesem Zusammenhang die Ableitungen auf -ITATE, bei denen mit paradigmatischen Einflüssen von Formen mit ungünstigem Silbenkontakt (wie FIRMITATE, AMICITATE) oder lat. Formen ohne -iin der Vortonsilbe (wie FACULTATE, VOLUNTATE) zu rechnen ist 14 : LEGALITATE > asp. lealtad Berceo, Nebr., lealdat J.Ruiz (DCECH 3: 639a) MORTALITATE > asp. mortalidad, mortaldad 1210, sp. mortandad (DCECH 4: 150a) VILITATE > asp. vildad, viltad sowie *vruTARE > asp. (a)viltar (DCECH 5: 814a) Vielfach sind ausschließlich unsynkopierte Formen anzutreffen wie PURITATE > sp. puridad, poridad, poredad (PENSADO 1984: 350), SOLITATE > sp. soledad. 2.2. n-t, m-t Bei n-t treten im Sp. neben Fällen mit stimmloser auch bereits solche mit stimmhafter Synkopierung auf 15 • Anhand der wenigen Beispiele läßt sich hier schwer entscheiden, ob die stimmlose Entwicklung erbwörtlich ist 16 • 11 Bei *MOLITURA > Alava moldura neben motura (FEW 6,3: 43b) ist Übernahme aus dem Fr. bzw. Okz. denkbar (cf. aprov. moldura und centr. moudure), wobei die stimmhaften Formen im Fr. von moudre beeinflußt sein dürften. 12 Die Etymologie soLITARIU wird in DCECH 1: 23b wenig überzeugend abgelehnt, weil als Ergebnis soldero zu erwarten wäre! 13 Die frühe Synkope ist bei afr. vout, aprov.volt, akat. vout auch am Auslautfall erkennbar (cf. FEW14: 620b). 14 Zu -ITATE cf. PENSADO 1984: 352-54. 1s PENSADO 1984: 352 äußert sich zu n-t und m-t eher undifferenziert: «La T se sonoriza con regularidad menos en alentar, arrepentir. Arrepentir segun DCECH tiene influjo galorromance. EI resultado de -NITARE es tambien -ndar en gallego (sANITARE > sandar, MANITARE > amandar, PLANITARE > achandar, ...). » 16 Die restlichen Fälle sind wieder Formen auf -ITATE, die stimmhaft synkopieren oder unsynkopiert sind: BONITATE > sp. bondad, CHRISTIANITATE > asp. cristiandad, VICINITATE > asp. vecindad, vinzedades, vencidat Calila, UNITATE > sp. unidad, undad Fuero de Alba de Tormes (PENSADO 1984: 351). Synkopeabstufungen im Spanischen 167 POENITERE > Ablt. asp. repentirse Cid, arrepentirse 1251, rependirse Berceo (DCECH 1: 353b 17 ) *ALENITARE > asp. alentar, ast. sant. burg. alendar (PENSADO 1984: 351) MANUTENERE > sp. mantener (wohl von tener beeinflußt) ATTONITU > asp. atondo 1019, sp. atuendo (DCECH 1: 407a) Der weniger präferierte Silbenkontakt macht sich deutlich bemerkbar bei m-t. Im Gegensatz zu n-t finden sich infolge der nicht homorganen Artikulation im Sp. nur mehr Formen mit stimmhafter Synkope: AMITES COMITE DOMITU GEMITU LIMITE SEMITA > asp. andes Berceo, sp. andas (DCECH 1: 258b) > asp. conde Cid, cuende Cid, Berceo (DCECH2: 170a) > asp. duendo, ast. dondo (DCECH2: 514a) > asp. yemdo (DCECH 3: 143a) > asp. limde 934, linde 1074 (DCECH 3: 656a) 18 > asp. senda 1207 (DCECH 5: 204a) 2.3. s-t Beim Zusammentreffen von s und t kommt es zu einer durch Homorganität bedingten lokalen Präferenz, die sehr frühe, wahrscheinlich gesamtromanische Synkopierung nach sich zieht: *MANSUETINUS > splat. mastinus (FEW 6,1: 258b), *ACQUISITARE > it. acquistare, aprov. aquistar (FEW24: 111b). Dementsprechend wird auch im Sp. durchgehend auf stimmloser Basis synkopiert 19 : *coNSUTURA > sp. costura, POSITU > sp. posto, QUAESITU > sp. quisto, REVISITARE > sp. revistar, VISITORE > ast. bistor (PENSADO 1984: 352). 2. 4. g-t, k-t Aufgrund der uneinheitlichen Entwicklung der velaren Verschlußlaute in verschiedenen Vokalumgebungen ergeben sich komplexe Interferenzen mit der Synkope. Die Entwicklung ist bei den wenigen vorliegenden Beispielen nicht immer klar erkennbar. Intervokalisches g als schwächster Verschlußlaut des Lat. scheint in der 11 Wie üblich betrachtet das DCECH die stimmhaft synkopierte Form rependirse (mit Verweis auf port. arrependerse und kat. penedir-se) als «verdadera forma castellana» und nimmt für die stimmlose Form galloromanischen Einfluß an (cf. afr., aprov. pentir). Abgesehen davon, daß im Port. andere Synkopebedingungen vorliegen und die kat. Form unsynkopiert ist, legen die nominalen asp. Formen penedencia und pendencia, im Gegensatz zu früh belegtem arrepentencia 1251, eher halbgelehrte Entwicklung nahe. Nach DCECH 4: 475a ist asp. pendencia aus dem Port. übernommen (cf. apart. pendencia). 1s Die stimmlose asp. Form / intel (sp. dintel) ist nach DCECH 2: 498a aus afr. lintel entlehnt. Erbwörtliche Fortsetzer von LIMITALE stellen arag. limdar, (l)indar dar. 19 So findet sich stimmlose Synkopierung bei Partizipien im Sp. außer bei r-t, l-t nur noch bei st: cf. rehierta, suelto, puesto vs. duendo etc. 168 Hans Geisler Umgebung i-t noch so frühzeitig weiterentwickelt worden zu sein, daß über das Vlat. hinaus gar keine proparoxytone Struktur mehr vorgelegen hat: DIGITUS> vlat. *mTu (FEW3: 77b)> sp. dedo, DIGITALE> sp. dedal. Nach Velarvokal wie 0 i-t ist die Auflösung des Plosivs erst später erfolgt 20 . Im Sp. ist deshalb auf stimmhafter Basis synkopiert worden: COGITARE> asp. cuidar (DCECH2: 284b), *FUGITA> sp. huida. Bei k-t liegen ebenfalls uneinheitliche Ergebnisse vor (cf. auch PENSADO 1984: 317ss.). Vereinzelt wird bei k i , e _t mit unklarer Entwicklung des Nexus noch stimmlos synkopiert: vocrTu > arag. bueyto, westastur. boito (FEW 14: 595a). Dagegen wird nach Deaffrizierung auf stimmhafter Basis synkopiert bei PLACITU> asp. plazdo nebenplazo (DCECH 4: 577a). Bei halbgelehrter Entwicklung dürfte die Synkope vereinzelt erst nach der Deaffrizierung bei verbesserter Nexusbedingung s-t aufgetreten sein: AMICITATE> asp. amistad Cid, amiztat Berceo neben amizdat 1248 (PENSADO 1984: 317). 2.5. t-t, d-t Bei d-t wurde nach Ausweis des einzigen Belegs im Sp. erst auf stimmhafter Basis synkopiert: *PEDITU> asp. pedo (DCECH 4: 458b). Aufgrund der homorganen Artikulation scheinen bei hochfrequenten Wörtern mit t-t bereits frühe vlat. Synkopierungen aufgetreten zu sein: MATUTINU> asp. matino Cid (FEW 6,1: 541b). 2.6. v-t, b-t, p-t Da b und v früh im Vlat. zusammenfallen, ergeben sich bei der Synkopierung identische Ergebnisse. Im Sp. wird in allen Fällen stimmhaft synkopiert: CIVITATE BIBITU DEBITA DUBITARE > asp. cibdad Cid, ciudad Nebr., cidat Alex O (DCECH 2: 93b) > asp. bebdo, beudo, beodo, Ablt. asp. enbebdarse (DCECH 1: 564a) > asp. debda 1206, deuda (DCECH 2: 429b) > asp. dubdar, sp. dudar (DCECH2: 527b) Die Graphien schwanken zwischen b und u. Zuweilen erfolgt Adjustierung von [ß] zu [w], woraus sich ein velares l entwickeln kann: *MOVITA> [moßita]> [mwEßda] asp. muebda > *[mwEwda)> (mwElda] muelda Alex O (DCECH 4: 169b), CUBITU > asp. cobdo > coudo > leon. coldo (DCECH 4: 890b), *LEVITU> asp. liebdo > lieudo > salm. lieldo und mit weitergehender Adjustierung durch Metathese: salm. yeldo, lludo (DCECH 3: 638a, PENSADO 1984: 319). 20 Zur altfranzösischen Entwicklung von Velaren in verschiedenen Vokalumgebungen cf. GEISLER 1992 Abschnitt IV. Synkopeabstufungen im Spanischen 169 Die Verbindungp-t liefert im Sp. sehr uneinheitliche Ergebnisse, jedoch scheint überwiegend auf stimmhafter Basis synkopiert worden zu sein: CAPITELLU > asp. cabdiello Berceo, caudillo 1300 (DCECH 1: 928a) CAPITALE > asp. cabdal 1132, sp. caudal (DCECH 1: 928a) CREPITA > asp. crieta 1300, grieta 1564 (DCECH 3: 212b, bereits vlat. *CREPTA) NEPETA > sp. nieta 1522, nebda 1557, neuta 1742, neota 1733, nebeda (DCECH 4: 220a21) REPUTARE > asp. reptar 1140, retar, reutar, rebtar (DCECH 4: 890a nimmt für asp. reptar Einfluß aus dem galiz. Latein und für retar Entlehnung aus dem Fr. an) Die einheitliche Entwicklung von CREPITARE ( cf. sp. grietar, it. crettare, port. gretar etc.) läßt eine frühe, noch gemeinromanische Synkope vermuten. Dazu paßt die Entwicklung von NEPETA > aprov., kat. nepta, REPUTARE > afr. reter, aprov., kat. reptar. Frühe Synkope ist hier nicht ungewöhnlich, da ja der Nexus p-t im Lat. bereits bestand (cf. lat. RAPTUS etc.). Es dürften also aufgrund einer lokalen Präferenz p-t relativ günstige Silbenkontaktbedingungen vorgelegen haben. Gleichzeitig scheinen aber die unsynkopierten lat. Formen in den Einzelsprachen noch einmal, mit verschiedenen Auflösungsstufen der Plosive, synkopiert worden zu sein (cf. CAPITALE > asp. cabdal, sp. caudal). Aufgrund der ungünstigen Nexusbedingungen kann die Synkope dann auch bereits unterbleiben: NEPETA > port. neveda, *ACCAPITARE > algarv. acabedar (DELP 1: 53b), CAPITALE > gal. cabedal (PENSADO 1984: 317). 3. Synkope bei Konsonant + stimmhafter Plosiv In den Verbindungen C-d sind präferierte Silbenkontakte häufig, und die Entwicklung verläuft ähnlich wie bei C-t (cf. CALIDU > sp. caldo 22, LARIDU > sp. lardo). Lediglich bei starken silbenauslautenden Konsonanten kann der Silbenkontakt so lange verzögert werden, daß vor der Synkopierung Verlust des intervokalischen d auftritt. Dies ist z.B. der Fall bei silbenauslautendem stimmlosen Plosiv wie k-d 23: Lucrnu > sp. lucio, sucrnu > sp. sucio und t-d: NITIDU > aleon., salm. nidio (FEW 7: 150b), PUTIDU > altrioj. pudio (DCECH 3: 338b N3 s.v. heder). Aufgrund der homorganen Artikulation scheinen aber bei t-d auch frühe vlat. Synkopierungen aufgetreten zu sein: NITIDU > sp. neto. 21 Die sp. Form nebeda stammt nach DCECH aus dem port.-galiz. Raum oder aus dem Mozarabischen. Die in REW 5889 zitierte asp. Form niebeda läßt sich laut DCECH nicht nachweisen. 22 Im Falle von VIRIDE und CALIDU wird die frühe Synkopierung durch die Appendix Probi bestätigt: «viridis non virdis» und «calida non calda». Formen wie lardus, verdis etc. tauchen bereits in spätlateinischen Texten zumeist als satzphonetisch bedingte Varianten zu den vollen Formen auf (cf. GERHARDS 1913: 60ss. zu calddqua vs. dquae cdlidae). 23 Im Gegensatz dazu synkopiert g-d: FRIGIDU > asp. frido, frfo. Bereits in der Appendix Probi findet sich synkopiertes frigdus. 170 Hans Geisler Für p-d finden sich im Sp. neben synkopierten auch unsynkopierte Formen. Möglicherweise stellt p-d eine Grenzbedingung für die Synkopierung dar: CUPIDU SAPIDU TEPIDU TRIPEDES > Ablt. asp. cobdicia, sp. codicia, astur. coldicia (DCECH 2: 117a) > sp. sabio > sp. tibio > asp. trebedes, treudes, altarag. estreudes 24, arag. estrebedes (FEW 13,2: 293a) Im Gegensatz zur Verbindung p-t, bei der trotz verschiedener Artikulationsorte vereinzelt aufgrund des starken Silbenanlauts t frühe Synkope auftritt (cf. CREPI- TARE > sp. grietar), ist dies bei schwächerem d im Silbenanlaut aufgrund der geringeren Stärkedifferenz nicht mehr der Fall. Die schlechten Nexusbedingungen können auch nicht durch Resyllabierung gebessert werden. Um einen Silbenkontakt zu ermöglichen, ist starker Akzentdruck vorauszusetzen, der die negativen Nexusbedingungen überwindet. Wie das Fr. zeigt, sind im Anschluß an die Synkope Silbenkontaktoptimierungen nötig (cf. *TEPIDU > *[tj1o.pe.do] > *[tj1o.be.do] > *[tjcb.io] > afr. tiede 25 neben teve, tieve (FEW 13,1: 232a). 4. Synkope bei Konsonant + Nasal Anders als bei Plosiven entstehen in Verbindung mit silbenanlautenden Nasalen wenig präferierte Silbenkontakte, da die Konsonantenstärke von Nasalen geringer ist und Resyllabierungen nur eingeschränkt möglich sind. Lediglich bei der Kombination von Liquiden und Nasalen liegt noch eine positive Stärkedifferenz vor. Die ungünstigen Nexusbedingungen (zu geringer oder fehlender Stärkeunterschied bzw. fehlende Homorganität) werden nach der Synkopierung häufig durch Silbenkontaktoptimierungen gebessert. 4.1. r-n, l-n, r-m, l-m Bei r-n wird im Sp. durchgehend synkopiert, ohne daß der homorgan artikulierte Nexus, der bereits im Lat. bestand, weiterverändert werden müßte 26: 24 Formen mit u könnten sekundär nach Auflösung des Labials synkopiert worden sein, cf. LAPIDE > asp. laude neben ltipide (nach DCECH 3: 582a ist laude unsicher, da analog zu lucio, lacio ein Ergebnis ltibie zu erwarten wäre). 25 Die Synkope erfolgt nach der Diphthongierung von [ E]. Diese Entwicklung erhellt auch die relative Chronologie von [V.pV] > [V.bV] gegenüber [V.dV] > [V.oV] > [V.V]. Die Sonorisierung scheint früher erfolgt zu sein als die Spirantisierung, jedoch wäre auch im Fall von tiede wieder sekundäre Stärkung eines in Veränderung begriffenen [d] denkbar. 26 Zur lat. Synkope bei ACERINUS > acernus cf. BuTLER 1971 und PENSADO 1984: 383. Synkopeabstufungen im Spanischen CORONATU > asp. cornado 14.Jh. (DCECH2: 199b) FARINARIU > sp. harnero VERONICE > asp. verniz, sp. barniz (DCECH 1: 514b) 171 Für die Verbindung l-n finden sich nur unsichere Ablt., die durch Simplizia beeinflußt sein können: MOLINARIU> sp. ON Molnera vs. sp. molinero (DCECH 4: 120), *SALINARIU> sp. ON Salnero vs. sp. salinero (DCECH 5: 130). Auch bei r-m und l-m wird trotz fehlender Homorganität im Sp. noch durchgehend synkopiert 27 : EREMU > sp. yermo COLUMELLU > sp. colmillo 28 MELIMELU > astur. marmiellu, sp. membrillo, Ablt. aleon. mambrellar, asp. ON Malmellare Burgos 978 (DCECH 4: 32b, nach PENSADO 1984: 381 *merimello > *memirello > membrillo oder *melmello > *memlello > membrillo) SALE MURIA > sp. salmuera 4.2. n-m, m-n Beim Zusammentreffen von n-m und m-n wird im Sp. ebenfalls noch durchgehend synkopiert: ANIMA> sp. alma 29 , Ablt. sp. almilla, leon. armilla (DCECH1: 179b), *MINIMARE > sp. mermar (DCECH 4: 53b). Der geringe Stärkeunterschied im Silbenkontakt wird durch Absenkung der Konsonantenstärke im Silbenauslaut gebessert (n-m > l-m oder r-m). Bei m-n muß der ungünstige Nexus durch Vergrößerung des Stärkeunterschieds und durch Einschub eines homorganen Plosivs gebessert werden: m-n > m-r > m-br (der Lautstand m-n findet sich noch in den ältesten Texten)3°: *FAMINE FEMINA HOMINE LIMINARE SEMINARE >> >>> sp. hambre 31 asp. femna, fembra Berceo, sp. hembra (DCECH 3: 340b) asp. uemne, uamne 950 Glas. Emil., omne, ombre Berceo (DCECH3: 379a) asp. limnar, limbrar (DCECH 5: 712a) asp. semnar Berceo, sembrar (DCECH 5: 197b) 27 Da der Nexus bereits im Lat. besteht, nimmt KLAUSENBURGER 1970: 45, jedoch ohne Belege zu geben, frühe lat. Synkope an. 2s Dagegen wird wegen a nicht synkopiert bei CALAMELLU> sp. caramillo (REW 1484). 29 Daneben besteht gelehrtes cinima und im gesprochenem Sp. cilima mit Adjustierung von Liquid und Nasal. 30 Vereinzelt scheint auch die Entwicklung m-n > n-d aufzutreten: COLUMNA> ast. colonda (neben colondra), LAMINA> llanda, LEGUMINE> legunde etc. (cf. PENSADO 1984: 376). 31 Zu dieser Gruppe gehören viele Belege auf -MEN, -MINIS. Bei den lat. Neutra mit identischer Nominativ- und Akkusativform ist teilweise als Ausgangspunkt die klat. Form anzusetzen: BITUMEN> sp. betun, betume Alex 0, EXAMEN> ast. ensame. Vielfach erfolgt dagegen Angleichung des Akkusativs an den Typus auf -INEM, cf. *VIMINE> sp. vimbre, *FAMINE> sp. hambre, *LEGUMINE> sp. legumbre, *LUMINE > sp. lumbre, lumne Berceo, *NOMINE > sp. nombre, nomne Berceo etc. (PENSADO 1984: 376). 172 Hans Geisler Bei einigen hochfrequenten Wörtern ist bereits von vlat. synkopierten Formen auszugehen. So weisen DOMINUS und DOMINA als Anredeformen satzphonetisch bedingte frühe Reduktion auf. Bereits alat. bei Plautus und splat. bei Augustin findet sich domnus, bei Fredegar als Anredeform domno Chlotarico (cf. GER- HARDS 1913: 45). Diese früh synkopierten Formen werden im Sp. wie originäres mn zu ii entwickelt: DOMINA> sp. dueiia, DOMINUS> sp. dueiio. Zu dieser Gruppe gehört anscheinend auch LAMINA> sp. laiia. 4.3. s-n, s-m Für die Verbindung s-n finden sich nur wenige, aber gut belegte Beispiele, die im Sp. durchgehend synkopiert sind: ASINU> sp. asno, ASINARIU> sp. ON Aznar (PENSADO 1984: 384), ELEEMOSYNA> asp. almosna, sp. limosna. Entsprechend der Synkope bei s-n wird auch s-m im Sp. synkopiert: QUADRAGESIMA> sp. cuaresma. 4.4. g-n, k-n, k-m Beim Zusammentreffen von Frikativen und Plosiven mit Nasalen entstehen wenig präferierte Silbenkontakte. Es liegt eine negative Stärkedifferenz vor, ohne daß im Sp. einfache Resyllabierung möglich wäre. Die Synkopierung kann demzufolge erst spät nach Besserung der Nexusbedingungen durch Reduktion intervokalischer Verschlüsse auftreten. Für die Gruppe l e -n finden sich ausschließlich Belege mit dem lat. Suffix -GINE, so daß paradigmatische Einflüsse nicht auszuschließen sind. Die Synkopierung ist hier im Sp. so spät aufgetreten, daß, vor allem wohl bei -IGINE, bereits Auflösung des stimmhaften Plosivs eingetreten sein dürfte. Das Ergebnis ist -{n oder -en (cf. PENSADO 1984: 391): FULLIGINE> sp. hollin, SARTAGINE> sp. sarten, PLANTAGINE > sp. llanten, ast llantaina 32 • Ähnlich wie bei i· e tritt auch bei k i , e die Synkope wegen der ungünstigen Nexusbedingungen stark verzögert auf. Im Sp. kann erst nach Deaffrizierung auf der Stufe [z.n] bzw. [o.n] synkopiert werden (cf. PENSADO 1984: 390): BUCINARE> asp. voznar, DURACINU> sp. durazno, LUPICINU> asp. lobezno, RICINU> sp. rezno. In einigen Fällen sind Silbenkontaktoptimierungen erkennbar: *vnrcrNA> *[vedeona] > ast. vederna, RICINU > *[reonu) > astur. Colunga rendu (mit sekundärer Stärkung des d im Silbenanlaut nach Metathese), vrcINITATES> sp. vinzedades. Singulär unterbleibt die Synkope: RICINU> westastur. redinu. Wie k i , e _n wird auch k i , e _m erst nach der Deaffrizierung synkopiert: DECIMUIA> asp. 32 Zu den Formen mit -aina, die ebenfalls auf Auflösung des g vor Synkopierung deuten, cf. PENSADO 1984: 391ss. mit weiterführender Literatur. Synkopeabstufungen im Spanischen 173 diezmo, DECIMARE > asp. dezmar (PENSADO 1984: 423). Für k 0 -n findet sich nur halbgelehrtes ARCHIDIACONU > sp. arcediano, arcediagno (DCECH 1: 316a). 4.5. d-n, t-n, t-m Bei d-n liegen für das Sp. nur wenige sichere Belege vor. Lediglich für das Suffix -UDINE finden sich mehr Beispiele, die jedoch Vermischung mit -UMINE zeigen (cf. PENSADO 1984: 34). Zu erwarten wäre Synkope auf einer spirantisierten Reduktionsstufe des d, eventuell mit anschließender Metathese, wie folgende Beispiele andeuten: *LACTERIDINE > sp. lechetrezna, *PEDINARE > Ablt. asp. respendar, respennar (DCECH 4: 532b). Bei t-n verschlechtern sich die Nexusbedingungen nochmals, da der stimmlose Dental langsamer reduziert wird als d. Im Sp. findet sich zwar noch durchgehend Synkope, jedoch in allen Fällen mit Besserung des Silbenkontakts durch Metathese, also [d.n] bzw. [a.n] > [n.d]3 3: CATENATU *RETINA SEROTINU > asp. cadnato 1050, calnado Alex, cannado Cid, candado Berceo, sp. candado (DCECH 1: 799b) > sp. rienda > sp. serondo Im Falle von t-m konnte ebenfalls nach Sonorisierung bzw. Spirantisierung des t mit Bildung der Nexus [a.m] oder [z.m] synkopiert werden. Zusätzlich trat Silbenkontaktoptimierung durch Senkung der Konsonantenstärke im Silbenauslaut ein ([a.m] > [l.m] und (r.m]): ANATHEMA > judsp. aladma, alalma (PENSADO 1984: 423) APOTHEMA > asp. puezma (PENSADO 1984: 390) EPITHEMA > asp. bitma XIII, bidma, bizma, birma, leon. bilma (DCECH 1: 597b; halbgelehrt wegen i-Erhalt) MARITIMA > sp. marisma (halbgelehrt wegen i-Erhalt) 4. 6. v-n, b-n, f-n Soweit aus den wenigen Belegen erschlossen werden kann, unterbleibt hier die Synkope im Sp., da weder ein deutlicher Stärkeunterschied noch Homorganität vorliegt und darüber hinaus keine Möglichkeit zur Resyllabierung besteht. Nachdem v und b im Gegensatz zu d und g intervokalisch nicht weiter reduziert werden, verbessern sich die Bedingungen nicht, so daß auch zu keinem 33 Zu ABROTONU > sp. (a)br6tano und SEROTINU > asp. ser6dano cf. 1.1. 174 Hans Geisler späteren Zeitpunkt mehr synkopiert werden kann: IUVENE > sp. joven, COPHINU > sp. cuevano, *LABINA > (zu LAMINE) astur. ldbana (FEW 5: 142b). S. Synkope bei Konsonant + Liquid Bei Liquiden im Silbenanlaut entstehen wenig präferierte Silbenkontakte, da in keinem Fall eine große positive Stärkedifferenz zwischen Silbenanlaut und Silbenauslaut vorliegt. Falls jedoch im Silbenauslaut ein Plosiv zu stehen kommt, kann durch Resyllabierung, d.h. durch eine vollständige Umbildung des Silbenkontakts, die Stärkedifferenz gebessert werden, und es sind frühe Synkopen möglich (cf. in der Appendix Probi: «acer non acrus», «teter non tetrus», «aper non aprus» ). 5.1. r-r, l-r Bei homorganen r-r wird im Sp. durchgehend synkopiert. Der Nexus bestand bereits im Lat. (cf. CARRus) und ist bis in die Einzelsprachen als Doppellaut erhalten geblieben: *BERURO *MORERE QUAERERE > sp. berro > asp., astur. m6rrer 34 (DCECH 4: 149a) > Zss. asp. conquerra 35 (HANSSEN 1913: 119) Auch bei l-r wird im Sp. durchgehend synkopiert: COLORARE > sp. corlar, arag. corlado, (*coldrado) > codrado Berceo (DCECH2: 144a) *DOLERE > asp. doldre (Futur) MOLERE > asp. moldre (Futur) TOLLERE > asp. toldre (Futur) Wegen der ungünstigen Stärkerelation l 2". r treten nach der Synkopierung sehr häufig Silbenkontaktoptimierungen auf, so z.B. Metathese, wodurch der stärkere Liquid in den Silbenanlaut gelangt: *colrado > arag. corlado, oder Einschub eines homorganen Plosivs, um den Silbenanlaut zu stärken: *[tol're] > *[tol'r: e]3 6 > asp. toldre. 34 Bei m6rrer dürfte Synkope mit sekundärer Angleichung an andere Verbklassen vorliegen (s. auch ARDERE > *ardre > akat. drdrer). 35 Da im Sp. und Port. die 3. Konjugation bis auf wenige Reste in die 2. und 4. Konjugation überführt worden ist, werden bei den Verben synkopierte Futurformen zitiert. 36 Die Stärkungsstufe vor Auftreten des homorganen Verschlusses ist im Akat. graphisch kenntlich gemacht worden: kat. volrran. Die Aussprache des (r: ] als «vibrante intensa» findet sich heute noch im Roussillon und in den Pyrenäen (cf. BLAsco 1984: 66). Synkopeabstufungen im Spanischen 175 5.2. r-l, l-l Im Gegensatz zu l-r ist die Synkope aufgrund der günstigeren Stärkerelation in der Verbindung r-l (cf. oben Metathese von l-r > r-l) wahrscheinlich noch gemeinromanisch: POSTERULA > sp. postierla. Falls im Sp. ein Diphthong ie vorausgeht, wird oft monophthongiert oder es erfolgt / -Metathese: MERULU/ A > asp. mierla, sp. mirlo, CANNA FERULA > sp. canahierla > sp. canaherla, canerla, canirla Calder6n, canalyerfa 1400, canilga Colmeiro (PENSADO 1984: 383). Wie aus den wenigen Belegen zu erkennen ist, wird bei homorganen l-l im Sp. synkopiert: PILULA > sp. pella, ULULARE > Ablt. sp. aullar. Unabhängig von der Synkopierung kann die Abfolge identischer Liquide durch Adjustierung gebessert werden: ULULARE > kat. udolar, URULARE > fr. urler (FEW 14: 15a), PILULA > port. pirula, lütt. pinule. Wie die Anlautstärkung bei halbgelehrtem PILULA 37 > kat. pindola und sp. pfldora andeutet, scheint es hier zu Silbenkontakten gekommen zu sein, ohne daß die Synkopierung bleibend vollzogen wurde: PILULA > *pilola > *pil"la > *pil d ra > sp. pildora. 5.3. n-r, m-r Bei n-r wird im Sp. durchgehend synkopiert und anschließend der Silbenkontakt optimiert (PENSADO 1984: 378) 38: CINERE > Ablt. sp. cernado GENERU > sp. yerno GENERARE > Zss. sp. engendrar HONORARE > sp. honrar, ondrar Cid, ornar Berceo, horna Cart. Covarrubias TENERU > sp. tierno VENERIS > sp. viernes Die Optimierung durch Ambisyllabierung und Stärkung des Silbenanlauts sowie Einschub eines homorganen Plosivs im Silbenanlaut (*[n._r] > [n.r: ] > [n.dr]) findet sich in der gesamten Westromania: CENERE > afr. cendre, alyon. cindra, aprov. cendre, kat. cendra, Ablt. aport. cendrada (FEW 2,l: 684a, 687a, REW 1929). Im Sp. trat daneben bei n-r früh Metathese auf: *TENERAJO > asp. tenre > terne, ebenso porne, verne. Die Metathese muß erfolgt sein, bevor durch Stärkung des Silbenanlauts ein homorganer Plosiv 37 Nach DCECH 4: 466b liegt der halbgelehrten Entwicklung PILLULA zugrunde. 38 Entsprechend entwickelt sind Futur- und Konditionalformen von Verben mit n (und fi) im Stammauslaut wie poner asp. porne, pondre, tener asp. terne, tendre etc. (cf. HANSSEN 1913: 119, MALKIEL 1946: 314). 176 Hans Geister erscheinen konnte oder der Nexus durch Schwächung des Silbenauslauts adjustiert wurde wie in *TENERAJO > asp. tenre > asp. terre 39 • Obwohl sich die Nexusbedingungen bei m-r gegenüber n-r verschlechtern, wird im Sp. noch durchgehend synkopiert 40 : CAMERA > asp. cambra (DCECH 1: 779a) CUCUMERE > sp. cogombro HUMERU > sp. hombro MEMORARE > sp. membrar NUMERU > sp. nombre VOMERE > arag. guambre, huembre 1492 (DCECH 5: 842b) Wegen der ungünstigen Nexusbedingungen erfolgt in allen Fällen Silbenkontaktoptimierung. Dies geschieht fast ausschließlich durch Einschub eines homorganen Plosivs: *[m.r] > *[m.r: ] > [m.br]. + 5.4. m-/ 41 Bei m-l wird im Sp. synkopiert und anschließend der Silbenkontakt optimiert (cf. PENSADO 1984: 380): CUMULU > sp. colmo, SIMILARE > asp. semblar (DCECH 5: 198a). Die im Sp. häufige Metathese deutet an, daß keine optimale Nexusverbindung vorliegt, wobei die Verbindung l-m bzw. m-bl nochmals durch Senkung der Liquidstärke gebessert werden kann: TUMULU > *tomlo > *tolmo > sp. tormo. Bei gleichzeitigem Auftreten einer Muta cum Liquida besteht die Tendenz, den Liquid in der unbetonten Silbe nach der Synkope ganz zu beseitigen: TREMULARE > aarag. tremblar, asp. trembrar, tembrar Cid, temblar Berceo (DCECH 5: 454b). 5.5. s-r, s-l Für die Verbindung s-r findet sich im Sp. nur unsynkopiertes PASSER > asp. passaro, pajaro (DCECH 4: 342b; bereits splat. passar, Appendix Probi passare). Synkopiert wird dagegen bei s-l: FUSILARIA > asp. fuslera, sp. fruslera (DCECH 2: 965b), INSULA > isula > sp. isla. 39 Prinzipiell kann der ungünstige Nexus n-r bei entsprechender Anlautstärkung auch bestehen bleiben, wobei das im Silbenauslaut positionell geschwächte n mit einem im Silbenanlaut gestärkten Liquid in Verbindung tritt. Dies ist ja die Voraussetzung für Ambisyllabierung und Bildung eines Plosivs im Silbenanlaut. Im Sp. und Kat. finden sich graphische Indizien für diese Anlautstärkung (cf. N36): *SENERA> asp. senrra 908 (DCECH5: 222a), HONORARE> asp. onrrar (DCECH 3: 383b), kat. engenrrat. 40 Entsprechend wieder bei Futur- und Konditionalformen von Verben mit mim Stammauslaut: *TIMERAJO> asp. tembre. 41 Für den Nexus n-l findet sich im Sp. kein Beleg. Synkopeabstufungen im Spanischen 177 5.6. f-r, fl Beif-l und f-r wird nach Ausweis der wenigen Belege im Sp. auf stimmloser Basis synkopiert, da problemlos resyllabiert werden kann: SIFILARE (für klat. SIBILARE) > sp. chiflar, BIFERA> asp. bebra, sp. breva (DCECH 1: 66lb), EQ(u)rFERU> asp. (e)zebro (DCECH 2: 9a). Lediglich bei nicht erbwörtlichen Entwicklungen unterbleibt die Synkope: ACRIFOLIU> arag. crebol (DCECH 1: 28b), TRIPHYL- LON > sp. trebol. 5. 7. g-r, g-l, k-r, k-l Aufgrund der guten Resyllabierbarkeit ist k-l und g-l bereits vlat. synkopiert worden: ocuLu> sp. ojo, port. olho, aprov. uelh, kat. ull, fr. a:il, it. occhio, rum. ucch'fu; entsprechend TEGULA > sp. teja, port. telha, it. tegghia. Auch bei k-r findet sich frühe vlat. Synkope (cf. in der Appendix Probi: «acer non acrus»). Vereinzelt scheint jedoch bei k i , e _r Interferenz mit früher Palatalisierung von k i , e aufgetreten zu sein, so daß erst nach Deaffrizierung in den Einzelsprachen synkopiert wurde: ACER > asp. azre, arze, sp. arce (DCECH 1: 315b) *IACEAAT > asp. yazre, yazdrd (Futur) (HANSSEN 1913: 119) LACERARE > asp. lazrar, lazdrar (DCECH 3: 548b) *PLACERA.T > asp. plazrd, plazdrd (Futur) SICERA > sp. sizra, sidra (DCECH 5: 240a) 5.8. d-r, t-r, t-l Die Verbindung t-l wird bereits vlat. in k-l umgewandelt und früh synkopiert: VETULUS> vlat. VECLUS, sp. viejo. Bei d-r und t-r wird durchgehend synkopiert, da einfach resyllabiert werden kann (cf. VETERANUS bereits lat. VETRANus): LATE- RALE> Ablt. sp. ladrillo, ITERARE> sp. edrar (DCECH 4: 859a), VETERE> asp. viedro (DCECH 5: 805b), HEDERA> sp. yedra. 5. 9. v-r, b-r, b-l, p-r, p-l Für b-l finden sich im Sp. eine Reihe von gut belegten Etyma, die alle synkopiert sind, jedoch unterschiedliche Weiterentwicklungen aufweisen (cf. PENSADO 1984: 433): 178 DIABOLU MOBILE dagegen INSUBULU > sp. diablo > sp. mueble Hans Geisler > asp. ensullo (DCECH 2: 632b) FABULARE > sp. hablar NEBULA > sp. niebla TRIBULU > sp. trillo Obwohl der Silbenkontakt v-r, b-r aufgrund der Abstufung r < l weniger günstig ist als b-l, wird im Sp. hier noch durchgehend synkopiert (cf. PENSADO 1984: 425): CADAVERINA > sp. calabrina (DCECH 1: 758a) *ABBIBERARE > asp. abebrar (DEM 1: 200a) LABORARE > sp. labrar ROBORE > sp. robre, roble Bei den Verbindungen p-r, p-l wird im Sp. ebenfalls durchgehend synkopiert, da einfache Resyllabierung möglich ist: APERIRE *CAPPULA > sp. abrir > asp. cacha (DCECH 1: 720b) LEPORE POPULU 6. Synkope bei Mehrfachkonsonanz > sp. liebre > sp. pueblo Falls bei der Synkopierung mehr als zwei Konsonanten im Silbenkontakt aufeinandertreffen, kann dies die Nexusbildung erschweren. Dies muß jedoch nicht immer der Fall sein, wie frühe lat. und vlat. Synkopierungen zeigen: DEXTRA und DEX- TERA, INFRA und INFERA. 6.1. Synkope bei C-C-t 42 6.1.1. m-p-t Synkopierung ohne Veränderung der Mehrfachkonsonanz ist in Fällen wie m-p-t möglich, bei denen ein Plosiv als Mittelkonsonant erscheint, der mit t einen Nexus bilden kann. Trotz fehlender Homorganität zwischen den Plosiven, aber bei Homorganität des Mittelkonsonanten mit dem vorausgehenden Nasal, wird (wohl bereits im Vlat.) stimmlos synkopiert: C0MPUTARE > sp. contar. Die Verbindung mp-t existiert im Lat. (cf. TEMPTUM, REDEMPTUM, EMPTUM). 42 Aufgrund der großen Anzahl von möglichen Umgebungen kann hier nicht auf alle Silbenkontaktbedingungen im einzelnen eingegangen werden. Besprochen werden nur interessante Sonderfälle. Synkopeabstufungen im Spanischen 179 6.1.2. n-d-t, r-d-t Nicht einheitlich scheint die Entwicklung bei homorganen Plosiven im Silbenanlaut und Silbenauslaut: FINDITA VEND! TA *RENDITA *TENDITA PERDITA > Ablt. sp. hendidura (DCECH 3: 34lb) > sp. venta («galicismo»), arag. venda, vendida 1199 (DCECH5: 769a) > sp. renta, asp. renda 1131, rendida 1200 (DCECH 4: 874b) > sp. tienda (DCECH 5: 459a «del bajo latfn tenda») > asp. perdida Cid, pierda Alex (DCECH 4: 488a) Nach PENSADO 1984: 299s. sind die stimmlosen Formen über das Arag. aus dem Kat. und Okz. entlehnt. Da es sich nur um Partizipien handelt, könnte Einfluß der zugehörigen Verben geltend gemacht werden, jedoch ist ebenso Synkope auf stimmhafter Basis denkbar (cf. port. perda, tenda, kat. perda, renda, tenda, okz. fendura, perda, renda, tenda, venda). 6.1.3. Restliche Kombinationen C-C-t In den verbleibenden Fällen synkopiert das Sp. nicht: CULCITA > asp. c6cedra Alex (DCECH2: 109a) oscrTARE > sp. bostezar (DCECH 1: 638b) ARGUTARE > asp. argudar(se) Berceo (DCECH 1: 330b) ARBUTU > ast. erbedo (DCECH 1: 116b) CAESPITE > sp. cesped HOSPITE > sp. huesped 43 OBLITARE > sp. olvidar DORMITORIU > sp. dormidor Für die Synkope wären hier tiefgreifende Silbenkontaktoptimierungen mit Unterdrückung eines der Konsonanten nötig, die nur mehr das Fr. mit sehr starker Akzentdruckveränderung durchgeführt hat: TERMITE > afr. tertre (FEW 13,1: 242a), DERBITA> afr. dertre (FEW 3: 46a), PRESBYTER> afr. prestre (FEW 9: 357b). 6.2. Synkope bei C-C-d In Verbindungen mit d im Silbenanlaut und einem weiteren Plosiv als Mittelkonsonant wird auch bei Homorganität der Plosive im Sp. nicht synkopiert: CANDIDU MUSTIDU > Ablt. sp. candeal > sp. mustio 43 Dagegen ist HOSPITALE > sp. hostal wohl ein Gallizismus. 180 TURBIDU LIMPIDU > sp. turbio > sp. limpio Hans Geisler Die Synkopierung würde bei diesen Verbindungen starke Umbildungen des Silbenkontakts erfordern, wie sie vereinzelt im Fr. anzutreffen sind: BUXIDA > afr. boiste (FEW 9: 649b), PROMUSCIDE > afr. premoiste, promostre, promoistre (FEW 9: 408a). 6.3. Synkope bei C-C-m Mit Nasalen im Silbenanlaut ist die Nexusbildung und damit auch die Synkopierung stark eingeschränkt. Bei Mehrfachkonsonanz ist deshalb im Sp. nur mehr in Ausnahmefällen bei Verstummen eines der Konsonanten Synkopierung möglich: PROXIMU *SEXIMA SEPTIMANA > Ablt. asp. prosmano (DCECH 4: 665a) > sp. seisma, sesma (DCECH 5: 193a) > asp. setmana, sedmana, semana, aleon., astur. selmana (DCECH 5: 244b) asp. aesmar, asmar Cid (DCECH 2: 789b) *ADESTIMARE > In allen anderen Fällen unterbleibt die Synkope 44 : LACRIMA > sp. ldgrima ARTEMISIA > sp. artemisa, altamisa TESTIMONIU > sp. testimonio INSTRUMENTU > asp. estrumento (DCECH2: 179b s.v. construir) 6.4. Synkope bei C-C-n Ähnlich wie bei C-C-m tritt bei C-C-n Synkope normalerweise nur bei Verstummen eines der Konsonanten auf: ALOXINA > asp. alosna (DCECH 1: 206a) FRAXINU > asp. fresno, freisno vs. arag. (flajfi] (DCECH 2: 956b, FEW 3: 772b) FERDINANDU > sp. Fernando, Ferrando, Frednando (PENSADO 1984: 283) ANTENATU > asp. antenado, adnado, andado, annado, alnado (DCECH 4: 203a) CULMINE > sp. cumbre 45 44 Synkopierung findet sich auch hier im Fr.: LACRIMA > afr. lairme, TESTIMONIU > afr. tesmoin. 45 Der Liquid verstummt regulär nach u (cf. FEW2,2: 1495). Synkopeabstufungen im Spanischen 181 6.4.l. n-d-n und n-g-n Interessant sind Fälle mit n-d-n und n-g-n, bei denen resyllabiert und der Anlaut sekundär gebessert wurde, also [n.dV.n] > [n.dn] > (n.dr] und [n.gV.n] > [n.gn] > [n.gr]: GLANDINE > sp. ! andre HIRUNDINE > Ablt. sp. golondrina (DCECH3: l64b) *LENDINE > sp. liendre *INGUINE > sp. ingle *SANGUINE > asp. sangne Berceo, sp. sangre, Ablt. sangrar (DCECH 5: 151b) 6.4.2. Restliche Kombinationen C-C-n In den anderen Fällen von C-C-n unterbleibt die Synkope zumeist. Bei r-p-n, r-d-n, r-k/ g-n könnte zwar im Sp. analog zu n-d-n resyllabiert werden, jedoch entstünden artikulatorisch wenig präferierte Liquidhäufungen wie r-p-r, r-d-r etc. (cf. 6.5.1.): CARPINU > sp. carpe CARDINU > sp. cdrdeno MARGINE > sp. margen CARMINARE > sp. carmenar 6.5. Synkope bei C-C-r CIRCINARE > sp. cercenar ORDINE > sp. orden VIRGINE > sp. Virgen Bei Liquiden im Silbenanlaut zeigt sich besonders deutlich, daß Mehrfachkonsonanz nicht generell die Synkopierung behindern muß. Durch die Möglichkeit zur Resyllabierung ergeben sich in Verbindung mit r vielfach gute Nexusbedingungen. So z.B., wenn durch Resyllabierung ein Plosiv oder fin den Silbenanlaut tritt und mit reine Muta cum Liquida bildet 46 • Falls der erste Konsonant ein (nicht identischer) Liquid oder Nasal ist, sind sogar die Voraussetzungen für eine sehr frühe Synkopierung gegeben, die vereinzelt bereits im Lat. nachzuweisen ist: CULTER neben CULTRIS. Die synkopierten Formen waren im gesprochenen Latein wohl weit verbreitet. Dafür sprechen Belege wie susPENDERE > suspendre aus den Pompejanischen Wandinschriften (cf. VÄÄNÄNEN 1937: 73), *PISTURIRE > pistrire in den Tironischen Noten (cf. FEW 8: 604) oder satzphonetische Alternanz wie castra vs. castra infera (cf. GERHARDS 1913: 60ff.). Entsprechend synkopiert das Sp. bei den Nexus n-t-r, l-f-r, m-p-r etc.: 46 Beim Zusammentreffen von einfachem Nasal und Liquid nach der Synkopierung stellen diese Nexus ja das Optimierungsziel dar: > [n.r: ] > [n.dr] etc. 182 ALTERU SULPHURE > sp. otro > sp. azufre Hans Geisler INTERANEA > sp. entrafia SEMPER > sp. siempre Bei k-t-r und p-t-r ist dagegen Synkope nur noch bei Ausfall des silbenauslautenden Plosivs möglich: APPECTORARE > sp. apretar PECTORALEIILE > asp. petril, petral, sp. pretil, pretal (DCECH 4: 455a) ACCEPTORARIU > asp. cetrero (DCECH 1: 437a s.v. azor) In den restlichen Fällen unterbleibt die Synkope zumeist, so im Sp. auffälligerweise auch bei s-p-r und n-k a , o _, 47 : ASPER VESPERA ANCORA > sp. tispero > asp. viespera, sp. vfspera (DCECH 5: 830b) > asp. tincora neben sp. ancla (DCECH 1: 253b) 6.5.1. Sonderfall: r-C-r Die Synkope unterbleibt im Sp. trotz guter Resyllabierkeit bei Vorkommen von zwei identischen Liquiden im Nexus (r-p-r, r-t-r etc.). Dies dürfte auf sekundäre Artikulationsrestriktionen zurückzuführen sein. Der zweite Liquid wird im Sp. fast immer dissimiliert (cf. ARBORE > sp. arbo/ ) 48: PURPURA TURTURE TARTARU MERCURI CARCERE STERCORE FURFURES > asp. p6rpola Cid, aleon. p6rpora (DCECH 4: 699a) > asp. t6rtora, sp. t6rtola (DCECH 5: 562b) > sp. ttirtaro > asp. miercoles > asp. ctircere, sp. ctircel (DCECH 1: 862a) > asp. stercore, sp. estiercol (DCECH 2: 788a) > asp.f6rfolas (DCECH 2: 931b) Im Falle von r-n-r und r-m-r ergeben sich unabhängig vom Auftreten zweier Liquide sehr schlechte Nexusbedingungen, weshalb die Synkope im Sp. unterbleibt 49 : ,',1ARMORE > sp. marmol, MORMYRE > sp. marmo (FEW 6,3: 139b). 47 Auch bei m-p-r zeigen sich unsynkopierte Formen, die aber gelehrt sind: TEMPERARE > sp. temprar neben temperar (DCECH 5: 457b «cultismo»). 4s Falls durch Silbenkontaktoptimierung ein Liquid verändert wird, dann ist auch im Sp. wieder Synkopierung möglich: SARTOR > sp. sastre (neben fr., okz., kat. sartre). 49 Es wird nur mehr bei starker Akzentdruckveränderung synkopiert, da zur Verbesserung des Silbenkontaktes der zwischenkonsonantische Nasal ambisyllabiert und in einen homorganen Plosiv verwandelt werden muß: MARMORE > *[marm._i:e] > *[marm.bre] > [mar.bre) > afr. marbre). Synkopeabstufungen im Spanischen 183 6.6. Synkope bei C-C-l Für C-C-l gilt ähnliches wie für C-C-r. Unterschiede zeigen sich lediglich aufgrund der Unverträglichkeit von Artikulationsorten. Bei günstigen Nexusbedingungen treten Synkopierungen bereits wieder in vlat. Zeit auf, so bei dem häufigen Diminutivsuffix -CULU (cf. in der Appendix Probi: «iuvenculus non iuvenclus» 50• Im Sp. wird entsprechend synkopiert bei r-k-l, s-k-l, n-k-l, n-g-l etc. Die frühe Synkope zeigt sich darin, daß teilweise noch die primäre Entwicklung der Gruppen k-l, g-l mitgemacht wird: SARCULARE > salm. sachar, ast. sallar (DCECH 5: 124b) MASCULU > asp. masclo, maslo, sp. macho (DCECH 3: 747b) MISCULARE > sp. mezclar MUSCULU > sp. muslo UNGULA > sp. uiia Bei n-d-l ist zusätzlich Nexusoptimierung zu beobachten: AMYGDALA > vlat. amyndula > sp. almendra. In der Verbindung C-t-l findet sich analog zu t-l (cf. VETULUS > vlat. VECLUs) frühe gesamtromanische Silbenkontaktoptimierung zu C-k-l: PUSTULA > Ablt. astur. apusllar (DCECH 4: 620b), USTULARE > asp. uslar, sp. ON Villoslada, Villa Uslada (PENSADO 1984: 256, FEW 14: 81a). Einige Wörter weisen hier jedoch Sonderentwicklungen auf: FISTULARE > sp. chirlar, chilar, gal., arag. chillar, VENTILARE > sp. beldar, Ablt. ablentar, abellar, sahn. v(i)endrar, briendar, Ablt. bielgo (PENSADO 1984: 256). Weniger präferiert scheinen im Sp. die Verbindungen n-p-l, m-p-l und n-b-l, m-b-l gewesen zu sein, da zwar noch synkopiert, aber die Entwicklung von primären m-pl zu n-ch (cf. AMPLU > sp. ancho) nicht mehr mitgemacht wird: AMBULARE > asp. amblar (DCECH 1: 240a) UMBILICU > sp. ombligo Auffälligerweise unterbleibt die Synkope im Sp. auch bei s-p-l und n-k e -l, n-g e -l: MESPILU > asp. niespero 1106, sp. nispero, burg. niesparo neben asp. niespla (DCECH 4: 229b) CANCELLARE > sp. canselar ANGELU > sp. dngel so Derartige Nexus sind auch in anderen Sprachen häufig: bair. Mandl, Dirndl, engl. thimble, bramble, dt. Spindel etc. 184 Hans Geisler 7. Zusammenfassung Die genaue Durchsicht der verschiedenen Silbenkontakte macht deutlich, daß die Synkope im Spanischen eine starke Ausprägung hat. Falls nichtaals schallstärkster Vokal generell die Reduktion der Sonorität der unbetonten Silbe verhindert (FICATU > sp. h{gado), wird bei zwei Konsonanten umfassend synkopiert. Der Zeitpunkt kann jedoch in Abhängigkeit von den Nexusbedingungen stark variieren, wie anhand interferierender Lautentwicklungen zu erkennen ist. Stimmlose Plosive und Frikative sind in der Mehrzahl der Fälle bereits sonorisiert, bevor sie in Kontakt mit anderen Konsonanten kommen (cOMITE > asp. cuende). Nur bei besonders günstigen Silbenkontakten wird vor der Sonorisierung synkopiert (sou- TARIU > asp. soltero). Umgekehrt finden sich sehr ungünstige Silbenkontakte, die eine Grenzbedingung für die Synkopierung im Spanischen darstellen oder die Synkopierung ganz verhindern (sucrnu > sp. sucio). Die Synkopierung unterbleibt ferner beim Zusammentreffen mehrerer Konsonanten, falls der entstehende Nexus nicht durch einfache Silbenkontaktoptimierung gebessert werden kann (CAESPITE > sp. cesped vs. *SANGUINE > sp. sangre). Bei dem für die Synkopierung günstigen silbenanlautenden t manifestiert sich der Übergang von präferierten zu weniger präferierten Silbenkontakten in einer Verzögerung der Synkopierung. Im Sp. wird lediglich bei r-t, l-t sowie s-t noch auf stimmloser Basis synkopiert (*REFERITA > asp. refierta). Bei n-t scheint eine Grenzbedingung vorzuliegen, da sich sowohl stimmhafte als auch stimmlose Synkopierung findet (POENITERE > Ablt. asp. repentirse undATTONITU > asp. atondo). Bei den restlichen Verbindungen wird nur mehr auf stimmhafter Basis synkopiert (coMITE > asp. cuende) 51• Die Formen mit silbenanlautendem d werden im Sp. analog zu den Belegen mit silbenanlautendem t entwickelt, falls zum Zeitpunkt der Synkopierung eine positive Stärkedifferenz vorliegt (CALIDU > sp. caldo). Bei zunehmender Stärke des Silbenauslauts und fehlender Homorganität ( cf. m-d, v-d, b-d etc.) verzögert sich jedoch die Synkope und es tritt Interferenz mit intervokalischem Schwund des d auf (wcrnu > sp. lucio). Aufgrund der geringen genetischen Stärke und der schlechten Resyllabierungsmöglichkeiten entstehen bei Nasalen im Silbenanlaut generell weniger präferierte Silbenkontakte 52 • In den Verbindungen Plosiv-Nasal kann auch im Sp. erst spät, s1 Eine ähnliche Abstufung ist für das Port. anzunehmen. Im Fr., Okz. und Kat. ist der frühe Synkopezeitpunkt bei den präferierten Silbenkontakten am Fall des Auslautvokals erkennbar (GENITU > afr. gent). Bei den schwächer synkopierenden ostromanischen Sprachen zeigt sich die Abstufung darin, daß überhaupt nur mehr bei den präferierten Silbenkontakten r-t, l-t und s-tund im lt. teilweise auch noch bei n-t synkopiert wird, während bereits m-t sowie Plosiv-t unsynkopiert bleiben (SEMITA> ait. semita). s2 Daher unterbleibt, abgesehen von Liquid-Nasal, die Synkope in der Ostromania hier vollständig. Auch das Port. synkopiert, außer bei Liquid-Nasal und s-Nasal, bereits nicht mehr (SEMINARE> port. semear). Im Gask. und Okz. mischen sich bei vielen Verbindungen synkopierte mit unsynkopierten Formen. Synkopeabstufungen im Spanischen 185 nach Reduktion des intervokalischen Verschlusses synkopiert werden (RICINU > sp. rezno). Bei nicht reduzierten v und bist im Sp. die Synkope signifikanterweise unterblieben (rnvENE > sp. joven). Ähnlich wie bei Konsonant-Nasal entstehen bei Konsonant-Liquid wenig präferierte Silbenkontakte. Im Sp. und allgemein in der Westromania wird zwar noch weitgehend synkopiert, jedoch sind im Anschluß an die Synkope vielfach Silbenkontaktoptimierungen notwendig (cuMULU > sp. colmo). Im Gegensatz zu Plosiv-Nasal kann in den Verbindungen Plosiv-Liquid (und vielfach auch bei Frikativ-Liquid) resyllabiert werden, so daß durch eine grundlegende Veränderung des Nexus wieder präferierte Bedingungen entstehen, die sehr frühe gesamtromanische Synkopen nach sich ziehen (lat. TETER, TETRUS). Beim Aufeinandertreffen mehrerer Konsonanten wird im Sp. synkopiert, falls die Mehrfachkonsonanz durch Resyllabierung gebessert werden kann (*SAN- GUINE > sp. sangre) oder ein Konsonant verstummt und der dadurch entstehende Nexus synkopierbar wird (FRAXINU > sp. fresno). Die bereits von Meyer-Lübke geäußerte und bis heute in allen Lehrbüchern wiederholte These (cf. PENNY 1991: 75), daß im Sp. generell auf stimmhafter Basis synkopiert wird und bei mehr als zwei Konsonanten die Synkope unterbleibt, ist demnach zu präzisieren. Bei günstigen Silbenkontakten findet sich einerseits noch Synkope auf stimmloser Basis, andererseits kann die Synkope bei sehr ungünstigen Silbenkontakten unterbleiben. Falls mehr als zwei Konsonanten aufeinandertreffen, ist ebenfalls in Abhängigkeit von den Nexusbedingungen vereinzelt noch Synkope möglich. München Hans Geister Bibliographie ALONSO, D. 1962: «Sobre las soluciones peninsulares de los esdnijulos latinos», Enciclopedia Lingüfstica Hispdnica, vol. 1, supl., Madrid: 47-55 ALVAR, M. 1953: El dialecto aragones, Madrid ANDERSON, J. 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Manuel dokumentierte, wird an einer Stelle die Beladung der portugiesischen Schiffe mit Holz beschrieben: Andavam [os indios) todos tarn despostos e tarn bem feitos e galamtes com suas timturas, que pareciam bem; acaretavam d esa lenha quamta podiam com muy boas vomtades, e levavam na aos batees [ ...] (CoRTESÄo 1994: 138) Obwohl das Holz nicht näher bezeichnet wird, handelt es sich in Verbindung mit der erwähnten Bemalung der Indianer ohne Zweifel um das für Brasilien zu jener Zeit charakteristische Brasil-, Rot- oder Pernambukholz 1 (port. pau-brasil), das dem bei der Entdeckung zunächst auf terra de Vera Cruz getauften Land den eigentlichen Namen verlieh. So berichtet Amerigo Vespucci 1502 in einemBrief an Lorenzo di Pierfrancesco de' Medici über die Küste Brasiliens: «Trovamovi infinito virzino ['Brasilholz'] e molto buono da caricarne quanti navili ogi sono nel mare e sanza costo nesuno ...» (Pozzr 1984: 85).Im Jahr zuvor hatte Fernando de Noronha (Fernäo de Loronha ) bereits eine offizielle Konzession für den Handel mit dempau-brasil erhalten (PRADO JR. 1993: 26 ). In Europa war das bis dahin aus dem Orient eingeführte Holz, aus dem man einen begehrten roten Farbstoff gewann, schon lange bekannt 2 • Die Bezeichnung brasil ist im Portugiesischen mit einem Erstbeleg von 1377 (DELP, s.v.) deutlich vor der Entdeckung Brasiliens dokumentiert, so daß eine Ableitung aus dem Ländernamen grundsätzlich ausgeschlossen werden kann 3 • 1 Die Bezeichnung Pernambuk- oder Fernambukholz bezieht sich auf die Region Pernambuco (heute Bundesstaat) im Nordosten Brasiliens. Brasilien verfügt heute nur noch über geringe Rotholzbestände. 2 Die Araber kannten das Holz schon im 9. Jh. als Handelsware aus Sumatra (PLoss 1962: 55). Es wurde in dünnen Stämmen verschifft, zu kleinen Spänen geschnitzelt oder gemahlen (cf. fr. bresiller 'mettre en menus morceaux'; FEW XV/ 1: 258b) und in der weiteren Verarbeitung mit Wasser aufgekocht. Das daraus gewonnene Extrakt war unter anderem aufgrund einer im Mittelalter verbreiteten Mode des Rotfärbens in der Tuchfärberei begehrt und fand auch in der Buchmalerei sowie der Schönheitspflege Verwendung. 3 Eine solche Ableitung hatte Canepario 1619 vorgenommen (REBELLO 1839-40: 303). Zurückgewiesen ist demnach auch die von Rojas vertretene Etymologie, nach der Brasilien auf para-sil 'großes Wasser' aus dem indianischen Tupi zurückzuführen sei (cf. LoKOTSCH 1926, Brasilien). Brasil: Herkunft und Entstehung eines Toponyms 189 Darüber hinaus wird die Etymologie durch unterschiedliche Zuweisungen jedoch bis heute nicht nur in der Lusitanistik kontrovers diskutiert. Im folgenden soll die Geschichte des Wortes vom Appellativum zum Toponym unter Berücksichtigung zeitlicher, phonetischer und semantischer Aspekte nachgezeichnet werden 4 • Der 1986 in zweiter Auflage überarbeitete Dicionario etimol6gico Nova Fronteira nimmt eine Entlehnung von it. brasile an (DENF, brasil), ohne die weitere Filiation des Wortes zu verfolgen. Als umfangreichstes etymologisches Wörterbuch des Portugiesischen, dessen Verfasser MACHADO sich auch als Arabist einen Namen machte, favorisiert der Dicionario etimol6gico da lingua portuguesa (DELP, s.v.) ein arabisches Etymon. Machado führt das Wort in offensichtlicher Anlehnung an BATTISTIIALESSIO (DEI, brasile) auf ar. wars 'planta utilizada em tinturaria para dar o tom amareloavermelhado' zurück, das sich in Form des Relationsadjektivs warsf über mlt. verzinum im Italienischen zu dialektalem verzino entwickelt habe und Ausgangsform für ein volkstümliches brasile sei (DELP, brasil). Eine nähere Erläuterung der hier vorausgesetzten komplexen Entwicklungen geben weder Battisti/ Alessio noch Machado, der die Herkunft des Namens Brasil darüber hinaus in zwei gesonderten Artikeln behandelt (MACHADO 1965; 1966). Nascentes spricht sich im zweiten Band des Dicionario etimol6gico da lingua portuguesa zu den Eigennamen (NASCENTES 1952, Brasil) sowie im Dicionario etimol6gico resumido (NASCENTES 1966, s.v.) für eine Entlehnung von fr. bresil aus, das sich ebenfalls von it. verzino ableite. Mit dieser Zuordnung schließt sich Nascentes parallel zu Machado dem zweiten großen etymologischen Wörterbuch des Italienischen von CoRTELAZZo/ Zonr (DELI, brasile) an. Die angenommene Rückführung auf ar. wars geht offensichtlich auf das Etymologische Wörterbuch der romanischen Sprachen zurück. Darin weist Diez das seit Du Cange in der Diskussion stehende germ. *brasa 'glühende Kohle' 5 und eine damit verbundene Assoziation mit roter Farbe als volksetymologisch zurück (Drnz 1887, brasile). Formen, die auf germ. *brasa 6 zurückgehen, sind in der Romania, wie das REW in Folge belegt, jedoch weit verbreitet: «Nordit. braza (> tosk. brace, bragia, brascia), afr. brese, nfr. braise, prov., kat., sp. brasa, pg. braza 4 Einen informativen Überblick über die Wortgeschichte bietet der Artikel Brasil in NASCEN- TES (1952). Von geringem Nutzen ist die der Problematik gewidmete Monographie von SrLVA D'AZEVEDO (1967). 5 «Unde autem hujus vocis origo? forte a Brasa, quia carbonum candentium colorem refert» (Du Cange, s. brasile). 6 Die von Corominas/ Pascual (DECH, brasa) geführte Diskussion um eine germanische, indogermanische oder präromanische (das sogenannte sorotaptische Subsubstrat erfährt bei Corominas grundsätzlich besondere Aufmerksamkeit) Herkunft von *brasa kann hier nicht weiter entwickelt werden. Allerdings sprechen die Nachweise in den germanischen Sprachen (cf. schwed. brasa 'Kaminfeuer') und die Verbreitung im Romanischen für eine germanische Herkunft des Wortes mit Ausstrahlung über das Vulgärlateinische. 19 0 Volker Noll [brasa]» 7 • Auf dieser Grundlage entscheiden sich sowohl MEYER-LÜBKE (REW, 1276) und WARTBURG (FEWI: 504a ss.; XV/ 1: 254a ss.) als auch Corominas/ Pascual für eine Rückführung von brasile auf *brasa. Angesichts der bestehenden Polarisierung stellt sich die Frage, wie die Rückführungen auf wars und *brasa einzuordnen sind. Bis jetzt bleibt ungeklärt, ob zwischen beiden Etymologien ein Zusammenhang besteht bzw. wie man sich eine etymologische Entwicklung von ar. wars zu it. verzino und gegebenenfalls zu brasile vorzustellen hat. Weiterhin wäre zu klären, wie es zu einem synonymen Gebrauch von brasile und verzino im Italienischen kam, während andere romanische Sprachen verzino in der vorliegenden Bedeutung nicht kennen 8 • Die frühesten Belege für brasile stammen mit regelmäßigen Nachweisen in unterschiedlichen Varianten aus dem Mittellatein: brasile, brasilium, bresillum, braxile, brazile, braxillum, brisiacum, brisillum (cf. Du Cange) bzw. Formen aus dem deutschen Sprachbereich mit [p-] wie prisilium, presilicum, presilicium, presilitium, presilitum, prisilium (cf. DIEFENBACH 1857). Den Erstbeleg verzeichnet das Liber iurium der Historiae patriae documenta in Form eines Statuts zur Besteuerung der städtischen Waagen aus dem Jahre 1140 in Genua 9 : Hoc modo accipitur pesatura de cantario et de rubo. per unumquemque sacum bambacii de sicilia denarios brunetos quatuor per cantarium. bambacii alexandrie et antiochie similiter denarios quatuor per centenarium. piperis brasili. indici. encensi. cimani. zimzabri lache similiter denarios quatuor per cantarium. (HPM 1854: 71 ) Ebenfalls aus Genua stammt der Beleg brazile von 1147 im Codex diplomaticus, Genova 1 (LEI, HubschmidMat 10 ). Der Dictionary of Medieval Latin from British Sources nennt für 1150 Brasil' (LATHAM 1975ss., brasillum). Es folgen in den Historiae patriae documenta wiederum aus Genua 1156 brazile und brazili sowie 1157 brazili 11 • 7 Für weitere Ableitungen siehe vor allem Wartburg (FEW I, *brasa und XV/ 1, *bras-) und Corominas/ Pascual (DECH, brasa). s Die von SrLVA o'AZEVEDO (1967: 407 ) mit verzino in Verbindung gebrachten sp. barcino 'dicese de los animales de pelo blanco y pardo, y a veces rojizo ; como ciertos perros, toros y vacas' (DRAE, s.v.) und pg. varzino 'gefleckt' (Hund) weisen nur von der Form her eine vermeintliche Übereinstimmung auf, gehen jedoch auf einen Terminus aus der arabischen Pferdezucht zurück: ar. baras 'kleine Flecken oder andersfarbige Haare beim Pferd' (WAHRMUND 1877, s.v.; cf. DECH, barcino). 9 Auf die Stelle weist eine bis jetzt unbeachtete Anmerkung in der Geschichte des Levantehandels im Mittelalter hin (HEYD 1971/ 2: 577 N3 ). 10 Bei HubschmidMat handelt es sich um Material des 1995 verstorbenen Romanisten Johannes Hubschmid, das vom LEI ausgewertet wird. 11 Beleg 1156: « ... accepimus a te belmusto tantum brazile unde promittimus dare tibi uel tuo certo misso libras quatuordecim denariorum usque octauam proximi pasce» (HPM 1853: 314). Beleg 1156: «Ego petrus de campo accepi a te ribaldo de saraphia libras quadraginta terciam in pipere terciam brazili saluatico terciam zucarino ...» (HPM 1853: 344). Beleg 1156: «Ego solima Brasil: Herkunft und Entstehung eines Toponyms 191 In den etymologischen Wörterbüchern galt als Erstbeleg bis jetzt das für 1163 bei Du Cange vermerkte «de kerka Brisilli » (Du Cange, brisillum) aus einem Marktprivileg für die Stadt Nieuport in Flandern 12 • In Folge liegen 1191 brazilis aus Ligurien (LEI, HubschmidMat) sowie die ebenfalls aus Italien stammenden Belege Brasile von 1193 (Du Cange, brasile) und «Soma zaffrani et Braxilis » von 1306 vor (Du Cange, braxile). Den Erstbeleg im Italienischen geben BATTISTIIALESSIO für das 12. Jh. in Norditalien in der Bedeutung 'sorta di legno rosso orientale da tintori' an (DEI, brasile). Diese Datierung ist als volkssprachliche Replik auf die im Mittellatein belegten Formen zu werten. Auch der französische Erstbeleg fällt in das 12. Jh. (TLF, bresil: [1168]). Er stammt aus der Pikardie, die wie Flandern ein Zentrum mittelalterlicher Tuchfärberei war. Das als «Travers de Boves» betitelte Dokument aus einer Handschrift des 13. Jhs. (cf. DRüPPEL 1984: 118) legt einen Wegezoll für Einfuhrwaren fest: «Cascune carque d'alun, de graine 13 , de bresil, de poivre, de comin, d'enchens, de cotoun, et de tous avoir de poise a cheval ou a carete doit XVI deniers » (BEAUVILLE 1881: 4). Einen wesentlich früheren Beleg für das Französische glaubt NASCENTES (1952, Brasil) ohne Quellenangabe in einem Zollregister aus Saint-Omer zu kennen, das aus dem Jahre 1085 stamme und die Form bersil belege. Da die frühesten französischen Urkunden im Original erst zu Beginn des 13. Jhs. vorliegen (cf. DRÜPPEL 1984: 5), muß es sich angesichts einer so frühen Datierung um einen lateinischen Text handeln. Auch MACHADO (1966: 150) bezieht sich auf den Beleg von 1085 und gibt als intermediäre Quelle O Brasil na lenda e na cartografia antiga an (BARROSO 1941), das seinerseits keine weiterführenden Informationen enthält. Die Auflösung der Filiation findet sich schließlich in der Histoire de la ville de Saint-Omer (GrRY 1877), einer umfangreichen Sammlung von Dokumenten zur mittelalterlichen Stadtgeschichte, die den entsprechenden lateinischen Text mit der Form bersil beinhaltet: «142. Quicumque transit per justitiam de Sancto Audomaro cum mercatu suo debet nobis theloneum. - 143. Kerka bersil dabit iiij d. » (GIRY 1877: 489). Es handelt sich um eine Zollverfügung (tonlieu), deren lateinisches Original allerdings nicht aus nus accepi a te bonoiohanne malfuasto tantum ex tuis rebus de quibus debeo tibi apud alexandriam bisancios centum decim ad pensum alexandrie mundos et eos debeo portare ad tuum resicum apud babiloniam et implicare in lacca uel brazili siluatico et adducere ad tuum resicum in naui quam uenero» (HPM 1853: 344). Beleg 1157: «preterea tibi promitto quod nisi uicinus tune erit alexandrie implicabo tibi eos bisancios in pipere et brazili siluatico» (HPM 1853: 418). 12 «... de Kerca brisili quatuor denarios» (WARNKÖNIG 1837: 90). 13 Auch graine (mit. grana) bezeichnet einen roten Farbstoff, das Produkt der Kermesschildlaus, welches man in kleinen Klumpen sammelte, die beim Zerreiben rote Farbe abgeben. Mit. vermiculus (adj.) bezieht sich auf diese Farbe und hat sich neben einer weiten Verbreitung in der Romania (fr. vermeil, sp. bermejo etc.) in seiner volkstümlichen Form in port. vermelho zur allgemeinen Bezeichnung für 'rot' durchgesetzt. 192 VolkerNoll dem 11.Jh., sondern aus dem 13. Jh. stammt ( es folgen zwei französische Übersetzungen aus dem 13. Jh. und von 1401). Für verzino gestaltet sich die Dokumentation früher Belege bei weitem nicht so reichhaltig wie für brasile. Der Nachweis im Mittellatein beschränkt sich auf das Glossario latino italiano mit dem Erstbeleg 1243 in Venedig «vermeio ... quod non misetur verzi». Es folgen 1251 aus Viterbo «salma verzini» und 1317 wiederum aus Venedig «verzin in stellis» (SELLA 1944, verzinum). Kein weiteres mittellateinisches Wörterbuch oder Glossar verzeichnet verzinum 14 • Der Erstbeleg für verzino im Italienischen stammt nach BATTisn/ ALESSIO im 13.Jh. aus Florenz (DEI, verzino) 15• Sowohl im Mittellatein als auch im Französischen undItalienischen ist brasile in weiter geographischer Verbreitung (Italien, Frankreich, England, Flandern) ein Jahrhundert vor verzinum/ verzino belegt.Unter diesem Aspekt erscheint es wenig einsichtig, daß ein aus ar. wars latinisiertes verzinum über volkssprachliches verzino Ausgangsform für brasile sein kann. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der implizierten Kette komplexer phonetischer Entwicklungen. Ausgehend von der nach den Erstbelegen bestehenden venezianischen Grundform verz1n wären in dieser Abfolge vorauszusetzen: ein Betazismus für die Entwicklung [v > b] ( berzi), die Metathese von [r] (* bresi), eine Substitution des Suffixes -in, -ino durch -ile (*bresile) und der spontane Wandel von vortonigem [e > a] ( brasile), wobei die Zwischenform* bresile ins Französische hätte entlehnt werden müssen, bevor die Endform brasile mit [a] Verbreitung in derIberoromania fand. Während einzelne Zwischenschritte dieser Entwicklung durchaus denkbar sind, so der für das Norditalienische zwar ungewöhnliche, durchIneichen im Serapion für das Paduanische aber belegte Betazismus (INEICHEN 1962-66/ 2: 372), bildet die Komplexität des vorausgesetzten Wandels in Verbindung mit der belegten Chronologie für brasile ein entscheidendes Argument gegen die Entwicklung verzino > brasile. Darüber hinaus muß berücksichtigt werden, daß das punktuelle Auftreten von verzinumlverzino in keinem Verhältnis zu der weiten Verbreitung von brasile im Romanischen steht. Aus den vorgenannten Gründen muß die von BATTISTIIALESSIO (DEI, brasile) und MACHADO (DENF, brasil) angenommene etymologische Herleitung von brasile aus verzino verneint werden. Es liegen im Italienischen zwei verschiedene Etyma zugrunde. Die Entwicklung von brasile aus *brasa findet in den ungleichen Formen des Italienischen und Französischen eine Bestätigung.* Brasa entwickelte sich mit [a] 14 Es ist zu beachten, daß die Werke für Katalonien, dieNiederlande, Böhmen, Ungarn, Polen sowie die British Sources (LATHAM 1975ss.) und das Wörterbuch der Bayerischen Akademie (PRINZ 1967ss.) den Buchstaben ( v) noch nicht erreicht haben. 15 Für das 14. Jh. cf. PEGOLOTTI (1936). Brasil: Herkunft und Entstehung eines Toponyms 193 in offener Silbe im Altfranzösischen lautgerecht zu brese, was sich auch in der Ableitung Bresil reflektiert. Die Verbindung mit -ilel-il entspricht keiner erbwörtlichen Entwicklung, da das Wort erst gebildet wurde, als man das Holz aus dem Orient, wahrscheinlich zur Zeit des ersten Kreuzzuges zu Ende des 11. Jhs., einführte. Bei der Suffigierung handelt es sich um eine Interferenz mit mlat. -ilis, die durch die Führung der Handelsregister auf Latein und analoge Formen in der Gemeinsprache verständlich wird. Die adjektivische Form des Wortes erklärt sich aus einer Ellipse (cf. lignum brasile). Aus den Belegen in der Iberoromania ergibt sich eine Chronologie, die eine handelsbedingte Verbreitung des Wortes nach Westen mittelbar unterstreicht: den italienischen und französischen Erstbelegen im 12. Jh. folgen 1221 kat. brasill (DECH, brasil), 1267 sp. brasil (GuAL CARAMENA 1968: 240) und 1377 pg. brasill (DELP, brasil). Die Handelsverbindung über die italienischen Seerepubliken, namentlich über Venedig, Genua, Pisa, Amalfi und Bari (cf. HEYD 1971/ 1: 104-38), widerspricht der von NASCENTES (1952; 1966, Brasil) und CoRTELAZZo/ ZoLLI (DELI, brasile) angenommenen französischen Filiation des Wortes, die einen unmotivierten Reimport des Rohstoffes und seiner Bezeichnung über den Norden Frankreichs voraussetzen würde. Da auch ein Wandel von vortonigem [e > a] im Iberoromanischen jeder Grundlage entbehrt, gehen die Formen auf der Iberischen Halbinsel nicht auf afr. bresil zurück, sondern auf it. brasile. Die Entwicklung von ar. wars zu it. verzino beinhaltet ein phonetisches Problem, das in der etymologischen Diskussion bis jetzt nicht diskutiert worden ist. Anlautendes, bilabiales ar. [w-] wird im Romanischen analog zu germ. [w-] teilsubstituiert und führt in der Regel zu [gw-, g-] (cf. hisp.-ar. wäd > sp. Guad-, in Flußnamen; germ. *wardön > fr. garder). BATTisn/ ALESSIO sprechen mit Bezug auf die kalabrischen Formen virz'idda, biz'z'idda, virz'ilu (DEI, brasile) von der Möglichkeit einer Direktentlehnung aus dem Arabischen, die durch eine analoge Entwicklung von germ. [w-] > [v-] in Kalabrien gestützt werden könnte 16 • Allerdings weisen die ersten Belege für verzino nach Venedig, während für Kalabrien die Frage nach einer direkten Handelsverbindung mit dem Orient offenbleibt. Auch die von MACHADO angenommene mittellateinische Zwischenstufe verzinum (DELP, brasil) böte über schriftliche Adaptation von ar. (w) an lat. (v) eine Möglichkeit, die sich letztlich jedoch als unwahrscheinlich erweist. Da das Wort über den Mittelmeerhandel entlehnt wurde, mußte die Übernahme mündlich erfolgen. Die schriftliche Fixierung entspricht einer Latinisierung. So ist bereits 16 Eine Entsprechung von germ. [w-] und it. [v-] tritt gelegentlich auch im Altpaduanischen, Mailändischen, Tessinischen, Altrömischen, Abruzzesischen, Neapolitanischen, Kalabresischen und Sizilianischen auf, wobei sich die Formen jedoch zum Teil über [gw-] entwickelten (cf. ROI-ILFS 1949-54, §168). 194 VolkerNoll das unter den Erstbelegen in Venezien im mittellateinischen Kontext auftretende verzin deutlich als volkssprachlich zu erkennen (cf. BoERIO 1856, verzin). Im Glossario latino italiano gibt es darüber hinaus mit virginium, Imola 1334 (SELLA 1937, s.v.), einen interessanten Beleg für die erfolgte Latinisierung. Bei vir(gi-) nium handelt es sich offensichtlich um eine Ableitung aus der venezianischen Grundform verzin, denn (gi) entspricht in toskanisch-italienischer Aussprache [d3i] venezianischem [dz, z] (cf. it. gente, venez. zente). Im Venezianischen liegt auch die Erklärung für die direkte Entwicklung von ar. [w-] zu [v-], denn das Venezianische reflektiert analog germ. [w-] als [v-] (germ. *wardön > venez. vardar). Nach erfolgter etymologischer Abgrenzung zwischen verzino und brasile stellt sich die Frage nach dem Grund für ihren synonymen Gebrauch in der Bezeichnung eines roten Färbestoffes im Italienischen. Wars ist als Etymon von it. verzino zwar arabischer Herkunft, das Arabische selbst verwendet als Bezeichnung des Farbholzes jedoch baqqam (cf. Dozy 1881/ l: 104b; Sigel 1950: 21a), das im malaiischen sapang eine Entsprechung findet und auf die ursprünglich südostasiatische Herkunft des Holzes hinweist (cf. Caesalpinia sappan, pg. sapiio). Das Türkische übernahm ar. baqqam 17 als bakam, belegt im mehrsprachigen Codex Cumanicus zu Beginn des 14. Jhs. (baqam mit der lateinischen Entsprechung bra1; ile; cf. BERTO- LUCCI PIZZORUSSO 1982: 512; 565), und gab es an das Griechische (ngr. µn:axaµL) und Rumänische (bacan) weiter. Wars bezeichnet im Arabischen den indischen Safran (Kurkuma, Gelbwurzel; cf. Dozy 1881, s.v.). Das Wort kennt darüber hinaus eine verbale Ableitung tawarrasa in der Bedeutung 'jaunir, devenir ou etre jaune' (Dozy 1881, s.v.). Es handelt sich also weder um Holz noch um einen Stoff zur Rotfärbung. Die Verbindung mit Indien bestätigt sich in der Reisebeschreibung Marco Polos von 1298: «Or sachies qu'il hi naist le ben; i coilomin 18 , que mout est buen» (RoNCHI 1982: 579). In der toskanischen Übersetzung Marco Polos heißt es: «Qui nasce i merobolani embraci» (RoNCHI 1982: 259). Merobolani als Entsprechung für berc,;i bezeichnet eine pflaumenähnliche indische Frucht, die zum Färben verwandte Gerbsäure enthält. LoKOTSCH (1927, s.v.) definiert ar. wars als 'sesamähnliche gelbe Pflanze aus Jemen, aus der ein Waschwasser gegen Sommersprossen und eine gelbe Farbe bereitet werden'. Das Osmanisch-Türkische kennt neben dem zitierten bakam in entsprechender Bedeutung auch vers: 'The plant that yields the yellow-berries of commerce, rhamnus amygdalinus, r. tinctorius; 'The plant rottlera tinctoria' (REDHOUSE 1890, s.v.). Meyerhof weist darauf hin, daß arabische Ärzte und Botaniker wars als 'matiere colorante rouge provenant des Indes et de 17 Cf. engl. camwood 'afrikanisches Rotholz'. 1s Coilomin bezieht sich auf die Stadt Quilon in Kerala, an der südwestindischen Malabarküste. Brasil: Herkunft und Entstehung eines Toponyms 195 l'Arabie' beschrieben, welche als 'poudre rouge-grenade' («rouge d'Adrianople») bekannt war (MEYERHOF 1940: 60) 19• Es wird deutlich, daß wars hinsichtlich seiner Farbgebung mehrdeutig ist. Bei der Entlehnung des Wortes stand somit nicht das Ausgangsprodukt, sondern die Charakterisierung einer Färbewirkung im Vordergrund. Daher ergibt sich aus der offenkundigen Zweideutigkeit in der gelb-rot Komponente auch kein Widerspruch. Safran, das kräftigste Gelbfärbemittel des Mittelalters (Pwss 1962: 62), hat purpurfarbene Blüten und wird in rötlichen Fäden verkauft; das Extrakt aus der ebenfalls zum Gelbfärben verwandten Kurkuma ist rot. Neben dem echten Safran gibt es wilden Safran, genannt Saflor, aus dem man je nach Behandlung gelben oder auch roten Farbstoff gewinnt. Auch in der Familie brasile ergeben sich Bedeutungserweiterungen, die sich analog zu wars an der Färbewirkung orientieren. So bezeichnet prisilje im Frühneuhochdeutschen sowohl Rotholz als auch den rot oder gelb färbenden Saflor (Pwss 1962: 154). Da die für die Einfuhr von Waren aus dem Orient maßgeblichen italienischen Seerepubliken in jeweils unterschiedlichen Handelsverbindungen standen, wird deutlich, warum wars über spezifische Handelskontakte von den Venezianern übernommen werden konnte. Die für die Entlehnung des Wortes entscheidende Färbewirkung bildet die Voraussetzung für die von Venedig ausgehende Verbreitung von verzino als Synonym für brasile im Italienischen. Der Konnex zwischen Farbe und Bezeichnung unter Ausklammerung des Ausgangsproduktes kommt bei der venezianischen Ableitung verzela 'fleischfarben' erneut zum Tragen (cf. BoERIO 1856, s.v.). Entsprechendes gilt für sp. brasil, das Nebrija als 'color de afeyte', d.h. 'Karminrot, Schminke' definiert (Vocabulario 1516, s.v.). Angesichts der zahlreichen farborientierten Bedeutungsverschiebungen erweist sich die von Drnz (1887, brasile) in der Diskussion als volksetymologisch zurückgewiesene Verbindung zwischen germ. *brasa 'glühende Kohle' und der roten Farbe keineswegs als abwegig, sie entspricht vielmehr einer motivierten Bezeichnung. Das von Diez als Ausgangspunkt für die etymologische Favorisierung von wars eingeführte Argument ist somit entkräftet. Da eine Entwicklung von warslverzino > brasile auch unter zeitlichen und phonetischen Aspekten ausgeschlossen wurde, liegt der Ursprung von brasile als Bezeichnung des Rotholzes und Brasiliens in *brasa. Nach den Aufzeichnungen Vaz de Caminhas nannte Cabral Brasilien nach der Entdeckung am 22. April des Jahres 1500 unter dem Eindruck des Osterfestes terra 19 Eine Rückkopplung zu verzino ergibt sich in diesem Zusammenhang durch den arabischen Beleg warsfn bei Dä.wüd im 16. Jh., den sich MEYERHOF (1940: 61) in bezug auf die Endung -in nicht erklären kann. Es handelt sich hier offensichtlich um die arabische Rückentlehnung der italienischen Form verzino, welche die Vitalität im Austausch mediterranen Wortschatzes unterstreicht. 196 Volker Noll de Vera Cruz 20 • Vaz de Caminha selbst spricht von der «jlha de Vera Cruz» 21 . Dies entspricht auch der ersten kartographischen Darstellung Amerikas von Juan de la Cosa aus dem Jahre 1500, der Brasilien als «ysla descubierta per portugal» bezeichnet (KRETSCHMER 1892b: vn). In der Diskussion um die Namengebung Brasiliens erhebt sich an dieser Stelle die Frage nach der seit dem 14. Jh. auf Seekarten im nördlichen und mittleren Atlantik an unterschiedlichen Punkten zum Teil mehrfach verzeichneten mythischen Insel Brasil. Die erste Erwähnung von 1325 («insula montonis sive obrazil») situiert die Insel auf einer Breite südwestlich von Irland (VIDAGO 1968: 432). Bereits KRETSCHMER (1892a) hat auf die Beliebigkeit dieser Eintragungen hingewiesen 22 . VmAGo führt die Bezeichnung der Insel schließlich gegen die These von L'HorsT (1940) 23 überzeugend auf den früher geläufigen und in verschiedenen Varianten auftretenden irischen Namen O 'Brazil zurück. Eine Übertragung dieses Namens in Verbindung mit dem Rotholz oder Brasilien ist somit ausgeschlossen. In einem Brief an die Reyes Cat6licos von 1501 führt der portugiesische König D. Manuel Santa Cruz als offizielle Bezeichnung Brasiliens ein 24 • Die Varianten terra de Vera Cruz und terra de Santa Cruz stehen in der Tradition einer verbreiteten hagiophilen Namengebung in der Neuen Welt 25 • Auf der Karte Cantinos von 1502 wird Brasilien als Land der Papageien («Terra dagli Papaga») bezeichnet (KRETSCHMER 1892a: 373). Cantino und die mit ihm weitgehend übereinstimmende Karte Cane.rios von 1502 erwähnen in der Beischrift mit Bezug auf Cabral auch den Namen Vera Cruz: «A uera crus chamada per nome aquall achou pedralvares cabral» (KRETSCHMER 1892b: vm/ l). Auf der Karte Canerios erscheint Brasil in der Bezeichnung eines Flusses erstmals als Name: «rio de Brazil» (KRETSCHMER 1892b: vm/ 1). Die Karte eines 20 «... e neeste dia, a oras de bespera, ouvemos vista de tera, saber: primeiramente d huum gramde monte muy alto e redomdo, ...ao qua! monte alto o capitam pos o nome Pascoal, e aa tera a tera de Vera Cruz» (CüRTESÄo 1994: 127). 21 «Beijo as maäos de Vosa Alteza. D este Porto Seguro da vosa jlha de Vera Cruz oje sesta feira primeiro dia de Mayo de 1500» (CüRTESÄO 1994: 141). 22 «So wenig aber die Existenz des Eilandes gesichert war, so verblieb es nach wie vor auf den Karten, und noch im xvrr. und xvm. Jahrhundert ist es auf ihnen zu finden» (KRETSCHMER 1892a: 220).Noch im 19.Jh. verzeichnen Admiralitätskarten westlich der Südspitze Irlands einen Brasil Rock (KRETSCHMER 1892a: 221).Auf der Ilha Terceira (Azoren) trägt nahe der Stadt Angra ein Berg den Namen Brasil. 23 L'Hoist vertrat die Ansicht, Brasil gehe auf eine Übertragung des Namens jener mythischen Insel zurück. 24 «EI dicho mi capitan con trece naos parti6 de Lisboa il. nueve de Marzo de! afio pasado. En las octavas de Ja pascua siguiente lleg6 il. una tierra que nuevamente descubri6, a Ja cual puso nombre de Santa Cruz, ... » (CoRTESÄO 1994: 181). 2s Hierin verbinden sich Glaube und die Verpflichtung zur Missionierung der entdeckten Länder, die eine Konsequenz aus der päpstlich sanktionierten Aufteilung der Neuen Welt zwischen Spanien und Portugal ist.Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Dokumente sind die Bulle Romanus Pontifex von 1454, die Bulle Inter Coetera von 1493 und der Vertrag von Tordesillas von 1494 (cf. RIBEIRo/ ARAUJO MoREIRA NETO 1993: 65-74). Brasil: Herkunft und Entstehung eines Toponyms 197 italienischen Anonymus von 1502 verzeichnet «Terra Sancte Crucis» mit einem Hinweis bezüglich der Besonderheiten des Landes: « ... in ea est maxima copia ligni bresilli etiam inuenitur cassia grossa ut brachium hominis aues papagi magni ut falcones ...» (KRETSCHMER 1892b: VIII,2). Die großen Rotholzbestände der brasilianischen Küstenregionen führten gegen die offizielle Bezeichnung zu einer Generalisierung des Namens Brasil. Dabei erwies sich als unerheblich, daß es sich bei dem brasilianischen Rotholz ( Caesalpinia echinata), das bei den Eingeborenen ibirapitanga hieß, um eine andere Spezies handelt als bei der aus Asien eingeführten und bis dahin als brasil bezeichneten ( Caesalpinia sappan). Die toponymische Verlagerung der christlich motivierten terra de Santa Cruz auf das profane Brasil wird von Joäo de Barras in der ersten Decada heftig kritisiert (1539, gedruckt 1552) 26. MACHADO (1965: 193) kommentiert mit Bezug auf den Text von 1539: «... por esta epoca ja se generalizara o nome Brasil para as terras de Santa Cruz». Angesichts der Existenz früherer Belege für eine toponymische Verwendung von Brasil könnte der Eindruck entstehen, es habe eine längere Konkurrenz beider Bezeichnungen gegeben. Brasil wurde jedoch quasi mit der Entdeckung des Landes als volkstümlicher Name verwandt, wobei terra de Santa Cruz zu Anfang im offiziellen Gebrauch der christlichen Motivation Genüge tat und in späterer Zeit nur noch gelegentlich auftrat wie 1576 in Gandavos Hist6ria da Provfncia de Santa Cruz a que Vulgarmente Chamamos Brasil. Bereits 1504 berichtet der Florentiner Giovanni da Empoli in einem Brief über seine Reise mit Afonso de Albuquerque von 1503: «... navigando pure in detta volta, ci trovammo tanto avanti per mezo la terra della Vera Croce, over del Bresil cosf nominata, altre volte discoperta per Amerigo Vespucci, nella qual si fa buona somma di cassia e di verzino» (RAMUSIO 1978: 744). Ebenfalls aus dem Jahre 1504 stammt die Beschreibung der Meerfahrt von Lissabon nach Calacut, die von einer «terra nova de Prisilli» berichtet (KRETSCH- MER 1892a: 309 Nl) und Brasilien erstmals im Deutschen als Landesbezeichnung belegt. Um 1507-08 entstand die Copia der Newen Zeytung auß Presillg Landt, eine Flugschrift über die Reise eines Agenten der Fugger im ersten Jahrzehnt des 16.Jhs., die allerdings erst um 1514 bekannt wurde (cf. KRETSCHMER 1892a: 314s.; RIBEIRo/ ARAUJO MoREIRA NETO 1993: 112-14). 26 «Por o qua! nome, Santa Cruz, foi aquela terra nomeada os primeiros anos, e a cruz arvorada alguns durou naquele lugar. Porem, como o dem6nio, por sinal da cruz, perdeu o dominio que tinha söbre n6s, mediante a paixao de Cristo Jesus consumada nela, tanto que daquela terra comen9ou de vir o pau vermelho chamado brasil, trabalhou que este nome ficasse na boca do povo, e que se perdesse o de Santa Cruz.... E por honra de tao grande terra chamemos-lhe provincia, e digamos a Provincia de Santa Cruz, que söa melhor entre prudentes, que Brasil posto por vulgo sem considera9ao e nao habilitado para dar nome as propriedades da real coröa (Decada 1552: 111s.). 198 Volker Noll Gil Vicente erwähnt 1510 im Auto da Fama eine «terra do Brasil». Der Kontext thematisiert die portugiesischen Entdeckungen in ironisierender Anspielung auf den absteigenden Stern Venedigs: Come9ai de navegar, 1 ireis ao porto de Guine; 1 perguntai-lhe cujo e, 1 que o nao pode negar. 1 Com ilhas mil I dexai a terra do Brasil; 1 ... E nao fique I perguntar a Mo9ambique 1 ... Ormuz, Quiloa, Momba9a, 1 Sofala, Cochim, Melinde, 1 ... E chegareis I a Goa e perguntareis I se e inda sojugada 1 ... Perguntai a populosa, 1 pr6spera e forte Malaca 1 .... (Fama 1510: 126s.) MACHADO (1965: 194) bleibt im Zweifel darüber, ob sich «terra do Brasil» in diesem Kontext auf Brasilien bezieht, da der beschriebene Seeweg nach Südostasien zunächst keine Verbindung zu Brasilien herzustellen scheint. Eine neue Perspektive ergibt sich bei der Lektüre der ersten Decada von Joäo de Barros, der Cabrals Entdeckungsfahrt nachzeichnet. Schließlich befand sich auch Cabral auf dem Weg nach Indien, als er in Vermeidung der Flauten vor der Küste Guineas nach Westen auswich: Junta a frota, depois que passou o temporal, por fugir da terra de Guine, onde as calmarias lhe podiam empedir seu caminho, empregou-se muito no mar, por lhe ficar seguro poder dobrar o Cabo de Boa Esperan9a. ... os mais dos pilotos se afirmavam ser alguma ilha, assim como as terceiras, e as que se acharam por Cristovao Colon, que eram de Castela a que os castelhanos, comumente chamam Antilhas. (Decada 1552: 106s.) Ein Gewässer der «ilhas mil», wie es bei Gil Vicente auf der Fahrt zwischen Guinea und dem Kap der Guten Hoffnung erwähnt wird, ist vor der Küste Afrikas unbekannt. Bei Joäo de Barros erfolgt an der entsprechenden Stelle im Text ein Verweis auf die Antillen. Vor diesem amerikanischen Hintergrund bezieht sich «terra do Brasil» bei Gil Vicente im Sinne einer umfänglichen Aufzählung portugiesischer Entdeckungen und als Zwischenstation auf dem Weg nach Indien eindeutig auf Brasilien. Im Livro da Nau Bretoa, dem Bericht einer Brasilienreise aus dem Jahre 1511, erfolgt eine klare Zuweisung des Namens: «Do dya que partimos da cydade de de (ita) llysboa para ho brazyll ate que tornamos a purtugall» (Nau Bretoa 1511: 96). 1511 wird Brasil durch den Venezianer Marini erstmals auf einer Karte als Bezeichnung des Landes vermerkt ( Grande Enciclopedia 1936ss., Brasil; BARRoso 1941: 18). 1513 spricht auch der portugiesischen König D. Manuel in einem Brief an Ferdinand von Kastilien offiziell von «nossa terra do Brasyl» (MACHADO 1965: 194). Zu jener Zeit ist Brasil als Toponym so geläufig, daß es in selektiver Verwendung sogar eine negative Konnotation entwickelt hat, wie folgender Bezug in Gil Vicentes Auto da Barca do Purgat6rio von 1518 belegt: Vedes outro perrexil! 1 E marinheiro sodes v6s? 1 Ora assim me salve Deos I e me livre do Brasil, 1 que estais sutil. (Barca 1518: 99) Brasil: Herkunft und Entstehung eines Toponyms 199 TEYSSIER (1959: 489s.) hat in Erklärung dieser Textstelle darauf hingewiesen, daß Brasilien unter wirtschaftlichen Aspekten in den ersten Jahren nach der Entdekkung im Vergleich mit den Reichtümern Südostasiens als unerschlossenes Land keine besondere Anziehungskraft auf die Portugiesen ausübte 27 • Die zurückhaltende wirtschaftliche Einschätzung steht im Kontrast zu einer dokumentierten schwärmerischen Charakterisierung der Natur Brasiliens 28• Aus historischer Sicht bleibt anzumerken, daß sich Portugal erst um 1530, d.h. dreißig Jahre nach der Entdeckung angesichts französischer Prätentionen zur Kolonisierung des Landes und damit zur Sicherung seiner Ansprüche entschloß. Die Geschichte des Wortes brasil ist mit der Entstehung der toponymischen Bedeutung keineswegs abgeschlossen. Mit der Besiedlung des Landes und den wachsenden Beziehungen zwischen Portugiesen, jesuitischen Missionsvätern und der indianischen Urbevölkerung steht auch sie am Beginn einer neuen Entwicklung. Die in Brasilien geborenen Weißen wurden portugueses oder portugueses do Brasil genannt. Dagegen bezeichneten sich die ab 1549 mit der Missionierung der Indianer beauftragten Jesuiten ungeachtet ihrer unterschiedlichen europäischen Herkunft als brasilienses (LEITE 1965: 238 ).Auf die Jesuiten geht auch das als Name für die indianische Bevölkerung vor allem zu Beginn der Kolonialzeit neben indios und negros gebräuchliche brasis (pl.) zurück 29• Gleichermaßen wurde die Sprache der Indianer, das Tupi (lingua brasilica, lfngua brasiliana, lingua geral), zunächst auch einfach brasil genannt: «as vezes lhe fallava hornen portuguez e elle respondia brasil» (Cartas Avulsas 1562, zit. nach FRIEDERICI 1960: 99b ). FREI VICENTE oo SALVADOR (1982: 169 ) berichtet in seiner Hist6ria do Brasil 1627 über einen getauften Indianer: «Seu nome brasil foi Ararib6ia e no batismo se chamou Martim Afonso de Sousa ...». Im 17.Jh. ist auch brasileiro erstmals belegt 30 • Da -eiro als Agenssuffix im Portugiesischen in der Regel nicht zur Bildung einer Herkunftsbezeichnung dient 31, erklärt sich die Form aus der ursprünglichen Bezeichnung des Wortes für 27 Cf. PRADO JR. (1993: 31): «...ninguem se interessa va pelo Brasil.A näo ser os traficantes de madeira ...». 2 s Vespucci vermittelt 150 2 einen Eindruck von Brasilien, der an die Darstellung der Neuen Welt im Bordbuch des Kolumbus erinnert: «Questa terra e molto amena e piena d'infiniti albori verdi ... tanto ehe infra me pensa vo esser presso al paradiso teresto» (Pozzr 1984: 78s.). 29 CAPISTRANO DE ABREU (1929: 117ss.; 240ss.) gebraucht die Bezeichnung in diesem Sinne noch im 20. Jh. Heute versteht man unter brasis in der Regel 'as terras do Brasil'. 30 Die Belege für brasileiro werden von den etymologischen Wörterbüchern des Portugiesischen ungenügend rezipiert. CuNHA (1992, s.v.) datiert brasileiro auf 18 3 3, MACHADO (1977, s.v.) nimmt mit Vorbehalt einen Beleg im 18.Jh. an. NASCENTES (1966) verzeichnet brasileiro überhaupt nicht. 31 Herkunftsbezeichnungen auf -eiro entsprechen einer sekundären Entwicklung, so z.B. mineiro 'aus der Region Minas Gerais stammend'. Minas Gerais (heute Bundesstaat ) wurde als Region im 18.Jh. durch den Reichtum seiner Gold- und Diamantminen bekannt. 200 Volker Noll jemanden, der an dem bis zum 17. Jh. florierenden Handel mit dem Brasilholz beteiligt war 32 . Der Beleg, auf den wir uns beziehen, fällt in eine Zeit, in der sich brasileiro semantisch bereits in Richtung auf eine Herkunftsbezeichnung verschiebt: 1663 nennt Padre Belchior Pires seine in Brasilien geborenen Mitbrüder brasileiros undverärgert sie dadurch (LEITE 1965: 238). Somit wurde brasileiro in seiner neuen Bedeutung offensichtlich zunächst von außen zur Konkretisierung einer Unterscheidung eingeführt, für die die Betroffenen selbst in dieser Form noch keine Notwendigkeit sahen. Die Aufgabe der Unterscheidung in Portugiesen der alten Welt und portugueses do Brasil zugunsten einer allgemeinen Verwendung von brasileiros für die gesamte Bevölkerung Brasiliens ergab sich verbindlich erst im Zuge der Unabhängigkeit des Landes 1822 und des Entstehens einer neuen Nation 33 • Göttingen Volker Noll Bibliographie ABREU, J. CAPISTRANO DE 1929: 0 descobrimento do Brasil, Rio de Janeiro AzEVEDO, A.J. DA SILVA D' 1967: Este nome: Brazil. 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Brasil: Herkunft und Entstehung eines Toponyms 201 DELI= CoRTELAZZO, M./ ZoLLr, P.: Dizionario etimologico della lingua italiana, 5 vol., Bologna 1979-88 DELP = MACHADO, J. P.: Diciondrio etimol6gico da lingua portuguesa, 5 vol., Lisboa 3 1977 DENF = CuNHA, A. G. DA: Diciondrio etimol6gico Nova Fronteira da lingua portuguesa, Rio de Janeiro 2 1991 DIEFENBACH, L. 1857: Glossarium latino-germanicum mediae et infimae aetatis e codicibus manuscriptis et libris impressis, Frankfurt Drnz, F. 1887: Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen, 5 Bonn DozY, R. 1881: Supplement aux dictionnaires arabes, 2 vol., Leyde DRAE = Real Academia Espafiola: Diccionario de la lengua espanola, Madrid 21 1995 DRÜPPEL, CH. J. 1984: Altfranzösische Urkunden und Lexikologie. Ein quellenkritischer Beitrag zum Wortschatz des 13. Jahrhunderts, Tübingen Du Cange = Du CANGE, CH. 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Wenige dagegen werden seinen 1926 in der Collection linguistique der Societe linguistique de Paris als Band 20 erschienenen Essai sur la structure logique de la phrase (Paris, Champion) kennen, mit dem sich A.Fryba in ihrem Buch beschäftigt, einer stark veränderten Fassung ihrer Dissertation an der Universität Bern bei Rudolf Engler (was übrigens aus dem Text selbst nicht hervorgeht). Ihr Ausgangspunkt ist der einer hermeneutischen Historiographie der Sprachwissenschaft: «La presente etude se situe dans ce renouveau des travaux historiographiques: visant a privilegier en particulier le dialogue avec un auteur qui ne fut pas seulement l'editeur du livre appele a maniere decisive les recherches linguistiques du 20 e siede, mais qui elabora un systeme original et digne d'interet, elle insistera en particulier sur ! es facettes laissees jusque-la dans l'ombre plutöt que sur celles qui ont deja ete valorisees. » (15). Verstehen, was der Autor sagen wollte, sein Werk in seinem eigenen Wert darstellen und es in seiner Zeit situieren, das ist das Ziel einer verstehenden Historiographie - und nicht jenes beliebte Spiel der Suche nach der Legitimation einer eigenen Position aus der Geschichte der Sprachwissenschaft. Dennoch wird sich der Leser fragen, wie der Titel der Arbeit zustande kommt und zwar im doppelten Sinn. Zum ersten: Es ist von der syntaxe imaginative die Rede; Fryba führt den Term erst auf Seite 66 ein und verweist darauf, daß Sechehaye selbst ihn erst in einem Aufsatz von 1941 verwendet. Im Essai ist zwar von imagination häufig die Rede, der Terminus syntaxe imaginative dagegen erscheint nicht. Imagination ist das französische Äquivalent zur Einbildungskraft bei Kant (worauf Fryba selbst hinweist); damit ist die Erkenntnistheorie angesprochen. Fryba interpretiert so Sechehayes Ansatz von vornherein in Richtung auf ein erkenntnistheoretisches Problem. Liest man den Essai selbst, dann ließe sich auch eine andere Interpretation denken. Statt syntaxe wäre eher grammaire zu wählen. Sechehaye versteht nämlich unter grammaire «tout ce qui concerne l'organisation de la langue, sons, lexique, syntaxe » (Essai, p.4) und er unterscheidet eine grammaire syntagmatique, die es mit den Kombinationen der Zeichen zu tun hat, von einer grammaire associative, die das Zeichen als einzelnes betrifft, und einer grammaire phonologique. Im Essai steht für ihn die grammaire syntagmatique im Vordergrund. Die imagination ist weiter für Sechehaye ein Prozeß, bei dem das fait grammatical überhaupt erst gebildet wird: «Je fait grammatical a ... une valeur psychologique: il a ete cree et il existe pour fournir une forme a un element de pensee, et c'est dans la parole vivante que ces normes grammaticales sont nees. » (Essai, p.5). Man könnte Sechehayes Werk also auch lesen als 204 Besprechungen - Comptes rendus ein Werk über den Prozeß der Grammatikalisierung (etwas, worauf Fryba selbst hinweist: Auf Seite 59 verwendet sie grammaticalisation; Sechehaye spricht auch von normalisation. Man denkt dabei unwillkürlich an moderne Ansätze wie die emergent grammar von Paul Hopper). Zum zweiten: Der Untertitel spricht von einem Beitrag zur Geschichte der linguistique saussurienne. Fryba begründet dies auf Seite 16 mit einem Verweis auf Amackers Interpretation von linguistique saussurienne als der Sprachtheorie der Genfer Schule der allgemeinen Sprachwissenschaft. Daß Sechehaye wie auch Bally - Ferdinand de Saussure als Maitre betrachten, sei nicht in Abrede gestellt. Frybas Ansatz würde aber so scheint uns doch eher Sechehayes eigenes Denken in den Vordergrund rücken, wie das auch im Text selbst, vor allem im großen Hauptteil, geschieht. Eine Auseinandersetzung mit den Grundgedanken des CLG, die sich doch an einigen Punkten mit Sechehayes Ausführungen schlecht vereinbaren lassen, fehlt aber weitgehend. Die Arbeit beginnt mit einer Einführung (11-25), die Sechehayes wissenschaftliches Werk und seine Wirkung darstellt und die Ziele der Arbeit formuliert. Sie erfaßt in Sechehayes Werk drei Tendenzen: die Verdeutlichung der Prinzipien einer Saussureschen Linguistik, die Ausarbeitung einer Theorie der Grammatik und ein pädagogisches Bemühen (24). Eine eigentliche Biographie Sechehayes fehlt, doch sind an einigen Stellen biographische Einzelheiten aufgeführt, und Fryba verweist in einer Fußnote (17) auf einen Anhang, der eine Bibliographie der sprachwissenschaftlichen Werke und ein Verzeichnis der von Sechehaye an der Universität Genf gehaltenen Lehrveranstaltungen, sowie einige Briefe an Sechehaye und zwei Entwürfe eines Briefes von ihm enthält. Beigefügt sind mehrere Illustrationen, darunter eine Photographie von Teilnehmern des Zweiten Internationalen Linguistenkongresses auf einem Empfang im Chateau von Vufflens (dem Wohnsitz der Familie de Saussure) (nach p.192). Der erste Teil der Arbeit (Exposition, 26-61) trägt den Titel Le probleme grammatical. Darin wird das dargestellte Werk situiert als Seitenstück zu Programme et methodes. Sechehaye beschäftigt sich von 1913 bis 1926 mit dem Thema von Idee und Grammatik anders ausgedrückt von Inhalt und dessen Ausdruck in grammatischen Konstruktionen. Fryba verweist auf den zeitgenössischen Kontext jener Forscher, die an den Begriff der Inneren Form von Wilhelm von Humboldt anknüpfen, sowie auf Sechehayes Kritik an Wundts Sprachpsychologie, welche die Sprache letztlich vollständig auf psychologische Kategorien zurückführt. Der Essai findet allerdings nach seinem Erscheinen nicht das erhoffte Echo. In den wenigen erschienenen Rezensionen werden Sechehaye Dunkelheit des Gedankengangs, Abstraktheit der Ausführungen, Verschlungenheit der Argumentation vorgeworfen, neben durchaus positiven Würdigungen der Durchdringung eines schwierigen Gegenstandes. A.Fryba selbst wählt den glücklichen Vergleich mit einem mehrstimmigen Musikstück, in dem sich drei Stimmen - Grammatik, Theorie und Philosophie gegenseitig durchdringen, manchmal aber auch verheddern (56). Weiter merkt sie an, daß Sechehaye auch in seiner Methode vielfältig ist obwohl er programmatisch eine statische Sprachwissenschaft vertritt, wendet er doch immer wieder genetische Methoden an, wobei sowohl Kindersprache wie auch historisch ältere Stufen verwendet werden. Dies liegt allerdings im schon erwähnten Grundgedanken Sechehayes begründet: er untersucht eine Grammatik im Werden, den Weg von der je einzelnen Fügung in der parole zur grammatischen Regularität oder wie er es nennt - Normalität. Der zweite Teil mit dem Titel Exploration: Le disque lumineux et la penombre (63-138) enthält als eigentliches Hauptstück der Arbeit eine hermeneutische Lektüre des Essai. Der Titel ist den Schriften Sechehayes selbst entliehen: wie ein Scheinwerfer ein helles Licht auf eine Leinwand wirft, das an den Rändern langsam verdunkelt, so gibt es einen Kern von Grammatik, der eindeutig ist, und Ränder, an denen das Grammatische ins Vorgrammatische (pregrammatical) übergeht. Das Bild entspricht jenen moderneren Vorstellun- Besprechungen - Comptes rendus 205 gen, die unter dem Namen der prototypischen Kategorien bekannt sind. In 5 Teilkapiteln führt Fryba von der Begründung der Wortklassen (hier ist von syntaxe imaginative zurecht die Rede) als der kategorial je verschiedenen Fassung des gleichen Inhaltes, über phraseidee als Ausdruck eines kontextgebundenen Gedankens (mit den Ausdrucksformen des Ein- und Zweiwortsatzes [bei Sechehaye mono-reme und di-reme], der sein Subjekt im Kontext hat), zur phrase-pensee als Ausdruck eines objektiven und autonomen Gedankens, der sein Subjekt im Satz selbst hat. Danach führt Fryba den Begriff archetypes grammaticaux ein - Sechehaye selbst verwendet rapport fondamental. Die Begründung dafür ist, daß dieser Begriff sprechender und angemessener sei, weil er «Ja valeur productive des modeles en question» (87) besser zum Ausdruck bringe. Es scheint, als ob Fryba hier ansatzweise eine Uminterpretation von einer relationalen zu einer strukturbezogenen Denkweise vornimmt. Sechehaye kennt drei grundlegende Beziehungen: sujet predicat, principal complement, inherent exterieur. Fryba zeichnet nach, wie Sechehaye den Aufbau von Sätzen mit mehr als zwei Wörtern mit diesen grundlegenden Beziehungen erklärt. Am Beispiel des vieldiskutierten Begriffs des Subjekts etwa läßt sich das Ineinandergreifen von Grammatik, Logik und Psychologie bei Sechehaye deutlich machen. Ausgehend von der Idee, daß das Subjekt eine Art Verankerung (point d'appui) für die Aussage darstellt, sagt er, daß jene Wortart, welche den Inhalt unter der Form einer Entität darstelle, am besten geeignet sei, ein Subjekt auszudrücken, nämlich das Substantiv. Daraus aber folge nun nicht, «que tout ce qui est sujet psychologiquement autonome puisse necessairement s'exprimer par un substantif» (Essai, p. 45). Ein solches Subjekt könne auch ein komplexes Faktum oder eine bloße Ambiance sein, wie etwa im Lateinischen pluit. Der Fall des im Substantiv ausgedrückten Subjekts ist also ein Spezialfall, den die Grammatik ausgewählt hat. Und daraus folgt: «Ce que Ja grammaire exprime et reflete en premiere ligne, ce ne sont ni ! es operations d'une exacte logique ni les aspects varies de la vie psychologique. Ce sont la choses trop fines et trop delicates pour elle» (Essai, p. 46). Grammatik ist also für Sechehaye eine Auswahlfunktion die wesentlichen Kategorien der Grammatik sind Ausdruck einfacher und schematischer Gedanken. «Le substantif eleve a la dignite de sujet par excellence temoigne hautement de l'empire des categories de l'imagination sur Ja pensee grammaticalisee» (Essai, p. 46). Fryba verfolgt diese Art der Analyse für die verschiedenen Beziehungen des einfachen Satzes, für Rektion und Kongruenz, Attribution und Prädikation. Sechehaye kommt in Kapitel 5 (ab p. 91) des Essai zur Einsicht, daß seine Analyse des grammatischen Prozesses modern gesprochen nicht psychologisch real ist. Der Sprecher verbinde mit einem Substantiv nicht unbedingt die Vorstellung einer Entität. Es gibt also eine mögliche Spannung, ein mögliches Auseinanderfallen von grammatischer und psychologischer Struktur. Fryba führt für diese Diskussion die Unterscheidung von Thema und Rhema ein, um die terminologische Problematik von grammatischem und psychologischem Subjekt, resp. Prädikat zu vermeiden. Es werden damit Sätze wie ce livre, je ne le lirai pas (114) analysiert, in welchem das thematisierte ce livre psychologisches Subjekt (aber grammatisch direktes Objekt) ist. Das fünfte Teilkapitel behandelt schließlich die komplexen Sätze mit Einschluß von Koordination und Konjunktion. Am Ende jedes der fünf Teilkapitel gibt Fryba eine instruktive Tabelle von Kategorien und Beispielen, die zur Illustrierung der Kategorien dienen. Im abschließenden sechsten Teilkapitel des zweiten Teils, das den gleichen Titel trägt wie der zweite Teil insgesamt, faßt Fryba zusammen, was als leuchtende Scheibe und was als Halbschatten verstanden werden kann: Zentral für die Grammatik sind nach Sechehaye die grundlegenden Relationen der Koordination und der Subordination, wie sie sich in den Relationen von principal und complement und von sujet und predicat ausdrücken. In ihnen sind Kategorien der Imagination und des Denkens grammatikalisiert. Im Halbschatten dagegen befindet sich der individuelle Gebrauch der Sprache durch die Sprecher, die parole, aus der im Prozess der Grammatikalisierung neue grammatische Normen entstehen können. 206 Besprechungen - Comptes rendus Im dritten Teil mit dem Titel: Expansion. Les principes de logique et de psychologie (139-73) behandelt Fryba, über den Essai hinaus, die Wissenschaftstheorie Sechehayes (La theorie d'emboitement) einerseits und anderseits das Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit (Les mirages linguistiques). Für die Wissenschaftstheorie wird auf Programme et methodes und die dort aufgestellte Klassifikation der Wissenschaften zurückgegriffen. Die Grundidee ist die, daß die Wissenschaften aufeinander aufbauen; für die Sprache würde das heißen, daß eine Theorie der Grammatik eine Theorie des pregrammatical (darunter versteht Sechehaye im wesentlichen die Kindersprache und die unterstellte primitivere Sprachform älterer Zivilisationen; vermutlich gibt es hier einen Einfluß des Herderschen Denkens über den Ursprung der Sprache) voraussetzen würde. Das Grammatische wendet dann Logik und Psychologie als seine Voraussetzungen an. Insofern ist Grammatik angewandte Logik und Psychologie. Das Problem von Sprache, Denken und Wirklichkeit bei Saussure in der Form der radikalen Arbitrarität des sprachlichen Zeichens aufgefaßt -wird nicht mehr anhand des Essai, sondern weiterer Publikationen Sechehayes abgehandelt. Entsprechend seiner Auffassung der Grammatik als einer werdenden, sich ständig weiterbildenden, kann er keine einseitige Abbildfunktion, aber auch nicht eine vollständige Autonomie der Sprache annehmen vielmehr wirkt die Sprache auf das Denken zurück, wie auch das Denken in der Grammatik geformt wird. Sie ist damit, wie Fryba mit zwei schönen Ausdrücken zeigt, sowohl Fessel (entrave) als auch Sprungbrett (tremplin) für das Denken. Der kurze Schlußteil (175-79) befaßt sich mit der Position Sechehayes innerhalb der Genfer Schule. Ausgehend von Sechehayes Selbstkennzeichung als theoricien par principe zeigt sie, daß zur Theorie das pädagogische Bemühen kommt (Sechehaye war Autor, resp. Mitautor mehrerer Lehrwerke) und daß dieses Bemühen letztlich auch auf die Theorie zurückwirkte, ja, daß konzeptuell in der Sprachwissenschaft Theorie und Pädagogik zusammengehörten. Die schon erwähnten Anhänge geben näheren Aufschluß über Sechehayes Leben, seine Lehrtätigkeit, die Aufnahme des Essai durch Gelehrte wie 0. Jespersen und andere. Abkürzungsverzeichnis, Bibliographie, Namenindex und Inhaltsverzeichnis schließen den Band, der im übrigen sehr wenige Druckfehler enthält; als ein Versehen ist uns nur ein falscher lebender Kolumnentitel auf den Seiten 67, 69, 71, 73 aufgefallen, wo Chapitre II statt Chapitre I steht. Der Versuch einer hermeneutischen Lektüre des Essai ist Fryba in weiten Teilen gut gelungen. Sie vermag ein nicht leicht lesbares, unsystematisch geschriebenes, durch schwankende Terminologie und Argumentation interpretationsfähiges und interpretationsbedürftiges Werk dem heutigen Leser aufzuschließen und es im Rahmen der Genfer Schule der allgemeinen Sprachwissenschaft zu situieren. Sie wählt dazu die Form einer systematisierenden Deskription. Die Technik, Sechehayes eigene Kategorien zu ersetzen durch sprechendere, wie archetype oder theme-rheme, wird vorsichtig angewandt, auch wenn wir dies im Fall des archetype eher für problematisch halten. Die hermeneutische Haltung Frybas führt zur eher konsensuellen Herausarbeitung der Grundzüge der Auffassung Sechehayes. Kritische Bemerkungen werden in die Fußnoten verbannt, wo sich ab und zu auch Informationen finden, die man eigentlich im Haupttext erwartet hätte so etwa die Entstehungsgeschichte des Essai in der Fußnote 6 auf Seite 31. Fryba stellt ihr Licht auch etwas unter den Scheffel, wenn sie die aufwendigen Arbeiten am Nachlaß Sechehayes nicht erwähnt, die es ihr erlaubten, im Dossier eine Reihe von nützlichen Informationen zu Sechehaye zu geben, die über ihr eigentliches Thema hinaus von Interesse sind. Insgesamt liegt hier ein Beitrag zur Kenntnis der Theorien der Genfer Schule der allgemeinen Sprachwissenschaft vor, der einen weitgehend unbekannt gewordenen Linguisten der heutigen Leserschaft zugänglich macht. I. Werten * Besprechungen - Comptes rendus 207 PIERRE DuPONT, Elements logico-semantiques pour l'analyse de la proposition, Bern (Lang) 1990, 319 p. EI estudio de Dupont constituye una revisi6n critica de diferentes procedimientos formales con los que a un lenguaje 16gico le resulta posible aproximarse a la descripci6n de los hechos de lenguaje natural. EI interes de! autor esta centrado en el ambito de la proposici6n y, mas en particular, en el analisis de los fen6menos de determinaci6n y de valencia. Una caracterizaci6n global de su trabajo podria resumirse diciendo que ilustra el sentido particular que cobran los elementos y algoritmos 16gicos cuando su pretensi6n es dar cuenta de las estructuras lingüisticas. Hace ver, en efecto, al lector c6mo tampoco este terreno escapa a un condicionamiento fenomenol6gico, tal vez universal, por el que instrumento y objeto de estudio parecen hasta cierto punto al menos constituirse dialecticamente. EI analisis 16gico nos hace, sin duda, accesible un aspecto consubstancial a todo sistema lingüfstico, con el que un hablante-oyente real debe contar en su praxis cotidiana. Pero esta claro, por otra parte, que las estructuras de un lenguaje natural exigen una redefinici6n e inducen un debate abierto sobre los principios 16gico-formales subyacentes a las mismas. Sucede en concreto que las estructuras del lenguaje, en tanto que modelo de representaci6n de! mundo, estarian estrechamente condicionadas o codeterminadas por la funci6n comunicativa, que todo uso de una lengua natural supone. Este es un tipo de percepci6n que acompafia a modo de constante las reflexiones de! autor. Esto explica, por ejemplo, su manera de concebir la cuantificaci6n como proceso de actualizaci6n lingüfstica, o puesta en perspectiva del sintagma nominal desde la funci6n comunicativa del lenguaje. Explica igualmente la idea de disimetrfa de las relaciones 16gicas constitutivas del marco proposicional, esto es, de las relaciones entre verbo y argumentos, sobredeterminada por la distinci6n basica comunicativa tema/ rema («theme/ propos«). Explica, finalmente, Ja necesidad de precisar la naturaleza misma de la instancia «mundo» sobre la que el lenguaje cumple su funci6n representativa: nous avons remarque ! es difficultes que presente l'interpretation d'un syntagme nominal denotant quelque chose d'un univers exterieur. L'univers a ete presente comme potential de relations logico-semantiques representatives des locuteurs (47). La posici6n de! autor quedarfa claramente expresada en las siguientes palabras: Pour resumer nous observerons que cette discussion nous a incite a prendre en compte la dualite objet-relation en rendant inseparables, dans une theorie qui propose une analyse linguistique, l'univers et son observateur-locuteur. u L'univers. C'est la categorie des entites (objets concrets ou abstraits, reels ou imaginaires) qui sont necessaires comme parcours des variables x, y... •• L'observateur-locuteur. 11 est represente par la categorie des relations (ou autres mecanismes logiques) qu'il actualisera entre ! es entites pour creer ou constater des faits. Nous avons remarque plus haut que cette categorie pouvait comprendre un nombre fini de termes susceptibles de decrire un nombre infini de faits. En cela, nous retrouvons ici, semble-t-il, une dualite competence/ performance (39). Esto es, se capta en estas palabras el hecho fundamental de que los fen6menos funcionales en el interior de un sistema lingüfstico deben ser entendidos a partir de las funciones basicas que en el nivel enunciativo da el hablante-oyente a lo que dice. Este papel de lo funcional enunciativo en el ambito de Ja determinaci6n y de la sintaxis proposicional queda particularmente realizado por el autor en la medida en que la distinci6n tema/ rema, anteriormente referida, debe conjugarse siempre en los esquemas formales con los que se 208 Besprechungen - Comptes rendus tratan de describir las construcciones sintacticas; tambien por el hecho, destacado por el autor, de que las perspectivas diferenciadas de hablante y de oyente deben ser tenidas en cuenta a la hora de interpretar el formalismo descriptivo: Le projet sous-jacent occupe des positions dissymetriques relativement a un emetteur Oll a un recepteur. Pour l'emetteur le projet precede l'action d'elocution et Ja guide. Le projet, pour ainsi dire, rend l'enonce potentiel sur l'axe d'un temps operatif articule en potentiel, actuel et remanent, l'algorithme actualisera cet enonce. Le recepteur est en position inverse. II doit decouvrir un contenu deja actualise. Ceci peut nous inciter a penser que emetteur et recepteur auront des strategies (encore choix de regles) differentes vis-a-vis des chaines du langage (171). La formalizaci6n 16gica, en definitiva, debe atender la funci6n comunicativa o ser congruente con ella, lo que obliga a reinterpretar el sentido o verdadero alcance de sus unidades de trabajo e, incluso, a incorporar en los calculos nuevos elementos con los que la «16gica» del lenguaje sea descrita sin sesgos o imposiciones acriticas. «II s'agissait comenta el autor en el resumen final d'eviter de projeter des resultats de theories souvent abstraites ou issues d'autres sciences en voulant les faire fonctionner coüte que coüte» (265s. ). Aunque estas ideas basicas parecen claramente desarrolladas a lo largo del trabajo que resefiamos, el estudio de Dupont adolece de un criterio de exposici6n en el que Ja linea argumentativa puede perderse, particularmente por el hecho de que quiza son demasiados los incisos, notas, sugerencias y comentarios que rodean la discusi6n. Esta frecuencia con la que en el texto se incorporan elementos adicionales causa al lector la impresi6n inicial de agregado de conceptos, que hubiera tal vez convenido integrar en un discurso formalmente mas unitario. Quede aqui mencionada, con todo, para descargo de! autor, la cortesia que se le hace al lector de restimenes con los que se cierra Ja discusi6n de cada uno de los capftulos. C. Herndndez Sacristdn * JOHANNES SCHNITZER, Wort und Bild: Die Rezeption semiotisch komplexer Texte. Dargestellt anhand einer Analyse politischer «pintadas», Wien (Braumüller) 1994, 172 p. (WRA 17) «Politische "pintadas"», so zu lesen in der «Einleitung» (9-14), sind «eine Form der politischen Außenwerbung, deren Botschaften aus verbalen und bildlichen Elementen bestehen und die an allgemein zugänglichen Orten (also in erster Linie im Freien, aber auch in öffentlichen Gebäuden) an bereits bestehende Wände gemalt oder gesprayt wurden» (11). Die 49 vom Autor ausgewählten «pintadas» sie wurden von ihm selbst photographiert und sind im «Anhang» (149-82) farbig und in sehr guter Qualität reproduziert stammen aus dem Spanien der 80er Jahre. «Semiotisch komplexe Texte» sind «Texte», die mehrere «Codes» (10), im Falle der «pintadas» einen sprachlichen und einen bildlichen, aktualisieren. So weit zu den Definitionen. Ziel der Arbeit ist es, «Beziehungen und Zusammenwirken zwischen verbalen und bildlichen Textteilen in der Rezeption von Texten, die sich in diesen beiden semiotischen Systemen manifestieren, [zu] untersuchen» (9). «Es geht also anders ausgedrückt darum, zu untersuchen, aufgrund welcher Beziehungen und Mechanismen eine Einheit von Bild und Sprache für einen Rezipienten ein kohärentes Ganzes darstellt, und darüber hinaus, ob sich dabei generalisierbare Regularitäten feststellen lassen» (ib.). «Es sei hier, um Mißverständnisse zu vermeiden, ausdrücklich festgehalten, Besprechungen - Comptes rendus 209 daß das Ziel dieser Arbeit nicht in der Analyse einer bestimmten Textsorte liegt, sondern in der Beschreibung des oben erwähnten, speziellen Aspekts» (ib.). - Erstes Unbehagen: Was sucht dann der Begriff «Analyse» im Titel der Arbeit? Und: Ständiges Bemühen um Transparenz kann auch Unklarheit herbeiführen, permanentes Rekapitulieren mit neuen Worten auch Verwirrung stiften. Wesentlich klarer als in der Einleitung umschreibt der Autor seine Absichten z.B. auf p. 67: «. . . das Ziel dieser Arbeit [besteht] darin, konkret zu bestimmen, welche Funktionen die verbalen und welche die bildlichen Elemente des Werbetextes für die Herstellung der Textkohärenz zu erfüllen haben bzw. erfüllen können • • • >>. Die Studie gliedert sich in zwei Hälften, wobei dies allerdings aus der Durchnumerierung der Teile von I. bis IV. nicht hervorgeht: 1., n., III. behandeln vorwiegend theoretische Fragen, IV. beinhaltet die praktische Untersuchung des Textkorpus, i.e. der 49 ausgesuchten «pintadas». r. «Texttheoretische Grundlagen» (15-32). Auf der Suche nach einer geeigneten Definition von «Text», zunächst einmal in seiner schriftlichen Manifestation, läßt der Autor kritisch verschiedene linguistische und semiotische Modelle Revue passieren. Dabei fallen einige sehr interessante Bemerkungen, z.B. dazu, daß die Linguistik keine Erklärung dafür hat, wie man von einer Abfolge einzelner Sätze zu einem kohärenten Ganzen kommt (17). Nur schade, daß Schnitzer hier keinen Bezug auf neuere semiotische Abhandlungen nimmt, die sich vermehrt gerade mit dieser Frage auseinandersetzen 1 . (Insofern hat auch die Semiotik der Linguistik «einiges zu bieten» und nicht nur umgekehrt, wie Schnitzer glaubt [13]. Semiotik hört eben nicht bei Eco auf, und von Greimas in diesem Zusammenhang nur gerade das Isotopienmodell zu erwähnen, ist zu wenig.) Der Autor selbst definiert schließlich «"Text" über seinen kommunikativen Aspekt» (18): «"Text" soll daher definiert werden als abgeschlossene kommunikative Einheit, die in einer bestimmten Kommunikationssituation unter Bezug auf ein Bedeutetes eine bestimmte Funktion erfüllt. Voraussetzung dafür ist eine kohärente Beziehung zwischen seinen Elementen und dem ihnen zugrundeliegenden Thema einerseits (semantischer Aspekt) sowie seiner Funktion in der kommunikativen Situation andererseits (pragmatischer Aspekt)» (28). rr. «Das Bild als Zeichen» (33-67). In diesem Teil werden «die zeichentheoretischen Grundlagen dieser Arbeit skizziert» (33), die peircescher Provenienz sind und also von einem rein referentiellen Zeichenbegriff ausgehen, der sich in den Kategorien «Symbol», «Index» und «Ikon» artikuliert, welche in ihrer Gesamtheit «Anzeichen» und «Nicht- Zeichen» gegenüberstehen. Bei allen Überlegungen des Autors steht dabei, den Ausführungen des I. Teils entsprechend, die konkrete Kommunikationssituation im Vordergrund. m. «Die Analyse komplexer Texte» (68-75) wendet sich Überlegungen zum Verhältnis zwischen Wort und Bild innerhalb eines «komplexen Textes» zu. Was steuert die Dekodierung der Botschaft, das Bild oder die Schrift? Ausgangspunkt ist hier die von Roland Barthes 1964 gemachte Unterscheidung zwischen «ancrage» (schriftlicher Text limitiert die Bildbedeutung) und «relais» (schriftlicher Text bringt neue Bedeutungen zum Bild hinzu). Der Autor kritisiert hier, m. E. ganz richtig, die Entweder-Oder-Lösung: «Analysiert man komplexe Texte, so stellt man jedoch fest, daß sich die Beziehungen zwischen bildlichem 1 Ich denke hierbei an die Arbeiten von J. GENINASCA, z.B. «Du texte au discours litteraire et a son sujet», in: L. Mrwr/ F. RoY (ed.), La Litterarite, Sainte-Foy 1991: 237-62. Ich erlaube mir an dieser Stelle auch, auf J.-M. FLOCHS ausgezeichnete semiotische Analysen von Werbetexten hinzuweisen (cf. z.B. Semiotique, marketing et communication. Sous ! es signes, ! es strategies. Preface de Christian Pinson, Paris 1990). Die Lektüre dürfte auch im Zusammenhang mit der Untersuchung von «pintadas» von größtem Interesse sein. 210 Besprechungen - Comptes rendus und sprachlichem Teil nicht in "ancrage" und "relais" erschöpfen, sondern daß es vielfältigere und auch kompliziertere Relationen zwischen den beiden semiotischen Systemen gibt» (70). Und weiter: «Barthes geht in "Rhetorique de l'image" nur auf die Funktionen des verbalen Textteils in bezug auf die bildliche Komponente ein, während er außer Acht läßt, daß auch das Bild den Text beispielsweise "verankern", ihn konkretisieren kann ...» (ib.) Schließlich stellt der Autor in diesem Teil der Arbeit auch die verwendete «Methode der Textanalyse» (73-75) vor, und dabei insbesondere die Zusammensetzung des Befragungsgutes (15 deutschsprachige Personen, die keiner romanischen Sprache mächtig sind und 15 Personen, die spanisch und katalanisch sprechen) und den Befragungsmodus (Projektion von Lichtbildern, gestellte Fragen etc.) rv. «Die Untersuchung des Textkorpus» (76-136). In diesem praktisch orientierten Teil beschreibt Schnitzer sauber und exakt die verschiedenen Beziehungen, welche seine Informanten zwischen schriftlichem Text und Bild herstellten; wobei er zwei große Interpretationsgebiete unterscheidet. Das erste betrifft semantische Beziehungen (Beispiele: «Der Einilul.\ des verbalen Textes auf die Erfassung der konnotativen Gehalte der bildlichen Darstellung» [91-94], «Das Bild als semantisch notwendige Ergänzung des verbalen Textteils» [97-103]), das zweite pragmatische Aspekte (Beispiele: «Die bildliche Textkomponente als reine Darstellung» [117-19], «Die bildliche Textkomponente als Versprechen» [130]). Dieser ganze 1v. Teil liest sich gut, und die Resultate, zu welchen der Autor kommt, scheinen plausibel, aber dann auch stellenweise banal. Hier einige ausgewählte der insgesamt 11 Punkte, welche die Ergebnisse zusammenfassen: - «Der sprachliche Textteil unterstützt und erleichtert in einem nicht erwartbar gewesenen Ausmaß die Decodierung der bildlichen Textkomponenten, indem er das Erkennen des Dargestellten sichert. In 16 Texten ist diese Hilfestellung eindeutig festzustellen ...» (131). - In vielen Fällen ist aber auch «die bildliche Komponente zur korrekten Decodierung der sprachlichen Komponente notwendig oder unterstützt die Interpretation erheblich. Diese Zahl [28 Texte] scheint mir erstaunlich hoch und zeigt, in welchem Maße von den Gestaltern dieser Texte versucht wird, ein eigentlich untrennbares Ganzes zu schaffen» (132). - «Die pragmatischen Beziehungen zwischen verbalem und bildlichem Textteil beschränken sich auf nur 4 Typen ...: a) Der bildliche Teil fungiert als reine, mehr oder minder neutrale Darstellung ... b) Der bildliche Textteil erfüllt qualifizierende Funktion [z.B. Warnung] ... c) Bild und Text realisieren den gleichen, auch semantisch parallelen Sprechakt ... d) Bild und Text stehen in kausaler Beziehung zueinander ...» (132). Im Schlußkapitel (133-36) dieses Teils beschreibt Schnitzer ausführlich eine einzelne, besonders schwierig zu interpretierende «pintada», wobei hier ein in meinen Augen schwerwiegendes Problem sichtbar wird: Die Haltung des Autors schwankt zwischen Soziosemiotik, im speziellen Fall: einer praktischen semiotischen Auswertung von Antworten der Befragten, und analytischer Semiotik, im Sinne einer theoretischen, «idealen» Interpretation der «pintadas» durch eine abstrakte Aussageinstanz. Es wird nie ganz klar, ob Schnitzer nur eine konzeptualisierte Beschreibung liefern will oder eben auch ein konzeptuelles Analyseinstrumentarium. Sollte letzteres der Fall sein, dann ist für mich die ganze Studie zu sehr auf konkrete menschliche Akteure ausgerichtet und zu wenig auf konstruierte Aussageinstanzen, im Sinne einer Hierarchie verschiedener Kompetenzen. Es wird oft deutlich, und eben gerade in diesem letzten Kapitel, daß Schnitzer versucht, die Position des «lecteur-modele» zu besetzen, aber eigentlich wird dieser Aspekt nie so richtig problematisiert. Das «Schlußwort» (137) ist sehr kurz. Es gibt unter anderem der Hoffnung auf vergleichende Untersuchungen mit «pintadas» aus den 70er Jahren und auf solche mit anderen Textsorten Ausdruck. Besprechungen - Comptes rendus 211 Eine «Bibliographie» (139-45) und der eingangs erwähnte «Anhang» beschließen das Buch. Das Hauptproblem dieser Arbeit liegt in meinen Augen darin, daß hier mit Kanonen ( = Teile I. bis III.) auf Spatzen ( = Teil IV.) geschossen wird. Der ganze theoretische Überbau kommt im zweiten Teil wirklich nur minimal zur Sprache und wirkt darum aufgesetzt, ja unmotiviert. Ganz abgesehen davon, scheint mir die Unterteilung in Theorie und Praxis immer fragwürdig, weil meiner Ansicht nach theoretische Modelle in der Analysearbeit nicht nur getestet, sondern im Zusammenspiel mit ihr überhaupt erst entwickelt werden müssen. Ich möchte in diesem speziellen Fall sogar noch einen Schritt weitergehen. Vieles, was in den Teilen 1. bis m. postuliert wird, kann meiner Meinung nach erst als Resultat einer Untersuchung formuliert werden. Kohärenz und sinnvolle Ganzheiten müssen durch ein Subjekt erst konstruiert werden (damit, so denke ich, wäre der Autor auch einverstanden). Dann kann man aber dieses Problem nicht von Anfang an - und quasi in abstracto lösen. Die Photographien im Anhang beweisen, daß der Autor offensichtlich (instinktiv) gewußt hat, wo die «pintadas» anfangen und wo sie aufhören. Und den Befragten sind die Bilder auch als klar begrenzte Einheiten präsentiert worden. Man hätte also auch ganz einfach so beginnen können: Bei den untersuchten «pintadas» handelt es sich um abgeschlossene Manifestationstotalitäten, denen in einem Akt der Semiosis durch eine Aussageinstanz ein Bedeutungsganzes zugeordnet werden soll. Die Art und Weise der Bedeutungskonstruktion soll hier untersucht werden. Über andere Dinge kann man sich streiten, sie obliegen letztlich den ganz persönlichen Ansichten eines jeden einzelnen. So postuliert Schnitzer von Anfang an und ohne eingehende Diskussion, daß die «pintadas» «Gebrauchstexte» sind. Ob und inwiefern sie auch ästhetische Qualitäten aufweisen und damit eventuell auch andere Funktionen als die der reinen (politischen) «Botschaftsübermittlung» erfüllen, wird nie diskutiert. Gefährlich finde ich es auch, von gewissen Elementen der «pintadas» als «parasemiotisch» und «bedeutungslos» zu sprechen (32). Im Postulat des kohärenten Ganzen ist für mich impliziert, daß alle Elemente eine sinnstiftende Rolle erfüllen. Auf Grund des Geäußerten kann ich mich dem uneingeschränkten Lob, welches Georg Kremnitz dieser Studie in seinem «Vorwort» (7-8) ausspricht, nicht anschließen, und dies obwohl der Autor über weite Strecken als ein sehr kritischer Denker erscheint (auf die Gefahr des Zuviels an Umsicht habe ich eingangs schon hingewiesen). Ich bin aber auch gerne dazu bereit, mein stellenweises Mißgefallen auf die letztendliche Unvereinbarkeit zweier semiotischer Ansätze zurückzuführen: der vom Autor gewählten Zeichentheorie (Peirce, Morris, Eco) und der von mir bevorzugten diskursiven Semiotik (Saussure, Hjelmslev, Greimas). Ursula Bähler * WALTER BERSCHIN, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter, Band 3: Karolingische Biographie, 750-920 n. Chr., Stuttgart (Hiersemann) 1991, xn + 484 p. (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 10) Der hier zu besprechende Band ist der dritte Teil eines Standardwerks der mittellateinischen Philologie. Der bekannte Heidelberger Mittellateiner Walter Berschin hat es unternommen, eine Geschichte der Gattung Biographie zu schreiben. Der erste Band (1986) reichte von den Anfängen der Gattung in ihrer für das Mittelalter charakteristischen Ausprägung im spätantiken dritten Jahrhundert bis zu Gregor dem Großen (t 604). Der zweite Band (1988) untersuchte die Geschichte der Biographie in den westlichen Staaten des Frühmittelalters: «im merowingischen Gallien und Germanien (etwa 600-750), in Ita- 212 Besprechungen - Comptes rendus lien (bis zum Wirksamwerden des karolingischen Impulses in Rom um 870), Spanien (bis an die Schwelle des X. Jahrhunderts), Irland und England» (vn). Der dritte Band stellt die karolingische Epoche dar, deren Vorläufer um die Mitte des 8. Jahrhunderts erkennbar werden. Damit ist das Zentrum der Geschichte der Biographie im lateinischen Mittelalter erreicht. Die Lektüre des über 400 Seiten starken Textteils dieses Bandes nötigt dem Leser Bewunderung ab. Da werden rund 170 Biographien aufgrund einer profunden Kenntnis der Texte und einer souveränen Beherrschung der Sekundärliteratur anschaulich behandelt, und wenn man das im Anhang dargebotene Verzeichnis der literarisch und historisch bedeutenden Biographien eingeteilt in thematisch und geographisch begründete Gruppen - (431-53) sowie die Zeittafel (454-58) konsultiert, wird man noch auf mehr als 70 weitere Texte hingewiesen, «so daß in diesem Band insgesamt 245 biographische Texte literaturwissenschaftlich geordnet sind» (vrr). Der Zugang zu dieser Materialfülle wird erleichtert durch ein Verzeichnis der zitierten Handschriften (459-61) und ein umfassendes Namenregister (462-84) sowie durch ausführliche Inhaltsübersichten, die den drei Hauptteilen vorangestellt sind (1-3; 95-99; 333-35). Die Titel dieser Hauptteile lauten: «Aetas Bonifatiana: Neue Provinzen der Biographie», «Correctio: Biographien der zentralen Karolingerzeit» und «Stili diversitas: Die Epoche von 870 bis 920». Der vorliegende dritte Band der großangelegten Geschichte der Biographie im Mittelalter führt bis zu einer tiefen Zäsur in der lateinischen Literatur, in der, von 920 bis 960, fast alles literarische Leben erlischt. Der vierte Band wird zeigen, wie in der ottonischen Renaissance die Biographie erneut zur führenden Literaturgattung wird. Das Werk von W. Berschin richtet sich natürlich in erster Linie an den Mittellateiner. Gerade der vorliegende dritte Band ist aber auch für den Romanisten von unschätzbarem Wert. Berschin selbst weist schon im Vorwort auf einen bedeutsamen Zusammenhang hin: Um 800 liegt eine entscheidende Epochengrenze der lateinischen Sprach-, Stil- und Literaturgeschichte. Sie bringt die Erneuerung des grammatischen Lateinstudiums, eine deutliche Hebung des Ausdrucksniveaus und eine Wiederbelebung antiker literarischer Techniken. Gleichzeitig bahnt sich jedoch die Trennung von Sakral-, Schul- und Bildungssprache einerseits und Volkssprache andererseits an. Die «romanischen» Sprachen lösen sich vom Latein (vn). In die Epoche, welcher der dritte Band von Berschins Geschichte der Biographie im lateinischen Mittelalter gewidmet ist, fallen die ersten belegbaren Versuche zur Verschriftung von romanischen Texten. Diese Versuche müssen immer auch gemessen werden an der zeitgenössischen lateinischen Schrifttradition, und dafür ist das Werk von W. Berschin sehr hilfreich. Der Verfasser weist stets mit aller Deutlichkeit auf die verschiedenen Stilebenen des Lateins hin und schenkt dem «sich der romanischen Volkssprache nähernde[n] Spätlatein» (39) ebenso seine Aufmerksamkeit 1 wie den Bestrebungen Karls des Großen zur Wiederherstellung einer klassischen Latinität, das heißt der karolingischen Renaissance, die Berschin lieber mit «Correctio» bezeichnet (101). Wie er treffend sagt, konnten nicht mehr alle, welche die Sprache Roms redeten, die sich aus der «Correctio» ergebende Sprachbewegung mitvollziehen. «Zweifellos ist das <merowingische Latein> nicht identisch mit der Volkssprache. Aber es steht ihr näher als das karolingische Latein. Die Hebung des Stilniveaus verstärkt die alte Spannung zwischen gesprochenem und geschriebenem Latein, und diese wird so stark, daß die Verbindung reißt. Die romanischen Sprachen entstehen als neue Sprachen auf dem Grund des gesprochenen Lateins» (144s.).«Die Zeit 1 Cf. etwa die Bemerkungen zur Sprache des Liber S. Bonifatii (66), zur Vita S. Goaris (74) oder zur Sprache von Arbeo von Freising (89s.). Besprechungen - Comptes rendus 213 ist reif für den Schnitt, der die mater Latinitas von ihren Töchtern entbindet, und sie selber zu einem neuen Leben befreit» (146). In diesem Zusammenhang nimmt Berschin Gedanken aus einer Studie wieder auf, die er 1987 zusammen mit seinem Bruder Helmut Berschin über «Mittellatein und Romanisch» publiziert hatte 2, und reproduziert daraus auch eine Graphik, welche die Stilhöhe (Qualität) und die Quantität des literarischen Lateins durch die Jahrhunderte veranschaulichen soll 3. Der erste Satz des begleitenden Texts ist bezeichnend: «In der über mehr als zwei Jahrtausende zu verfolgenden Geschichte der lateinischen Sprache bildet die Zeit um 800 die kritische Phase. Hier trennen sich romanische Volkssprachen vom Latein, das gleichzeitig sein Niveau wieder deutlich hebt» (147). Aus dieser Entwicklung kann das entstehen, was Berschin karolingische Dreisprachigkeit nennt (315 N491). Gemeint ist die gleichzeitige Beherrschung von Lateinisch, Romanisch und Germanisch. Als erstes Zeugnis für solche Dreisprachigkeit erwähnt Berschin eine Stelle in der Vita des Adalhard von Corbie, wo der Autor, Paschasius Radbertus, von Adalhard sagt: Quem si vulgo audisses, dulcifluus emanabat; si vero idem barbara, quam theutiscam dicunt, lingua loqueretur, praeminebat claritatis eloquio; quod si latine iam ulterius prae aviditate dulcoris non erat spiritus (316 N491). Gleiche Dreisprachigkeit sollen auch die Schüler von Lupus von Ferrieres erwerben, welche der Lehrer zu Abt Markward ins Kloster Prüm schickt, «propter Germanicae linguae nanciscendam» (195 N269). In diesem Zusammenhang erwähnt Berschin auch das Kapitel von Nithards Historiae, in dem die Eidesleistung von Straßburg beschrieben wird (315 N491). Nach diesen Hinweisen, welche die allgemeine Bedeutung des Werks von Walter Berschin für die Romanisten belegen, sei es dem Rezensenten gestattet, noch kurz auf das Kapitel einzugehen, in dem W. Berschin die drei Gallus-Viten bespricht, die merowingische Vita S. Galli vetustissima, die frühkarolingische Bearbeitung durch Wetti und die hochkarolingische definitive Bearbeitung durch Walahfrid, die eine ungeheure Verbreitung gefunden hat und in mindestens 75 mittelalterlichen Handschriften erhalten ist (286), fast ebenso vielen wie die Vita Karoli Magni von Einhart (199) 4 . Daß dieses Kapitel den Rezensenten besonders interessiert hat, liegt auf der Hand, hat er doch in zahlreichen Studien auf die Bedeutung der Gallus-Viten für die Erforschung der romanisch-germanischen Sprachgeschichte der Nordostschweiz hingewiesen 5• Der sorgfältige sprachlich-stilistische Vergleich, den W. Berschin zwischen den drei Viten vorlegt (294-303), vermag noch deutlicher als die bisherige Forschung zu zeigen, wie die beiden Bearbeiter Wetti und Walahfrid den leider nur fragmentarisch erhaltenen ältesten Text verändert haben. Für die von mir wiederholt behandelte Frage, ob Gallus wirklich Ire gewesen sei, sind vor allem die in der Vetustissima leider nicht erhaltenen Eingangskapitel von Bedeutung. Sicher hat W. Berschin recht mit der Annahme, der Hinweis Walahfrids auf grammatische und sogar metrische Studien, die Gallus in seiner Jugend betrieben hätte, sei ein karolingischer Zusatz. Ob hingegen die Vetustissima bereits einen Hinweis auf die irische Herkunft von Gallus enthielt, was wohl aus der Tabelle von p. 287 zu schließen die Meinung von 2 ZRPh. 103 (1987): 1-19. 3 ZRPh. 103 (1987): 18. 4 Cf. dazu auch W. Berschin, «La Vita S. Galli», in: Le origini dell'Abbazia di Moggio e i suoi rapporti con l'Abbazia svizzera di San Gallo, Atti del convegno internazionale (Moggio, 5 dicembre 1992), Udine (Deputazione di Storia Patria per il Friuli) 1994: 79-84. 5 Cf. zuletzt VRom. 53 (1994): 138-55. 214 Besprechungen - Comptes rendus W. Berschin ist, bleibt für mich fraglich. Wie ich schon an anderer Stelle dargelegt habe 6 , halte ich es für durchaus möglich, daß Wetti und Walahfrid sich für die Hinweise auf die Herkunft von Gallus ausschließlich auf eine unrichtige, aber leicht verständliche -lokale Tradition sowie auf die Columban-Vita von Jonas stützten und die Vetustissima erst von dem Augenblick an als Quelle benützten, wo von den Geschehnissen in der «Altimania» 7 die Rede ist. Ein Letztes zum rezensierten Band: Die zum Teil anspruchsvollen Probleme der typographischen Gestaltung des Werks von W. Berschin sind in vorzüglicher Weise gelöst. G. Hilty * JACQUES BRES, La Narrativite, Louvain-la-Neuve (Duculot) 1994, 201 p. (Champs Linguistiques) Si un dominio ha sido frecuentado por los teorizadores de/ sobre la literatura en esta segunda mitad de siglo, este no ha sido otro que el de la narratologfa. Curiosamente, en la primera mitad de la centuria, el analisis del lenguaje literario se centr6 en el discurso de la poesfa, ambito en el que se podfan reconocer, con mayor facilidad, las valideces de los modelos te6ricos aducidos. Parecfa, asf, que los textos en prosa carecfan de principios o de rasgos formales que les permitieran reclamar una identidad literaria, precisa y coherente, que atrajera a los crfticos de la literatura (no asf, a sus historiadores, en cuyas taxonomfas tanto vale una obra en verso como en prosa). Es cierto que algunos formalistas - Tynjanov, Eichenbaum, Tomasevskij tendieron ya iniciales acercamientos al discurso prosfstico, pero en busca de verificaciones de otros conceptos: la qefinici6n de la «literaturidad», la delimitaci6n de los generos literarios, la propia configuraci6n lingüfstica de la prosa, en fin, su naturaleza estetica. Pero, hasta los afios cincuenta no puede hablarse de una direcci6n crftica, ocupada, exclusivamente, en dilucidar todos los fen6menos -16gicos, filos6ficos, discursivos y, por ello, lingüfsticos -atingentes a los textos narrativos. Corno es sabido, correspondera al estructuralismo frances («nouvelle vague», «nouveau roman», «nouvelle critique»: tanto da) tender las lfneas necesarias para convertir a la producci6n narrativa en un campo de estudio independiente de sus resultados: los textos considerados como objetos hist6ricos. Los fundamentos de esta nueva metodologfa reposan sobre la polemica pero necesaria -lectura que Levi-Strauss realiz6 de la Morfologfa del cuento de V. Propp y el paralelo redescubrimiento del legado formalista, impulsado por la labor de edici6n y de traducci6n a que el bulgaro Todorov se aplic6 a lo largo de los afios sesenta. Nacieron, asf, las primeras «gramaticas narratol6gicas», los primeros modelos actanciales, las primeras propuestas de «funciones» y de «acciones» narrativas. Una nueva ciencia, que iba mas alla de la crftica literaria, puesto que implicaba a otras areas epistemol6gicas, nacfa, en realidad, de los provocadores planteamientos con que los Barthes, Genette, Todorov, Bremond, Kristeva y Greimas (por citar solo a los mas conocidos) saltaron a la 6 G. HILTY, «Und wenn Gallus nicht Ire gewesen wäre? », in: Herausgeber Region St. Gallen '94, St. Gallen 1993: 133-44. 7 Mit diesem Namen, in dem sich ein bodensee-alemannisches Weltbild offenbart, bezeichnet die Vetustissima das Wirkungsfeld des heiligen Gallus von Tuggen bis Bregenz. W. Berschin kann zeigen, daß noch andere Werke anstelle von «Alemannia» diese etymologisch-gelehrte, doppelsinnige Variante (auch in den Formen «Altamania» und «Altemania») 'Hochland-Alemannenland' verwenden; cf. p. 79 N195. Besprechungen - Comptes rendus 215 palestra. En sus manos, el texto desaparecia, veia difuminar su identidad hist6rica y pasaba a convertirse en pieza de un engranaje discursivo que habia que definir, mediante Ja identificaci6n de sus eJementos esenciaJes. EI autor «muere» y la noci6n de textualidad deja paso a la de obra literaria. Esta primera generaci6n de especuJadores narratol6gicos lograra, cuando menos, devolver al discurso de la prosa la principal de sus dimensiones: Ja de ser soporte de la «narraci6n», es decir, de Ja «acci6n de contar», proceso que necesita de unas reglas, de unos principios y de unos mfnimos elementos para poder existir. Asegurada, en parte, esta «estructura» funcional (con dos planteamientos posibles segun se distinga entre «historia/ discurso» o entre «narraci6n/ relato/ historia») y verificada mediante un amplio conjunto de analisis (Decamer6n, Sarrasine de Balzac o A la recherche du temps perdu) surge, en Ja decada de los ochenta, si no una segunda generaci6n de estudiosos, sf unas diferentes preocupaciones sobre el valor de Ja narratoJogfa. Uno de los asuntos esenciales a que las revisiones de esta crftica ha atendido es eJ concepto de «ficci6n», al que se ha sometido a todo tipo de investigaciones, como 16gico fundamento que es de! universo narrativo, hasta llegar a equipararlo al mismo sentido de «literatura» (tal y como ha propuesto G. GENETTE en Ficci6n y dicci6n [1991)). EI otro aspecto sobre el que la crftica ha reparado se trata de la esencia misma de! proceso narrativo: o de «la narratividad», conforme a la denominaci6n que emplea J. Bres en este importante volumen. En principio, conviene sefialar las nuevas orientaciones de esta lfnea de investigaci6n. No se trata, sin mas ni mas, de una derivaci6n de la narratologfa francesa de las decadas de los sesenta y setenta, sino de una distinta reflexi6n sobre el acto de narrar, pero desde los presupuestos de la pragmatica lingüfstica (en concreto, las aportaciones de W. Labov); de este modo, se involucra todo el conjunto de valoraciones referidas a los sistemas de relaciones comunicativas y de situaciones intencionales que intervienen en el desarrollo mismo de Ja experiencia de la creaci6n literaria. En este sentido, sf parece cierto que los estructuralistas acaban siendo apresados por sus particulares concepciones de] fen6meno narrativo, siendo necesaria esa intervenci6n pragmatica para configurar un nuevo horizonte (tambien de expectativas) en el que Ja obra literaria pudiera recuperar su densidad textual. Todo esto se tiene aquf en cuenta, mas las consideraciones filos6ficas con que el prof. Paul Ricoeur cerca este ambito de lo narrativo, privilegiando el plano de la tempora- Jidad, como base de! analisis textual. La «estructura» de capftulos de La Narrativite obedece a este deseo de alinear estas tres visiones te6ricas en busca de un modelo comun. Bres examina, de este modo, las posibilidades de la «semantica estructural» de Greimas (cap.1), de la «temporalidad» de Ricoeur (cap.2) y de! funcionamiento de la «interacci6n verbal» de Labov (cap.3). El prop6sito de Bres no es otro que el de hallar un planteamiento global que pueda explicar el fen6meno de la producci6n de esa «narratividad» y el modo en que realmente funciona la narraci6n: «un acte par lequel le sujet construit et confirme son identite: narro, ergo sum» (6). El cap.1, «La narrativite et le sens. Du cote de la semiotique narrative» (7-41), se abre ya con una cita en la que se intenta precisar el sentido de «narratividad»: fen6meno estructurante de la significaci6n u organizaci6n «sintagmatica» de la misma. De la discusi6n a que son sometidos los asertos greimasianos de 1966, varias ideas se desprenden: la organizaci6n de esa significaci6n procede de la acci6n que el hombre ejerce sobre el mundo y no al reves, por lo cual un relato no es mas que la conversi6n, en praxis lingüfstica, de esa actuaci6n humana. 0 lo que es mas: un modo de actuar por el que se crea un conjunto de sentidos. Cree Bres, entonces, que todo acto puede ser convertido en relato, teniendo en cuenta que unos actos seran mas interesantes que otros, lo que autoriza ya a involucrar en el proceso de analisis principios pragmaticos: son factores culturales y situacionales los que deciden que relatos habran de ser operativos en un determinado contexto. Las teorfas de Labov permiten comprender los complejos fen6menos que ocurren en el 216 Besprechungen - Comptes rendus proceso de la narraci6n: unos receptores aceptan ser privados de su palabra en virtud de los efectos que ese relato va a causar en ellos (condiciones indispensables para hablar de «narrabilidad»). Sobre este orden, se instaura el verdadero valor del edificio narrativo: romper las relaciones del individuo con el mundo en el que habita, quebrar las normas que constituyen su pensamiento, privilegiar los «desvios» que obligan a adquirir una distinta visi6n de la realidad: en ese apartamiento de su «normalidad», propiciado por el relato, es donde el ser humano adquiere conciencia de si, aprende a construir su identidad. EI segundo capitulo, «La narrativite et le temps. Du cöte de l'hermeneutique» (43-72), plantea un novedoso acercamiento a la relaci6n que se constituye entre el sujeto y las narraciones de las que depende, puesto que son ellas las que producen un sentido, que acaba convirtiendose en base de «praxemas nominales», soporte a su vez de la representaci6n de objetos. Demuestra Bres que todo relato permite desplegar previsiones de sentido y convertirlas en pautas de actuaci6n, lo que verifica argumentando el papel que juega la epica en la construcci6n de las identidades sociales y politicas de los pueblos primitivos: una naci6n solo adquiere conciencia de lo que es cuando puede verse reflejada en lo que puede llamarse «roman d'origines». EI relato y esta es una de las ideas mas singulares de este libro es un proceso de recuperaci6n («mise en ascenda11ce») de! tiempo de! que se 11utre el sujeto. Se cue1 1 ta algo para 110 perderlo, para poseerlo, para restaurarlo. Todo relato tra11smite «pulsio11es de vida», fre11te a la precaria temporalidad e11 que el ser huma110 se ve ame11azado por las «pulsio11es de muerte». Bres acierta al sefialar que el relato, posibleme11te, 110 sea el u11ico medio de co11servar el pasado, pero si que es el u11ico que le permite al i11dividuo se11tirse parte de ese proyecto de co11servaci611 de u11a identidad (las teorias de Laca11 sobre el espejo image11 de la concie11cia y la valoraci611 de Lafo11t sobre sus aplicacio11es). Es mas: el relato es uno de los medios pri11cipales que le permite al i11dividuo estructurarse temporalme11te (tal y como los «cue11tos de hadas» demuestra11). Si Laca11 habla de «topothese», como parte de esa ubicaci6n espacial que el espejo (y la 11arraci611 lo es), proporcio11a, Bres sugiere hablar tambie11 de «chro11othese». EI tercer capitulo, «La 11arrativite da11s l'interactio11 verbale. Du cöte de la socioli11guistique pragmatique» (73-93), reflexio11a sobre el modo e11 que el i11dividuo se sie11te parte de! mismo proceso de comu11icaci611 que el co11struye en sus relatos, te11ie11do e11 cue11ta el grado de «co11cie11cia falsa» sobre la que se asie11ta11 esas 11arracio11es. Por ultimo, el cuarto capitulo, «La productio11 de la 11arrativite. Du cöte de la praxematique» (95-144), defi11e ya el modelo de «11arratividad» que Bres persigue, basada e11 la autonomia de la lingüistica como condici6n primera de la producci6n narrativa (por la actualizaci6n que impone el habla a los acontecimientos que transmite), en los programas frasticos (simbolizan la acci6n referencias y pueden ser considerados como matrices de la estructura narrativa) y en la representaci6n de! tiempo (desde esa valoraci6n recuperadora de lo efimero, de lo ilusorio), en la que reposa la universalidad de la narratividad. Importa esta consideraci6n: «Le recit libere l'agir humain. La praxis linguistique vient au secours de la praxis manipulative-transformatrice du monde, en accroit la puissance, Cette fonction anthropologique est souvent masquee dans le recit fictif dans la mesure ou elle n'y a pas cette acuite: la narratologie contemporaine l'ignore» (127). Pero, con mucho, importa destacar el criterio de la «ascendance du temps» como soporte de la esencia de la narratividad. Un ultimo capitulo, «Applications» (145-72), en el que destaca un somero analisis de Cr6nica de una muerte anunciada de Garcia Marquez, explora las posibilidades de esta nueva visi6n de la narratividad; tiene en cue11ta el transito que se produce entre los relatos orales y el espacio de la escritura. El metodo de analisis de Bres implica una valoraci6n de los programas narrativos y frasticos [a) el espaciamiento del relato, b) el relato infieri (es decir, en el conjunto de sus accio11es)], mas u11a indagaci6n de la actancialidad que pre- Besprechungen - Comptes rendus 217 senta, a fin de poder verificar el grado de funcionamiento de su construcci6n temporal (con los criterios de «ascendance/ descendence»). Corno ultima conclusi6n, la que cierra el libro: «Le recit permet a tout moment au sujet d'actualiser une image sinon coherente du moins tendant vers la cohesion de ce qu'il a ete a travers ce qu'il a fait, image a laquelle il s'identifie et sur laque! le il s'appuie pour conquerir son futur. Le recit est translation temporelle, recuperation qui permet la projection» (179). La Narrativite, en suma, es un libro que pertenece a ese segundo momento de investigaci6n posibilitada por los cauces que Ja narratologfa francesa habfa abierto en los afios sesenta fundamentalmente. Lo mejor de este volumen: la exploraci6n que ofrece sobre la identidad temporal en que se apoya todo relato, dimensi6n que es fundamentalmente lingüistica como recuerda, una y otra vez, J. Bres. Por ello, el acto narrativo es una «mise en intrigue» del pasado en el presente de Ja interacci6n verbal, proceso por el que el relato construye el sentido. F. G6mez Redondo * Studi Testuali 3, Alessandria (dell'Orso) 1994 Questa raccolta, ehe costituisce il terzo volume della collana «Scrittura e scrittori», inaugurata nel 1984, e aperta dall'articolo di MASSIMO BONAFIN «Note di filologia e critica sul testo di Trubert. A proposito di due nuove edizioni» (7-14). In esso l'autore mette a confronto Je due ultime edizioni del divertente testo di DourN DE LAVESNE, quella a cura di CARLO DoNA, pubblicata a Parma nel 1992, e quella di Luciano Rossi, pubblicata a Parigi nello stesso anno (e ! 'ultimo testo del volume dedicato ai Fabliaux erotiques 1 ). Bonafin analizza puntualmente i luoghi del testo nei quali le due edizioni divergono, mettendo cos1 in luce la diversita di impostazione filologica, dettata anche dalle differenti scelte editoriali: mentre, infatti, Rossi stampa un testo critico proprio, Dona riutilizza quello di Guy Raynaud de Lage, affidando solo alle note, e qualche volta alla traduzione, «i frutti del suo acume filologico» (13). Nell'articolo «Ecdotica minima rolandiana» (15-30) il compianto GroRGIO CmARINI illustra i possibili, minimi, ritocchi sul testo della Chanson de Roland magistralmente, e definitivamente (a meno di nuove acquisizioni manoscritte), stabilito da Cesare Segre; i luoghi d'intervento sono 35, ma questo saggio e solo la prima parte di un piu ampio studio. Vediamo qualche esempio. Al v.8 «Mahumet sert e Apollin reclemeit», Chiarini propone di ristabilire la forma reclaimet < RECLAMAT, poiche in afr. -aie l'esito normale di A tonica libera davanti a nasale (e offre a confronto il v. 2044, dove e appunto conservata questa forma). In effetti, e il commento dello studioso, «nei testi poetici gli elementi oggettivi deducibili dalla rima ... o ... dall'assonanza si devono ... restituire, anche se non possono autorizzare ad esperire un ripristino integrale» (22). Al v.39, «Serez ses hom par honur e par ben», honur, della cui autenticita dubitava anche Segre, va corretto con amur, come testimoniato da! ms. V 4. Per il v.141, «Sa custume est qu'il parolet a leisir», Segre proporrebbe, per sanare l'ipermetria, di espungere Ja -t di parolet, con conseguente sinalefe. In realta, il «contesto sintattico ... postula il verbo non all'indicativo ma al congiuntivo, quindi non parolet ma parolt» (24). Al v.314 «Co est Beldewin, c;:o dit ki ert prozdoem», «Ja parentetica ... sembra proprio una zeppa» (25), e in effetti si potrebbe correggerla, con l'aiuto del ramo ß della tradizione manoscritta della Chanson, in s'il vit. Per 1 Fabliaux erotiques. Textes de jongleurs des xn e et xrn e siecles, edition critique, traduction, introduction et notes par LucrANO Rossr, avec Ja collaboration de RICHARD STRAUB, Paris 1992. 218 Besprechungen - Comptes rendus ehiudere eitiamo ! 'es. de! v.930, «Jamais en te[st]e ne porterat eurone»: la eorrezione dell'attestato tere, aeeettata da Segre, sarebbe in qualche modo eonvalidata da! ramo y, ehe ha ceflchief, ma seeondo Chiarini, e erediamo eh'egli non abbia torto, si tratta di una banalizzazione, eonsiderando anehe il fatto ehe al v.2030 e'e Jamais en tere eon il signifieato di «mai al mondo», ehe ealzerebbe benissimo anehe qui. Nonostante l'affermazione programmatiea dello serittore rumeno Mireea Eliade, seeondo la quale «serivendo si dimentiea tutto quel ehe si sa», l'analisi eondotta da MARCO CuGNO, «Interferenze folclorieo-mitologiehe e letterarie nella narrativa fantastiea di Mireea Eliade (Jl serpente)» (31-49), dimostra ehe «non puo esistere una vera soluzione di eontinuita» (49) tra lo studioso e lo serittore. Ne! romanzo Il serpente, inoltre, seritto di getto, e senza speeifieo rieorso all'abbondante materiale folclorieo-mitologieo di eui pure l'autore disponeva, nel 1937, si svela, per quel ehe riguarda almeno il simbolismo dell'isola, la signifieativa, ed anzi determinate presenza dell'opera narrativa di Mihai Emineseu. GruSEPPE NoTo, in «Aneora sull' ,autoeoseienza> del giullare e i giullari nei fabliaux» (51-73), ampliando uno studio preeedente (de! 1993), indaga sia sul personaggio-giullare nei fabliaux, in relazione a Jouglet e Le jongleur d'Ely, sia sull'«io narrante» nei testi Le chevalier qui fit ! es cons parler, Li sohaiz des vez, Li fabliaus de Coquaigne e Du prevoire qui menga les meures. In partieolare, merita qualche parola il eommento di Nato al v.8 de! fabliau Le chevalier qui fit ! es cons parler (per il quale viene presa l'ed. di CHARMAINE LEE, Il falcone desiderato. Poemetti erotici antico-francesi, Milano 1980). Infatti, la lettura «Quant il oent bons fableaus lire» («se aseolta dei buoni fabliaux», trad. Lee), offre l'oeeasione allo studioso di glossare ehe in questo versa e'e «una signifieativa indieazione su quelle ehe, per l'autore de! nostro testo, sono le eonerete modalita eomunieative del genere fabliaux: e'e infatti un ehiaro aeeenno all'aseolto da parte di un pubblieo di una lettura» (57, il eorsivo e mio). Di fatto, ! 'ultima edizione di questo fabliau (vedi Nl) ! egge il versa in modo differente: «se il ooent bon flabeau dire», eon esclusione di ogni riehiamo alla lettura. L'apparato di Rossi non riporta varianti per il v.8, e dunque non sappiamo se lire e un errore di stampa dell'edizione Lee, o se si tratta di variante eontenuta in un eodiee non preso in eonsiderazione da Rossi: ma anehe in questo easo, erediamo, si tratterebbe di una lezione di poeo conto, perehe ! 'ultimo editore ha fondato il suo testo «sur le ms. D ..., aussi bien qur sur A, B, C et E, en negligeant ! es remaniements de I et de M» (199). Questo esempio puo servire per sottolineare l'importanza di avere un testo eritieo fidato sul quale basarsi per ogni tipo di interpretazione. Un'opera letteraria, si sa, e suseettibile di sempre nuove interpretazioni e di sempre piu approfonditi seavi, e questo in misura direttamente proporzionale all'eeeellenza de! suo autore. SANDRO ORLANDO da un'ulteriore dimostrazione di eio applieandosi ad uno dei piu noti, e dunque meglio studiati, passi della Commedia dantesea («Suggestioni intertestuali in Inferno V 127-29», 75-79). 11 retroseena letterario dell'ineipiente passione tra Paolo e Franeesea potrebbe essere nientemeno ehe il passo del! 'Historia calamitatum dove Abelardo della cui Introductio in theologiam sono stati trovati signifieativi eehi nel poema parla de! momento in eui l'amore per Eloisa toeea il suo eulmine. Anehe a preseindere da altri eontatti (cf. ad es. «... seeretos reeessos, quos amor optabat, studium leetionis offerebat»; «apertis itaque libris», eee.), il seeondo emistiehio de! v.129 «sanza alcun sospetto» sembrerebbe, in partieolare, da leggere alla luee della frase «quoque minus suspieionis heberemus»: Dante vuole forse solo dire, al di la delle molte interpretazioni ehe il verso ha suseitato, ehe nessuno di eoloro ehe stavano vieini a Paolo e Franeesea poteva sospettare di loro. Se questa ipotesi e eorretta, il Buti non aveva torto a eommentare «non aveano sospetto d'essere eompresi da alcuno». La lingua utilizzata dal trovatore Gavaudan non puo essere loealizzata nella regione d'origine de! poeta, il Gevaudan, ma generieamente nel territorio ehe eomprende il tolosano, il Querey, la zona albigese e il Rouergue: sono queste le eonclusioni alle quali arriva Besprechungen - Comptes rendus 219 MAX PFISTER nel saggio su «La lingua di Gavaudan: i. mezzi linguistici per loealizzare un trovatore» (81-91). Ci sono, infatti, aleuni tratti earatteristici della lingua poetiea de! trovatore indagata a partire dalle parole in rima, ehe offrono una fonetiea piu sieuramente originale ehe porterebbero ad escludere il Gevaudan: la -i finale alla 1 a persona sing. dell'indieativo presente, il perfetto debole in -ec anziehe in -et, il pronome personale nella forma me anziehe mi. E evidente, eomunque, ehe l'analisi della lingua di un trovatore e sempre un'operazione piuttosto delieata, perehe i dati in nostro possesso sono falsati, in misura maggiore o minore, dalla patina linguistiea ehe ogni eopista ha sovrapposto all'idioma originario di eui il poeta si e servito. Lo studioso deve inoltre «eonsiderare l'influenza della tradizione letteraria» (83), ehe puo aver spinto il trovatore ad abbandonare eerti tratti fonetiei tipiei de! suo proprio dialetto. I dati sui quali si e basato Pfister, oltre a quelli gia rieordati, sono: la grafia -geome risultato di -cT-, Ja sineope -erc/ -erga < -INicu/ -INICA e i plurali in -agl-ug. Con il eontributo di AuRELIO RoNCAGLIA («Sorrabar», 91-94), inveee, ei spostiamo in area portoghese. Al v.4 di una delle cantigas ehe Pero Gareia Burgales ha dedieato a Maria Negra, e'e la forma sorrabedes, non eompresa e di eonseguenza variamente eorretta dagli editori: in realta si tratta della 2 a persona plur. de! eongiuntivo-esortativo de! verbo sorrabar, attestato in quasi tutti i dizionari (<so+ rabo, a sua volta < lat. RAPUM, nell'aeeezione traslata di «eoda», o anehe «eulo»). Nel eontesto poetieo indagato, non eerto alieno da oseenita, il verbo signifieherebbe «menear el rabo»: «fuori di perifrasi ... Pero Garcia vuole "essere eavaleato"» (94) dalla ben talhada Maria. Rimaniamo nella penisola iberiea, ma ei spostiamo in Spagna eon ALDO RuFFINATTo, il eui intervento e eentrato su «La <semiotiea filologica, eome seienza letteraria (un approeeio ispanieo)» (95-114). Partendo dalle eonsiderazioni fondamentali di Cesare Segre a proposito della interazione tra semiotiea (applieata ai testi letterari) e filologia (intesa in particolare come eritiea del testo), Ruffinatto mostra eome il criterio «semiofilologico» (come lo ehiama a p.97) possa dare frutti difficilmente raggiungibili per altra via nella soluzione di partieolari problemi legati al testo letterario. I criteri semiotiei della narratologia, ad es., potrebbero essere d'aiuto nel dirimere l'annosa questione della supposta, ma da alcuni fortemente negata, doppia redazione del Libro de Buen Amor, come potrebbero permettere di individuare precise lacune in passi de! Quijote di Cervantes variamente martoriati dagli editori (cf. l'esempio dal cap. XIX della Prima Parte, p.102ss.). «L'azione combinata di semiotica e filologia puo rivelarsi estremamente vantaggiosa anche nel easo dei rapporti fra testo e modelli» (104), dunque nell'indagine intertestuale viene fatto l'esempio dei rapporti tra il Pastorcico di San Juan e la versione profana dello stesso (p.104ss.) -, ed anche nell'approccio a tradizioni contaminate. LucIANA BoRGHI CEDRINI, «Per una lettura continua dell'837 (ms. F. Fr. Bibl. Nat. di Parigi): il Departement des livres» (115-66), si occupa di un eodice molto importante, quanto poco studiato: 1'837, appunto, della Biblioteca Nazionale di Parigi. Si tratta di un ms. curato nella confezione, pur se non di lusso, ragguardevole non solo per Ja quantita, ma anche per la qualita testuale dei componimenti ehe trasmette. Si tratta di uno di quei libri medievali ehe si presentano come una vera e propria «biblioteca» (119): riunisce «generi brevi d'esereizio giullaresco», ed e stato messo assieme o per un giullare, perche «potesse trarne un ampio repertorio di veloce eseeuzione», oppure per un amatore, perche «vi trovasse un ampio surrogato librario di quelle esecuzioni» (ib.). Per un testimone di tal fatta si rivela quanto mai profieua la lettura continua, non desultoria, per generi o autori, in quanto «la prassi de! prelievo diseontinuo ... rischia ... di farei disconoscere le modalita di consumo» previste dal compilatore per alcuni dei pezzi inclusi nella raccolta (121). Significativamente paradigmatico a questo proposito e il poemetto adespoto Departement des livres, nel quale un eiere racconta al pubblico la dispersione dei suoi libri personali in varie citta della Francia a causa delle continue perdite al gioco (de! testo viene data una 220 Besprechungen - Comptes rendus nuova edizione alle p.123s.; i v.27-30 sono riportati due volte per errore tipografieo). La biblioteea de! clerc diventato giullare non e immaginaria, perehe eontiene «titoli d'effettivo interesse didattieo e/ o liturgieo-devozionale» (139), e rappresenta una sorta di biblioteea neeessaria a eonseguire la clergie. Nemmeno l'abbinamento dei libri alle 28 eitta ehe il clericus vagans diee di avere toeeato nel suo, peraltro piuttosto eaotieo, tour de France e easuale, poiche si tratta sempre di sedi seolastiehe rinomate, quale piu, quale meno, nel Medio Evo. Ma l'osservazione veramente interessante e ehe seaturisee, appunto, dalla lettura eontinua del libro medievale e ehe 1'837 fa seguire il Departement da due testi ehe sembrerebbero ad esso strettamente legati: si tratta di una Gengle au ribaut eon relativa Contregengle (anehe di questi eomponimenti viene data l'edizione: si vedano, rispettivamente, le p. 143-47 e 151-55). La Gengle, in effetti, opera di un giullare ribaut, rappresenta il duro attaeeo, da parte di un professionista della performance di piazza, al clerc improvvisatosi jongleur, mentre la Contregengle sarebbe la eontrorisposta del clericus, predieatoria e moralistiea, quindi ben eontrapposta ai toni giullareseamente sgangherati dell'interloeutore. Insomma, i tre testi ehe il eompilatore dell'837 ha eopiato uno di seguito all'altro sarebbero tre «mimi» giullaresehi, nei quali vengono recitati due tra i ruoli piu importanti delle rappresentazoni di piazza nel Medio Evo: il ehierieo e il giullare. P. Gresti * GEROLD HrLTY (ed.), Actes du xx Congres International de Linguistique et Philologie Romanes. Universite de Zurich (6-11 avril 1992), 5 vol., Tübingen/ Basel (Franeke) 1993 0. Les romanistes sauront gre a Gerold Hilty de leur avoir livre un an seulement apres les avoir reunis a Zurieh de meme qu'a un prix tout a fait abordable! - ! es Aetes du xx e Congres International de Linguistique et Philologie Romanes 1 . C'est une pratique d'edition innovatriee qui a ete retenue: les tapuserits des differentes eommunications ont ete reunis par les presidents de seetion, puis imprimes tels quels. Ce proeede, qui a rendu possible la parution extremement rapide de l'integralite des einq volumes, sera notamment apprecie par ! es jeunes ehereheurs, dont la earriere depend souvent de la publieation de leurs premiers articles. L'ineonvenient en est que ! es editeurs sont obliges de s'en remettre a l'exaetitude des auteurs en ce qui eoneerne la presentation (non seulement) materielle des textes. On est malheureusement frappe par le peu de soin qui a ete apporte a la presentation d'une partie non negligeable des eontributions: on releve des pages ineompletes, des renvois bibliographiques errones ou inexistants, une plethore de fautes de frappe et de fautes de langue, enfin la typographie et ! es notations laissent souvent a desirer. Apparemment, les marques typographiques utilisees communement pour marquer ! es differents niveaux de l'analyse linguistique ne sont pas maitrisees par l'ensemble de la communaute seientifique, a moins qu'elles soient eonsiderees eomme superflues 2 • De plus, le leeteur est mal a l'aise faee aux (nombreuses) eommunieations qui ne speeifient pas, ni dans le titre ni dans le texte, la ou les langue(s) qu'elles abordent. Et on aurait souhaite que ! es auteurs situent davantage leur propre reeherche a l'interieur de la linguistique romane. D'une maniere generale, ! es pages dont on retire l'impression d'un eertain manque de professionnalisme abondent. Mais la eompilation n'a pas que des ineonve- 1 On peut regretter que ! es diseussions n'aient pas ete reproduites, bien qu'elles fassent une timide apparition ya et Ja (par exemple IV, 46 N6). 2 On est neanmoins en droit de demander aux auteurs d'eviter ! es contresens; ainsi «Ne! napoletano ... e usato il tipo formale» (rv, 397) doit etre lu «Ne! napoletano ... e usato il tipo rformale 7 ». Besprechungen - Comptes rendus 221 nients: notamment, en l'absence de titres courants, les differentes typographies peuvent guider tres commodement le lecteur qui ne fait que consulter ces volumes de fa9on ponctuelle. Malgre le besoin d'une restriction quantitative ressenti par Ja Societe apres le Congres de Saint-Jacques, qui s'est traduit par une conception plus rigide et par une organisation un peu restrictive, «a la suisse», de ce xx e congres, les contributions refletent la grande variete des etudes entreprises actuellement en linguistique romane. Il va de soi qu'il n'est pas possible de discuter de fa9on critique toutes les communications. Nous nous efforcerons plutöt de donner une impression de la diversite des sujets abordes et de la variete des approches retenues, afin de montrer a quel point le Congres de Zurich a ete un lieu de contacts et d'echanges fructueux. 1. Le premier volume s'ouvre sur ! es deux discours prononces lors de la seance d'ouverture: d'abord celui de ROBERT MARTIN, president de la Societe de Linguistique Romane (3-12), suivi de l'allocution de GEROLD HILTY, secretaire du Comite d'organisation (13- 18). Le reste de ce fort volume reunit les communications de la premiere section, consacree a Ja phrase et presidee par GEORGES KLEIBER et MARC WILMET (v. leur presentation 21- 31). Avec ses 56 communications, c'est la section la plus importante en nombre, mais l'absence de la quasi-totalite de la romanistique etatsunienne (due a des questions de calendrier) se fait sentir avec une acuite particulierement forte dans le domaine de la syntaxe. 28 communications concernent le fran9ais, 15 l'espagnol, trois Je portugais, deux respectivement l'italien, le roumain et le catalan, tandis que trois communications se situent dans une perspective contrastive (Cuenca: catalan/ italien; Florea: fran9ais/ roumain; Montolio-Duran: fram,;ais/ espagnol). Une seule communication (Karolak) s'eleve (plus ou moins) au niveau roman. Il aurait saus doute ete difficile de delimiter, a l'interieur de la syntaxe, un sujet plus vaste que celui de la phrase. En taut qu'unite non seulement syntaxique, mais aussi semantico-logique, stylistique, prosodique, graphique, enonciative, ... , la phrase depasse meme le cadre strictement syntaxique. Cette polysemie, qui, pour le domaine fran9ais (au moins), remonte au 18 e siecle 3 , a permis de reunir une grande variete de communications. Les presidents de la section, qui s'etonnent de n'avoir guere entendu de definition de Ja phrase (24), n'en proposent pas eux-memes (le schema p.24 n'est pas une definition). Or si ! es differents auteurs avaient enonce l'acception du terme de phrase sur laquelle ils s'appuient (implicitement), on aurait saus doute ete en face d'un tour d'horizon de definitions divergentes (et complementaires) de la phrase comparable a celui offert pour le concept de mot par AMR HELMY lBRAHIM (coord.), Lexiques, Hachette 1989 (definitions du mot par A.J. Greimas [58]; A.Martinet [84]; B.Pottier [120]; M.Gross [207]). En fait, une seule communication est consacree a la definition et a Ja delimitation du concept de phrase: J.A. AKOHAS (45-58) analyse la phrase dans des extraits de Celine, Sarraute et Claude Simon. Un nombre important de communications se penchent sur l'anaphore. H. YosHITAKA (273-86) etudie un cas particulier d'anaphorisation pronominale, celui du SN generique: tandis que Un chien aboie souffre une interpretation generique ou specifique, r;a dans Un chien, r;a aboie desambigu"ise l'enonce. M. IGLESIAS BANGO (287-300) aborde le statut des pronoms dans les constructions espagnoles du type hacer + infinitif: Juan lo [ = Pedro] hiza matar peut signifier indifferemment que Pedro a tue et que Pedro s'est fait tuer (l'analyse se complique du fait du leismo/ loismo .. .). F.Monge (507-19) distingue un lla- 3 Cf. J.-P. SEGUIN, L'Invention de la phrase au xvnf siecle, Louvain 1993. 222 Besprechungen - Comptes rendus mar denominatif (lo llame y no vino) d'un llamar appellatif (le/ lo llame mentiroso) et etudie les pronoms respectifs qui les accompagnent. M. MANOLIU-MANEA (433-50) decrit les contraintes qui pesent sur le choix pron. pers. 3/ anaphore zero en fonction de sujet en roumain: tandis que le premier est analyse comme un signe de rupture, le second tend a traduire la coherence maximale. L. TAsMowsKr-DE RYcK (751-63) etudie le fonctionnement des pronoms dans le Letopisetul Tiirii Moldovei de Grigore Ureche: contrairement aux clitiques du roumain contemporain, qui sont essentiellement anaphoriques, ceux du 16 e siede se trouvent encore a mi-chemin entre l'anaphore et la deixis. J.-M. LusCHER (419-32) et BR. WrnDERSPIEL (777-91) reflechissent sur la (co-)reference pronominale et l'anaphore en fran9ais. N. TAGUCHI (739-50) etudie la transposition par pluralisation (nous de majeste, de modestie) et par deplacement de personne (Il a ete bien sage? pour Tu as ete bien sage? ). Une seule communication traite de la cataphore: d'apres la these d'E. LAVRIC (381-94), le fran9ais ne connait, en principe, pas de determinants cataphoriques (ils seraient plut6t non-anaphoriques). Ne voulant pas confiner la cataphoricite a certains determinants, elle propose de considerer les syntagmes nominaux cataphoriques. J. M. LoPE BLANCH (407-17), resumant ses recherches d'une decennie, rappelle les six structures syntaxiques formelles de l'espagnol (oraci6n, / rase, prooraci6n, periodo, oraci6n eliptica, cldusula - Je tout tres commodement defini). Se penchant plus particulierement sur la cldusula (enonce), il constate une grande homogeneite entre sa structure dans Je parler cultive de six capitales americaines (Mexico, Caracas, Santiago de Chile, San Juan de Puerto Rico, Bogota, Buenos Aires) et dans celui de Madrid, ! es diffärences relevant davantage du niveau diastratique. Au niveau transphrastique se situent Ja communication d'A.JAUBERT (315-28) sur ! es pertinentiseurs fran9ais comme apropos, au fait et celle d'E. RrnRUEJO (629-42) sur ! es connecteurs transphrastiques de Ja prose medievale castillane (e, otrossi, demds). Dans un domaine connexe, R. LANDHEER (367-79) montre que ! es regulateurs verbaux comme pour ainsi dire, une espece de servent a neutraliser des traits centraux d'un lexeme pour en actualiser des traits peripheriques. On peut egalement y rattacher la communication de M. S. ALoNso DE RuFFOLO (59-69), qui, se penchant sur des problemes d'ambigui'te dans des textes produits par des adolescents, etudie le jeu des conectivos comme les prepositions, ! es conjonctions ou les adverbes. P. VAN REENEN/ L. Sctt0SLER (615-28), completant une etude anterieure sur le si thematique (particule qui introduit en general une principale) de l'ancien et du moyen fran9ais dans la narration, l'analysent a l'interieur du discours direct. Tandis que pour la narration, l'hypothese selon laquelle si thematique signalerait la persistance du meme theme est verifiee dans plus de 80% des occurrences, elle se verifie seulement dans 65% des occurrences dans Je discours direct. La communication de V. BAEZ SAN JosE (71-84) a quelque chose d'une syntaxe generale appliquee a l'espagnol. CHR. MARCHELLO-NrzrA (451-64) fait l'historique de ! 'ordre SVO (et non pas SOV, comme il est dit p. 453) en fran9ais. Trois articles se groupent autour de Ja thematisation: D. CALLou/ J. A. MoRAEs/ Y. LEITE (99-107) etudient la topicalisation et la dislocation a gauche du portugais du Bresil, J. CER- VONI (123-34) s'interroge sur Ja pertinence de Ja place de syntagmes prepositionnels «mobiles» (notamment de circonstanciels de phrase) pour la thematisation en fran9ais. Se situant a l'interieur du projet d'un dictionnaire des constructions nominales de l'espagnol standard cultive, M. T. DfAz HoRMIGO (191-204) etablit des correspondances entre le maintien du schema actanciel des substantifs deverbaux et deadjectivaux, par rapport a leur base derivationnelle, et leur fonction thematique ou rhematique. Une communication concerne le syntagme verbal, une autre le syntagme nominal, une troisieme, enfin, Je syntagme adjectival. J. EsPINOSA GARCIA (205-16) cherche des criteres pour differencier les predicats simples des predicats complexes (par ex. visitar! hacer une Besprechungen Comptes rendus 223 visita), ce qui l'amene a discuter le statut d'une locution verbale par opposition a un syntagme libre. L. A. PEREIRA (575-87) fait un tour d'horizon des prepositions introduisant ! es complements du nom en portugais (v. l'utile tableau p. 581s.). P. SPORE (713-24), partant d'un exemple prototypique du syntagme adjectival complet comme tres content de sa situation, propose le terme de complement explicatif pour ! es elements du type de sa situation. H. SrLLER-RUNGGALDIER (683-97) etudie la syntaxe de l' oggettoide (objet prepositionnel, par ex. di politica dans discutere di politica) en italien. L.-ST. FLOREA (217-34) presente une approche comparative des propositions injonctives et optatives en fran9ais et en roumain. Un autre groupe de communications tourne autour du syntagme verbal. L. PoNS r GRIERA (603-13) presente les propositions copulatives (contenant ser, estar) du catalan, tandis que I. PENADES MARTINEZ (563-74) recherche des criteres de delimitation des verbes copulatifs espagnols. 0. MoRr (535-47) travaille sur ! es periphrases verbales contenant un infinitif en espagnol (v. le schema p. 543). H. KRONNING (353-66) examine l'influence de la structuration communicative sur l'interpretation du verbe modal fran9ais devoir. Quatre communications concernent ! es temps verbaux: J. CARRUTHERS (109-22) compare l'emploi du passe compose et du passe surcompose en fran9ais, tel qu'il apparait dans des interviews faites aDijon, aSaint-Etienne et aNeuchatei. M. H. CosTA CAMPOS (135- 48) analyse, entre autres, le preterito perfeito composto du portugais, afin d'illustrer son approche transcategorielle. P. DENDALE (163-76) se penche sur Je conditionnel de l'information incertaine en fran9ais (Mrs Thatcher serait proprietaire aux Malouines), dorrt la valeur fondamentale est l'idee de la reprise de l'information a un tiers. Se situant a un niveau d'abstraction plus eleve, J. MoESCHLER (493-506) defend l'idee que ! es temps verbaux n'ont pas de reference temporelle autonome. On peut y rattacher l'intervention de D. MrGHETTO (479-92), qui analyse ! es differentes fonctions de l'infinitif espagnol (v. la typologie p. 489), de meme que celle de P. P. DEvfs MARQUEZ (177-90) etudiant Ja pronominalisation dans cette meme langue. N. INHOFFEN (301-13), se situant dans le cadre d'une recherche contrastive (fran9ais/ allemand) sur ! es particules de modalite, se pose la question de savoir si le mode grammatical de l'imperatif (en tant que marqueur illocutoire) peut etre identifie ala classe des actes de parole directifs; elle entend ainsi ouvrir la voie a une «grammaire pragmatique», qui serait la grammaire des marqueurs illocutoires. D'autre part, S. KAROLAK (343-52) donne un aper9u general de l'aspect et de la modalite d'action (v. aussi introduction pp. 27s.), qu'il pense pouvoir amalgamer, dans ! es langues romanes. D'apres son hypothese, il n'existe que deux aspects stricto sensu, la durativite (= imperfectivite) et la non durativite (= perfectivite); d'autre part, il nie toute valeur aspectuelle des morphemes temporels. Plusieurs chercheurs se sont interesses aux differents types de subordonnees. M. PIER- RARD (589-602) analyse ! es relatives fran9aises introduites par ce que.]. SIMON CAsAs (699- 711) etudie les subordonnees finales en espagnol. E. MoNTOLfo DuRAN (521-34) se penche sur ! es conditionnelles «illocutoires» (type Si tu as soif, il y a de la biere dans le frigo) en fran9ais et en espagnol, tandis que V. SALVADOR (669-82) etudie ! es conditionnelles en si dans ! es proverbes catalans. M.J. CuENCA (149-62), apropos des subordonnees participiales en catalan et en italien, donne des pages interessantes sur Ja survivance de l'ablatif absolu dans ! es langues romanes. Avec K.JONASSON (329-42), on fait une excursion dans le domaine de Ja rhetorique, puisqu'elle compare ! es approches de la metaphore (et notamment de Ja contrainte d'incongruite ! es concernant) par Rastier, Kittay et Turner. Les etudes qui concernent la semantique des mots outils se situent souvent dans le cadre enonciatif. H. ABE (33-43) analyse les fonctions de pendant + SN dans ! es phrases au passe compose et al'imparfait. Pour une fois, ! 'ordre alphabetique a reuni deux communications portant sur des sujets voisins: M. FoRSGREN (235-46), analysant meme concessif en tant 224 Besprechungen - Comptes rendus que connecteur argumentatif, est amene a remettre en cause la definition traditionnelle du connecteur en tant que reliant deux enonces il s'agirait plutöt d'actes predicatifs. De son cöte, J. GARRIDO (247-58) analyse meme (comme deja, mais) a la fois comme connecteur et comme operateur. J.-M. LEARD (395-406) considere voila non pas comme un presentateur, mais comme un verbe a part entiere, qui se substitue a voir dans les cas ou ce verbe est defectif (imperatif, 2 e personne du singulier). La valeur de base de voila semble etre d'essence inchoative (cf. par ex. voila le printemps, qui n'a pas de valeur deictique). M.A. MARTIN ZoRRAQUINO (465-78) analyse claro comme operateur pragmatique, et notamment illocutoire, en espagnol contemporain. H. GECKELER (259-72) fait un tour d'horizon des differentes definitions de l'adverbe proposees depuis l'Antiquite. L'auteur considere qu'on ne peut pas continuer de se servir de ce concept flou en y accueillant n'importe quoi, mais il s'oppose aussi a un eclatement inconsidere de cette categorie. Sa solution consiste a delimiter un centre prototypique (par exemple les adverbes de maniere) et une peripherie (par exemple les adverbes de phrase) et d'exclure du domaine des adverbes les mots-phrases. Se penchant sur des problemes plus specifiques en rapport avec l'adverbe, CL.MULLER (549-62) etudie les valeurs de si (comparatif, consecutif, concessif et exclamatif) en fram;:ais, tandis que B. RoDRIGUEZ DfEz (643-53) etudie les adjectifs en fonction adverbiale en espagnol. I.BARTNING (85-98) reprend la discussion sur le «petit mot» de, notamment son apparition a l'interieur d'un SN complexe. E. SuoMELA-HÄRMÄ (725-37) etudie le complement absolu en italien, tel qu'il apparait dans (con) le mani in tasca. M. Tu'fESCU (765-76) plaide pour l'integration de la presupposition dans le dictum de Bally. L. RosrnR (655-67) propose une approche personnelle du discours indirect libre, en analysant notamment l'incise dit-il. 2. La section 2 est consacree a ! '«Analyse de Ja conversation». Les 23 contributions, reunies au debut du tome II des actes, sont introduites par les presidents de la section, TH. KoTSCHI et E. RouLET (3-13). Ils donnent un bref et utile apen;:u des orientations de la recherche dans ce domaine, tout en insistant sur les lacunes et les futurs elargissements et reorganisations qui en decoulent. Les travaux touchent de multiples aspects de la recherche conversationnelle. On releve par exemple un groupe de cinq contributions qui s'articulent autour des problemes souleves par l'analyse des marqueurs discursifs (entendons «discursif» dans un sens large equivalent a «textuel», puisque ! es auteurs ont examine ces phenomenes aussi bien dans des textes conversationnels que dans des textes litteraires ou scientifiques). K.TRUBY (29-37) analyse fr. la comme marqueur conversationnel; A. MOINE (39-51) etudie fr. alors; son modele, qui distingue seize (! ) emplois de ce marqueur, montre qu'il est necessaire de discuter systematiquement la distinction entre signification(s) d'une forme linguistique en tant que telle et signification(s) specifique(s) dans un contexte determine. G.DosTIE aborde les expressions figees discursives fr. je comprends! et penses-tu! (53-66). CoRINNE RossARI se penche dans une perspective contrastive sur fr. de fait, en fait et it. di fatto, in effetti (67-80). MARGARITA PoRROCHE BALLESTEROS etudie esp. y (81-93). S'y rattache la contribution de LIANA PoP (15-28), qui propose pour le sens textuel un modele plurinivellaire afin de pouvoir traiter quelques «inanalysables» des grammaires. Le probleme des niveaux de sens qu'il faut distinguer dans l'analyse du texte est d'ailleurs present un peu partout dans les contributions de la section 4 . 4 Cf. ! es renvois frequents a un article de E. RouLET relatif a ce probleme («Vers une approche modulaire de l'analyse du discours», Cahiers de Linguistique Franqaise 12 [1991]: 53- 81). Besprechungen - Comptes rendus 225 Si les contributions discutees jusqu'ici se situent dans le domaine du transphrastique, aux confins de l'analyse grammaticale et de l'analyse conversationnelle, la plupart des travaux abordent des phenomenes d'ordre textuel proprement dit. Le cöte interactionnel de toute conversation est mis en lumiere par la contribution de U. KRAFFT et U. DAUSEND- SCHÖN-GAY (95-108). Ils soulignent que ! es interlocuteurs sont censes negocier des «contrats» quant a chaque aspect de leurs activites conversationnelles. Reste a discuter la question de savoir si ces differents types de «contrats» s'articulent de far;:on additive et definissent des phases successives de la conversation, comme Je pensent les auteurs, ou s'ils s'organisent hierarchiquement, operant sur differents niveaux de Ja macroet microstructure. On trouve ensuite quelques travaux qui, faisant abstraction des dimensions pragmatiques (actionnelles, sociales etc.), se concentrent sur la constitution du discours sur le plan linguistique et thematique. ELISABETH GüucH (137-51) propose une typologie des activites discursives des interlocuteurs dans ce cadre, («mise en mots» et «formulation») ainsi qu'une systematisation des «traces» de ces activites («indices», «procedes de formulation, de reformulation», «manifestations metadiscursives»). TH. KoTSCHI (153-66) entreprend la delimitation des unites informationnelles propres a la conversation et analyse la repartition d'elements thematiques et rhematiques a l'interieur des ces unites. A signaler egalement deux contributions sur la progression thematique (M. oo RoSARIO VALENCISE GRE- G0LIN, 289-302, EDNA MARIA F.S. NASCIMENTO, 303-15). Plusieurs travaux se penchent sur des strategies discursives de portee plus locale. MARTINA DRESCHER (167-79) resume les resultats de sa these portant sur un des procedes de formulation delimites par E. Gülich, la generalisation. Elle decrit la repartition typique de ce procede dans la conversation (clöture d'une unite thematique) et esquisse trop brievement ses fonctions sociales et argumentatives. MARIA HELENA ARAUJO CARREIRA (181-94) analyse ! es expressions linguistiques de la modalite deontique en portugais et leurs fonctions dans le developpement argumentatif. PÄrvr SrnvONEN-HAUTECOEUR (317- 30) etudie le discours direct rapporte dans Ja conversation. M. LAFOREST (109-22) analyse Je feed-back qu'un intervieweur donne a son informateur pendant les interventions de ce dernier et caracterise le type de discours qui en resulte comme «dialogal monologique». G. Lüor (123-36) examine Je changement de langue dans la conversation exolingue, c'est-adire la conversation qui reunit locuteurs natifs et locuteurs non-natifs. II souligne qu'il ne suffit pas de l'interpretcr comme un simple mecanisme compensatoire, le changement de langue assumant plutöt des fonctions strategiques proches du code-switching. Autour de la conversation exolingue s'articulent egalement les contributions de Vro- LAINE DE NucHEZE (constitution du sens dans la conversation exolingue, 209-22) et de CHANTAL CHARNET (expose collectif en classe de franr;:ais, 223-34). R. BoucHARD (195- 208) et J.-M. CoLLETTA (235-49) choisissent aussi des exemples de conversation exolingue comme base de travail, mais le but des auteurs consiste surtout a promouvoir une approche orientee vers le pole sociologique de la recherche conversationnelle et qui focalise les dimensions pragmatiques de l'evenement langagier. On perr;:oit Ja une certaine tension par rapport aux analyses qui se concentrent sur les aspects purement linguistiques et thematiques du discours. Le contraste entre ces approches fait l'objet d'une discussion animee au sein de la recherche conversationnelle 5 et l'on souhaite que cette discussion continue. On n'aboutira certainement pas a la theorie de la conversation, comme le soulignent d'ailleurs ! es presidents dans leur introduction, mais on remediera a l'impression de disparite resultant d'une recherche qui definit son cadre de far;:on tantöt trop ! arge, tantöt trop etroit, faute d'avoir discute suffisamment ses bases de travail. 5 A ce propos cf. p.e. N. CouPLAND, «Introduction: Towards a Stylistics of Discourse», in m. (ed.), Styles of Discourse, London etc. 1988: 1-19. 226 Besprechungen - Comptes rendus Suivent ! es exposes de la section 3 «La fragmentation linguistique de la Romania», presidee par J. HERMAN et J. WüEST. La notion de «fragmentation» a, dans Ja romanistique, une signification historique precise. Elle designe le processus de dissolution de l'unite du latin qui aboutit a la naissance des langues romanes. Si, dans la recherche traditionnelle, on s'est concentre surtout sur le deroulement de ce processus au niveau (intra)linguistique ainsi que sur les facteurs qui Je declenchent, on constate ici un elargissement de la perspective. Dans leur introduction (333-44), ! es presidents mettent l'accent egalement sur l'evolution au niveau metaou sociolinguistique, a savoir sur la formation certainement lente d'une «conscience linguistique romane». On se felicite aussi de la presence de travaux portant sur la periode medievale parmi les contributions de Ja section. Cette integration va a l'encontre de l'impression d'une rupture brusque et totale entre antiquite tardive et moyen äge, impression que fait naitre malheureusement la repartition traditionnelle des täches entre romanistique et latinistique. Elle permet, bien au contraire, de souligner que la naissance des langues romanes est un proces de «longue duree» qui n'est certes pas encore termine au moment ou surgit le premier document ecrit roman. Les 31 travaux de la section, les exposes proprement dits et les interventions lors de la table ronde clöturant le programme, couvrent un eventail tres vaste de sujets. On releve par exemple dans le domaine de la phonetique/ phonologie historique Ja contribution de S. Krss (345-53), qui rattache plusieurs phenomenes d'assimilation a d'autres evolutions phonetiques/ phonologiques, et celle de D. URITEscu (547-60), qui discute l'evolution morphophonologique du roumain a la lumiere de la theorie de la morphologie naturelle. Dans le domaine morpho-syntaxique, P. A. GAENG (365-74) se penche sur Ja genese des pluriels italiens et roumains en -i, MARGARITA LLITERAS (417-30) analyse le developpement des prepositions du latin a l'espagnol et MARIA CRISTINA Ecrno (503-16) dresse l'inventaire des formes du possessif dans la documentation leonaise medievale. On constate dans la contribution de M. PEREZ GoNZALEZ sur ! es «restes de cas obliques dans le 'roman commun' de la Peninsule Iberique» (431-44) une erreur methodologique grave: il discute la question de la continuite seulement sous son aspect forme! . Cf. a ce propos l'intervention de L. RENZI (672-77), qui s'est penche sur le meme sujet dans une perspective pan-romane et qui montre qu'il est absolument necessaire d'interpreter ! es donnees selon une optique fonctionnelle. On peut egalement formuler des reserves envers l'analyse contrastive des syntagmes nominaux dans un texte latin et ses traductions en ancien frarn;;ais et en franvais moderne, analyse proposee par MrcHELE GoYENS et W. VAN HoECKE (403-16). Les auteurs apparemment ne tiennent pas compte des differentes valeurs referentielles des syntagmes. En revanche, la contribution de LAuRA MrNERVINI ( 489-502) merite un interet particulier. Elle s'attaque a l'idee d'evolution linguistique unilineaire en constatant la survie de la terminaison de la 3 e pers. sing. en -t dans des textes judeo-espagnols bien au-dela des limites temporelles proposees par la morphologie historique. Dans le meme sens d'une revalorisation de la variation, l'intervention de S. Krss ( 651-55) montre qu'une phase importante de l'evolution grammaticale est marquee par le parallelisme de plusieurs «solutions» qui se partagent le champ semantique et fonctionnel occupe par la construction latine originelle. S'y ajoute l'expose de MARION KooREMAN (375-88), qui oppose l'approche centree sur ! es donnees empiriques a l'approche 'theorique' dorrt les conclusions sont tirees a partir de l'analyse du systeme linguistique en tant que tel. Elle montre que l'examen des traductions latines de la Bible ebranle l'hypothese selon laquelle ! es lacunes du paradigme du futur synthetique latin auraient provoque l'expansion de la periphrase avec habere et inf. Dans ce contexte se situe aussi la contribution de RosrTA RrNDLER ScHJERVE et ALEXANDRA KRATSCHMER (445-57), qui discutent plusieurs modeles du changement linguistique et ! es appliquent au developpement des auxiliaires des constructions reflechies en ancien italien. Besprechungen - Comptes rendus 227 La discussion methodologique et theorique apropos de l'evolution (intra)linguistique se greffe, bien sür, sur une autre plus fondamentale, celle qui porte sur la vie linguistique d'une communaute, l'analyse de ses composantes et sa dynamique. Disons d'emblee que la romanistique diachronique s'est vue contrainte depuis toujours ase pencher sur ces questions. Le clivage entre la documentation latine et l'evolution reconstruite apartir des dates romanes necessitait une 'explication', qui ne pouvait etre qu'une apprehension globale de la situation linguistique. A cette discussion se rattachent bon nombre de contributions de la section. R. DE DARDEL (355-64, 662-71) plaide en faveur de la methode comparative et souligne l'importance du 'proto-roman' reconstruit. Je suis d'accord sur le premier point, mais la revalorisation de l'ensemble des traits linguistiques reconstruits, soit sous le nom de 'proto-roman', soit sous celui plus traditionnel de 'latin vulgaire', serait incontestablement un pas en arriere (cf. egalement l'evaluation de J. HERMAN, 694-98). On risque de reintroduire le concept de varietes linguistiques bien delimitees, negligeant ainsi les apports de la sociolinguistique et de la linguistique variationnelle dont la recherche recente a tire tant de profit. Je me refere ici aux travaux de R. Wright, mais aussi aceux de M. Banniard ou de M. van Uytfanghe 6 , et aux discussions qu'ils ont suscitees. R. WRIGHT a presente Jors du congres de Zurich un expose sur l'evolution de la conscience metalinguistique au moyen äge (607-20; cf. aussi 691-93), expose qui precise et complete son approche de Ja situation linguistique des rx e -xn e siecles. On constate que son enseignement a porte ses fruits chez ! es medievistes, comme le montre la contribution de MERCEDES Qurus MERIN et TERESA EcHENIQUE EuzoNDO sur les rapports entre latin, basque et 'roman' au moyen äge (621-32) (cf. aussi, mais dans une optique beaucoup plus traditionnelle, J. LAGUNA CAMPOS, 475-88, J. R. MoRALA, 517-30, et J. A. SouTo CABO, 531-45, respectivement sur l'aragonais, le leonais et le galicien au moyen äge). Mais ceux qui s'occupent des periodes anterieures de la latinite profiteront tout aussi bien du recours aux resultats de la sociolinguistique et de la linguistique variationnelle (cf. dans ce contexte J. WüEST, 656-61, qui propose le concept de «semi-creolisation» pour elucider certaines particularites du developpement latin-roman 7 ). En ce qui concerne le renouvellement theorique et methodologique, on doit aussi signaler la contribution de H. PrNKSTER (645-50). Il souligne que lors de l'analyse des documents, il faut respecter le type de texte dont le document releve, puisque Je genre non seulement determine certains choix stylistiques, mais connait aussi des exigences communicatives particulieres qui necessitent des expressions linguistiques specifiques. L'approche qu'il propose evitera certainement l'impression de dejavu que l'on eprouve ala lecture de bien des etudes philologiques de la section et que deplorent ajuste titre les presidents dans leur introduction (337s.). Mentionnons enfin que plusieurs contributions examinent l'hypothese d'une place particuliere de la langue roumaine parmi les autres langues romanes, surtout en ce qui concerne le lexique qu'elle a herite du latin (M. SALA, 561-67, VrcTORIA PoPovrcr, 569-82, CH. SCHMITT, 678-90; cf. aussi A. NrcuLEscu, 583-93, sur le contact slavo-roumain et MARINELLA LöRINCZI, 595-606, sur une thematique analogue, le statut particulier du sarde). 6 Cf. p.e. M. BANNIARD, Viva voce. Communication ecrite et communication orale du rv e au rx e siede en Occident latin, Paris 1992; M. VAN UYTFANGHE, «The consciousness of a linguistic dichotomy (Latin - Romance) in Carolingian Gaule», in: R. WRIGHT (ed.), Latin and the Romance Languages in the Early Middle Ages, London 1991: 114-29. 7 Cf. aussi R. DE DARDELIJ. WüEST, «Les systemes casuels du protoroman. Les deux cycles de simpJification», VRom. 52 (1993): 25-65, et la discussion qui a suivi cette intervention dans la meme revue. 228 Besprechungen - Comptes rendus 3. La section 4, dont les actes occupent la premiere partie du tome m, est consacree a la «Typologie des langues romanes». Contrairement aux autres sections du congres, ce n'est donc pas un domaine linguistique precis, mais une perspective, une approche particuliere des faits langagiers, qui est le denominateur commun des travaux. Se pose donc tout d'abord le probleme de formuler une definition adequate de l'approche typologique. Les presidents de la section, W. ÜESTERREICHER et W. RAIBLE, tracent les grandes lignes a suivre pour operer cette delimitation (3-15). Ils proposent de partir du fait que l'approche typologique se situe a un niveau d'abstraction 'supra-individuel'. Ceci permet de comparer des 'entites' linguistiques (langues historiques ou traits linguistiques particuliers) pour constituer des regroupements delimites soit par un certain nombre de traits caracteristiques soit par un principe structurel commun. Pour resoudre certains problemes lies a cette demarche (le danger d'en rester a une simple classification, d'utiliser des criteres qui ne sont pas comparables etc.), il faut, comme ils le soulignent, profiter de la complementarite de l'approche typologique et de l'approche universaliste. La recherche universaliste reussit a eclairer le 'fond' sur lequel ! es langues historiques peuvent etre comparees, c'esta-dire ! es «exigences discursives et communicatives» (9) auxquelles les langues doivent satisfaire a l'aide de techniques et procedes qui leur sont propres, mais qui sont comme des reponses a des problemes communs. On entrevoit 1a une definition de la typologie qui est le fruit des discussions theoriques et methodologiques des dernieres decennies. Parmi les contributions de Ja section, on trouve bien sür d'autres definitions, de sorte que la lecture des actes ressemble a un tour d'horizon de la recherche dans ce domaine. Quelquefois, on est meme oblige de se demander ce qu'il y a de specifiquement typologique dans telle ou telle demarche: les limites entre typologie et etude contrastive sont apparemment tres floues. La discussion autour d'une definition de l'approche typologique n'est donc pas close. Parmi ! es 35 contributions, on distingue d'abord un groupe de travaux qui partent du concept de typologie globale. REBECCA PosNER se demande si ! es creoles a base lexicale romane appartiennent au meme type que ! es langues romanes (251-63). A partir du modele de la «typologie integrale» de E. Coseriu, N. Saramandu examine le rapport entre relation genetique et ressemblance typologique en ce qui concerne les langues balkaniques (335-44). Dans ce contexte, on comparera aussi le travail de J. SoLA sur la position du catalan parmi ! es langues romanes (345-55) et celui de M. METZELTIN et 0. WrNKELMANN, qui mesurent la ressemblance et la distance entre les langues de la Peninsule lberique a l'aide d'une grille de 43 criteres linguistiques (223-35). On retrouve le concept d'une approche globale dans la «typologie de ! 'ordre des mots» ou «typologie serielle» de W. P. Lehmann et Th. Vennemann. Ces auteurs ont 'explique' les correlations entre structures linguistiques que J. H. Greenberg avait decouvertes dans les langues du monde par un principe unificateur qui sous-tendrait ces phenomenes. C. Bu- RIDANT (25-49) et P. DESMET et W. VAN HoECKE (65-78) se demandent dans quelle mesure cette typologie suffit pour decrire le developpement du latin au frans;ais moderne. Ils proposent avec Vennemann d'intercaler un stade evolutif intermediaire regle sur l'ordre de base TVX (l'ancien frans;ais) entre ! 'ordre SOV du latin et ! 'ordre SVO du frans;ais moderne. Un raisonnement analogue s'observe dans Ja contribution de G. SALVI sur ! es pronoms clitiques en portugais medieval (307-19; pour l'espagnol medieval cf. C. SANCHEZ LANCIS, 321-34). Si l'on .constate jusque 1a une attitude generalement positive face au projet d'une typologie globale, ! es critiques formulees a l'encontre d'une telle tentative ne manquent pas. On se referera par exemple a la contribution de J. ERFURT (91-101), selon laquelle l'homogeneite linguistique, prealable indispensable a toute approche globalisante, est une fiction qui ne tient pas face a la realite variationnelle des langues (dans ce contexte cf. aussi SANDA REINHEIMER RiPEANU, 279-89). Mais Ja variation interne n'est pas seulement un obstacle Besprechungen - Comptes rendus 229 serieux au postulat de la 'consistance' d'une langue du point de vue typologique; s'y ajoute le fait que Je developpement des differents elements d'un systeme linguistique ne suit pas toujours Je meme rythme, de sorte qu'une langue peut reunir des traits typologiquement heterogenes, qui representent differents stades d'un cycle ou d'un vecteur evolutif (cf. dans ce contexte la contribution de BEATRICE LAMIROY, 209-21, qui s'est penchee sur la dimension typologique de la diachronie). II faut ajouter que la majorite des contributions adopte une demarche divergente. Dans une optique intralinguistique, une approche typologique non-globale incite aanalyser des traits linguistiques specifiques pour deceler les correlations qui ! es unissent. Tel est le but de W. ZWANENBURG (483-95), qui propose une relation d'analogie entre le principe de linearisation des constituants au niveau syntaxique et le modele que suit la composition nominale (apropos de Ja composition nominale, cf. aussi B. STAIB, 369-80). Une relation de complementarite existe, selon J. E. GARGALLO GrL (103-12), entre richesse du paradigme des phonemes vocaliques et longueur reduite des mots. La complementarite est d'ailleurs bien connue comme principe 'explicatif' en diachronie. H. PrNKSTER (237-50) met en garde contre une application trop etendue de ce concept, puisqu'il s'avere tres souvent 'inactif' dans l'evolution du latin aux langues romanes. Dans une perspective interlinguistique, Ja typologie non-globale s'oriente vers une approche universaliste qui part de domaines conceptuels precis pour analyser les differentes formes et structures dont ! es langues disposent pour les exprimer. L. DESZÖ (79-89) se penche par exemple sur Ja «partitivite» et sa realisation en italien, mais aussi dans d'autres langues indo-europeennes. M. HAASE (125-36) examine ! es moyens mis en reuvre pour exprimer la localisation dans ! es langues romanes. Dans la meme ligne s'inscrit la contribution de D. JACOB (137-54) sur le rapport entre possession inalienable et reference definie, et celle de M. VrLELA (411-27), qui confronte ! es verbes epistemiques en portugais et en frarn;:ais pour deceler ! es structures actantielles propres a ce domaine conceptuel. On comparera en outre les contributions de I.BACIU (17-23) et SrLVIA SwITALSKI (381-95), qui analysent dans une perspective contrastive ! es constructions reflechies des langues romanes pour delimiter leur champ fonctionnel. Signalons aussi quelques contributions, qui portent sur des points litigieux de la recherche typologique. H.-M. GAUGER (113-24) s'attaque a l'absence de fondement theorique pour des concepts chers ala typologie actuelle, tel que marque/ non-marque, naturel/ nonnaturel, typique/ a-typique/ prototypique. U. WANDRUSZKA (429-45) reprend deux des parametres de la typoJogie morphologique, asavoir celui de Ja position (pre-/ postdeterminant) et celui du degre de fusion (analytique/ synthetique), et precise leurs affinites respectives dans Ja lumiere de nouvelles recherches psycholinguistiques. P. KocH (169-90) examine, sur la base de donnees empiriques, l'hypothese d'un 'drift' des Jangues romanes vers Ja conjugaison predeterminante (subjective et objective) et conclut qu'il faut differencier cette hypothese. D. WANNER (447-60) se demande si Je modele typologique du «Sujet nul», fonde sur l'opposition entre langues avec expression facultative et langues avec expression obligatoire du sujet pronominal, correspond aux realites linguistiques et propose une version plus developpee de cette typologie. Dans Je domaine phonologique, TH. KREFELD (191-208) reproche aJa recherche typologique et diachronique sur le vocalisme des langues romanes et sur la metaphonie, de baser l'analyse exclusivement sur des segments artificiellement isoles et de negliger le contexte dans lequel ils s'integrent. A part ! es actes de la section typologique, Je troisieme tome contient ! es travaux de la section 5 «La situation linguistique en Suisse». On se fälicite de ! 'initiative de G. Berruto et de G. Lüdi qui proposent un theme lie au pays d'accueil du congres et qui est d'une actualite indeniable. Malheureusement, la section n'a pas rencontre l'interet qu'elle aurait merite: les actes ne reunissent que neuf contributions. La section est presentee d'abord par G.Lüm du point de vue francophone (501-11), 230 Besprechungen - Comptes rendus ensuite par G. BERRUTO sous l'angle de la linguistique italienne (513-21). Ce dedoublement empeche evidemment une vision globale des faits et a pour consequence des repetitions fächeuses. G. Lüdi precise dans un survol bref et concis ce qu'est la situation linguistique de la Suisse. L'image conventionnelle, celle d'un pays dorrt le quadrilinguisme resulte de l'union fäderee de regions ayant chacune sa propre langue, doit etre modifiee. Le concept du quadrilinguisme eclate au moment Oll l'on essaie de donner une realite concrete a ces quatres 'langues'. Le romanche par exemple, en tant que langue standard reconnue, n'existe guere. De meme, Je statut de l'allemand en tant que langue standard diglossique est tout a fait precaire. S'y ajoute Ja desagregation du principe de territorialite a cause de la forte migration interne et externe qui cree de multiples ilots alloglottes a l'interieur de chaque region et provoque ainsi une confrontation directe des langues et des locuteurs, source de problemes linguistiques, culturels et sociaux bien connus. Les travaux de Ja section accentuent quelques aspects de cette situation linguistique complexe. ARLETTE BoTHOREL-WrTZ, DoMINIQUE HucK et J.-F. BoNNOT (523-35) proposent un modele variationnel d'ailleurs depuis longtemps courant dans la linguistique allemande et italienne pour la description de Ja situation linquistique de l'Alsace. G. MANNO (545-56) et P. SINGY (615-25) discutent le fait que les locuteurs suisses considerent tres souvent des lexemes appartenant a l'argot pan-franc;ais comme des traits caracteristiques du franc;ais regional de Ja Suisse romande. 11 est interessant de noter que, pour ! es locuteurs francophones en Suisse, le systeme de refärence dans lequel ils situent leur 'langue' est toujours l'espace linguistique franc;ais. Il me semble se manifester Ja une difference fondamentale par rapport a Ja situation alsacienne Oll Arlette Bothorel-Witz et ses collegues ont constate l'absence de toute refärence a l'allemand standard de Ja part des locuteurs alsaciens, ce qui les a incites a placer ! es dialectes alsaciens comme «dialectes sans langue-toit» («dachlose Außendialekte» d'apres la terminologie de Heinz Kloss) dans un espace exclusivement franc;ais (529-31). Le contact des langues sous ses differents aspects est l'objet de plusieurs contributions. V. SAUDAN (601-14) analyse l'interaction bilingue d'un groupe d'apprentis romands et alemaniques. F. SPrnss (627-40) traite des vrais ou faux germanismes de l'italien regional suisse. MYRIAM MüLLER-ZANOVELLO (571-83) a recueilli aupres d'immigrants italiens en Suisse alemanique ! es evaluations de leur propre competence linguistique (en italien standard, dialecte italien, allemand standard et dialectes suisses). B. MüRETTI (557-70) se penche sur l'italien comme lingua franca parmi ! es immigrants en Suisse. MERGE PuJoL BERCHE (585-99) decrit la solidarite linguistique avec la langue maternelle parmi des immigrants espagnols. Enfin la contribution de W. DAHMEN (537-44), qui compare Je romanche parle et ecrit. 4. Le tome rv regroupe ! es 58 communications de la section 6, consacree a Ja lexicographie, de meme que Je texte de la Table Ronde (801-44). Les communications sont regroupees par domaines linguistiques: Galloromania (21-362, 25 communications), Italoromania (363-509, 11 communications), Iberoromania (511-800, 22 communications). Le roumain, dorrt Ja lexicographie est pourtant loin d'etre inactive, est curieusement absent de Ja section. Une seule communication (Dahmen/ Hengst/ Kramer), classee, faute de mieux, sous «Italoromania», concerne Je niveau roman. Seize communications concernent Ja lexicologie. Elles sont d'un interet tres inegal, ce qui est notamment du a un probleme inherent aux etudes en lexicologie: les listes de mots, meme tres bien presentees, ne se discutent guere. Les communications qui focalisent l'attention sur une question d'un interet plus general, par exemple d'ordre methodologique, nous semblent ainsi mieux reussies. K. BALDINGER (37-46) souligne, a travers l'analyse d'apic. cresson «croüte de pain; aspersoir», d'apic. cauquer «avoir Je cauchemar; coHer», de mfr. boulesche «filet de Besprechungen - Comptes rendus 231 peche» et d'achamp. meler «commencer a mürir», l'importance de la dialectologie pour la lexicologie. M. FARIBAULT (107-18) etudie ! es designations franc; aises des racines alimentaires de ! 'Amerique du Nord, dorrt plusieurs sont d'origine algonquine. H. HÄYRYNEN (133-46) met en evidence ! es premieres attestations fournies par le Traite de Conseil de Guillaume Fillastre, texte redige probablement en 1472/ 1473. La moisson est riche: plus de 160 premieres attestations, auxquelles on peut ajouter une quinzaine de graphies nouvelles. La lexicologie peut se feliciter d'un tel apport de Ja philologie! G. RANSBO (283-90) analyse ! es 2404 noms de profession apparaissant dans le Grand Robert de 1985: si pres de 70% de ces termes peuvent etre utilises tant au masculin qu'au feminin, 30% s'emploient . seulement au masculin, et un peu plus de 1% exclusivement au feminin. La communication jette une lumiere nouvelle sur ce qu'on a coutume d'appeler ! es termes marque/ non marque d'une opposition. TH. VENCKELEER (337-48) a depouille avec ses etudiants des concordances d'ceuvres de l'ancienne langue d'oi1 a la recherche de binömes antinomiques du type jeune et vieux, loing et pres, symetriques a la construction synonymique bien connue. II propose des parametres formels permettant de delimiter ! es cas lexicalises des simples syntagmes occasionnels (repetition de la copule, fonction syntaxique, nombre des attestations). R. VERBRAEKEN (349-62) analyse environ 200 termes de couleur apparaissant dans le journal du peintre franc; ais Eugene Delacroix (1798-1863). L. BrzzARRI (381-90) presente 30 lexemes releves lors de son edition de deux textes du ms. XIII D. 59 de la B.N. de Naples (le Dicta dello'nferno et la Leggenda di San Giuliano le Spedaliere). Les nombreux termes retrouves dans le dialecte moderne des Abruzzes, malheureusement interclasses avec le reste, sont d'un interet particulier. P. CARATU (391-400) analyse le type rforma 7 «conduit d'eau» des dialectes italiens centro-meridionaux, qui s'est egalement fige en toponymie. M. LIEBER (447-60) analyse Je vocabulaire de Gian Giorgio Trissino (1478- 1550) dans L'Italia liberata da Gotti, caracterise par de nombreux neologismes (creations d"auteur) et emprunts. G. MASTRANGELO LATINI (489-96) recense une cinquantaine de lexies du dialecte de Martinsicuro (vallee du Tronto) non encore enregistrees par la lexicographie. Cette etude sera completee plus tard par une recherche d'ordre etymologique. J. G6MEZ DE ENTERRIA (637-50) etudie ! es emprunts, notamment a l'anglais americain, du vocabulaire economique espagnol. Dans sa typologie, on est frappe par une definition assez curieuse du calque (644). M. LAfN/ D. Rurz-OTfN (665-78) etudient le vocabulaire, tres marque par la neologie, d'une traduction espagnole du 15 e siede de la Chirurgia Magna de Guy de Chauliac. Cette recherche se situe dans le cadre de l'elaboration d'un Diccionario de Textos Medicos Antiguas. V. MINERVINI (699-707) presente 24 lexies relevant du catalan technique et scientifique glanees dans des ecrits mineurs portant sur Ja medecine, la dietetique, la didactique et Je droit, et qui soit ne sont pas enregistrees par le DCVB (dans le sens en question), soit y apportent une antedatation. J. VENY (761-74) aborde l'origine de l'ichtyonyme port. esp. cat. baila «Dicentrarchus punctatus»: le poisson est seme de petites taches, ce qui suggere une etymologie par VARIA (on sait depuis Guiraud que le seme / tachete/ est un seme ! exicogenique tres productif). H.J. SCHMITT (305-20) montre l'importance des documents (exclusivement non litteraires) provenant du Refuge vaudois en Allemagne. La langue officielle de ces occitanophones protestants ayant ete une forme archaique de fran\;ais, ! es sources ainsi exploitees sont d'une importance non negligeable pour la lexicographie fran\;aise: l'auteur cite plus de 200 postdatations par rapport au FEW, une quinzaine d'antedatations, 24 lexemes et plus de 150 faits lexicaux divers (sens, emplois, constructions, locutions) absents du FEW. 0. LuRATI (461- 73) se penche sur Je phenomene des locutions en italien et dans ! es autres langues romanes. 19 communications presentent des projets lexicographiques en cours; Je lecteur en retire l'impression d'un champ d'activite en ebullition. On ne peut que souhaiter que ! es differents projets presentes puissent etre menes a bien que ! es paroles de V. Minervini ! es accompagnent: «Per un progetto di tale portata rimane sempre, obiettivamente, il timore 232 Besprechungen - Comptes rendus ehe tutto possa restare a livello di un sogno, bello e irrealizzabile, ma questo timore non ci puo costringere alla rinuncia» (702). Ce qui frappe quand on compare ! es differents domaines linguistiques entre eux, c'est que dans le domaine iberoroman, l'espagnol est en train de devenir le parent pauvre face a des projets lexicographiques d'envergure ayant pour objet ! es langues minoritaires de la Peninsule. Seize communications presentent des projets lexicographiques sur support papier. Deux se situent dans le cadre du programme Eurolexique, qui se propose l'elaboration de dictionnaires morphosemantiques et structurels de differentes langues europeennes. CL. GRUAZ (119-31) annonce un Dictionnaire structurel des mots franr,;ais, tandis que R. HoNVAULT (147-60) presente la methodologie a l'reuvre dans le futur Dictionnaire morphosemantique des familles synchroniques des mots fran,;;ais. Cette seconde communication explicite la demarche retenue, de sorte qu'elle apporte plus a celui qui n'est pas familier de la grammaire homologique. Si le frincipe de la derivation synchronique (faisant analyser diurne comme un derive de jour) apparart comme un angle d'approche utile, il est neanmoins a craindre que le projet soit guette par une certaine sterilite (! es deux communicants ne s'appuient en tout cas que sur leur propre bibliographie). J. PrcocHE (267-81) presente le projet d'un dictionnaire des mots frarn;:ais de haute frequence, dont le but est eminemment pedagogique, et qui s'inscrit dans la francophonie (le dictionnaire est notamment destine a l'Afrique francophone). Partant du fait que moins de mille mots couvrent plus de 97% de l'ensemble des occurrences de n'importe quel texte, ainsi que de la constatation selon laquelle les mots les plus frequents sont ! es plus polysemiques, l'auteure concentre son attention sur les phenomenes de la polysemie et de l'homonymie, qu'elle analyse dans le cadre du guillaumisme. J. REISDORFER (291-304), presentant le Petit lexique des mots lorrains et wallons employes en luxembourgeois et le Lexique des mots germaniques employes en lorrain, se penche sur le probleme de l'interfärence lexicale dans une region frontaliere. M. SRPovA 9 (321-35) presente Je projet d'un dictionnaire des locutions comparatives frarn;:aises du type etre doux comme un agneau. En realite, il s'agit de deux dictionnaires independants, l'un etant centre sur l'encodage, l'autre, sur le decodage, si bien que leur microstructure sera completement differente. II ne fait pas de doute que de tels dictionnaires pourraient rendre de grands services dans l'enseignement. DAHMEN/ HENGST/ KRAMER (401-17) presentent leur projet d'un dictionnaire etymologique des elements grecs et slaves dans les langues romanes. Tous ceux qui travaillent dans le domaine de l'etymologie seront sans doute sensibles a l'appel des auteurs a prendre davantage en consideration ! es particularites de l'etymon dans le contexte de la langue d'origine (403): trop d'approximations, sinon d'erreurs, quant aux lexies de depart sont transmis d'un dictionnaire a l'autre. F. MARRI (475-87) presente son Glossario del Volgare Estense, qui exploite les sources des 14 e _16 e siecles de la region de Modene (Emilie), a l'aide d'un echantillon d'une trentaine d'articles. J. BASTARDAS r PARERA (537-48) presente avec cinq (! ) coauteurs le projet d'un Nou diccionari general de la llengua catalana, qui sera une reactualisation de fond en comble du dictionnaire de Fabra, dans le but d'assurer au catalan sa place parmi ! es langues de culture modernes. A. M. CANO GoNZALEZ (577-90) presente le projet du Diccionario de l'Academia de la Llingua Asturiana, qui sera un dictionnaire d'usage, normatif de l'asturien actuel, redige entierement en asturien. X. LL. GARcfA ARrAs (605-20), de son cöte, presente le futur Diccionario Etimol6gico de la Llingua Asturiana, qui se veut un simple complement au DCECH, mais qui en conteste ! es etymologies (avec raison, nous semble-t-il) des le premier exemple concret donne (617). M. A. MAsSIP r BoNET (691-97) presente son vocabulaire tortosi (parler de transition entre 8 J. Picoche va encore plus loin quand elle presente chute comme un derive synchronique de tomber (279). 9 Et non pas *Sprovd, comme il est dit p. 321. Besprechungen - Comptes rendus 233 le catalan nord-occidental et Je valencien) en preparation. C.T. PArs (723-30) presente le projet d'un vocabulaire d'ecologie portugais/ franyais entrepris par l'Universite de Sao Paula et l'Universite Lumiere Lyon 2, qui se situe a l'interieur d'un projet plus ample d'elaboration de vocabulaires techniques bilingues. Deux communications prennent comme objet Je metier du lexicographe: I.M.ALVES (513-21), prenant appui sur son experience dans le cadre du projet Observat6rio de Neologismos Cientificos et Tecnicos no Portugues Contemporaneo de l'Universite de Sao Paulo, s'interroge sur l'enseignement que la lexicographie peut tirer des travaux entrepris en terminologie. M. A. BARBOSA (523-36) reflechit, a partir de son experience dans la redaction d'un vocabulaire portugais/ franyais de l'ecologie, sur ! es implications semantico-syntaxiques et socio-semiotiques du discours lexicographique. Elle denonce Je danger d'une invasion culturelle liee a l'importation pure et simple d'un lexique scientifique etranger et milite pour une recherche independante. On regrettera seulement que l'auteure n'ait pas poursuivi son raisonnement jusqu'au bout, en redigeant sa communication en portugais ... M.T. CAMARGO BrnERMAN (549-61) presente le Dicionario comtempordneo da lfngua portuguesa, dictionnaire contextuel et analogique, destine notamment a un public estudiantin, tandis que M.H. DE MouRA NEvEs/ FR. DA SrLVA BoRBA (709-21) presentent le projet d'un Dicionario de Usos do Portugues Contempordneo de Brasil, dont la structure sera d'ordre syntaxico-semantique (concret/ abstrait, nombre d'actants, etc.). On est frappe par le nombre important de projets lexicographiques presentes qui sont en rapport etroit avec l'informatique, en particulier ceux qui ont comme but la publication d'un CD-Rom. Tous ces projets presupposent plus ou moins ce que Kunstmann appelle un pari (195), mais que nous pouvons sans doute considerer comme assure, a savoir que dans une dizaine d'annees tout chercheur aura a sa disposition un micro-ordinateur. En tout cas, il est certainement vrai que ! es bases de donnees constituent une veritable tentation pour le lexicologue/ lexicographe (cf. la citation de Pascual p. 750), ce qui merite reflexion. PH. CARON/ L. DAGENAIS/ G. GüNFROY (79-94) presentent le programme d'informatisation du Dictionnaire Critique de la Langue Fran<;;aise de l'abbe Feraud (1787) 10. E. MARTIN (239-49) propose des exemples d'utilisation de la base FRANTEXT constituee par l'INaLF parallelement a l'elaboration du Tresor de la langue frani;;aise, en abordant notamment Je probleme de la recherche onomasiologique. GL. CLAVERIA NADAL (591-604) presente (ce qui n'apparait pas dans le titre de son expose) le projet d'informatisation du DCECH de Corominas/ Pascual prepare par un groupe de chercheurs de l'Universite autonome de Barcelone. Trois projets concernent non pas la lexicographie a proprement parler, mais la documentation. P. KuNSTMANN (189-97) presente l'elaboration d'un dossier electronique du Chevalier au lion de Chrestien de Troyes. Cet outil permettra a l'utilisateur la consultation simultanee de plusieurs manuscrits du meme texte. II sera le premier d'une collection au titre-programme de Textes en liberte, et l'on mesure d'ores et deja le progres que ce genre d'outil permettra d'accomplir en philologie et en linguistique. P.MARTEL (223-37) s'interesse a une question en amont de la production lexicographique, a savoir a Ja documentation a etablir en vue de la redaction d'un dictionnaire quebecois. Enfin, J. ToRRUELLA r CASANAS (747-60) presente l'Arxiu lnformatitzat de Textos Catalans Medievals en cours d'elaboration. 19 communications concernent la metalexicographie (externe) 1 1 , dont dix qui se penchent sur un dictionnaire particulier. Le domaine italien est represente par ANTJE BrEL- 10 Dans le titre, Feraud a malencontreusement ete altere en *Peraud. n Les contributions de lexicographes reflechissant sur leur propre pratique ont ete classees sous «lexicographie». 234 Besprechungen - Comptes rendus FELD (365-79), qui analyse les falsifications de Redi dans le Vocabolario della Crusca. Dans le domaine frans;ais, on releve d'abord deux contributions consacrees a Gilles Menage. Tandis que W. AYRES-BENNETT (23-36) etudie ! es ressemblances et les differences entre les Observations (1675-1676) et les deux editions du dictionnaire etyrnologique (1650; 1694), I. LEROY-TURCAN (209-22) s'interesse aux echelles etymologiques de Menage, qu'elle analyse en tant qu'outils de la reconstruction interne. EVA BücHI (67-78) etudie ! es deonornastiques dans le FEW. P. KNECHT (175-188) presente le Dictionnaire historique du parler neuchdtelois et suisse romand de W. Pierrehumbert (1921-1926), qui aurait pu etre la «reference absolue» dans le domaine de la lexicographie du frans;ais regional, rnais qui continue a etre encore largement rneconnu. A. LEHMANN (199-208) presente le Robert des Jeunes (1988/ 1991). Faisant la jonction entre les domaines gallorornan et iberoroman, BARBARA voN GEMMINGEN (621-35) presente le dictionnaire espagnol-frans;ais de Fr. Huillery (1661), tandis que R. A. VERDONK (787-800) se penche sur ! es editions bruxelloises de 1625 et 1660 du Tresor de Oudin, etudiant notamrnent ! es neologisrnes. ST. RuHSTALLER!M. D. GoRD0N PERAL (731-45), qui preparent par ailleurs un Diccionario Toponomastico de Andalucfa Occidental, reflechissent sur l'apport de la toponyrnie pour le DCECH. Ils distinguent quatre cas de figures, la toponymie pouvant a) servir a determiner l'aire de diffusion d'un lexerne; b) antedater la documentation lexicale; c) attester des variantes rnorphologiques et phonetiques; d) contribuer a la reconstruction du sens d'origine d'un lexeme. Dans le domaine portugais, M. F. GoN<;:ALVES (651-64) se penche sur le Dicionario da Lfngua Portuguesa (1793, Acadernia Real das Sciencias de Lisboa); T. VERDELHO (775- 85) analyse ! es dictionnaires latin-portugais (1634) et portugais-latin (1647) du jesuite Bento Pereira. D'autre part, neuf cornrnunications sont consacrees a la rnetalexicographie cornparative. A partir de l'analyse du traiternent de quelques termes scientifiques dans ! es dictionnaires etyrnologiques italiens, M. GLESSGEN (419-32) s'interroge sur le statut des attestations charnieres (premiere et dernierc attestation, attestation isolee ou de transition) en lexicologie historique. G. HoLTus (433-46), etudiant au depart ! es rnarqueurs diasystematiques (dans un sens tres large du terme) apparaissant dans le LEI, en est arnene a elargir son propos et a comparer ! es resultats obtenus avec ceux de ses recherches anterieures dans d'autres dornaines linguistiques, de sorte que sa cornmunication se terrnine sur un tour d'horizon panroman tout a fait revelateur, pendant que W. ScHWEICKARD (497-509) etudie le role de la forrnation des mots dans ! es dictionnaires italiens et frans;ais. - Dans Je domaine gallorornan, on releve: MECHTILD BIERBACH (47-65), sur ! es dictionnaires de rimes dus a Le Fevre (1572), Le Gaygnard (1585) et de La Noue (1595); 0. DoBRYNINE (95-106), sur ! es definitions des norns d'oiseaux dans Je Petit Robert et le Lexis (l'auteur ne semble pas avoir assirnile la difference entre une definition encyclopedique et une definition linguistique); K. KLINGEBIEL (161-74), sur les rnots composes dans ! es dictionnaires occitans (encore que ce dernier article releve plutot de la formation des mots que de la metalexicographie); W. MÜLLER (251-65), sur la lexicographie onomastique en Suisse rornande. - Enfin, deux communications (M. T. CABRE CASTELLVI, 563-76 et M. LORENTE CASAFONT, 679-90) s'interessent a la lexicographie catalane contemporaine. Une Table Ronde presentant ! es grands projets lexicographiques en cours (801-44) clot le volume. 5. Le torne V reunit ! es actes des deux sections philologiques du congres de Zurich. On trouve d'abord les contributions de la section 7 «La poesie lyrique rornane (xrr e et xrn e siecles)», introduites par une presentation detaillee et instructive des presidents de la section, M.-R.JuNG et G. TAVANI (3-11). Les travaux s'articulent d'abord autour du probleme de la tradition rnanuscrite de la poesie lyrique rnedievale. L'article de S.AsPERTI (13-27) signale une nouvelle lecture des manuscrits lyriques. Au lieu d'interpreter les Besprechungen - Comptes rendus 235 chansonniers comme simple reflet de traditions anterieures, Asperti souligne la dynamique toujours ouverte de telles 'mises par ecrit'. Les «balletes» transmises dans le chansonnier frarn; ais d'Oxford par exemple ne reproduisent pas un genre deja consolide, mais le chansonnier est le lieu d'une elaboration de nouvelles formes dans lesquelles se manifeste une rupture par rapport a la tradition anterieure. Toujours dans le domaine de la tradition manuscrite, mais dans une optique traditionnelle, GIUSEPPINA BRUNETTI (57-71) poursuit l'idee deja avancee par G. Gröber que la transmission ecrite des poesies troubadouresques etait assuree non seulement par les grands chansonniers, mais aussi par de petits recueils qui ne contenaient que les chansons d'un seul auteur (Gröber les nomme «Liederbücher»). Pour etayer cette these, eile cite de nombreux exemples de tels recueils parmi ! es manuscrits de poesies mediolatines. C. PuL- SONI (125-40) aborde la question de savoir s'il existait, a l'instar des «Liederbücher», un recueil de tensos anterieur aux chansonniers. D. BARCA (29-37) propose une nouvelle lecture d'un poeme de Paulet de Marselha. MARIA ANA RAMos (141-52) etudie ! es corrections marginales dans le chansonnier d'Ajuda pour en tirer des conclusions sur la tradition manuscrite de la poesie lyrique galicienne-portugaise. S'y rattache la contribution de MER- CEDES BREA et F. F. CAMPO (39-56), qui etudient et publient ! es annotations marginales de l'humaniste Angelo Colocci au chansonnier galicien-portugais B («Colocci-Brancuti»). Mentionnons finalement les contributions de P. CANETTIERI sur les genres troubadouresques (73-88), de JoRDINA GurTART UTGE sur le topos de l'exorde hivernal (89-98), de PILAR LoRENZO GRADfN sur l'intertextualite et ! es contrefactures dans la poesie lyrique galicienne-portuguaise (99-112) et de U. MALIZIA sur la fonction de Ja musique dans le Jeu de Robin et Marion (113-24). La section 8 «L'art narratif aux XII e et xrn e siecles», introduite par les presidents L. RossI et M. ZINK (155-164), reunit un nombre plus eleve de contributions (19 par rapport a 10). Je ne veux pas m'arreter sur les raisons de cette difference. Disons simplement que Ja narrativite a quand meme une portee plus generale et que Ja gamme thematique de Ja section est tres vaste. Mais on apperi;:oit dans ! es contributions de Ja section plus de tendances innovatrices que dans la section consacree a Ja poesie lyrique, ce qui semble bien indiquer que l'interet de la recherche se concentre actuellement plut6t sur l'analyse narrative (cf. egalement Ja synthese de la table ronde sur ! es perspectives de la recherche, proposee par ! es presidents de la section, 161-64). La section est organisee autour de trois problemes: l'existence d'un art narratif medieval, ! es confins poetiques de l'ecriture narrative et le contraste entre vers et prose (157). Le premier probleme, la question de savoir si, malgre l'absence de reflexions poetologiques medievales, il y a quand meme une esthetique de Ja narration, est aborde par J.-J. VINCEN- SINI (413-26). J'avoue que j'ai du mal a suivre l'auteur quand il identifie l'esthetique de la «forme» de Ja narration medievale avec l'esthetique de son «contenu», le code culturel de l'ethique chevaleresque. G. GrMENEZ (277-90) se demande si le souci de verite chez ! es auteurs medievaux a nui au souci de l'art de la narration et, en ce qui concerne Gonzales de Berceo, il repond negativement. La deuxieme problematique, ! es confins poetiques de Ja narration, touche un certain nombre de questions telles que le r6le de la versification dans Je discours narratif, Je developpement narratif de motifs lyriques, les «morceaux de bravoure» dans le recit (p.e. monologues), etc. (159). Dans cette rubrique, on peut d'abord citer la contribution de MIHAELA Vmcu (427-42), qui s'est propose de delimiter ! es fonctions des descriptions opposees aux parties narratives chez Chretien de Troyes. Plusieurs contributions se situent au 'carrefour' entre lyrique et narratif. Croisement des deux discours d'abord de par des phenomenes d'intertextualite: GrovANNA ANGELI (165-80), A. SAKARI (353-67) et LucILLA SPETIA (383-98) analysent les «echos» de la poesie troubadouresque respectivement dans ! es lais de Marie de France, le Joufroi de Poitiers et le Partenopeus de Blois. 236 Besprechungen - Comptes rendus Mais, a partir du xm c siede, il y a aussi le phenomene des «romans farcis», ou sont juxtaposees parties narratives et citations lyriques: MARIA CARLA BATTELLI (181-95) examine le premier exemple d'un tel roman, le Guillaume de Dole de Jean Renart. L'intrusion de moments d'oralite dans le recit est le sujet de deux contributions. M. BRUNA CuEVAS (211-24) examine comment est representee dans les romans Ja lecture d'une lettre ecrite. ELLEN SAKARI (369-81) analyse ! es interventions d'un «je» extradiegetique comme manifestation d'un auteur-narrateur dans le Charroi de Nfmes, structure qui souvent a ete interpretee comme residu de Ja transmission orale des chansons de geste devant un public d'auditeurs. Aux «confins» de l'ecriture narrative se situe aussi la contribution de MARIA Dr NoNo (251-64), qui analyse un texte didactique, le Chevalier De. L'opposition entre vers et prose, la troisieme problematique, est au centre de l'artide de B. RrnEMONT (339-52). L'alternance entre ces deux formes a joue un röle primordial dans Je debat sur Ja 'verite' du discours narratif, le vers ayant ete interprete comme porteur de discours fictionnel, Ja prose comme 'signe' de la veracite du recit. Ribemont montre que le discours scientifique connait un autre systeme de connotations et que ce systeme change du xn e (Alexandre Neckam) au xm c siede (Gossuin de Metz). Le vers est indice d'un 'retard' dans ! 'Escanor de Girart d'Amiens, l'un des derniers romans arthuriens en vers, ecrit a une epoque ou Ja prose domine depuis longtemps dans ce domaine. R. TRACHSLER (399-412) montre qu'il s'agit en fait d'un retard, puisque Girart connaissait ! es romans en prose et en utilisait ! es elements, mais sans en percevoir l'originalite. L'approche traditionnelle, qui a analyse le roman seulement dans une optique 'diachronique' en le situant dans la tradition de Chretien de Troyes, n'a pas reussi a deceler cette particularite. Plusieurs contributions se situent hors du cadre defini par les problemes precites: p.e. LJILJANA MATIC (299-309) sur la version serbe du Barlaam et Joasaph, GrorA PARADISI et ARIANNA PuNZI (321-37) sur un fragment d'une traduction italienne du Tristan en prose, recemment decouverte a Todi, ELVIRA FrnALGO FRANCISCO (265-76) sur ! es versions d'un mirade de la Vierge qu'ont proposees Gautier de Coincy, Alphonse Je Savant et Berceo (a propos de Berceo, cf. aussi H. GurTER, 291-98), PATRIZIA Mrcozzr (311-20) sur ! es procedes narratifs du Libro de Apolonio et de l'Eneide lors de l'episode du naufrage du protagoniste, MARIA TERESA BROCARDO (197-210) sur les manuscrits de la Cr6nica do Conde D. Pedro de Meneses de Games Eanes de Zurara. Signalons enfin Ja contribution de P. F. DEMBOWSKI (225-49), qui s'insere dans le debat sur la pratique editoriale et Ja notion de texte/ manuscrit sur laquelle elle se base. Ce debat a ete relance recemment par quelques publications, dont quelques-unes tres controversees 12. La prise de position de Dembowski, qui s'appuie sur son experience editoriale, est remarquable et merite un interet particulier. Eva Büchi/ Maria Selig * EMANUELE BANFIIGIOVANNI BoNFADINIIPATRIZIA CORDIN/ MARIA IuEscu (ed.), ltalia Settentrionale: Crocevia di ldiomi Romanzi, Atti de! convegno internazionale di studi (Trento, 21-23 ottobre 1993), Tübingen (Niemeyer) 1995, xm + 372 p. 1. Il convegno i cui atti raccoglie il presente volume e stato ideato dalla nota linguista romena Maria Iliescu e organizzato da piu col! aboratori (Note introduttive, xm). Il titolo non corrisponde completamente, perche si tratta non tanto di incroci quanto di stratificazione, e precipuamente di componenti italo-romanze. Alcuni contributi, presentati o solt- 12 II faut ajouter a la riche bibliographie de Dembowski Je numero special de Speculum 65,1 (1990) sur la «New Philology», edite par S.NICHOLS. Besprechungen - Comptes rendus 237 anto annuneiati, non vi sono inclusi; quelli pubblieati sono 28 (1-365), preeeduti da! sommario (v-vn) e dalle Note introduttive (rx-xm) e seguiti dall'indiee dei nomi (367-72). La nostra reeensione si eoneentra sui eontributi ehe riteniamo di partieolare interesse, presentando gli altri eertamente non meno importanti per ragioni di spazio in forma abbreviata. 2. Lo studio di GrovAN BATTISTA PELLEGRINI (Jl cisalpino e il retoromanzo, 1-13) traceia il quadro della romanizzazione dell'Italia cisalpina, ribadendo l'assenza di stanziamenti antichi nelle aree retoromanze e la searsita di earatteri retoromanzi comuni. Spostando la linea di W. v. Wartburg un poco a sud, l'autore propone di aggiungere alle isoglosse il lessico e l'intonazione (10); si sofferma poi sulle idee di Carlo Battisti, per terminare eon alcuni paralleli tra la Cisalpina e eerti altri domini. Si potrebbe osservare, se ee ne fosse bisogno, ehe il lessieo non e di primaria importanza nelle classifieazioni; quanto poi all'intonazione, per quel ehe ei eonsta, e Ja prima volta ehe questo importante elemento prosodieo venga adoperato come isoglossa, ma resta il problema di sapere se una intonazione settentrionale en bloc si possa opporre ad un'altra, eentromeridionale altrettanto en bloc. Anehe nel presente studio del Nostra si avverte il sentimento di ineomprensione (cf. Gsell in «Ladinia» xvr, p. 218s.) e una eerta minimizzazione degli opponenti (quasi «non addetti»). 3. ALBERTO ZAMBONI, nel eontributo Per una ridefinizione del tipo alto-italiano cisalpino (57-67), presenta uno sguardo generale sulla classifieazione romanza e le reeenti rieerehe morfosintattiehe, opponendo alla bipartizione wartburghiana una divisione piu artieolata. L'autore propone due criteri voealiei: 1) la distinzione tra posizione forte (sillaba toniea e aperta; p. 59) e posizione debole (altri eontesti fonetiei), con sviluppi ulteriori; 2) la palatalizzazione delle velari davanti ad / a/ , eollegata eon l'anteriorizzazione di questo fonema in vari idiomi romanzi. Certi fatti linguistici permettono una divisione della Romania non piu orizzontale ma vertieale (nord sud). In eonclusione si ribadiseono i fattori storiei e sociolinguistiei ed il earattere unitario speeifieo della latinita eisalpina. Osservazioni: 1) Se il dalmatieo e difficile da inserire in quello ehe l'autore definisee continuum romanzo (p.58 N4), qualcosa eon quest'ultimo eoneetto non va bene, visto ehe il dalmatieo ovviamente dovrebbe poter entrare in una tale eategoria (in genere, la tipologia, oggi tanto di moda, non e s p i e g a z i o n e ne l'evoluzione linguistiea tende teleologicamente a ereare determinati tipi stabiliti a posteriori). 2) A spiegare l'evoluzione delle vocali finali nell'istroromanzo non basta la dieotomia posizione forteldebole, perehe la sostituzione -e > -o rieorre anche in posizione forte: infatti, altre a PLACET > pjas, -TÖRE > -dur (anche -dar), -E(N)SE > -iz (anehe -ez), esiti eitati dall'autore, si hanno pure LEGIT > lezo o l�zo, mai *lez, vfoET > vido o vedo, mai *vid, *ved, CLAVE > cavo, mai *cav e via dieendo. L'apoeope segue dunque le norme venete e la differenza tra -TÖRE > -dur, -dar e TURRE > turo, toro presuppone la continuita di una voeale (probabilmente uno sva) dopo geminata, dunque una degeminazione relativamente seriore. 3) A proposito dell'apertura vegliota / e > a/ in sillaba ehiusa, secondo l'autore mai osservata «in questa luee» (60), il sottoseritto si permette di citare quanto detto in «BALM» 13-15 (1971-1973) e piii. tardi in «Abruzzo» 20 (1982). 4) Se / ka > ca, ga > ga/ in franeese postula un previo allungamento della / a/ in / a: / , come si spiegano CALDU > chaud, CAUSA > chose, GAUDIU > joi(e) eee.? La palatalizzazione presuppone la eonservazione di / aw/ , dunque deve essere relativamente antica e non dovuta ad estensioni ulteriori. 4. FLAVIA URSINI (Sistemi linguistici in competizione sulla costa adriatica orientale: il veneto-dalmata tra gli idiomi romanzi e non romanzi dell'area balcanica in eta moderna, 179-88) esamina la posizione e le caratteristiche del veneto in Dalmazia, principalmente nel seeondo dopoguerra. Anehe se parlare di agonia, catastrofe, tragedia e certamente esagerato (e non privo di ehiari eonnotati extralinguistici! ), la seomparsa del veneto «de Ja da mar» in Dalmazia oggi e un fatto. Dopo uno sguardo sulle eondizioni precarie di questa 238 Besprechungen - Comptes rendus regione (ma non valide per l'eta moderna! ), l'autrice discute (in base a tre corpora, da! 1875 al 1986) certi tratti fonetici, morfologici e sintattici, confrontando anche le conservazioni locali alle innovazioni veneziane. La conclusione minimizza l'influsso slavo ( = croato), mentre a noi pare ehe, ad esempio, la generalizzazione de! riflessivo se e la nonconcordanza dei tempi possano essere dovuti principalmente all'adstrato croato. 5. MAX PFISTER firma il contributo Dal latino delta Gallia cisalpina agli idiomi romanzi dell'Italia settentrionale (189-217), ehe si dedica alla tarda antichita e al primo medioevo (da! IV, soprattutto vrn, fino al xn sec.). Alla discussione di determinati lessemi segue una rassegna dei fatti fonetici e morfologici e un altro manipolo di voci, con ricca documentazione. La formazione linguistica della Gallia cisalpina (unitaria dapprima, non piu verso la fine dell'antichita) risulta da piu fattori: evoluzione indigena, superstrato germanico, influsso di Bisanzio (Romagna, Aquileia), orientamento delle sedi ecclesiastiche. Una delle conseguenze e l'isolamento, anche reciproco, delle tre future aree retoromanze (205). Nei secoli x-xI l'Italia settentrionale mancava di un centro ehe potesse impedire la frantumazione linguistica posteriore (205s.). 6. Lo studio di GLAuco SANGA e SERENELLA BAGGIO si intitola Sul volgare in eta longobarda (247-60) e ci offre un interessante profilo della latinita de! detto periodo. La nascita dell'italiano va spostata dal tradizionale anno 960 al VI secolo. II latino longobardo, denominato volgare italico, non si distingue quasi dalla latinita barbarica (ehe e la prima reazione ai volgarismi), meutre si oppone nettamente al latino volgare (dalla prima provengono i registri alti dei volgari italiani, dal latino volgare discendono invece i dialetti). Gli autori esaminano tre brevi testi altomedievali, propongono una nuova interpretazione dell'Indovinello Veronese e sottolineano l'importanza dei testi giuridici e l'unita amministrativa e culturale in genere dei domini longobardi, ehe si riflette nell'uso linguistico. 7. GruuA MASTRELLI ANZILOTTI traccia nell'articolo I dialetti dell'alta Val di Sole (15- 23) il limite fra le due parti della valle esaminando certi fatti fonetici (assente la palatalizzazione di / ka, ga/ ) e concludendo ehe l'alta Val di Sole e la «zona intermedia fra il lombardo alpino e il ladino grigionese/ venostano» (22). Giovanni Bonfadini firma lo studio, documentato e chiaro, intitolato I sistemi consonantici dei dialetti alto-italiani: il caso dell'Alta Val Camonica (25-41), dedicato alle consonanti coronali nel dominio (con l'inclusione di fattori storici e sociolinguistici) e alla ricostruzione di cinque sistemi (in tre tappe evolutive). - 11 contributo di ALDA RossEBASTIANO (Prolessi di i e metafonesi nel Basso Canavese, 43-46) esamina i due fenomeni ed il loro effetto sulle vocali precedenti. - PAOLA BARBIERATO si occupa de La posizione de[ veneto meridionale nei confronti dell'emiliano settentrionale (47-55), presentando il quadro dei fatti linguistici e delle varie sub-aree, con speciale riguardo alla parte sud-occidentale e alle interferenze lungo il Po. Una carta dell'area sarebbe assai utile. - CARLA MARCATO pubblica lo studio Morfologia verbale nelle parlate alto-italiane: una nota sul liventino (69-72), ehe tratta delle forme verbali in -si (4 a e 5 a persona dell'imperfetto) nel dialetto di Brugnera. La genesi proposta delle forme dell'indicativo non convince a pieno, quella delle relative forme de! congiuntivo e de! condizionale e lasciata in sospeso. E interessante ehe anche l'istroromanzo di Rovigno conosce per la 4 a persona le forme in -si: cantiensi 'cantassimo' e 'canteremmo', geneticamente altrettanto problematiche. Osserviamo ehe alla p. 70 in alto *canteven dovrebbe valere 'cantavamo', non 'cantavano'; a meta pagina cantensi (rispetto a cantesi) andra corretto in cante e in fondo -astis, -istis, visto ehe si dice ehe da lo stesso esito come -astis, -istis, va corretto in asti, -isti. Alla stessa pagina si corregga Rohlfs 1969 in Rohlfs 1968. - Interessante e il contributo di LOTTE ZöRNER, Dialettologia e filologia romanza: il plurale femminile nei dialetti alto-italiani (73-79). L'esame di alcuni dialetti occidentali e orientali de! Nord permette all'autrice di stabilire Ja cronologia relativa delle desinenze (a seconda della presenza o meno della nasale) e di concludere ehe -e nella I classe nominale non risale ad -AE bensi ad -As, con la tappa intermedia trascritta [a'] (probabilmente anteriorizzata), Besprechungen - Comptes rendus 239 diversa da [a], ehe si sviluppa poi in [e] (-e). LoRr REPETTI studia Ja Epentesi nei dialetti emiliani e romagnoli (dunque non friulani, come si legge alla p.xr! ) (81-86), aeeettando l'ipotesi di Broselow sulla dipendenza de! fenomeno da! trattamento della eonsonante «non sillabata» (82), ma eon l'aggiunta della rilevanza de! tratto sonorita. - II eontributo di MrCHELE LoPORCARO e MARIA TERESA VIGOLO, da! titolo Ricerche sintattiche sul confine dialettale veneto-trentino in Valsugana: l'accordo de! participio passato (87-101), e uno dei poehi studi di argomento sintattieo. Vi si esamina la divisione dialettale della Valsugana e l'aeeordo (inclusa la seelta dell'ausiliare). Alle p. 8s. rimane non ehiarito perehe EST abbia dato i, nel masehile, i,i (eon i < s) inveee nel femminile. - HANS GoEBL si dediea anehe qui al suo tema preferito nello studio Che cos'e un geotipo? Il problema dell'unita ladina in chiave ascoliana (103-31). L'autore espone Je basi teoriehe della classifieazione, l'opposizione tra tipofilia e tipofobia, nonehe l'attualita de! pensiero di G. I. Aseoli, beninteso in ehiave dialettometriea e eon l'introduzione de! eoneetto di geotipo, applieato al retoromanzo. II geotipo retoromanzo si profila ehiaramente, eonfermando eos1 eon mezzi moderni le idee dell'Aseoli. Va osservato ehe la Silloge linguistiea, eitata alla p.107, dell'anno 1929, non puo essere dedieata alla memoria del eentenario della m o r t e bensi della n a s e i t a (spaz. P.T.) dell'Aseoli. Inoltre, alla p. 116, s.v. 29, si legga sal posto di -c. - PAoLO BENINCA intitola il proprio eontributo I dati dell'ASIS e la sintassi diacronica (133- 43), presentandovi l'A(tlante) S(intattieo) dell'I'(talia) S(ettentrionale) e diseutendo in modo breve lo status della sintassi eomparata, per passare all'analisi de! eomplementatore ehe nelle frasi completive, relative e interrogative (assieme all'ellissi di ehe per influssi latini e toseaneggianti e alla sua lessiealizzazione ( = generalizzazione) [ad es. quando ehe] nei testi antiehi e oggi nel Nord). A noi pare tuttavia ehe il eomplementatore ehe e l'omofono relativo non si possano riunire in una sola eategoria (efr. il test della sostituzione con il quale). Alla p. 142 in alto bisogna eorreggere problema (relativo) in pronome. - E di argomento sintattico affine anehe l'articolo di CECILIA PoLETTO e LAURA VANELLI Gli introduttori delle frasi interrogative nei dialetti italiani settentrionali (145-58), ehe esamina l'intonazione, l'introduttore interrogativo doppio [x + ehe], la differenza tra frasi subordinate e indipendcn l, c: le diverse «strategie» in queste ultime (eon varie eoesistenze e implieazioni tipologiche). - MASSIMO VAI (Alcuni aspetti della negazione in milanese da Bonvesin a oggi, 159-69) deserive il eosiddetto ciclo di Jespersen (negazione preverbale > pree postverbale > postverbale) ed esamina, oltre alla negazione no, anche Je voci «a polarita negativa» (mica, niente, negota). - Lo studio di GuNTRAM PLANGG Interferenze nella toponomastica fassana (171-78) e consacrato ai resti romanzi e germaniei nei toponimi (con gli etimi di Fassa, Lusia e Moena) e all'analisi delle sibilanti e affricate. Importante la constatazione ehe le aree di interferenza possono eonservare a lungo certe fasi superate nei rispettivi centri (176). - LOREDANA CoRRA, nel eontributo ll confine feltrinovicentino nella percezione dei parlanti e nell'analisi dei dati (219-27) stabilisce il confine dialettale indicato, in base a fatti linguistici ma includendo anehe il giudizio dei parlanti su tratti, influssi, tappe evolutive eee. Osserviamo ehe -allo in caval (< cavallo), citato alla p. 221, non e suffisso, e oggi, a dir vero, non lo e piu neanehe -ello in fradel (< fratello) (ib.). - GrANNA MARCATO firma l'artieolo L'uso linguistico tra la doppia polarita del modello scritto e del modello parlato: analisi dei verbali di una Societa Operaia di Mutuo Soccorso nel Veneto del Novecento (229-45), ehe e una sempliee rassegna, senza bibliografia e note, delle interferenze lingua-dialetto tre tappe sueeessive) nei testi citati, eon una analisi della eoesione testuale (errori, anaeoluti ecc.). - Lo studio di LoRENZO CovERI (Il genovese de! Quattrocento, lingua della Repubblica, 261-74) esamina sei testi genovesi e conclude ehe il volgare si diffonde nel detto periodo per modelli piu umanistiei ehe latini o toseani. - II eontributo di ÜTTAVIO LuRATI, Piu profonde di quanto si creda, le sostanze settentrionali nel repertorio degli italiani (275-87), ribadisee la neeessita di studiare il lessico intern (non «monadi [isolate]», 276 e 286), occupandosi di alcuni settentrionalismi ormai 240 Besprechungen - Comptes rendus comuni (baita, bettola, essere in chicchera) e ricostruendone l'evoluzione semantica (assieme a certi paralleli con altri domini).- FRANCESCA MAGAGNA si dedica a Una testimonianza di vofgare scritto in una famiglia quattrocentesca trentina: il «Memoriale» di Graziadeo di Castel Campo (289-98). Esaminando il rapporto tra latino e volgare nei documenti trentini, il code switching e i modelli testuali, l'autrice da un importante contributo alla conoscenza della diffusione della koine. Osservazioni: 1) gli esempi come veno 'venne' ecc. (291) non illustrano «lo scambio di o in -e» ma il fenomeno contrario; 2) l'oscillazione «in presenza di J» (292) [ehe cosa significa questa formulazione? ], di cui si nega l'esistenza, e confermata invece, per lo meno a livello grafico, dagli esempi citati; 3) le grafie zabia, abit ecc. (ib.) attestano un'evoluzione molto piu complessa di una mera «confusione tra i due suoni» [V e B]; 4) ave (293) e ovviamente congiuntivo, non condizionale. - Anche CRr- STINA PEGORETTI si occupa della Trento quattrocentesca nel contributo «Rime» di anonimo sulla sollevazione del 1435 a Trento (299-310), il quale analizza il tema, l'attribuzione e la lingua della frottola (in cui la componente dialettale e autoctona, quella latina e quella toscana sono di origine dotta). Osservazione: frata, desfato e conduto (305) non valgono come esempi di non-sonorizzazione (/ t < kt/ ! ) e feri, coraza, lassa (ib.) sono casi di apocope, non sincope. - BRUNA BADINI ci offre Alcune note linguistiche su una cronaca bolognese del Cinquecento (311-22), contributo nel quale studia i tratti linguistici e l'organizzazione del testo di una breve e frammentaria cronaca risalente al xvr secolo (nella quale elementi linguistici locali coesistono con «modelli piu colti» toscano-letterari; 322).- SANDRO BrANCONI, nell'articolo ll ruolo della Chiesa borromaica nel processo di diffusione dell'italiano nella Lombardia alpina e preafpina tra '500 e '600 (323-34), illustra l'attivita della Chiesa nella diffusione dell'italiano, delle scuole e della cultura in genere, sottolineando il parallelismo tra fattori ecclesiastici e linguistici. La chiesa posttridentina tende a creare una cultura cristiana universale, contro le tradizioni locali (le quali tuttavia in parte sopravvivono, alla pari di determinati localismi linguistici). Risulta ehe l'incontro con l'italiano letterario e la conseguente bilinguita precedono in Lombardia di tre secoli l'unita politica d'Italia. Alla p.331 in alto sembra mancare una parte de! testo. - EMANUELE BANFI si occupa de La fingua delle fettere dal Brasile di un migrante Ladino a meta Ottocento (335- 54), analizzando (nelle lettere di un livinallonghese) i tratti linguistici e pragmatici, la coesistenza di piu idiomi (romanzi e germanici) e il plurilinguismo (anteriore all'unita d'Italia). Alla p.345 non risulta ehe cosa s'intenda con fonemi / i/ , ti/ et/ (! ), e nei passi citati alle p.349s. appare piu volte una c indebita all'inizio delle parole (scherzi del computer? ). - Anche il contributo di DANIELE RANDO (L 'italiano popolare-regionale delle fettere di emigrati trentini in Argentina [1958-19681), ehe chiude il libro (355-65), studia testi semicolti esaminandone la lingua, i temi, gli aspetti sociali e, beninteso, le interferenze italiano (trentino) spagnole. 8. Gli errori tipografici (alcuni dei quali sono stati gia menzionati) sono nel volume abbastanza numerosi, ma per lo piu facilmente correggibili. Le carte sono eseguite con precisione e tutta la veste grafica in genere e ad alto livello tecnico. In conclusione, il volume recensito e un arricchimento importante della dialettologia italiana, una raccolta di studi assai diversi come tema, metodo, approccio e mole, ma tutti interessanti per chi si interessa a quella Romania en miniature ehe e lo spazio linguistico italo-romanzo. P. Tekavcic * Besprechungen - Comptes rendus 241 MARIA SELIG/ BARBARA FRANKIJöRG HARTMANN (ed.), Le passage a l'ecrit des langues romanes, Tübingen (Narr) 1993, 326 p. (ScriptOralia 46) Der hier anzuzeigende Band stammt aus dem an der Universität Freiburg i. Br. mit großem Erfolg durchgeführten Sonderforschungsbereich «Übergänge und Spannungsfelder zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit». Dessen romanistisch-mediävistische Abteilung, welche unter der Leitung von Wolfgang Raible und Hans-Martin Gauger steht, hat im März 1990 ein Kolloquium zu den ältesten romanischen Sprachdenkmälern veranstaltet. Im vorliegenden Band werden die an diesem Kolloquium gehaltenen Referate mit großer Sorgfalt herausgegeben 1 . Hier ein Überblick über den Band: MARIA SELIG, «Le passage a l'ecrit des langues romanes etat de la question» (9-29). -- BARBARA FRANKIJöRG HARTMANN, «L'Inventaire systematique des premiers documents des langues romanes» (31-37). - PETER KocH, «Pour une typologie conceptionnelle et mediale des plus anciens documents/ monuments des langues romanes» (39-81). - GusTAV lNEI- CHEN, «L'apparition du roman dans des contextes latins» (83-90). - MARIA SELIG, «Parodie et protocole l'importance de Ja <citation> pour les premiers documents des langues romanes» (91-108). - EDUARDO BLAsco FERRER, «Les plus anciens monuments de la langue sarde. Histoire, genese, description typologique et linguistique» (109-48). - RUDOLF WrnmscH, «Le passage a l'ecrit et la constitution d'une identite nationale: l'exemple du roumain» (149-56). - PETER WuNDERLI, «Le röle des demonstratifs dans la Vie de Saint Leger. Deixis et anaphore dans les plus anciens textes fran�ais» (157-79). - RrcARDA LrvER, «Le demonstratif dans la Version Interlineaire d'Einsiedeln». Post scriptum: «Le passage a l'ecrit du romanche des Grisons au xvr e siecle» (181--91). - JEsus MoRENO BERNAL, «Les conditions de l'apocope dans les anciens textes castillans» (193- 206). - BARBARA FRANKIJöRG HARTMANN, «Les indications metacommunicatives des premiers documents des langues romanes» (207-26). - D'ARco SrLvro AvALLE, «Teoria dei generi paraliturgici alto-medievali fra latino e volgare. 11 caso delle laudes creaturarum di San Francesco» (227-33). - PIERRE BEc, «Le premier texte litteraire fran�ais contenant des ,series instrumentales>. Le Brut de Wace (ca. 1155)» (235-45). - JosE JESUS DE BusTos TovAR, «L'oralite dans ! es anciens textes castillans» (247-62). - SrLVIA IGLESIAS RECUERO, «Quelques remarques sur la deixis personnelle dans ! es villancicos» (263-74). - WoLF- DIETER STEMPEL, «La <modernite> des debuts: la rhetorique de l'oralite chez Chretien de Troyes» (275-98). - BARBARA WEHR, «A propos de la genese du Devisement dou monde de Marco Polo» (299-326). Es kann in dieser Rezension nicht darum gehen, die verschiedenen Studien zusammenzufassen. Maria Selig hat dies in ihrer Einleitung (17-27) meisterhaft getan. Sie hat auch die Fragen formuliert, auf welche die Beiträge Antworten geben sollen: «Pourquoi a-t-on commence a ecrire en langue romane et quels sont les contextes communicatifs privilegies qui ont donne naissance aux premiers textes? Quels sont ! es effets que produit ce passage sur les structures grammaticales et textuelles et sur ! es normes linguistiques? Quels residus d'une oralite anterieure peut-on deceler dans les premiers textes des langues romanes et comment la tension entre ! 'oral et l'ecrit determine-t-elle Je texte poetique medieval»? (17). 1 Einige kleine Reserven in bezug auf die Sorgfalt sollen freilich nicht verschwiegen werden: Die französisch verfaßten Texte nicht frankophoner Autoren enthalten zum Teil stilistische Unebenheiten und gelegentlich sogar eigentliche Sprachfehler. Die Durchsicht durch einen französischsprachigen Korrektor wäre wünschbar gewesen. Ferner haben sich allerdings sehr selten in die bibliographischen Angaben kleine Fehler eingeschlichen. So wird zum Beispiel als Autor der Studie «L'ancien poitevin et le probleme linguistique des Serments de Strasbourg», CN 29 (1969): 201-34, H. Suchier genannt statt A. Castellani (108). 242 Besprechungen - Comptes rendus Aus der Fülle des Gebotenen greife ich folgende Punkte heraus: Während in der Mehrzahl der Studien der Gegensatz zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit so verstanden wird, daß nach der Verschriftlichung der ursprünglich nur mündlich verwendeten romanischen Sprachen in den frühen Zeugnissen und nach den Spuren, welche die Mündlichkeit in der Schriftlichkeit hinterlassen hat, gefragt wird, ist diese Perspektive im Beitrag von P. Bec kaum zu finden. In ihm geht es um instrumentale und nicht um sprachliche Lautlichkeit. Eine besondere Perspektive liegt auch dem Beitrag von W.-D. Stempel zugrunde: Die Spannung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit im höfischen Roman (vor allem bei Chretien de Troyes) ist anderer Natur als die in der ursprünglichen Verschriftlichung vorliegende. Schließlich teile ich die Auffassung von J. Moreno Bemal kaum, daß für die Erklärung der Apokope des Auslautvokals im Spanischen des 12. und 13. Jahrhunderts die Perspektive des Übergangs von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit ein besonders geeigneter Schlüssel sei. Damit sollen keineswegs die genannten drei Studien kritisiert werden. Sie haben ihren unbestreitbaren Wert. Es ging mir nur um den Hinweis, daß sie sich nicht ohne weiteres in das Konzept des «passage a l'ecrit» einfügen. Eine besondere Stellung nehmen natürlich die Beiträge ein, die direkt aus dem Freiburger Projekt hervorgegangen sind. Ich verfolge die Ergebnisse dieses Projekts mit größtem Interesse, habe ich mich doch in den letzten vierzig Jahren nicht nur immer wieder mit den ältesten französischen, okzitanischen, spanischen und rätoromanischen Sprach- und Literaturdenkmälern befaßt, sondern bereits in meiner Dissertation, in der Darstellung der Entstehung der kastilischen Schriftprosa im 13. Jahrhundert 2, sowie in meiner Zürcher Antrittsvorlesung über «Die Anfänge der französischen Prosa» 3, Perspektiven skizziert, welche in dem Freiburger Programm nun vertieft und umfassender verfolgt werden. Die Einleitung von Maria Selig («Oralite scripturalite quelques reflexions preliminaires») vermittelt einen Eindruck von der begrifflichen Klarheit und der konzeptionellen Umsicht des Freiburger Projekts. - Die Ankündigung eines «Inventaire systematique des premiers documents des langues romanes» durch Barbara Frank und Jörg Hartmann läßt ein Arbeitsinstrument von unschätzbarem Wert erwarten, welches eine riesige Arbeitsleistung voraussetzt, da mehr als tausend Texte (darunter auch die berühmten, über die ausführlich geschrieben und gestritten worden ist) in der gleichen Weise behandelt und dargestellt werden sollen wie die als Beispiel vorgelegte Carta arborense del 1184. - Die von Peter Koch vorgeschlagene Typologie der ältesten romanischen Denkmäler («L'oralite mise par ecrit - Les listes - La scripturalite a destin vocal - Tension et contrastes linguistiques») ist fruchtbar, und die Auflistung von weit über hundert Texten nach dem entsprechenden Raster ist schon jetzt nützlich. Wenn einmal das genannte lnventaire vorliegt, werden auch die nackten Angaben dieser Listen, die zum Teil vorläufigen und etwas einseitigen Charakter haben, mit differenziertem Leben erfüllt. Dann wird die Angabe relativiert werden müssen, daß die Glosas Emilianenses um die Mitte des 10. Jahrhunderts geschrieben wurden. Daß das Poema de Mio Cid entweder um 1140 oder Ende 11./ Anfang 12. Jahrhundert verfaßt wurde, wird in dieser Form auch nicht stehen bleiben können. Für das Augsburger Passionslied wird man auch meine neue Deutung heranziehen 4 und die Herkunftsangabe «Nord de la France? Midi? Rheto-Romania? » durch «Midi» (vielleicht sogar durch «Limousin») ersetzen. Vielleicht wird man die dialektale 2 G. HrLTY (ed.), Aly Aben Ragel, El Libro conplido en los iudizios de las estrellas. Traducci6n hecha en la corte de Alfonso el Sabio, Madrid (Real Academia Espafiola) 1954: XI-LIII. 3 NZZ, Nr. 1120, 26. 3. 61: 6 s. 4 G. HrLTY, «La Passion d'Augsbourg, reflet d'un poeme occitan du x e siede», in: JACQUE- LINE CERQUIGLINr-TouLET/ O. CoLLET (ed.), Melanges de philologie et de litterature medievales offerts a Michel Burger, Geneve (Droz) 1994: 231-43. Besprechungen - Comptes rendus 243 Grundlage der beiden Segensformeln, die B. Bischoff in einer Handschrift von Clermont- Ferrand entdeckt hat, dann mit «gaskognisch» angeben 5 • Ich hoffe, daß auch die Auffassung von P. Zumthor, nach welcher der Refrain der zweisprachigen Alba in einer «langue vulgaire fictive et parodique» (57) geschrieben sei und ein «trompe-l'reil linguistique» darstelle, relativiert und mit meiner Deutung konfrontiert wird, die ich in zwei Publikationen von 1981 vorgeschlagen habe 6 und in dem genannten Beitrag zur Festschrift Tavani bekräftige. Mit vollem Recht weisen Barbara Frank und Jörg Hartmann auf die Bedeutung von «indications metacommunicatives» in den ältesten Sprachdenkmälern hin. Dabei würde ich allerdings noch schärfer trennen zwischen Hinweisen des Autors selbst und solchen von «scribes, copistes ou autres archivistes» (224). Auf jeden Fall müßte klar unterschieden werden zwischen zeitgenössischen und späteren Angaben. Die verschiedenen Kategorien, in welche im «inventaire des indications metacommunicatives» die Texte eingeteilt werden, haben zum Teil wohl nur provisorischen Charakter. In welche Kategorie würde zum Beispiel die Chanson de Sainte Foy mit ihrem berühmten und in der Deutung umstrittenen Prolog gehören 7 ? Daß in den «ouvrages scientifiques et didactiques» nicht viel Metakommunikatives zu finden ist, liegt sicher an der zeitlichen Beschränkung. Mit P. Koch (56) schließen wohl Barbara Frank und Jörg Hartmann die wissenschaftlichen Werke von Alfons dem Weisen aus ihrer Betrachtung aus. Dort hätten sie sehr viele metakommunikative Angaben finden können, bis hin zu jener astronomischen Figur, welche es erlaubt, den Beginn der Übersetzung des Libro conplido auf den Tag, ja auf die Minute genau zu bestimmen 8 • Von dem in der Forschung umstrittenen Übergang von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit im Bereich der Heldenepik ist im vorliegenden Band kaum die Rede. Ich habe bereits angetönt, daß die Datumsangabe beim Poema de Mio Cid unsicher ist, J. J. de Bustos Tovar deutet zwar die Auseinandersetzungen um die Entstehung des Cid-Epos an: «Pour ! es critiques modernes . . . le texte epique serait Je resultat d'un acte creatif fonde sur son <ecriture>, ou ! 'oral n'est qu'un element secondaire» (254). Gerade unter dem Gesichtswinkel von Mündlichkeit und Schriftlichkeit wäre aber eine Diskussion der Frage interessant, ob wir mit R. Menendez Pidal mit zwei Dichtern zu rechnen haben, von denen der erste zu Beginn des 12. Jahrhunderts, der zweite um 1140 gewirkt hat, oder ob das Poema das Werk eines gelehrten Dichters ist, der es 1207 niederschrieb; und ferner: ob der Autor oder die Autoren sich auf eine vorangehende mündliche Tradition stützten oder nicht. Natürlich würde sich die entsprechende Fragestellung auch für die Chanson de Roland und allgemein für die französischen Chansons de geste aufdrängen. Die Analyse von spanischen Romanzen und villancicos in den Beiträgen von J. J. de Bustos Tovar und Silvia Iglesias Recuero zeigt sehr schön, wie viele konstitutive Elemente der Mündlichkeit sich auch dann in der Dichtung erhalten, wenn diese den Schritt in die Schriftlichkeit vollzogen hat. Hier würde man freilich gerne auch wissen, wie lange solche 5 G. HrLTY, «Les plus anciens monuments de Ja langue occitane», in: L. Ross1 (ed.), Cantarem d'aquestz trobadors. Studi occitanici in onore di Giuseppe Tavani, Alessandria (dell'Orso) 1995: 25-45, vor allem 25-31. 6 G. H1LTY, «Die zweisprachige Alba», in: W. PöcKL (ed.), Europäische Mehrsprachigkeit. Festschrift zum 70. Geburtstag von Mario Wandruszka, Tübingen (Niemeyer) 1981: 43-51 und G. HILTY, «Das älteste romanische Liebesgedicht», in: Jahresbericht 1980/ 81 der Universität Zürich, 1981: 3-12 (Rektoratsrede). 7 Cf. M. BuRGER, «Remarques sur ! es deux premieres laisses de la Chanson de sainte Foy et Je sens de razon espanesca (v. 15)», VRom. 48 (1989): 41-57. In meinem Beitrag zu einer Festschrift für Marc-Rene Jung werde ich mich erneut mit der Problematik dieses Prologs befassen. 8 Cf. die in N2 erwähnte Ausgabe, p. LXI-LXV. 244 Besprechungen - Comptes rendus Dichtung in rein mündlicher Form gelebt hat, bevor sie verschriftet wurde. Bei der kastilischen Lyrik rechnet R. Menendez Pidal mit einem «estado latente» von Jahrhunderten. Die Frage ist deshalb im Zusammenhang mit der hier besprochenen Problematik von besonderem Interesse, weil auch mündliche Traditionen, welche lange dauern, durch Herausbildung anerkannter Formalisierungselemente (Rhythmus, Versmaß, Reim etc.) sowie mehr oder weniger geschlossener Weltvorstellungen zu dem führen, was P. Koch «distance communicative» nennt. Man wartet gespannt auf weitere Ergebnisse der romanistischen Abteilung des Sonderforschungsbereichs «Übergänge und Spannungsfelder zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit», ganz besonders auf die Publikation des Inventaire systematique des premiers documents des langues romanes, das demnächst in 13 Bänden erscheinen soll 9 • G. Hilty * ULRICH HorNKES (ed.), Panorama der Lexikalischen Semantik. Thematische Festschrift aus Anlaß des 60. Geburtstags von Horst Geckeler, Tübingen (Narr) 1995, xxrx + 806 p. (Tübinger Beiträge zur Linguistik 412)* Ulrich Hoinkes hat so frühzeitig die Initiative ergriffen, die Arbeiten zu der für meinen 60. Geburtstag geplanten thematisch ausgerichteten Festschrift in die Wege zu leiten, daß sie mir in der Tat an meinem Geburtstag selbst in einem eindrucksvollen akademischen Festakt mit anschließendem zweitägigem Semantik-Kolloquium (die Vorbereitung der Akten zur Veröffentlichung ist im Gange) übergeben werden konnte. Als Thema der Festgabe wurde die lexikalische Semantik, das konstanteste meiner Arbeitsfelder, in ihrer ganzen Breite festgelegt, so daß von dem vorliegenden Werk ein repräsentatives Spektrum dieses höchst aktiven Zweiges der heutigen Sprachwissenschaft erwartet werden darf. Der vom Gunter Narr Verlag vorzüglich ausgestattete Band enthält zu Beginn eine Kohlezeichnung des Geehrten von der bekannten Münsteraner Künstlerin Dore Miething- Buschmann, in der er sich sehr gut getroffen wiederfindet. Nach dem Inhaltsverzeichnis (v-rx) legt Herr Hoinkes im «Vorwort des Herausgebers» (xr-xm) die Zielsetzung und die Entstehungsgeschichte der Festschrift dar. Die «Laudatio auf Horst Geckeler» (xv-xvrn) meines seit über zwanzig Jahren unmittelbaren Fachkollegen am Romanischen Seminar der Universität Münster, Wolf Dietrich, gibt einen schönen, von freundschaftlicher Atmosphäre geprägten Überblick über meinen Werdegang. Mein Schriftenverzeichnis (xrxxxv) und die Tabula gratulatoria (xxvn-xxrx) beschließen den einleitenden Teil. Die Festschrift enthält sehr sinnig konzipiert - 60 Beiträge zu meinem 60. Geburtstag von 61 Beiträgern (ein Aufsatz ist eine Gemeinschaftsarbeit von zwei Autoren) fast aus aller Welt; drei Beiträger durften das Erscheinen des Bandes nicht mehr erleben. Viele der Autoren sind Gestirne erster Größenordnung in unserer Wissenschaft. Die Beiträge betreffen mit zwei Ausnahmen -Themen der lexikalischen Semantik im weitesten Sinne. Die Artikel sind in der Festschrift alphabetisch nach den Namen der Verfasser angeordnet. Nachfolgend versuche ich in dieser Besprechung, die Beiträge thematisch zu gruppieren und sie knapp vorzustellen. Bei manchen Artikeln wäre eine Mehrfacheinordnung 9 Cf. RF 105 (1993): 249 N48. * Die Herausgeber der Vox Romanica haben Horst Geckeler gebeten, in guter alter inzwischen außer Gebrauch gekommener - Manier die ihm gewidmete Festschrift selbst zu besprechen. Wir freuen uns sehr, daß er unserer Bitte nachgekommen ist und diese schwierige und zeitraubende Aufgabe auf sich genommen hat. Besprechungen - Comptes rendus 245 möglich, da ihr Thema verschiedene der hier vorgenommenen Gruppierungen betrifft; ich ordne sie prinzipiell aber nur einer Rubrik zu. Was die Verteilung der Sprachen der Beiträge betrifft, so sind 38 Aufsätze auf deutsch, acht auf französisch, acht auf spanisch, vier auf englisch, einer auf italienisch und einer auf katalanisch verfaßt. 1. Wortfeldstudien, z. T. mit Modifizierungsvorschlägen WOLF DIETRICH, «Das französische Wortfeld savoirlconnaftre in seinem paradigmatischen 'Umfeld'» (141-49): Dieser Beitrag ist eine Wiederaufnahme und Verfeinerung der schon 1977 auf dem Internationalen Romanistenkongreß in Rio de Janeiro vorgetragenen skizzenhaften Analyse des französischen Wortfeldes savoirlconnaftre. Besonders hervorzuheben an dieser Studie ist zum einen die Tatsache, daß ein Vergleich mit der Gliederung des Bedeutungsbereichs von savoir und connaftre in verschiedenen recht unterschiedlichen Sprachen gezogen wird, zum andern, daß eine Einbettung in das «umfassendere Wortfeld der Verben der geistigen Tätigkeit» (146) (schematische Darstellung auf p. 148) vorgenommen wird, wo die beiden Verben der Dimension «presence a l'esprit» zugeordnet werden. - NELSON CARTAGENA, «Acerca de! campo de Ja vivienda en espafiol actual: los establecimientos de hospedaje temporal pagado» (87-100): Der Verfasser untersucht im peninsularen Spanisch aus dem umfangreichen Wortfeld «Wohnung» das Unterfeld «Einrichtungen für zeitlich begrenzte Beherbergung gegen Bezahlung». Für die strukturell-semantische Analyse reduziert er das Lexeminventar schließlich auf folgende 9 Einheiten: hotel, aparthotel, parador, motel, hostal, fonda, pensi6n, hospederia, albergue, die er mit Hilfe von 15 Semen beschreibt (vgl. die Ergebnisse in Matrixform auf p. 98). - HARALD WEYDT/ BRI- GITTE SCHLIEBEN-LANGE, «Hoch tiefniedrig. Primäre und metaphorische Bedeutungen von antonymischen Adjektiven» (715-43): Höchst interessante Beschreibung der primären und metaphorischen Bedeutungen der Dimensionsadjektive des Deutschen auf empirischer Basis (Fragebogenenquete bei Studierenden und Schülern); in die Analyse werden insbesondere folgende Adjektive einbezogen: hoch, tief, niedrig, lang, kurz, breit, schmal, weit, eng, dick, dünn, groß, klein. Als wichtiges Ergebnis wird festgehalten: Die Dreidimensionalität wird aufgelöst entweder in eine Zweidimensionalität + eine weitere Dimension oder in eine Dimension + Zweidimensionalität. - MARIA GRoSSMANN, «Il campo lessicale giovane nuovo vecchio in ungherese» (207-25): Analyse des extrem reichen Wortfeldes «jung neu alt» im Ungarischen. Die Autorin analysiert 177 Lexeme und faßt ihre Ergebnisse in alphabetischer Anordnung der Lexeme in Matrixform (217-24) zusammen. Sehr systematische und konzis durchgeführte Untersuchung schade nur, wenn man des Ungarischen nicht mächtig ist. - LEONHARD LIPKA, «Die Semantik und Pragmatik von speak und talk im heutigen Englisch: Ein kognitiver Versuch» (431-48): Untersuchung der auf speak und talk beschränkten Sprechverben im heutigen Englisch (say, teil, utter, express werden nur gelegentlich herangezogen) unter Rekurs auf «pragmatische Aspekte» und auf eine «kognitive Ebene», mit dem Ziel, dadurch die «Grenzen einer sprachimmanenten Semantik» (431) zu überschreiten. - GuDRUN KRASSIN, «Der Einfluß der Verbvalenz auf die Feldzugehörigkeit» (413-25): Die Verfasserin plädiert für die Einbeziehung der vor allem semantischen Valenzbestimmung nach neueren Ansätzen, um die Leistungsfähigkeit der Wortfeldmethode hinsichtlich des verbalen Wortschatzes zu erhöhen. Frau Krassin hat hier bereits in ihrer unter meiner Betreuung entstandenen Münsteraner Dissertation Das Wortfeld der Fortbewegungsverben im modernen Französisch, Frankfurt a.M. 1984, vorgearbeitet. 2. Grundfragen der strukturellen Semantik und deren Diskussion EuGENIO CosER1U, «Defensa de Ja Lexematica. Lo acertado nes acerca de la semantica estructural en �0pmrn„ lo err6neo en las discusio- Autor greift in überzeu- 246 Besprechungen - Comptes rendus gender Weise klärend in vieldiskutierte Grundfragen der strukturellen Semantik (wie z.B. das Verhältnis von Wortfeld zu lexikalischer Klasse) ein und verweist auf Fortschritte in der Theorie insbesondere im Bereich der «lexematischen Solidaritäten», die dem spanischen Linguisten Gregorio Salvador, dem Begründer der «Escuela de Semantica de la Universidad de La Laguna», zu verdanken sind. - HrLTRAUD DuPUY-ENGELHARDT, «Zur Beschreibung lexikalischer Bedeutung» (151-57): Die Autorin diskutiert Grundelemente der strukturellen Semantik wie Archilexem, Dimension, Sem, Klassem und schlägt Weiterentwicklungen vor, die sie in ihrer Monographie La saisie de l'audible. Etude lexematique de l'allemand, Tübingen 1990, vorbereitet hat. - BERND SPILLNER, «Zum methodischen und terminologischen Standort der Lexikologie» (613-17): Herr Spillner setzt der von ihm konstatierten «terminologischen Verwirrung» in der Lexikologie den Vorschlag einer strengen Unterscheidung «zwischen dem Wortschatz als Menge der einem Sprachteilhaber bzw. einer Sprachgemeinschaft mental präsenten autosemantischen Zeichen, der Lexik als entsprechendem Gegenstandsbereich der theoretisch-linguistischen Deskription und dem Wörterbuch als Resultat der lexikographischen Kodifizierung» (614) entgegen. - HELMUT GrPPER, «Was hat den Vorrang: Wort oder Satz? Zu einem alten, aber entscheidbaren Meinungsstreit» (195-205): Der Autor diskutiert diese alte Streitfrage und begründet die Priorität des Wortes vor dem Satz genetisch am Spracherlernungsprozeß beim Kind, weist aber darauf hin, daß bereits das erste Wort des Kindes «Aussagecharakter enthält» (204). - RAMON TRUJILLO, «Diccionario y semantica cientifica» (681-96): Diskussion grundsätzlicher Fragen der Semantik wie der des Verhältnisses von einheitlicher Bedeutung und Bedeutungsvarianten (am Beispiel von span. dar und producir) und deren Anwendung in der Lexikographie. Kritische Bewertung der Lexikonartikel agudo und entender des DRAE auf dieser Basis: einerseits die einheitliche Bedeutung des Lexems und andererseits die davon abgeleiteten, durch den sprachlichen Kontext und/ oder die Situation bedingten Bedeutungsvarianten (eine Form von Polysemie). - ULRICH HOINKES, «Immer wieder 'Stuhl' ... Zur Kontinuität eines Beispiels in der Lexikalischen Semantik» (307-28): Die verschiedenen Studien zu den Bezeichnungen der Sitzgelegenheiten von H.Gipper, B.Pottier, M.Faust, W. v.Held, Chr. Schwarze, G.Kleiber werden kritisch kommentiert, und eine eigene Analyse wird auf der Grundlage von drei Dimensionen («physisch», «psychisch», «sozial») angeboten. Der Verfasser betont, daß «eine modern verstandene strukturelle Linguistik durchaus für die Integration ergänzender Beschreibungsmethoden offen ist» (328). - PETER WuNDERLI, «Strukturelle Semantik, Polysemie und Architektur der Sprache. Zu einigen aktuellen Problemen der Bedeutungsanalyse» (791-806): Einer positiven Einschätzung der strukturellen Semantik stellt der Autor das gleichzeitige Aufzeigen von Schwierigkeiten an dieser Methode in der Wortfeldforschung gegenüber: die Frage der Feldgrenzen, die Bewertung der Terminologien (Vorschlag einer skalaren Sichtweise), Polysemie und Feldzugehörigkeit, hierarchische Strukturen, Folgen der sprachlichen Variation für die strukturelle Semantik. Der Verfasser will durch diese Erörterungen der strukturellen Semantik «neue Impulse» (804) geben. - JENS LüDTKE, «Zur Geschichte des spanischen Wortschatzes in Amerika» (449-59): Der Autor macht an gut ausgewählten Wortbeispielen aus der frühen spanischen Kolonialzeit plausibel, daß die Entwicklung des spanischen Wortschatzes in Hispanoamerika «unter fachsprachlichen Bedingungen stattfand» (458). Lüdtkes theoretischer Rahmen ist der der strukturellen Semantik der Tübinger Schule; er zeigt aber, daß diese Prinzipien nur zum Teil auf diese Untersuchung anwendbar sind, da das Spanische Amerikas jener Zeit noch «vor seiner Konsolidierung» (458) stand, also kein homogenes Untersuchungsobjekt darstellt. - BRUNO STAIB, «Speziesnamen - Ein Problem der lexikalischen Semantik» (619-31): Behandlung des Problems der Bezeichnungen der Tierspezies in der strukturellen Semantik, v.a. an den Beispielen frz. cheval, bCEuf und poule unter Rückgriff auf Coserius sehr hilfreiche Klassifizierung der funktionellen sprachlichen Einheiten in die Ebene der Ein- Besprechungen - Comptes rendus 247 heiten, die Ebene der Archieinheiten und die Ebene der Hypoeinheiten (hier erscheinen die Subdistinktionen primärer Einheiten). - HARALD TttuN, «Sekundäre semantische Präsenz in Fixierten Wortgefügen» (667-80): Der Verfasser verfeinert in seinem Beitrag ein Thema aus seiner Doktorarbeit zur Phraseologie (Tübingen 1978). Hier behandelt und klassifiziert er die «sekundäre semantische Präsenz» in fixierten Wortgefügen und kann zeigen, daß die Typen der sekundären semantischen Präsenz eine Reihe bilden, «deren Kennzeichen die zunehmende funktionale Unabhängigkeit der Komponenten ist» (671), dies alles illustriert mit reichem Beispielmaterial aus den romanischen Sprachen. - BER- NARD PoTTIER, «Metaphore abstraite, typicite et pertinence semique» (529-36): Aus diesem Beitrag weisen wir besonders auf zwei Themen hin, die der Autor in der für ihn charakteristischen konzisen Weise behandelt: 1° die abstrakte Metaphorik von span. puente wird als «liaison entre deux supports» (530), die von span. abanico als «extension largement parcourue» (531) bestimmt; 2 ° er verfolgt in drei Fällen (span. acentuar[se}, dejarse + Infinitiv, negativamente) den Weg der Lexeme zu einer «Grammatikalisierung» (acentuar[sej wird mit negativ besetzten Objekten kombiniert, z.B. acentuar + descontento). - HANS-MARTIN GAUGER, «Über eine neue Semantik» (185-93): Gauger entwickelt hier entgegen einer vorschnellen Erwartung keine neue Semantik, sondern geistreich wie immer kommentiert und situiert er aus europäischer Perspektive das Werk von W.FRAWLEY, Linguistic Semantics, Hillsdale/N.J. 1992, und hält den Blick darauf geschärft, wo sich eine ihn besonders interessierende «bewußtseinsorientierte Sicht» (192) in dieser Semantik andeutet. - YosHIHIKO lKEGAMI, «Apresjan's 'Champ semantique structure' and the Iconicity Principle» (373-77): Ikegami diskutiert in seinem Beitrag den Aufsatz «Analyse distributionnelle des significations et champs semantiques structures» von J. Apresjan aus dem Jahr 1966 und zeigt daran «both the potentiality and limitation of the structuralist methods» (377), wobei zu ergänzen wäre, daß es sich um die Möglichkeiten und Begrenzungen einer bestimmten strukturalistischen Methode, nämlich der von Apresjan, handelt. Unter dem Gesichtspunkt der «potentiality» führt Ikegami an, daß Apresjan bereits ein bestimmtes Prinzip der kognitiven Semantik vorweggenommen habe. - CHRISTIAN RoHRER, «Mehrdeutige Wörter in der maschinellen Übersetzung» (551-65): Der Verfasser bespricht Desambiguierungsverfahren zur Auflösung von lexikalischen Mehrdeutigkeiten verschiedener Schwierigkeitsgrade im Hinblick auf die maschinelle Übersetzung, illustriert an deutschen, französischen und englischen Beispielen. 3. Andere bzw. teilweise andere Ansätze in der Semantik EDDA WEIGAND, «Grundfragen einer lexikalischen Semantik auf handlungstheoretischer Basis» (697-714): Die Autorin ordnet in ihr «Modell für die Beschreibung des Gesamtwortschatzes auf handlungstheoretischer Basis» (697) den Wortschatz als Prädikationsfelder in die propositionale Funktion des Prädizierens ein. Bei den Prädikationsfeldern sieht sie als oberste Unterscheidung die zwischen Veränderung und Eigenschaft/Zustand. Als Aufgabe der lexikalischen Semantik formuliert sie: «Die lexikalische Semantik beschreibt somit einzelsprachliche lexikalische Ausdrücke in ihren Verwendungsweisen für nichteinzelsprachliche Bedeutungspositionen» (711). Die Bedeutungspositionen fungieren als tertium comparationis. - LEOCADIO MARTIN MrNGORANCE, «Lexical logic and structural semantics. Methodological underpinnings in the structuring of a lexical database for natural language processing» (461-74): Der Autor vertritt ein sehr komplexes Dreistufenmodell der lexikalischen Analyse, in welches er E. Coserius Lexematik, S. C. Diks funktionelle Grammatik und die kognitive Linguistik integriert. - GERD WoTJAK, «Microestructuras y medioestructuras semanticas» (779-90): In einem sehr theoretisch gehaltenen Beitrag bestimmt der Verfasser den Standort der strukturellen Semantik im Verhältnis zu seiner eigenen Konzeption der Semantik und zu anderen Ansätzen. Unter Mikrostruktu- 248 Besprechungen - Comptes rendus ren versteht er Sememe, unter Makrostrukturen Wortfelder; seine semantischen Mediostrukturen entsprechen in etwa Baldingers «semasiologischem Feld». 3.1. Mit Bezug auf die Prototypensemantik (vgl. dazu auch die Beiträge von Gauger, Hoinkes, Ikegami, Lipka, Martin Mingorance, Oesterreicher) JöRN ALBRECHT, «Le frani;;ais langue abstraite? Neue Antworten auf eine alte Frage aus der Sicht der Prototypensemantik» (23-40): Der Verfasser nimmt nach 25 Jahren das Thema seiner Dissertation «Le frani;;ais langue abstraite? » wieder auf und will überprüfen, «ob und inwiefern die Prototypensemantik dazu beitragen kann, ein neues Licht auf das hier erörterte Thema [eingeschränkt auf den ,Al! gemeinheitsgrad> der Wörter] zu werfen» (25, 29). Während Albrecht zunächst in der «vertikalen Klassifikation» den «wirklich innovativen Beitrag der Prototypensemantik zur Sprachwissenschaft» (28) sehen will, relativiert er diese vermeintliche Errungenschaft am Ende seines Beitrages wieder. Interessant aus dieser Perspektive ist die Diskussion des Racineschen Wortschatzes in Phedre im Vergleich mit den entsprechenden Übersetzungen. Die These vom «abstrakten» Charakter des Französischen betrifft nach Albrecht «bestenfalls den Stil einiger klassischer französischer Autoren» (38). - GEROLD HILTY, «Die Bedeutung von spanisch silla» (293- 302): Darlegung seiner Auffassung der Wortbedeutung an dem von ihm entwickelten Trapezmodell. Hiltys «syntagmatischen» Ansatz würden wir als semasiologischen bezeichnen, ähnlich den Desambiguierungsarboreszenzen von z.B. Katz/ Fodor. Dieser Ansatz wird aufgezeigt am Beispiel span. silla, mit bewußter Bezugnahme auf Pottiers bzw. Baldingers entsprechende Analysen. Der Autor hebt seine «syntagmatische Analyse» deutlich gegen die Prototypensemantik ab. 4. Zu den Inhaltsrelationen Synonymie MIGUEL CAsAs G6MEZ, «Implicaciones lexicas de los niveles del significar» (101-12): Der Autor diskutiert im Rahmen der strukturellen Semantik der Tübinger Schule und unter Einbeziehung der Semantik von J. Lyons insbesondere die Begriffe Bedeutung/ Bezeichnung/ Sinn sowie Synonymie. Er plädiert für eine Trennung von «designatum» und «denotatum». Absolute Synonymie die er «freie Variation» nennt sieht er in der Terminologie gegeben. - JuRIJ D. APRESJAN, «The Semantics of Hope in Russian: a Group of Synonyms» (41-55): Präsentiert das Modell eines neuen erklärenden Synonymenwörterbuchs des Russischen, illustriert an der Synonymengruppe der russischen Verben des Hoffens. Wenn dieses Projekt, in dem jeder Eintrag in 10 «Zonen» differenziert wird, einmal realisiert sein wird, wird es eine gewaltige Leistung an lexikalischer Analyse des Russischen darstellen. - ANTONI M. BADIA I MARGARIT, «Entorn de les equivalencies sinonimiques en les Regles de esquivar vocables (ca. 1492)» (57-63): Philologisch-linguistische Untersuchung unterschiedlicher Arten von Synonymen einer historischen Sprachstufe des Katalanischen. 5. Lexikalische Typologie VLADIMIR GAK, «Typologie des divergences lexicales entre les langues romanes dans l'optique onomasiologique» (175-83): Untersuchung der lexikalischen Divergenzen und Konvergenzen der fünf großen romanischen Sprachen (Frz., Span., Ital., Port., Rum.) auf der Basis von 1000 heute gebräuchlichen Wörterbuchentsprechungen in onomasiologischer Sicht. Die Analyse wurde nach sieben Kategorien mit 52 prinzipiell möglichen Konfigurationen vorgenommen. Die Ergebnisse bestätigen weitgehend die von G. Rohlfs auf andere Weise erzielten Resultate. Die Zuverlässigkeit einer solchen Untersuchung hängt natürlich von der Qualität des zugrundegelegten Wörterbuches ab. Besprechungen - Comptes rendus 249 6. Wortgeschichte, diachrone Semantik und Volksetymologie STEVEN N. DwoRKIN, «Tue Role of Grammatical Category and Semantic Features in Lexical Loss: Old Spanish Primary Adjectives» (159-67): Untersuchung der für den Wortuntergang von 50 altspanischen primären, d.h. nicht-abgeleiteten Adjektiven verantwortlichen Faktoren. Während Malkiel in ähnlichen Studien vor allem die materiellen Faktoren hervorhob, insistiert Dworkin vielmehr auf den semantischen. - MARIUS SALA, «Sprachkontakte und die Umgestaltung semantischer Strukturen» (575-78): Kurze Studie zur diachronen strukturellen Semantik, in der der Autor an ausgewählten romanischen Beispielen «die Auswirkungen des Sprachkontaktes auf die Neuorganisation semantischer Strukturen» (575) aufzeigt. Folgende Möglichkeiten werden behandelt: einfache Ersetzung des signifiant, Entstehung einer neuen Opposition, Bewahrung und Verstärkung einer bestehenden Opposition, Schwund einer Opposition. - CHRISTIAN SCHMITT, «Bedeutungsentwicklung wider besseres Wissen. Wie aus nahrhaftem Obst ungesunde Früchte werden (können)» (579-87): Kulturgeschichtlich-volkskundlich ansetzende Studie, in der zunächst aufgezeigt wird, daß in der Romania (auch in der Romania submersa, nicht aber in Rumänien), ganz im Gegensatz zur Germania, Nuß und Nußbaum im Volksbzw. Aberglauben als schädlich angesehen werden. Der Verfasser führt diesen Volksglauben, der im Widerspruch zur üblichen Verwendung von Nüssen in Backwerk steht, auf die volksetymologische Interpretation des lautlichen Zusammenfalls von lat. NUCEM mit dem Stamm des lat. Verbs NOCERE zurück (so schon bei Isidor von Sevilla) diese Homophonie entstand gerade nicht im Rumänischen. 7. Zur Geschichte der Semantik WERNER HÜLLEN, «Die semantische Komponente der Universalsprache von John Wilkins» (329-45): Der Autor befaßt sich historiographisch und sprachsystematisch mit John Wilkins' An Essay Towards a Real Character, and a Philosophical Language (1668) und hebt dessen Wichtigkeit für das Entwerfen von Universalsprachen sowie dessen bedeutende Rolle für die Lexikographie und die Lexikologie/ Semantik hervor. Wilkins steht historiographisch in der onomasiologischen Tradition. Die «Tables» des Essays können auf der Ebene der «species» geradezu als Wortfelder des Englischen gelesen werden. Einern größeren Publikum bekannt gemacht wurde Wilkins in letzter Zeit auch durch das ihm gewidmete Kapitel 12 in U.Eco, Die Suche nach der vollkommenen Sprache, München 2 1994. - PETER ScHMITTER, «Von der Hermeneutik zur Semasiologie. Aspekte der Entwicklung von semantischen Forschungsprogrammen in der Zeit um 1800» (589-603): Der Verfasser macht in einer sprachwissenschaftsgeschichtlichen Studie plausibel, daß Christian Karl Reisigs Begründung der Semasiologie als eigenständige sprachwissenschaftliche Disziplin (vor 1829) keinen punktuellen Anfang darstellt, sondern daß er sich auf eine entsprechende Arbeit aus dem Jahre 1820 des klassischen Philologen Georg David Koeler aus Detmold hat stützen können. Es wird gezeigt, daß Hermeneutik (bei Koeler und Wolf) als Vorläufer von Semasiologie anzusehen ist. - PIERRE SwIGGERS, «L'enjeu de la semantique chez Michel Breal» (651-65): Sympathetische und doch kritische retrospektivische Betrachtung von MICHEL BREAL, Essai de semantique (Paris 1897), von einem ausgezeichneten Kenner der Geschichte der Sprachwissenschaft. - CLEMENS-PETER HER- BERMANN, «Felder und Wörter» (263-91): Wissenschaftsgeschichtlicher Versuch, in der Geschichte der Wortfeldforschung fünf verschiedene Wortfeldmodelle herauszuarbeiten. Die Differenzierung zwischen den drei ersten Modellen erscheint mir nicht genügend begründet. Sehr überzeugend dagegen das Aufzeigen der Metaphorik des Terminus «Feld» und ihres historischen Kontextes. Bei Lutzeier sieht Herbermann die Auflösung des Feldbegriffs gegeben. 250 8. Einzelwortstudien 8.1. Synchron-aktuell Besprechungen - Comptes rendus JACQUELINE PrcoCHE, «Porter, verbe de mouvement» (517-28): Die Autorin betont in ihrer detaillierten Analyse des französischen Verbs porter die Priorität der Semantik vor der Syntax im Gegensatz zur Darstellung dieses Verbs in den großen einsprachigen Wörterbüchern des Französischen. Sie konzipierte die vorliegende Beschreibung als einen Modellartikel für das von ihr geplante Dictionnaire des mots de haute frequence. - FRANZ HuNDSNURSCHER, «Das Gebrauchsprofil der Wörter. Überlegungen zur Methodologie der wortsemantischen Beschreibung» (347-60): Der Münsteraner Germanist erstellt ein «Gebrauchsprofil» des deutschen Adjektivs alt auf der Materialbasis von Günter Grass' Die Blechtrommel, von Kleists Dramen und Erzählungen sowie dem Adelungsehen Wörterbuch. Unter «Gebrauchsprofil» versteht er die Darstellung der Gebrauchsweisen eines Wortes (vgl. dazu meinen Beitrag in Der Gebrauch der Sprache. Festschrift für Franz Hundsnurscher zum 60. Geburtstag, Münster 1995, 108-20). -Aoouo ELIZAINCIN, «Sobre la semantica de! lexico bilingüe: el caso de! esp. port. caprichoso» (169-74, mit 2 Karten): Unser Kollege und Freund aus Montevideo untersucht die Verwendung des sowohl spanischen als auch portugiesischen Adjektivs caprichoso (spanisch: 'launisch', portugiesisch: 'akkurat') in der «zona fronteriza» in Uruguay nahe der Grenze zu Brasilien. In dieser zweisprachigen Kontaktzone ist die Kenntnis der jeweiligen Bedeutung dieses Adjektivs unterschiedlich; zweisprachige Sprecher orientieren sich an der Aussprache des Wortes mit [tf] bzw. [f]. Der Verfasser stützt sich auf Materialien aus dem von ihm und H. Thun konzipierten und zum Teil schon realisierten Atlas lingüistico Diat6pico y Diastrdtico del Uruguay. - GEORG KREMNITZ, «Abricot und merle. Strategien von Sprechern zur Bezeichnung neuer Realitäten» (427-30): Der Untertitel des Beitrags gibt die Intention des Beitrags wieder; illustriert werden solche Strategien an den Wortbeispielen abricot und merle in der Sprache der Französischen Antillen. Der Verfasser sieht hier das Prinzip der «signifiance» am Werke. 8.2. Synchron-historisch GrLLES RoQUES, «Une description semantique: le cas de l'adjectif frarn; ais cointe» (567- 74): Der Autor erstellt auf der Basis von mehr als 1000 Belegen «le tableau des emplois» (567) (Franz Hundsnurscher würde «Gebrauchsprofil» sagen) des altfranzösischen Adjektivs cointe, daneben auch jenes des altokzitanischen coinde, jeweils unter Angabe der Quellen. Er spricht von cointe als von einem «mot litteraire», «un de ces termes qui caracterisent la civilisation du Moyen Age» (567). 8.3. Diachron WOLFGANG ScHWEICKARD, «lt. cazzo» (605-12): Der Verfasser legt eine reichdokumentierte Wortmonographie zu italienisch cazza 'membrum virile' vor, fast im Stile eines Wörterbuchartikels aus Max Pfisters Lessico etimologico italiano. - MANFRED HöFLER, «Fr. estudiantin: Entlehnung aus dem Spanischen oder innerfranzösische Wortbildung? » (303-06): Dieser Beitrag stellt eine Klärung der Entstehung des in den historischen Wörterbüchern meist als aus dem Spanischen übernommen angegebenen französischen Adjektivs estudiantin als innerfranzösische Ableitung auf latinisierender Wortbildungsgrundlage zu etudiant dar. Höfler zitiert als Erstdatierung das Jahr 1934. 9. Zur Wortbildung DIETER KASTOVSKY, «Wortbildungssemantik: Ein historischer Lagebericht» (385-98): Kurzer Forschungsbericht zur Wortbildung, wobei als Richtungen hauptsächlich die Ansätze der «beiden Tübinger Schulen» behandelt werden (der Beiträger und der Adressat kom- Besprechungen - Comptes rendus 251 men aus diesen Schulen). Coserius und Marchands Ansätze werden dargestellt und verglichen und mit Ausblicken auf andere Ansätze ergänzt. Als Fazit wird festgehalten: «Syntaktisch-semantische und lexikalisch-semantische Beschreibungen unter Einschluß des pragmatischen Aspekts sind daher keine sich gegenseitig ausschließende Alternativen, sondern komplementäre Beschreibungsebenen oder besser, Beschreibungsdimensionen» (395). -KuRT BALDINGER, «Das Argotsuffix -zingue (von etre dans les brindezingues 'etre ivre' über banquezingue 'banquier' bis zu pompezingue 'pompier', papezingue 'papier' und plumzingue 'plumard')» (65-75): Philologisch-etymologische Studie des Argotsuffixes -zingue, das -wie der Argot allgemein im FEW vernachlässigt wurde. Dieses Wortbildungselement ist meist im Suffixwechsel nachweisbar (z.B. banquier � banquezingue) mit deutlicher Markierung der affektiven Stilebene als Argot. Das reiche Belegmaterial nimmt Baldinger meist aus San Antonio. 10. Semantik und Semiotik auf Textebene SoRIN STATI, «Semantique et rhetorique: apropos des röles argumentatifs» (633-40): Der Verfasser entwickelt für die Satz- und Textanalyse eine zu den bekannten obligatorischen Funktionen hinzukommende fakultative Ebene, die er «niveau argumentatif ou rhetorique» nennt. In Erscheinung tritt diese Ebene durch die «röles argumentifs» wie die folgenden: «these, preuve, justification, explication, objection, critique, rectification» u.a. Beispiele dafür gibt Stati aus französischen literarischen Texten. - LISA BLOCK DE BEHAR, «Algunas observaciones sobre signos en mutaci6n y en movimiento» (77-85): Linguistischästhetische Überlegungen zur Vielfalt textlicher Interaktion zwischen Sprache und Bild (z.B. auch im Film). 11. Semantik und Varietätenbzw. Variationslinguistik WuLF ÜESTERREICHER, «Blinde Flecken der historischen Wortforschung oder: Die Angst des Linguisten vor der Sprachvariation. Am Beispiel der Lexik des Spanischen in Amerika (16.Jahrhundert)» (489-516): In einer programmatischen und sehr kritischen Arbeit setzt Oesterreicher der traditionellen historischen Wortforschung, deren «Erkenntnisblockaden» gar zu «Erkenntnisverzicht» führen, eine historische Wortforschung in Gestalt einer historischen Varietätenlinguistik gegenüber, deren Fundament der «Zusammenhang zwischen Varietätenwahl und Diskurstradition, Schreibkompetenz und Textsituierung» (511) darstelle. Der Verfasser veranschaulicht seine Konzeption an kritischen Analysen lexikalischer Beispiele (Wortschatz des «mestizaje») aus hispanoamerikanischen Berichten und Chroniken des 16.Jahrhunderts. - THOMAS STEHL, «Sprachdynamik in Frankreich und Italien: Zur Funktion des Wortschatzes im Konvergenzprozeß» (641-50): Der Autor fordert eine «konstruktive und dynamische Verbindung der strukturellen Semantik mit der Variationslinguistik». Dadurch könnte «die strukturelle Semantik zu einer Vorreiterdisziplin der historischen romanischen Sprachwissenschaft werden» (648). Er bespricht zwei Beispiele für die Möglichkeit einer lexematischen Beschreibung von Interferenzvarietäten der Pluriglossie aus dem südwestlichen Perigord und aus Apulien. 12. Sprachvergleich und Übersetzung KLAUS HEGER, «Zur Klassifizierung von Verben der gerichteten Fortbewegung» (227-44): Der Verfasser zeigt die Möglichkeiten (1080-6480 mögliche Kombinationen) der onomasiologischen Abbildung der Verben der gerichteten Fortbewegung auf noematische tertia comparationis auf (dargestellt anhand der bekannten Hegerschen Aktantenmodell-Notation). Gedacht ist die Unternehmung für den Vergleich verschiedener Einzelsprachen. - ALAIN DELIGNE, «Le concept hegelien d"Aufhebung' en frarn; ais: des dangers de Ja conceptualisation en traduction» (125-39): In einem sehr densen Beitrag behandelt der Autor 252 Besprechungen - Comptes rendus Probleme bei der Übersetznng des Hegelschen Begriffes aufheben bzw. Aufhebung ins Französische, aus übersetzungswissenschaftlicher und philosophischer Sicht. - GERHARD RESSEL, «Deutsche philosophische Literatur in serbokroatischer Übersetzung lexikalische Einflüsse und semantische Probleme» (537-49): Übersetzungskritische Studie auf lexikalisch-semantischer Basis zu neueren Übersetzungen klassischer deutscher philosophischer Texte ins Serbokroatische, konkret aufgezeigt an zwei verschiedenen serbokroatischen Übersetzungen von Kants Kritik der praktischen Vernunft. - RUDOLF WINDISCH, «Die Wiedergabe französischer Partizipialkonstruktionen auf -ant und en -ant im Deutschen» (757-78): Der Verfasser behandelt «participe present» und «gerondif» im Französischen und zeigt dann die Übersetzungsmöglichkeiten dieser beiden französischen Konstruktionen im Deutschen anhand eines Vergleichs von Michel Butors Roman La modification mit der deutschen Übersetzung auf. Der Beitrag fällt etwas aus dem thematischen Rahmen heraus. 13. Fachsprache und Terminologie SrGURD WrcHTER, «Überlegungen zu einer vergleichenden Semantik» (745-55): Der Autor entwirft ein sehr differenziertes Verfahren zum Vergleich von Wissensbeständen aus dem Bereich der «vertikalen Variation» («Variation von Wissen je nach Zugehörigkeit zu einem Niveau auf der Skala zwischen höchstem Expertenniveau und einfachstem Laienniveau», 746), in dem sich eine «vergleichende Semantik» allerdings nicht erschöpfen darf. Diese muß sich auch mit der «Erklärung von Entwicklung, Existenz und Spezifik zu vergleichender Wissensbestände» (752) befassen. Es handelt sich hier um einen komplexen Ansatz für die Untersuchung von Fachsprachen. - GusTAV INEICHEN, «Terminologie und Begrifflichkeit in der Linguistik des sephardischen Spanisch» (379-84): Gut dokumentierter Überblick über die große terminologische Vielfalt der Bezeichnungen des «Judenspanisch» (mit reicher Bibliographie). 14. Namenforschung DIETER KATTENBUSCH, «Semantische Transparenz von Toponymen: die Seychellen» (399- 411): Ein interessantes Kapitel der Namenforschung aus kolonialer Zeit, am Beispiel der Seychellen. Der Autor plädiert zu Recht für eine stärkere Integration der Onomastik in den universitären Unterricht, da diese im Schnittpunkt verschiedener Wissenschaften steht. - OLGA MoRI, «El lexico en la formaci6n de nombres propios inoficiales» (475-87): Sehr systematische Behandlung der Bildungsmöglichkeiten von Spitznamen (span. apodos) im argentinischen Spanisch auf der Grundlage eines Corpus von ca. 800 Beispielen aus Baradero (Provinz Buenos Aires) mit guten Interpretationen einzelner Spitznamen. 15. Didaktik des Wortschatzes FRITZ ABEL, «L'objet de l'enseignement du vocabulaire dans l'enseignement scolaire du franfais en Allemagne. (Grundkurs Fachdidaktik Französisch I, Chapitre 6)» (1-21): Herr Abel bespricht hier die Wortschatzkomponente des von ihm entworfenen Grundkurses Fachdidaktik Französisch I. Zunächst wird der sehr gut durchdachte komplexe Aufbau des Wortschatzkapitels vorgestellt, danach kommentiert er die wichtigsten Punkte unter Heranziehung einer reichen Literatur. 16. Beiträge aus anderen Bereichen 16.1. Phonik WOLF-DIETER HEIM, «Lesefrüchte. Zu Semantik und Phonologie» (245-62): Der Verfasser untersucht als Linguist aus phonologischer Sicht (mit historischen Implikationen) das Besprechungen - Comptes rendus 253 Reiminventar der Gedichte Verlaines. Aber wo bleibt die Semantik, die der Titel des Beitrags verspricht? 16.2. Syntax KLAUS HuNNIUS, «Lexikalische und grammatische Bedeutung: la construction segmentee (361-71): Kritische und forschungsgeschichtliche Sichtung der Beschreibungsversuche zur «phrase segmentee» im Französischen, die der Verfasser zutreffender als «construction segmentee/ disloquee» bezeichnet. Im Hinblick auf Tesniere spricht Hunnius «vom Erfolg eines problematischen Beschreibungsansatzes» (364). Die Segmentierung wird letztendlich den «Dekumulierungsverfahren» zugerechnet (der Terminus «decumul» sei dem der «Redundanz» vorzuziehen). Über mehrfache Bezugnahme auf die Dissertation meiner Schülerin E.HoNNIGFORT (Der segmentierte Satz, Münster 1993) stellt der Verfasser den Bezug zum Adressaten des Beitrags her. Fazit: Die Vorteile einer thematisch orientierten Festschrift sind offenkundig geworden: Der vorliegende Band stellt in der Tat ein aktuelles internationales Panorama der lexikalischen Semantik in ihrer beeindruckenden Breite dar. Und trotzdem: eine Festgabe darf nicht mit einem systematisch geplanten Handbuch zum selben Thema verwechselt werden. Da gibt es Nachteile, so etwa, daß einige Bereiche unerwähnt bleiben, daß beispielsweise die Inhaltsrelationen nur sehr marginal in der Festschrift in Erscheinung treten. Als Vorteil hingegen darf angesehen werden, daß nicht alle Beiträge einer einzigen Konzeption der lexikalischen Semantik verhaftet sind. In der Tat sind nicht wenige Beiträge von einer synkretistischen Haltung der Autoren bestimmt, was zum wünschenswerten Methodenpluralismus unserer Zeit gut paßt. Es gibt nicht die «herrschende Lehre». So hat dieses donum natalicium etwas vom Charakter eines schönen bunten Blumenstraußes, den man einem Freund zu einem besonderen Anlaß schenkt. Allen, die eine Blume ihrer Wahl in dieses Gebinde eingebracht haben, und denen, die daraus einen Strauß geflochten haben, dankt der Beschenkte, für den diese Gabe eine hohe Ehre ist und dem sie eine große Freude bereitet hat, bei dieser Gelegenheit noch einmal sehr herzlich. H. Geckeler * ANNETTE SABBANICHRISTIAN SCHMITT (ed.), Sprachlicher Alltag. Linguistik - Rhetorik - Literaturwissenschaft. Festschrift für Wolf-Dieter Stempel, Tübingen (Niemeyer) 1994, XX+ 652 p. Conformemente alla vastita dello spettro degli interessi del festeggiato, questa bella Festschrift tocca una tale quantita di campi, spaziando dalla linguistica alla filologia alla stilistica alla semiologia alla critica letteraria all'estetica, ehe, temo, nessun singolo recensore sarebbe in grado di padroneggiare decentemente: ci sara quindi consentito di segnalare qui soltanto i contenuti del volume ehe piu hanno solleticato l'interesse di un lettore linguista. Al di 1a di un effettivo filo comune ehe, nonostante la molteplicita di interessi rappresentati, pur tuttavia si puo nel volume rintracciare, e ehe come e ben colto da! titolo stesso della miscellanea e dato in fondo dalla focalizzazione sulla lingua in uso, come strumento pragmatico plurifunzionale, la linguistica vi fa peraltro la parte de! leone: diciassette dei ventotto contributi sono infatti da ricondurre nell'ambito di questa materia. Troviamo qua anzitutto alcuni impegnati interventi di riflessione teorica su vari temi: come H. H. BAUMANN, «Über die Psychologie der Rede» (1-31), con una reinterpretazione 254 Besprechungen - Comptes rendus del triangolo semiotico alla luce del concetto di «proiezione»; o come U. L. FIGGE, «Satz und Text» (73-96), W.-J. MEYER, «Charles Bally über Modalität» (349-64), A. SABBAN, «Manifestation des Sprechers als Problem für die indirekte Redewiedergabe», (477-98), e altri ancora. Ma troviamo anche numerosi interventi descrittivi e di puntualizzazione di problemi sincronici e diacronici di diverse lingue romanze. E. BLAsco FERRER (41-72) fomisce un'interessante analisi delle completive senza complementatore in italiano e in spagnolo, mostrando come la genesi e lo sviluppo del tipo speriamo gli faccia piacere siano presumibilmente da ricondurre alla generalizzazione dell'omissione del ehe in frasi negative rette da un verbum timendi; H. GEISLER (97-120) si sofferma con ampio materiale e accurate proposte di classificazione sul recente espandersi di acronimi in italiano; P. KocH (201-25) offre spunti e riflessioni sulla quotidianita della metafora; W. ÜESTERREICHER (379-418) presenta la cronaca del conquistador Alonso Borregan come esempio di testo di semicolto; E. RADTKE tratta della scarsa attenzione all'«"Alltag" in der italienischen Sprachgeschichtsschreibung» (419-33); CH. SCHMITT si sofferma con ampiezza «Zu Typologie und Pragmatik der Liebesmetapher in der französischen Alltagssprache» (507-42). E ancora: U. WANDRUSZKA propone, con materiali tedeschi, inglesi, francesi, italiani e spagnoli, esempi e riflessioni «Zur Semiotik der Schlagzeile: Der Kommunikationsakt <Meldung»> (571-89); B. WEHR, «Topic- und Focus-Konstruktionen im Französischen» (611-33), analizza con acute osservazioni le differenze fra i due tipi strutturali con anteposizione dell'oggetto La France, j'aime e La FRANCE j'aime. Non mancano contributi sul romeno: S. SoRA (543-52) studia i valori dell'oggetto diretto indefinito introdotto dalla preposizione pe, e M. ULRICH (553-69) schizza una caratterizzazione tipologica del romeno ehe ne mette in luce la «iperdeterminazione» rispetto alle altre lingue romanze e la forte presenza del principio della «Sprecherbezogenheit». Insomma, gia dall'ottica del linguista questa Festschrift Stempel ehe e arricchita, secondo la consuetudine, da una bibliografia completa delle pubblicazioni del festeggiato (x1-x1x) risulta un bel volume, ricco di cose nuove e di stimolanti rivisitazioni di cose vecchie. G. Berruto * M. M. PARRY/ W. V. DAvrns/ R. A. M. TEMPLE (ed.), The changing Voices of Europe. Social and political changes and their linguistic repercussions, past, present and future. Papers in honour of Professor Glanville Price, Cardiff (University of Wales Press) 1994, 335 p. Romanisten kennen Prof. PRICE vor allem dank seiner Arbeiten zur französischen Syntax, seiner Ausgabe von William Count of Orange: Four Old French Epics (London 1975) und seines populären Buches The French Language, Past and Present (London 1971), das 1988 auch auf deutsch erschienen ist. Es dürfte den meisten bekannt sein, daß Price, selbst walisischer Abstammung, sich auch gut in keltischen Sprachen auskennt, wie in seinem Überblick The Languages of Britain (London 1984) zur Geltung kommt. Price hat sein Interessengebiet aber noch weiter gespannt. Schon 1969 hat er in Cardiff eine Bibliographie zu The Present Position of Minority Languages in Western Europe publiziert. Es war daher eine gelungene Idee, zur Feier seiner Emeritierung 1992 seine akademischen Freunde zu einem Kolloquium einzuladen, um über große und kleine Sprachen im alten und neuen Europa zu diskutieren. Einundzwanzig Referate und Artikel, alle auf englisch, liegen nun in diesem attraktiven Band gesammelt vor. Drei Arbeiten betreffen das Deutsche: W. DAvrns berichtet 295-309 über seine Beobachtungen zu Dialekt und Hochdeutsch in einem Vorort von Mannheim. CH. HOFFMANN erklärt 311-24 die Sprachverwirrung von Rußlanddeutschen, die vor ihrer Rückkehr zuhause deutsch redeten, jetzt aber russisch. S. BARBOUR vergleicht 325-35, wie innerhalb der Einzugsgebiete der Dach- Besprechungen - Comptes rendus 255 sprachen Deutsch und Englisch ethnische oder politische Minderheiten sprachliche Phänomene zu nationalistischen Zwecken ausnutzen. Diese letzte Arbeit führt weiter zu Beiträgen über keltische Sprachen, sei es nun in Großbritannien (D. THOMSON, das Gälische in Schottland, 227-35. B.L.JoNES, die Situation in Wales, 237-42. M.JONES, zur Standardisierung walisischer Dialekte, 243-64. D.THORNE, über sprachliche Änderungen in verschiedenen Ausgaben der walisischen Bibel, 265-79), oder sei es in der Bretagne (L.PRESS, soziologische und demographische Probleme, 213-26). Nur eine weitere nicht französischsprachige Region Frankreichs ist in diesem Band vertreten (K. KLINGEBIEL, zum Einfluß des Fr. auf die Bildung von Wortgruppen im Okzitanischen, 141-53), aber die unsichere Zukunft der Regionalsprachen Frankreichs wird von R.TEMPLE 193-211 im gesamten betrachtet und unter dem Titel «How many languages does Europe need» von G.LEPSCHY 5-21 in noch größere Zusammenhänge gesetzt. Romanisten dürften sich vor allem für die folgenden Beiträge interessieren: A.LODGE, «Was there ever a Parisian Cockney? » (35-51; in London blieben soziale Klassen getrennt und bewahrten so ihre Eigenheiten, während in Paris die Unterschicht bekämpft und auch sprachlich dem Mittelstand assimiliert worden ist). WENDY AYRES-BENNET, «Elaboration and codification: standardization and attitudes towards the French language in the sixteenth and seventeenth centuries» (53-73). MARIA MANOLIU, «Language standardization and political rejection: the Romanian case» (95-108; moderne Rumänen lehnen sprachliche Formen und Register ab, die an die kommunistische Zeit erinnern). CH. PouNTAIN, «Syntactic anglicisms in Spanish: exploitation or innovation? » (109-24; Konstruktionen, die in anderen Sprachen häufig sind, werden nur dann imitiert, wenn sie in der eigenen Sprache möglich, wenn auch selten sind). R. WRIGHT, «Logographic script and assumptions of literacy in tenth-century Spain» (125-39; geschriebene Wörter wurden nicht buchstabierend gelesen, sondern wie Hieroglyphen als Ganzes überblickt, bis der Sinn klar wurde und der Leser das Wort in seinem Dialekt aussprechen konnte). J. GREEN, «Language status and political aspirations: the case of northern Spain» (155-71; vor allem in Galizien). M. PARRY, «El piemonteis, lenga d'Europa» (173-92; Text Englisch; Resultate einer Umfrage). Der Band bietet auch einen amüsanten Beitrag: M. ÜFFORD, «Protecting the French Language» (75-94). Im Kontrast zu den oft verkrampften Freiheitskämpfern für standardisierte Dialekte und den paranoiden Verteidigern von Nationalsprachen beschreibt Offord, wie hochamtliche Stellen dem Französischen die «position privilegiee qui .. . doit etre la sienne dans les institutions europeennes» verschaffen wollen. Dann stellt er eine Liste von Assoziationen zusammen, die sich der ruhmvollen Zukunft der Frankophonie verschrieben haben, und erzählt schließlich seine ernüchternden Überraschungen, als er in Paris die Hauptsitze einiger solcher Organisationen aufsuchte oder besuchen wollte. C. Wittlin * Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi (TPMA). Lexikon der Sprichwörter des romanischgermanischen Mittelalters. Begründet von SAMUEL SrNGER. Herausgegeben vom Kuratorium Singer der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, vol. 1: A-Birne vol. 2: Bisam-erbauen - Quellenverzeichnis. Zusammengestellt von WERNER ZrLTENER. Überarbeitet und ergänzt von CHRISTIAN HosTETTLER, Berlin/New York: Walter de Gruyter 1995-96. vol. 1: xvr+488 p., vol.2: 484 p.; Quellenverzeichnis: 249 p. Im Herbst 1996 ist vol. 3 (Erbe-Freuen) erschienen (Red.). Samuel Singer (1860-1948), Wiener Altgermanist und Volksliteraturforscher an der Universität Bern (1891-1930), sammelte über Jahrzehnte hinweg, germanische und romani- 256 Besprechungen - Comptes rendus sehe Literaturzeugnisse des tausendjährigen Mittelalters mit zähem Eifer exzerpierend, rund 80.000 Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten. Seine Sprichwörter des Mittelalters, 1944-47 in drei Bänden in Bern bei Herbert Lang erschienen, verstand er als Prolegomena zu einem größeren Thesaurus, den er zunächst in einer Schatztruhe mit 35 Manuskriptbänden aufbewahrte. Durch seine Mitarbeiterinnen und Universalerbinnen, Marga Noeggerath-Bauer und Gertrud Strich-Sattler, gelangten diese Kollektaneen zusammen mit den dazugehörigen Quellenwerken in die Stadt- und Universitätsbibliothek Bern. 1963 übernahm ein wissenschaftliches Kuratorium und eine Gruppe von herausragenden Redaktorinnen und Redaktoren (darunter zunächst Werner Ziltener und Vroni Mumprecht, später Ricarda Liver, Mathilde Brachna, Eva Delz, Vroni Mumprecht, Christian Hostettler, Hans Ruef und Hans-Ulrich Seifert) die mühevolle Bearbeitung des keineswegs einfach zu überblickenden Materials. Singers Grundidee einer geistigen Einheit Europas, die durch ihr lateinisch-humanistisches Erbe zusammengehalten wird und (würde man den slawischen Sprachbereich noch einbeziehen) in hundertfach unterschiedlichen volkssprachigen Ausformungen eine so reiche Vielfalt zeigt, verbindet ihn einerseits mit Ernst Robert Curtius, anderseits mit dem jüngeren (1993 verstorbenen) Max Lüthi (auch er war ein Mitglied des Kuratoriums Singer), dessen Zürcher Lehrstuhl für Europäische Volksliteratur heute aus unbesonnenem Krämergeist wegrationalisiert wird. Der TPMA umfaßt, dank zusätzlicher Forschungen, rund 9 0.000 Einheiten; er wird zügig (bis 1998) in 8-1 0 Bänden erscheinen; zwei Textbände und das Quellenverzeichnis liegen jetzt (April 1996 ) vor. Singers große Umarmungs-Geste betrifft auch seine weitreichende Definition dessen, was ein Sprichwort ausmache: Er notierte so manche formelhaft-feste Wendung oder knapp formulierte Weisheit rein intuitiv, ohne vorgefaßte Eingrenzung, und das ist gut so: Was wissen wir schon von gesprochener Sprache des Mittelalters, von diesen vorgefertigten Argumentations- , Persuasions- und Konsolations-Bausteinen, von den Möglichkeiten unsrer Ahnen, mit solchen prägnanten Prefab-Sätzen Reden zum Erfolg zu führen, zweifelnde Gesprächspartner zu überzeugen, Konflikte mit der Weisheit der Alten zu lösen, in Unsicherheitssituationen Entscheidungen zu erleichtern oder auch sich mit dem Unabänderlichen zu trösten? Solche Sprach-Stückchen, die nicht selten Mini-Geschichten in sich begreifen, erzählen zudem von den wechselnden Abenteuern der populären Meinungen und Einstellungen, der «Mentalitäten»: Je mehr wir von diesen Fragmenten haben, umso klarer wird das Gesamtbild von geschichtlichen Epochen, deren Quellen gerade in bezug auf das Alltagsleben nur spärlich fließen. Nehmen wir als Beispiel nur das Problem der Körperlichkeit, der Attitüden zu Arbeit, Arm, Arznei, Auge, Bauch, Bein, Berührung, Bett und Beutel (nicht immer ist das Portemonnaie gemeint) schon der erste Band kann uns für dieses oder jenes Jahrhundert (die Datierung der Belege ergibt sich aus dem Quellenband) Mores lehren. Dieses Quellenverzeichnis, das uns ohne nähere Erläuterungen präsentiert wird, weist rund dreitausend verschiedene Texte aus mehr als zwei Jahrtausenden aus; die ersten Spalte gibt ihre mehr oder weniger genaue Datierung an (A.8. bedeutet: Anfang des 8. Jahrhunderts, E.13.: Ende des 13. Jh.s und so fort). Die zweite Spalte ist dann alphabetisch geordnet aber nach welchem Prinzip? Die Lemmata gehören nämlich nur in seltenen Fällen zur Kategorie «Familienname», wie FRANCK für S.[ebastian] Franck, GoWER für John Gower, MALORY für Thomas Malory oder WIESE für B.[erthold] Wiese. Dem mittelalterlichen und noch in der frühen Neuzeit oft geübten Usus entsprechend, findet man hier viele Autoren unter ihrem Vornamen, also den Cardenal unter PEIRE, den Latini unter BRUNETTO, den Megenberg unter KONRAD; seltsam muß es jedoch erscheinen, wenn der allererste Eintrag A. GREBAN (für Arnoul Greban) lautet und von ABAELARD gefolgt wird und wenn auch weiterhin abgekürzte Vornamen als Lemmata gelten und wenn die Johannes einmal unter loH. (p.117s.; IoH. VrT. ist Johannes von Winterthur), später aber Besprechungen Comptes rendus 257 auch (eben die deutschen Texte) unter J OH. (125) zu finden sind; alle Franzosen dieses Namens sind mit J. abgekürzt; G. hingegen bedeutet sowohl Guillelmus wie Guillaume; ein Giovanni taucht nicht auf. Nun gibt es aber auch noch andere Kategorien von Stichwörtern in diesem System: Titelnamen oder -abkürzungen wie BOEVE AGN. für den anglonormannischen Boeve de Raumtone oder LIBER SEXTUS für das sechste Buch der Decretalia des Papstes Bonifaz vrn; Verlegernamen wie EGENOLFF für die Sprichwörter[. ..] Klugreden von 1565; Druck-Gattungen wie EINBLATTDRUCK UM 1495 für das Flugblatt Wie man sol hauß halten, Berufsbezeichnungen wie PRIESTER für Priester Arnolds Gedicht von der Siebenzahl. Dem Rezensenten ist nicht klar geworden, warum er dann den Eucharius Eyering mit seiner Proverbiorum copia von 1601 (ein Jahr jenseits des 16. Jahrhunderts? ) gar nicht finden kann. Doch beruht diese ganze Kritik wohl auf einem Mißverständnis: Dieses Quellenverzeichnis soll (leider! ) keineswegs eine sinnvoll geordnete Bibliographie mittelalterlicher Texte sein, welche Sprichwörter enthalten; noch weniger ist es (schade! ) eine Bibliographie der Sekundärliteratur (die in Band I: xrvs. gebotene ist nämlich zu knapp geraten) und auch keineswegs eine Bücherkunde der Parömiologie. Es dient einzig und allein dem Zweck, die Siglen in den Sprichwort-Bänden mühevoll, aber dann durchaus erfolgreich, aufzuschlüsseln. Zu loben ist, daß die Nachweise der von Singer benützten Ausgaben vielfach mit den Titeln neuerer Editionen dieser Texte ergänzt wurden. Und wohl dem, der diesen Band voller Kuriositäten (nämlich: Wissens-Würdigem) nach dem Prinzip der Serendipity gebraucht und Hunderte von nützlichen Hinweisen findet, die er gar nicht gesucht hat. Zurück also zu diesem gewaltigen Sprichwort-Register. Die Leser werden gut daran tun, die «Hinweise zur Benützung des TMPA» (Band 1: xvn-xrx) sorgfältig zu betrachten, um den wohlüberlegten Sinn von Gruppenaufbau, Quellennachweisen, Texttreue oder Querverweisen (von diesen gibt es erfreulich viele) kennenzulernen. Vor der babylonischen Vielfalt braucht sich übrigens niemand zu fürchten: Alle fremdsprachlichen, ja sogar die alt- und mittelhochdeutschen Sprichwörter werden sorgfältig in modernes Deutsch übersetzt. So gerät denn, nach und nach, das Öffnen und Durchstöbern dieser Schatzkiste zur Freude voller Entdeckungen und Überraschungen. Da ist zum Beispiel der Artikel «BLIND/ aveugle/ blind» (2: 28-41) mit Querverweisen auf AUGE, SCHIELEN und SEHEN: Die Übersicht gibt zunächst die Titel der zwölf Gruppen mit ihren 19 Untergruppen, welche dieses Kapitel bringen wird (so etwa «3. Blinde als Führer und Geführte» mit 6 Subtiteln). Es folgen dann, auf diese Weise wohlgeordnet und numeriert, 258 Sprichwörter und Redensarten mit Übersetzungen und Herkunftsnachweis (mit Hilfe der oben beschriebenen Siglen); am Ende finden sich noch zwölf gelehrte Anmerkungen: weitere Hinweise und Erläuterungen. Die Vielzahl der Belege deutet auf eine gewisse historische (und aktuelle! ) Problemvalenz dieser Körperbehinderung; entsprechend haben auch ADEL/ noblesse/ nobility (1: 27-29: 211 Sprichwörter), ALT/ vieux/ old (1: 70-99: 483 Belege was für eine Fundgrube für historisch denkende Gerontologen! ), ANDER (der Titel fehlt, 1: 111-26: 226 Weisheiten über das Problemfeld Identität, Gemeinschaft, Wandel) oder ANFANG/ debut/ beginning (1: 132-48: 313 Texte zum Problemfeld Arbeitsqualität, Zeitplanung, Herkunft, «Wurzeln») überdurchschnittlich viele Nachweise, und so überrascht es nicht, das Problem der ARMUT und des Elends (1: 181-225) 898 Male, das liebe tägliche BROT (2: 103-25) 359 Male besprochen, beredet, kommentiert zu finden. Von Wert und Gefährdung der AUGEN zeugen 549 Texte, von der Unerschöpflichkeit und Unersättlichkeit des BAUCHes (inklusive Magen und Wanst) 209 Klugreden, und so wird es sich später, im dritten Bande des TPMA, herausstellen, ob FRAU/ WEIB wirklich das Thema Nummer eins unserer Mütter und Väter war. Mehr noch ist zu sagen: Der TPMA beweist einmal mehr, daß die Sprichwörter, die, anderen Gattungen der «Volksdichtung» vergleichbar, angeblich stark und stetig aus dem 258 Besprechungen - Comptes rendus Munde des dichtenden Volkes flossen, immer wieder in einem anhaltenden Wechselspiel von Mündlichkeit und Schriftlichkeit von literarischen, gedächtnis-stützenden Anwendungen begleitet wurden. Das scheint mir die wichtigste Botschaft dieses gewaltigen Unternehmens zu sein. Eine andere findet sich, bescheiden und versteckt, unter dem Artikel ÄHRE und lautet: «Mas vale hozada, que espiga alabada» - Du kannst dem vollen Korn ein Loblied singen; besser: du sichelst es ab und trägst es in deine Scheuer! R. Schenda * JEAN-MARIE KLINKENBERG, Des langues romanes. Introduction aux etudes de linguistique romane. Preface de Willy Bal, Louvain-la-Neuve (Duculot) 1994, 310 p. (Champs linguistiques) Es braucht schon einigen Mut, heute noch eine Einführung in die Romanistik zu schreiben: Einmal hat sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts dieses Wissensgebiet derart ausgeweitet, daß es kaum mehr überschaubar ist; überdies zerfällt seit etwa fünfundzwanzig Jahren das Fach Romanistik immer mehr in einzelsprachliche Philologien zumindest in Deutschland, in der Schweiz und in Frankreich, während es in Belgien und Italien doch noch solider im Universitätsbetrieb verankert ist. Jean-Marie Klinkenberg löst die anspruchsvolle Aufgabe einer derartigen Gesamtdarstellung im großen und ganzen sehr gut, wenn es auch im Detail sicher einiges auszusetzen gibt 1: Wir haben es, wie Willy Bal in seinem Vorwort (7ss.) schreibt, mit einer gekonnten Vulgarisierung zu tun. Charakteristisch für Klinkenbergs Ansatz ist, daß er gegen den «alleinseligmachenden Ansatz» der sog. guten Sprache ankämpft und versucht, eine Einführung in die Romanistik auf soziobzw. variationslinguistischer Basis vorzulegen. Diese Perspektivenwahl ist nicht nur Lippenbekenntnis, sondern prägt seine Darstellung (fast) durchgängig. In einer kurzen Einleitung (lls.) definiert Verf. zuerst sein Zielpublikum und seine Aufgabenstellung: Seine Darstellung richtet sich an Studienanfänger (und interessierte Laien) und bemüht sich, auch Lesern ohne Lateinkenntnisse gerecht zu werden. Im ersten Teil sollen die wesentlichen allgemeinen Charakteristika von (menschlicher) Sprache geliefert werden, der zweite Teil beschreibt die Entwicklung vom Latein zu den romanischen Sprachen, und im dritten Teil werden die verschiedenen romanischen Sprachen kurz charakterisiert. - Daran schließt dann ein kurzer Überblick über die gültigen Konventionen wie Lautschrift, allgemeine Symbole und Abkürzungen an (13s.). Der 1. Teil (La langue et sa variete; 15ss.) beginnt mit einem ersten Kapitel (17ss.), das den Titel Langues romanes et linguistique trägt. Zuerst werden Begriffe wie philologie, romanus und linguistique geklärt und dann auf die grundlegenden Dichotomien langue 2/ parole, linguistique externellinguistique interne und synchronie/ diachronie eingegangen. Anschließend (24) geht Klinkenberg kurz auf die Komponenten einer Grammatik ein, die 1 Cf. hierzu auch unten. 2 In diesem Zusammenhang findet sich (21) allerdings eine wenig glückliche Formulierung: «... ! es manifestations concretes constituant la parole ne sont possibles que parce que le systeme ! es produit»: Das System produziert überhaupt nichts (weder synchronisch noch diachronisch); es sind vielmehr die Sprecher, die mit Hilfe ihrer faculte de langage produktiv werden. - Ähnliche Formulierungsschwächen sind leider nicht selten; wir werden aber darauf verzichten, sie im einzelnen aufzulisten. Für eine zweite Auflage wäre aber in diesem Bereich noch einiges nachzubessern. Besprechungen - Comptes rendus 259 für ihn in der Phonologie, dem Lexikon, der Syntax und der Pragmatik zu sehen sind, wobei die letzten drei die Grundlage für die Semantik liefern würden. Die Morphologie wird nicht als eigener Bereich angesehen, sondern vielmehr als Teil des Lexikons betrachtet, was aber wohl auch eine keineswegs allgemein akzeptierte - Gleichsetzung von Morphologie und Wortbildung (Lexematik) impliziert. An diese grobe Skizze schließen sich dann begriffliche und terminologische Klärungen zu den einzelnen Komponenten an (25ss.): im phonologischen Bereich Phonem, Phonetik, distinktiver Zug, Assimilation, Sonorisierung; im lexikalischen Bereich Wort, Morphem, Monem, Lexikologie, Lexikographie 3; im syntaktischen Bereich (definiert als Regelwerk für die Relation zwischen Einheiten) Syntagma und Grammatikalität bzw. Agrammatikalität; im pragmatischen Bereich 4 enonce, enonciation und Kooperationsprinzip. Wie dieser knappe Überblick zeigt, bleiben hier viele Wünsche offen: die Auswahl der diskutierten Termini scheint reichlich willkürlich, und es kann keine Rede davon sein, daß alle wichtigen (oder auch nur für den Anfänger wichtigen) Begriffe angesprochen würden. Das 2. Kapitel (29ss.) trägt den Titel La variete linguistique. Verf. betont, daß die Diversität innerhalb einer angeblich «homogenen» Sprache bis zum unüberbrückbaren Kommunikationshindernis gehen kann, wobei die Sprachen in der diatopischen (espace), der diastratischen (societe) und der diachronischen (temps) Dimension variieren könnten (30). Problematisch ist dabei einmal die diachronische Dimension, die sich zwar auch bei Flydal findet 5 , von Coseriu aber als in der Synchronie irrelevant wieder eliminiert wird; die auf die Diachronie zurückzuführenden Phänomene werden dann je nachdem der einen oder anderen der übrigen Variationsachsen zugewiesen 6 . Erstaunlich ist auch, daß es für Klinkenberg keine diaphasische (stilistische) Variationsachse gibt; diese Phänomene werden von ihm vielmehr ohne weitere Begründung der Diastratie zugeordnet (32). - Wenn man auch Vorbehalte gegenüber dem hier vorgeführten Variationsmodell haben mag 7 , so ist es sicher richtig, wie der Verf. zu unterstreichen, daß die Variationsachsen nicht unabhängig voneinander sind (31) und daß in jeder Sprache antagonistische Kräfte wirksam werden, die einerseits zu einer Vereinheitlichung, andererseits zu einer Diversifikation streben (zentripetale und zentrifugale Kräfte); je nachdem, ob die Struktur einer Gesellschaft kommunikationsfreundlich oder -feindlich ist, dominieren die einen oder anderen (32s.). - Im Bereich der räumlichen Diversifikation werden Dialekte und Standard einander gegenübergestellt. Dabei kennt Klinkenberg drei verschiedene Dialektbegriffe (34ss.): 1. jede geographische Diversifikation (z.B. fram; ais regionaux); 2. Phänomene, die das Produkt eines früheren Sprachzustandes sind (jede Varietät ist gleichrangig, z.B. Dialekte bzw. patois 8 ); 3. soziale Variationen, d.h. alles, was vom Standard abweicht bzw. diesem untergeordnet ist (diglossische Situation). Diese Dreiteilung ist nicht nur schwer nachzu- 3 In diesem Zusammenhang findet sich eine eigenartige Charakterisierung, die «a cheval sur Je phonologique et Je Jexical» wäre (26). Hier zeigt sich, wohin es führt, wenn man der Morphologie sowohl die Signifikanten-Analyse als auch die Wortbildung zuweist: sie wird schillernd und scheint ihre Existenzberechtigung als eigener Teilbereich zu verlieren. 4 Dieser ist recht schwach als Komplex von sozialen Regeln definiert (27). 5 Cf. L. FLYDAL, «Remarques sur certains rapports entre Je style et l'etat de langue», NTS 16 (1952): 241-58. 6 Cf. E. COSERIU, Einführung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes, Tübingen 1970: 32ss.; rn., Probleme der strukturellen Semantik, Tübingen 1973: 38ss. 7 Für ein differenzierteres Modell cf. P. WuNDERLI, «Le probleme des entites diastratiques», in: RrKA VAN DEYCK (ed.), Diatopie, diachronie, diastratie. Approches des variations linguistiques, Gand 1992: 59-77. 8 Dialekt und patois werden aufgrund der negativen Konnotation des zweiten Begriffs voneinander abgegrenzt. 260 Besprechungen - Comptes rendus vollziehen, sie hat v.a. auch den Nachteil, daß sie nicht mit derjenigen bei Coseriu und Koch/ Oesterreicher übereinstimmt 9 • Anschließend wird dann die Ausgliederung der Dialekte diskutiert (Isoglossen, Isoglossenbündel, Dialektgrenzen und natürliche Grenzen; 36ss.), es wird auf den Standard als Instrument weiträumiger Kommunikation eingegangen, das meist in hohem Maße institutionalisiert ist (38ss.), und schließlich werden auch noch die verschiedenen Möglichkeiten der Entstehung eines Standards skizziert, die keineswegs an die Existenz einer Zentralmacht gebunden sein muß (40). - Im Bereich der sozialen Diversifikation unterscheidet Verf. variation des attitudes und variation des pratiques, im zweiten Bereich wieder zwischen der sozialen Situation der Sprecher und dem Kommunikationskontext 10 . Während sich die Darstellung der sozialen Situation der Sprecher im üblichen Rahmen bewegt und Faktoren wie die ökonomische Situation, den sozialen Status, die Ausbildung usw. als Definitionskriterien benennt (43ss.), fällt die Beschreibung des Kommunikationskontextes z.T. doch recht dürftig aus. Warum werden z.B. bei den Kommunikationssituationen nur die formelle und die informelle genannt, und nicht das ganze Spektrum von Martin Joos zitiert 11 ? Sicher ist es ja auch richtig, daß jeder Sprecher über verschiedene Register verfügt, aber es ist schwer verständlich, warum in diesem Zusammenhang auf Bernstein verwiesen wird (44), der doch gerade keine Multiregister-Konzeption vertritt. Auch bezüglich des Referenzkontextes gibt es ähnliche Schwachpunkte. So behauptet Klinkenberg z.B. bezüglich des Wallonischen, es sei in dieser Varietät unmöglich, über Semiotik zu diskutieren, weil dieses «n'y est pas apte, non seulement parce qu'il ne possede pas la terminologie adequate, mais surtout, parce qu'il ne presente pas la legitimite necessaire pour se faire le vehicule de ce sujet grave» (47). Dem kann man nur entgegenhalten: Warum können denn Schweizer (in Schweizerdeutsch) über jedes wissenschaftliche Thema diskutieren? Es gibt keine Sprachvarietät, in der man nicht über alles reden könnte (das ist ja gerade der Definitionskern jeder natürlichen Sprache), es gibt nur attitudinale Blockaden bei den Sprechern! Dieses Problem gehört somit in das nachfolgende Unterkapitel (48ss.), in dem die Rolle der (oft irrationalen und linguistisch nicht haltbaren) Sprecherurteile diskutiert wird. Das Kapitel schließt mit einer Skizze der Normproblematik (50ss.), in der objektive und evaluative (deskriptive und präskriptive) Norm einander gegenübergestellt werden. Der ein Monopol beanspruchende Standard bzw. bon usage fußt auf geographischen, sozialen, logischen, kommunikativen, ästhetischen usw. Kriterien, die in zahlreichen Fällen fiktiven Charakter haben und ideologisch unterwandert sind: sie haben oft keine andere Funktion, als die, den Machtanspruch einer dominierenden Schicht zu stützen (Purismus). Bei den Außenstehenden bzw. Nicht- Norm-Sprechern führt der ideologisch-puristische Druck sehr oft zu einer mehr oder weniger deutlichen Unterschätzung der eigenen Fähigkeiten (53). Den Abschluß bilden einige Bemerkungen zu den varietes speciales (sectorielles), d.h. den Fachsprachen und Terminologien, die nach Klinkenberg nicht den Status von Sprachen, sondern höchstens denjenigen von Terminologien beanspruchen können. Charakteristisch für sie ist das Streben nach Bi-Univozität, d.h. dem Ausschluß jeder Polysemie. Kapitel 3 (57ss.) ist der Pluralite de la langue gewidmet (57ss.). Zuerst diskutiert Verf. die Begriffe Bilinguismus und Diglossie und betont zurecht, daß die Grenze zwischen den 9 Cf. P. KocH/ W. ÜESTERREICHER, Gesprochene Sprache in der Romania: 1'ranzösisch, Italienisch, Spanisch, Tübingen 1990: 131s. 10 Hier fehlt v.a. ein Verweis auf die Arbeiten von Halliday, cf. z.B. M.A.K. HALLIDAYI A.MclNTOSH/ P. STREVENS, The Linguistic Sciences and Language Teaching, London 1964: 87ss.; M. A.K. HALLIDAY, Language as Social Semiotic. The Social Interpretation of Language and Meaning, London 1978: 21ss. 11 Cf. M.Joos, «The Five C! ocks», International Journal of American Linguistics 28 (1962). Besprechungen - Comptes rendus 261 beiden Bereichen fließend sei. Während im Falle der Diglossie eine gleichrangige Beherrschung der beiden in Konkurrenz zueinander stehenden Varietäten durchaus häufig ist, ist im Falle des Bilinguismus meist ein deutliches Ungleichgewicht hinsichtlich der Kriterien aktiv/ passiv und schriftlich/ mündlich festzustellen. Überdies ist von großer Bedeutung, ob die Zweisprachigkeit als «de promotion» oder «de concession» zu gelten hat. Anschließend wendet sich Verf. der Sprachenexpansion zu und diskutiert nacheinander mögliche Gründe für die Ausbreitung eines Idioms und die verschiedenen Expansionsarten (60ss.); dieser Teil vermag allerdings wenig zu befriedigen, denn die Darstellung ist eigentlich nicht mehr als eine thematisch geordnete, kurz kommentierte Terminologieliste. Überzeugender ist da schon die anschließende Diskussion der Konsequenzen von Bilinguismus und Diglossie (65ss.): Hier werden nacheinander (individuelle und kollektive) Interferenz, Entlehnung und der Mythos von der «reinen» Sprache behandelt, wobei nicht klar ist, ob Klinkenberg Interferenz und Entlehnung unterscheidet oder nicht. Mir scheint, eine Entlehnung sei nichts anderes als eine kollektive Interferenz, während die eigentliche Interferenz individuellen Charakter hätte und deshalb in der Regel auch als fehlerhaft angesehen wird. Es folgt dann eine Klassifikation der Interferenzerscheinungen nach «grammatikalischen» Gesichtspunkten (phonetisch, syntaktisch, lexikalisch, semantisch), es werden die Adaptationsphänomene kurz angesprochen und schließlich nach dem Verhältnis der beteiligten Sprachen klassiert (Substrat, Superstrat, Adstrat). Zur Sprache kommen in diesem Zusammenhang auch die «Sprachrepräse' ntationen» (ideologische Äußerungen, Sprachmythen, Ursprungsspekulationen, Beziehung zwischen Rasse und Sprache). Ein weiteres Unterkapitel ist den langues vehiculaires gewidmet (70ss.), für die Klinkenberg drei verschiedene Typen unterscheidet: natürliche Sprachen (z.B. Englisch), Mischsprachen (Pidgins) und «Universalsprachen» (z.B. Esperanto); daß daran auch eine Skizze der Kreolsprachenproblematik anschließt (73ss.), drängt sich gewissermaßen auf. Zum Abschluß des Kapitels wird dann noch auf den Sprachinterventionismus und insbesondere auf den Sprachpurismus, die Sprachpolitik und die Sprachplanung eingegangen. Das 4. Kapitel ist der Evolution et parente des langues gewidmet (78ss.). Sprachwandel ist (auch) für Klinkenberg ein Charakteristikum jeder natürlichen Sprache, wobei der Wandel je nachdem mehr oder weniger schnell, spürbar, tiefgreifend und systematisch sein kann. In aller Regel lassen sich typische Korrelationen zwischen diesen Aspekten feststellen: ein langsamer Wandel ist meist unspürbar und systematisch, ein schneller Wandel meist spürbar und erratisch. Anschließend stellt Verf. die (an sich nicht statthafte) Frage nach den Gründen des Sprachwandels 12 , wobei er entschieden alle monokausalen Erklärungen ablehnt und für einen plurifaktoriellen Erklärungsansatz plädiert, in dessen Rahmen zwischen internen und externen Komponenten unterschieden wird. Als wichtigste Faktoren nennt Klinkenberg die Sprachökonomie, die Analogie, die Sprachkontakte und die sozialen Veränderungen (sowohl im referentiellen, im instrumentalen als auch im soziologischen Bereich). - Daran schließen dann einige Ausführungen zu Sprachverwandtschaft und Sprachklassifikation an (86ss.). Klinkenberg unterscheidet zwischen genetischer, geographischer und typologischer Verwandtschaft, wobei diese Beziehungen entstehungsgeschichtlich auf Motivation (Onomatopoetika), Interferenzen oder aber auch auf Zufällen beruhen können. Bei genetischer Verwandtschaft gibt es immer auch systematische und funktionelle Gemeinsamkeiten. - Hinsichtlich der genetischen Klassifikation geht Verf. sehr ausführlich nach meiner Auffassung für eine Einführung in die Romanistik viel zu ausführlich auf die indogermanische Sprachfamilie ein, die elf oder zwölf 12 Überraschen muß in diesem Zusammenhang, daß R. KELLER, Sprachwandel, Tübingen 1990, nicht erwähnt wird und auch in der Bibliographie nicht erscheint. 262 Besprechungen - Comptes rendus Sprachgruppen umfassen soll 13. Auf die übrigen Sprachfamilien (Chamito-Semitisch, Ural-Altaisch, Sino-Austrisch, Niger-Cordofan, Nilo-Sahar usw.; 97-99) wird bedeutend kürzer, gleichwohl aber noch zu ausführlich eingegangen. Die an die geographische Klassifikation anschließende Darstellung der typologischen Klassifikation basiert einerseits auf der klassischen Typologie (Schlegel), andererseits auf derjenigen von Greenberg; erstaunlicherweise wird aber den romanistischen Versuchen (Coseriu/ Eckert, Harris, lneichen, Körner, Ramat, Wunderli usw.) in keiner Weise Rechnung getragen sicher ein schweres Defizit, das für eine Einführung in die Romanistik nicht entschuldbar ist. Der 2. Teil der Darstellung (103ss.) beginnt mit Kapitel 5, das den Titel L'origine des langues romanes: le latin trägt (105ss.). Bemerkenswert (weil leider noch immer nicht allgemein anerkannt) ist die Tatsache, daß Klinkenberg mit kaum mehr zu überbietender Deutlichkeit darauf insistiert, daß das sog. «klassische Latein» nur eine unter vielen Varietäten des Lateins ist; er unterstreicht dabei ebenso deutlich, daß die Romanistik und die Klassische Philologie hier vollkommen unterschiedliche und letztlich inkompatible Betrachtungsweisen pflegen. Nach diesen einleitenden Bemerkungen geht Verf. dann auf die interne Geschichte des Lateins ein (106ss.); in diesem Zusammenhang wird v.a. die Periodisierung in vorklassisches, klassisches, nachklassisches Latein, Spätlatein, romanisches Latein und Mittellatein eingegangen. Klinkenberg betont, daß es bei den Römern durchaus ein Bewußtsein der Heterogenität des sog. Vulgärlateins gegeben habe, das weder mit der Sprache der niederen Schichten gleichgesetzt noch als Weiterentwicklung des klassischen Lateins angesehen werden dürfe: wir haben es vielmehr mit einer Diversifikation der gesprochenen lateinischen Sprache in der (späteren) Romania zu tun (110). Während das klassische Latein eine Quantitätsopposition im Bereich der (betonten) Vokale kennen und den Akzent einzig durch eine Tonhöhenvariation zum Ausdruck bringen würde, hätten wir im Vulgärlatein spätestens seit dem 4. Jh. einen Intensitätsakzent und und eine vokalische Qualitätsopposition (offen/ geschlossen). Hierzu wäre zweierlei zu sagen. Einmal: Die Aussagen zu den Akzentverhältnissen sind naiv und wiederholen nur ein weiteres Mal die traditionelle Irrlehre von einem Übergang musikalischer Akzent/ Intensitätsakzent. Die moderne Akzent- und Intonationsforschung hat hinreichend gezeigt, daß Tonhöhe, Intensität und Dauer in aller Regel gleichzeitig als unterschiedliche Parameter an den Akzentphänomenen beteiligt sind, wobei eine auditive Unterscheidung nicht möglich ist und das eine je nach der einzelsprachlichen Perzeptionstradition ohne weiteres für das andere gehalten werden kann: die verschiedenen Parameter stehen in einer suppletiv-kompensatorischen Relation zueinander 1 4 , was es unmöglich macht, so pauschal von einem Übergang von der Tonhöhenzur Intensitätsmarkierung zu sprechen. Dann: Es ist unbestritten, daß die klassische Metrik auf Quantitäten basiert. Davon ausgehend aber zu schließen, das Quantitätensystem habe für das klassische Latein überhaupt Gültigkeit, ist zumindest voreilig. Zumindest ist, so weit ich sehe, noch nirgends der schlüssige Nachweis geführt worden, daß die Quantität auch in nicht gebundener Sprache 13 In Wirklichkeit sind es aber bei Klinkenberg deren dreizehn. - In diesem Zusammenhang wird auch das Standardisierungsproblem nochmals angesprochen. Wie Klinkenberg allerdings behaupten kann, selbst in der Schweiz gebe es heute eine Tendenz zur Standardisierung (95), ist mir ziemlich schleierhaft. Von einer Standardisierung in Richtung auf das Schriftdeutsche kann schon gar keine Rede sein, denn im Moment erleben wir eine gewaltige Dialektwelle. Richtig ist allerdings, daß die Charakteristika der einzelnen Dialekte sich unter dem Einfluß der Massenmedien immer mehr verschleifen aber auch so etwas wie ein schweizerdeutscher Standard und damit eine schweizerdeutsche Schriftsprache ist noch lange nicht in Sicht. 14 Cf. hierzu P. WuNDERLI, Französische Intonationsforschung, Tübingen 1978: 46ss. et passim. Besprechungen - Comptes rendus 263 distinktive Funktion hat, und da allgemein Kürze und Öffnung einerseits, Länge und Schließung andererseits korrelieren, besteht durchaus die Möglichkeit, daß wir es auch hier mit einer klassischen, nie weiter hinterfragten Irrlehre zu tun haben, die auf einer Art synästhetischer Reinterpretation beruht. In diesem leider allzu traditionellen Rahmen werden dann die wichtigsten Charakteristika des Vulgärlateins (gegenüber dem wirklichen oder vermeintlichen klassischen Latein) kurz skizziert: Quantitätenkollaps und die sich daraus ergebenden Vokalsysteme in der Romania; Diphthongierung; Reduktion der alten Diphthonge; Reduktion von Konsonantengruppen; Verlust gewisser Auslautkonsonanten. Entsprechend wird für die Morphologie verfahren: Reduktion der Deklinationen; Verlust des Neutrums; Reduktion der Kasus und Ersatz der Kasus durch Präpositionalphrasen, wobei nach Präpositionen zunehmend der Akkusativ generalisiert wird; Tendenz zu Periphrasen im verbalen Bereich; analytische Komparative und Superlative; Übergang von einem dreistufigen zu einem zweistufigen System bei den Demonstrativa; Entstehung des Artikels aus «abgeschwächten» Demonstrativa, wobei die großen Linien durchaus korrekt sind, die Details aber doch einiges zu wünschen übriglassen. Im Bereich der Syntax werden der häufige Ersatz des Konjunktivs durch den Indikativ, der Ersatz des Acl durch Kompletivsätze und die (angebliche) Fixierung der Wortordnung 15 angeführt. - Das Unterkapitel schließt mit einem kurzen Überblick über die (spärlichen) Quellen, die uns Informationen über das Vulgärlatein zu liefern imstande sind (116ss.). Es folgt dann ein Überblick über die Expansion und Diversifikation des Lateins, wobei Verf. zu Recht betont, daß die neu eroberten Gebiete zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten romanisiert worden sind und daß die (meist von städtischen Zentren ausgehende) Romanisierung jeweils auch vom Tempo her stark variieren konnte. Daraus resultiert (in Verbindung mit den jeweils unterschiedlichen Substraten) ein in hohem Maße heterogenes Latein, das die Grundlage für die romanischen Sprachen bildet. Neben diesen zentrifugalen Kräften gibt es natürlich auch zentripetale Faktoren wie: Verkehrs- und Handelswege, Mythos der lat. «Einheit», zentralistische Struktur des Imperiums, konservativer Charakter des Lat. in den Gebieten, wo es Minoritätensprache ist, usw.; die Diversifikationsfaktoren sind aber eindeutig dominant. So kann es denn nicht erstaunen, daß es schließlich zu einer Segmentierung der Romania kommt (137ss.). V.a. zwischen dem 4. und dem 6. Jh. nehmen die Differenzierungsprozesse rasch zu, u. a. auch aufgrund der steigenden Frequenz der Invasionen von Völkern und Stämmen, die man früher geglaubt hatte integrieren zu können. Klinkenberg gibt einen Überblick über die Wanderungen der germanischen Stämme (139ss.) und der übrigen Völker (141ss.), um dann auf die sprachlichen Folgen einzugehen (144ss.). Die großen Verschiebungen sind mit dem 9. Jh. im wesentlichen abgeschlossen, die Sprachgrenzen wieder stabil. Allerdings ist die sprachliche Einheit des Imperiums verlorengegangen; nur noch die Kirche bildet eine letzte Klammer für die auseinanderstrebenden Teile; parallel zur sprachlichen Aufsplitterung läuft auch der politische und der wirtschaftliche «Regionalisierungsprozeß». So entstehen dann irgendeinmal die romanischen Sprachen wann genau, läßt sich nicht feststellen, und Klinkenberg betont durchaus zu Recht, daß diese Fragestellung eigentlich unsinnig sei (151). Sicher ist aber, daß praktisch überall in der Romania die Alterität gegenüber dem Latein ins Bewußtsein tritt. Folgen dieses kognitiven Prozesses sind einerseits die karolingische Reform, andererseits das Auftreten der ersten romanischen Texte. Allerdings bleibt das Latein für die romanischen Sprachen noch 15 Auch hier muß wieder gesagt werden, daß Klinkenberg einfach traditionelle Klischees kolportiert; wirklich «frei» ist die Wortordnung im Lat. nur in der poetischen Sprache, während in nicht literarischen Texten bereits in klassischer Zeit der SVO-Typus eindeutig dominiert. 264 Besprechungen - Comptes rendus lange eine Art Leitbild, das auch als Adstrat fungiert und zur Entstehung von zahlreichen etymologischen Doubletten Anlaß gibt. Diese Leitbildfunktion schlägt sich auch in der hochgradig am Latein orientierten Graphie der ersten Texte nieder. Genau wie die karolingische Renaissance letztlich die Volkssprache stärkt, so wird dies auch in der Renaissance des 16. Jh.s wieder der Fall sein. Im 3. Teil (Tableau des langues romanes; 155ss.) werden dann die einzelnen romanischen Sprachen kurz vorgestellt. Für Klinkenberg gibt es deren zehn, denen er je nachdem zweieinhalb (Dalmatisch) bis zweiunddreißig (Französisch) Seiten widmet. Das Vorgehen ist für jedes dieser Kapitel im Prinzip das gleiche, wenn auch je nach Bedeutung der einzelnen Sprachen und nach Forschungslage gewisse Variationen festzustellen sind: Es wird zuerst ein für repräsentativ gehaltener Text gegeben, anschließend werden einige sprachliche (phonetische, morphologische, syntaktische 16) Charakteristika herausgestellt, die dialektale Gliederung diskutiert, die historischen und soziolinguistischen Besonderheiten erwähnt, um dann kurz auf die ältesten Texte einzu 9 ehen. So werden nacheinander abgehandelt: Rumänisch (161ss.), Dalmatisch (269ss.) 1 , Italienisch (173ss.), Sardisch (183ss.), Räto-Friulanisch (189ss.) 18 , Spanisch (199ss.), Portugiesisch (209ss.), Katalanisch (207ss.), Okzitanisch (223ss.), Französisch einschließlich Kreolsprachen und Quebecois 19 (231ss.). Nicht ganz einsichtig ist die von Klinkenberg gewählte Reihenfolge der Sprachen. Im Prinzip scheint er in traditioneller Weise von Osten nach Westen vorzugehen, doch wird dieses Prinzip nicht durchgehalten, denn dann müßten das Räto-Friulanische vor dem Italienischen, Französich, Okzitanisch und Katalanisch vor dem Spanischen und Portugiesischen stehen. Auch sonst mag diese Kurzdarstellung nicht immer zu überzeugen auch wenn man in Rechnung stellt, daß der zur Verfügung stehende Platz sehr begrenzt war und Verf. so nicht allzu sehr in die Tiefe gehen konnte. Hier nur kurz einige Punkte, die sicher einer Nachbesserung bedürfen: - Die Textauswahl ist außerordentlich heterogen. Meist handelt es sich um Gebrauchstexte, für das Italienische dagegen wird ein poetischer Text von Montale (173), für das Spanische ein ebensolcher von Antonio Machado (199) gewählt. Verstexte sind aber in der Regel (aufgrund der poetischen Lizenzen) wenig geeignet, die Eigenheiten einer Sprache in den Blick treten zu lassen! Zudem wäre es für die bessere Vergleichbarkeit sicher vorzuziehen gewesen, wenn alle Textbeispiele dem gleichen Typ oder mindestens eng verwandten Typen angehören würden. - Im Falle des Italienischen wird unter der Morphologie (174) das Problem der nominalen Pluralendungen überhaupt nicht angesprochen; v.a. ein Verweis auf die Arbeiten von P. Aebischer drängt sich hier auf. - Für das Sardische wird darauf verwiesen, daß der Artikel nicht auf ILLE, sondern auf IPSE zurückgehe (184). Dies ist sicher nicht zu beanstanden, aber es wäre zur richtigen Gewichtigung dieses Aspekts wichtig gewesen, daß auf IPSE zurückgehende Artikelformen auch anderweitig bezeugt sind bzw. waren (z.B. im Okzitanischen). - Ähnlich verhält es sich mit dem mit VENIRE gebildeten Passiv im Surselvischen (191): Warum wird nicht erwähnt, daß auch das Italienische diesen Typus als (markiertes) Vorgangspassiv kennt (viene battuto)? 16 Auf das Lexikon wird in diesem Zusammenhang überhaupt nicht eingegangen. 17 Dieses Kapitel ist hinsichtlich der Charakterisierung außerordentlich dürftig. 18 Schon die nicht sonderlich geläufige Namenwahl macht deutlich, daß Klinkenberg (wohl zu Recht) gewisse Zweifel an der Einheit von Rätoromanisch und Friulanisch hat; auch im Text wird kurz auf das Zuordnungsproblem des Friulanischen verwiesen. 19 Warum fehlen dann aber Akadisch, Louisiana-French usw.? Besprechungen - Comptes rendus 265 - Bezüglich des Akzents im Spanischen (200) und im Fränkischen (231) finden sich auch hier wieder die bereits kritisierten traditionellen Auffassungen: Es würde sich um reine Intensitätsakzente handeln. - Das Frankoprovenzalische wird von Klinkenberg nicht als eigene Sprache angesehen, sondern als eine archaische Ausprägung der langue d'oil (239). Diese Argumentation ist aus synchronischer Sicht inkonsistent. Selbst wenn Französisch und Frankoprovenzalisch sich eine Zeitlang gemeinsam entwickelt haben sollten, haben sich ihre Wege eben doch einmal getrennt, das Frankoprovenzalische ist (mehr oder weniger) stehengeblieben, das Französische dagegen hat eine rasante Entwicklung erfahren, so daß es heute genügend Unterschiede gibt, die es zumindest möglich machen, zwei verschiedene Sprachen zu postulieren. Wollte man wie Klinkenberg argumentieren, dann dürfte man auch das Sardische nicht als eigene Sprache betrachten, sondern man müßte es als archaische Stufe des Italienischen ansehen, ja man dürfte überhaupt nicht zwischen verschiedenen romanischen Sprachen unterscheiden, sondern müßte ein Gesamtromanisch postulieren. Damit soll aber noch keineswegs eine Zuordnung des Frankoprovenzalischen zum Französischen einfach abgelehnt werden, denn es gibt durchaus Faktoren, die dafür sprechen: 1. Das Frankoprovenzalische ist eine «Erfindung» Ascolis, hinter der kein autonomes «frankoprovenzalisches Sprecherbewußtsein» steht. 2. Es gibt keine frankoprovenzalische langue vehiculaire; man bedient sich hierfür vielmehr des (Regional-) Französischen 20 . Der Band schließt mit einer Bibliographie (263-82) und mit Indices (283ss.), wobei leider ein Wortindex fehlt. Auch die an sich reichhaltige Bibliographie ist nicht eben glücklich angelegt: Sie ist in Kapitel unterteilt, die aber nur bezüglich der einzelnen romanischen Sprachen den Kapiteln des Buches entsprechen. Zudem ist die Anordnung der Titel innerhalb der einzelsprachlichen Kapitel verwirrend und kaum nachzuvollziehen: «Le materiel bibliographique concernant chaque langue ... est presente selon le schema qui suit, adapte a chaque cas: bibliographies, ouvrages introductifs et generaux, descriptions synchroniques de la langue, descriptions diachroniques, aspects sociolinguistiques, dialectes» (263). Für den Benutzer, der die einzelnen Werke nicht kennt (und dies dürfte für Anfänger und Laien wohl die Regel sein! ), wäre eine primitive alphabetische Reihenfolge sicher angenehmer gewesen. Und dies gilt selbst für den mit der Materie Vertrauten ... Kommen wir zum Schluß. Klinkenbergs Versuch, eine Einführung in die Romanistik in varietätenlinguistischer Perspektive zu schreiben, ist sicher begrüßenswert und eröffnet über weite Strecken auch interessante neue Perspektiven. Im Detail gibt es aber noch zahlreiche Mängel und Schwächen, die in einer Neuauflage unbedingt behoben werden müßten, um dem Band wirklich das Testergebnis «empfehlenswert» zuerkennen zu können. P.W. * 20 Cf. hierfür auch K. HEGER, «Sprache und Dialekt als linguistisches und soziolinguistisches Problem», FL 3 (1969): 46-67. 266 Besprechungen - Comptes rendus FRANCO BRIOSCHr/ CosTANZO DI GmoLAMO (ed.), Manuale di letteratura italiana. Storia per generi e problemi. Vol.1: Dalle origini alla fine de! Quattrocento, Torino (Bollati Boringhieri) 1993, 1004 p.; vol. 2: Da! Cinquecento alla meta de! Settecento, ib. 1994, 890 p.; vol. 3: Dalla meta de! Settecento all'Unita d'ltalia, ib. 1995, 966 p. Eine Einschränkung gleich vorweg: Zur Besprechung gelangen weder alle drei Bände, noch der gesamte erste Band des Manuale. Stattdessen konzentriere ich mich exemplarisch für den Fall der sizilianischen Lyrik auf den im Untertitel deklarierten Anspruch, eine nach literarischen Gattungen und Fragestellungen gegliederte Literaturgeschichte zu sein. Vor dem Hintergrund semantisch spezialisierter Analysen der in Deutschland überaus rührigen romanistisch-mediävistischen Gattungsgeschichtsschreibung öffnet man voller Erwartung eine Literaturgeschichte, die in ihrem Untertitel als Storia per generi e problemi firmiert und damit verspricht, ähnliches für die italienische Literatur umzusetzen. Doch diese Hoffnung entpuppt sich bereits im Vorwort (xm-xv) als frommer Wunsch. Der an theoretischer und methodologischer Grundlegung von Literaturgeschichten interessierte Benutzerzugegeben: dieser ist nicht der Zieladressat des Manuale liest: die Wahl der Gattung anstelle des Autors als Gliederungsprinzip des literarischen Materials «dipende, piu ehe da scelte teoriche forti, dalla volonta di avvicinare il piu possibile il lettore alle opere» (xrv). Letzteres ist zwar löblich, doch warum ein theoretisches Fundament der Annäherung an Dichtung im Wege stehen soll, ist angesichts seiner heuristisch dienenden Funktion schwerlich nachzuvollziehen. Jedenfalls schränkt der bereits im Vorfeld zurückgenommene theoretische Anspruch die eben in Gattungen gegebene Möglichkeit, ein essentielles Gliederungsprinzip, sozusagen das semantische Regelwerk der literarischen Kommunikation für ein systematisches und adäquates Textverstehen zu nutzen, tendenziell - und im weiteren Verlauf auch faktischein. Selbst der Beitrag der Herausgeber (m/ 2.3 I generi, 282-87) verliert kein Wort hinsichtlich eines wie immer gearteten, der Storia per generi e problemi zugrundegelegten Programms. Bleibt nur, letzteres aus der Darstellungsweise selbst zu extrahieren. Bleiben wir zunächst beim Vorwort: Die einzige Begründung für das gattungsgeschichtliche Vorgehen ist eine rezeptions- und produktionsgeschichtlich orientierte: seit jeher sei der lettore comune überwiegend Leser von Gattungen, nicht von Autoren; letztere schrieben sich mit jedem Text in ein gattungsgegebenes Kontinuum ein (et xrv). Sie trifft ins Schwarze und wird, abgesehen vom oben benannten Grunddefizit des Manuale, im Fall der engen Beziehung zwischen sizilianischer und altokzitanischer Lyrik zwar gattungsnumerisch zu stark verkürzt, doch im Hinblick auf canso und sirventes solide und stichhaltig ausgeführt. Der teilweise gerade auch sachlich gerechtfertigten Absicht, keine «sterile operazione di incasellamento e di classificazione» (xrv) durchführen zu wollen, ist solange zuzustimmen, als sie nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet, sprich auf eine systematische Beschreibung von Gattungsrelationen dort verzichtet, wo diese zweifelsfrei angezeigt ist: so hätte man sich für die Gattungsensembles des lyrischen Duecento eine systematische Darstellung ihrer jeweiligen semantischen Relationen gewünscht. Weder gattungstypologisch noch nicht kodifizierte Texte noch Mischgattungen entbinden von theoretischer Reflexion, sind diese Phänomene doch keine Ausnahmen oder Sonderfälle, sondern seit Beginn der volkssprachlichen Dichtung eine entwicklungsgeschichtlich notwendige Konstante. Erinnert sei für den Typ Mischgattung nur an die Sirventes-Kanzone der Trobadorlyrik. Kodifizierung nicht als Selbstzweck zu betreiben enthebt nicht von gattungssystematischer Arbeitsweise! Die zweite Spezifikation des Untertitels, (storia per) problemi, wird nicht eigens kommentiert, doch zeigt die Anlage des Bandes, daß sie sich auf die Sachgebiete der allgemeinen Einführung bezieht und nicht etwa, wie es im Zuge sich selbst reflektierender Litera- Besprechungen - Comptes rendus 267 turgeschichtsschreibung 1 auch in einem Manuale zumindest punktuell durchaus möglich und wünschenswert gewesen wäre, auf Fragen und ungelöste Probleme einer gattungshistoriographischen Literaturgeschichte. Die Gliederung der drei Bände erfolgt nach einem einheitlichen Plan: er manifestiert sich 1. in der Zweiteilung jedes Bandes und 2. in den für jeden Band gleichlautenden Kapitelüberschriften, die dann jeweils nach den Gegebenheiten des in Frage kommenden Zeitraums spezifiziert werden. Die Zweiteilung ergibt sich aus dem vorangestellten allgemeinen Einführungsteil zur «storia delle idee, ... de! libro e de! mercato, ... della lingua e delle istituzioni formali de! versa e della prosa« (xv) und der sich daran anschließenden Präsentation der einzelnen Gattungskategorien, deren jede eingestandenermaßen konventionell-chronologisch nach Jahrhunderten ausgefüllt wird. Hierbei ist die methodische Unterscheidung von Synchronie und Diachronie und insbesondere der Primat ersterer durchweg eingehalten, wenngleich auch weder zur Freilegung von Strukturen in und zwischen Gattungsensembles noch zu deren Anbindung an literatursoziologisch ausgemachten gesellschaftshistorischen tournants de l'histoire genutzt. Die einzelnen Schnittstellen sind mithin weder gattungssemantisch noch -soziologisch abgeleitet. Aus diesem Grund sehe ich das bekannte Desiderat von Erich Köhler und Hans Robert Jauss, Gattungsgeschichte in synchronischen Schnitten darzustellen, nicht eigentlich erfüllt. Darüber hinaus ist die Periodisierung nach Jahrhunderten für eine moderne Storia per generi ein zu großes Zugeständnis an die konventionelle Literaturgeschichtsschreibung und letztlich unvermeidliche Konsequenz des Theorieverzichts der Herausgeber. Die Periodisierungskraft der historischen Gattungsstrukturen ist nicht sinnfällig genutzt worden. Im Gegenteil: Das einzige Mal, wo eine Jahrhundertmitte, nämlich 1750, für die Herausgeber einteilungsbestimmend geworden ist, wird dies nicht etwa zuerst und vor allem gattungsspezifisch begründet, sondern ausschließlich mit der berühmten These von Ernst Robert Curtius, derzufolge die seit dem lateinischen Mittelalter gegebene Kontinuität der abendländischen Literatur sich ab der Mitte des 18. Jhs. aufgelöst habe (cf. vol. 3: FRANCO BRroscm, Tradizione e modernita, p.5s.). Dennoch: Der an Fragen des Wandels einzelner Bereiche interessierte Benutzer kann sich dank des einheitlichen Aufbaus aller drei Bände rasch einen Überblick verschaffen. Zudem ist im Vergleich zu älteren Literaturgeschichten die ausführliche Darstellung der rezeptionsgeschichtlichen Determinanten von literarischer Kommunikation ein großes Plus des Manuale. Am Kapitel rn/ 2 Le istituzioni formali ist aus Sicht der kognitiven sowie der strukturell semantischen Linguistik die zum Zwecke der Gliederung des literarischen Materials undiskutiert beibehaltene, rigide Trennung von Vers und Prosa zu beanstanden: 2.1 La versificazione (PIETRO G. BELTRAMI, 22 1-6 1), 2.2 La prosa (NrcoLA DE BLASI, 262-81). Man vermißt einen eigenen Gliederungspunkt zu Kontakten und Mischformen (z.B. das Prosimetrum ) zwischen beiden Institutionen, ist doch das formale Kriterium der gebundenen Rede aufgrund von Kontaktzonen nicht als primär distinktives Unterscheidungsmerkmal von Lyrik und Prosa zu betrachten und folglich als exklusives Klassifikationskriterium untauglich. Zwar findet das Kontaktphänomen im folgenden Punkt Berücksichtigung (cf. m/ 2.3), allerdings nur knapp diachronisch gestreift und kaum in eben seiner formalen Eigenart; am informativsten noch die Ausführungen zur Durchdringung von mittelalterlicher Geschichtsschreibung und Erzählliteratur (286). Angesichts der zu strikten klassifikatorischen Trennung von gebundener und ungebundener Rede wäre zu prüfen, inwieweit 1 Cf. etwa den als Einleitung fungierenden Beitrag von DIETMAR RIEGER, «Das trobadoreske Gattungssystem und sein Sitz im Leben» in: GRLMA rr, Les genres lyriques, tome 1, fase. 2-5, Heidelberg 1987: 15-28. 268 Besprechungen - Comptes rendus dem Phänomen kategorieübergreifender inhaltlicher Kontaktzonen Rechnung getragen wird. Für die allerdings nicht eben als Schwerpunkt einer italienischen Literaturgeschichte erfolgte Darstellung von Lyrik und Roman des feudalhöfischen Frankreichs ist das in der Liebeskonzeption gegebene Kontaktphänomen zumindest nicht berücksichtigt worden. Die beiden Herausgeber schließen das dritte Kapitel mit einem konzentrierten diachronischen Überblick über 2.3 I generi (282-87) ab, in welchem sie die formbezogene Leistung insbesondere von Dante, Petrarca und Boccaccio herausstellen, ohne jedoch die gattungsspezifische Argumentation aufzugeben. Die Behauptung, daß die von nicht spezialisierten letterati verfaßte scrittura privata (z.B. Anekdote, Reiseliteratur, Familienbücher) per definitionem unkodifiziert und unkodifizierbar sei (286), bleibt ohne Erklärung. Die Verf. nehmen sie faktisch ein Stück weit zurück, indem sie klarstellen, daß auch die Verfasser privater Texte ihre Wirklichkeit entsprechend den literarischen Gattungsmodellen ihrer Zeit beschreiben. Die Kodifiziertheit von Autobiographie und Epistolar steht für die Herausgeber außer Frage, wird aber wiederum mit keiner Silbe spezifiziert; es werden lediglich die chronologisch zurückliegenden Modelle benannt (cf. 287). Diesem Vorspann folgt die Geschichtsschreibung der großen Gattungskategorien, als deren erste in jedem Band unter IV. La Lirica figuriert; für Band 1 gefolgt von V. La letteratura allegorica e didattica, VI. Il racconto, VII. Epica, romanzo, poema cavalleresco, vm. La storiografia, rx. L'io e la memoria, x. La trattatistica und XL Il teatro. Die jeweiligen Dichtungen einer Kategorie werden in ihrer Abfolge synchronisch beschrieben; im exemplarisch gewählten Fall der Lyrik erfolgt die Einteilung durchweg konventionell, nämlich für das Duecento nach den drei bekannten «Dichtergruppen», wobei zumindest für die Sizilianer der Vorrang der Gattungsbetrachtung noch gewahrt bleibt. Die kategorialen Gattungsbezeichnungen sind die formal ausgerichteten der historiographischen Tradition mit einer Ausnahme: das Kapitel L'io e la memoria führt einen inhaltlichen Nenner als Klassenbezeichnung für Autobiographien, Epistolarien, Memoiren, Familienbücher und Reiseberichte an. An der gattungsgeschichtlichen Darstellung fällt auf: Das Manuale verzichtet bewußt auf anthologische Passagen. Es widmet sich voll und ganz der historischen Interpretation, dem Erschließen vergangener literarischer Kultur für unsere Zeit. Textstellen werden ausschließlich als Beleg für die Interpretation oder zur Illustration zitiert, so z.B. für diejenige des siciliano illustre die berühmte Strophe Pir meu cori allegrari von Stefano Protonotaro. Die Themengebiete der einzelnen Kapitel sind in der Regel von verschiedenen Autoren verfaßt, selten deckt ein Spezialist ein ganzes Kapitel ab, z.B. MARIA LmsA MENEGHETTI (vn. Epica, romanzo, poema cavalleresco, 697-761). Herausgeber und Mitarbeiter gehören durchweg einer neuen Generation von Literaturhistorikern an. Alle drei Bände schließen mit einem umfangreichen Sachregister. Die Bibliographie ist dagegen, auf ein absolutes Minimum beschränkt, in die raren Fußnoten verbannt; dies erklärt das in einer Storia per generi, zumal der Kategorie «Handbuch», so schmerzliche Fehlen mancher grundlegender Beiträge der internationalen Gattungsgeschichtsschreibung. Den ausländischen Italianisten versorgt sie im Gegenzug mit neuesten italienischen Untersuchungen zu Einzelthemen. Wiewohl ein explizit formuliertes theoretisch-methodisches Programm in dem sich innovativ verstehenden Manuale nicht vorhanden ist, trägt im hier speziell untersuchten Fall, zumindest im Hinblick auf die konzeptionelle Unterscheidung, der historiographische Umgang mit dem Gattungsbegriff die Handschrift der Zeichentheorie: der Unterscheidung von Form- und Inhaltsseite der Gattung wird sowohl in diachronischer als auch in synchronischer Dimension in einer prinzipiell getrennten Darstellungsweise Rechnung getragen. So informieren unter der von PrnTRo G. BELTRAMI verfaßten Rubrik Le istituzioni formali jeweils monographisch-diachronische Darstellungen der Generi metrici (241- Besprechungen - Comptes rendus 269 62 ) über die formale Entwicklung der kanonischen Institutionen Kanzone, Sonett, Ballata. Die synchronische Darstellung von Metrik (302s.) und inhaltlichen Gegebenheiten (303- 06 ) erfolgt für die sizilianische Lyrik durch den Mitherausgeber Costanzo di Girolamo, jedoch nicht derart, daß man von einer semiologischen Gattungskonzeption sprechen könnte: weder kommt ein durch semantische Grundwerte gekennzeichnetes System, noch deren Spezifikation auf Normebene in den Blick. Dies gilt für die Darstellung der altokzitanischen und sizilianischen Lyrik gleichermaßen. Für erstere wird das knappe, unsystematische und obendrein unvollständige, lediglich vier von fünfzehn 2 Gattungen vorstellende formale Inventar linguistisch unreflektiert als sistema bezeichnet; der Zusatz, daß dieses in realta piu complesso sei (P. G. BELTRAMI, 243s.), rettet nicht viel, zumal dieser Aspekt nirgends für die Inhaltsmerkmale des Systems spezifiziert wird (cf. DI GrROLAMO, La fondazione trobadorica [291-96]). Für die zweite verzichtet man gleich ganz auf den Begriff, was wissenschaftlich redlicher ist. Statt als in seinen Kriterien genau festgelegtes System werden die Gattungen der sizilianischen Lyrik unter der Rubrik I poeti (! ) als «ampia gamma di registri« (307) vorgestellt, zu der sich noch die «varieta degli stili» (ib.) geselle. Die Spanne des nicht eigens definierten, lediglich als Gattungsbezeichnung gehandhabten Registerbegriffs reicht von «quello sublime e potente della canzone ... a quello piu veloce della canzonetta ..., al genere dialogico ..., al discordo» (ib. ). Zur Heterogenität der hier versammelten «Kriterien» kommt noch ein offenbar gattungsbzw. themaunspezifischer Stilbegriff: «da quello aspro e difficile, giocato su rime interne e bisticci di parole, a quello agile e lineare» (ib.). Von der stilhöhenspezifischen Themabindung der mittelalterlichen Literatur auch sonst keine Spur. Die Konfusion erhöht sich noch dadurch, daß Di Girolamo hinsichtlich einer Distinktivitätshierarchie der Merkmale keine Gewichtung einerseits zwischen Metrik und Inhalt und andererseits zwischen Register 3 und Inhalt von Gattungen vornimmt, so daß allein schon aus diesem Grund eine Systembeschreibung der beiden Dichtungen verunmöglicht worden ist. So verwundert es nicht, daß die Gattungsinhalte allenfalls rudimentär zum Zuge kommen (z.B. canso = argomento amoroso) und folglich die mit «ribaltamento simmetrico dei generi cortesi» (309 ) zutreffend angegebene Spezifik des Contrasto Rosa fresca aulentissima unvermittelt im Raum steht. Auch fehlt, an dieser Stelle und zumal für eine storia per generi unverzeihlich, jeder Hinweis auf die eben in gattungssemantischer Hinsicht so innovative Mediävistik der Schule um Erich Köhler. Dessen überaus umfangreiche und differenzierte Altokzitanistik wird ausschließlich in ihrer historisch-soziologischen Kernaussage resümiert (cf. rr/ 2 Autori, committenti, pubblico von Luciano Formisano, part. 131s.); das unerläßliche gattungssemantische Pendant dazu jedoch glattweg unterschlagen bzw. zumindest dem Leser des Manuale vorenthalten. Diese Feststellung ist zu relativieren: parallel gelesen mit dem kurz zuvor, in der von C. DI GIROLAMLO betreuten Reihe Strumenti di filologia romanza, erschienenen Band La lirica (Bologna 1990 ) macht sein Herausgeber, es ist niemand anders als L. FoRMISANO, den italienischen Leser mit mehreren theoretisch-methodisch zentralen und ins Italienische übersetzten Beiträgen der internationalen, mediävistischen Gattungsgeschichtsschreibung bekannt. Die eigenen Darstellungen derselben Autoren 2 Cf.die detaillierte Analyse der Gattungsinhalte durch PETER WuNDERLI, «Re±lexions sur le systeme des genres lyriques en ancien occitan», in: Melanges de langue et de litterature occitanes en hommage a Pierre Bec, Poitiers 1991: 599-615. 3 Meiner Kritik liegt der Registerbegriff von PIERRE BEc zugrunde, cf. P.B., «Le probleme des genres chez ! es premiers troubadours», CCM 25 (1982): 32. 270 Besprechungen - Comptes rendus greifen die bereits seit 1982 in italienischer Sprache vorliegenden Programmaufsätze von KRAuss 4 und KöHLER 5 in der ihnen jeweils eignenden Gesamtspezifik leider nicht auf. Aus der Perspektive hiesiger Gattungsgeschichtsschreibung fällt zudem auf, daß Di Girolamo für die sizilianische Lyrik speziell die Engführung von Dame und Liebeskonzeption mit keiner Silbe erwähnt, geschweige denn im Sinne der Sozialmetapher interpretiert, wiewohl sein Beitrag ansonsten soziologisch profund ist. Für die altokzitanische Lyrik erwähnt er die Engführung zwar, doch so knapp, daß nur der bereits informierte Leser es erkennt. Leseprobe: Die Liebesthematik sei «da inserire nella cornice piu ampia di questa «poesia sociale», come piu volte e stata definita e come in senso stretto e. La fin'amor ... e piuttosto metafora totalizzante nella quale si traducono e si misurano le aspirazioni e le capacita sociali, umane, espressive e artistiche dell'individuo» (292). Punkt; nicht eine bibliographische Angabe. So groß das Abstraktionsvermögen des Verf.s, so gering der historisch-soziologische Erklärungswert für das Zielpublikum des Manuale. Für meine Kritik an Formisanos Kritik der auch von ihm grundsätzlich affirmativ wiedergegeben soziologischen These Erich Köhlers ist an dieser Stelle nicht der Ort. Sehr wohl jedoch für die abschließende Feststellung, daß die diachronische Darstellung mit dem hier besonders interessierenden Phänomen des Wandels von Gattungen bzw. Gattungssystemen ebensowenig theoretisch unterlegt ist wie die synchronische. Allgemeine Gesetzmäßigkeiten der «Grammatikalisierung» von Gattungen werden nicht deutlich. Fazit: Das Manuale ist in der Tat eine Storia per generi e problemi. Dies jedoch keinesfalls in dezidiert semiologischem und strukturell-semantischem Sinne. Den Herausgebern ist die Gattung vornehmlich formales Gliederungs- und nur allgemein und unsystematisch inhaltliches Beschreibungsprinzip. Form- und Inhaltsseite der Gattung bilden keine historiographisch dienstbar gemachte Einheit. Für die hier näher untersuchte Gattungsdarstellung der sizilianischen Lyrik kann man aus Sicht der deutschen romanistischen Mediävistik nur zu dem Schluß kommen: «Vor über 20 Jahren war Henning Krauß schon weiter! » Im Hinblick auf seine makrosemantische Linie erinnert das Manuale in gewisser Weise an den Beschreibungsansatz von «Literatur und Geschichte». Das auf Normebene historisch realisierte, auf Systemebene virtuelle Regelwerk der literarischen Kommunikation wird als solches nicht erkannt bzw. ist in dieser methodischen Unterscheidung kein Beschreibungsziel; ebensowenig seine Affinität, ja Homologie zu demjenigen von Sprache taut court. Eine soziologisch und semantisch unmittelbar aufeinander bezogene Systemdarstellung liegt für die altokzitanische und sizilianische Lyrik nicht vor; sie ist allerdings auch nicht erklärtes Ziel dieses Handbuchs. Die eher sporadische als systematische und insgesamt auch zu karge Auswertung des internationalen Forschungsstandes zur Gattungsgeschichtsschreibung der Literatur bremst den Innovationsschub einer speziell für das Universitätsstudium in Italien entwickelten Arbeitsgrundlage. Das Manuale ist überhaupt von sehr italienischem Zuschnitt: Wissenschaftliche Internationalität richtet sich traditionsgemäß bevorzugt auf die Philologie Frankreichs. Der Diskussionsbeitrag anderssprachiger Romanistik findet nur partiell Eingang (z.B. Erich Köhler für die Soziologie der Trobadorlyrik) mit der Konsequenz, daß der im italienischen Universitätsstudenten anvisierte Idealleser den internationalen Forschungsstand über die- 4 HENNING KRAuss, «Gattungssystem und Sitz im Leben. Zur Rezeption der altprovenzalischen Lyrik in der sizilianischen Dichterschule», in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 2 (1973): 37-70; it.: «Sistema dei generi e scuola siciliana», in: CARLO BORDONI (ed.), La pratica sociale del testo. Scritti di sociologia della letteratura in onore di Erich Köhler, Bologna 1982: 123-58. 5 ERICH KöHLER, «Gattungssystem und Gesellschaftssystem», in: RZLG l (1977): 7-21; ital.: «Sistema dei generi letterari e sistema della societa», in: BüRDONI 1982: 13-30. Besprechungen - Comptes rendus 271 sen Weg kaum, bzw. im untersuchten Fall ausgerechnet um die innovative Gattungsgeschichtsschreibung der deutschen Altokzitanistik «amputiert», zur Kenntnis nehmen kann. Nachteilig ist des weiteren, daß das Manuale linguistische Kompetenz vorwiegend für sprachhistorische Fragen in engerem Sinn abruft, hingegen weniger für Sprachtheorie und Methodologie des Faches. Die im Hinblick auf den internationalen, inkl. italienischen Diskussionsstand durchaus gegebene Chance, die analytischen Möglichkeiten der strukturellen Semantik für eine systematische Geschichtsschreibung der literarischen Gattungen zu nutzen, wurde lediglich ansatzweise wahrgenommen. Sicherlich stehen fehlende Vorarbeiten ebenso wie die unterschiedlichen Forscherprofile der vielen, am Manuale beteiligten Spezialisten (allein für den ersten Band sind es einundzwanzig) einer präzisen Grundprinzipien verpflichteten Gattungsgeschichtsschreibung notwendig ein Stück weit im Wege, doch streckenweise hätte man sich eine gezieltere Kooperation und Absprache unter den verschiedenen Verfassern von sachlich zusammengehörenden Darstellungsaspekten gewünscht. Ein großer Vorzug speziell des ersten Bandes des Manuale besteht in der konzisen Präsentation der Modellgattungen Frankreichs und weiterhin darin, die nicht hoch genug einzuschätzende Bedeutung des Duecento für die späteren Jahrhunderte der literarischen Kommunikation in Italien mit großer Aufmerksamkeit herausgestellt zu haben. Hierin unterscheidet es sich von mancher anderen italienischen Literaturgeschichte. Gattungsspezifische Literaturgeschichtsschreibung ist und bleibt Desiderat, zumal in Italien. Schon deshalb ist der Versuch des Manuale unbedingt wert- und verdienstvoll. Er orientiert in die richtige Richtung. Um eine semantische Spezifizierung des Inhaltsspektrums von Gattungssystemen und die Korrelierung ihrer Komponenten zum jeweiligen sozialgeschichtlich ausgemachten Ort im Leben wird man sich weiter bemühen müssen. Zu guter Letzt: Nobody is perfect, auch Literaturgeschichten nicht. Unserem Maßstab hat die hier rezensierte nicht entsprochen. Dessen ungeachtet bietet sie ihrem Zielpublikum eine informative und unbedingt tragfähige Arbeitsgrundlage. Nicht nur dem italienischen Italianistikstudenten wird das Manuale ein ebenso perspektivenreicher wie höchst angenehm zu lesender und anregender Studienbegleiter für die vielfältigen Anforderungen seines Faches sein. Grazia Lindt * GuGLIELMO GoRNI, ll Dante perduto. Storia vera di un falso, Torino (Einaudi) 1994, 170p. (Paperbacks 247) Fu grazie alla sagacia dell'autodidatta Ernesto Lamma se, nel 1885, il frammento d'un codice quattrocentesco di antiche rime italiane, allora proprieta de! dottor Giovanni Bardera, s'affaccio alla ribalta della poco piu ehe nascente filologia italiana dalla finestra dell'ormai imbolsito, beuche gia glorioso, «Propugnatore» diretto da Francesco Zambrini. E fu la sollecitudine della direzione della «Rivista critica della letteratura italiana», opera di scolari e fedeli di Giosue Carducci, ehe permise al Lamma di placare, almeno provvisoriamente, Ja sete di conoscenza dei cultori delle patrie lettere con la pubblicazione della tavola di sl prezioso reperto, nell'aprile dello stesso 1885. Bisognera, invece, attendere il 1903 per l'edizione completa de! frammento. Purtroppo, il cosiddetto «codice Bardera» era un falso, o meglio un fantasma, da! momento ehe, come oggi viene chiarito definitivamente, non esistette mai; ma lo stesso possessore del manoscritto, il dottor Giovanni Bardera, altro non fu ehe il frutto della mente falsificatrice del Lamma. Il reato fu scoperto da Michele Barbi dopo trent'anni di forse non del tutto incolpevole credulita da parte dei cultori, anche illustri, della filologia italiana: ma il Lamma veniva ancora ritenuto un 272 Besprechungen - Comptes rendus ingenuo e improvvido, ma insomma innocente, propalatore di notizie fasulle, e aneora era acereditata l'esistenza reale del codiee, nonehe del suo proprietario. Guglielmo Gorni rieostruisee oggi, con la consueta abilita e bravura, «la vera storia di questo falso ottoeenteseo ... sulla base di dati ehe a quel tempo non erano stati debitamente valutati, o ehe non erano di pubblieo dominio» (8). Nell'Italia filologico-letteraria fin de siede la tavola de! «eodiee Bardera», e le rare varianti fatte assaporare da! Lamma prima della pubblicazione integrale del 1903, non potevano ehe suseitare un vivo interesse. Gli autori erano tutti di grande prestigio (Dante, Guido Guinizzelli, Cino da Pistoia, Dino Freseobaldi: la tavola completa e riprodotta da! Gorni in appendiee, p.139-42), le lezioni attestate molto interessanti (qui basti rinviare alle p.14-21 de! libro, dove viene riassunta la storia del v.9 del famoso sonetto danteseo Guido, i' vorrei ehe tu e Lapo e io). Ma soprattutto, e qui risiede l'eeeezionalita de! frammento, il nuovo testimone si ehiude bruseamente sui due versi ineipitali di un sonetto, altrimenti ignoto (e infatti falso), di ser Lippo (Pasei de' Bardi) a Dante. Stemmatieamente anomalo, eon una «eolloeazione sempre fuori quadro» (38), il «eodice Bardera», pero, non poteva ehe ineontrare la diffidenza di un filologo laehmanniano eome Miehele Barbi, quant'altri mai agguerrito in ltalia, soprattutto in faeeende dantesehe: egli dimostro la dipendenza de! frammento dall'edizione diplomatiea de! manoseritto Chigiano L.VIIl.305, pubblieata da E.Monaci e E. Molteni nel 1878 sul solito «Propugnatore». Di questa edizione il «eodice Bardera» eonserva gli errori tipografiei e di lettura nei testi ehe i due testimoni hanno in comune (e sono ben 23 sui 27 eomponimenti trasmessi da! frammento). Addirittura il falsario eonvoglia nel suo prodotto una lacuna dell'edizione diplomatiea de! Chigiano, ovviamente assente nel manoseritto, prova evidente ehe il «eodiee Bardera» e un deseriptus de! testo a stampa. In aggiunta il Lamma si serve anehe della varia leetio raeeolta da Tommaso Casini nella silloge di Rime dei poeti bolognesi, pubblieata nel 1881. Le lezioni ehe eolloeavano il nuovo testimone di rime antiche fuori dalla tradizione nota, dunque, si rivelavano essere «il prodotto di interventi tendenziosi o cervellotici, da imputare esclusivamente allo spregiudieato eonfezionatore» (40) de! falso. Che il «codiee Bardera» non sia nella realta mai esistito si desume dal fatto ehe il «Lamma non ha mai dato una sola prova tangibile» della sua esistenza «anehe dopo averla promessa, ne alcun preeiso reeapito de! suo proprietario» (116). Ma soprattutto intervengono a eonsolidare l'ipotesi le «divergenze di traserizione tra le citazioni prodotte nel 'Propugnatore' ..., nella tavola dei eapoversi sulla 'Rivista critiea' e nella stampa del 1903», divergenze ehe «sono troppe, e troppo gravi, per non eonfigurare una sicura presunzione di falsa testimonianza» (ib. ). Ma perehe Ernesto Lamma invento questa storia? Egli era senza dubbio mosso da un sentimento di «rivalsa contro un mondo aceademico ehe lo snobbava» (47), ed anehe dal desiderio di essere in una posizione di prestigio: essere l'unieo fruitore di un frammento tanto prezioso gli permise di entrare in relazione con tutti i piu importanti studiosi italiani de! momento. «Lamma voleva emergere eon ogni mezzo nell'ambiente bolognese su eompagni di strada tanto piu dotati e sapienti di lui» (53): tra eostoro, un posto di rilievo era oeeupato senz'altro da Tommaso Casini, e allora l'autodidatta eonfeziono il suo falso non solo per qualcosa (per emergere), ma anehe, e soprattutto, eontro qualcuno: eontro, appunto, il Casini, perche le presunte novita de! «eodiee Bardera» danneggiavano colui ehe «in quegli anni era una specie di enfant prodige filologieo nei ranghi della seuola eardueeiana, segnatamente nell'ambito della poesia delle origini» (50). In effetti, a taeer del resto, poeo tempo prima il Casini aveva seoperto il sonetto danteseo Se Lippo amieo se' tu ehe mi leggi, esumando dal mondo delle ombre un sodale dell'Alighieri fino ad allora ignoto: Lippo Pasci de' Bardi. E il sonetto orrendamente mutilo sul quale si ehiude il frammento scoperto da! Lamma e appunto la risposta di Lippo a quel testo danteseo: ma il Dante destinatario non sarebbe il futuro autore della Commedia, bensi il Maianese, eome Besprechungen - Comptes rendus 273 risulta da un indice incompleto del manoscritto ehe provvidamente il falsificatore estrasse, in un secondo tempo, dal suo magico cilindro: «e cosl la bella scoperta dantesca del Casini andava a farsi benedire» (50) senza contare ehe lo studioso era stato, nel 1881, tra i negatori dell'esistenza di Dante da Maiano, in relazione alla presunta falsificazione del libro VII della Giuntina di rime antiche de! 1527 (si veda il quarto capitolo del libro di Gorni). Con l'edizione completa del 1903 l'attacco del falsario, sempre alla rieerea di quel consenso definitivo, ehe non arrivo mai, da parte de! mondo scientifico, si concentra sia sulla critica storica, «ehe nella testa de! Lamma fa tutt'uno con la filologia testuale su base lachmanniana» (113), sia su Miehele Barbi, non a caso da sempre sospettoso nei riguardi de! «codice Bardera». «II falso si cela ... in ogni testo antico a larga diffusione. II falso, duole dire, e nella nostra tradizione, e in noi» chiosa Guglielmo Gorni (91), e in effetti quello raccontato dall'illustre studioso non e certo l'unico caso di falso rintraeciabile nello svolgersi della letteratura italiana. Si coneedera, dungue, a mo' di conclusione, l'accenno a un episodio recente. Di Sordello da Goito e nota ad ogni studioso la feconda produzione poetica in lingua provenzale: e una clamorosa, ma ahime falsa, acguisizione delle italiche lettere l'attivita anche in lingua di sl (un poco credibile toscano venetizzato) de! famoso trovatore, ehe si sarebbe servito di codesto idioma per celebrare con immagini ehe testimonierebbero poeticamente il c6te a luci rosse de! mantovano il suo, probabilmente altrettanto falso, amore per Cunizza da Romano, sorella dei signori di Treviso, Ezzelino e Alberico. Di questo idillio padano parlano un'inattendibile vida provenzale del trovatore e la cronaca di Rolandino da Padova, nonche, poi, molti posteri: una versione del leggendario amore e fornita, ad es., da Bonamonte Aliprandi (1415 circa) al guale si deve l'invenzione di «una Beatrice da Romano innamorata pazza di Sordello e poi sua sposa. Questa Beatrice, o Bice, ha un posto importante nei testi» ehe si vogliono scritti dal Nostro. Dunque, le poesie sono posteriori all'Aliprandi, ed anzi uno dei maggiori paleografi italiani, Armando Petrucci, «ha espresso addirittura il sospetto ehe le pergamene siano un falso dell'Ottocento» (queste informazioni e le citazioni sono tratte dall'articolo di Cesare Segre comparso sul «Corriere della Sera» del 29 gennaio 1996, in attesa de! saggio di Francesco Filippo Minetti su «Medioevo romanzo»). L'onore della filologia italiana resta, questa volta, illibato, ma l'ignoto e ormai perento falsario sara forse ugualmente soddisfatto per essere riuscito a gabbare con la complicita del pur avvertito libraio (cf. l'articolo di Segre) l'incauto (a non dir altro) direttore d'una Biblioteca Statale italiana, ehe, per l'occasione de! felice guanto clamoroso acquisto, s'e fatto non solo promotore d'una mostra bibliografica (6-22 dicembre 1995), ma anche ardimentoso ed accidentato esegeta dei miracolosamente ritrovati reperti italiani del maggior trovatore in lingua d'oc ehe la Penisola abbia mai tenuto a battesimo. P. Gresti * ANONIMO GENOVESE, Rime e ritmi latini. Edizione critica a cura diJEAN NrcoLAS, Bologna (Commissione per i Testi di Lingua), 1994, ccxvr + 631 p. (Collezione di apere inedite o rare 149) La ricca raccolta poetica rubricata modernamente sotto il nome dell'Anonimo Genovese, collocabile tra la fine del xm e l'inizio de! xrv secolo, e il risultato di un'operazione culturale importante, nell'ambito della letteratura dell'Italia settentrionale: «la legittimazione de! genovese quale lingua di poesia» 1. L'edizione del Nicolas, frutto di molti anni di 1 Cf. CoRRADO BOLOGNA, «Poesia de! Centro e de! Nord», in: Storia della letteratura italiana, diretta da ENRICO MALATO, vol. 1: Dalle Origini a Dante, Roma 1995: 405-525; cf. 417s. 274 Besprechungen - Comptes rendus lavoro, arriva ora a sostituire quella precedente, a cura di Luciana Cocito (ehe era, oltretutto, priva delle poesie in latino) 2 . Dopo la Premessa, Ia Bibliografia e I'Indice delle abbreviazioni e segni convenzionali, il volume si articola in una lunga Introduzione (xxxr-ccxvr) ehe precede i testi in volgare (3- 477) e in latino (481-532). Gli Indici e glossarf (535-631) chiudono il libro. In questa sede non si faranno ehe minime osservazioni a questa voluminosa edizione. Nell'Introduzione il Nicolas esamina innanzitutto il ms. (xxxm-ux), il cosiddetto «codice Molfino», scoperto nel 1820 dall'avvocato Matteo Molfino, donato al Comune di Genova nel 1882, ed ora all'Archivio di Stato della stessa citta. 11 codice, ehe, lacunoso in piu punti, e praticamente l'unico testimone dell'opera dell'Anonimo Genovese, contiene 182 componimenti (35 latini e 147 volgari), dei quali si possono considerare integri la quasi totalita dei ritmi latini (33) e 113 poesie in volgare. Tre tabelle riassuntive (l'indice del ms., le due numerazioni recenti e il catalogo completo) permettono di avere immediatamente sotto gli occhi la situazione materiale del codice Molfino: in particolare la terza tabella, divisa in sette colonne, presenta il numero de! quaderno, il numero della carta all'interno de! quaderno, il numero della carta nella situazione attuale de! codice, la facciata della carta, la colonna della facciata, il numero de! componimento e, infine, i versi de! componimento. Preliminarmente si puo dire ehe il Nicolas sembra usare i termini «foglio» e «carta» con lo stesso significato, generando qualche confusione: nella stessa legenda della tabella si distingue tra «N ° della carta de! quaderno» (seconda colonna) e «N ° de! foglio» (terza colonna); nella tabella si parla, ad es., di «Lacuna di 5 fogli», ma a p. LX si computano «35 carte perse». Inoltre, il confronto con la stessa analisi effettuata dalla precedente curatrice dell'opera dell'Anonimo fa nascere qualche dubbio 3 . 11 codice Molfino e costituito di due parti, dovute a due copisti; i fascicoli totali secondo L. Cocito sarebbero 14, di cui 12 formanti la prima sezione e solo due (gli unici due superstiti) la seconda. Anche il Nicolas afferma ehe alla seconda mano dobbiamo gli ultimi due quaderni (cf. p. xxxv), ma in totale egli computa 15 fascicoli: di fatto, a separare la prima dalla seconda parte del codice c'e, nell'analisi dell'ultimo editore, il fascicolo 13 ° , il quale, pero, consterebbe, a giudicare dalla tabella III (cf. p. xLvr), di sole tre carte, contro le otto ehe normalmente formano i fascicoli del codice Molfino. 11 Nicolas non segnala qui alcuna mancanza di carte, ne accenna all'irregolarita de! quaderno, ma dalla lettura delle tabelle I e II sembrerebbe emergere, effettivamente, una lacuna nella seconda meta de! fascicolo 4. 11 faseieolo 13 ° finisee eon il v. 198 de! eomponimento n ° 138: da! cappello alle note della poesia (397) si desume ehe cio ehe rimane della carta e lasciato bianco, mentre Je ultime 5 colonne sono perdute. Con il v. 199 dell'edizione, dunque, comineia il quaderno 14 ° , senza lacune apparenti nel testo, quindi si presume ehe le carte eadute de! faseicolo 13 ° siano rimaste bianehe. E pur vero, pero, ehe chiudendosi con il v. 198 un pensiero, e aprendosene con il v. 199 un altro, ehe non e di necessita eonseguente il poeta sta, infatti, enumerando le qualita di Genova -, non si puo neppure escludere la perdita di qualche parte di testo. All'inizio del quaderno 5 ° il Nieolas segnala la caduta di cinque earte: in realta dovrebbero manearne solo quattro, visto ehe le carte restanti sono quattro (e cf., in effetti, L. Cocito); il quaderno 15 ° presenterebbe una lacuna finale di una carta, ma Je earte presenti sono solo sei, cosa ehe farebbe presupporre la maneanza di un'altra carta oltre a quella segnalata. 2 ANONIMO GENOVESE, Poesie. Edizione critica, introduzione, commento e glossario a cura di LucrANA CocITo, Roma 1970. 3 Cf. op.cit. N4 alle p. lüs. E superfluo precisare ehe le osservazioni ehe seguono scaturiscono solo dalla lettura dei risultati di un'indagine sul campo ehe, evidentemente, il recensore non ha rifatto. 4 L. Cocito parla di «qualche foglio disponibile» alla fine de! dodicesimo fascicolo (cf. p. 10). Besprechungen - Comptes rendus 275 Tra gli errori tipografici andra, invece, parzialmente inserita la descrizione del quaderno 9 ° (sempre reJativamente alla tabella m): infatti vi si segnala la caduta di sei carte centrali, ma ! 'ultima carta e indicata dal numero 7, ehe andra corretto in 8, altrimenti si dovrebbe ipotizzare la caduta di cinque carte all'interno del fascicolo e di una carta alla fine: il ehe non e, come si desume <lalle tabelle r e II (e cf. ancora Ja descrizione di L. Cocito). II componimento piu lungo e il n. 14 in volgare, ehe non ha meno di 713 versi (ma e lacunoso e incompleto), meutre il piu breve e il n. 110 in vo! gare, di appena tre versi. II Nicolas suddivide i testi in volgare, ai quali dedica, com'e de! resto ovvio, maggior cura, in «reJigiosi», «d'attuaJita» e «morali». I primi sono quelli ehe «commentano o parafrasano un episodio bibJico, riportano una tappa della vita della Chiesa, raccontano un episodio della vita d'un santo o riproducono una preghiera» (Lxu); i componimenti, invece, d'attua- Jita trattano vari argomenti storici, quali Ja lotta tra cristiani e infedeli, il conflitto tra Genova e Venezia, le Jotte intestine, i rapporti tra Chiesa e politica ecc.; infine, i componimenti morali «mirano spesso . . . a insegnare, a edificare il lettore, ma devono il loro punto di partenza ai costumi, all'osservazione, anzi talvolta al semplice buon senso» (xcrx). Forse si sarebbe potuto sottolineare il fatto ehe ! 'Anonimo Genovese sfrutta una certa vivacita d'ispirazione ehe gli permette di staccare alcuni componimenti di registro giullaresco (ad esempio i contrasti) dalla produzione piu seria. Pur nella consapevolezza ehe «non si puo dare de! genovese antico una descrizione fonologica precisa» (cxu), il Nicolas, sulla scorta anche di quanti lo hanno preceduto (G. Flechia, E. G. Parodi, G. Contini, L. Cocito), tenta una serie di congetture circa Ja pronuncia della lingua parlata dall'Anonimo Genovese, seguendo, in particolare, tre direttrici: 1. Je rime (in base alle quali si suppone, ad es., l'esistenza, anche in antico, di tre serie di o toniche - [u], [ö] e [6]); 2. Ja grafia (ehe fa ipotizzare, ad es., la pronuncia palatale di car < CLARUS, scritto infatti anche piar, contro quella velare di car < CARus; 3. il confronto con iJ genovese moderno (ehe farebbe pensare, ad es., anche per la lingua antica, all'esistenza di una «n apicale»). Per quanto riguarda la metrica, innanzi tutto la scelta di utilizzare Ja notazione, per es., 8p / 80 per indicare, rispettivamente, un ottonario piano e uno tronco, ancorche lecita, non pare essere la piu economica, se non altro perche non trova riscontro, a nostra conoscenza, nei piu importanti repertori e studi metrici riguardanti la lirica italiana. Data la presenza di non poche parole ossitone in rima, si sarebbe potuto, forse, optare per la cosiddetta «notazione alla francese» ehe non ci sembra inopportuna per descrivere metricamente un'opera in volgare italiano stabilendo l'equivalenza 6 = settenario (ultimo accento sulla sesta sillaba), 7 = ottonario (ultimo accento sulla settima sillaba) ecc., segnalando con un apice il verso piano: 6' = settenario piano (versa di sette sillabe effettive), 7' = ottonario piano (verso di otto sillabe effettive) ecc. II Nicolas studia nell'Introduzione «a titolo di modello esemplare, il componimento 74, Ja cui dimensione (64 versi) e vicina alla lunghezza media (77 versi) dei componimenti della raccolta» (ccn): piuttosto dubbia, ci pare, a questo proposito, l'interpretazione del v. 5, «a soi discipoli preicando», come un verso di nove sillabe: le sillabe sembrerebbero 10 (si dovrebbe usare Ja notazione lOp o 9'), dal momento ehe preicando ci sembra difficilmente computabile come trisillabo (< PREDI- CANDO, con Ja normale caduta della -dintervocalica, cf. p. CLVI, numero 33). Saggia, comunque, la decisione di astenersi «dal ricorrere a considerazioni riguardanti Ja versificazione per cercare di migliorare le lezioni del cod. » (ccrv), data la complessiva instabilita metrica dell'opera dell'Anonimo Genovese. Passiamo a qualche osservazione particolare. Nella rubrica del componimento 57 viene citato un Luchino Gattilusio, podesta di Savona, mentre il componimento 133, De quodam avaro, e dedicato a un amico, di nome Luchetto: i due personaggi non sembrano sovrapponibili, e, d'altra parte, ne per il primo, ne per il secondo si puo chiamare in causa i1 trovatore genovese Luchetto Gattilusio. II primo, in particolare, sarebbe un suo nipote, 276 Besprechungen - Comptes rendus figlio del fratello Gattino Gattilusio 5 : il Nicolas, pero, non spende alcuna parola di spiegazione. Scendendo un po' piu nel dettaglio de! componimento 133, i primi due versi - «Voi sei Lucheto benastruo, / tar como e' son ...» sono interpretati dal Nicolas come se il poeta volesse qui in qualche modo rivelare il suo nome. Lo studioso, infatti, spiega: «siete Lucheto, come sono io», anziehe «siete benastruo (cioe beato, felice, fortunato) come lo sono io». Ci sembra un'interpretazione assolutamente non condivisibile. L'aggettivo benastruo qui potrebbe assumere il significato anche piu concreto di «agiato», come appunto doveva essere l'Anonimo Genovese: il quale, proprio perche condivide la fortunata posizione economica del giovane amico, sente il diritto-dovere di ammonirlo a non essere avaro. Al v. 49 della stessa canzone, inoltre, non tradurremmo aibi con «abiti», come fa il Nicolas sulla scorta del Flechia, ma piuttosto con «costumi» (in senso, ovviamente, interiore, morale): si tratta in effetti del chiaro provenzalismo aip, aib (si vedano, d'altra parte, gia i v. 30s.: «ehe asai ben acostumao sei / e avei bon proponimento»). l componimenti 8/ 103 e 88/ 135 rappresentano due casi singolari di «doppi» 6 . 11 Nicolas tratta le due coppie alla stessa stregua: include nel corpus dell'Anonimo e numera progressivamente i quattro testi, limitandosi a notare le somiglianze tra i due elementi ehe formano Je singole coppie (cf. LX, Nl). In realta, se e vero ehe 8 e 103 so110 praticame11te identici (il secondo, secondo L. Cocito, p. 466, sarebbe «ripetuto per distrazione de! copista»), l'altra coppia ci sembra ehe, al contrario, possa offrire qualche spunto maggiore di riflessione, perche 11011 ci pare ehe 135 sia, come vuole L. Cocito (cf. p. 542), «una ripetizione, con qualche variante puramente lessicale» di 88; e d'altra parte la constatazione del Nicolas ehe «quasi simile a questa [88] e la poesia 135» (273), con il pendant, a commento di 135, «si veda la poesia 88, poco dissimile da questa» (377), e un espediente un po' troppo sbrigativo per liberasi della faccenda. Per maggiore chiarezza diamo i due testi: 88 In accipiendo uxorem Quattro cosse requer en dever prender moier: zo e saver de chi eJ' e naa; e como el' e acostuma; e Ja persona, dexeiver; e dote, conveneiver; se queste cosse ge comprendi, a nome de De Ja prendi 135 De accipie11do uxorem L'omo chi moier vor piiar de quatro cosse de spiar: la primera e como el'e naa; l'atra e s'el' e ben acostumaa; l'atra e como eJ' e formaa; Ja quarta e de quanto el' e dotaa. Se queste cosse ge comprendi, a Jo nome de De la prendi. E evidente ehe parlare di varianti redazionali puo apparire, nella maggior parte dei casi, ipotesi fin troppo onerosa, e comunque di non faciJe dimostrazione. Ma, prescindendo da altre considerazioni, ci pare ehe Ja diversita, pur se minima, dello schema metrico (88: aabbaacc; 135: aabbbbcc) e Ja non perfetta omogeneita rimica (Ja rima a e -er in 88, -ar in 5 Cf. LuCHETTO GATTILusro, Liriche. Edizione critica con studio introduttivo, traduzioni, note e glossario a cura di MARCO BoNr, Bologna 1957: xxvrns. 6 Si veda sull'argomento, anche se in ambito provenzaJe, ! 'interessante articolo di G. BRu- NETTI, «II testo riflesso: appunti per la definizione e J'interpretazione del doppio nei canzonieri provenzali», in: La filologia romanza e i codici. Atti del Convegno della Societa Italiana di FiloJogia Romanza, Messina 1994: 609-28. La tipoJogia non e ignota, d'altronde, neppure alla lirica italiana delle Origini. Per fare un solo esempio, il sonetto anonimo Meglio val dire cio ch'omo ha 'n talento e trasmesso dal codice Vaticano Lat. 3793 due volte: una a c. 113r, appunto come sonetto anonimo, un'altra a c. 7v, come terza stanza della canzone di RinaJdo d'Aquino Poi li piace, senza pieta alcuna per Ja metrica. Besprechungen - Comptes rendus 277 135), possano offrire in questo easo lo spunto per abbozzare, in modo nemmeno troppo fantasioso, l'idea della doppia redazione. Con il eomponimento 139 l'operazione letteraria dell'Anonimo Genovese riceve, in un eerto senso, un marehio autorevole di qualita. Sulla seia di quanto era gia stato fatto alla corte di Federieo n da parte degli iniziatori della poesia in volgare di si, infatti, l'Anonimo traduee, ampliandola, una canzone provenzale: si tratta di Quan be me sui appessatz di Falquet de Romans, il eui testo, tratto pero dalla veeehia edizione di Rudolf Zenker (dalla quale il Nieolas mutua anehe la forma errata del nome del trovatore, Folquet, ormai universalmente rifiutata), viene giustamente affiancato a quello genovese, per una immediata verifiea de! lavoro di «traduzione» da parte dell'Anonimo. Seorrendo, infine, il glossario ei sembra di poter eogliere qualche inesattezza. Per es., il lemma aarsnese rinvia a 43, 175, dove in realta e'e la forma eon la -x-, e d'altra parte nel glossario e'e anehe arsnexe (perehe, inoltre, mantenere le due ainiziali? ); lo stesso voeabolo puo apparire anehe nella forma asneise, eome ei insegna sempre il rieeo glossario (da! quale manea, pero, ad es., benastruo): ma a 52, 36, luogo al quale si rinvia, e'e la forma eon la -x- (sono minuzie, sia ben ehiaro, ehe il reeensore pedante segnala solo per dovere di eronaea). Ci sono anehe, a nostro parere ed e problema ehe evidentemente non e ristretto al solo glossario, ma ehe investe l'intera edizione degli eeeessi di «protezionismo» grafieo, nonostante ei si trovi ad operare su testimone unieo: ad es. 1'-he superflua in parole eome chair «eadere», anchora, bancha, tascha, ognunchana, perehe non ha alcun valore fonetieo. Anehe la doppia -cin Tosccanna ei sembra inutile. Manea un ineipitario, ma anehe un indice delle rubriehe poteva tornare utile; inoltre nell'lndice dei nomi propri potevano trovare posto anehe i nomi di persona e di luogo eontenuti nelle didasealie in latino. Maneano anehe, ma e un «vizio» di eollana, i titoli eorrenti, ehe sarebbero stati utili soprattutto per i componimenti molto Junghi. P. Gresti * GrANRENZO P. Cuvw/ CENSIN PrcH (ed.), VIII Rescontr anternassional de· studi an sla lenga e la literatura piemonteisa, Alba (Famija Albeisa) 1994, 390 p.; GIANRENZO P. Cuvro/ DARIO PASERo/ CENSIN PrcH (ed.), x Re'scontr anternassional de· studi an sla lenga e la literatura piemonteisa, Ivrea (Ferraro) 1995, 124 p.; GrANRENZO P. CuvIOIDARIO PASERo/ CENSIN PrcH (ed.), xr Rescontr anternassional de studi an sla lenga e la literatura piemonteisa, Ivrea (Ferraro) s.d., 156 p. Gli ineontri annuali di studio sulla lingua e letteratura piemontese organizzati da G. P. Clivio e da! suo entourage sono ormai diventati un appuntamento primaverile impreseindibilc nel carnet degli studiosi di dialettologia romanza e degli affezionati al dialetto e alla cultura piemontese, e gli atti ehe eontinuano ad apparirne, in bella veste e eon notevole tempismo, rappresentano sempre una lettura molto ghiotta sia per gli uni ehe per gli altri. Segnaliamo stavolta gli atti dell'ottavo Re'scontr (tenutosi ad Alba il 4-5 maggio 1991), un volumone di quasi 400 dense pagine, del deeimo (tenutosi a Quincinetto 1'8-9 maggio 1993) e dell'undieesimo (tenutosi a Quineinetto il 14-15 maggio 1994), due volumi piu smilzi ma ugualmente rieehi di cose. Com'e eonsuetudine dei Rescontr, in ogni volume eontributi sulla lingua si alternano equilibratamente a eontributi sulla letteratura e la eultura; e molti contributi sono seritti in piemontese (otto su quattordiei nell'vm, cinque su otto nel x, tre su undici nell'xr). Di fronte a tanta materia, ei limiteremo qui ovviamente a qualche spigolatura, dall'ottica de! linguista. Alcuni autori eontribuiseono a tutti e tre i volumi. Oltre a S. GIRARDIN, ehe si 278 Besprechungen - Comptes rendus occupa di diversi poeti piemontesi: K. GEBHARDT, ehe presenta un glossario dei termini di origine tedesca in piemontese (generalita e termini della mineralogia nell'vrn, termini gastronomici nel x) e tratta (xr) della posizione del piemontese fra le lingue romanze (applicando i criteri di Z.MuLJACIC, 1967, ma perche non rifarsi anche ai lavori successivi di G. B. PELLEGRINI sul tema? l'autore trova ehe il piemontese presenta il minimo di punti di distanziamento eon l'italiano, 21, e eon l'oceitano, 22, e il massimo eon il romeno, 42, e il sardo, 45; e ehe sta giusto a meta nella graduatoria generale di individualita; si noti in proposito ehe M. CARAGIU-MARIOTEANU, comparando in vrn rumeno e piemontese, trova invece numerosi punti di eontatto e sorprendenti somiglianze, almeno negli sviluppi fonetici); G. GASCA QuEIRAZZA, ehe eontinua i suoi preziosi scavi nel piemontese dei seeoli passati (Casale Monferrato nel primo Ottoeento, vm; il Vereellese a cavallo fra Sette e Ottoeento, x; Astigiano, un sonetto de! 1791, xr); e B. VrLLATA, eon la proposta di un voeabolario di base del piemontese (vm), un'analisi delle espressioni idiomatiehe nei romanzi di L.PIETRACQUA (x) e un intervento sul posto de! piemontese fra le lingue romanze «statali» (xr; si eonclude ehe il piemontese va situato esattamente dove si trova, a meta fra la Romania oeeidentale e la Romania orientale ...). Alcuni dei eontributi trascendono l'interesse piemontesistico speeifico e toeeano, trattando di eose piemontesi, problemi e tematiche di earattere generale, anehe teorieo: cos'l per es. il lungo saggio in piemontese di G. P. Cuvro sull'esperimento di edueazione linguistiea bilingue italiano/ piemontese in eontesto anglofono eol proprio figlioletto di due anni e mezzo (vm), ehe potra interessare molto gli studiosi di bilinguismo e di psicolinguistica evolutiva, e gli aggiornati e argomentati interventi di M. MArR PARRY su questioni sintattiehe de! piemontese (clitici complemento nelle costruzioni verbali perifrastiche, vm; costruzioni impersonali, xr), ehe saranno letti con grande attenzione da chi si occupa di sintassi. Ma la rosa dei temi linguistici trattati nei tre volumi e amplissima, e comprende anche l'edizione commentata di un «Libro rivelato dello Spirito Santo» dell'Ottoeento in una strana mescolanza di varieta rustiche piemontesi (proposta da T.BuRAT in VIII), una rassegna dei problemi dell'edizione eritica delle opere di Ignazio Isler (D. PASERO in x), osservazioni dialettologiehe su un'area poco studiata, il Canavesano (A. RossEBASTIANO, in xr), eonsiderazioni areali e storieo-etimologiche sulle denominazioni di malattie e termini eonnessi in piemontese (A. CoRNAGLIOTTI, in xr). Anche i contributi su varie questioni letterarie e diversi autori in piemontese paiono, nei limiti delle competenze del reeensore, seri, approfonditi e stimolanti, talche dopo aver ricordato ehe i volumi sono tutti aperti da sentiti indirizzi di C.Pich e si ehiudono eon una mozione, in piemontese, italiano e francese, per la valorizzazione della lingua piemontese (vm) e per la lingua piemontese e le altre lingue regionali e minoritarie (x e xr) non resta ehe concludere queste noterelle esprimendo da un lato la soddisfazione per il livello scientifieo de! eontenuto degli Atti dei Riiscontr, ehe sono ben lungi da! configurarsi come semplice espressione di affetto nei confronti di una lingua minoritaria ma rappresentano inveee un contributo molto notevole al progredire delle eonoscenze sull'area linguistiea e eulturale nord-occidentale d'Italia, e dall'altro, corrispondentemente, un pizzico di rammarieo perche il fatto stesso ehe molti dei contributi piu incisivi siano scritti in piemontese limitera purtroppo grandemente la loro area di fruizione. G. Berruto * Besprechungen - Comptes rendus 279 RoBERTO ALBERTI, Die Mundart von Gavardo (Prov. Brescia), Geneve (Droz) 1993, 198 p. (Kölner Romanistische Arbeiten, N. F. 68) In questo lavoro, dissertazione de! 1992 all'Universita di Colonia, viene fornita una grammatica sincronica (fonologia e morfosintassi, con note sociolinguistiche) molto ben fatta de! dialetto di Gavardo, una parlata lombarda orientale con tratti di transizione al veneto. Dopo una premessa in cui l'autore lamenta la Forschungslücke esistente a proposito dei dialetti lombardi orientali (lacuna parzialmente colmata da! saggio di G. BoNFADINI, «II dialetto bresciano: modello cittadino e varieta periferiche», RID 14 (1990): 41-92, ehe non troviamo citato nella bibliografia), seguono un capitoletto sulla situazione geografica e socioeconomica di Gavardo, un breve Abriß sulla sua storia linguistica e un capitolo con le indicazioni sul metodo di raccolta dei materiali empirici (registrazioni di vario genere con 14 informatori). Vengono poi i piatti forti de! lavoro, vale a dire la descrizione fonologica, condotta a base articolatoria secondo un modello strutturalista classico e con attenzione molto dettagliata alla distribuzione dei fonemi (il dialetto di Gavardo risulta avere 28 fonemi: 9 vocali e 19 consonanti; le semivocali o semiconsonanti / j/ e / w/ sono computate fra le consonanti), e quella morfosintattica, ehe tocca, anche qui in maniera classica, sia la flessione nominale e verbale ehe la formazione delle parole ehe i piu rilevanti fenomeni di microsintassi (come il comportamento dei pronomi soggetto, la negazione, l'uso dei clitici, la struttura delle frasi interrogative). Due ulteriori capitoli, ehe prendono opportunamente in considerazione anche il lessico, trattano la collocazione de! gavardese nell'area di confine fra lombardo e veneto e la differenziazione interna del dialetto locale in relazione a fattori sociolinguistici, rilevando evidenti fenomeni di italianizzazione. Su questi ultimi e incentrata una paginetta di Schlußbemerkung, in cui l'autore tiene a sottolineare peraltro come la parlata gavardese sia sociolinguisticamente ancora molto vitale e riveli una buona capacita di resistenza strutturale, mantenendo inalterati i tratti e le regole ehe, sulla base di un parallelismo con l'italiano, «ihren Selbsterhalt gewährleisten» (148). II volume e completato da un'ampia scelta di trascrizioni eseguite senza separare le parole, il ehe rende inutilmente faticoso il compito de! lettore dalle registrazioni con i quattordici informatori (autopresentazione degli stessi e riassunto-commento di un film) nonche da un vocabolarietto gavardese-italiano di circa 1500 termini. Come abbiamo cercato di far emergere in questa breve nota, il lavoro di R. Alberti, pur non essendo nulla di piu di una puntuale descrizione, e estremamente pulito, e proprio per questo carattere rende un utilissimo servizio al dialettologo e al sociolinguista (ci sarebbe un gran bisogno proprio di descrizioni sincroniche di questo genere, senza pretese teorico-metodologiche ma chiare, precise, diligenti, per ciascuno della miriade di dialetti locali italiani). G. Berruto * ETTORE BALDETTI (ed.), Antroponimia e storia nell'Italia centrale. Atti del Convegno di Gabicce Mare, 18 settembre 1993. Pisa, Dipartimento di Linguistica (Sezione di Filologia Germanica - Progetto PatRom), Pisa 1994, p. 123-201 (Proposte e ricerche. Economia e societa nella storia dell'Italia centrale 33) Der italienische Zweig der europäischen Familiennamenforschung PatRom (Patronymica Romanica) ist dank den Anstrengungen ihrer Leiterin M. G. Arcamone sehr aktiv, wovon das hier anzuzeigende Kolloquiumsbändchen erneut Zeugnis ablegt 1. 1 Cf. Cognomi e soprannomi nel Senigalliese, Senigallia/ Pisa 1993, angezeigt in VRom. 53 (1994): 318s. 280 Besprechungen - Comptes rendus In ihrem einleitenden Referat gibt MARIA GIOVANNA ARCAMONE, «Antroponimia e storia: problemi di metodo sulla base del Codex Diplomaticus Amiatinus» (123-31) einen Überblick über ihre Erfahrung aus der Arbeit am Index eines toskanischen Urkundenbuchs, das wie könnte es in Italien anders sein einen überaus reichen frühmittelalterlichen Teil umfaßt, existieren doch im Staatsarchiv Siena 2538 Pergamenturkunden, welche die Abtei San Salvatore al Monte Amiata 2 betreffen. Die ersten 381 Stücke reichen von 736 bis 1198 und bilden die Grundlage von Frau Arcamones Analyse. Sie teilt die wissenschaftlichen Fragestellungen, welche man an die Personennamen herantragen kann, in sieben Kategorien. Dabei interessieren uns naturgemäß am meisten die dati onomastici, welche vor allem etwas über die Lebensdauer eines Personennamens aussagen sollen. So erscheint das langobardische Faichisi gerade nur im Jahre 736, während das biblische Johannes oder der fränkische Name Raineri (ab a. 988) über viel längere Zeiträume belegt sind. Die Kategorie der dati linguistici soll uns über den (etymologischen) Zusammenhang zwischen Namen und Appellativen unterrichten, ohne den phonetischen Aspekt zu vernachlässigen. Es werden hier vor allem die Übernamen auf ihren semantischen Gehalt befragt, z.B. Ascevele (= agevole), Grassus oder Satznamen wie Appendevulpe, Leccaspada, etc. Bei den dati etnici steht die sprachliche Zugehörigkeit im Vordergrund (lat., fränk., langobardisch). Namen wie Nordimannu und Ardimannu (a. 853) zeugen vom Eindringen fränkischen Namenguts in die langobardische Namenwelt. Faber, Fabrellus oder Tornitore bieten sich als Berufsnamen einer wirtschaftlichen Betrachtung an (dati economici), während das Überleben langobardischer Namen nach dem Jahr 1000 sozial bedingt zu sein scheint (dati sociali). Die religiösen Namen (dati religiosi) sind wie Stephanus zunächst einmal der Bibel verpflichtet, während sich nach dem Jahr 1000 die städtische Verehrung von Heiligen wie Gemma oder Vitalis im Namengut niederschlägt. Vor allem vom 11. Jahrhundert an erscheinen Doppelnamen, deren zweites Element eigentliche Beinamen und Berufsbezeichnungen darstellen (dati demografici) 3 . FRANCO IVAN NuccIARELLI, «I cognomi umbri e la presenza langobarda nell'Umbria» (131-37), bemüht sich, die germanischen Bestandteile im Familiennamenschatz Umbriens aufzuspüren und zu analysieren. ETTORE BALDETTI, «Le famiglie aristocratiche ed i loro nomi nelle Marche centrosettentrionali in eta pre-comunale» (137-47), zeigt die früh- und hochmittelalterlichen geschichtlichen Grundlagen auf, wobei allerdings von Namen recht wenig die Rede ist. GABRIELE METELLI, «Formazione dei cognomi a Foligno nel Cinquecento» (147-55), beschreibt den langsamen Prozeß der Entstehung der Familiennamen einer umbrischen Stadt ab dem 15. Jahrhundert. Ein Teil ist zwar aus Vornamen entstanden (z.B. Lucarello, Mattenuccio), die überwiegende Mehrheit stammt aber aus Übernamen (z.B. Palanca, Quagliato). So schlug sich die Neigung zu Gewalttätigkeiten in Namen wie Amazza, Fracassa, Mazzavecchia oder Mozzamano nieder. Frate Giaco oder Fraticello weisen anscheinend 2 Zur Etymologie des Namens, cf. MARIA GIOVANNA ARCAMONE, «La toponomastica del Monte Amiata: la componente longobarda e l'etimo di Amiata (e del lucchese Meati)», in: L'Amiata nel medioevo, Roma 1989: 261-88. 3 Die Arbeit am Index des Kartulars von Lausanne hat uns von der Wichtigkeit, aber auch von der Schwierigkeit solcher Unternehmen überzeugt. Cf. WuLF MÜLLER, «Le cartulaire de Lausanne comme source anthroponymique», in: Estudis de lingüfstica i filologia oferts a Antoni M. Badia i Margarit, vol. 2, Barcelona/ Montserrat 1995: 65-72. Besprechungen - Comptes rendus 281 auf friedliebende Charaktere hin, Capraro und Zoccolari auf die Berufstätigkeit. Ein Sonderfall ist der Papiermacher Sordo, dessen Taubheit sich als Berufskrankheit infolge des ohrenbetäubenden Lärms der Papiermühle entpuppt. Gern verwendet wurden Tier- und Pflanzennamen wie Cappone 4 , Castoro, Lepore sowie Gegenstände des täglichen Lebens wie Forca, Lancia, Pannarone, dies letztere ein Gefäß. Unter den Herkunftsnamen seien Francioso und Schiavoni erwähnt, während Findelkinder Namen wie Diotallevi oder Dioviaiuti erhielten. CARLO VERNELLI, «Diffusione e scomparsa dei cognomi nella documentazione anagrafica de! '700: l'esempio de! Senigalliese» (155-62), zeigt, wie sich auch in Senigallia die Familiennamen nur ganz langsam festigten, so daß im Jahre 1801 immerhin noch 3 von 3557 Familienoberhäuptern ohne einen solchen auskommen mußten. Der Autor macht zwölf Angaben zur Person eines Steuerpflichtigen aus, welche in den Katastern ab 1489/ 90 in unterschiedlichem Ausmaß figurieren. Die einzelnen Kombinationen und ihre Häufigkeit werden in Statistiken belegt. So kommt der Name des Vaters in der erwähnten Quelle des 15. Jahrhunderts in 47% aller Fälle vor, um schließlich 1657 auf 15% zu fallen; derjenige der Mutter wird nur in 2% der Fälle angegeben und verschwindet schon im 17. Jahrhundert gänzlich. Die Beinamen (soprannomi) geraten allmählich außer Gebrauch, so daß 1801 gerade noch 6 davon schriftlich fixiert werden. Die Veränderungen im Familiennamenbestand gehen anscheinend recht schnell vor sich, denn zwischen 1779 und 1801 verschwinden 34% von ihnen, während 1801 39% neue zu verzeichnen sind, wohl ein Ergebnis der Wanderbewegungen. Interessanterweise sind die vermeldeten Gewinne und Verluste nicht endgültig: z.B. existiert ein Drittel der 1801 als vermißt gemeldeten Namen heute erneut in Senigallia. ANDREA DovERI, «Cognomi e ricerca storico-demografica nel territorio toscano: XIX secolo» (162-78), untersucht ein zehn Gemeinden umfassendes Gebiet um Pisa auf der Grundlage der Bevölkerungszählung von 1841 im Großherzogtum Toscana 5 . Seine 100 000 Einwohner kamen mit ca. 4500 Familiennamen aus. Wie zu erwarten, ist der Namenreichtum in der Stadt deutlich größer als auf dem Land, doch gibt es einen gemeinsamen Grundbestand Stadt - Land von ca. 60%. Der Aufsatz schließt mit einer Analyse ausgewählter Berufsstände, bei denen sich sehr schön die Stabilität der Familienbetriebe an den Namen aufzeigen läßt (cf. Karte 2). DELro Brscm, «I cognomi Ubaldini e Brancaleoni nella onomastica apenninica» (178- 81), ist ein historisch-genealogischer Essay. ANNALISA NEsr, «Nomi di famiglia nell'isola di Capraia da fine Ottocento ad oggi» (181- 89), behandelt eine von Entvölkerung bedrohte Insel vor der toskanischen Küste, von deren 233 Einwohnern gerade noch 3 den korsisch beeinflußten Ortsdialekt sprechen. Die Autorin erweist sich zwar als profunde Kennerin der Insel, kommt aber über die Skizze eines Forschungsplans nicht hinaus und bespricht nur eine kleine Auswahl von Namen. DONATELLA BREMER BuoNo, «Onomastica attuale della Versilia: un riflesso della storia e dell'econornia locali» (189-201), ist einer historisch gewachsenen Kleinlandschaft von 4 Gemeinden mit ca. 50 000 Einwohnern in der Provinz Lucca gewidmet. Die materialreiche Studie bemüht sich um die Einteilung der Familiennamen in historisch bedingte Kategorien B. Cognomi denominali, übrigens mehr als die Hälfte aller Fälle) und um ihre etymologische Deutung. Es entsteht so ein facettenreiches Bild der gegenwärtigen Namen. Vor allem bei den Cognomi etnici e toponimici kann die Verfasserin dank ihrer Ortskenntnis Neues beitragen. 4 Schon im Altertum beliebt, denn lat. Capo steckt wahrscheinlich im jurassischen Dorfnamen Courchavon. 5 Die beiden Karten (163, 175) sind leider die einzigen des vorliegenden Bändchens. 282 Besprechungen - Comptes rendus Fazit: Das kleine Kolloquiumsbändchen legt erfreuliches Zeugnis ab von einem lebendigen Forschungszweig, der nur allzu lange in die Hände von Dilettanten und Genealogikern geraten war. W. Müller * MARTIN MAIDEN, Interactive Morphonology. Metaphony in ltaly, London and New York (Routledge) 1991, xr + 295 p. Il libro di Martin Maiden, rielaborazione della sua tesi di dottorato presentata all'Universita di Cambridge nel 1986, affronta prima di tutto un problema di linguistica teorica, se cioe esistano fenomeni linguistici ehe non possono essere esaurientemente spiegati ne a livello della fonologia, ne a livello della morfologia, ma solo come risultato dell'interazione tra il sistema morfologico e le proprieta fonetiche dei suoni ehe fungono da esponenti delle categorie morfologiche; l'autore difende la legittimita dello studio della morfo(fo)nologia, intesa non come un dominio indipendente, ma come una specie di interfaccia o interazione tra morfologia e sostanza fonetica. Da qui il titolo dell'opera; il sottotitolo si spiega con il fatto ehe il materiale su cui si basa la dimostrazione e tratto dall'evoluzione dei fenomeni metafonetici nei dialetti italiani. Il libro si divide idealmente in tre parti: dopo un capitolo introduttivo (1-18), i capitoli 2- 5 (19-110) offrono una rassegna critica delle interpretazioni ehe si sono date, a partire da Krnszewski e Baudouin de Courtenay fino alla morfologia naturale di Dressler, delle relazioni tra processi fonetici e morfologia; i capitoli 6-7 (111-92) studiano Ja natura e l'origine de! processo fonetico ehe sta alla base della metafonia, e il ruolo delle alternanze metafonetiche nei paradigmi morfologici dei dialetti italiani; i capitoli 8-10 (193-266), infine, mettono a confronto le diverse possibili interpretazioni del\'interazione tra morfologia e fonetica con i fenomeni metafonetici e, sulla stessa base, indagano i fattori ehe determinano l'interazione morfonologica e le proprieta di questa interazione. 11 volume e completato da un'appendice con le localita italiane e svizzere citate (267-71), da due cartine ehe localizzano i tipi metafonetici (273-74), dalla bibliografia delle opere citate (274-88) e da un indice analitico (289-95). La metafonia e descritta come l'innalzamento di una vocale accentata media o bassa nel contesto di una / i/ o di una / u/ atona seguente (112): ! el --, / i! / o/ --, / u/ ! fj --, ! jf) o / je/ o Je/ h/ --, ! w':l! o / wo/ o / o/ / a/ --, ! EI o / je/ Nei dialetti italiani sono attestate 16 diverse configurazioni di metafonia ehe possono essere classificate in base a tre gerarchie implicazionali: 1) la metafonia da Jul implica la metafonia da / i/ (cioe in tutti i dialetti in cui / u/ ha effetto metafonetico, anche / i/ ce l'ha, mentre non in tutti i dialetti in cui / i/ ha effetto metafonetico, ce l'ha anche / u/ ); 2) il sollevamento metafonetico di una vocale piu bassa implica il sollevamento metafonetico delle vocali piu alte (cioe la metafonia agisce su / a/ solo in quei dialetti in cui agisce anche su IFJ,h/ , / e/ e / o/ ; e, con poche eccezioni, la metafonia agisce su ! EI eh/ solo in quei dialetti in cui agisce anche su / e/ e / o/ ); 3) la metafonia in sillaba chiusa implica la metafonia in sillaba aperta. Besprechungen - Comptes rendus 283 Nella spiegazione dello sviluppo di queste diverse configurazioni metafonetiche, Maiden prende posizione contro l'ipotesi tradizionale (spesso implicita) ehe presuppone metafonia da / i/ e da / u/ su tutte le vocali con una successiva regressione, e sostiene invece l'ipotesi di una metafonia da / i/ e da Jul ehe agiva inizialmente solo sulle vocali medio alte e una successiva propagazione alle vocali piu hasse in alcuni dialetti (116-34). La presenza in molti dialetti della metafonia solo da / i/ si spiega con la scomparsa dei contesti ehe avrehhero potuto causare la metafonia da Jul (sostituzione della terminazione -u con -o) (124). La priorita del sollevamento metafonetico delle vocali medio alte e confermata da quei dialetti in cui per le vocali medio alte si ha metafonia da / i/ e da Jul, mentre per le medio hasse si ha metafonia solo da / i/ (si puo supporre ehe il sollevamento metafonetico delle medio hasse sia cominciato solo dopo la sparizione di -u) (126-27). La gerarchia implicazionale riguardante l'altezza delle vocali toccate dalla metafonia trova dunque una spiegazione storica (per le poche eccezioni cf. 128-30) e viene rafforzata dalla concezione della metafonia come un processo fonetico di assimilazione: l'assimilazione di vocali toniche (medio) alte a vocali atone seguenti alte avviene piu facilmente ehe non quella di vocali hasse, dove si ha una tensione o incompatibilita tra la proprieta delle vocali stesse e l'altezza a cui le fa tendere il processo assimilatorio (134-36) 1 . La gerarchia implicazionale riguardante la natura della sillaha viene spiegata con il fatto ehe normalmente le vocali in sillaha chiusa tendono a essere piu aperte ehe non quelle in sillaha aperta e quindi meno facilmente suscettihili di innalzamento metafonetico (127); questa spiegazione sarehhe corrohorata dall'assenza in alcuni dialetti di effetti metafonetici in sillaha aperta nei proparossitoni, la cui vocale tonica e spesso piu hreve e aperta ehe quella dei parossitoni (128). Un posto essenziale nella struttura argomentativa del lihro e occupato dal fenomeno ehe Maiden chiama ipermetafonia: nei paradigmi verhali, e solo in quelli, il risultato della metafonia per le vocali hasse e uguale al risultato ehe ci si aspetterehhe per una vocale piu alta: / i/ nel caso di / E/ , / u/ nel caso di /:J/ e / je/ o / i/ nel caso di / a/ . I1 fenomeno e evidentemente dello stesso tipo della normale metafonia: ha luogo infatti solo in contesti di metafonia e ha effetti dello stesso tipo (/ EI diventa p. es. / i/ e mai Jul), ma non puo essere considerato semplicemente la riapplicazione della metafonia al risultato di un precedente innalzamento metafonetico (del tipo: / d" / e/ " / i/ ), visto ehe in una huona parte dei casi una catena di questo tipo non puo essere ricostruita (179-87). Nella sua argomentazione, Maiden comincia con l'escludere spiegazioni solo fonetiche o morfologiche dei fenomeni metafonetici, per poi mostrare l'ineluttahilita di una spiegazione congiunta morfologica e fonetica. Una spiegazione fonetica e insufficiente tutte le volte ehe la vocale ehe scatenava originariamente la metafonia e stata neutralizzata o quando la sua estensione da contesti morfologici in cui provocava la metafonia a contesti ehe non erano originariamente metafonetici, non provoca l'estensione della metafonia a questi contesti (p.es. in vari dialetti romagnoli la -i del plurale e stata estesa dai maschili, dove provoca metafonia, ai femminili in -a, dove non la provoca) (194-95); contro una spiegazione fonetica parla anche il livellamento analogico, lessicalmente graduale, a cui sono sottoposte le altemanze metafonetiche (196-210). Una spiegazione morfologica ftmzionalista della metafonia (la metafonia nasce per conservare le distinzioni morfologiche minacciate dall'erosione fonetica delle terminazioni flessive) deve essere rifiutata perche non c'e un rapporto costante tra conservazione di vocali finali distinte e assenza di metafonia o neutralizzazione delle vocali finali e presenza di metafonia (212-18). Tra i vari 1 Cf. anche l'analisi generativa di A. CALABRESE, «Metaphony in Salentino», Rivista di Grammatica Generativa 9/ 10 (1985): 3-140, e, in un inquadramento teorico piu ampio, «A constraint-based theory of phonological markedness and simplification procedures», Linguistic lnquiry 26 (1995): 373-463, in partic. 396-402 e 446-50. 284 Besprechungen - Comptes rendus fenomeni metafonetiei ehe riehiedono una analisi eongiunta morfologiea e fonetica (218- 27) e'e quello dell'ipermetafonia, deseritto sopra: esso e di natura morfologiea (si appliea solo ad alcune forme verbali) e eontemporaneamente fonetiea (si appliea solo nel eontesto di -i e -u originari, e un proeesso di innalzamento, sottosta alla gerarehia implieazionale sulle voeali interessate dalla metafonia, eee.) il suo partieolare interesse e dato, seeondo Maiden, dal fatto ehe, diversamente da altri easi dove il eondizionamento morfologieo va di pari passo eon una diminuzione della naturalezza fonetiea, qui il eondizionamento morfologieo si aeeompagna a un proeesso fonetieo pienamente vitale, dato ehe nell'ipermetafonia l'assimilazione viene portata a un grado addirittura maggiore di eompletezza (anehe le voeali toniche basse vengono assimilate eompletamente in altezza alle atone finali). L'ipermetafonia si manifesta solo nel paradigma verbale perehe questo e earatterizzato da una estesa allomorfia ehe lo rende meno «resistente» ai mutamenti fonetiei e all'aumento dell'allomorfia stessa (238-44). La struttura morfologiea eontribuisee dunque all'integrazione dei proeessi fonetiei in una lingua (247). Maiden eonclude il libro proponendo le grandi linee di un modello ehe si basi, non solo su regole, ma anehe sulla rappresentazione delle alternanze (eome avviene nella Fonologia Generativa Naturale, specialmente nella versione di Vennemann). La rappresentazione lessieale delle alternanze metafonetiehe esprime in maniera diretta il rapporto tra due forme senza l'intermediario della terminazione (in molti easi perduta) e rende eonto della eonoseenza ehe i parlanti hanno della eorrelazione fra variazione di suono e variazione di signifieato, mentre, in questo modello, Je regole agirebbero come una forza organizzatriee del lessieo (248-59). Come si vede anehe solo da questo breve riassunto, ehe abbraeeia solo una parte degli argomenti affrontati da Martin Maiden nel suo libro, si tratta di un'opera molto rieea di dati e di idee, ehe dimostra un'ampia eonoseenza sia dei problemi di linguistiea generale, sia di quelli di linguistiea romanza e piu speeifieamente italiana. La presentazione e ehiara e le singole analisi sono sostenute da un'argomentazione rigorosa, eome si puo vedere dagli esempi ehe abbiamo riportato piu sopra. Dal punto di vista della linguistiea romanza, i eapitoli 6-7 offrono una rassegna eompleta e molto ben organizzata dei dati disponibili sulla metafonia nei dialetti italiani, aeeompagnata da una diseussione eritiea molto aeuta dei vari tentativi di spiegazione sia storiea ehe sineroniea. Da questo punto di vista il libro si presenta eome un punto di riferimento obbligato per qualsiasi rieerea su questo argomento, non solo in campo italiano o romanzo, ma anehe di linguistiea generale. La diseussione non e per eontro sempre molto esplicita per quanto riguarda aleuni punti importanti dell'organizzazione del modello grammatieale assunto da Maiden. Non sono stabiliti, p. es., in maniera ehiara i rapporti tra fonetica e fonologia e il lettore e eostantemente aeeompagnato dal dubbio ehe l'autore eerehi a tutti i eosti di farne a meno (e si noti ehe, nonostante il libro sia sulla morfo(fo)nologia, viene piu volte sottolineato ehe si tratta dei rapporti tra morfologia e fonetica). In eonsiderazione di questo, ei si puo ehiedere se quello ehe Maiden ebiama morfonologia non potrebbe essere inveee ehiamato, in un modello in eui fonetiea e fonologia fossero tenute distinte, regole fonologiehe a eontesto morfologieo 2 • Alcune osservazioni di dettaglio: il plurale in -i non e ristretto ai dimostrativi nei dialetti ladini dolomitiei, ma e ampiamente diffuso nel sistema nominale (229 N30). Ho riseontrato qualche raro errrore nelle tavole per il resto sempre molto perspieue: nella tavola 6b (113) 2 Per una analisi in questi termini dell'Umlaut in tedesco cf. R. WrnsE, «Phonological versus morphological mies: on German Umlaut and Ablaut», Journal of Linguistics 32 (1996): 113-35. Besprechungen - Comptes rendus 285 manca -ata / -ate all'ultima riga; nella tavola 24i (158) la forma projm;; efinita nella colonna sbagliata; nella tavola 36i (167s.) le forme metafonetiche lup;; e fridd;; non sono sottolineate, mentre lo e la forma non metafonetica gr;Jss;;. (A p. 163, penultima riga, invece di Table 24 leggi Table 34.) Le forme citate sono trascritte con il sistema dell'API, il ehe ha comportato un lavoro non indifferente data la varieta e spesso la poca chiarezza dei sistemi utilizzati dalle fonti (ma a p. 200 (Tav. 51) le forme onsernonesi saranno mazari, mazEri e a p. 209 quelle padovane saranno faZofO e fazuj). Vari errori nella localizzazione dei punti della Svizzera ltaliana nell'Appendice e passim (175s., 234: la Val Leventina ein Canton Ticino, Villette invece in Val Vigezzo, Piemonte, ecc.). G. Salvi * ELISABETH BuRR, Verb und Varietät. Ein Beitrag zur Bestimmung der sprachlichen Variation am Beispiel der italienischen Zeitungssprache, Hildesheim/ Zürich/ New York (Olms) 1993, 591 p. Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist es, aufgrund der in einem Korpus zur italienischen Zeitungssprache gegebenen Realisierungen des Verbalsystems Varietäten abzugrenzen. Einen einleitenden theoretischen Teil findet man in den Kapiteln 2-5. Diese liefern einen Forschungsüberblick zu Tempus, Aspekt und Modus, eine Darstellung des romanischen Verbalsystems nach Coseriu 1 , das die Autorin als Grundlage für die eigene Untersuchung wählt, eine Diskussion von Coserius Begriffen System, Norm, Rede, historische Sprache und funktionelle Sprache (Varietät) sowie Betrachtungen zur inneren Variation der italienischen Zeitungssprache, einem Aspekt, der wie die Autorin feststellt in der Forschung bisher vernachlässigt wurde. Dieser Einleitungsteil scheint uns zu umfangreich. Da die Autorin keine eigene Theorie aufstellt, die sie gegenüber Bestehendem vertreten müßte, sondern weitgehend das romanische Verbalsystem nach Coseriu übernimmt, hätte sie auf einen so ausführlichen Forschungsüberblick (Kapitel 2) verzichten können. Dies umso mehr als das dabei aufgearbeitete theoretische Material für die empirische Untersuchung nicht operativ ist. Es sei namentlich darauf hingewiesen, daß in dieser Einführung die Funktionen der Kategorien und Tempora im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, während es bei der nachfolgenden statistischen Untersuchung um Frequenzen geht. Auf eine problematische Stelle bei der Situierung der Systeme der Varietäten innerhalb der historischen Sprache (Kapitel 4) gehen wir weiter unten ein. Zunächst besprechen wir den Hauptteil der Arbeit, welcher der empirischen Untersuchung gewidmet ist (Kapitel 6-9). Um das zu untersuchende Sprachmaterial in Umfang und Zusammensetzung genau zu erfassen, hat E. Burr ein computerlesbares Korpus erstellt. In diesem sind vier italienische Tageszeitungen - La Repubblica, Il Corriere della Sera, La Stampa und Il Mattino mit je einer Wochenausgabe vertreten. Aus zeitlichen Gründen konnten jedoch nur je zwei Ausgaben pro testata in die Untersuchung einbezogen werden. Sämtliche in diesem reduzierten Korpus vorkommenden Verbalformen wurden je nach Realisierung der nach Coseriu verstandenen Kategorien Modus, Ebene (aktuell/ inaktuell), Tempus und Aspekt mit einem Code versehen. Im erfaßten Textmaterial hat die Autorin Einheiten abgegrenzt, aufgrund derer Varietäten bestimmt werden sollen. Solche Einheiten sind die drei Darstellungsformen Prosa, Discorso und Citazione: vom fortlaufenden Prosatext heben sich die Wiedergabe von mündlich Geäußertem (Discorso) und das Zitieren von in schriftlicher Form vorliegenden Texten (Citazione) ab. Weitere Einteilungen liefern Textarten wie 1 Cf. E. CosERIU, Das romanische Verbalsystem, Tübingen 1976. 286 Besprechungen - Comptes rendus Artikel, Nachricht, Interview, Leserbrief etc. und thematische Sparten wie Politica, Economia, Cultura, Sport etc. Bei der Untersuchung der hier erwähnten Texteinheiten steht nicht die Norm als selektive Realisierung (des nach Coseriu verstandenen romanischen Verbalsystems) im Vordergrund, sondern der statistische Aspekt, d. h. die Frequenz der Kategorien und Tempora in den verschiedenen Texteinheiten. Die Untersuchung des Korpus bringt eine ganze Reihe interessanter Resultate an den Tag, von denen hier einige erwähnt seien. Zuerst werden die vier Zeitungen als Einheiten charakterisiert. Dabei zeigt sich, daß die von La Stampa und II Mattino realisierte Norm der Norm des Gesamtkorpus entspricht. Davon weicht II Corriere della Sera durch eine niedrigere Frequenz des Imperativs und des Indikativ Imperfekt leicht ab, während La Repubblica durch ein Plus in einer Reihe von Paradigmen als «Störfaktor» erscheint (226) 2 . Die Darstellungsart Discorso zeichnet sich insgesamt durch ein Plus an finiten Verbformen aus, während die Darstellungsart Citazione entsprechend der sie determinierenden Schriftlichkeit ein Minus an finiten Verbformen und ein Plus an Formen des Passivs aufweist (251). Vergleicht man die Ergebnisse zu den einzelnen Zeitungen bezüglich der Darstellungsart Discorso, so stellt man zwei unterschiedliche Sichtweisen der gesprochenen Sprache fest. Die eine wird von II Corriere und La Repubblica vertreten, bei denen das starke Minus an Realisierungen des Passato remoto auf eine Stilisierung des gesprochenen Italienisch hinweist. Bemerkenswert ist dabei, daß sich der stark in der Lombardei verankerte Corriere durch einen leichten Mehrgebrauch des Passato remoto von La Repubblica abhebt. Die Frage, an welchem Modell der gesprochenen Sprache sich die beiden Zeitungen orientieren, wird offengelassen. Vermuten kann man eine Anlehnung an die in der Toskana gesprochene Gemeinsprache (267). Die zweite Sichtweise der gesprochenen Sprache wird von La Stampa und II Mattino vertreten, die sich durch ein markantes Plus an den Formen des Passato remoto auszeichnen. Ein solches Ergebnis ist in bezug auf La Stampa besonders erstaunlich, findet doch diese Zeitung ihre größte Verbreitung in einer Gegend, in der das Passato remoto in der gesprochenen Sprache nicht gebraucht wird. Was das Plus an Formen des Passato remoto bei II Mattino anbelangt, so kann man eine Anlehnung an den regionalen Sprachgebrauch annehmen; möglich wäre aber auch, «daß II Mattino und La Stampa einer Norm folgen, die nicht mit der gesprochenen Sprache in Verbindung steht und im Falle des Mattino nur zufällig mit der regionalen Varietät in Einklang zu bringen ist» (268). Die Ergebnisse zur Darstellungsart Discorso machen somit deutlich, wie gebrochen gesprochene Sprache im schriftlichen Medium wiedergegeben wird und wie schwierig es ist, einen Bezug zum jeweiligen regionalen Sprachgebrauch herzustellen. In der Darstellungsart Prosa innerhalb der Textart Articolo zeichnen sich verschiedene Stile des Berichtens ab (296s.). Im Corriere weisen das Minus bei der inaktuellen Ebene (imperfetto, trapassato, condizionale) und beim Passato prossimo sowie das Plus beim Präsens auf «eine die präsentische Aktualität der berichtenden Fakten hervorhebende Berichterstattung» hin. II Mattino zeichnet sich durch einen geringen Gebrauch des Passato remoto und durch eine hohe Frequenz an Formen des Passivs aus; dies scheint auf einen «unliterarischen oder sogar fachsprachlichen Stil» hinzudeuten. Bei La Stampa fällt die Bevorzugung der Retrospektive (Passato prossimo und Passato remoto) auf. La Repubblica ist hier die am schwächsten charakterisierte Einheit, die also der zeitungsübergreifenden Norm der Textart am nächsten steht. Schließlich sei noch auf die Untersuchung der thematischen Sparten innerhalb der Textart Articolo (Darstellungsart Prosa) verwiesen (333-440). Aus den Resultaten zur 2 Die Autorin bedient sich des Verfahrens der induktiven Statistik um zu errechnen, ob eine Abweichung als signifikant zu betrachten ist oder nicht (180-82). Besprechungen - Comptes rendus 287 Verteilung auf die Kategorien (finite Verben/ andere Wortarten, Aktiv/ Passiv, Indikativ/ Konjunktiv/ Imperativ, Konjunktiv: aktuell/ inaktuell, Indikativ: aktuelllinaktuell) geht folgendes hervor: Beim Corriere und bei La Repubblica weist nur je eine Sparte (Prima Piano bzw. Politica) dieselben Verteilungen wie die Textart Articolo/ Prosa auf; bei Il Mattino hingegen sind es drei Sparten (Cultura, Napoli Spettacoli und Politica) und bei La Stampa sogar deren fünf (Cronache Italiane, Cultura, Estero, Interna und Torino Cronaca). Aufgrund der Abweichungen lassen sich bei Corriere, Repubblica und Mattino keine größeren homogenen Einheiten zusammenfassen. Anders liegen die Dinge bei La Stampa: Drei Sparten zeigen hier nur bei der Verteilung zwischen finiten Verbformen und anderen Wortarten Abweichungen, und drei weitere Sparten weisen nur auf der inaktuellen Ebene ein Minus auf. Was die Verteilung auf die Kategorien betrifft, zeichnet sich also La Stampa durch eine erstaunliche Homogenität aus. Betrachtet man auch die Verteilung auf die einzelnen Tempora, stellt man bei allen Zeitungen besonders im Indikativ eine große Vielfalt von Abweichungen fest; und nur noch zwei Sparten realisieren dann vollständig die Norm Articolo/ Prosa: Politica bei La Repubblica und Cultura bei / l Mattino. Wenn man die vorwiegende Heterogenität bei der Verteilung sowohl auf die Kategorien als auch auf die einzelnen Tempora betrachtet, wird man gewahr, wie schwierig es ist, aufgrund der hier untersuchten thematischen Einheiten Varietäten abzugrenzen. Wahrscheinlich ist für diese Aufgabe das vorliegende Korpus auch zu klein. Während man sich bei Einheiten wie den Darstellungsarten oder gewissen Textarten auf eine größere Grundlage von Belegstellen stützen kann, ist bei einer Zergliederung in zwölf bis siebzehn Sparten pro Zeitung(! ) in einer Einheit oft nur eine geringe Anzahl von gesuchten Vertretern gegeben. Man kann daher auch bezweifeln, ob solche Ergebnisse aussagekräftig sind. Eine weitere Schwierigkeit ist dadurch bedingt, daß die vier Zeitungen unterschiedliche Einteilungen in Sparten vornehmen, was den zeitungsübergreifenden Vergleich nicht immer erlaubt. Einen solchen Vergleich führt die Autorin am Schluß ihrer Arbeit für zwei Sparten durch. Sie stellt sich dabei die Frage, «in welchem Maße sich die thematische Einheitlichkeit in einer einheitlichen, zeitungsunabhängigen Varietät spiegelt oder aber an zeitungsspezifischen Merkmalen reibt » (420). Während man bei der Sparte Sport nur von einer Tendenz zur Unterscheidung von zwei zeitungsübergreifenden Varietäten ausgehen kann (Corriere-Repubblica vs. Mattino-Stampa), zeichnet sich die Sparte Motori über alle vier Zeitungen hinweg durch eine auffallende Homogenität aus(433s.). Zum Schluß sei noch ein problematischer Passus in Kapitel 4 besprochen, das sich mit Coserius Begriffen System, Norm, Rede, historische Sprache und funktionelle Sprache (Varietät) befaßt. Wie erwähnt, legt E. Burr ihrer Untersuchung das von Coseriu definierte romanische Verbalsystem zugrunde. Diesen Schritt begründet sie damit, daß die Varietäten oder funktionellen Sprachen, aus welchen sich die historische Sprache Italienisch zusammensetzt, unterschiedliche Verbalsysteme aufweisen, die nur vom romanischen System her erfaßt werden können: «Wenn wir also von einem romanischen Verbalsystem ausgehen, so stellen aufgrund des bisher Dargelegten eigentlich alle funktionellen Sprachen, die die einzelnen historischen Sprachen konstituieren, unterschiedliche Systeme normaler Realisierungen des einen romanischen Systems dar, gleichgültig welcher spezifischen historischen Sprache sie auch immer zugeordnet sind. » (120) Als Beleg dafür, daß es nicht immer genügt, auf das System der Gemeinsprache zurückzugreifen, führt die Autorin das Vorhandensein des einfachen Plusquamperfekts in süditalienischen Dialekten an. Dieses Paradigma fehlt im System der italienischen Literatursprache, ist aber im romanischen System, das Coseriu definiert hat, gegeben. Eine solche Begründung scheint uns nicht überzeugend, geht doch Coseriu nur von den fünf Literatursprachen Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und Rumänisch aus (op.cit. 14). Das auf dieser Basis gründende romanische Verbalsystem enthält zwar die erwähnten einfachen Plusquamperfektformen, da diese im Spanischen und Portugiesi- 288 Besprechungen - Comptes rendus sehen realisiert sind. Es scheint uns jedoch fragwürdig, im Bereich des Verbs alle Varietäten der genannten fünf historischen Sprachen auf ein System zurückzuführen, das nur auf g rund der jevveili g en Literatursprachen bestimmt v1urde. Um die Verschiedenartigkeit der Verbalsysteme innerhalb einer historischen Sprache zu illustrieren, führt die Autorin, wie eben erwähnt, ein Beispiel aus der diatopischen Variation an. Gerade aus diesem Bereich möchten wir ein Faktum nennen, das sich nicht in das aufgrund der fünf großen Literatursprachen definierte Verbalsystem einordnen läßt. Es handelt sich um die Nachfolger des lateinischen Konjunktiv Plusquamperfekt, die in einigen italienischen Dialekten sowohl als Konjunktiv (z. T. als Konjunktiv Imperfekt, z. T. als Konjunktiv Präsens und Imperfekt) als auch als Konditional dienen 3 . In dem von Coseriu postulierten System figurieren jedoch Konjunktiv und Konditional als Funktionen, zwischen denen kein partizipatives Verhältnis besteht: Indikativlinaktuelle Ebene/ Zukunft ( = Konditional Präs�ns) und Konjunktiv/ aktuelle bzw. inaktuelle Ebene/ Gegenwart ( = Konjunktiv Präsens bzw. Imperfekt). Somit ließe sich ein Paradigma, das die beiden Funktionen Konjunktiv und Konditional erfüllt, nicht eindeutig einer Stelle zuordnen. Wollte man ein System postulieren, das alle Varietäten einer historischen Sprache zu erklären vermöchte, müßte man alle in diesen Varietäten realisierten Paradigmen mit ihren Funktionen berücksichtigen. Dieses Bedürfnis bestand natürlich bei der vorliegen- 3 Die Nutzung des Typs CANTA(vr)SSEM als Konditional ist vor allem in Sizilien verbreitet (L. ALFONSO, La morfologia del verbo nelle parlate della Sicilia sud-orientale, Palermo 1980: 57- 63 und C.Avouo, Introduzione allo studio del dialetto siciliano, Palermo 1975: 77-79), findet sich aber auch in Dialekten der Abruzzen, Kampaniens, Nordapuliens und Istriens (G. RoHLFS, Historische Grammatik der italienischen Sprache und ihrer Mundarten. Formenlehre und Syntax, Bern 1949: 400). Der AIS (vol. 8, Karte 1627: Gli parlerei io, [se lo trovassi]) belegt diesen Gebrauch wenn man von Romanisch Bünden und der Dolomitenladinia absieht·für Sizilien (an 17 von 18 Aufnahmeorten), Neapel (an den Punkten 720 [Monte Procida] und 721 [Napoli]), Bari (Punkt 719) und Pirano in Istrien (Punkt 368). Im Sizilianischen, wo die Nutzung des Typs CANTA(vr)ssEM als Konditional die stärkste Verbreitung hat, läßt sich allerdings ein Rückgang der konjunktivischen Verwendung dieses Typs verzeichnen. Eine Ausnahme scheint lediglich beim hypothetischen Satzgefüge vorzuliegen: Für die Protasis wird an 17 von den 18 Aufnahmeorten des AIS der Typ CANTA(vr)SSEM angegeben (vol. 8, 1628: [Gli parlerei io,] se lo trovassi). Andere Karten desselben Bandes belegen dagegen eine schwächere Präsenz: 1641 (mi rincresceva ehe non lo trovassimo), Belege an 11 von 17 Orten (für 1 Ort keine Angaben); 1651 ([mi meraviglio] ehe non lo troviate), Belege an 5 von 16 Orten (für 2 Orte keine Angaben); 1672 (credevo ehe mi strozzasse), Belege an 4 von 15 Orten (für 3 Orte keine Angaben); 1653s. (Voglio ehe tu finisca e ehe ci dica tutto), Belege an 4 von 16 bzw. 13 Orten (für 2 bzw. 5 Orte keine Angaben); 1638s. (Volete ehe ci vada io [o] ehe ci mandi qualcheduno? ), kein Beleg. Das Sizilianische, das bereits den Konjunktiv Präsens aufgegeben hat, kommt also laut den einschlägigen AIS-Karten auch von der konjunktivischen Nutzung des Typs CANTA(vr)ssEM ab. Somit spezialisiert sich dieser Typ zunehmend für die Nutzung als Konditional. In bezug auf diejenigen sizilianischen Dialekte, für welche der AIS den Typ CANTA(vr)ssEM nur im hypothetischen Satzgefüge (durchwegs in Protasis und Apodosis) belegt, drängt sich überhaupt die Bezeichnung «Konditional» auf: Der sr-Satz ist dann der einzige Kontext, in dem der Typ CANTA(vr)s- SEM wie im Italienischen gebraucht wird; in allen übrigen Fällen kommt dieser Typ dort zur Anwendung, wo im Italienischen der Typ CANTARE HABUI steht. (Eine solche Einschränkung auf die Nutzung als Konditional findet man auch in Romanisch Bünden, einem anderen Randgebiet der Romania; cf. RICARDA LrvER, «Probleme der altsurselvischen Morphosyntax. Zum Desiderat einer Sprachgeschichte des Bündnerromanischen», in: VRom. 52, 1993: 117-32.) Es muß aber davon ausgegangen werden, daß der Typ CANTA(vi)ssEM auf einer früheren Sprachstufe im Sizilianischen generell sowohl als Konjunktiv eine starke Präsenz hatte, als auch wie heute noch als Konditional verwendet wurde. Besprechungen - Comptes rendus 289 den Untersuchung nicht, geht es doch darin ausschließlich um Variationen innerhalb der Gemeinsprache. Die starken Variationen auf der Ebene der primären Dialekte (Dialekte, «die auch schon vor der Herausbildung einer Gemeinsprache als traditionelle Sprachsysteme existieren und somit keine Dialekte der Gemeinsprache sondern der historischen Sprache als solcher sind» [116]) werden nicht ins Auge gefaßt. Es fragt sich deshalb, wieso die Autorin mit einem System alle Varietäten der historischen Sprache erfassen will, wenn sie sich doch nur mit einem bestimmten Bereich des Variationsspektrums zu beschäftigen gedenkt. Zusammenfassend können wir festhalten, daß die Arbeit von E. Burr in zwei qualitativ unterschiedliche Teile zerfällt: Einer zu umfangreichen, teilweise nicht operativen theoretischen Einführung steht die empirische Untersuchung mit ihren interessanten Resultaten gegenüber, die oft zu weitergehenden Untersuchungen an größeren Korpora auffordern. Nicht nur mit der Schaffung eines computerlesbaren Korpus und einer (zu veröffentlichenden) Konkordanz zu den darin vorkommenden finiten Verbformen, sondern auch mit der Präsentation verschiedener noch interpretationsbedürftiger Ergebnisse hat E. Burr, wie sie es auch ausdrücklich beabsichtigt, eine Grundlage für weitere Forschungsarbeiten geleistet. M. Grünert * Le Roman de Tristan en prose. Publie sous la direction de PHILIPPE MENARD. Tome 6 : Du sejour des amants a la Joyeuse Garde jusqu'aux premieres aventures de la «Queste du Graal». Edite par EMMANUELE BAUMGARTNER et MrcHELE SzKILNIK, Geneve (Droz) 1993, 477p. (TLF 43 7). - Tome 7: De l'appel d'Yseut jusqu'au depart de Tristan de la Joyeuse Garde. Edite par DANIELLE QuERUEL et MoNIQUE SANTuccr, Geneve (Droz) 1993, 52 5 p. (TLF 45 0). - Tome 8: De la quete de Galaada la destruction du chateau de la lepreuse. Edite par BERNARD GmooT et JEAN SuBRENAT, Geneve (Droz) 1995, 40 7p. (TLF 462) In meinen beiden hier publizierten Rezensionen zu den vorangehenden fünf Bänden dieses unter der Ägide von Ph. Menard durchgeführten Großprojekts habe ich bereits dessen Grundzüge eingehend dargestellt und gewürdigt 1. Um mich nicht zu wiederholen, verweise ich an dieser Stelle auf diese Besprechungen. Wenn jetzt gleich drei weitere im Jahresrhythmus erschienene Folgebände der Edition anzuzeigen sind, so wird damit meine am Schluß der zweiten Rezension zum Ausdruck gebrachte Erwartung hinsichtlich der zügigen Fortführung des mehr als beeindruckenden Unternehmens hinlänglich bestätigt. Man kann Ph. Menard und seinem Forscherteam zu dieser Arbeitsintensität nur gratulieren. Band 6 wird von E. Baumgartner (Professorin an der Universität Paris III, Sorbonne Nouvelle), einer bestens ausgewiesenen Kennerin des Tristan-Stoffes 2 und von M. Szkilnik 3 ediert. Inhaltlich reicht dieser Teil des Werkes vom Ausgang des für Tristan siegreichen Turniers zu Louvezerp über «Ja grande fete de la Pentecote du Graal» ( 11) sowie den 1 VRom. 48 (1989): 35ls. und VRom. 53 (1994): 332s. 2 Ich verweise hier exemplarisch nur auf ihr Werk Le Tristan en prose, essai d'interpretation d'un roman medival, Geneve (Droz) 1975. 3 Nähere Angaben sind mir zu M. Szkilnik leider nicht möglich. Entsprechende Angaben finden sich bei Band 6 erstaunlicherweise auch nicht wie bei den vorangehenden und folgenden Bänden üblich auf der vorderen Einbandseite. 290 Besprechungen - Comptes rendus Schwur und den Aufbruch von 150 Artus-Rittern, um den Graal zu suchen, bis zum Entschluß Tristans, zu Isolde zurückzukehren, wobei er jedoch vor der Realisierung dieses Planes noch einen Kampf mit Galaad auszutragen hat. Wie Ph.Menard in der «Preface» deutlich hervorhebt, stellt dieser Band «une grande originalite» (7) dar. Zum einen wird nämlich mit der Pfingstszene die Graalssuche eröffnet, «qui donne une couleur tres particuliere au roman» (7). Das bisher harmonische Ritterleben am Artushof wird jäh zerstört, da die Ritter der Table Ronde in alle Richtungen aufbrechen. «...l'opacite du futur, ! es menaces qui risquent s'abattre sur ! es individus et ! es societes» (9) kündigen bereits die am Ende des Romans zu findende Zerrissenheit an. Das Besondere dieses Romanteils liegt außerdem darin, daß der Autor/ Kompilator unter Anwendung verschiedener Techniken («recit suivi», «recit entrelace», «parcellisation du texte» [15]) ganze Passagen sowohl aus der Queste del Saint Graal als auch aus dem Prosa-Lancelot übernommen hat. Und schließlich stellt sich mit diesem Band die Manuskripttradition in einer völlig neuen Sachlage dar: Die Handschrift A (Wien, Österreichische Nationalbibliothek 2542, fol. 325v 0 -379v 0 , die diesem Editionsteil wie bereits auch den fünf vorangehenden Bänden als Basismanuskript zugrunde gelegt wird, «se separe nettement du groupe BCD pour une partie du roman et constitue une famille avec ! es manuscrits aKMPUT» (7). Letzteres ist der Fall für die langen Sequenzen III-XIV und teilweise auch für Sequenz XV ( = §§ 30-86 der Edition). Damit wurden die Editorinnen vor die wahrlich nicht leichte Aufgabe gestellte, «de recourir ... a d'autres manuscrits de contröle que ceux qui ont ete jusqu'alors utilises» (34). Sie haben in den beiden hinsichtlich der Manuskriptgeschichte unterschiedlichen Romanteilen die Basishandschrift mit insgesamt neun anderen Manuskripten verglichen (Auflistung und Details 32-39) und dieses mehrfach und stets überzeugend korrigiert. Die zurückgewiesenen Lesarten der Handschrift A sind im textkritischen Apparat und die Lesarten der übrigen Manuskripte in dem erfreulicherweise recht ausführlich gehalten Abschnitt «Variantes» (391-413) verzeichnet. Und nun Anmerkungen zu vier konkreten Punkten: 1) Ebenso überzeugend wie die editorische Leistung sind die in dem umfangreichen Abschnitt «Notes» (419-45) gegebenen Kommentare zu inhaltlichen und sprachlichen Problemen. Damit wird jedem Rezipienten der Zugang zum Text wesentlich erleichtert. - 2) Leider kann ich kein analog positives Urteil über die «Introduction» (11-50) abgeben. Mir ist zum einen unverständlich, warum in diesem Band die bewährte Strukturierung der Einleitung in «Manuscrits», «Analyse du texte» und «Interet litteraire» nicht beibehalten wird und warum auch erstmalig die Untergliederung der Einleitung nicht im Inhaltsverzeichnis angegegeben wird. Das tut der Einheitlichkeit der Gesamtedition Abbruch. Noch wesentlicher als diese rein formalen sind aber meine inhaltlichen Einwände. Die mit «Entrelacs» überschriebenen Darlegungen (12-18) zur Übernahme des Quellenstoffes durch den Tristan-Autor sind nur verständlich, wenn man Frau Baumgartners übrige Arbeiten zum Untersuchungsgegenstand gelesen hat; hier mangelt es an Klarheit und didaktischem Geschick. Und die Abschnitte «Pentecöte(s)» (18-23), «Poetique de la fontaine» (23-26) und «Le cercle des chevaliers» (26-32) sind nicht nur mehr als summarisch, sondern weithin auch in einem pathetischen und impressionistischen Stil abgefaßt (cf. 27, 30 u.a.). - 3) Die Ausführungen zur «Tradition manuscrite» (32-39), die in diesem Band erstmalig nicht zu Beginn der Einleitung stehen (warum? ), sind bei weitem zu global und obendrein noch unvollständig. Es werden nämlich nicht alle ausgewerteten Manuskripte angesprochen. - 4) Das Glossar (455-75) beschränkt sich zwar auf ein Minimum an Eintragungen, ist aber soweit ich feststellen konnte vollkommen korrekt. In Band 7, der von D.Queruel (Professorin an der Universität Reims) und M. Santucci (Maitre de conferences an der Sorbonne) ediert wird, rückt nun das Graalsabenteuer wieder völlig in den Hintergrund. Im Mittelpunkt stehen vielmehr «! es multiples aventures qui s'offrent a Tristan et aux compagnons de la Table Ronde» (59). Die Darstellung wird Besprechungen - Comptes rendus 291 eröffnet mit einem Liebesbrief der verzweifelten Isolde an Tristan, und sie wird beschlossen mit dessen Aufbruch von «Joyeuse Garde», um den gefangenen Palamede zu befreien. Zwischen beide Szenen, «qui se font echo» (7), wird eine Überfälle von Abenteuern geschildert, die Tristan und andere Ritter zu bestehen haben. In dem äußerst überzeugenden Abschnitt «Interet litteraire» (58-77) der Einleitung heben die Herausgeberinnen treffend hervor, daß «(e)n depit de ce foisonnement d'aventures et de personnages, le volume trouve sa coherence autour de Tristan» und daß Palamede «Je second protagoniste» (60) ist. Beide Ritter, deren Beziehung zueinander durch eine außergewöhnlich menschliche Note gekennzeichnet ist, «passent de la haine a la pitie, de la rivalite amoureuse a la reconnaissance sincere de la valeur reciproque, voire a une amitie veritable» (60). Mit der Darstellung der zahlreichen Ritter-Abenteuer zielt der Dichter darauf ab, das Rittertum und dessen Werte zu glorifizieren, «mais sans en cacher ! es limites et sans jamais en taire les dangers» (67). Basismanuskript auch dieses Bandes ist die Handschrift A (fol. 380v 0 -431v 0 , das mit acht weiteren Handschriften verglichen und auf deren Basis gelegentlich - und dies immer überzeugend korrigiert bzw. ergänzt wird (42-43 die Auflistung der an A vorgenommenen Korrekturen). Wie üblich sind im textkritischen Apparat die nicht übernommenen Lesarten des Basismanuskripts und in dem sorgfältig erstellten Abschnitt «Variantes» (443-77) die Lesarten der übrigen Handschriften verzeichnet. - Da nun der Schreiber von Handschrift A an drei Stellen (es sind dies die§§ 54, 120 und 128 der Edition) vom «demon de la rapidite» (8) besessen gewesen zu sein scheint und deshalb eine inkohärente bzw. lückenhafte Darstellung geboten hat, haben die Editorinnen - und das ist nur begrüßenswert für die §§ 54 und 120 in Appendices (385-442) die umfassenderen Versionen der Handschriften B (Paris, B.N., f.fr. 336) und C (Wien, Österreichische Nationalbibliothek 2540) bzw.Bund O (Paris, B.N., f.fr. 772) abgedruckt. Und bei §128 der Edition findet sich «le texte deB. . . insere dans le recit pour combler une lacune de A et le texte de O a ete presente dans l'appendice III» (24). Auch hier nun Anmerkungen zu Details: 1) Neben der hervorragenden editorischen Leistung und den überzeugenden Kommentaren zu inhaltlichen und sprachlichen Problemen im Abschnitt «Notes» (479-97) ist insbesondere die äußerst informative und bestens strukturierte «Introduction» (11-77) positiv hervorzuheben. Besser, gründlicher und übersichtlicher kann man es nicht machen; diese Einleitung ist eine Wohltat im Vergleich zu der des Bandes VI! - 2) Sehr schön ist auch, daß bei der minuziösen Darstellung der Handschriften (11-50) deren ikonographische Gestaltung abgehandelt wird (11-23). Wie die Herausgeberinnen richtig hervorheben, wäre es in der Tat wünschenswert, «qu'une etude sur l'ensemble de l'iconographie du Tristan en prose et sur les rapports existant entre le recit et l'image püt etre entreprise» (23). Man möge diese Feststellung als Einladung zu einer weiteren Beschäftigung mit dem Gegenstand verstehen; sie dürfte lohneswert sein. - 3) Analoges gilt auch für die in der Einleitung zwangsläufig nur kurz angesprochenen und in ihren wichtigsten Elementen aufgezeigte Erzähltechnik dieses Handlungsteils, die durch den «procede de l'entrelacement ou de la digression, de l'accumulation ou de la repetition de certains stereotypes du combat chevaleresque» (59) gekennzeichnet ist (cf. auch 71). Es bietet sich hier noch ein weites Feld der philologischen Forschung. - 4) Angesichts der hohen Qualität dieses Bandes kann man geflissentlich über gelegentlich zu findende impressionistische Äußerungen wie «Cet episode ne manque pas de beaute» (62) oder «L'auteur s'amuse a ... » (70) hinwegsehen. In dem von B. Guidot (Professor an der Universität Straßburg) und J. Subrenat (Professor an der Universität Aix) besorgten Band 8, dem vorletzten der Gesamtedition, wird dann das Thema der Graalssuche wieder aufgenommen. Deshalb tritt auch Galaad, «le personnage-guide» (45), «l'epine dorsale de toute cette importante tranche du roman» (52), in den Vordergrund. Dieser Romanteil «s'etend de l'errance de Galaad dans la foret 292 Besprechungen - Comptes rendus apres que Tristan eut quitte la Joyeuse Garde jusqu'a la celebre guerison de la lepreuse par le sang de la sceur de Perceval» (43). Der Dichter folgt zwar einerseits sehr nahe der Queste del Saint Graal, deren Recit «la trame generale de tout le livre» (46) ist; andererseits hat er deren Text auch umgestaltet, ergänzt und erweitert, so daß wie Ph. Menard in der «Preface» formuliert - «(i)l y a donc ici a la fois fidelite a ! 'original et indeniable renouvellement» (7). In dem äußerst überzeugenden Abschnitt «Problemes litteraires» (43-64) der Einleitung vergleichen die Editoren den Tristan-Roman mit seiner Quelle, der Queste del Saint Graal, unter drei ausgewählten Aspekten. Sie weisen hier überzeugend nach, daß Anlehnungen an den Quellentext oder Modifikationen desselben durch die Absicht des Dichters bestimmt sind, «de valoriser la grandeur des chevaliers de la Table Ronde» (50). Im Vergleich zur Quelle erfährt insbesondere die Figur Galaads eine grundlegende Umgestaltung «a la fois sur le plan humain et sur le plan spirituel» (54); Galaad wird zwar zu einem «mediateur de la gräce divine» (53), er bleibt dabei aber gleichzeitig auch ein «chevalier terrien» (59). Die bedeutendste Abweichung vom Quellentext besteht jedoch «dans la rencontre organique entre les chevaliers aventureux de l'errance tristanienne et ! es queteurs du Graal» (63). Basismanuskript auch dieses Bandes ist die Handschrift A (fol. 431-69), die sowohl mit den Handschriften BCD als auch, da A sich hier weitgehend von der Manuskriptgruppe BCD löst, mit den Handschriften GLMOUa verglichen und auf deren Basis gegebenenfalls korrigiert bzw. ergänzt wird. Nun auch hier wieder Anmerkungen zu Details: 1) Sehr übersichtlich angelegt ist das Kapitel «Les manuscrits» (9-25) der Einleitung. Hier werden in konziser, übersichtlicher Form die notwendigen Hintergrundinformationen geboten sowie - und das ist besonders begrüßenswert die Ausführungen der vorangehenden Bände zu diesem Bereich ergänzt (20-25). - 2) Textedition, kritischer Apparat und der recht umfassende Aufweis der Varianten (317-43) sind soweit ich feststellen konnte fehlerfrei. - 3) Der zuvor schon angesprochene Quellenvergleich in der Einleitung kann im Rahmen einer Edition naturgemäß nur einige Aspekte aufgreifen und versuchen, diese einer Lösung zuzuführen. Auf diesem Gebiet bedarf es noch umfassenderer Untersuchungen. Und damit komme ich zur Gesamtbewertung der drei Bände. Nochmals ein Kompliment an Ph. Menard und das unter seiner Ägide arbeitende Forscherteam. Schade ist nur, daß Band 6 angesichts der aufgezeigten Mängel nicht das hohe Niveau der übrigen Bände erreicht; aber immerhin ist auch dort - und das ist ja das Essentielle die Editionsarbeit rundherum überzeugend. Ich schließe auch diese Rezension mit dem Ausdruck der Erwartung, daß der noch ausstehende Band 9 in Kürze erscheinen wird. Dann wird ein umfassendes Editionsprojekt in einem erstaunlichen Tempo in grundsätzlich beispielhafter Weise zum Abschluß geführt sein. A.Arens * YASMINA FOEHR-JANSSENS, Le Temps des fables. Le Roman des Sept Sages, ou l'autre voie du roman, Paris (Champion) 1994, 545 p. (Nouvelle Bibliotheque du Mayen Age 27) Le livre de Y. Foehr-Janssens est une etude litteraire du Roman des Sept Sages de Rome. D'emblee, l'auteur annonce que l'ceuvre sera envisagee comme un roman. Un roman «autre», different de ceux de Benoit de Sainte-Maur ou de Chretien de Troyes, un ouvrage Oll il n'est pas question de chevalerie, mais de clergie. Un roman, enfin, Oll ! es choses se decident non pas par la force du guerrier, mais par l'habilete du parleur. La parole et le silence jouent en effet un role dominant dans le Roman des Sept Sages, puisque l'intrigue Besprechungen - Comptes rendus 293 repose sur le mutisme d'un jeune prince (il a lu dans les etoiles qu'il mourra s'il parle avant huit jours) injustement accuse d'avoir viole la jeunc femme du roi. La menace d'execution a la suite des fausses accusations de la reine ne suffit pas a arracher au prince sa version des faits et seul le sursis, obtenu a chaque fois par une histoire, narree par l'un des sept sages conseillers du roi, lui permet d'atteindre l'expiration du delai fatal apres lequel il recouvre Ja liberte de la parole. Dans ce recit-cadre s'emboite donc une serie d'histoires (dont l'ordre et Je contenu peuvent varier dans le detail d'une version a l'autre), qui repondent en gros a l'alternance suivante: les sages avancent des histoires sur la perfidie des femmes, alors que la reine «contre-attaque» par des histoires sur des mauvais conseillers. Seule Ja derniere histoire, celle du prince, fait eclater la verite: c'est la reine qui a essaye de Je seduire; c'est donc eile qui sera executee. Dans les pages tenant lieu d'introduction, Y. Foehr-Janssens s'attache a inserer Je Roman des S ep t Sages dans une tradition de textes narratifs qui, tels Eracle, Robert le Diable etc., peuvent etre consideres comme des «romans de clergie», dans Ja mesure Oll ils accentuent Je sens, la clairvoyance ou l'integrite du heros, tout comme d'ailleurs Je font, a un moindre degre, ]es «romans de chevalerie». Ensuite, l'auteur presente rapidement ! es ramifications des versions connues du Roman des Sept Sages (p. 23-29) et le corpus sur leguel s'appuiera son etude. Ce corpus comprend en fait surtout Je Dolopathos et le Roman des Sept Sages en vers, c'est-a-dire ! es versions dites K et C. Le Dolopathos est un texte de pres de 13000 octosyllabes remontant a ! 'Historia de rege et septem sapientibus de Johannes de Alta Silva composee a Ja fin du xn e siede. S'il suit une trame narrative semblable au Roman des Sept Sages, il s'en distingue par l'introduction du personnage de Virgile (precepteur du et par l'absence des contes de Ja reine. Il contient huit contes en tout (un pour chaque sage et le recit final pour Virgile), dorrt guatre (Canis, Gaza, lnclusa, Puteus) se trouvent aussi dans le Roman des Sept Sages proprement dit. Ce roman est conserve dans trois manuscrits plus ou moins et un fragment. Les versions dites K et C du Roman des Sept que Y. Foehr-Janssens prend egalement en consideration sont conservees chacune par un seul manuscrit et ont ete excellemment editees par MARY SPEER, (Lexington 1989). Ainsi, le manuscrit de Paris, BN f. fr. 1533 contient Ja version K, qui compte 5000 octosyllabes environ et comprend quatorze contes, soit Arbor, Senescalcus, Medicus, Aper, Puteus, Roma, Tentamina, Gaza, Avis, Sapientes, Vidua, Virgilius, Inclusa, Vaticinium (un pour chaque sage, les repliques de la reine, et le recit final du prince). La version C est connue gräce au manuscrit de Chartres, BM 620 (aujourd'hui detruit) qui etait un fragment Oll figuraient huit de ces recits. Voila le corpus de base de l'analyse de Y. Foehr-Janssens. Frequemment, s011 etude s'ouvre aussi a d'autres versions, aux «suites» du Roman des Sept Sages et a des textes contemporains, offrant ainsi au lecteur une sorte de panorama de la litterature narrative «clericale» du xu c au XIV e siecle. Au centre du Roman des Sept Sages comme ailleurs se trouvent des hommes, le prince et ! es sages, et une femme, la reine. Y. Foehr-Janssens montre bien que la marge de manceuvre dorrt dispose l'ecrivain pour decrire ! es rapports entre ! es deux poles est mince: s'agissant d'«ecrire la femme», le clerc oscille forcement entre misogynie et seduction. A travers ! es deux partis qui s'affrontent sages et reine et qui incarnent precisement les deux attitudes opposees face a l'amour, Je Roman des S ep t Sages ne fait onc que mettre en scene Ja tension entre une litterature «courtoise» et une litterature «monastique». Apres une comparaison entre le style du Dolopathos fram; ais et celui de son modele latin (77-88), Y. Foehr-Janssens insiste sur les affinites que presentent ! es recits des Sept Sages avec les fables et ! es exempla, tous censes etre «vrais» (89-108). Ensuite, eile evoque chacun des personnages du triangle pere-fils-femme, en situant ! es donnees du texte dans Ja tradition litteraire contemporaine (111-79), avant d'aborder la figure des sept sages, qui se revelent etre de veritables chevaliers errants du verbe, sauvant par leur arrivee provi- 294 Besprechungen - Comptes rendus dentielle la cour paralysee par l'approche du chätiment. Les parties «Paroles pour le Pere» et «Paroles pour le fils» (182-296) proposent un double parcours analytique des cinq premieres histoires racontees par les sages. Sous des formes variees, elles enseignent toutes au pere-juge qu'il faut scruter ! es apparences en meme temps qu'elles esquissent pour le fils, perturbe par la perte de sa mere, la possibilite d'un bonheur familial, qui conjuguerait amour paternel, affection maternelle et piete filiale. Dans ! es trois derniers recits, «contes de la grande peur», le fils apprend une le9on supplementaire: il faut conquerir l'amour d'une femme, car c'est 1a le veritable tresor qu'abritent toutes ces tours du Roman des Sept Sages ou le voleur habile doit s'introduire. La seconde moitie de l'etude de Y.Foehr-Janssens comporte une conclusion et une sorte de prolongement de la reflexion, une analyse consacree a Cassidorus, une des suites en prose du Roman des Sept Sages. Y. Foehr-Janssens y montre de fa9on convaincante comment le recit-cadre et ! es histoires racontees «originels» subissent des modifications et s'ouvrent a des elements venus d'autres traditions pour creer un «projet de litterature totale» (286). Une reflexion tres pertinente sur le rapport entre la prose et le vers et l'utilisation d'insertions lyriques appuie cette hypothese tout en soulignant que le roman de Cassidorus reste fidele a la vocation du Roman des Sept Sages. Pour l'interpretation des recits des sages, Y. Foehr-Janssens sollicite quatre modeles de lecture (219-28): la parabole biblique, I'exemplum rhetorique, la mise en abyme (c'est-adire le retour de la fiction sur elle-meme) et enfin, quelques principes empruntes a la Traumdeutung freudienne. On sait en effet que pour Freud le reve revele dans un recit condense un contenu latent, «la traduction veridique de la parole du reveur, l'expression adequate de son desir». Pour Y. Foehr-Janssens, il est possible de voir jaillir, pour ainsi dire entre ! es lignes des fables, leur vraie signification, une signification trop complexe pour trouver sa place dans un enonce de faits et qui demande, comme un reve, a etre decryptee. Les resultats obtenus gräce a ces cles de lecture sont en general tres valables. A la rigueur, le lecteur peut etre gene par l'interference d'un cinquieme modele non annonce qui exploite de fa9on un peu gratuite la (para)-homophonie (ou -graphie) de certains mots afin d'etablir des relations semantiques: ainsi (167), on s'appuie sur le grec dolos 'ruse' pour expliquer le nom Dolopathos en s'autorisant de deux references a cette langue que comporte l'ceuvre. La connaissance du grec en Occident au xn e siecle n'invite guere a cette interpretation (il y a une vaste bibliographie a ce sujet) et ! es deux references s'expliquent peut-etre plus facilement par deux topoi (translatio studii et le jeune homme doctus utriusque linguae). Ailleurs, la rime joiant < gigante : joiant < gaudente permet de conclure que le «geant est le pere 'tout-jouissant'» (247). Or, il est vrai qu'en cherchant un peu on trouve des graphies proches ou meme identiques de ce type, mais qui connait tant soit peu l'arbitraire des systemes orthographiques des copistes medievaux hesitera avant d'accorder une quelconque importance a ce phenomene. Ainsi, il est vrai aussi qu'on peut voir, comme le fait Y. Foehr-Janssens, dans la premiere syllabe du nom du heros Lucemien le parfait lu(i) < *legui (158) et que cela peut vouloir «designer le heros comme lecteur». Le probleme est toujours de savoir si c'etait I'intentio auctoris. Or en l'occurrence, comme l'a souligne Y.Foehr-Janssens elle-meme, pour l'ecrivain medieval l'etymologie de ce nom est tout autre: c'est lux qui est a la base du nom. Parfois, de telles lectures peuvent mener a de francs anachronismes comme la remarque suivante a propos de desevrer: «la separation est avant tout un sevrage» (150). Le compose desevrer ne semble jamais avoir le sens de 'sevrer'. C'est le simple sevrer qui est effectivement atteste des le xm e siecle avec le sens de 'ablactare', mais pour qui ne prend pas le fran9ais moderne comme point de depart, cette signification est a coup sür un sens secondaire, puisque le mot est le resultat normal de SEPARARE, signifiant en ancien fran9ais comme en latin tout d'abord 'separer'. L'etude elle-meme se lit avec plaisir mais non sans quelque difficulte due a la rarete de formules a la fois banales et utiles comme «nous allons essayer de montrer...», «nous Besprechungen - Comptes rendus 295 venons de voir que . . .», qui viendraient expliciter ou rappeler Je parcours que l'auteur propose au lecteur. Ponr ce qui est de la ligne directrice menant necessairement de la page 13 a la page 421, on ne sait parfois pas par Oll elle passe. Il arrive en effet qu'on soit contraint de chercher des jalons dans le cours des reflexions autres que ceux qui resultent d'un jeu de symetrie amorce par ! es titres hautement metaphoriques et les sous-titres qui viennent scander l'argumentation en moyenne toutes ! es cinq pages. C'est souvent au gre de la lecture, au seuil d'un nouveau chapitre, qu'on decouvre plan et methode. Ainsi, ce n'est pas sans surprise gu'on lit p.219-28 la presentation des «cles» de lecture theoriques que je viens de mentionner. A l'endroit Oll elle se trouve, une telle presentation est presque superflue puisque Je lecteur a eu l'occasion d'appliquer durant plus de deux cents pages les outils interpretatifs en question. On peut ne pas etre gene par ce fait. Mais il est un domaine Oll le lecteur moyen aurait decidement besoin d'une aide plus consequente que celle qui lui est fournie par l'auteur: pour les informations concernant la jungle des versions et le contenu des ceuvres examinees, Je lecteur est insuffisamment guide. A part quelques rapides observations qu'il peut trouver dans le corps du texte (en verite, elles sont concentrees surtout dans l'introduction), le lecteur est constamment renvoye aux appendices des qu'iJ veut savoir de quoi il est concretement question a un endroit donne de J'etude ou s'il a besoin de se rafraichir la memoire ponr associer un contenu precis a J'un des titres Jatins usuellement empJoyes pour designer chague conte des Sept Sages. Ce procede de renvoi est un peu incommode et interrompt Je plaisir de Ja lectnre. La partie analytico-exegetique du livre est suivie d'une partie documentaire qui rassemble des informations sur: 1. Les Versions du Roman des Sept Sages (425-48), 2. Les FabJes par ordre d'apparition (449-73), 3. Les Manuscrits du Dolopathos frarn; ais et latin, des versions rimees du Roman des Sept Sages et quelques autres textes cites (474-88). Une Bibliographie (491-530) et un bon Index (531-39) c16tnrent le volume. Pour Ja Bibliographie, on peut regretter l'absence d'un certain effort de systematisation surtout dans la presentation et s'interroger sur quelques omissions etranges, portant sur des ouvrages plus ou moins recents, mais Ja plupart des reproches qu'on ponrrait faire n'affectent en rien le veritable centre d'interet du livre qu'est l'interpretation du Roman des Sept Sages. Seuls deux faits me sembJent dignes d'etre notes ici: pour une description du manuscrit Paris, BN f. fr. 1450 contenant entre autres le Dolopathos fran1;ais, Y. Foehr-Janssens renvoie (475) a l'edition Montaiglon de 1856, a celle que Leroux de Lincy a faite du Bruten 1836, et au catalogue de la BN de 1868. C'est insuffisant. Le manuscrit est celebre, puisqu'il contient, interpoles dans Je Brut, plusieurs romans de Chretien de Troyes. A defaut de la grande monographie Les Manuscrits de Chretien de Troyes, ed. par K. BusBY, T. NrxoN, A.STONES et L.WALTERS, 2 vol., Amsterdam/ Atlanta (GA) 1993, sans doute sous presse quand Y. Foehr-Janssens preparait la publication de son livre, on s'attendrait a voir citee au moins J'etude classique d'A.MrcHA, La Tradition manuscrite des romans de Chretien de Troyes, Geneve 21966: 35-37, ou l'artic! e de L.WALTERS, «Le röle du scribe dans l'organisation des manuscrits de Chretien de Troyes», Romania 106 (1985): 303-25. En ce qui concerne Je manuscrit de Montpellier 436, la recherche n'a pas ete poussee plus loin que le cataJogue de Haenel. Nous sommes donc en 1830. Non pas que le recours au Catalogue general des manuscrits des bibliotheques publiques de France, vol. 1 (Paris, lmpr. Nationale, 1849), eüt permis d'obtenir davantage de renseignements, mais on anrait tout de meme pu essayer de s'en procurer. Dans l'etat actuel de la notice, il manque jusqu'au lieu de conservation (c'est bien entendu la Bibl. interunivers., section de Medecine). Tout ce qu'on sait sur ce manuscrit provient du compte rendu de GASTON PARIS de l'ed. d'Oesterley du Dolopathos latin (Romania 2 [1873]: 503), qui s'etait a l'epoque fait envoyer l'incipit et l'explicit du manuscrit et avait constate qu'ils ne differaient pas sensiblement des deux autres temoins (dont l'un est, rappelons-le, fragmentaire). Mais on ignore tout sur ! 'ordre et le nombre de recits qu'il contient! Face a une tradition manuscrite aussi mince, ce 296 Besprechungen - Comptes rendus temoin supplementaire etait susceptible de modifier completement le visage du Dolopathos frans;ais, auquel Y. Foehr-Janssens consacre la moitie de son ouvrage. La superiorite de ce manuscrit est d'ailleurs indiscutable puisqu'il sert de manuscrit de base ala nouvelle edition qui est en preparation pour ! es SATF (cf. J.-L. LECLANCHE, «La dedicace d'Herbert, auteur du Dolopathos en vers frans;ais, aLouis vrn», Romania 111 [1990]: 563-69). Telles qu'e! les sont, ! es pages de l'Appendice 3 ne sont malheureusement pas tellement utiles, parce qu'elles ne peuvent pas etre utilisees seules. Les donnees sont ou bien trop incmnpletes ou acontr6ler (meme ! es cotes des manuscrits ont ete recopiees sans verification, on lit encore «British Museum» au lieu de «British Library» et on trouve encore, pour Je manuscrit de Turin, la cote Bibi. Naz. 1650 au lieu de l'usuel L. III. 8). 11 est dommage que l'auteur n'ait pas consacre un peu plus de temps ala revision de cette partie bibliographique et documentaire avant de la mettre ala disposition du lecteur. Nous aurions ainsi un instrument de travail de premier ordre en plus d'un commentaire fin et intelligent des Sept Sages. Le present livre est neanmoins du plus grand interet non seulement pour ceux qui souhaitent approcher une reuvre medievale difficile, mais aussi pour tous ceux qui travaillent sur la litterature narrative du Moyen Age en general, dont ! es Sept Sages explorent, comme le montre brillamment Y. Foehr-Janssens, une (autre) voie. R. Trachsler * HuoN DE MERY, Le Tournai de l'Antechrist, texte etabli par GEORG WIMMER, presente, traduit et annote par STEPHANIE 0RGEUR, Orleans (Paradigme) 1994 (Medievalia 13) Le Tournoiement Antechrist d'Huon de Mery est un roman allegorique en vers, dont on a l'habitude de situer Ja composition vers 1250. Pour les historiens de la litterature, le texte est interessant surtout parce qu'il melange adroitement plusieurs traditions litteraires, alliant roman arthurien et poeme allegorique. S'y affrontent, dans un grand tournoi allegorique, ! es forces du Bien, assistees de quelques personnages arthuriens, et les troupes de ! 'Antechrist. Un narrateur explicite, qui pretend avoir assiste ala joute, fournit le recitcadre, ou le lecteur apprend ! es deboires amoureux suivis de la conversion finale du narrateur, qui se retire al'eglise Saint Germein I Des Prez, lez ! es murs de Paris (v. 3520s.). On ne fera jamais la part de l'ironie et de la sincerite de ces affirmations, mais on peut raisonnablement supposer que Hugon de Meri (v. 3526), sur lequel on ne sait que ce qu'il dit lui-meme dans son roman, ne plaisante pas quand il dit qu'il a suivi, pour sa composition, deux modeles: Raoul de Houdenc et Chretien de Troyes. Depuis longtemps ! es chercheurs ont en effet mis en evidence atravers cette double dette d'Huon de Mery a l'egard de ses predecesseurs tout un reseau d'allusions ludiques notamment a Yvain et au Sange d'Enfer. Bref, il ne fait pas de doute que le Tournoiement Antechrist meritait d'etre tire des oubliettes de l'histoire litteraire pour etre presente aun plus vaste public. C'est ce a quoi s'attache Je travail de Stephanie Orgeur, qui fournit au lecteur une introduction (p. 7-45), permettant au novice de situer le texte dans Ja tradition litteraire de son temps, ainsi qu'une traduction (Je texte de l'edition Wimmer est imprime en regard) accompagnee de notes d'ordre philologique, historique ou litteraire visant aassurer la comprehension du texte. Un index des noms propres (p.263-80), un autre recensant des «references bibliques» (p. 281-86) ainsi qu'une bibliographie (p. 287-92) suivent la traduction. Le tout est plut6t reussi et agreable alire, bien que la presentation soit par endroits un peu scolaire. La traduction me semble, compte tenu des difficultes du texte, meme excellente. Deux remarques seulement apropos de ces notes qui accompagnent la traduction. C'est bien connu: il en va des notes un peu comme il en va d'un glossaire. Le lecteur n'y trouve Besprechungen - Comptes rendus 297 jamais ce qu'il y cherche, mais toujours ce qu'il sait deja. Je me contenterai donc d'evoquer un probleme general ainsi qu'un passage qui peut etre important pour l'histoire litteraire. Qu'un ouvrage soit destine aun public de specialistes ou ades lecteurs occasionnels, une note, me semble-t-il, doit permettre deux choses: comprendre un passage donne et, eventuellement, remonter aJa source de l'information pour ceux qui desirent entreprendre une recherche plus ample. Exemplaire acet egard est la N55, oll Stephanie Orgeur ne nous apprend pas seulement quelles etaient les fonctions du chambrier, mais aussi oll nous pouvons nous renseigner sur celles-ci. Malheureusement, Ja plupart des notes sont depourvues de renvoi bibliographique, ce qui est fort dommage, car souvent le contenu des notes est plutöt allechant (cf. par exemple N45, 67, 109, 153). Particulierement dangereuses par l'absence de «contextualisation» sont ! es «explications symboliques» fournies apropos des couleurs contenues dans ! es nombreux ecus. En general, Stephanie Orgeur donne une citation tiree d'une etude de Michel Pastoureau, grand specialiste en la matiere, mais sans indiquer la source precise. Peut-etre aurait-on du eviter certaines generalisations et prendre davantage en consideration le contexte de ses conclusions, qui se fondent le plus souvent sur des etudes ponctuelles: ainsi, M. Pastoureau est cite (N99) apropos de l'escu plein d'Omicides (v. 938): «l'absence de figure, rarissime en heraldique veritable, souligne l'inacheve, l'inquietant, ! 'anormal». Cette note, sans produire de contresens, est beaucoup trop elliptique: l'absence de toute figure empechant precisement l'identification du personnage, elle est bien entendu rare dans la realite. En heraldique imaginaire par contre, en particulier dans ! es romans arthuriens, ce trait est frequent, puisqu'il peut servir de ressort narratif lorsque ! es heros conservent de la sorte l'incognito. L'«effet de sens» reside donc dans l'ecart entre Ja realite et la situation mise en scene dans une reuvre litteraire, il n'y a pas, a priori, de valorisation de l'ecu plein, c'est juste un ecu «hors normes», ce qui, en effet, pour Omicides, va bien. J'en arrive maintenant au detail qui pourrait interesser les historiens de la litterature. A propos de l'ecu de Felonie Oll rampoit Bruns sans pitie (v. 704), on trouve Ja N85, presentee sous forme d'interrogation: «L'ours du Roman de Renart, ou Brun de la Montagne, le geant? ». En d'autres termes, s'agit-il d'un personnage arthurien ou d'un personnage venu du Roman de Renart? Stephanie Orgeur n'est pas la premiere as'interroger sur ce point. KEITH BusBY dans un article cite en bibliographie («Plagiarism and Poetry in the Tournoiement Antechrist of Huon de Mery», NM 84 [1983]: 505-21) a rejete l'hypothese heraldique (Brun = ours) et a propose d'identifier Bruns sans pitie au personnage homonyme du Tristan en prose. Selon lui, en effet, Huon de Mery connaissait le Tristan en prose (ce dont je ne doute d'ailleurs pas), comme le prouverait aussi le passage suivant, Oll Omicides est compare a Gauvain: De ces genz, qui erent venues, I Ert omicides li plus cointes ... I Gaugains, qui fu filz le roi Lot, I N'ot pas tant abatu ne pris (v. 930s., 934s.). Selon le critique anglais, cette caracterisation negative du neveu d'Arthur ne se trouve pas avant Je Tristan en prose. En realite, FAITH LYONS, dans un article egalement cite en bibliographie, («Huon de Mery's Tournoiement d'Antechrist and the Queste del Saint Graal», FSt. VI [1952]: 213-18) s'est dejaappuyee sur ces memes vers pour montrer l'influence de Ja Quete, qui parle en effet d'un Gauvain assassin, sur Huon. Mais quand on lit sans parti pris ! es vers de Huon, on se rend campte que la comparaison ne porte pas sur les deux personnages, mais sur la quantite d'adversaires que l'un (Omicides) a tues et l'autre (Gauvain) renverses. Je ne vois pas le noircissement de Gauvain typique des romans arthuriens en prose. D'apres moi, c'est MAx PRINET, lui aussi cite en bibliographie, («Le Langage heraldique dans le Tournoiement Antechrist», Bibliotheque de l'Ecole des Chartes 83 [1922): 43-53) qui a vu juste: Bruns sans pitie designe l'ours. A plusieurs reprises, Huon de Mery designe en effet les figures apparaissant dans les armoiries par les noms que leur donne Je Roman de Renart: on trouve ainsi Noble (v.616, absent de l'index des noms propres, pour le lion), et Raus mastin rechignie (v.703, renvoie sans doute aRoenel le 298 Besprechungen - Comptes rendus mastin, Roenau le rechignie (ed. MARTIN, v.924, v.1127). Moins probant est le troisieme exemple cite par Prinet, a savoir Couardise (v.1186, absent de l'index) qui porte un lievre (Couard) dans son ecu. Vue sous cet angle, la note de la traductrice peut paraitre un peu cavaliere. En ce qui concerne la bibliographie, complete et soignee, on peut juste relever que l'ed. Lebesgue du Sange d'Enfer de Raoul de Houdenc et l'ed.Michelant du Roman des Eles du meme auteur, toutes deux plus que centenaires, ont ete avantageusement remplacees par celle de M.T.MIHM en 1984, pour le Sange, et celle de K. BusBY, en 1983, pour le Roman des Eles. Je voudrais maintenant aborder un probleme plus epineux et examiner le texte qui a servi de base a la traduction de Stephanie Orgeur. D'apres la page de titre, c'est l'edition Wimmer, et a priori, c'est le bon choix. Le Tournoiement Antechrist a ete edite trois fois: en 1851, par PROSPER TARBE, en 1888 par GEORG WIMMER (Marburg [Ausgaben und Abhandlungen 76]) et en 1976 par MARGARET 0. BENDER (University of Mississipi [Romance Monographs 17]). Comme il ne pouvait evidemment etre question de baser une traduction sur l'edition Tarbe, il fallait trancher entre celle de Wimmer et celle de Bender. Or cette derniere a rer,:u des comptes rendus fort defavorables (voir, entre autres, JEAN- CHARLES PAYEN, MA 84 [1978]: 353-56; GILLES ROQUES, ZRPh. 95 [1979]: 527-29, J. KEITH ATKINSON, Cahiers de Civilisation Medievale 26 [1983]: 170-72) et notamment celui de . Jean-Charles Payen a scelle son sort. A cause de multiples erreurs de transcription et d'inexactitudes en tous genres, elle a ete unanimement declaree inutilisable pour tout travail scientifique. Dans le Bossuat (Troisieme Supplement, n ° 5877) on lit la mention laconique: «edition tres mediocre ne remplar,:ant pas celle de Wimmer» et la nouvelle edition du Dictionnaire des Lettres Fram; aises du Mayen Age recommande sechement (p.708): «lui preferer Ja precedente», a savoir celle de Wimmer. C'est ce que fait donc Stephanie Orgeur, qui donne en regard de sa traduction Je texte de l'edition allemande. Or, celle-ci, bien que fort meritoire pour son temps, n'est pas non plus exempte de defauts. C'est ce qu'a remarque aussi la traductrice, qui recourt alors, pour etablir un texte intelligible, a «celle des variantes toutes recensees par Georg Wimmer qu'a choisie Margaret 0. Bender dans son edition de 1976» (p.12). Stephanie Orgeur justifie alors son intervention dans une note. Souvent elle a d'ailleurs reussi a ameliorer J'edition Wimmer en modifiant simplement Ja ponctuation ou Je decoupage des mots. Ces cas-la sont egalement opportunement signales par une typographie particuliere. La traductrice a donc pris toutes ! es precautions necessaires avant de se mettre au travail. Aussi les remarques que je m'apprete a faire s'adressent-elles plutöt a la maison d'edition qui entreprend, a travers sa collection Medievalia, «de diffuser, comme l'indique le quatrieme de couverture, sous forme de reprint des ouvrages disparus ou devenus rares». Or ce livre publie en 1994 n'est pas le reprint, entendons la reproduction anastatique de l'edition de 1888, mais donne une nouvelle transcription du texte etabli jadis par le philologue allemand. D'abord la bonne nouvelle: la saisie a ete tres bien effectuee, de sorte que le texte est pratiquement identique a celui de Wimmer. Je n'ai trouve qu'une seule coquille, touteaus pour tourteaus au v.2013 et un seul cas ou l'edition Wimmer a ete corrigee sans que la modification soit typographiquement mise en evidence: au v.375 a bandon a ete substitue a abandon. Toutes les autres divergences, comme le non-respect des retraits de l'edition Wimmer (qui, verification faite sur le manuscrit, s'averent de toute far,:on plutöt arbitraires) ou la far,:on de signaler les chiffres (bizarrement, on lit toujours .I et jamais ./ . etc.) ne pretent pas a consequence. Moins rejouissant est le parti pris qui consiste a avoir renonce, pour la nouvelle edition Wimmer, a enregistrer toutes ! es variantes soigneusement accumulees par son auteur. Ceux qui ont pratique l'edition Wimmer se souviendront en effet qu'elle etait truffee de signes diacritiques, indiquant ! es variantes, ! es abreviations et ! es corrections en tous genres. L'apparat en bas de page comportait rarement moins de Besprechungen - Comptes rendus 299 vingt lignes, car on connait plus d'une dizaine de manuscrits et Wimmer, semble-t-il, en avait constamment au moins sept sous les yeux. Le choix de la maison d'edition serait sans consequence si Wimmer n'avait pas ete un fils de son temps et un eleve de Stengel, c'est-adire s'il etait intervenu moins frequemment pour rectifier son manuscrit et retablir la «bonne» le�on. Pour donner une idee de l'ampleur du phenomene, voici le texte du debut du roman dans le manuscrit de base et dans l'«edition Wimmer» de 1994. J'ai mis en caracteres gras tous les ecarts. «ed.d. Wimmer» 1994 (v.1-26) N'est pas oiseus, ainz fet bone oevre Li troveres qui sa bauche euvre Pour bone euvre conter et dire; Mes qui bien trueve pleins est d'ire, Quant il n'a de matire point. 5 Jolivete semont et point Mon euer de dire aucun bei dit; Mes n'ai de quoi; car tot est dit, Fors ce qui de novel avient. Mes au troveour bien avient, 10 S'il set aventure novele, Qu'il face tant, que Ja novele De l'aventure par tout aille, Et que son gros fran1;ois detaille Pour fcre oeuvre plus deliee. 15 Pour 1;'ai ma langue desliee - Qui que m'en tieigne a apense - Pour dire mon novel pense; Car tel matire ai porpensee, C'onques mes n'ot en sa pensee 20 Ne Sarrasius ue Crestiens. Pour ce que mors est Cresüens De Troies, eil qui tant ot pris de trover, ai hardement pris De mot a mot rneitre en escrit 25 Le tournoiement Antecrit. PARIS, BN f. fr. 1593, fol. 186a (derniere foliotation: 189a) [N)'est pas oiseus, ainz fet bone oevre Li trovierres qui sa bouche euvre Pour bone euvre conter et dire; Mes qui bien trueve pleins est d'ire, Quant il n'a de matere point. Iniquite semont et point Mon euer de dire aucun beau dit; Mes n'ai de quoi; car tot est dit, Fors ce qui de novel avient. Mes au troveour bien avient Qu'il sache aventure novele, Et face tant que la nov[e]le De l'aventure partout aille, Et que son gros fran9ois detaille Pour fere oevre plus deliee. Pour ce ma langue ai desll'iee - Qui que m'en tieigne a apense - Pour dirc mon novel pense; Que tel matere ai porpensee, C'onques rnes n'ot en sa pensee Ne Sarrasin ne Cresl! ens. Pour ce que mors est Crest'iens De Troies, eil qui tant ot pris De trovcr, ai hardement pris Pour mot a mot meitre en escrit Le tournoiernent Antecrist. Dans ces vingt-six vers, il n'y a pas moins de seize interventions, dont quinze, selon les criteres d'edition modernes, ne s'imposent sans doute pas. La plupart concernent en effet la graphie, qui a ete «normalisee» d'apres les habitudes de l'epoque. Un peu genante, toutefois, est la forme Antecrit du v. 26, qui a donne le titre a l'reuvre et qui de 1a est passee dans toutes les histoires de la litterature. C'est une correction de Wimmer, qui ne repose sur aucun de ses manuscrits de contr6le. Mais toujours est-il que son apparat enregistre les le9ons originales, (avec, cependant, une erreur pour le v. 12, ou le manuscrit ne donne pas li noule, comme le pretend Wimmer, mais la noule) ce qui permet de reconstituer Je texte du manuscrit. On apprenait de la sorte ce que le lecteur de l'«ed. Wimmer» 1994 ne saura jamais que Jolivete au v. 6 provient d'un manuscrit de contröle et que le manuscrit de base donne iniquete et que son plus proche parent D porte inclinete. Voici un autre passage, plus lang, qui permet de suivre l'eloignement progressif du manuscrit de base. A gauche, ma transcription du manuscrit de base selon les criteres modernes, au milieu l'edition de Wimmer (moins l'apparat), a droite l'«ed. Wimmer» 1994. Je conserve les signes diacritiques de Wimmer: ce qui est entre crochets a ete corrige a l'aide des manuscrits de contr6le, ce qui est precede d'un asterisque est une conjecture. 300 Besprechungen - Comptes rendus En gras et petites capitales ! es ecarts entre le manuscrit de base et l' «ed. Wimmer» 1994, ! es petites capitales dans Ja colonne de gauche indiquent les erreurs de lecture de Wimmer. PARIS BN f. fr. 1593, fol. 198a ed. Wimmer (v.1975-2030) «ed. Wimmer» 1994 (v. 1975-2030) 1975 [E]ntre Largesce er Cortoisie [E]ntre largesce et cortoisie Entre largesce et cortoisic Et proesce orent de mesnie Et proesce orent de mesnie Et proesce orent de mesnie Touz ceus de Ja Table Roonde Touz ceus de Ja tabJe roonde Touz ceus de Ja tabJc roonde Artu, Je meillor roi du monde, Artu, le meillor roi du monde, Artu, Je meillor roi du monde, Qui fu fiuz au roi Pandragon, Qui fu fiuz [Uterpendragon], Qui fu fiuz UTERPENDRAGON, 1980 Qui portoit rescu au DAGRON Qui portoit l'escu au dragon Qui portoit l'escu au DRAGON De geules en argen! asis. De geules en argent asis. De geules cn argent asis. Gauvains ) ses nies, ce m'est avis, Gauvains, ses nies, ce m'est avis, Gauvains, ses nies, ce m'est avis, 0 li d'Esperance parti. 0 li d'Esperance parti. 0 li d'Esperance parti. Gauvcins porte l'cscu parti Gauveins [portoit] J'cscu parti Gauveins PORTOIT l'escu parti 1985 De proesce et de corteisie. De proesce et de corteisie. De proesce et de corteisie. Ivains ert en sa compaignie, Ivains ert en sa compaignie, Ivains ert en sa compaignie, Qui ot escu de bele guise Qui ot escu de bele guise Qui ot escu de bele guise Parti d'amour et de franchise. Parti d'amour et de franchise, Parti d'amour et de franchise, A .1. lioucel de proesce, A. r. J'ioucel de proesce, A I. J'ioncel de proesce, 1990 A meins overtes de largesce, A meins overtes de Jargesce, A meins overtes de largesce, C'orent Cliges et Lancclot C'orent Cliges et LanceJot C'orent Cliges et Lancelot Et tuit li enfant Je roi Lot, Et tnit li enfant Je roi Lot, Et tuit li enfant Je roi Lot, Qui s'entresembloient de vis. Qui s'entresembloient de vis. Qui s'entresembloient de vis. Colagruans et Meraugis [Gorvains Cadrns] et Meraugis GoRVAINS CADRUS et Meraugis 1995 Ont fet de lor genz .II. parties Ont fet de lor genz .11. parties Out fet de lor genz II. parties Et orent armes mi parties Et orent armes mi parties Et orent armes mi parties De beautc et de courtoisie De beaute et de courtoisie De beaute et de courtoisie Pour Ja tenchon de LEUR amie, Pour la *tenfon de Jour amie, Pour Ja TENC,ON de LOUR amie, Qui avoit non Ja bele ydoine. Qui ot non Ja bele *Lydoine. Qui OT non Ja bele LYDOINE. 2000 D'outre les porz de Macedoine D'outre les porz de Macedoine D'outre ! es porz de Macedoine Vint au tornoi la baronnie. Vint au tornoi Ja baronnie. Vint au tornoi la baronnie. Les armes Je roi d'Orcanie Les armes Je roi d'Orcanie Les armes le roi d'Orcanie Furent pourtretes de merveilles. Furent pourtretes de merveilles. Furent pourtretes de mervei! les. Perceval ot armes vermeilles, Perceval ot armes vermeilles, Perceval ot armes vermeilles, 2005 Qu'iJ toli jadis en Illande Qu'iJ toli jadis en Illande Qu'il toli jadis en Illande Au Vermeil de Ja Rouge Lande, Au vermeil de Ja rouge lande, Au vermeil de Ja rouge lande, Quant il fu noveax chevaliers. Quant il fu [chevaliers noviax], Quant il fut CHEVALIERS NOVIAX. Misire Quiex li mauparliers, Misire Quiex li [senesciaus], Misire Quicx li SENESCIAUS, Ot ! es armes detraccion, Sans fere autre descrepcion, 5ANS FERE AUTRE DESCREPCYON, 2010 Sans fere autre descrepdon, Ot Ies armes *detracClon, 0T LES ARMES DETRACCION, Endentes de felonie, Endentees de felonie, Endentees de felonie, A rarnposnes de vilenie, A ramposnes de vilenie, A ramposnes de vilenie, A, 111. tourteaus fet et farsis A. m. tourteaus *fez et *farsiz A ]Il TOUTEAUS FEZ et FARSIZ De ramposnes et de mesdiz, De ramposnes et de mesdiz, De ramposnes et de mesdiz, 2015 Qui trop bien en l'escu aviudrent. Qui trop bien en l'escu avindrent. Qui trop bien en l'escu avindrent. Ices genz darrains i vindrent, [Iccstc gent daarainsJ vindrent, lCESTE GENT DAARAINS vindrent, Qui n'i avoit que du lacier [Que] n'i avoit que du lacier QUE n'i avoit que du lacier Les hiaumes, mcs pour soulacier Les hiaumes, mes pour soulacier Les hiaumes, mes pour soulacier Selonc lour anc'ien deduit, Selonc Jour anc'ien deduit, Selonc Jour anc'ien deduit, 2020 Orent chevauchie tote nuit Orent chevauchie tote nuit Orent chevauchie tote nuit Par bois et par forest oscures Par bois et par *forez oscures Par bois et par FOREZ oscures Querant depors et aventures Querant depors et aventures Querant depors et aventures Par Cornouaille et par Illande Par Cornouaille et par Illandc Par Cornouaille et par Illande Et vindrent par Broueeliande, Et vindrent par Brouceliande, Et vindrent par Brouceliande, 2025 Ou par poi ne furent tuit mort, Ou par poi ne furent tuit mort, On par poi ne furent tuit mort, Car Perceval, qui par deport Car Perceval, qui par deport Car Perceval, qui par deport Quida arouser Je perron, Quida arouser Je perron, Quida arouser Je perron, L'arousa par tel desresou, L'arousa par tel desreson, L'arousa par tel desreson, Que Ja fondre ocist plus de .C. Que Ja foudre ocist plus de .C. Que Ja foudrc ocist plus de C. 2030 De lor mesnee et de lor gent. De lor *mesniee et de lor gent. De lor MESNIEE et de lor gent. Besprechungen - Comptes rendus 301 En 56 vers on releve pas moins de treize divergences, dont certaines concernent des noms propres et l'ordre des vers. Tous ces ecarts, me dira-t-on, sont sans importance puisque Wimmer a fait un bon travail, comme l'attestent, a la suite du premier Manuel Bossuat, tous ceux qui se sont penches sur l'edition Bender. A vrai dire, l'appreciation de Bossuat (n ° 3516: «bonne edition») est etrange dans la mesure Oll le compte rendu de Mussafia, auquel il renvoie, est tout sauf elogieux et s'explique uniquement si l'on prend comme point de reference l'ed. Tarbe. Voici ce que disait MussAFIA, (Lbl. 9/ 9 [1888]: 403-08) a propos de l'edition Wimmer: «Mit der Constituirung des Textes wird man sich schwerlich zufrieden geben ... Wenn auch AD [ = la redaction snivie par Wimmer] keineswegs frei von Fehlern sind, so darf man behaupten, dass in der bei weitem grösseren Zahl der Fälle, in welchen von AD oder bloss von A abgewichen wurde, dies ohne Grund und sehr oft zum Schaden des Textes geschehen ist.» (404). Il etait difficile, dans ces conditions, de donner une traduction sans remettre en question le texte etabli par Wimmer, car assurement, le contr6le par l'edition Bender ne pouvait fournir une garantie quelconque etant donne les fautes de plus simple lecture qu'y a relevees Atkinson dans son compte-rendu. Et parfois, on aurait meme mieux fait de garder le texte du philologue allemand. Ainsi, Ja correction de angevine (Wimmer) en engeignie (Bender) au v.659 (Vanterie porte un ecu A l'angevine de dangier) est completement erronee: une angevine (ou angemme), en heraldique, designe une fleur avec un nombre variable de petales (cf. L.HouwEN/ P.ELEY, «A Fifteenth-Century French Heraldic Bestiary», ZRPh. 108 [1992]: 461) et se justifie parfaitement bien a cet endroit. Voici maintenant trois exemples qui il! ustrent Ja relative faiblesse de l'ed. Wimmer. Dans ! es trois cas, des corrections a mon avis tres satisfaisantes ont ete proposees par Mussafia il y a plus de cent ans. (Je ne mentionne pas tous ! es autres passages Oll les corrections de Stephanie Orgeur rejoignent celles du savant viennois.) Malheureusement on n'en trouve aucune trace dans l'«edition Wimmer» de 1994: v.240, 1065 et 3248 couche: Mussafia recommande d'imprimer r;ouche, car il s'agit de 'souche', ce qui aurait permis a Ja traductrice de reconnaitre ]es deux dernieres occurrences (traduites par 'couche' et 'cuve'). V.1196: Dans la description de Couardie on lit: Tel paour a, que sanz mellee / Fu, ainz que venist a la place traduit par 'Elle etait tellement apeuree qu'elle n'avait combattu a aucun moment avant d'atteindre Je champ clos'. Mussafia propose de lire sangmelee ('malade de peur'), ce qui est evidemment la bonne lec;on. Le v.2556 Car el' ne vient s 'en fuiant non [Il est question de Chastete] rendu par «car elle n'attaque qu'en fuyant», me semble insatisfaisant. Est-ce que la proposition de Mussafia, lire veint a la place de vient, ne resoudrait pas la difficulte? Pour finir, il faut noter qu'a plusieurs endroits la traduction, correcte, diverge du texte imprime, souvent incomprehensible. Ainsi, v.1054-56, ou il est question de Sodomie, Mes sachiez, que je n'en ment pas, / Que ci o la gent Antecrit / Vos aige rien d'amours descrit ne peuvent etre traduits par 'Mais soyez certains que je ne vous mens pas, car en vous parlant comme je l'ai fait de la suite de l'Antechrist, je ne vous ai rien raconte au sujet d'Amour'. A moins de prendre aige comme un subjonctif (? ), il faut couper ai ge. Mais on s'attendrait de toute fai;;on a trouver une negation, comme Je suggere d'ailleurs la traduction. (Le manuscrit E porte en effet nien au lieu de rien.) L'autre possibilite, proposee en partie par Mussafia, consiste a remplacer je n'en mens pas par entent pas, lei;;on donnee par plusieurs manuscrits. Au v.1094, le mysterieux aucuerre (Ivresse porte un ecu d'Orlien bende d'aucuerre) a ete correctement traduit par 'Auxerre'. Pourquoi ne pas avoir mis en harmonie texte et traduction en imprimant Aw;;uerre ou aw,;uerre (pour ne pas rompre avec le systeme de Wimmer, qui ne donne pas les majuscules)? Meme question pour le long passage v.3205-10, qui ne devient comprehensible que si l'on imprime s'i au lieu de si v.3206 et si l'on modifie completement la ponctuation (! es deux interventions ont ete proposees par Mussafia). Autrement, Ja traduction, par ailleurs correcte, ne peut etre mise en rapport avec Je texte original. 302 Besprechungen - Comptes rendus En resume on peut dire qu'il etait une tres banne idee de traduire Je Tournoiement Antechrist et que Ja traductrice s'est acquittee de la täche de fa�on tres honorable. On peut acheter le livre pour cela. Le probleme reside dans l'ed. Wimmer, telle qu'elle existe et, en particulier, telle qu'elle est imprimee en regard. II est difficile de faire une traduction fiable sans texte de base fiable, et l'edition Wimmer meme expurgee par celle de Bender ne l'est pas et ne Je sera jamais. En ce qui concerne l'«ed. Wimmer 1994», je laisse au lecteur Je soin de juger de Ja valeur scientifique d'un texte a propos duquel Mussafia rappelait en 1888 «dass mit dem Publiciren von Texten und Erläuterungen, welche allzu zahlreicher Berichtigungen bedürftig sind, der Wissenschaft kein sonderlicher Dienst geleistet wird» (408), quand on l'ampute, de surcroit, de son apparat critique. On ne peut que souhaiter que Stephanie Orgeur ait Je courage d'entreprendre un jour Je travail d'editer ce texte qu'elle nous a deja rendu familier gräce a sa belle traduction. R. Trachsler * EVA AHLSTEDT, Andre Gide et le debat sur l'homosexualite, de L'Immoraliste (1902) a Si Je grain ne meurt (1926), Surte (Acta Universitatis Gothoburgensis) 1994, 291 p. (Romanica Gothoburgensia 43) Neun Jahre nach Erscheinen ihrer Dissertation unter dem Titel La Pudeur en Crise 1 veröffentlicht Ahlstedt eine zweite, gleichartige Studie. Im ersten Buch ging es um die moralische Debatte, welche die Werke Prousts in der Presse auslösten. In der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich die Verf. mit der Diskussion um Moral und Homosexualität, wie sie in über tausend Besprechungen (und besprechungsähnlichen Beiträgen) ausgewählter Bücher Gides (L'lmmoraliste, Corydon, Les Faux-monnayeurs, Si le grain ne meurt) ihren Niederschlag fand. Die Einführung (7-14) skizziert die Fragestellung und die materiellen Aspekte der Studie und situiert ganz knapp die methodische Behandlung der «critique journalistique» in einer rezeptionsgeschichtlichen Perspektive. Nicht die theoretischen Überlegungen von Jauss und Iser zum impliziten Lesesubjekt nimmt Ahlstedt als Basis ihrer Arbeit, sondern die Methode und die Resultate, welche Jurt 1980 in seiner Untersuchung La reception de la litterature par la critique journalistique 2 formulierte. Im Zentrum steht der konkrete historische Leser, genauer gesagt: der Rezensent. Das erste, sehr kurze Kapitel (15-18) beschäftigt sich mit der Zeit vor dem Erscheinen des lmmoraliste (1902), als Gide noch fast durchwegs als ein Moralist angesehen wird. Ich zitiere hier die einzige Definition, die Ahlstedt zum Begriff «Moralist» liefert (dazu kommt nur noch eine vage Definition Beauniers [54]): «Le terme de <moraliste> a plusieurs sens en fran�ais et peut avoir des connotations aussi bien positives que negatives. Les critiques de Ja fin du xrx e et du debut du xx e siede se servent du mot pour decrire un auteur qui depeint ! es mceurs ou les caracteres de son temps, qui reflechit sur Ja condition de l'homme et sur ! es mecanismes sociaux. Dans ce sens-la, Je mot a evidemment une signification positive. Mais Je mot peut aussi avoir un sens negatif; par Je terme <moraliste> on peut designer un ecrivain pedant et ennuyeux, qui confine la litterature dans une sphere qui n'est pas Ja sienne propre» (17). Man kann davon ausgehen, daß es in der Folge beim Gebrauch des Begriffs <Moralist> meistenteils um den ersten Sinn geht. Aber die Ausführungen der Verf. sind diesbezüglich einfach zu mager. Überhaupt, dies sei hier nur nebenbei erwähnt, ist die 1 EvA AHLSTEDT, La Pudeur en crise. Un aspect de l'accueil d'A la recherche du temps perdu de Marcel Proust, 1913-1930, Göteborg 1985. 2 J.JuRT, Lectures de Bernanos 1926-1936, Paris 1980. Besprechungen - Comptes rendus 303 Abhandlung Ahlstedts sowohl begriffsals auch kulturgeschichtlich schwach verankert. Man erfährt z.B. auch nichts Genaues zur Rolle der Literaturkolumnisten in der Zeit von 1900-50. L'Immoraliste, dessen Rezeptionsgeschichte das zweite Kapitel (19-39) gewidmet ist, findet im großen und ganzen Zustimmung in der Presse. Michel wird zwar oft als ein Immoralist gesehen, dabei wird aber meistens klar zwischen Protagonist und Autor unterschieden. In einer solchen Sicht schließt das vermutete unsittliche Wesen Michels nicht aus, daß Gide ein moralisches Buch schreiben wollte. Die so postulierte Moral der Erzählung wird von einigen Kritikern bereits als eine den gängigen Vorstellungen widersprechende wahrgenommen. Auf die Homosexualität der Hauptperson wird im allgemeinen nur diskret hingewiesen. (Als Ausnahme kann man hier etwa die Besprechung Rachildes erwähnen [19-21].) Kurz nach Erscheinen des Immoraliste beginnen in breiteren Kreisen Gerüchte über die Homosexualität Gides zu zirkulieren, was Folgen für die weitere Rezeption seiner Bücher haben sollte. In einem mit «Interlude» überschriebenen Kapitel (41-70) behandelt die Verf. summarisch einige im Bezug auf die Fragestellung der Arbeit wenig ergiebige Publikationen Gides, welche zwischen L'Immoraliste und Corydon erschienen (La Porte etroite, Isabelle, Les Caves du Vatican, La Symphonie pastorale, Saül). Den Rezensenten wird mehr und mehr bewußt, daß Gide ein sehr komplexer Autor ist, dem man mit den Etiketten «moralisch», «unmoralisch» nicht gerecht wird. Und doch scheinen sich nach und nach Lager von Gide-Anhängern und Gide-Gegnern zu bilden (in der katholischen Presse z.B. sieht man im Autor mehr und mehr eine Gefahr für Sitten und Moral [57, v.a. Massis, 62ss.]). Viertes Kapitel: «Corydon devant la critique» (71-93). Der Dialog zwischen einem Ich- Erzähler und einem homosexuellen Intellektuellen, erschienen 1924, wird als Apologie der gleichgeschlechtlichen Liebe gelesen, als ein philosophisch-medizinisches Traktat und nicht als ein literarisches Werk. Die Meinungen sind sehr gespalten. Ärzte, die sich in die Diskussion einmischen, verurteilen die im Buch geäußerten sexuellen Theorien. Freunde Gides, die ihm von der Publikation dieses seit einigen Jahren schon fertiggestellten Werkes abgeraten haben, können darin eigentlich nur noch den Mut zur offenen Diskussion bewundern. «L'Accueil des Faux-monnayeurs» ist Untersuchungsgegenstand des folgenden Kapitels (95-130). Die Urteile sind hier im allgemeinen negativ, auch wenn die Diskussionen nun viel komplexer und auch ausgewogener werden, in dem Sinne, daß die literarische Frage öfters als vorher gleichberechtigt neben die moralische gestellt oder gar von dieser losgelöst betrachtet wird. Das Buch kann so durchaus auch von Rezensenten als ein ästhetisches Werk gewürdigt werden, die der Debatte um die Homosexualität negativ gegenüberstehen, ihr auch langsam überdrüssig werden - und dies ist bei immer mehr Kritikern der Fall, wie eine Umfrage der Revue Les Marges von 1926 unter anderem zeigt - oder sie ganz einfach ignorieren. (Aber auch ein negatives künstlerisches Urteil ist hier natürlich möglich). Häufig stößt man sich allerdings insbesondere noch an der Gestalt Eduards, die in einigen Besprechungen mit Gide identifiziert wird. Wie ambivalent das Argument der Unmoral ist, kommt auch in den die Faux-monnayeurs betreffenden Besprechungen wieder zum Vorschein: Gide kann entweder als Propagandist der Unsittlichkeit oder als diesbezüglicher Warner der Jugend gesehen werden. Der häufig angestellte Vergleich zwischen Proust und Gide fällt in den meisten Fällen zu Ungunsten des letzteren aus. Im Zentrum des 6. Kapitels (131-64) steht die autobiographische Erzählung Si le grain ne meurt. Daß jemand nicht nur in der dritten, sondern auch in der ersten Person über die Homosexualität spricht, empfinden die meisten Zeitgenossen als schockierend - Si le grain ne meurt erntet nur wenig Komplimente. Einige betonen zwar den Mut Gides zur Selbstdarstellung und zur Offenheit, den meisten geht das Ganze jedoch zu weit. Die autobiographische Schrift löst zudem bei vielen ein retrospektiv negatives Urteil über die vorher- 304 Besprechungen - Comptes rendus gehenden Bücher des Autors aus, und insbesondere über L'lmmoraliste, in dem man nun zweifelsfrei die sexuellen Neigungen Gides gespiegelt sieht. - All dies schließt nicht aus, daß einige Kritiker die literarischen Qualitäten des Werkes loben. Die im «Epilogue» (165-83) untersuchten Besprechungen zeigen, daß die moralische Debatte um Gide noch lange nach Si le grain ne meurt weiterläuft, auch da, wo die Bücher des Autors (z.B. Voyage au Conga) eigentlich keinerlei Anlaß dazu geben. Ende der zwanziger Jahre, als verschiedene Kritiker versuchen, einerseits dem Werk Gides gerecht zu werden und andererseits die Frage der Homosexualität in der Literatur allgemeiner darzustellen (z.B. L'Amour qui n'ose pas dire son nom von Porche [1927]), prallen die Argumente für und gegen Gide als Moralisten noch einmal hart aufeinander. Auch mit der Nobelpreisverleihung 1947 findet die Diskussion nur ein vorläufiges Ende. Im 8. Kapitel (185-204) versucht Ahlstedt, die von ihr benutzten Rezensionen nach einigen von JuRT 1980 definierten außerliterarischen Kriterien - und in erster Linie nach dem Kriterium der politischen Zugehörigkeit der Zeitungen und Zeitschriften, in denen die Besprechungen erscheinen zu untersuchen. Sie kommt zum Schluß, daß bei der Rezeption der Werke Gides der politische Faktor nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Weit wichtiger scheint in den meisten Fällen das persönliche Verhältnis des Rezensenten zum Autor oder ganz einfach die individuelle Haltung des Kritikers zur Homosexualität zu sein. «En guise de conclusion generale» (205-11) faßt übersichtlich die einzelnen Kapitel zusammen. Eine Bibliographie, welche die untersuchten Rezensionen (213-80), die benutzten Bücher und Briefwechsel Gides (280-82) und einige Werke der Sekundärliteratur (283-86) enthält, sowie ein Personenregister (287-91) beschließen den Band. In der Einleitung äußert sich Ahlstedt wie folgt: «II nous semble difficile de presenter le resultat de nos recherches d'une maniere qui soit a la fois methodique et agreable a la lecture. Le mode de presentation que nous avons choisi, celui de reprendre ! es articles par ordre chronologique, peut donner une impression de ,catalogue" qui est esthetiquement rebutante, mais ce procede facilite la täche de celui qui desire reperer tel ou tel campte rendu dans l'ensemble du corpus» (13). Die Befürchtungen der Verf. erweisen sich meiner Ansicht nach als begründet. Das Buch ist eher ein durchaus nützliches - Nachschlagewerk denn eine Studie. Die einfache Aneinanderreihung von Zitaten aus Rezensionen und oft sehr redundanten Bemerkungen der Verf. läuft jederzeit Gefahr, den Leser zu ermüden. Wäre es nicht viel interessanter gewesen, die Besprechungen statt nach chronologischen nach problemorientierten Kriterien zu ordnen und zu untersuchen? Solche Themenkomplexe hätten etwa das oft diskutierte Verhältnis zwischen Aesthetik und Ethik (cf. z.B. 27s., 45, 149, 159, 162s.) und die ebenfalls häufig angesprochene Beziehung zwischen dem «Autor» und dem «Menschen» Gide (cf. z.B. 181, 195, 208s.) abgeben können. Ursula Bähler * ErHRAi'M MrKHAEL, Poemes en vers et en prose. Edites par MATTHEW ScREECH, Geneve (Droz), 235 p. (TLF 447) In den gängigen Literaturgeschichten und Lexika wird man wohl vergeblich nach dem Namen von Ephrai:m Mikhael suchen, dessen Werl in der hier anzuzeigenden Arbeit, die im Jahre 1989 von der Universität London als Dissertation angenommen wurde, ediert wird. Es handelt sich nämlich um einen «auctor minor», der in seiner Zeit zwar eine recht beachtliche Resonanz fand und sogar in den Salons von Mallarme und Leconte de Lisle verkehrte, der dann aber im 20. Jahrhundert «sombre lentement dans l'oubli» (10). Besprechungen - Comptes rendus 305 Ephrai"m Mikhael, der bis 1884 den Namen Georges Michel trug, wurde 1866 in Toulouse als Sohn jüdischer Eltern geboren. Nachdem sich die Familie 1881 in Paris niedergelassen hatte, besuchte er dort das Lycee Fontanes, das er 1884 nach Ablegung des «baccalaureat» verließ. Schon während seiner Gymnasialzeit gründete er mit etlichen Freunden, zu denen u. a. Rene Ghil zählte, einen literarischen Zirkel, der eine literarische Revue herausgab und in der dann auch seine ersten Gedichte erschienen. Das Jahr 1884 bedeutet in mehrfacher Hinsicht einen Wendepunkt in der Vita des Dichters. Zum einen nimmt er in diesem Jahr den semitischen Namen Ephrai"m Mikhael an - und dies wohl, «pour se montrer solidaire de son peuple face au climat souvent anti-semite de la France de l'epoque» (15). Zum anderen tritt er ab diesem Zeitpunkt in engen Kontakt mit «la vie litteraire parisienne» (15) und pflegt freundschaftlichen Kontakt u. a. mit A, Villiers de l'Isle- Adam, Gustave Kahn, Henri de Regnier und Maurice Maeterlinck. Und schließlich setzt mit dem Jahre 1884 eine intensive literarische Schaffensperiode von Ephrai'm Mikhael ein: er schreibt Gedichte und Prosastücke, von denen zahlreiche in zeitgenössischen Revuen publiziert werden, sowie (z. T. mit anderen gemeinsam) Theaterstücke, deren Aufführungen jedoch ein nicht nur positives Echo finden. Am 12. Mai 1890 stirbt Mikhael, schon zuvor von schwerer Krankheit gezeichnet, im Alter von nur 44 Jahren. - Er hat ein in den Jahren zwischen 1882 und 1890 entstandenes Werk von 32 Vers-, 11 Prosagedichten, mehreren Fragmenten von Vers- und Prosagedichten, 3 Theaterstücken und zwei literaturkritischen Artikeln hinterlassen. Mehrere seiner Freunde edierten zwar noch im Todesjahr 1890 bei Lemerre in Paris eine Auswahl seiner Werke, die aber heute kaum noch zugänglich ist. Es ist nur zu begrüßen, daß es sich Screech zur Aufgabe gestellt hat, die Vers- und Prosagedichte dieses heute nahezu vollkommen vergessenen Dichters hier in ihrer Gesamtheit herauszugeben. Denn philologische Forschung soll und darf sich nicht nur mit den «Großen» der Literatur begnügen; oft gibt auch gerade das Werk der «Kleinen» bedeutende Aufschlüsse über eine Epoche. Screech stellt seiner Edition eine als sehr gelungen zu bezeichnende «Introduction» (9- 49) und eine mit größter Sorgfalt zusammengetragene «Bibliographie» (51-56) voran. Die Einleitung informiert zunächst (9-21) über das Werk und die Vita des Dichters. Sodann (21-39) wird Mikhaels Dichtung in den geistes- und literarischhistorischen Kontext eingeordnet. Die in aller Gründlichkeit angestellten Vergleiche zwischen Mikhael einerseits und A. Villiers de l'Isle d'Adam (23-28), dem «symbolisme wagnerien» (28s.), Spinoza, Baudelaire, Mallarme und Verlaine (30-39) andererseits sind mehr als überzeugend: Sie zeigen, daß Mikhael nicht nur, wie es in der zeitgenössischen Kritik mal geäußert worden war, ein simpler Plagiator, sondern ein Dichter von Originalität war, was sich u. a. in seiner «Loslösung» von Baudelaire und Mallarme (cf. 33-37) zeigt. - Sehr schön ist auch der Abschnitt der Einleitung, in dem Screech die «evolution litteraire de Mikhael» (39-47) aufzeigt und nachweist, daß der Dichter sich allmählich mehr und mehr von den «techniques conventionelles» (40) löst und seinen eigenen Weg findet. Die Edition selbst (57-231) bietet dann alle von Mikhael geschriebenen Vers- und Prosagedichte, zu denen am Ende des jeweiligen Textes Angaben zum «etat publie» und wenige leider viel zu wenige - Kommentare zu inhaltlichen Problemen gemacht werden. Zusammenfassend stelle ich fest: Screech hat eine sehr solide Edition vorgelegt und ihr eine von großer Sachinformiertheit und Forscherfleiß zeugende Einleitung vorangestellt. Man kann nur hoffen, daß die von ihm angekündigte (9 N2) Edition der Theaterstücke Mikhaels auch bald folgen wird. Diese liefern nämlich interessante «Einblicke» in die Literatur des ausgehenden 19. Jahrhunderts. A.Arens * 306 Besprechungen - Comptes rendus PovL SKÄRUP, Morphologie synchronique de l'ancien franr;ais, Copenhague (Munksgaards Forlag) 1994, 203 p. (Etudes romanes de l'universite de Copenhague 33) Citons la preface qui caracterise cette Morphologie: «Elle est synchronique. Elle considere l'ancien frarn;:ais comme une langue autonome qui merite d'etre decrite (avec des variations geographiques et chronologiques qui ne sont pas negligees). S'il lui arrive de faire de la diachronie, c'est sous la forme de regles synchroniques . . .» (5). L'ouvrage ne manquera pas d'animer une discussion. L'ancien fran9ais est-il une langue autonome? Ou plutöt un concept abstrait pour un conglomerat des dialectes du gallolatin (plus ou moins nettement definis et avec des substrats et superstrats bien differents), dialectes susceptibles de revendiquer le statut de langue autonome et qui, au moins avant la destruction de l'empire des Plantagenets, ne cherchent meme pas a se reunir sous l'hegemonie d'un quelconque dialecte maitre. Dialectes aussi dont les periodes d'activite litteraire (et ils ne se pretent a l'analyse moderne qu'au travers des documents qu'ils ont laisses) ne coi:ncident pas: les uns, favorises par les conditions socio-politiques, produisent des textes a une epoque archai:que et les autres plus tard. Tel trait qui semble minoritaire s'il est envisage du point de vue de l'ensemble des faits linguistiques releves dans les domaines francophones pendant les siecles de l'ancien fran9ais, peut jouer un röle important dans un dialecte donne (delimitation geographique) ou pendant une periode donnee (delimitation chronologique), ou peut-etre dans un dialecte qui n'est documente que pour une periode determinee (les deux delimitations? ). Comment harmoniser cette documentation dialectale et mal equilibree pour decrire le developpement d'une langue consideree comme autonome? Parfois l'importance des traits minoritaires peut etre mesuree d'apres le fond synchronique de ce conglomerat. Du point de vue de la morphologie de l'ancien fran9ais, quelle est p. ex. l'importance de Ja perte precoce de la declinaison bicasuelle dans les dialectes de l'Ouest? Skärup a raison de discuter (66) Ja perte de la declinaison bicasuelle dans l'Ouest (y compris l'Angleterre) seulement apres avoir presente le syntagme li fiz le roi (64s.) qui presuppose une declinaison bicasuelle. Malgre ! es erreurs de detail possibles (la spuse danz Alexis, pour la spuse dan Alexis, p. ex.), l'Ouest utilise ce type de syntagme, ce qui montre que la perte de la declinaison y est d'une date relativement recente. L'Ouest participe donc a la morphologie du nom propre a l'ancien fran9ais, bien que le developpement dialectal annonce deja le moyen fran9ais. La morphologie du verbe presente des problemes anaJogues. Considerons p. ex. les subjonctifs comme blast, hast, curruzt donnes sans commentaire au bas des pages 54-59 parmi toutes sortes de formes verbales «moins frequentes». Skärup a raison de considerer le type blast comme moins frequent que Je type avec -e generalise (blasme, etc.) par rapport a l'ensemble des subj. pres. de Ja 1 ere conjugaison trouves en ancien fran9ais. Cependant dans plusieurs textes, notamment dans d'anciens textes occidentaux, mais aussi chez Chretien de Troyes, ces formes du subjonctif sont relativement nombreuses. J'ajoute a ces textes la traduction en ancien fran9ais du Decret de Gratien, traduction conservee dans une copie centraJe de Ja fin du xm e s., mais executee, je pense, dans un milieu anglonormand vers 1170. Dans cette traduction le type est non seulement frequent, mais peutetre majoritaire. Avec d'autres subjonctifs morphologiquement definis, il sert a conserver une distinction formelle entre l'indicatif et le subjonctif: voici les oppositions reJevees dans ce texte pour apeler: 3 e sg. apele/ apelt, apiaut; 2 e pl. apelez/ apeloiz; 3 e pl. apelent/ apiaugent. La derniere forme citee represente une innovation morphologique propre a l'ancien fra,n9ais: c'est un subjonctif cree a l'aide du suffixe ge (cf. p. 133), l'opposition Jatine entre l'indicatif APPELLANT et le subjonctif APPELLENT etant perdue. On se demande si Je neologisme au pl. aurait vu le jour si l'opposition avec le sg. avait ete perdue. Ces subjonctifs «moins frequents» du type apelt, apiaut et blast, etymologiques d'ailleurs (< APPELLET et< Besprechungen - Comptes rendus 307 *BLASTIMET), semblent jouer le röle de catalyseur pour un developpement synchronique de l'ancien fran9ais, developpement qui se manifeste aussi par une expansion de la terminaison -oiz (142) en dehors de la premiere conjugaison (sachoiz comme apeloiz < apeleiz < APPELLETIS). Un autre probleme: quelle est la situation des latinismes dans la morphologie de l'ancien fran9ais? Skärup ne se prononce pas. II juxtapose (33) la variation e (pretonique): oi (tonique) dans le paradigme des verbes comme devoir (devons: doivent), boire, croire, voir avec la coexistence de l'afr. leal et loi, real et roi. Pour moi, leal et real sont des latinismes. Mais meme si on donne raison au dictionnaire de Wartburg qui ecrit au sujet de leal: «Die form des suffixes ist doch wohl kein genügender grund, um das fr. wort unter die entlehnungen aus dem lat. zu verweisen» (FEW 5, 241a), on doit toutefois constater que le terme leal est appuye de LEGALIS du latin administratif. Et il faut ajouter que ! es variantes loial et roial qui surgissent vers 1200 (FEW 5, 239b s.v. et 10, 201a s.v.) rapprochent ces adjectifs des noms loi et roi en detruisant le parallelisme avec devons: doivent. - Les nomina agentis tires des verbes signifiant 'crier' et 'creer' etant pratiquement homonymes (112), l'ancien fran9ais a souvent recours au latin CREATOR qu'il peut traiter selon la declinaison bicasuelle en vigueur. La coexistence des formes nettement latines (creator) et des formes fr. (criere, creeur) avec ! es formes hybrides (theme lat., desinences fr., p.ex. createre), pour 'createur', meme chez un meme auteur, permet a Skärup d'etablir des paradigmes mixtes franco-latins (112, criere: creator, etc.). Cette systematisation correspond-elle a la realite? De toute fa9on, il importe d'etablir que ce melange linguistique a eu lieu dans le sociolecte du culte et de l'enseignement religieux: le terme lat. CREATOR fait partie de la liturgie et c'est un terme que tout le monde comprenait avant qu'il ne soit utilise dans un enonce fran9ais. - Le verbe benir qui se presente sous les formes benei"r et beneistre (41), auxquelles on peut ajouter benesquir, ne saurait, selon moi, echapper a l'influence du lat. BENEDI- CERE. Skärup semble exclure cette possibilite quand i1 dit: «L'impf. ind. 6 benediseient et le pr. ind. 4 benediums dans le Psautier d'Oxford . . . sont des croisements isoles avec des formes de dire. Cela vaut peut-etre egalement pour le pr. subj. 3 benediet ...» (127 Nl). Je pense que l'influence de dire se fait sentir par l'intermediaire de l'influence de lat. BENEDI- CERE, terme du culte utilise dans ! es salutations egalement. En fait, la salutation liturgique (DEus ... ) BENEDICAT a donne lieu a la salutation courtoise (Dieu vos) benei"e (NM 79 [1978]: 197, 213). Ajoutons que ! es latinismes sont susceptibles de jouer un röle different dans ! es periodes differentes et meme dans les dialectes differents l'anglo-normand ! es admettant tres facilement (melange de deux langues de prestige face a l'anglais du peuple? ). Esperons que l'auteur acceptera la discussion comme une preuve de la solidite et de la fecondite de son ceuvre. La Morphologie synchronique de l'ancien fran<; ais me sera fort utile et je felicite son auteur. Details: (59) Le groupe mn disparu dans le titre dam < DOMINUM, DOMINE survit dans le latinisme Damnedeu < DoMINUM DEUM. (71) Se, conjonction conditionnelle (ici range parmi ! es relatifs-interrogatifs sans doute gräce a son röle d'introducteur des interrogatives subordonnees), remonte au lat. sr, plus exactement a une variante a i bref que Je mot a connu au moins dans la combinaison SIQUIDEM (B.Löfstedt, Gnomon 38 [1966): 66 N). Ce vocalisme (i bref > lat. vulg. e) a pu etre favorise par la position non accentuee du terme dans la phrase et par le desir de differencier cette conjonction de l'adverbe src (> afr. si). Leena Löfstedt * 308 Besprechungen - Comptes rendus VOLKER MECKING, Wortgeschichtliche Untersuchungen zu Philippe d'Alcripe's «La nouvelle Fabrique» (ca. 1580), Tübingen (Niemeyer) 1993, xm + 203 p. (Beih.ZRPh. 252) Unter diesem Titel wird eine lexikographische Systematisierung der lexikalischen Besonderheiten der Nouvelle Fabrique des Excellents Traicts de Vitrite des aus Lyons-la-Foret in der Haute-Normandie gebürtigen Philippe Le Picard (ca. 1530/ 31-1581) vorgelegt, der dem Leser hier unter dem geläufigen Akronym Philippe d'Alcripe entgegentritt. Dem Band ist ein Vorwort (rx-xm) vorangestellt, das in aller Kürze das Leben des Autors, die Textausgaben der Nouvelle Fabrique, die der Studie zugrundeliegende Edition sowie die Forschungsziele vorstellt. Vorrangige Zielsetzung ist die Beschreibung sowohl chronologischer (Erstbelege etc.1, Archaismen, Neologismen) als auch diatopischer (Regionalismen), diaphasisch-diastratischer (als «familier» oder «populaire» markierte Elemente) sowie nicht zuletzt innovativer Phänomene (im FEW nicht bezeugte Bedeutungen etc. ) 2 . Die Sammlung umfaßt jedoch nicht nur die Spezifika des Korpus, sondern auch zahlreiche «Zwischenbelege» (xn). Insgesamt werden so ca. 2500 Artikel zusammengetragen. Grundlegendes Hilfsmittel der Untersuchung ist in erster Linie das FEW, dem der Hauptteil der verarbeiteten Informationen entnommen wurde; zu Rate gezogen wurden aber neben weiteren ausschließlich literarischen Texten des 16. Jahrhunderts unter anderem die Wörterbücher von Godefroy, Cotgrave und Huguet, von Littre und Hatzfeld/ Darmesteter, der TLF sowie einige Dialektwörterbücher der Normandie. Der Hauptteil (1-186) besteht aus einem alphabetisch gegliederten Wörterbuch mit einer reduzierten Mikrostruktur: nach dem kursiv gesetzten Lemma mit grammatischer Situierung folgt ein verkürztes und häufig auf einige Wörter reduziertes Zitat, der Verweis auf das FEW (mit Angabe des Etymons des jeweiligen Grundworts) und den daraus bezogenen Hinweisen zur Wortgeschichte. Teilweise wird dies durch weiterführende Informationen ergänzt. Hieran schließen sich eine zusammenfassende Überschau der Charakteristika der Wortmaterialien vor allem in sprachhistorischer und varietätenlinguistischer Sicht (187-91), die Bibliographie (192-95) sowie eine Reihe von Indizes (196-203) an: Erstbelege, Regionalismen, die Belege aus der Nouvelle Fabrique bei Cotgrave, Letztbelege in Ergänzung des FEW, Hapaxformen (Huguet, FEW) sowie Parallelen in den normannischen Dialektwörterbi.ichern von Delboulle und Moisy. Was bietet nun das vorliegende Wörterbuch? In der überwiegenden Mehrzahl bereitet es Wörter lexikographisch auf, die bereits anderweitig (FEW, Godefroy, Huguet) belegt sind. Betrachtet man die Indizes näher, so wird an wirklich Neuem geboten: 254 Erstbelege (10,2% ), 99 Regionalismen (4,0% ), 25 Letztbelege (1,0% ). Hinzu kommen noch 140 Formen, die im FEW oder im Huguet als Hapax verzeichnet sind (5,6% ), deren Veranke- 1 Gar zu positivistische Beleggläubigkeit tritt dort zutage, wo nicht nur von «Zweitbelegen», sondern sogar, wie dies beispielsweise p.183 geschieht, von «Dritt-, Viert-, Fünftbelegen» die Rede ist. 2 Zielsetzung ist im übrigen auch (xm), «als Grundlage für eine eventuelle Übertragung der NouvFabr ins Neufranzösische bzw. eine andere Fremdsprache» zu dienen. Was das Deutsche angeht, verrät uns V. Mecking mit seinem letzen Satz (191), daß er dies selbst bewerkstelligen w,ill. Inwiefern dafür diese lexikalische Studie hätte von Nutzen sein können, mag sich jeder an Ubersetzungsproblemen interessierte Benutzer anhand der englischen Übertragung ansehen: G. THOMAS, The Tall Tale and Philippe d'Alcripe. An Analysis of the Tall Tale Genre with particular Reference to Philippe d'Alcripe's «La Nouvelle Fabrique des Excellents Traits de Verite» together with an Annotated Translation of the Work, St.John's 1977, 276p. Besprechungen - Comptes rendus 309 rung in der Lexik der Epoche hier also bestätigt wird. Leider hat der Autor keinen Index der Elemente erstellt, die als Ergänzungen zum FEW anzusehen sind 3, so daß man diese nicht ohne weiteres ermitteln kann. Eine Auszählung (140-49) ergab auf 129 verzeichnete Lemmata 25, die aus der Warte des FEW als Neubelege zu werten sind, was also einen zu schätzenden Anteil von 19,4% ausmacht. Hierunter sind vor allem semantische Nuancierungen sowie Redewendungen zu verstehen. Im übrigen nimmt diese Zahl naturgemäß zu Beginn der Arbeit zu, dort also, wo Mecking Ergänzungen zu den ersten Bänden des FEW (1, 2/ 1, 3) anführt. Alles in allem dürften somit im Vergleich zum FEW rund 40% der erfaßten Materialien wirklich Neues bringen, wohingegen drei Fünftel nur recht wenig Erkenntnisgewinn in Bezug auf das Lexikon des 16.Jahrhunderts vermitteln, so daß man die Bedeutung des Textes für die französische Wortschatzgeschichte wohl wird relativieren müssen. Hinzu kommt, daß der Autor vielfach die Elemente ausgelassen hat, die in der Nouvelle Fabrique vorkommen, die in dieser oder einer ähnlichen Bedeutung aber auch im Modernfranzösischen vorhanden sind, was das geringe Interesse daran natürlich begründen mag. Andererseits ist damit ein nicht unerheblicher Teil der lexikalischen Materialien vernachlässigt worden. Eine stichprobenartige Auswertung der ersten zwanzig Seiten des Novellentextes 4 ergibt so (ohne die Berücksichtigung grammatischer Elemente) annähernd 150 Wörter, Kollokationen, Phraseologismen, die nicht erfaßt werden. Legt man dies schätzungshalber auf den verbleibenden Teil des Werkes um, so hätte die Gesamtzahl der Artikel wohl immerhin um die Hälfte erhöht werden können. Losgelöst von der methodischen Problematik, ob eine solche Wortschatzstudie rein differentiell vorgehen soll auf die der Autor eine mit guten Argumenten durchaus vertretbare Antwort gegeben hat -, ist dies in all den Fällen schade, wo unter den vernachlässigten Materialien Neues hätte zutage gefördert werden können. Im übrigen ist die differentielle Perspektive vom Autor trotz anderweitiger Bekundungen bei weitem nicht durchgängig eingehalten worden, was zu einer beträchtlichen Uneinheitlichkeit führt. Bedauerlich ist auch die recht lückenhafte Informationsbasis des Buches. Die herangezogenen Hilfsmittel sind zwar fundamental, bedürfen aber dennoch der Erweiterung. So fehlt der Tobler/ Lommatzsch, so fehlt das Phraseologismen-Wörterbuch von Di Stefano, so fehlen aber auch eine Reihe von Detailstudien zum Lexikon des 16. Jahrhunderts 5. Auch die vom Autor in seiner Bibliographie genannten dreißig weiteren Quellentexte der Zeit erbringen allem Anschein nach kaum Zusatzinformationen: eine Durchsicht von dreißig Seiten (106-35) ergibt gerade einmal 23 zusätzliche Belege, die so ermittelt wurden. Hinsichtlich der Erstbelege sind die Daten des TLF so gut wie nicht genutzt worden, obwohl das Wörterbuch in der Bibliographie zitiert wird. Dasselbe gilt im übrigen für die Beschreibung des Fortlebens mancher Wörter: neben dem TLF hätte der Grand Robert und eventuell der GLLFherangezogen werden so11en. Hier hätte also mehr getan werden können. Ebenso überzeugt die Gestaltung der Mikrostruktur nur teilweise. Dies betrifft in erster Linie den Umgang mit den Belegzitaten. Im Gegensatz zu dem in der französischen 3 Cf. dazu die Rezension von B. VERWIEBE iu: RJ 45 (1994): 203-05. Es fehlt übrigens auch ein Index der laut Mecking im FEW p. 48 curieux u.a.m.) oder seltener auch in anderen Wörterbüchern (cf. p. 96 huvelot u.a.m.) zu streichenden Formen. 4 PH. n' ALCRIPE, La Nouvelle Fabrique des excellente� traicts de verite. Livre pour inciter les resveurs tristes et melancholiques a vivre de plaisir. Edition critique par Frarn;:oise Joukovsky, Paris/ Geneve 1983, p. 9-29 (Novellen 1-9). Die restlichen 90 Novellen umfassen p. 30-195. 5 Cf. dazu die reichhaltigen Angaben in der Bibliographie von M. CROZET: «Bibliographie des etudes lexicologiques», in: Franr;ais l-'r, 5r-1,r1<,1m1P 2 (1991): 75-134. 310 Besprechungen - Comptes rendus Lexikographie eingebürgerten Verfahren sind sie bei weitem zu extrem verkürzt. Oftmals wird das Zitat auf drei, vier, fünf Wörter reduziert, was so natürlich kaum aussagekräftig ist, so gut wie nie geht der Beleg über eine Zeile hinaus. So fehlt leider der vollständige Kontext, und man muß dem Autor einfach Glauben schenken, wenn er beispielsweise autil (126) mit 'membre viril' definiert, denn aus dem dargeboten Miniaturzitat («avec l'outil, . . . » ) ist dies ebensowenig ersichtlich wie die Bedeutung 'de la meme couche' der Wendung taut d'une ventree (181) (fehlender Kontext: «trois beaux gan;:ons, que luy fit sa cinquiesme femme tout d'une ventree», Nauvelle Fabrique, p.13s.). Bedauerlich ist dies vor allem dort, wo der Kontext präzisere Informationen über das behandelte Wort vermittelt. So steht bei Mecking (24) brayer 'crier' mit dem Zitat «brayants et criants » , das in vollständigerer Fassung lautet: «. . . arrivant en sa maison ses petits enfants la descogneurent, lesquels s'enfuirent de sa presence, brayants et criants de peur.. . » (Nauvelle Fabrique, p. 29) die Verkürzung läßt hier also eine semantische Nuance ('crier de peur') nicht erkenntlich werden. Die grammatische Beschreibung ist teilweise unvollständig, vor allem hinsichtlich der Verben, bei denen nicht selten nur die Abkürzung «v. » eine genauere Analyse (v.tr., v.tr.absolt., v.intr. etc.) ersetzt. Uneinheitlich ist in dieser Hinsicht auch die Behandlung der Phraseologismen: so wird das Lemma entree (68) mit «loc.adv. » versehen, weil dort der Phraseologismus d'entree zur Sprache kommt, dagegen firmiert campagnie als «f. » (38), obwohl auch dort eine phraseologische Einheit (en banne campagnie) besprochen wird. In diesen und anderen Fällen hätte die Beschreibung nur zu oft präziser ausfallen können. In diesem Zusammenhang erweist sich auch die Lemmatisierung von Phraseologismen als Problem. Der Autor entscheidet sich nicht selten für ein einigermaßen antiquiertes Verfahren, indem das erste selbständige Element als Lemma gewählt wird, nicht aber der semantische Kern der Redensart. So sollten verbale Wendungen mit frequenten Verben (z.B. 114s. mettre: mettre fin etc.) eher unter dem semantisch zentralen Substantiv lemmatisiert werden. Die Bedeutungsanalyse hingegen ist durchaus genau und nahe an den Gegebenheiten des Textes, so daß man sich gar nicht selten fragen kann, ob hier nicht zuviel des Guten getan wird, ob also zu sehr mit «parole » -Daten argumentiert wird, anstatt auf der Ebene der «langue» zu bleiben. Dies gilt beispielsweise für abaisser (1) und seine Spezifizierung 'enfoncer, planter (un objet pointu)' nach der Belegstelle «abaissa et riva le bout dudict croc » , es läßt sich auch bei accaustre (2) 'arrange, dispose (dans un certain ordre)' im Vergleich zur Definition des FEW ('preparer, arranger [! ], orner, disposer') auf der Basis des angeführten Kontextes der Nauvelle Fabrique ( «et ainsi accoustrees s'esleverent de terre » ) ausfindig machen oder bestätigt sich ebenso im Falle von campaignan (38), wo aus dem Textzitat («il semble a ces pauvres oyseaux que leurs compaignons se plongent en l'eaue » ) die «neue » , im FEW nicht enthaltene Bedeutung 'animal congenere' abgeleitet wird. Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren, doch die Lösung dieses metalexikographischen Theorieproblems der semantischen Beschreibung im Spannungsfeld zwischen Systembedeutung des Worts oder okkasionellem Kontext ist wohl nicht Sache des Autors gewesen. Die Belegzitate sind im übrigen unserer Beobachtung nach durchwegs sorgfältig wiedergegeben. Recht kurz kommt die Kommentierung der Materialien, die in der überwiegenden Zahl der Fälle nur in der (partiellen) Reproduktion des FEW-Artikels besteht, wobei man sich fragen kann, ob es nötig gewesen ist, die dort aufgeführten exzerpierten Quellen hier nochmals zu wiederholen und ob nicht die reine Nennung der Chronologie und gegebenenfalls das Resümee der Wortgeschichte ausgereicht hätte. Statt dessen hätten die Daten des FEW ausgebaut werden sollen. Daß hier auch varietätenlinguistische Probleme vermehrt hätten angeschnitten werden können, also das Überleben anscheinend außer Besprechungen - Comptes rendus 311 Gebrauch geratener Wortmaterialien im Argot 6 , Regionalfranzösischen etc., steht auf einem anderen Blatt. In formaler Hinsicht gibt es nur weniges zu kritisieren. Dazu gehört, daß allem Anschein nach die Erarbeitung der Indizes nicht mit letzter Sorgfalt durchgeführt wurde, was sich in einer recht uneinheitlichen Präsentation niederschlägt. So wird beispielsweise (197) «menton m. » aufgeführt, obwohl es um einen Phraseologismus (avoir de la barbe au menton) geht, im Falle von mettre en peine (197) enthält der Index immerhin schon den Hinweis «peine f. (loc.) » und bei picquer en la queue des chiens (198) wird gleich die ganze Redewendung aufgeführt. Da ein Großteil der Erstbelege Phraseologismen sind, wäre hier ein einheitlicheres Vorgehen für den interessierten Leser nützlich gewesen. Manchmal enthält der Index mehr als der Artikel, so bei nez (197), wo der Index die im Artikel fehlende grammatische Situierung «loc.adv. » enthält; manchmal enthält der Index auch zuviel, wie im Falle von mere (une telle), wo in der Nouvelle Fabrique an der konkreten Stelle nur mere steht (197). Gelegentlich ist allem Anschein nach auch schon einmal etwas vergessen worden, so der Erstbeleg des Phraseologismus se mettre sur mer (112), der im Index fehlt. Am bedauerlichsten ist, wie schon angesprochen, daß nicht weitere Indizes erstellt worden sind, z.B. (nicht nur in Anbetracht unterschiedlicher Lemmatisierungsmöglichkeiten) ein Phraseologismen-Index. Daß der Abkürzungsapparat des FEW übernommen wurde, was im Falle des Falles also eine zusätzliche Quellenkonsultation nach sich zieht, mag man ebenso als unbequemes Detail empfinden wie die Einführung nicht aufgelöster bibliographischer Angaben: nach R. de la Planche, Var. hist. et litt. (118 s.v. montant) sucht man vergebens. Auch eigenständig eingeführte Abkürzungen (BL für die Einleitung «Aux benevoles lecteurs » , PL anstelle von «Pieces liminaires » ) werden nicht aufgelöst. Vernachlässigbar sind Kleinigkeiten wie beispielsweise, daß der Verfasser im Vorwort bekundet (xm), graphische Besonderheiten außer acht zu lassen, dann aber für accoustre und acoustre (2) gesonderte Artikel ansetzt. Ein Konzept wie der häufiger auftauchende Begriff «Pseudoregionalismus» (117 et passim) hätte geklärt werden sollen. Damit zu den Details. Zunächst hier einige Nachträge hinsichtlich nicht berücksichtigter Materialien. Sie sind notgedrungen ebenfalls stichprobenartig (Nouvelle Fabrique, p. 9- 29) und vernachlässigen alles, was den methodischen Prämissen des Autors gemäß in den Wortgeschichtlichen Untersuchungen fehlen soll: (9) faire memoire de qqch. 'noter, mentionner' («Zwischenbeleg » , cf. FEW, 6/ 1: 698a sowie Huguet 5: 199); (10) sectateur 'personne qui eprouve de l'interet pour qqch.' (in dieser allgemeinen Bedeutung erst später belegt, cf. TLF 15: 245); (11) il est besoing 'il est necessaire' («Zwischenbeleg » , cf. FEW 17: 275b); (12) picquer (v.intr.) 'marcher' (Mecking p. 134 nur 's'elancer sur son cheval'), passer outre 'ne pas prendre en consideration' (in dieser allgemeinen Bedeutung erst später belegt, cf. TLF 12: 725 sowie FEW 7: 707b 'changer de matiere, de sujet'); (13) du temps de + subst. 'a l'epoque de'; (14) ce que voiant 'en voyant cela', cognoistre (v.intr.) in der Wendung cognoissant que 'etant donne que, vu que' (ergänzend zu Huguet 2: 332 congneu que 'vu que'), faire (bien) peu de chose pour qqn. 'avoir peu d'importance, ne pas rapporter beaucoup'; (15) tour 'tour d'adresse' («un tour de vostre mestier » ), frais esmoulu 'aiguise recemment' (Erstbeleg, sonst erst Moliere 1673, cf. TLF 7: 947, die Wendung ist anscheinend im figurativen Gebrauch älter- 'recemment sorti de' ist seit E. Pasquier belegt-, cf. FEW 6/ 3: 33a, während Huguet 3: 656 für die eigentliche Bedeutung freschement emoulu verzeichnet), abattre 'couper (la barbe)', a l'instant 'en ce moment' (Mecking p. 98 nur 'aussitöt, tout de suite'), servir (v.tr.) 'faire de bons services a qqn.' (FEW 6 So wurde zwar das Dictionnaire du franqais non-conventionnel von CELLARD/ REY herangezogen, nicht aber das wesentlich ergiebigere Argot-Wörterbuch von J.-P. CouN/ ].-P. MEVEL, Dictionnaire de l'argot, Paris 1990. 312 Besprechungen - Comptes rendus 11: 536a), ce disant 'en disant cela', referrer 'ferrer de nouveau(un cheval)' (cf. aber FEW 3: 475a, schon seit dem 12. Jh. belegt), proprement 'bien fait(d'un travail)' (Mecking p. 145 nur 'elegamment', cf. aber Huguet 6: 233 'exactement; bien, comme il convient' sowie FEW 9: 458a), mille in der elliptischen Wendung entre mille 'entre mille personnes', sortir dehors («Le tiers . . . sortit dehors en la rue»)(Mecking p. 165 nur einfaches sortir; auch FEW 12: 126a verzeichnet nur übertragenes sortir hors 'se manifester'); (16) taille 'tranchant de l'epee'(«Zwischenbeleg», cf. FEW 13/ l: 50b), plat (s.m.) 'surface plate de l'epee (? )', de tors et de travers (cf. dazu FEW 13/ 2: 223b sowie Huguet 8: 270), couvrir(v.pron.) 'se defendre des attaques ennemies, a l'aide de l'epee(terme d'escrime)' (cf. Huguet 2: 620 und FEW 2/ 2: 1148b), il faut entendre que 'il est necessaire de comprendre que, il taut se rendre compte que'; (17) par tout ce pai's 'dans toute la region', dire verite 'dire vrai, dire la verite'(und häufiger), somme de tout 'en total, en tout'; (18) de sorte que 'de fa9on que' (und häufiger)(Mecking p.165 nur en sorte que), rendre in rendre un son 'produire', pour recompense de 'en recompense de'; (19) unklar ist vendredri des grands vents, cul 'organe sexuel de la femme' (im FEW 2/ 2: 1506 nur dialektal oder regional oder als fr. pop. (Bauche) verzeichnet), (20) maistresse Eglise '? ', l'espace de(+ indication de ! 'heure) 'pendant'(Mecking p. 72 nur par l'espace de); (21) au long 'completement'(dazu Huguet 5: 40 mit einem Beleg bei J. Peletier du Mans), travailler(v.tr.) 'harceler qqn., assaillir qqn. (avec des armes)' (zu Huguet 8: 319 'faire souffrir, tourmenter'), certifier que(Mecking p. 29 nur certifier + inf.), d'une part et d'autre(«Zwischenbeleg», cf. FEW7: 671a; Mecking p.128 nur de part et autre), se venir a + inf. 'venir( + inf.)', l'un l'autre 'mutuellement'; (22) trenchant, p.p.adj.(«Letztbeleg» dieser Formvariante(? ), cf. FEW 13/ 2: 279b), pied 'mesure'(cf. Huguet 5: 776; dagegen nimmt Mecking p. 134 demi-pied auf), banne trempe 'bonne qualite de durete, d'elasticite(d'un meta! )'(1567 trempe, 1580 banne trampe(fig., Montaigne), cf. TLF 16: 578 und FEW 13/ 1: 169a), se prendre a ' (en parlant du feu) commencer a brüler', de fac;on que(seit dem 16. Jh., cf. FEW 3: 360b); (23) curage 'espece de plante(? )'; (24) cuire(charbon) 'brüler', un cent de + subst., ruer(v.pron.) 'se jeter, se mettre(avec force)' (zum Gebrauch als v.tr. oder v.intr. in dieser Funktion cf. Huguet 7: 649s.), devenir malade 'tomber malade'; (25) si tres («Zwischenbeleg», cf. Huguet 7: 790); (26) venir son chemin 'venir, passer', faire 'chasser' in bien faire a un animal (cf. Huguet 4: 15s. und die dort notierten Bedeutungsnuancen), roidement 'rapidement, vite' («Zwischenbeleg», cf. FEW 10: 403b und Huguet 7: 618), sans rire(loc.adv.) 'serieusement',forme '(specialt.) moule de chaussure d'un savetier'(cf. FEW 3: 714a); (27) icy illec 'de notre region', par serment 'par un serment', le diable l'emporte 'espece de juron', par plusieurs Jois 'plusieurs fois'; (28) ni plus ni moins que (cf. ne plus ne moins que 'comme, de meme que', Huguet 6: 42); (29) il est question de + inf. 'il s'agit de'. Die Ergänzung möglicher Lücken sei damit abgebrochen, denn die vorstehende Liste dokumentiert zur Genüge, was in den Untersuchungen des Autors noch mehr hätte berücksichtigt werden müssen: Bedeutungsnuancen von Wörtern, Kollokationen, Phraseologismen. Auch zu vielen Artikeln, wie sie sich jetzt dem Leser darbieten, ließe sich mancherlei Detailkritik anbringen. Hier einige durchaus unsystematische ergänzende Hinweise: (1) abuseur ist schon im 14. Jh. belegt(T-L, AW 1, col. 69 s.v. abuser),abayer hat sich noch bis Anfang des 19. Jhs. regional gehalten 7 ; (5) par ainsi ist schon im 12. Jh. belegt und nicht erst im 14.(par einsi in T-L, AW 7, col.164), es hat im Nfr. literatursprachlich oder auch regional überlebt (u. a. Centre, Berry, daher der von Mecking genannte Beleg bei G. Sand); (6) der Phraseologismus il attend que les alouettes lui tombent toutes r6ties findet sich schon bei Rabelais, hier liegt also bestenfalls der Erstbeleg der Variante(. . . toutes r6ties dans le bec) vor; ambuche ist nicht im 16. Jh. erstmals belegt, sondern schon 1360 (enbusque, cf. TLF 7: 917); (8) appartenance 'parente' ist schon vor 1564 bei Guillaume 7 Cf. dazu W. PIERREHUMBERT, Dictionnaire Neuchdtelois, Neuchätel 1926, p. 386 s.v. nayer. Besprechungen - Comptes rendus 313 Guiart belegt (T-L, AW 1, col. 1431); (12) attacher (v.pron.) 'se fixer a qqch.' ist schon afr. (T-L, AW l, eo! . 616); (13) autant de testes autant d'opinions, das Sprichwort ist keineswegs bei Ph. d'Alcripe erstmals belegt, sondern erscheint schon in den Sermons von Menot (Di Stefano p. 837); (16) bardane 'plante' ist nicht erst seit dem 15. Jh. belegt, sondern schon anglonormannisch um 1250 (TLF 4: 182); (20) faire le bien contre le mal findet sich bei R. Lefevre (Di Stefano p. 81); (21) mettre Geoffroy au bissac 'faire l'acte venerien' ist mfr. in diversen Varianten (Di Stefano p. 84); (28) a cause que hat sich als Regionalismus bis ins 20. Jh. halten können (Ouest, Centre, Franche-Comte, Suisse romande, Canada, etc.); (33) cheminee in der Bedeutung 'tuyau de Ja cheminee' ist bereits afr. (cf. T-L, AW 2, col. 342, «Rauchweg»), es handelt sich also nicht um einen Erstbeleg; (38) sans comparaison ist wohl älter, cf. dazu den afr. Beleg in T-L, AW 2, col. 618; (40) de campte fait ist nicht «nfrz.» (Academie-Wörterbuch von 1835, cf. aber auch den Beleg bei La Bruyere, FEW 2/ 2: 997a), sondern schon mfr. (Di Stefano p.187); (p. 81 s.v. fizain) die Variante meurier 'mfirier' wird nicht lemmatisiert, (95) hucher hat als Regionalismus bis in die Gegenwart überlebt (GR 5: 270) (113) memement ist durchaus nicht im 17. Jh. ausgestorben, sondern hat sich als Regionalismus bis ins 20. Jh. gehalten, (136) pimpant ist schon um 1500 belegt (TLF 13: 377) und das Auftreten in der Nouvelle Fabrique ist somit trotz des FEW (1658) nicht als Erstbeleg zu werten; (162) septante ist nicht nur dialektal, sondern auch regionalfranzösisch (Belgien, Schweiz) bis in die Gegenwart hinein vital geblieben. Schon diese exemplarische Sammlung zeigt, daß die Darstellung vielerorts zu ergänzen ist. Die mangelnde Berücksichtigung einfachster Quellen läßt die Informationen des Autors in einer nicht geringen Zahl von Fällen als in erheblichem Maße lückenhaft erscheinen. Wenn auch das Fortleben älterer Wortmaterialien nur sehr aufwendig nachzuvollziehen gewesen wäre und somit den Arbeitsrahmen gesprengt hätte, so wäre doch zumindest hinsichtlich der Vorgeschichte leicht ein Hinzugewinn erzielbar gewesen, und wäre es nur, um nicht etwas als Erstbeleg auszugeben, was es nicht ist. So hingegen ist die Zahl angeblicher Erstbelege um einiges zu reduzieren. Zum Abschluß noch einige Anmerkungen zu Fragen genereller Natur, die bei der Gestaltung der Arbeit von Interesse gewesen wären. Dazu gehört die nach der möglichen onomasiologischen Gliederung der Materialien, die hier nicht zu unrecht mit dem Argument der Benutzerfreundlichkeit verworfen wird 8 , die aber Einblicke in die Strukturen der idiolektalen Lexik hätte erbringen können. Dazu gehört der Hinweis auf die Frequenz, der im Text zwar sporadisch bei häufiger vorkommenden Wörtern anklingt, aber nicht systematisiert angegeben wird. Dazu gehört eine zusammenfassende Analyse der historischen Schichtung des neuen Wortschatzes von Ph. d'Alcripe oder vielleicht auch ein Suffixinventar mit den dazugehörigen Belegen. Eine grundlegende Frage ist auch, inwiefern die Grammatik behandelt wird oder nicht. Hier hat sich ein gewisses Maß an Schwanken eingestellt: so wird uns (79) als indefiniter Pluralartikel aufgeführt, andere Funktionswörter hingegen fehlen. Daß hier manch Interessantes auch in der Form der lexikographischen Aufarbeitung hätte präsentiert werden können, zeigt sich beispielsweise unter dem Lemma table (169): en table 'a table' wird vom Autor hier subsumiert, obwohl doch nicht das Substantiv, sondern die Präposition von Interesse ist. Doch auch wenn man sich hier mehr hätte wünschen können, ist das vom Autor allem Anschein nach gewählte Grundprinzip, die Grammatik nicht zu berücksichtigen, eine vertretbare Vorgehensweise die man dann aber durchhalten sollte. Daß zu guter Letzt auch die fünf Seiten «Zusammenfassende Bemerkungen» etwas summarisch bleiben, sei dem Verfasser nicht verübelt 9 • 8 Cf. dazu die Rezension von G. RoQUES in: RLiR 58 (1994): 216-18. 9 Formal ist das Buch ansprechend gemacht; Druckfehler: (6) s. aloy Cotqr statt Cotgr, (14) s. avancer «se häter» nicht kursiv, (187) N.4 rapeau fehlender Kursivdruck (auch bei manchen anderen Lemmata bereitet dies Probleme). 314 Besprechungen - Comptes rendus Die Nouvelle Fabrique von Philippe d'Alcripe ist dem Untertitel zufolge ein «Livre pour inciter les resveurs tristes et melancholiques a vivre de plaisir». Die wortgeschichtlichen Untersuchungen von V. Mecking vermögen es angesichts der reichhaltigen Materialien und vieler neuer Detailerkenntnisse durchaus auch, dem sprachhistorisch interessierten linguistischen Leser Vergnügen zu vermitteln. In Anbetracht allzuvieler ebenso inhaltlich wie methodisch bedingter Lücken und Mängel vermag das Buch letztlich jedoch nur bedingt zu überzeugen: die Literaturverarbeitung ist unzureichend, die Materialien des Textes werden nur zu einem Teil ausgewertet, die in den einzelnen Artikeln vermittelte lexikographische Beschreibung ist häufig quantitativ und qualitativ verbesserungswürdig. Eine gründlichere Bearbeitung des Gegenstandes wäre wünschenswert gewesen. J. Lengert * ULRICH HorNKES, Philosophie und Grammatik in der französischen Aufklärung. Untersuchungen zur Geschichte der Sprachtheorie und französischen Grammatikographie im 18. Jahrhundert in Frankreich, Münster (Nodus) 1991, xn + 611 p. (Studium Sprachwissenschaft, Beiheft 13) In der Münsteraner Dissertation liegt uns ein kluges Buch vor, das nicht nur von der stupenden Belesenheit seines Verfassers zeugt, sondern auch von einem hohen analytischen und synthetisierenden Vermögen in der Darstellung ausgesprochen komplexer, vorrangig abstrakter Gegenstände. Es handelt sich um einen Beitrag zur noch relativ jungen Disziplin der Wissenschaftsgeschichtsschreibung. Gegenstand ist die Aufarbeitung des Verhältnisses von Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie, Allgemeiner und einzelsprachlicher Grammatik in ihrem Zusammenwirken in der Blütezeit der französischen Aufklärung. Exemplarisch werden die folgenden Bereiche problematisiert: 1. die sensualistische Sprachtheorie, 2. die grammatische Tradition von Port-Royal sowie 3. die philosophische Grammatik. Eingefahrene Interpretationsschemata werden hinterfragt und z. T. einer neuen bzw. modifizierten interpretativen Gewichtung zugeführt. Exemplarisches Vorgehen und Einbettung in einen umfassenden Rahmen werden in höchst informativer Weise miteinander verknüpft. Das Hauptgewicht liegt dabei weniger wie dies im Rahmen wissenschaftshistorischer Beiträge immer wieder gerne gemacht wird auf dem Aspekt der Vorwegnahme modernerer Ansätze, als vielmehr auf einer Darlegung der Sprachforschung der Aufklärung in ihrer geschichtlichen Bedingtheit. Abhängigkeiten und Einflüsse werden sowohl wissenschaftssynchronisch als auch wissenschaftsdiachronisch zu fassen versucht. Im Zentrum steht der von Condillac ausgehende Sensualismus, der als diejenige Leitphilosophie betrachtet wird, die das sprachphilosophische und -theoretische Denken in der französischen Encyclopedie im Wesen geprägt habe 1. Nach dem knappen Vorwort zu Zielsetzung und Problemen wissenschaftshistorischer Ambitionen (rx-xr) werden in einem Einleitungskapitel (1-33) die «Thematische Konzeption und der geschichtlich-literarische Bezug» (1-24), der «Forschungsstand» (25-30) sowie einige «Methodologische Anmerkungen» (30-33) präsentiert. Das zweite Kapitel zentriert sich auf den «Sensualismus als Grundlage der Sprachtheorie: Zusammenhang von Sensualität, Erkenntnisfähigkeit und Sprache» (34-64). Behandelt werden 1. dohn Lockes Ansatz einer sensualistischen Erkenntnistheorie» (34-42), 2. die «Grundlagen von Condil- 1 Zu einer kritischen Wertung dieser die Arbeit von Hoinkes in all ihren Teilen leitenden These cf. GERDA HASSLER, «Überlegungen zu Philosophie und Grammatik in der französischen Aufklärung», Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft 4.1 (1994): 138-53. Besprechungen - Comptes rendus 315 lacs Theorie der sensation transformee» (42-49), 3. «Condillacs sensualistische Konzeption und ihre zeichentheoretischen Implikationen» (49-56) und 4. die «Rolle der Sprache in Condillacs Erkenntnistheorie» (56-64). Im dritten Kapitel geht es um die «Sprachtheorie im Rückgriff auf ihre anthropologische Basis: zur Beziehung zwischen Sprache und Natur des Menschen» (65-100). Dies erfolgt über die Darstellung 1. der «Begründung der Sprachursprungsfrage» (65-74), 2. den «Zusammenhang von Natur und Sprache» (75-83), 3. des «Problem[s] der Sprachgenese» (83-89) sowie 4. der «Theologisch-anthropologische[n] Argumentation hinsichtlich der Sprachorientierung (bei Nicolas Beauzee)» (90- 100). Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit «Sprache als eigenständiger Reflexionsgegenstand: Zur Einsicht in das Wesen des Sprachlichen» (101-55). Behandelt wird dieser Aspekt in ebenfalls vier Unterkapiteln: 1. «Sprache als natürliches Phänomen und Kommunikationsmittel» (101-09), 2. «Wissenschaftstheoretische Einordnung der Sprache» (109-20), 3. «Sprache unter geschichtlichem Aspekt» (120-43) unter Aufarbeitung der «Probleme der Sprachenvielfalt» (120-30) und der «Bestimmenden Faktoren der Sprachentwicklung» (130-43) sowie 4. «Begründung des artifiziellen Charakters der Sprache» (143-55). Das fünfte Kapitel konzentriert sich auf die «Sprachstruktur als Untersuchungsgegenstand des Philosophen: zur Analysehaltung gegenüber der sprachlichen Realität» (156-209). Die vier Unterkapitel hier befassen sich 1. mit der «Zusammenführung von empiristischer und rationalistischer Sprachauffassung» (156-70), 2. mit dem «Problem der Bestimmung grammatischer Universalien» (170-84), 3. mit der «Sensualistischen Konzeption von Grammatik und Stilkunde» (184-95) sowie 4. mit der «Umsetzung der sensualistischen Theorie auf die Interpretation einzelsprachlicher Strukturen» (195-209). Der nicht nur quantitative Schwerpunkt der Arbeit liegt in den beiden folgenden Kapiteln. Kapitel Sechs hat zum Thema die «Allgemeine Grammatik und ihre besondere Betrachtungsweise des Satzes: Zur Konstitution einer eigenständigen Wissenschaftsdisziplin» (210-359). Nachgezeichnet werden hier 1. die «Französische Allgemeine Grammatik des klassischen Zeitalters und ihre Anknüpfung an die aristotelische Tradition der Satzanalyse» (210-38), 2. die «Sprachtheoretische Traditionsaufnahme und Traditionsbegründung in der Grammaire generale et raisonnee von Port-Royal» (239-66), 3. die «Allgemeine Grammatik und Erkenntnistheorie in der Sichtweise der Enzyklopädisten» (267-310) unter Berücksichtigung der «Epistemologischen Basis des Grammatikverständnisses in der französischen Aufklärung» (267-81) und der «Problematischen Verbindung von aufgeklärter Sprachtheorie und grammatischer Betrachtung bei den Enzyklopädisten» (282-310) und 4. die «Grundlegung einer allgemeinen Syntaxtheorie in der Encyclopedie>> (311-59). Eingegangen wird dabei auf den «Satzbegriff und die neue Form der syntaktischen Interpretation in der Allgemeinen Grammatik von Du Marsais» (311-33) und auf das «Verständnis des Satzes und seine Strukturanalyse in der Allgemeinen Grammatik von Beauzee» (333-59). Das siebte Kapitel schließlich widmet sich der «Grammatischen Deskription des Französischen im philosophischen Bewußtsein der Aufklärungsepoche: zur theoretischen Bestimmtheit der französischen Grammatikographie im geistigen Umfeld der großen französischen Encyclopedie» (360-567). Die erneut vier Unterkapitel zirkulieren um die Themenbereiche 1. «Didaktische Umsetzung der grammaire generale und ihre Anwendung auf die französische Sprache» (360-94), 2. «Tradition theorieorientierter französischer Grammatik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts» (395-446) mit der Behandlung von «Fran9ois-Seraphin Regnier-Desmarais: Traite de la grammaire fran<; oise (1705)» (395-403), «Claude Buffier: Grammaire franr;oise sur un plan nouveau (1709)» (403-13), «Pierre Restant: Principes generaux et raisonnes de la grammaire franr;oise (1730)» (414- 22) und «Gabriel Girard: Les vrais principes de la langue franr;oise (1747)» (422-46), 3. «Jean-Pierre d'A9arq: Grammaire Franr;oise Philosophique (1760/ 61)» (447-551) und 4. «Jaq. de Lavaud: Les principes raisones de la langue franr;oise (1769)» (552-67). Es folgt eine knappe «Schlußbemerkung» (568-71). Abgeschlossen wird die Arbeit durch eine 316 Besprechungen - Comptes rendus umfassende Auswahlbibliographie zur Primär- und Sekundärliteratur (573-606) sowie durch je ein Namenregister zu historischen Persönlichkeiten und Autoren sowie zu zitierten zeitgenössischen Wissenschaftlern (607-11). Allein schon die Präsentation des Inhaltsverzeichnisses zeigt die immense Leistung an, die mit der Dissertation vorgelegt wird. Die einzelnen Kapitel sind in sehr dichter, aber dennoch immer gut nachvollziehbarer Argumentation abgefaßt, zu deren Verständnis nicht zuletzt die immer wieder eingeschobenen knappen Resümees zu bereits gelieferter Information, die für einen neu zu behandelnden Aspekt die Grundlage bildet, beiträgt. So enthält die Arbeit in dieser Hinsicht zwar sehr viel «Redundantes», doch legitimiert diese Redundanz letztendlich die dichte Darstellungsweise. Grundthese Hoinkes ist die Feststellung, daß die französische Aufklärung über ein relativ einheitliches Grundverständnis von Sprache verfügt, welches in verschiedene Richtungen ausspekuliert wurde. Und dieses einheitliche empiristisch-sensualistische Grundverständnis soll in dem voluminösen Band herausgelöst werden. Selbst Aufklärer wie Beauzee, die traditionell dem Lager der Rationalisten zugewiesen werden, erweisen sich nach den Ausführungen in der vorliegenden Arbeit im Wesen als mit den sensualistischen Grundpositionen nicht nur vertraut, sondern auch als sich ihnen verpflichtet. Traditionelle Antagonismen lösen sich somit als unterschiedliche Auslegungen einer einzigen Grundposition, nämlich der des Sensualismus, auf. Der «Rationalismus» Beauzees erhält durch die vom Verf. belegte Nähe zur sensualistischen Grundkonzeption damit eine neue Gewichtung. Auf sprachphilosophischer Ebene für die Erklärung grammatisch-syntaktischer Theoriebildung in der frz. Aufklärung allerdings spielt der immer wieder hervorgehobene Widerstreit von Sensualismus und Rationalismus kaum eine Rolle. Und dies ist nicht die einzige «heilige Kuh», die in der Arbeit geschlachtet wird... - Dementsprechend nimmt die Darstellung von Condillacs empiristisch-sensualistischer Sprachphilosophie und ihre Bedeutung für die Allgemeine wie auch die einzelsprachliche Grammatik eine zentrale Position ein. An ihr wird alles gemessen, was an sprachphilosophischen, sprach- und grammatiktheoretischen sowie didaktischen Ausführungen im 18.Jahrhundert von Rang war. Dabei wird die Einbettung in den wissenschaftshistorischen Kontext, speziell die Allgemeine Grammatik in der Filiation Aristoteles Modistae - Sanctius - Port-Royal ausführlich vorgenommen. Was den zweiten Traditionszweig angeht, der an Vaugelas' einzelsprachliche «Grammatik» angebunden wird, so wird dieser zwar ebenfalls berücksichtigt, jedoch erweist er sich vor dem Hintergrund der dominierenden sprachphilosophisch-sprachtheoretischen Grundambitionen der Aufklärer weniger ergiebig als die Tradition der Allgemeinen Grammatik.- Der anschließende Forschungsbericht fällt, trotz der Fülle an Sekundärliteratur, recht knapp aus. Der Verf. beschränkt sich hier aus praktischen Erwägungen auf einige wenige Monographien (von D.Droixhe, S. Auroux, P.Swiggers, U.Ricken und N.Rousseau), unbenommen der Tatsache, daß gerade auf dem ausgewählten Gebiet eine ganze Reihe von wichtigen Beiträgen in Form von wissenschaftlichen Aufsätzen erschienen sind allerdings kaum etwas, das in die Richtung, die der Verf. einschlagen will, gehe. Im zweiten Kapitel geht es um die historische Einordnung des empiristisch-sensualistischen Ansatzes von Condillac sowie um die Darlegung von dessen Erkenntnis- und Sprachtheorie. Als eigentlicher Begründer der sensualistischen Sprachtheorie wird einmal mehr John Locke herausgestellt, der die scholastische Formel «nihil est in intellectu quid non prius fuerit in sensu» zum neuen epistemologischen Dogma erhoben hat, was gleichbedeutend ist mit einer Ablehnung der cartesianischen ideae innatae. Basis aller Erkenntnis sei vielmehr die Sinneserfahrung. Doch anders als später für Condillac spielt für Locke der Verstand lediglich eine passive Rolle. Empfinden und Denken, sensation und reflection erweisen sich für Locke als zwei gleichberechtigte Erkenntnisakte eine Interpretation, die ebenfalls in dieser Form von Condillac nicht übernommen wird. Für diesen ist die Besprechungen - Comptes rendus 317 reflexion eindeutig der primären sensation nachgeordnet. Bei aller Abhängigkeit von Locke konstruiert Condillac damit ein durchaus eigenes erkenntnistheoretisches Konzept, was Hoinkes plastisch herauszustellen vermag. So erscheinen Condillac Lockes Ausführungen zur Genese der menschlichen Geistestätigkeit unzureichend: der Geist sei nicht nur ideenleer, wie Locke feststellt, sondern auch unfähig zu denken. Alle Erkenntnis resultiere vielmehr aus dem Sinneseindruck, der erst die Grundlage abgebe für alle geistigen Prozesse, in deren Verlauf die Sinneserfahrung verschiedene Transformationen erfahre. Damit habe Condillac denn die Abkehr vom Empirismus hin zum Sensualismus vollzogen. Wie sich diese Feststellung allerdings mit der wenige Seiten vorher gemachten Feststel·lung, Locke sei der eigentliche Begründer der sensualistischen Sprachtheorie (35), verträgt, bleibt unklar. Das Neue des frz. Sensualismus liegt dabei in der genetischen Erklärung der geistigen Fähigkeiten des Menschen: über die perception komme es zur sensation und damit zur Synthese von Körperlichem und Geistigem. Konstitutives Element der Erkenntnisgewinnung ist entsprechend der Tradition der Allgemeinen Grammatik des 17. Jh.s die idee als Abbild der objektiven Wirklichkeit in der Seele. Und um diese Idee zu verwirklichen, bedarf es einer Stütze, nämlich ganz im Sinne der mittelalterlichen Tradition des Nominalismus des Zeichens. Damit liegt das semiotische Modell der Aufklärung in seiner Abhängigkeit von früheren Traditionen klar vor Augen. Der Gedanke als Verbindung mehrerer Ideen stellt somit eine komplexe Verstandesoperation dar. Die im Gedanken (pensee) manifeste liaison des idees, der über die imagination Zeichen zugeordnet werden, wird so zum zentralen Begriff zur Erfassung der Rolle der Sprache innerhalb der Erkenntnistheorie Condillacs. Durch Zeichen repräsentierte Ideen nun werden durch das Gedächtnis, memoire, abrufbar, und der Mensch kann so über seine Imagination selbst verfügen. Die Sprachleistung basiert damit auf der Funktion des Gedächtnisses. Hinzu kommen die Bedürfnisse (besoins) als Urgrund für die Ausbildung höherer Verstandesoperationen und damit auch der menschlichen Sprache. Dabei kommt der Fähigkeit zur Selbstreflexion als Voraussetzung seiner Sprachtheorie für Condillac eine seit der Romantik verkannte zentrale Rolle zu, ganz zu schweigen von der eminent sozialen Fundiertheit der Sprache. Im dritten Kapitel rückt die anthropologische Basis der Condillacschen Sprachtheorie in den Mittelpunkt. Anders als für J. J. Rousseau sind für Condillac die Bedürfnisse - und nicht die Affekte (passions) ausschlaggebend für den Sprachursprung, der als Folge der Denkfähigkeit, und zwar bereits auf einer recht primitiven Stufe, möglich wird, nämlich in Gestalt des handlungsgebundenen langage d'action, der sich auch bei Tieren herausbilden könne. Dieser Langage d'action entwickelt sich zwischen gleichwertigen Lebewesen, die denselben Umweltbedingungen unterstellt sind. Damit wären die ersten Ansätze einer «Umwelttheorie» also bereits bei Condillac und nicht erst, wie bisher angenommen, bei Uexküll (1864-1944) zu finden. Anders als das Tier hat der Mensch allerdings eine Methode zur Weiterentwicklung des Langage d'action ausgebildet: die raison, Vernunft. Zur Erkenntniserweiterung kann er also in Verbindung mit der Erfahrung die Vernunft einsetzen - und hier nun werde die Erkenntnistheorie zur Sprachtheorie. Und hier findet auch der Sprachursprung seine Grundlage. Erkenntnisleistung und damit Sprachleistung sind dabei nicht Selbstzweck, sondern entspringen einer biologischen Notwendigkeit. Die biologische Determination der menschlichen Erkenntnisse macht in Verbindung mit den psychologischen bzw. metaphysischen Voraussetzungen die menschliche Natur aus. - Sprache als Zeichensystem, das sich über Wörter konstituiert - und damit kommen wir zur zentralen Definition von Sprache -, ist für Condillac ein Verfahren der Analyse (une methode analytique) und jede methode analytique ist eine Sprache. Diese Sprache ist für Condillac anders als etwa von Swiggers oder Parret gesehen kein langage inne; eine solche Interpretation würde dem Fundament des Sensualismus diametral entgegenlaufen. Denn der langage inne wäre gerade kein analytisches Verfahren, sondern «natürlichen» 318 Besprechungen - Comptes rendus Ursprungs. Für Condillac hingegen ist die Sprache ein «künstliches» Phänomen, bei dem ein Zusammenspiel von langage inne (als natürliches Prinzip), langage d'action und langage articule (als analytische Methoden) sowie die langue bien faite (als wissenschaftlicher Fortschritt) wirksam wird. Die natürliche Voraussetzung für dies alles ist die Sprach- und Ausdrucksfähigkeit des Menschen. Die Sprachursprungstheorie im 18. Jh. ist damit von einer universal faßbaren menschlichen Natur geleitet. Das natürliche Sein steht im Gegensatz zur künstlichen Erscheinung- und dadurch eröffnet sich gleichermaßen eine historische Perspektive innerhalb der Anthropologie, die die Veränderlichkeit der Sprache mit impliziert. In diesem Sinne liegt in der Sprache für Condillac sowohl die Möglichkeit des Fortschritts als auch die Gefahr der Stagnation. Damit will die Sprachtheorie eine Methodik für den Erkenntnisfortschritt liefern. Allerdings bleibe es weiterhin das Verdienst J. G. Herders, einen ersten anthropologischen Lösungsansatz für die Sprachursprungsfrage geliefert zu haben (1771). Die anthropologische Entdeckung der frz. Aufklärung bleibt lediglich die Hinwendung zur sozialen Bestimmtheit des Menschenaber das gilt nicht erst für Condillac, sondern auch der angebliche Rationalist und «Antisensualist» Beauzee siehttrotz der durch Descartes geprägten Annahme eines göttlichen Ursprungs der Sprache den Sprachursprung als einem gesellschaftlichen Bedürfnis entsprechend. Und damit ist er weit ab von einer rationalistisch-spekulativen Sprachtheorie. Der Sprachursprung wird vielmehr eng mit der sozialen Bestimmtheit des Menschen verknüpft. Den völlig allein lebenden Menschen gibt es für Beauzee nicht. Damit setzt er mit seiner Argumentation allerdings später ein als die Erkenntnistheorie Condillacs und vermeidet dadurch auch eine direkte Auseinandersetzung mit dem Sensualismus. Der Hinweis auf die Bedeutung des Gehörsinns für die Spracherlernung verweise Beauzee zudem zusätzlich in das Lager der Sensualisten. Hoinkes erweist sich damit als äußerst einfühlsamer Interpret, doch fragt man sich gerade auch hierwie an einer Reihe anderer Stellen-, ob die wenigen Originalausführungen tatsächlich zu einer so apodiktischen Neuinterpretation berechtigen. So, wie der Verf. seine Argumentation aufbaut, wird die neue These zwar plausibel, doch ob die Interpretation den Intentionen des Interpretierten auch wirklich gerecht wird, muß Spekulation bleiben. Und an zahlreichen weiteren Stellen hebt Verf. ja auch immer wieder die rationalistische Determiniertheit Beauzeeschen Gedankengutes hervor. Und daß Beauzee eine Grundakzeptanz für den Sensualismus des einen prägenden Geistes der Enzyklopädie, Condillacs, mitbringt, dürfte nun wirklich nicht als weltbewegende Erkenntnis präsentiert werden. Die Verbundenheit mit bestimmten geistesgeschichtlichen Paradigmen muß ja nun nicht unbedingt eine totale Ablehnung anderer Paradigmen bedeuten. Rudimentärer Methodenpluralismus und -toleranz dürften in diesem Bereich auch bereits im 18. Jh. vorhanden gewesen sein. Den Vertretern aufklärerischen Gedankenguts wird man wohl keineswegs einen starren Dogmatismus bescheinigen wollen. Im vierten Kapitel wird die Sprache als eigenständiger Reflexionsgegenstand zum Thema. Sprache kommt als vermittelnde Instanz zwischen der neu definierten Einheit von Körper und Seele eine fundamentale Rolle zu. Damit steht sie in essentiellem Zusammenhang mit der menschlichen Natur und ist somit im Kern selbst etwas Natürliches, unbenommen ihres artifiziellen und konventionalen Charakters. Die grundlegende Funktion der Sprache liegt in der sozialen Komponente, d.h. in ihrer kommunikativen Rolle. Dabei kann die Beschäftigung mit Sprache zwei Richtungen ansteuern: zum einen ist Sprache als historische Sprache empirischer Untersuchungsgegenstand, zum anderen verkörpert Sprache den Weg zur wissenschaftlichen Erkenntnis. Letzteres wird besonders deutlich in Condillacs Bestimmung der Sprache als konstitutive methode analytique des Denkens, ohne daß das Denken in Abhängigkeit von der Sprache gesehen wird. Diese Bestimmung bedeutet eine Revolution in der Wissenschaftstheorie. Dabei sind die Aufklärer mehr an der formation d'une langue in ihrer Funktion der Wissenserweiterung und des Fortschritts- Besprechungen - Comptes rendus 319 denkens (progres) denn an ihrem Ursprung interessiert. In diesem Zusammenhang wird ein Abstecher zu Maupertuis gemacht, der trotz aller Anbindung an den Sensualismus als erster Sprachtheoretiker die moderne Sprachinhaltsforschung mit der Erkenntnis von der Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus (Humboldt) mit vorbereitet ein Gebiet, das in der Aufklärung nur bedingt Reflexionsgegenstand ist. Auch Sprache unter geschichtlichem Aspekt ist Gegenstand der Überlegungen bei den Enzyklopädisten, selbst bei sog. Rationalisten wie Beauzee. Sowohl die Beschäftigung mit dem Sprachursprung als auch die umfassende Nutzung des usage-Begriffs weisen in diese Richtung. Allerdings gelingt es den Aufklärern noch nicht, den Konflikt zwischen der Priorität des menschlichen Verstandes und der Priorität empirischer Fakten einer philosophischen Lösung zuzuführen. Diese bleibe den Metapysikern des deutschen Realismus vorbehalten. - Unter dem gleichen Vorzeichen agiert auch eine neue Richtung, die Sprachmechaniker, mit denen erstmals ein strukturorientiertes Denken zum Ausdruck komme, und zwar in einer bewußten Abkehr von der Betrachtung von Sprachinhalten a la Maupertuis, die als Medium menschlicher Fehlleitung eingeschätzt wird. Gleichzeitig geben die Sprachmechaniker ein Modell für die sprachliche Vielfalt als Folge der natürlichen Veränderungen von Artikulationsweisen ein Modell, das von Beauzee erweitert wird um Veränderungen auch im syntaktischen und semantischen Bereich für Hoinkes ein erneutes Indiz für den relativen Charakter der Zuordnung von Beauzee allein zur rationalistischen Position. Von Interesse in diesem Zusammenhang sei darüber hinaus die Position Turgots in seinem Enzyklopädie-Artikel Etymologie. Die Rolle, die er der Bedürfnisbefriedigung zuweise, weise ihn als sensualistischen Denkweisen gegenüber aufgeschlossen aus. Besonders modern mutet bei ihm dabei die Feststellung an, Sprachentwicklung sei keinem festen Prinzip verpflichtet, wobei der Metaphernbildung hierbei eine nicht zu unterschätzende Rolle zukomme. Letztendlich nämlich sei die Metaphernbildung Spiegel des kulturellen Umfelds einer Sprachgemeinschaft. Doch bleibt Turgot mit dieser seiner Position in der Aufklärung isoliert. Charakteristischer für diese ist die von De Brosses eingebrachte Klimatheorie zur Erklärung der Verschiedenheit menschlicher Sprachen, die dann auch von Beauzee neben weiteren Überlegungen zur Ausprägung eines genie de la langue in seinen Enzyklopädieartikel Langue übernommen wird. Damit werde die sensualistische Beurteilung der Sprachentwicklung und v.a. die daraus abgeleitete Diskussion um den genie der Sprache zum theoretischen Grundstock für erste Versuche einer Typologisierung der Sprachen. In einer Anmerkung weist Hoinkes zwar darauf hin, daß erste konkrete Ansätze bereits bei Gabriel Girard vorhanden seien allerdings fehlt an dieser Stelle der wichtige Hinweis darauf, daß Beauzee die sprachtypologische Fundierung ohne Angabe der Quelle von Gabriel Girard nicht nur sinngemäß übernommen hat. Das Verdienst liegt hier also keineswegs bei einem wie auch immer sensualistisch beeinflußten Beauzee... Hinsichtlich des Wesens der Sprache wird die innige Verbindung von Artifizialität, natürlicher Bestimmtheit und wissenschaftlicher Analysierbarkeit herausgestellt. In der Sprache treffen sich somit Kunst (art), Wissenschaft und Natur. Dabei steht für die Betrachtung erstere im Vordergrund: denn «künstliche» Sprache ist stets natürlich motiviert und der wissenschaftlichen Analyse zugänglich. Dabei kommt es in der frz. Aufklärung zur formalen Trennung von grammaire generale und grammaire particuliere. Dementsprechend fordert Beauzee auch die Aufteilung in zwei Disziplinen, die der art (Kunst) zugeordnete, und die der science (Wissenschaft) zugeordnete. Hier offenbart sich jedoch ein nicht ganz unbedeutendes Problem, welches in der nichteindeutigen Übersetzbarkeit des Begriffs ars liegt: im Deutschen stehen hierfür nämlich mindestens drei semantisch wohldifferenzierte Zeichen zur Verfügung, nämlich «Kunst», «Kunstfertigkeit» und «Können». Hoinkes entscheidet sich stillschweigend für die erste Übersetzung, hat dann allerdings Probleme bei der Zuordnung eines geeigneten Adjektivs, nämlich «künstlich» bzw. «künstlerisch». Beide sind anzutreffen, ohne daß Erklärungen zu den getroffenen Optio- 320 Besprechungen - Comptes rendus nen erfolgen. Die Bevorzugung von «Kunst» ist auf jeden Fall unbefriedigend, v.a. auch angesichts des zugeordneten Adjektivs «künstlerisch», da dadurch nur schwerlich ein Konnex zu den später noch wichtig werdenden Begriffen des «Arbiträren» und «Artifiziellen» herstellbar ist. In bezug auf den Untersuchungsgegenstand Sprache bedeutet die Aufspaltung in science und art eine Polarisierung zwischen Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik, wobei beide Disziplinen auf den gleichen Gegenstand rekurrieren. Diese Haltung bestimmt denn auch das gesamte 18. Jh. in Frankreich, einschließlich Condillac, der im Rahmen seines arbiträren Sprachkonzepts dann zwischen arbiträren (der Natursprache entsprechenden) und artifiziellen (diese Natursprache vernunftgemäß erfassenden) Zeichen scheidet. Diese Zeichen sind konventional, und ihre Annahme wird praktisch zur Grundlage eines sprachtheoretischen Konventionalismus, der den Sensualismus kennzeichnet. Zusätzlich wird die Grammatik der Aufklärung charakterisiert durch eine kommunikationsorientierte Sichtweise sowie die Gleichsetzung der Sprache als Untersuchungsgegenstand mit dem Sprachgebrauch schlechthin. Diese Ausführungen führen dann über zum fünften Kapitel, in dem es um eine Behandlung der Sprachstruktur als Untersuchungsgegenstand des Philosophen geht, d.h. um sein Verhalten gegenüber der sprachlichen Realität. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Herausstellung der Bemühungen der Aufklärer um eine Zusammenführung der beiden traditionellen Stränge der Sprachauffassung: Empirismus und Rationalismus, welche im 18. Jh. keineswegs mehr antagonistisch konzipiert seien. Über die Anfänge des empiristischen Sprachverständnisses bei Vaugelas, für den die ratio genauso wie cartesianisches Denken noch keine wesentliche Rolle spielte, über die Ablösung einer präskriptiven Normsetzung durch die prinzipielle Anerkennung eines sozial normierten usage für die Sprachforschung von Port-Royal führt der Weg bis Beauzee und seiner nicht unbedeutenden Grundlegung des usage-Begriffs, der im 18. Jh. von der Vorstellung der einzelsprachlichen Arbitrarietät ausgeht, durch die die Sprachvielfalt ins Visier rückt. So beruht für Beauzee, anders als dies Monreal-Wickert sieht, alles Sprachliche auf dem usage, womit sich Beauzee erneut als Vertreter einer empiristischen Sprachauffassung erweist. Die theoretische Verbindung des usage als Referenzinstanz und der raison als grammatische Idealvorstellung wird dabei für die frz. Sprachwissenschaft des 17. und 18. Jh.s kennzeichnend. Dadurch erfolgt gleichzeitig eine Dynamisierung des Sprachkonzepts, welches in erster Linie angebunden wird an das immer wieder wirksame Analogiekonzept: Analogie als basierend auf der Evidenz der Vernunft schlechthin - und dies trifft im Kern bereits auf Vaugelas zu. Die Analogie überwindet mit Hilfe des Faktors 'Zeit' die Willkürlichkeit des usage, so daß man durchaus von einem entwicklungsorientierten Analogiekonzept sprechen kann - und ein solches läßt sich auch bei Beauzee nachzeichnen. Dabei nimmt Beauzee eine quasi «nationalistische» Einbettung des usage-Begriffs vor, der losgelöst ist von der Anbindung an eine bestimmte soziale Klasse. Allerdings bringt dies nicht zu unterschätzende Probleme bei der Bestimmung sprachlicher Universalien mit sich, v.a. da die Aufklärer vorrangig an Aspekten der Allgemeinen Grammatik interessiert sind. Diesem Bereich ist denn auch ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem dargelegt wird, wie Condillac und Beauzee vor dem Hintergrund des postulierten einheitlichen Rahmens aufgrund unterschiedlicher Motivationen zu unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen gelangen: Condillac betrachtet Sprache als das Zentrum seines philosophischen Systems, Beauzee hingegen konzentriert sich auf Sprache als Aufgabenbereich des Sprachdidaktikers. Und in diesem Bereich sieht Hoinkes denn auch die einzige Möglichkeit, Condillacs und Beauzees Sprachauffassung zu konfrontieren also nicht wie traditionell angenommen in der Gegenüberstellung von empiristischem und rationalistischem Zugriff auf Sprache. Hoinkes faßt seine Erkenntnisse bzgl. Beauzee folgendermaßen zusammen: seine sprachwissenschaftliche Position ist empiristisch fundiert, seine sprachphilosophischen Besprechungen - Comptes rendus 321 Ansätze stehen in Einklang mit dem Sensualismus, und seine abstrakte Grammatiktheorie ist rationalistischen Analyseprinzipien verbunden. Dieses Ergebnis zeigt einmal mehr, daß einfache Polarisierungen in der Wissenschaftsgeschichtsschreibung Utopie sind. Die Realität ist komplexer. Hoinkes hat dies für seinen engen Untersuchungsbereich hervorragend dokumentiert und dürfte dem Wissenschaftshistoriographen gezeigt haben, daß plakative Kategorisierungen seien sie auch noch so anschaulich in die Nähe von Geschichtsfälschung oder zumindest -klitterung zu rücken sind. Mit Condillac nun erfolgt eine «Revolutionierung» der grammatischen Betrachtung, indem er die Analyse des Gedankens nicht mehr dem Philosophen, sondern als natürliches Verfahren dem Sprecher selbst zuordnet. Zwischen Universalität und Empirismus kommt es im subjektiven Sprechvorgang somit zu einem permanenten Rückbezug. Dabei räumt Condillac ein, daß die feste Wortstellung des Frz. keineswegs eine allgemein verbindliche Natürlichkeit besitze, sondern Folge innersprachlicher Organisationselemente sei eine Erkenntnis, die bereits von Gabriel Girard im Zusammenhang mit seiner «Sprachtypologie» ausgeführt worden ist ein Hinweis darauf fehlt leider. Condillacs Ausführungen zur Syntax, v.a. im Rhetorikteil seiner Cours d'etude von 1775 (l'art d'ecrire), fallen dann mit der quantitativen Fokussierung auf der Behandlung der Wortarten allerdings recht traditionell aus. Damit ist die Integration der theoretischen Erkenntnisse zur Sprache in die Betrachtung der Einzelsprache nur sehr unvollkommen geschehen ein Manko, an dem die gesamte Aufklärungsgrammatik «krankt» wie im siebten Kapitel vielfach exemplarisch belegt werden wird. Im sechsten Hauptkapitel rückt der Satz als Gegenstand der Allgemeinen Grammatik in den Mittelpunkt. Zunächst werden die Wurzeln der in der Wissenschaftsgeschichte als 'rationalistisch' bewerteten Grundsätze der Allgemeinen Grammatik über die Grammaire generale et raisonnee bis zu Aristoteles zurückverfolgt und in eine Filiation «griechische Antike mittelalterliche Modistae lat. Grammatikmodelle der Renaissance - Grammatiktheorien im Anschluß an die Grammaire generale et raisonnee philosophische Grammatik der Aufklärung grammatische Reflexionen zu nicht-indoeuropäischen Sprache im 19. Jh. - Universalienforschung im 20. Jh.» eingereiht, ohne daß die einzelnen Etappen jedoch näher ausgeführt werden. Ausgeführt werden lediglich die Grundlagen bei Aristoteles, den Port-Royalisten sowie im 18. Jh. Ein fundamentaler Einfluß cartesianischen Gedankenguts auf die Aufklärer wird von vornherein ausgeschlossen, da ein subjektives Element in Gestalt eines vom Willen abhängigen Repräsentationscharakters der Wahrnehmung und des Denkens bei Descartes keine Rolle spielt. Dies ist ja die Neuerung Condillacs. Gleichermaßen innovativ erweist sich das 18. Jh. hinsichtlich des Ausbaus einer neuen Sprach- und Erkenntnistheorie ein Verdienst, das also keineswegs den Port- Royalisten zukomme, die zur aristotelischen Logik nichts Neues hinzugefügt hätten. Überhaupt sei die Grammaire generale et raisonnee weniger ein einschneidender Neuansatz, als man in der Forschung bislang angenommen habe. Diese Fehlgewichtung sei wie Hoinkes schlüssig, aber wohl nicht als erster, nachweist - Resultat der unzutreffenden, aber sehr nachhaltig wirkenden Interpretation dieses Werks durch Chomsky in seinen Cartesian Linguistics. Es sei zwar unbestritten, daß die Grammaire generale et raisonnee Fundament der modernen Grammatik ist, aber in einer anderen Weise, als dies Chomsky dargestellt hat: Erst im grammairien-philosophe des 18. Jh.s manifestiert sich der eigentliche Einfluß der Grammaire generale et raisonnee, d.h. in der Bestimmung einer sprachtheoretischen Position vor jeglicher grammatikalischen Analyse, die dem universalen Anspruch der übereinzelsprachlich ausgerichteten Grammatik gerecht werden kann. Es folgt ein höchst interessanter Exkurs zur aristotelischen Aussagetheorie, die dann auch die Folie für die Innovativität der Aufklärer im Hinblick auf eine Satzkonzeption abgibt. Im 18. Jh. macht sich nämlich verstärkt das Bewußtsein einer Deckungsungleich-heit zwischen Satzdefinition des Logikers - Prädikat) und Satzdefinition des 322 Besprechungen - Comptes rendus Grammatikers breit. In diesem Sinne erweist sich denn auch Du Marsais als erster grammairien-philosophe wenn auch in der Praxis eine Rückkehr zur logischen Erklärung der Satzstruktur a la Aristoteles dominiert. Und es ist auch Du Marsais, der erstmals erkennt, daß es nicht nur+/ affirmative Sätze (nach Aristoteles 'apophantische' Sätze) gibt, womit der aristotelische Kopulabegriff seine zentrale Relevanz verliert. - Das Sprachkonzept, das der frz. Aufklärungsgrammatik zugrundeliegt, ist ein grundlegend strukturalistisches: Sprache in ihrer Struktur ist selbst Ausdruck des Erkenntnisvorgangs, ist eine methode analytique (s.o.). Dies bedeutet eine Absage an jegliche spekulative Wissenschaft und dokumentiert die Orientierung an dem neuen Verständnis der Naturwissenschaften, was auch eine Ablehnung der cartesianischen Metaphysik beinhaltet. Dabei ist Du Marsais der erste, der den Bruch mit der universalistischen Sprachtheorie von Port-Royal vollzieht (cf. 1729). Die Sprachtheorie erhält nun eine empiristische Ausprägung. Doch verhindert dies nicht eine Kluft zwischen philosophischem und didaktischem Ansatz in der Betrachtung der Sprache. Und mit Beauzee dürfte der Bruch zwischen Erkenntnistheorie und Sprachbetrachtung endgültig vollzogen sein. Die folgenden Ausführungen sind der Grundlegung einer allgemeinen Syntaxtheorie in der Enzyklopädie gewidmet. Dabei bilden Satzbegriff und neue Form der syntaktischen Interpretation in der Allgemeinen Grammatik von Du Marsais den Ausgangspunkt. Daß der Satz im Gegensatz zum Wort als strukturunabhängiges Zeichen als Struktureinheit gesehen wird, ist für die Sprachbetrachtung im 18. Jh. ein durchaus zentrales Reflexionsfaktum. Da der Satz als Ausdruck eines abgeschlossenen Gedankens gesehen wird, ist der direkte Bezug zwischen Gedankenkonstitution und Satzstruktur hergestellt. Für Du Marsais ist der Satz nicht mehr als logos apophantikos zu konzipieren, wie noch in der Grammaire generale et raisonnee, sondern als Phänomen, das auf zwei Stufen zum Tragen kommt: zum einen stellt er eine Zusammenfügung von Wörtern dar, zum anderen wird deren gegenseitige Abhängigkeit voneinander zum Definitionsmerkmal. Die Abfolge sei als Nacheinander gedacht. Allerdings überinterpretiert Hoinkes hier m. E. das Zitat, aus dem sich auch - und eher eine Interdependenz, also eine Gleichzeitigkeit, der beiden Charakteristika herauslesen läßt. Mit der anschließenden Ausdifferenzierung der Satzarten nach dem Modus (ganz im Sinne der GGR) in enonciation (als Wiedergabe von vues de l'esprit) und proposition (als Wiedergabe eines geistigen Urteils) geht er aber entschieden über die GGR hinaus. Basis des Satzes ist damit nämlich der ausgedrückte Gedanke als Apperzeptionsakt und nicht mehr die Subjekt-Prädikat-Gliederung. Diese wird erst bei der Überführung in die Rede akut. Damit verschmelzen Erkenntnistheorie, Grammatik und Logik im Rahmen der Fixierung von Sprache als Kommunikationsmittel. Und mit der Scheidung zwischen syntaxe (Art phrastische 'Tiefenstruktur') und construction (diverse Linearisierungstypen) erfolgt die Loslösung der Satzanalyse von der logischen Betrachtungsweise. Freilich von der Condillacschen Einschätzung der Sprache als Konstitutivum des Denkens sowie von einer liaison des idees ist Du Marsais noch recht weit entfernt. Doch steht für den Lateinlehrer Du Marsais generell das didaktische Anliegen im Vordergrund. Alle syntaktischen Strukturen lassen sich dabei auf zwei Beziehungstypen reduzieren: Identität und Determination. Damit hat Du Marsais einen ersten Schritt zur Loslösung von der klassischen Satzanalyse der lateinischen Grammatik getan; der erkenntnistheoretische Neuansatz ist also da. Doch zieht er die notwendige Konsequenz nicht: eine grundlegende Umstrukturierung der grammatischen Analyse der einzelnen Sprache unterbleibt. Die Vertiefung sollte erst durch Beauzee vollzogen werden. Dieser Neuorientierung sind dann auch die folgenden Seiten gewidmet (333-59). Beauzee geht den von Du Marsais eingeschlagenen Weg weiter, konzentriert sich unter Ausblendung von dessen epistemologischem Rahmen jedoch auf die Prinzipien der Satzbildung, die sprachliche Kommunikation erst garantieren. Dies habe allerdings zu der gravierenden Mißdeutung in der Forschung geführt, Beauzee unter die Rationalisten zu klassifizieren. Für Beauzee Besprechungen - Comptes rendus 323 wird der Satz zur Grundeinheit der «sprachlichen Rede». Das Verb wird damit als zentrale Einheit des Satzes, als «l'äme du discours», wiederentdeckt. Und Beauzee ist auch die Entdecktung des grammatisch-syntaktischen Komplements als Ausdruck einer besonderen Form semantischer Determination zu verdanken. Diese Erkenntnis ist Ausfluß des für die Epoche typischen epistemologischen Sprachverständnisses, so daß erneut ein enger Konnex zwischen Sprachtheorie und Erkenntnistheorie konstatiert werden kann. Im siebten Kapitel, das auch gleichzeitig das umfassendste ist, erfolgt die Betrachtung der Beschreibungsversuche zum Französischen aus dem Bewußtsein der Aufklärung heraus, inwieweit etwa auch die theoretischen Überlegungen der Enzyklopädisten Eingang in die konkrete Grammatikographie gefunden haben bzw. haben könnten. D.h., es wird u.a. auch die Frage nach dem didaktischen Wert der doch sehr abstrakten Allgemeinen Grammatik gestellt, v.a. auch angesichts des hohen Stellenwerts, den .der Sprachunterricht insbesondere der Französischunterricht auf Kosten des Lateinunterrichts in den Augen der Aufklärer besaß. Doch setzen sich «moderne» Erziehungsmethoden erst Ende des 18. Jh.s durch - und dann vornehmlich aus einem politischen Interesse heraus. Das hängt mit Sicherheit nicht zuletzt damit zusammen, daß man gravierende Probleme mit der Übertragung des neuen philosophischen Grammatikverständnisses auf die schulische Vermittlung (und das auch im Lateinunterricht) hatte. Nichtsdestoweniger erscheinen in der Zeit zwischen 1660 und 1750 nicht weniger als 200 Grammatiken des Französischen, die ausnahmslos praktische Lernergrammatiken ohne theoretischen Impetus waren. Daneben gab es aber auch eine nicht zu unterschätzende Grammatikschreibung im Gefolge der GGR, über die man hoffte, beim Schüler ein analytisches Bewußtsein aufzubauen und Einsichten in den menschlichen Denkvorgang zu gewähren. Hier macht sich dann auch ein starker Einfluß des englischen Empirismus John Lockes auf das erzieherische Denken in Frankreich bemerkbar, dessen erkenntnistheoretische Grundlage darin bestand, daß das Erlernen einer fremden Sprache nur aus dem erfahrungsbedingten Umgang mit ihr geschehen könne (also ganz im Sinne auch der Aufklärung und des Sensualismus): die Aneignung der einzelsprachlichen Routine sei wichtiger als die Aneignung abstrakter Regeln ... Als einer der frühesten Vertreter des Lockeschen Gedankenguts in Frankreich wird Buffier zitiert. Ebenfalls den Vorrang der Routine im Prozeß der Spracherlernung vertreten die sog. mecaniciens in ihrem Disput mit den metaphysiciens, der seinen Ursprung eher in sprachdidaktischen als in sprachtheoretischen Querelen hatte. Pierre Chompre (1751) und Abbe Noel-Antoine Pluche (ebenfalls 1751) werden hierfür als Zeugen präsentiert: erst kommt der usage, dann die raison. - Grundlegend wird dabei die von Beauzee vorgenommene Unterscheidung für den Unterricht einer toten und dem einer lebenden Sprache: beide könnten nicht ein und derselben Methode verpflichtet sein. Damit wird im Prinzip der typologischen Scheidung der Sprachen in analoge und transpositive durch Gabriel Girard (1747) Rechnung getragen. - Es folgen Ausführungen zur Tradition der theorieorientierten frz. Grammatik in der 1. Hälfte des 18. Jh.s, speziell in der Analyse der Werke von Frans; ois-Seraphin Regnier-Desmarais (1705), Claude Buffier (1709), Pierre Restant (1730) und Gabriel Girard (1747). Dabei kommt v.a. Girard in der Beurteilung m.E. zu schlecht weg, zudem Hoinkes ihm offensichtlich die Urheberschaft an seiner eigenen Sprachtypologie abzusprechen scheint (424). Girard wird zwar eine «überraschend analytische Optik» bescheinigt, aber in der allgemeinen Bewertung stellt sich Hoinkes in die seit Brunot gepflegte negative Einschätzung des syntaktischen Ansatzes von Girard, die in den letzten Jahren aber zurecht immer wieder zu korrigieren versucht wurde 2 • Hoinkes gesteht 2 Cf. u.a. P. SwrGGERS (ed.), GABRRIEL GrnARD, Les vrais principes de la Langue fram; oise. Edition de Paris. 1747, precedee d'une Introduction par P.S., Geneve 1982; J. KLARE, «Der Abbe Gabriel Girard als Grammatiker des 18.Jahrhunderts in Frankreich», ZPhon. 39 (1986): 324 Besprechungen - Comptes rendus ihm allerdings ein gewisses sprachhistorisches Interesse zu 3• - Eine ganz andere Einschätzung erfährt hingegen der bisher noch nicht edierte Jean-Pierre d'A<;:arq mit seiner Fragment gebliebenen Grammaire fram; oise philosophique aus den Jahren 1760/ 61 für Hoinkes eine Trouvaille sondergleichen, da sie eine für die damalige Grammatikographie höchst bedeutende Rolle gespielt habe, was sich nicht zuletzt in der positiven Aufnahme durch die Kritik dokumentieren lasse. An der prinzipiell positiven Einschätzung durch Hoinkes ändert auch nichts, daß er d'A<;:arq im Prinzip das gleiche vorwirft wie auch Girard und noch ein bißchen mehr. Der hier immer wieder hergestellte Bezug zur modernen Sprachwissenschaft wirkt dabei vielfach gezwungen. Die Exemplarität dieser Grammatik wird betont allerdings ist sie auch die einzige ihrer Spezies. Lobend hervorgehoben wird die gelungene enge Verbindung von grammaire generale und grammaire particuliere die wohl in dieser Absolutheit nicht haltbar ist, zumal die Grammatik fragmentarisch geblieben ist. Erschienen sind lediglich die Abhandlungen zum Nomen und zum Verb, was natürlich eine abschließende Bewertung dieser Grammatik (543) nicht unproblematisch erscheinen läßt. D'A<;:arq als getreuer Schüler von Du Marsais wird eine fast plagiatorische Anlehnung an den Lehrer bescheinigt, was sich nur schwer mit der ansonsten zustimmenden Einschätzung von dessen Schriften in Einklang bringen läßt. Die Grammatik wird ausführlich vorgestellt, in ihrem Aufbau präsentiert und dann endlich auch kritisch kommentiert. Maßstab der Untersuchungen D'A<;:arqs bilden der genie de la langue franc;aise, die Strukturkohärenz via analogie sowie der usage als gesellschaftlich sanktionierter Sprachgebrauch. Ein eigenes grammatiktheoretisches Konzept wird nicht entwickelt. Positiv gewichtet wird ferner die sprachinhaltliche Analysehaltung d'A<;:arqs eine Analysehaltung, die gerade im Hinblick auf Girard negativ bewertet worden war. Man wird somit den Eindruck nicht los, als sollte der bislang kaum bekannte d'A<;:arq um jeden Preis positiv beleumundet werden - und in der Tat muß der hohe Stellenwert, der ihm eingeräumt wird, ja irgendwie gerechtfertigt werden. Die Fokussierung der gesamten Arbeit von Hoinkes auf die Encyclopedie bzw. deren einschlägige Autoren in Sachen 'Sprache' liefert hier die Legitimation. - Abgeschlossen wird dieses Kapitel durch einige kürzere Ausführungen zu Jaq. de Lavaud und seine Principes raisones de la langue franc;oise von 1769, die zudem Aufschluß darüber geben sollen, weshalb theoretische und praktische grammatikographische Ausrichtung im 18. Jh. im Prinzip unvereinbar bleiben ein Ziel, um es gleich vorwegzunehmen, das nicht erreicht wird: Denn die Herausstellung des dichotomischen Charakters der grammatischen Forschung der Aufklärung grammaire generale und grammaire particuliere, die unterschiedlichen Methoden verpflichtet seien reicht nicht aus: dies gilt im Grunde für jede Art der Grammatikschreibung. Insgesamt gesehen liegt mit der Arbeit von Ulrich Hoinkes ein höchst beeindruckendes Werk zu einem mehr als komplexen Themenkreis vor, bei dessen Behandlung der Verfasser immer um ein ausgewogenes Argumentieren im Pro und Contra traditioneller Forschungsmeinungen bemüht ist. Es fällt dem Leser denn auch meist leicht, sich durch die 669-76; BARBARA KALTZ (ed.) «Les vrais principes de Ja langue fran1,oise de l'abbe Girard devant Ja critique du xvn e [sie] siede a nos jours», in: E. F. K. KoERNER (ed.), Progress in Linguistic Historiography. Papers from the International Conference on the History of Language Sciences (Ottawa, 28-31 August 1978), Amsterdam 1980: 175-85. 3 Daß Girard gar nicht rezipiert wurde, ist so nicht haltbar; cf. etwa die Grammatiken von J.J.BODMER. Die Grundzüge der deutschen Sprache. Oder: Von den Bestandteilen (1768), J. C. CHAPUSET, Nach den wahren Grundsätzen des Gelehrten Abts Girard, Mitglieds der französischen Gesellschaft zu Paris eingerichtete Französische Grammatik zum Behuf der Teutschen Liebhaber dieser Sprache (1754) und Nast, die sich ganz explizit auf Girards Vrais principes beziehen, aber das sind natürlich keine Franzosen ... Besprechungen - Comptes rendus 325 Ausführungen leiten zu lassen. Allerdings vermißt man eine wohl auch kaum sauber leistbare - Definition des so zentralen Begriffs der «Grammatik», der sich in einer ausgesprochen breiten Polysemie präsentiert.Im Prinzip handelt es sich hierbei um eine intuitionistisch gefaßte Begrifflichkeit, die auf all das bezogen was der «Normalsprecher» sowie der Wissenschaftler unter diesen Begriff «gemeinhin» zu packen geneigt ist. Seine Extension umfaßt sowohl Sprachlehrals auch -lemwerke, Referenzwerke, Strukturerfassungswerke, präskriptive und deskriptive Beiträge sowie den gesamten Bereich der allgemeinen «Grammatik» als logisch-philosophisch-abstraktes Beschreibungs- und Klassifikationsinstrument um nur einiges zu nennen. Es sei ferner gestattet, auf einige wenn auch angesichts der Gesamtleistung -kleinere kritische Punkte hinzuweisen: p. 22: Die Zuordnung der Vrais principes Girards zu den Sprachlehrwerken ist in dieser Absolutheit nicht haltbar. p. 68: Die Übersetzung von liaison des idees mit 'Ideenvermittlung' ist irreführend. 'Ideenvermittlung' ist etwas anderes als 'Ideenverknüpfung' und gehört nicht mehr zum Wahrnehmungsakt, um den es Hoinkes hier geht. p.72s.: Die Zitatparaphrase, der Mensch könne Bewußtsein richten (attention) und differenzieren (abstraction) ist unglücklich, da Abstraktion und Differenzierung diametral entgegengesetzte Operationen sind. p.78: Die Erläuterung des langage bien fait als «wissenschaftlicher Fortschritt» bzw. als dessen «Grundlage» meint wohl zwei verschiedene Dinge, deren Aneinanderreihung hätte kommentiert werden müssen. p.217: Bei der Darlegung der aristotelischen Aussagetheorie greift der Verf. auf den griech. Text des Aristoteles zurück und nicht auf die die Modistae leitende lat. Übersetzung des Boethius. Diese Option wird nirgends begründet. Es sei hier nur die Frage gestattet, ob der griech. Text den Aufklärern bekannt war, da sich Rezeptionsstränge nur über das nachzeichnen lassen, was auch rezipiert wurde. - Zudem wird Aristoteles teils in einer englischen Übersetzung, teils in einer deutschen Übersetzung wiedergegeben die unterschiedliche Bevorzugung im Einzelfall wird nicht ganz einsehbar. p.260: Das Schema scheint mir nicht im gewünschten Maße erhellend. p.335: Gibt es auch «nicht-sprachliche Rede»? p.387: Griechisch und Deutsch sind für Girard keine transpositiven, sondern «amphilogische» Sprachen. p.424: Die Feststellung, Girard sei durch für eine die Aufklärung typische sprachtypologische Interpretation geprägt, verfehlt die Tatsachen: Beauzee übernimmt vielmehr in seinen Enzyklopädie-Artikel die von Girard über den genie d'une langue gefaßte Sprachtypologie, ohne seine Quelle zu nennen ... p.434: Der Vorwurf, Girard behandle die Definition der Wortarten und die syntaktische Analyse ohne gegenseitigen Bezug, wird den Intentionen Girards keineswegs gerecht, für den jedes sprachliche Phänomen einen angestammten Platz habe, so daß dessen einmalige Behandlung daselbst hinreichend sei. Zudem stellt Girard durchaus den Bezug zwischen Wortklasse und syntaktischer Funktion mit seiner Scheidung von regime constructif und regime enonciatif (cf. Girard 1747: 122s.) her. usw. Edeltraud Werner * 326 Besprechungen - Comptes rendus PIERRE REZEAU, Le «Vocabulaire poitevin» (1808-1825) de Lubin Mauduyt. Edition critique d'apres Poitiers (Bibl. mun., ms. 837), Tübingen (Niemeyer) 1994, 368 p. (Beih. ZRPh. 256) Im 19.Jahrhundert, insbesondere ab dem Jahre 1850, entstand eine Vielzahl von Untersuchungen und Glossaren zum poitevinischen Dialekt. Die Autoren, in der Regel Priester, Dorfpfarrer, Lokalpolitiker oder Magistratsbeamte, nahmen das von ihnen befürchtete baldige Aussterben des Patois zum Anlaß, um die linguistischen Phänomene des Poitevinischen zu sammeln und der Nachwelt zu übermitteln. Eines der bedeutendsten Werke dieser Art ist das Vocabulaire poitevin von Lubin Mauduyt. Der in seiner Zeit sehr angesehene Wissenschaftler Mauduyt wurde am 3.Januar 1782 in Poitiers geboren. Ab 1829 war er Mitglied der «Societe d'Agriculture, Belles-Lettres, Sciences et Arts» sowie auch der bekannten «Societe des Antiquaires de l'Ouest»; 1839 wurde er zum Konservator seiner Vaterstadt ernannt, in der er nach einem erfüllten Leben am 18.Juni 1870 starb. Mauduyt hat ein Werk von über 50 Titeln hinterlassen. In den meisten seiner Arbeiten tritt er als scharfsinniger Naturwissenschaftler hervor, der sich zugleich aber auch als ein feiner Beobachter der Sitten und Bräuche seiner Zeitgenossen präsentiert. Und in dem Vocabulaire poitevin, das er zum größten Teil in den Jahren zwischen 1808 und 1825 bearbeitete und das er in den folgenden Jahren durch Nachträge ergänzte, begegnet uns Mauduyt als ebenso scharfsinniger Sprachwissenschaftler. Das Vocabulaire poitevin, das in dem Manuskript Nr.837 der Stadtbibliothek zu Poitiers erhalten ist, bildet «un merveilleux alphabet des choses» (39). In alphabetischer Reihenfolge werden ca. 3000 poitevinische Dialektwörter vorwiegend aus dem Bereich der Landwirtschaft, aber auch aus den Bereichen des Siedlungswesens, des Berufslebens, des Handels und der Lebensführung aufgelistet. Treffend stellt Rezeau fest, daß «... l'enquete de L.Mauduyt nous vaut une ample nomenclature du monde rural poitevin en ce debut du xrx c siede» (39). Die Dialektologie hat diesem Glossar bislang wenn überhaupt nur eine marginale Beachtung geschenkt. Vor allem ist die Erstellung einer modernen textkritischen Edition schon seit langem ein dringendes Desiderat. So ist es nur zu begrüßen, daß diese Forschungslücke mit der hier anzuzeigenden Arbeit von P.Rezeau geschlossen wird; und sie wird von einem auf dem Gebiet der Dialektforschung bestens ausgewiesenen Fachmann geschlossen 1. In der sehr konzisen Einleitung geht Rezeau zunächst auf die Bewertung des «patois poitevin» durch die Sprachforscher des 19.Jahrhunderts ein (1-11), charakterisiert dann umfassend deren in dieser Zeit entstandene Werke (12-27) und stellt anschließend, nachdem dieses «Umfeld» beschrieben worden ist, ausführlich die Person und das Werk von L. Mauduyt vor (27-46), wobei naturgemäß dem Vocabulaire poitevin der größte Raum geschenkt wird. Schön und wünschenswert wäre es allerdings gewesen, wenn in der Einleitung auch zumindest kurz der heutige Stand der Erforschung des poitevinischen Patois dargestellt worden wäre. Die von stupendem Fleiß und einer weiten Sachinformiertheit zeugende Edition des Vocabulaire ist, wie das Original, in alphabetischer Folge angelegt. Rezeau hat - und das ist richtig die Graphie der Patois-Wörter so belassen, wie sie sich in der Quelle vorfindet; die wenigen Fälle, in denen er von dieser allgemein praktizierten Praxis abweicht, sind angegeben und begründet (49s.). Andererseits hat er aber die zahlreichen Fehler Mau- 1 Ich verweise hier auf folgende bedeutende Arbeiten aus der Feder von P. REZEAU: Dictionnaire des regionalismes de l'Ouest entre Loire et Gironde, Les Sables-d'Olonne 1984; Dictionnaire angevin et franr:;ois (1746-1748) de G.-1. du Pineau. Edition critique d'apres Paris (Bibi. nat., nouv. acq. fr. 22097), Paris 1989; Dictionnaire dufranr:;ais regional de Poitou-Charentes et de Vendee, Paris 1990. Besprechungen - Comptes rendus 327 duyts in der Graphie der französischen Wörter korrigiert, ohne dies eigens anzugeben. Das ist ebenfalls nur richtig so, wäre doch sonst ein überladener textkritischer Apparat ohne näheren Nutzen für den Rezipienten notwendig geworden. - Jeder Eintrag ist wie folgt gestaltet: Zunächst wird das Lemma in Fettdruck angeführt; alsdann finden sich die Angabe der grammatikalischen Kategorie, die Folioseite des Manuskripts, die Erklärung der Wortbedeutung und Textbeispiele für den Gebrauch des betreffenden Lemmas und schließlich in eckigen Klammern - und in diesen steckt die beeindruckende und sehr überzeugende Leistung des Editors - Referenzen auf Lexika, sprachwissenschaftliche Abhandlungen, Sprachatlanten, Textsammlungen u.a.m. Es sind insgesamt man höre und staune - 38 Werke, die jeweils zu den einzelnen Lemmata ausgewertet wurden. Diese Verweise verfolgen, wie Rezeau bescheiden formuliert, das Ziel, «d'offrir une approche historique rudimentaire et une indication sur l'etymologie du mot» (52). Es mag nun zwar sein, daß der eine oder andere den «caractere succint» (52) dieser Verweise kritisieren wird, weil er weitere Belege aus zeitgenössischen Texten des Poitou oder ausführlichere linguistische und etymologische Kommentare erwartet hat, was ja auch grundsätzlich wünschenswert wäre. Es gilt aber zu betonen, daß Rezeau nicht mehr leisten konnte, als er hier getan hat. Die Edition ist nämlich ein Musterbeispiel philologischer Arbeit; besser kann man es nicht machen. Sehr überzeugend ist insbesondere, daß neben den Patois-Glossaren des 19. Jahrhunderts stets auch die modernen Werke wie etwa FEW und ALF in die Analyse miteinbezogen werden. Auf der Basis dieser substantiellen Recherchen gelingt es Rezeau dann auch, für eine Vielzahl von Wörtern den Erstbeleg nachzuweisen, obwohl er bei der Angabe «premiere attestation» mit gutem Grunde «de fa9on bien temeraire» (52) vorgeht; denn «il faut evidemment y voir un jalon qui demain sera depasse» (52). Außerdem kann er in insgesamt 121 Fällen das FEW stichhaltig korrigieren. Die gelungene Textausgabe wird abgeschlossen durch drei Annexe. In Annex 1 (325- 62) werden ergänzend zum Vocabulaire wichtige Wörter aus anderen Werken Mauduyts verzeichnet und kommentiert; Annex 2 (362-64) enthält die Auflistung der Wörter, deren Angaben im FEW korrigiert wurden; und Annex 3 schließlich (365-68) bietet die Edition der drei poitevinischen Chansons, die Mauduyt dem Vocabulaire beigefügt hatte. Mein zusammenfassendes Urteil: ein höchstes Kompliment an P. Rezeau. A.Arens * WOLFGANG DAHMEN/ GüNTER HoLTus/ JoHANNES KRAMERIMICHAEL METZELTINIÜTTO WrNKELMANN (ed.), Das Französische in den deutschsprachigen Ländern. Romanistisches Kolloquium VII, Tübingen (Narr) 1993, 277 p. (Tübinger Beiträge zur Linguistik 371) Der Sammelband ist aus Beiträgen zum 7. Romanistischen Kolloquium 1990 in Siegen hervorgegangen. Dabei bietet er entgegen der wiederholten Versicherung der Herausgeber, Thema sei «der französische Einfluß auf die deutsche Sprache» (VII), geboten würden «Aspekte des jahrhundertelangen intensiven Einflusses der französischen Sprache auf das Deutsche» (VIII), facettenreiche Einblicke in historische Bedingungen und Vorkommensweisen des Französischen in Deutschland. Über den eigentlich sprachlichen Einfluß hinaus spannt sich der thematische Bogen von historischen Fragen zur tatsächlichen Größe von Waldenserkolonien über kulturelle Exklaven französischer Hofkultur in Deutschland und frühe Lehrwerke für den Französischunterricht im Rheinland bis hin zur Verarbeitung sprachlicher und kultureller Stereotypen über das Französische und Frankreich in einem 328 Besprechungen - Comptes rendus Lied des Kölner Mundart-Rock. Wer bereit ist, sich auf diese Vielfalt einzulassen, wird mit durchaus interessanten Einblicken in das Titelthema belohnt. Die einzelnen Beiträge sind vier Themenbereichen zugeordnet. Der erste Bereich ist überschrieben: Erscheinungsformen des französischen Einflusses auf das Deutsche, er enthält drei Beiträge. JOHANNES THIELE (3-17) gibt ein Panorama möglicher Aspekte der Betrachtung französischer Entlehnungen im Deutschen in Geschichte und Gegenwart. Er erinnert zunächst an die jeweiligen kulturellen Voraussetzungen, die im Mittelalter und im 17. bis 19.Jh. zu beträchtlichen Entlehnungsschüben ins Deutsche geführt haben. Dann wirft er einen Blick auf die französischen Entlehnungen im Berliner Dialekt, die auf die Ansiedlung der Hugenotten durch den Großen Kurfürsten zurückgehen. Abschließend stellt er den Integrationsgrad einer Reihe französischer Entlehnungen im Gegenwartsdeutsehen vor, wobei er sich ausdrücklich auf die entsprechende Untersuchung von Brigitte Volland von 1986 stützt, die er in wesentlichen Punkten referiert. SABINE KowALLIK (18- 24) stellt im zweiten Beitrag eine Reihe deutscher Lehnübersetzungen aus dem Französischen vor, die sie aufgliedert in Zitate (Apres nous le deluge --c> Nach uns die Sintflut), Sprichwörter (Enfant brule craint le feu --c> Gebranntes Kind scheut das Feuer), Redewendungen (tomber des nues --c> aus allen Wolken fallen), Syntagmen (question brulante --c> brennende Frage), Komposita (presence d'esprit --c> Geistesgegenwart) und Ableitungen (inevitable --c> unvermeidlich). Problematisch ist hier der methodische Ansatz: «Vielmehr muß zunächst ausgeschlossen werden, daß der umgekehrte Wanderweg, nämlich vom Deutschen ins Französische, vorliegt, und das kann nur durch Kontrolle der Erstbelege geschehen, denn bei französischen Lehnübersetzungen im Deutschen muß natürlich der deutsche Erstbeleg jünger sein als der des französischen Wortes» (18). Zum Nachweis werden nun etwa die Erstbelegsangaben des Grimm'schen Wörterbuchs und des FEW miteinander verglichen, entsprechend wird dt. Tagesordnung (Grimm: 1799) als Lehnübersetzung aus dem französischen ordre du jour (FEW: ca. 1790) gewertet. Bei der hinlänglich bekannten Vorläufigkeit historischer Angaben in lexikographischen Quellen reicht ein solches Vorgehen für den Nachweis tatsächlicher Lehnbeziehungen nicht aus 1 • Im dritten und letzten Beitrag des ersten Themenbereichs führt RAINER SCHLÖSSER (25-35) eine Reihe von sprachlichen und historischen Gründen für die These an, daß dt. Asche in der Bedeutung «Geld» aus volksetymologischer Umdeutung von fr. acheter entstanden ist. Acheter sei während der napoleonischen Besetzung Berlins zu Beginn des 19.Jh.s von nicht zweisprachigen deutschen Sprechern in der Kaufsituation als Asche aufgenommen worden, gestützt durch eine assoziative Verbindung mit bereits vorhandenem Kohle «Geld». Der zweite, eher historisch orientierte Themenbereich Geschichte und Sprache der Glaubensflüchtlinge enthält vier Beiträge. THEO KIEFNER (39-53) möchte zeigen, daß die bisherigen Angaben über die Personenzahl unterschiedlicher Gruppen von Glaubens- 1 Einen umsichtigen Kriterienkatalog als Entscheidungshilfe im Bereich des inneren Lehnguts stellt NoTBURGA BÄCKER auf, Probleme des inneren Lehnguts dargestellt an den Anglizismen der französischen Sportsprache, Tübingen 1975: 90ss. Kriterien wie Textgattung und ausdrückliche Erwähnung des fremdsprachlichen Vorbilds sind überzeugende Argumente für die Zuordnung zur Kategorie Lehnübersetzung mit bestimmter Sprachenrichtung. Für den Fall von dt. Gabelfrühstück, das Kowallik (22) ebenfalls als Beispiel einer Lehnübersetzung anführt und zwar auf der Basis eines Eintrages im Grimm-Wörterbuch ohne Datierung und der Angabe seit Ac 1878 in FEW zitiert beispielsweise M. HöFLER Kotzebues Erinnerungen aus Paris von 1804: «Alle Caffeehäuser und Restaurateurs lassen wir linker Hand liegen, so apetitlich die Inschriften auch lauten ... : kalte und warme Frühstücke, Gabel-Frühstücke (dejeuners a la fourchette) Rum- und Arrak-Punsch ...», «Dt. Gabelfrühstück», in: Zeitschrift für deutsche Sprache (Kleine Beiträge) 24 (1968): 127s., hier p.128. Besprechungen - Comptes rendus 329 flüchtlingen in Deutschland von 44 000 auf 37 900 zu korrigieren sind. Im übrigen ist nach seiner Auffassung davon auszugehen, daß etwa 3600 Hugenotten und Waldenser als Umgangssprache Formen des Alpenprovenzalischen mitgebracht haben. HANS JOACHIM SCHMITT (54-68) hat in Deutschland entstandene französischsprachige Waldenserakten für die verfeinerte worthistorische Darstellung einzelner Wörter, etwa im Hinblick auf Erst- und Letztdatierung, insbesondere gegenüber FEW herangezogen. Die Akten eignen sich deshalb dafür, weil der «archaische Charakter des Wortschatzes, seine dialektale bzw. regionalsprachliche Basis» (54) die besonderen Spezifika der dort verwendeten Sprache sind 2 • CARLA LrcHTENTHAL-MILLEQUANT (69-82) berichtet sehr anschaulich von Geschichte und Sprache einer 1687 gegründeten Hugenottengemeinde in Hessen (Friedrichsdorf am Taunus). Da sie für die Sprachcharakteristik offenbar Ergebnisse aus ihren zahlreichen Vorarbeiten referiert, erfährt der Leser hier nichts Genaueres zu ihren Quellen. Dies wäre aber zur Beurteilung von Phänomenen wie gesprochenes Passe simple, gesprochenes ce jourd'hui (73) und Aussagen zur aufgrund der Herkunft der Einwanderer stark pikardisch gefärbten Phonetik wichtig gewesen. WOLFGANG BERGERFURTH untersucht dagegen nicht die konkrete Sprachform sondern die ideologischen Auseinandersetzungen um Französisch oder Deutsch in einer französisch-reformierten Gemeinde Berlins zu Beginn des 19.Jh.s (83-119). Dazu analysiert er sehr detailliert zwei im Jahre 1814 zu diesem Streit erschienene Denkschriften. Der Autor der einen Schrift argumentiert im Sinne aufklärerischen Denkens, wenn er sich für die Beibehaltung des Französischen in der ursprünglichen Flüchtlingsgemeinde ausspricht: Französisch als Universalsprache sei das wertvollste Kulturerbe der Gemeinde. Für den Autor der zweiten Denkschrift stiftet Sprache im Sinne der romantischen Tradition nationale Identität, daher plädiert er sehr dezidiert für die Aufgabe des Französischen und damit für die vollständige kulturellsprachliche Integration in das preußische Gemeinwesen «"unser[es] gütigen Monarchen"» (102). Er sollte sich durchsetzen, 1852 wurde das Französische bis hin zum Gebrauch in den Gemeindegremien endgültig abgeschafft. Der dritte Themenkreis des Bandes, Das Französische an deutschen Höfen, enthält zwei Beiträge. Im ersten schildert GÜNTER BERGER (123-33) sehr anschaulich, wie Wilhelmine von Preußen, Schwester Friedrichs des Großen, zwischen 1735 und 1758 am bis zu ihrer Ankunft eher verschlafenen Hof von Bayreuth ein Hofleben nach französischem Vorbild aufzubauen versucht. Mit ganz ungewohntem Finanzaufwand hält sie französische Schauspielertruppen am Hof. Sie bedient sich der Hilfe Voltaires, den sie 1743 bei sich zu Gast hatte, um einige gens d'esprit an den aus Pariser Sicht abgelegenen Provinzhof zu locken. Der Beitrag zeigt, daß solche Versuche, französische Aufklärungskultur auf deutschem Boden anzusiedeln, zu reinen Exklaven führen konnten, die kaum in Verbindung zur umgebenden Bevölkerung standen. Die Übernahme französischer Kultur- und Lebensformen durch eine ari.stokratische Elite in Deutschland führte nicht notwendig zu einer sprachlich-kulturellen Durchdringung. Im zweiten Beitrag dieses Themenkreises untersucht GüNTER HoLTus (134-56) die in Französisch abgefaßten Memoiren des deutschsprachigen Künstlers und Schriftstellers Johann Christian von Mannlich (1741-1822), der am Hof von Zweibrücken lebte. Der Beitrag verfolgt das Ziel, «die Charakteristika des in einer anderen als der Muttersprache schreibenden Autors detaillierter» herauszuarbeiten 2 Um den zahlreichen zumeist genau datierbaren Belegen eine breitere Resonanz für künftige worthistorische Forschungen zu sichern, sollten sie in den periodisch erscheinenden und für eine zentrale Sammlung von Belegen eingerichteten DDL publiziert werden, cf. Datations et documents ru1.,nu,1u<" - Materiaux pour l'histoire du vocabulaire fram; ais saus la direction de B. Quemada, 1, Paris (Didier) 1970, ab vol.8, Paris (Klincksieck) 1975, zuletzt 43, Paris "..uu�'""""'"·" 1994. 330 Besprechungen - Comptes rendus (136). Dazu werden umfangreiche Listen von «Eigenheiten» (ib.) auf der graphischen und phonetischen Ebene, dann der «herausragenden . . . Merkmale» (ib.) auf der morphologischen, morphosyntaktischen und syntaktischen Ebene und «Auffälligkeiten» (ib.) in der Lexik und Idiomatik des Textes zusammengestellt. Offenbar stehen Abweichungen im Zentrum, die weder aus der Sicht der zeitgenössischen noch der gegenwärtigen präskriptiven Grammatik tolerierbar wären: des chefs d'oeuvrs (139), virent ensuite ! es femmes (144), also um «Fehler», die zuweilen deutlichen Interferenzcharakter tragen, le ciel paraissoit vouloir s'eclairir (153). Der Leser sieht sich mit Fehlerlisten einer individuellen fremdsprachlichen Kompetenz im 18.Jh. konfrontiert, ohne daß ihm der Weg zu einem Erkenntnisziel im Sinne der Gesamtthematik gewiesen würde. Der vierte und letzte Themenkreis faßt unter dem Titel Das Französische im Rheinland vier Beiträge zusammen. Zunächst beschäftigen sich WOLFGANG DAHMEN und JOHANNES KRAMER gemeinsam mit französischen Entlehnungen in der Kölner Mundart (160-70). Die Autoren wenden sich gegen die populäre Behauptung, die Gallizismen in der Kölner Mundart stammmten überwiegend aus der Zeit der französischen Besatzung zwischen 1794 und 1814. Über Köln hinausgehende dialektale Verbreitung eines betreffenden Gallizismus, Vorhandensein im Schriftdeutschen, mögliche Vermittlung durch das Niederländische, kulturhistorische Gegebenheiten, jedes einzelne dieser Argumente oder auch ihre Kombination können einen anderen Entlehnungszeitpunkt als die französische Besatzungszeit wahrscheinlich machen. Die Autoren untersuchen unter diesen Aspekten ein Beispielkorpus von 42 Wörtern, die zu dieser Zeit ins Kölnische gelangt sein sollen. Methodisch und argumentativ gut nachvollziehbar legen sie dar, daß lediglich vier von diesen 42 Wörtern, allöre, borneet, flakung, trottewar «mit einiger Wahrscheinlichkeit . . . der Franzosenzeit zuzurechnen» (165) sind: ein Resultat, das weitere Untersuchungen herausfordert. ARTUR GREIVE (171-80) stellt einige Sprachlehrwerke vor, die in Köln um 1600 entstanden sind. Insbesondere flandrische Immigranten hatten Köln zu einer Hochburg des Französischunterrichts gemacht und eine «Vielzahl von Sprachlehren und Grammatiken» (171) publiziert. Dabei stellt Greive den <«flandrischen> Typ» von Lehrwerken, den er als den «praktische(n), auf Übung und Imitation setzende(n)» (179) kennzeichnet, einem Grammatiktyp gegenüber, der durch «mehr wissenschaftliche, humanistische Konzepte der Grammatik und eines regelgesteuerten Spracherwerbs» (ib.) gekennzeichnet ist. Die zahlreichen Werke des Gerard de Vivre, z.B. seine Grammaire Fram; oise! Französische Grammatica (172, lies: Frantzösische) werden hier als Vertreter des ersten Typs vorgestellt, für den zweiten Typ stehen die Institutiones in linguam gallicam von Heinrich Doergang von 1604. Auch wenn sich die Werke in Anspruch und Umfang tatsächlich deutlich unterscheiden (De Vivres Grammatik umfaßt 43 Folios, Doergangs Grammatik 527 Seiten), so sollte doch nicht übersehen werden, daß auch und gerade die «auf Übung und Imitation setzende�n)» Methoden der Kurzwerke ihren Ursprung im humanistischen Lateinunterricht haben und methodisch nicht von vornherein einen Gegensatz zu den noch lateinisch verfaßten Werken zur Volkssprache wie dem von Doergang darstellen. Im folgenden umfangreichen Beitrag (181-221) zeichnet EDGAR RADTKE ausdrücklich für den theoretischen Rahmen (181-83) und CHRISTEL SCHLINDWEIN für die Präsentation einiger Zeugnisse französischer Sprachverwendung in Mainz vom Ende des 18.Jhs. verantwortlich. Dabei geht es um fünf Briefmanuskripte aus Privat- und Archivbesitz, die alle zunächst jeweils im Faksimile (insgesamt 15 Seiten) wiedergegeben und dann über eine gedruckte Transkription erneut präsentiert werden. Verfaßt sind die Briefe zwischen 1792 und 1799, zur Zeit der französischen Besatzung von Mainz, und vier der Briefe stehen 3 Cf. Mechtild Bierbach, «Frühe volkssprachlich-lateinische Zeugnisse humanistischer Lexikographie in der Romania», in: ZRPh. 110 (1994): 64-116, insbes. 76-85. Besprechungen - Comptes rendus 331 inhaltlich mit diesem Faktum in enger Verbindung: zwei Briefe von Besatzungssoldaten aus Mainz an ihre Familien, ein Brief einer Mutter aus Sarreguemines, die den General Custine (in Mainz? ) um Rekrutierung ihres Sohnes bittet, ein Brief des Generals Houchard aus Speyer wiederum an Custine. Der fünfte Brief ist ein Geschäftsbrief einer Cecile Seyler aus Mainz an ihren Handelspartner in Lyon, wobei nicht geklärt wird, ob sich hier im Gegensatz zu den anderen Briefen, in denen es sich nach den Absendernamen zu urteilen eher um französische Muttersprachler handelt nicht eine deutschsprachige Verfasserin des Französischen bedient. Allen Briefen ist gemeinsam, daß die Verfasser wenn sie denn die Briefe selbst geschrieben und nicht diktiert haben sichtlich eher ungeübt in der schriftlichen Sprachverwendung sind. Da liest man in einem der Soldatenbriefe: «Monchere frere / etant ala proctimite devous et crire jeses Cet instant fafer pour vous donner demes Nouvelle quevous aprandron qu jouy pas dune parfaite sante.» (Transkription 189). Mehr als ratlos bleibt der Leser allerdings vor der Frage, welches Erkenntnisziel mit einer materiell so aufwendigen Präsentation verfolgt wird. Eine methodisch durchgängige Fragestellung läßt sich jedenfalls in den jedem Brief folgenden Kurzkommentaren nicht ausmachen. Eher hilflos springt die Frageperspektive hin und her, so heißt es im Kommentar zum Brief der Mutter aus Sarreguemines: «Schon dieser Ausschnitt zeigt, wie schwach ausgeprägt das Orthographieverständnis der Schreiberin ist. ... Revolutionsvokabular und patriotische Gesinnung drücken sich in den folgenden Wendungen aus: ... [Die Briefschreiberin verwendet] einen eher umgangssprachlichen Ton ... In diesem Brief finden sich Nachweise, die auf eine Art Mischform des Grenzfranzösischen hinweisen könnten ...» (202s.). Dieser Mangel an methodischer Auswertung wird auch nicht durch Sorgfalt im Umgang mit den Manuskripten ausgeglichen. In der Transkription desselben Briefes findet sich«... une femme qui na pas L'honneur d'etre Conne [sie] de vous» (201, Z.6s.), in der Wiederaufnahme dieser Passage im Kommentar zum Brief: «... L'honneur d'etre Conne [sie] de vous» (202). Im faksimilierten Manuskript steht deutlich Connue (199, Z. 7), wobei das End-e mit einem horizontalen Zeichen überschrieben ist, das als Trema oder Tilde gedeutet werden kann, sich aber jedenfalls von den durchgängig deutlich und steil geschriebenen Akzenten des Briefes unterscheidet. Die ohnehin eher vagen - Versprechen im theoretischen Vorspann des Beitrags,«anhand einer exemplarischen Fallstudie» würden«Anhaltspunkte für die Verwendungsweisen des Französischen im Alltag» (182) geliefert, werden nicht eingelöst. Klar in der Fragestellung und systematisch in der Durchführung ist dagegen der folgende Beitrag von JOHANNES KRAMER (222-36), der nach dem Umfang der Umbenennungen von Personen- und Ortsnamen zur Zeit der französischen Besetzung des Rheinlands (1794-1814 ) fragt. Es zeigt sich, daß sich nur ein dünner französischer Firnis (Jean Jacques de Wittgenstein, p.225, rue Brandgass, p.22 9) über die deutsche Onomastik legte und der«Symbolwert von Namen» (223) keineswegs zu«nationalistisch motivierten Zwangsumtaufen» (225 ) führte. Im abschließenden Beitrag beschäftigt sich CHRISTOPH PLATEN (237-51) mit dem«über Gallizismen vermittelten Frankreichbild im rheinischen Liedgut» (239). Dazu wird der Erfolgstitel«Frongreisch, Frongreisch» der Kölner Mundart-Rockgruppe«Black Fööss» analysiert. Das Lied stellt sich als Kollage und«Kombination von Gallizismen auf lautlicher, grammatischer, lexikalischer, kulturspezifischer und musikalischer Ebene» heraus. Damit erweitert sich das Verständnis von Gallizismus um die Dimension«kulturbedingter Kontakterscheinungen» (246), wozu etwa auch der Aperitif und das Begrüßungszeremoniell a la fram.;aise gehören. In diesem Rahmen könne die Romanistik ein Stück zur Erforschung der Alltagskultur beitragen. Der Sammelband schließt mit verschiedenen Indizes. Der Wert eines Personenindexes für einen Publikationstyp wie den vorliegenden ist nicht unmittelbar einleuchtend, wenn er nicht tatsächlich die Funktion hat, Verstreutes aber Zusammenhängendes zusammenzuführen. Nameneinträge wie«Erthal, Friedrich Karl Joseph von 184» sind sehr spezifisch für den ohnehin erst durch Gesamtlektüre zu erschließenden Einzelbeitrag, Einträge wie 332 Besprechungen - Comptes rendus «Fontane 22», was auf einen Verweis auf ein Fontane-Zitat im Grimm'schen Wörterbuch zurückführt, sind eher zufällig. Ähnlich problematisch ist ein Sachindex, in dem mit «Exonym 228» und «Gewässername 228» zirkulär auf den Beitrag zur Thematik «Französische Personen- und Ortsnamen im Rheinland 1794-1814» verwiesen wird. Die Wortindizes, die nach Sprachen geordnet sind, führen dagegen zur Sprachkontaktforschung zurück, die Hauptanliegen der Herausgeber war. Bei strafferer Auswahl hätten mehr Beiträge tatsächlich im Dienste dieses Zieles gestanden, in der vorliegenden Form ist der Band der Gefahr der ungesteuerten Präsentation des häufig durchaus Interessanten, aber eben bloß Kuriosen nicht immer entgangen. Mechtild Bierbach * PrnRRE KNECHT/ ZYGMUNT MARZYS (ed.), Ecriture, langues communes et normes. Formation spontanee de koines et standardisation dans la Galloromania et son voisinage, Neuchätel/ Geneve (Faculte des Lettres/ Librairie Droz) 1993, 284 p. La standardizzazione linguistica e Ja formazione di koinai rappresenta oggidi un tema di elevato interesse, al crocevia fra linguistica storica e sociolinguistica: non stupisce dunque ehe dal colloquio tenutosi all'Universita di Neuchätel il 21-23 settembre 1988 sia scaturito un volume ricco e vivace. Sedici contributi sono raggruppati attomo a tre tematiche diverse: la formazione della norma standard del francese (parte I), le koinai dialettali gallorornanze (parte II), problemi di standardizzazione nelle aree limitrofe (parte III). La prima parte e aperta da G. HILTY, ehe sottolinea come nessuno dei piu antichi monumenti francesi sia dialettalmente omogeneo, ma tutti (i Serments, la sequenza di Sainte Eulalie, il Saint Leger, la Passion) presentino qualche tratto ehe rimanda all'Ile-de- France, mostrando dunque nei testi scritti un precoce orientamento al Centro. D'altra parte, M. PFISTER nel successivo ampio intervento si domanda se esistesse attorno al 1200 una koine francese antica, e la sua risposta, sulla base di una disamina di fonti documentarie e testi letterari in relazione a venti tratti o criteri discriminanti (prevalentemente fonetico-grafici, in parte morfologici), e negativa: verso il 1200 non si pu6 ancora registrare una sensibile irradiazione del dialetto dell'Ile-de-France dalla corte parigina alle regioni vicine. A tre secoli dopo ci porta l'intervento di P. M. SMITH, ehe, illustrando i primi tentativi di normativizzare e standardizzare il francese, mostra come nel Cinquecento questi si scontrino con una situazione linguistica ancora tendenzialmente instabile. La carrellata nel tempo e portata avanti da Z. MARZYS, ehe, sulla scorta de! trattamento riservato ad alcuni casi critici concernenti il comportamento dei pronomi, segne il progredire presso i grammatici del Sei e Settecento dell'ideologema dell'«ordre nature! » e della «clarte» de] francese; e da S. BRANCA-RosoFF, ehe esamina i dizionari enciclopedici settecenteschi di Trevoux, rilevando l'eterogeneita delle tecniche di descrizione del materiale lessicografico ehe vi compaiono. Nella seconda parte, P. BEc e G. KREMNITZ si dividono temporalmente (il prima fino a Mistral, il secondo da Mistral ai giorni nostri) Ja trattazione de! dibattito culturale circa Ja standardizzazione dell'occitano, D. DROIXHE e J. GERMAIN si occupano della Vallonia (l'uno con un dettagliato esame della presenza dell'attrazione vocalica leodiese nella letteratura vallone fra il 1600 e il 1850 e l'altro discutendo le ragioni della mancanza in Vallonia di una vera e propria koine), mentre A.-M. VuRPAS e T. TELMON completano il panorama galloromanzo, rispettivamente con osservazioni sulla polirnorfia dialettale sempre presente nell'area franco-provenzale in territorio francese e con un puntuale contributo sul modo in cui nell'opera de! grande studioso di inizio secolo J.-B. Cerlogne, codificatore del franco-provenzale valdostano, si riflette Ja frammentazione dei dialetti locali. Nel com- Besprechungen - Comptes rendus 333 plesso, questi sei contributi documentano, nelle aree periferiche interessate, una sostanziale assenza sia di fenomeni di reale standardizzazione sia de! l'humus ideologica ehe potrebbe favorirla nella coscienza della comunita parlante: sembra prevalere dappertutto, oggi come nel passato, e indipendentemente dalle dinamiche di sviluppo interne delle parlate, ! 'esprit de clocher. La terza parte ci porta prima in Italia, con un intervento di R. ENGLER (ehe ha provocato vivace discussione il volume ehe stiamo recensendo ha infatti anche il pregio di riportare in appendice ad ogni contributo domande dei partecipanti alla discussione e risposte dei relatori) sulla questione cinguecentesca della lingua in Italia e sulla sua ricezione in Europa e uno di M. CoRTELAZZO (alquanto generico, a vero dire) sulla presenza in Italia dopo il Cinquecento di koinai dialettali; e poi, naturalmente, in Svizzera: G. DARMS informa sulla creazione, avvenuta a tavolino nei primi anni Ottanta e ehe ha ottenuto un certo successo nella comunita parlante, de! rumantsch grischun, una koine scritta destinata alle aree retoromance dei Grigioni; A. NÄF discute, sulla base principalmente del materiale didattico di Schwyzertütsch di M. Zwicky, i problemi connessi con Ja scelta di un'eventuale koine alemannica (sara, en passant, frutto di malcomprensione ehe a p. 259 si affermi ehe nel Canton Ticino esiste largamente una «variete regionale intermediaire [dialetto regionale]» fra le parlate locali e l'italiano standard). Il contributo di W. HAAS, intercalato fra questi ultimi due, interessa anch'esso, sia pure non specificamente, la situazione svizzera, riferendo l'autore, con la consueta competenza, dello stato recente della discussione sull'origine della norma de! tedesco. Una sintesi critica dei lavori, opera di Z. MARZYS, conclude il volume: non possiamo qui seguire MARZYS quando sostiene ehe «! es colloques de ce type, reunissant des specialistes de domaines voisins autour d'un theme precis, sont enrichissants (... ) surtout pour les organisateurs» (279), giacche abbiamo trovato il documentato state of the art rappresentato dai saggi qui riuniti molto stimolante ed estremamente arricchente anche per il lettore non specialista di linguistica galloromanza, e vorremmo dire per ogni linguista! G. Berruto * JOACHIM LENGERT, Regionalfranzösisch in der Literatur. Studien zu lexikalischen und grammatischen Regionalismen des Französischen der Westschweiz, Basel/ Tübingen (Francke) 1994, 546 p. (Romanica Helvetica 111) Version profondement remaniee d'une these de doctorat soutenue a Cologne en 1990, ce volumineux ouvrage se propose d'apporter une contribution a Ja description du frarn; ais regional de Suisse romande sur Ja base d'un corpus de textes litteraires contemporains. Ce corpus comprend en totalite ou en partie l'ceuvre de sept ecrivains romands, dont chacun represente l'un des cantons entierement ou partiellement francophones. De plus, l'auteur a utilise, a titre de comparaison, une collection personnelle d'extraits d'ecrivains romands du XIX e et du XX e s. ainsi que Je fichier de fran�ais regional constitue par le Centre de dialectologie de l'Universite de Neuchatel. La plus grande partie de l'ouvrage (environ 400 pages) est constituee par un glossaire contenant un millier d'articles et ordonne thematiquement selon Je modele du Begriffssystem de von Wartburg et Hallig. Chaque article comprend, apres l'en-tete: une breve definition en frarn; ais; un, parfois deux exemples tires du corpus; l'extension geographique du mot; des indications sur sa frequence dans Je corpus (en chiffres absolus) et en Suisse romande termes generaux: «selten», «gängig», «geläufig», «frequent»); un historique avec, dans Ja mesure du possible, la premiere attestation; des remarques facultatives sur Ja phonetique, la graphie et la morphosyntaxe; enfin, des references bibliographiques. Le 334 Besprechungen - Comptes rendus glossaire est precede de trois chapitres contenant une breve presentation du corpus analyse, une discussion de la notion de frarn;:ais regional et des considerations methodologiques; il est suivi d'une tentative de recapitulation statistique intitulee «Grundstrukturen des regionalen Wortschatzes», puis d'un certain nombre de remarques complementaires concernant la «creativite lexicale» du franc,;ais regional et les particularites grammaticales observees dans le corpus. Le dernier chapitre de trois pages, intitule «Ausblick», esquisse les täches de Ja recherche future, apartir de ce que l'auteur reconnait Ioyalement comme Ies insuffisances de son propre travail. L'ouvrage se cl6t par un index alphabetique et une bibliographie abondante, faisant etat de plusieurs centaines de titres. L'ensemble est presente avec grand soin, abstraction faite de quelques maladresses de langage et de quelques menues erreurs d'impression. L'auteur fait preuve d'une tres banne connaissance theorique du sujet, ce qu'il montre notamment dans le chapitre 2, concernant Ja definition du franc,;ais regional. L'ordonnance thematique du glossaire ne va pas sans problemes, car d'une part l'attribution de tel mot a tel domaine du lexique n'est pas evidente, et d'autre part certains mots polysemiques apparaissent a deux ou plusieurs places. En revanche, eile revele d'emblee Ja structure semantique du corpus: representation importante de certains domaines («statalismes», terminologie agricole, expression des attitudes et des sentiments) et tres faible ou presque nulle de certains autres (mots abstraits, termes concernant les arts ou l'activite intellectuelle). La microstructure comme Ja macrostructure du glossaire appellent bien des remarques de detaii 1 ; je m'en abstiendrai toutefois, en me concentrant sur quelques reflexions plus generales. M. Lengert intitule son livre Regionalfranzösisch in der Literatur; il a donc bien conscience que son corpus represente un ensemble de faits linguistiques utilises a des fins litteraires par des auteurs d'äge, d'origine et de formation differents. Des lors se pose Ja question du rapport entre la langue et la parole, c'est-a-dire entre le franc,;ais regional conc,;u comme une variete diatopique du franc,;ais standard et l'usage personnel de chacun des auteurs etudies. M. Lengert en est conscient; mais il renonce a une interpretation stylistique (12), utilisant ses materiaux comme des temoignages du franc,;ais regional, sans s'occuper de leur mode d'insertion dans Ies textes. Or ce mode d'insertion differe profondement d'un cas al'autre 2 . Ainsi Alexis Peiry (FR), ne dans Ja campagne gruyerienne en 1905, ecclesiastique puis instituteur, auteur sans pretentions Iitteraires, a manifestement grandi dans une civilisation rurale qui s'exprimait en patois, avant de prendre des distances face aux realites et au langage de son enfance. Exception faite de quelques regionalismes connus de tous et frequemment utilises comme armailli ou benichon, il exclut en quelque sorte de sa propre langue Ja plupart des mots locaux qui figurent dans son texte, en les marquant par divers procedes: guillemets, definition, description du refärent, attribution aun autre locuteur, etc. Il s'agit d'ailleurs en partie de mots patois non adaptes formellement en franc,;ais, tels que chaula 'chaise a traire', chole 'plancher superieur du chalet' ou modzene 'berger des genisses'; leur appartenance au dialecte est parfois explicitement indiquee par l'auteur, ainsi «garc,;on de chalet bouebo en patois gruyerien» (269). II est difficile d'attribuer de telles attestations au franc,;ais regional; et on peut hesiter ale faire meme apropos d'elements que l'auteur cite dans une forme franc,;aise en Ies traitant comme dialectaux: «Je les entends encore dire en patois 3, cette langue que je comprenais sans la parler jamais: <Il fait mauvais temps; c'est de nouveau Ja bise noire»> (51). On ne voit pas tres bien, dans l'usage de l'ecrivain, la difference entre ces mots et trintzaobio, que M. Lengert definit comme «xenisme» et qui se 1 Cf. le campte rendu d'Andre Thibault dans RLiR 59 (1995): 247-63. 2 Les ecrivains depouilles par M. Lengert sont classes ci-dessous par ordre chronologique. 3 C'est moi qui souligne. Besprechungen Comptes rendus 335 trouve dans un contexte semblable: «La piece principale du chalet, du moins par ses dimensions, est naturellement l'etable; le chalet est d'abord la maison des vaches et des genisses; quarrt a la piece la plus typique, c'est le trintzaobio, c'est-a-dire le local Oll l'on fait le fromage, mais c'est aussi le ccrur de cette demeure primitive» (485). Corinna Bille (VS), nee a Lausanne en 1912, Valaisanne d'adoption, a connu elle aussi une civilisation traditionnelle et dialectale; mais au contraire de Peiry, elle la prend a son compte et fait du regionalisme un procede de «couleur locale». La plupart des mots regionaux qu'elle emploie designent en effet des realites valaisannes: ainsi arolle, arvine, bancelle, barillet, barillon, bottille, brante ... C'est chez elle que se trouvent Ja plupart des noms locaux de plantes releves par M. Lengert: bourrache 'viperine', chamois bleu 'aster des Alpes', esparcette 'sainfoin', feuille forte 'oseille sauvage', fille-nee-avant-la-mere 'hepatique des jardins', etc. 4 Georges Haldas (GE), ne en 1918 a Geneve oll il a grandi et etudie, est notamment l'auteur d'une serie d'ouvrages plus ou moins autobiographiques. Ses «genevoisismes» designent egalement, pour une bonne partie, des realites locales, mais d'un tout autre type: fetes (escalade, margotton, vogue), vie scolaire et universitaire (aula, carnet, demilicence, petite ecole, juxta 'edition d'un texte en langue etrangere avec traduction juxtalineaire en frans;ais'); a cöte de cela, on trouve chez lui quelques termes familiers: bicle-ceil 'loucheur', caquer 'defequer', glin-glin 'petit doigt', zeze 'individu' ... Jean-Pierre Monnier (BE), ne en 1921 a Saint-Imier, petite ville Oll le patois avait deja disparu, professeur de frans;ais, ecrit une langue tres peu localement marquee. Ses regionalismes, qui sont en partie des archa'ismes frans;ais, se rapportent aussi, le plus souvent, aux realites locales ou plus generalement campagnardes: emposieu 'trou circulaire en forme d'entonnoir dans le sous-sol calcaire' 5, lang bois, boitier 'fabricant de boites de montres', pivoteur 'horloger qui lime et arrondit l'axe des rouages des montres', caisson 'coffre menage sous le siege d'une voiture', ancien d'Eglise, catechete; il emploie aussi quelques expressions regionales peu marquees, placees dans un contexte familier: a bien plaire 6 , n'en pouvoir rien, avoir meilleur temps, tenir la vie 7 . Mais, dans l'ensemble, ses regionalismes semblent bien trop rares pour qu'on puisse voir dans leur emploi un procede systematique. Alexandre Voisard (JU), ne en 1930, ecrivain assez academique, apporte peu de chose: quelques termes regionaux tres peu caracteristiques (cluse, coudrier, pruneau, carre de chocolat, buffet 'armoire'), deux ou trois noms d'institutions sociales ou politiques (contemporains, police des etrangers), des exclamations ou des mots familiers dorrt le caractere specifiquement romand est plutöt douteux (dame! youyou! vingt dioux! merdaille) 8; de 4 Il est assez aberrant d'attribuer a ces composes comme en-tete leur premier element, avec lequel ils n'ont souvent qu'un tres lointain rapport semantique: ainsi chamois bleu figure sous chamois, fille-nee-avant-la-mere sous fille, etc. 5 Ce mot, essentiellement neuchätelois mais adopte au xrx e s. par la terminologie scientifique des geologues, est atteste comme nom de lieu depuis 1464 et non depuis 1163: M.Lengert a confondu, dans le GPSR (5: 337b), la date avec le numero de la Carte nationale de la Suisse Oll figure le toponyme en question. 6 Qui n'est pas une «Lehnübersetzung» du dialecte, mais une expression du langage juridique romand empruntee par le patois, d'oll sa presence dans le Glossaire du patois de Blonay de LoursE ÜDIN (qui precise d'ailleurs bien, p.423a: «frv. [frans; ais vaudois] a bien plaire»). 7 L'auteur eprouve le besoin de preciser: «Dans le village, Oll ! es gens disaieut couramment: tenir la vie ...» (219), ce qui prouve que, dans ce cas du moins, il s'agit d'un regionalisme conscient. 8 Un des rares regionalismes evidents d'A.Voisard est l'expression miner le plot 'casser la tete' («il commence a nous miner le plot, cet olibrius», 306); il est vrai que M.Lengert ne l'a pas 336 Besprechungen - Comptes rendus telle sorte que Je Jura, region Oll le patois s'est pourtant conserve jusqu'a nos jours et Oll les regionalismes ne manquent pas 9 , est sous-represente dans le corpus. Jacques Chessex (VD), ne en 1934, professeur de frarn;:ais comme Jean-Pierre Monnier, mele quelques regionalismes a la langue de ses ceuvres proprement «litteraires» et destinees a un ! arge public francophone, telles que L'Ogre qui lui a valu le prix Goncourt. En revanche, dans Portrait des Vaudois, il «en rajoute»: noms de realites locales, expressions familieres ou pittoresques, emplois regionaux de mots fran9ais, tout y passe. Ce n'est pas pour rien qu'une bonne partie des mots reunis dans le chapitre intitule «Essen und Trinken» proviennent de Chessex: atriau, biscome, bonbon 'biscuit', boucle de saucisse, boule de Bale, boutefas, bricelet ... A l'occasion, mais toujours dans Portrait des Vaudois, iI ne dedaigne pas d'elargir le sens de ses regionalismes: ainsi caisson 'muret qui soutient une terrasse de vigne' ou gicler 'partir precipitamment'10. Le cas d'Anne-Lise Grobety (NE) est encore different. Nee a La Chaux-de-Fonds en 1949, elle n'a, bien entendu, aucun souvenir du patois, eteint dans sa region au debut de ce siede; elle ne semble pas connaitre davantage l'ancienne civilisation rurale et le fran9ais local qui la portait apres l'extinction du dialecte. Mais elle ecrit un langage familier ou se glissent, consciemment ou non, des elements regionaux: aller pour 'partir' («il faut que tu ailles»), baboler, bec pour 'baiser', c'est ba:uf 'c'est stupide', brasser la neige, bringue 'dispute', brique 'debris, fragment', etc. Plus souvent que Chessex, elle emploie les regionalismes dans un sens inattendu: ainsi greppon, litt. 'crampon'11, au fig. 'qqch. qui accroche, �ui retient' 12; de meme four grele 13 , hop-la-glisse/ 14, lardasser 15, grabons 16 , debattue 17 , grelu 8, serpilliere mouillee 1 , etc. M.Lengert qualifie cet emploi d'«idiolectal»; il vaudrait retrouvee ailleurs, mais eile est attestee pour Vaud, a la forme pronominale: «II ne faut pas se miner le plot, on trouvera bien une solution » (communication orale de M.H.Chevalley, redacteur au GPSR). 9 Cf. par ex. P. HENRY, Le Parler jurassien et l'amour des mots, Porrentruy 1990, vol.2, 1992. 10 Et non 'deraper' comme l'interprete M.Lengert: «II gicle an Coteau. Personne. Le garage vide? II traverse le premier hangar, toujours personne, pas un chat dans le deuxieme non plus» (432). 11 Cite par W. PIERREHUMBERT, Dictionnaire historique du parler neuchatelois et suisse romand, Neuchätel 1926, dans l'historique de l'article greppe, avec renvoi a ÜDIN, op. cit.; donc sans rapport avec la famille *krepp- 'rocher' a laquelle tente de le rattacher M.Lengert. 12 Et non 'masse de neige durcie, petit amas de neige': «A chaque pas, il faut arracher le pied plns profond du greppon de la neige » (54). 13 «Je les entends vibrer derriere moi un bruit dur et grele furieuses furieuses elles sont sur moi visent piquent leur aiguillon dans ma chair » (93). 14 «Ils sont peut-etre au cinema. A regarder une scene d'amour; une de ces scenes ou, hop-laglisse! comme dit Trognon, en deux temps trois mouvements les amants atteignent les sommets de volupte! » (105). - M.Lengert traduit glisse par 'action de glisser, glissade' et indique avec serieux: «Der Kontext, in dem glisse bei Grobety auftritt, ist nicht weiter belegt. » On s'en serait doute! 15 «Et puis le violoncelle lardasse ! es murs, ! es ouvre ... » (106). - Derive occasionnel de lardasse 'coupure, balafre' (cf. PrnRREHUMBERT, op. cit.). 16 «La nourriture se tasse en petits grabons au fond de mon estomac » (138). - M.Lengert, qui indique Je sens premier de grabons 'residus du lard fondu', n'a pas l'air de se rendre campte qu'il s'agit, ici encore, d'un emploi figure. 17 «On s'interroge a avoir la debattue dans la tete» (184). - Litt. 'onglee'; ici, guere au sens 'trouble du a une epreuve, a un deuil', tire on ne sait d'ou par E.Pmoux (Le Langage des Romands, Lausanne 1983) et cite par M.Lengert. 18 «Ab, pointes grelues du froid dans Ja plante du pied ...» (188). - M. Lengert commente: «Ein noch gebräuchlicher Archaismus mit neuerer semantischer Entwicklung im Regionalfran- Besprechungen - Comptes rendus 337 mieux parler de metaphores, encore qu'on se demande si A.-L.Grobety connait toujours bien le sens premier des regionalismes dont elle se sert ainsi. On pourrait faire des remarques semblables sur les faits que l'auteur reunit dans le chapitre intitule «Die lexikalische Kreativität des Regionalfranzösischen» (467-86). La grande majorite des derives cites comme neologismes proviennent de J.Chessex et de A.- L.Grobety: 26 sur 38 verbes en re-/ re-, les 4 parasynthetiques en en-lem- 20, les 8 derives nominaux en -ee, ! es 6 adjectifs en -eux; sur ! es trois verbes en -oter, un est de G.Haldas (bruloter), ! es deux autres encore de A.-L.Grobety (embrassoter, frappoter). Jusqu'a quel point peut-on ! es considerer comme caracteristiques des tendances derivationnelles du fran9ais de Suisse romande, et dans quelle mesure illustrent-ils seulement les choix stylistiques de ces auteurs? Deux remarques encore a propos des germanisrnes. On comprend que M.Lengert classe parmi les emprunts non integres dans le fran9ais local des mots comme burg, musicant ou meme prosit, employes par ! es auteurs comme «xenismes» conscients; on comprend moins bien pourquoi il y ajoute schnaps, dont il dit lui-meme: «im Gesamtkorpus mehrfach belegt, im Gebrauch verankert», donc aussi «romand» que yass ou wienerli. Quant a vogueler, que l'auteur traduit par «koitieren» et rattache a l'allemand vögeln, tout en me faisant l'honneur de citer (485 N176) une autre interpretation que je lui ai suggeree, je continue a penser qu'il a tort: tant le contexte 21 que ce qu'on peut savoir des habitudes de l'auteur suggerent qu'il s'agit d'un derive idiolectal de voguer, semblable a embrassoter et frappoter cites ci-dessus. Enfin, pour ce qui est des particularites grammaticales, la moisson est maigre et n'apporte guere que des faits bien connus: place de certains pronoms entre le verbe auxiliaire et le participe («s'il n'y avait personne eu»), archai"smes de regime verbal («personne ne lui aide»), omission du pronom reflechi devant l'infinitif («peut-on promener avec vous? «), emploi adverbial de l'adjectif («tu es belle grasse»), quelques specialites dans la distribution des adverbes et des prepositions («entrez seulement»; «on va contre les beaux jours»). On ne prendra donc pas l'ouvrage de M. Lengert pour une etude exhaustive du fran9ais de Suisse romande du xx c s., ce que d'ailleurs il ne pretend pas etre; on n'acceptera pas sans reserve toutes ! es interpretations proposees par l'auteur et l'on contr6lera les references qu'il cite. Cela dit, il reste que, par son ampleur et son serieux, cet ouvrage constitue Je zösischen», mais definit grelu d'apres ses sources lexicographiques: 'pauvre; miserable', ce qui ne convient guere ici. 19 «Tout a ! 'heure tu avais envie ... , et maintenant tu reste [sie] comme une serpilliere mouillee» (195). - Variation individuelle sur patte-mouillee 'individu saus volonte, mou et irresolu' (PIERREHUMBERT, op. cit., p.416). 20 Emperruque (Chessex), empommade, s'encoler de qqch. 'mettre qqch. a son cou', encravate (tous trois chez A.-L. Grobety). M.Lengert, tout en les classant parmi ! es neologismes, dit qu'ils sont «als Archaismen zu deuten». Si emperruque, qui figure chez V.Hugo puis dans des dictionnaires fran�ais jusqu'en 1930, peut en effet passer pour un archai"sme, les trois autres, attestes en fran�ais trop anciennement (encoler: du xn c s. a CoTGRAVE, 1611; cf. FEW2: 914b) ou trop occasionnellement pour qu'il y ait continuite, sont bien plut6t des recreations individuelles. 21 «"Mais tu sais, tu te poses trop de questions a ce sujet, on se fait des theories, et quand Je gosse est en toi, tout est resolu, tu eprouves une joie instinctive ..." L'instinct, il faut laisser parler l'instinct, c'est 9a, c'est bien, ne pas se poser de questions, continuer a etre ! 'irresponsable femelle des premiers temps de l'humanite. se laisser vogueler aux lois de la nature, n'y a que 9a a faire; et si justement 9a me paraissait un peu facile, fade comme solution? mais voyons, voyons si 9a te parait fade, c'est un pretexte pour cacher tes raisons egoi:stes de ne pas avoir d'enfant ... » (A.-L.GROBETY, Zero positif, Vevey 1975: 180). 338 Besprechungen - Comptes rendus repertoire le plus important des «romandismes» depuis le dictionnaire de Pierrehumbert et en attendant la parution, prochaine esperons-le, du Dictionnaire des particularites lexicales contemporaines du fram; ais en Suisse romande, actuellement en preparation a Neuchätel. Z.Marzys * Tresor de la langue fram; aise. Dictionnaire de la langue du 19 e et du 2o e siede (1789-1960) elabore par le Centre national de la recherche scientifique (Institut national de la langue frarn;:aise, Nancy), tome 16 (teint-zzz ...), Paris (Gallimard) 1994, xvm + 1452p. Früher als in unserer Besprechung des Bandes 15 (cf. VRom. 53 [1994]: 353-59) angenommen ist im Spätherbst 1994 mit dem Erscheinen des vorliegenden Bandes die Herausgabe des Tresor de la langue franqaise (TLF) abgeschlossen worden. Damit hat ein großes lexikographisches Unternehmen, das die Darstellung des Französischen seit der Französischen Revolution zum Gegenstand hat, seinen Abschluß gefunden. Bevor wir uns mit dem Inhalt dieses letzten Bandes eingehender befassen, soll zunächst auf die Postface (vrr-rx) von Bernard Quemada eingegangen werden, die dem eigentlichen Wörterbuchteil des Bandes vorangeht. In diesem Nachwort, mit dem Quemada auch Rechenschaft über die Zeit seiner Tätigkeit an der Spitze des TLF ablegen will, greift er noch einmal die wichtigsten Fakten auf, die die Entstehungsgeschichte des TLF geprägt haben. Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Paul Imbs, der als Initiator des TLF auch die Herausgabe der ersten sieben Bände geleitet hatte, hat bekanntlich B. Quemada 1977 die Leitung des TLF übernommen und zeichnet damit für die restlichen Bände verantwortlich. In diesem Zusammenhang ruft Quemada in Erinnerung, daß die Übernahme der Leitung des TLF durch ihn zugleich mit einer organisatorischen Umstrukturierung verbunden gewesen ist. Fortan wird der TLF nicht mehr eine eigenständige Institution sein, sondern eine Komponente des Institut national de la langue franqaise (INaLF), womit der TLF leichteren Zugang zu anderen Sprachdokumentationen (Archives du franqais contemporain; Materiaux pour l'histoire du vocabulaire franqais) bekommt. Quemada macht deutlich, daß er auch die inneren Strukturen des TLF, die verschiedenen mit seiner Ausarbeitung beschäftigten Abteilungen, reorganisiert hat, um sie effizienter zu machen. Dabei stand für ihn fest, daß sich an der ursprünglichen Zielsetzung des Wörterbuches nichts ändern durfte: «Je me suis efforce d'appliquer et de faire respecter les choix methodologiques initiaux sans toujours les partager» (vrr). Um die innere Einheit des Werkes zu gewährleisten, kamen für Quemada nur behutsame Änderungen an der Ausführung des TLF nach dem Prinzip «inflechir oui, transformer non» (vrr) in Frage. In einem anderen Punkte bleibt Quemada nur übrig, Irreparables zu konstatieren. In der Tat eignet dem TLF eine innere Unausgewogenheit, die sich darin äußert, daß die Behandlung der ersten Buchstaben - oder genauer A - Cage extrem viel Platz in Anspruch nimmt, nämlich vier Bände, während eine konzentriertere Form der Darstellung sich erst mit Band 5 durchsetzt. Dabei erweist sich der TLF von Band 5 an keineswegs als weniger informativ; er geht lediglich ökonomischer mit dem Platz um, indem er einen weniger großzügigen Satzspiegel als in den ersten Bänden verwendet. Aber auch mit anderen Mitteln hat der TLF eine maximale Nutzung des Raumes erreicht, so etwa durch die Verwendung von Groß- und Kleinsatz für wichtiges und weniger wichtiges Wortgut, durch die Integrierung von weniger häufigen Ableitungen in den Artikel des Grundwortes, durch kumulative Artikel für Präfixe, Suffixe und andere Wortbildungselemente, die es gestatten, Wortbildungen mit geringem Häufigkeitsgrad zusammenzufassen. Die Disproportion im Gesamthaushalt des Werkes ist sicher bedauerlich; letztlich ist sie aber wohl unvermeidlich bei Besprechungen - Comptes rendus 339 großen lexikographischen Werken, die ihre definitive Form erst im Verlaufe der Publikation finden. Die rationellere Nutzung des Platzes und die generelle Straffung der Artikel sind lediglich Kurskorrekturen, die sich aus der praktischen Arbeit am TLF ergeben haben, und tangieren in keiner Weise die Grundkonzeption des Werkes. Auch bei den zeitlichen Grenzen, die sich der TLF ursprünglich gesetzt hatte, hat es im Verlaufe der Ausarbeitung eine Korrektur gegeben. Während auf dem Titelblatt auch des Bandes 16 die zeitlichen Grenzen immer noch mit 1789-1960 angegeben werden und die Materialsammlung effektiv 1965 abgeschlossen wurde, zeigte sich mit fortschreitender Zeit, daß eine Berücksichtigung der nach 1965 aufgekommenen Neologismen unumgänglich sein würde, wenn der TLF nicht Gefahr laufen wollte, seinem eigentlichen Titel «Dictionnaire de la langue du 19 c et du zo c siede» nicht mehr in vollem Umfang gerecht zu werden. Es war daher eine unausweichliche, absolut richtige Entscheidung, den zeitlichen Rahmen des TLF über das Jahr 1965 hinaus zu erweitern und die häufig gebrauchten Neologismen aufzunehmen. Der technologisch-wissenschaftliche Fortschritt gerade der letzten Jahrzehnte hat eine solche Flut von Wortneubildungen ausgelöst, die ein umfassendes Sprachwörterbuch mit Thesaurus-Charakter nicht einfach ignorieren kann. Nicht nur ein Sachwörterbuch, sondern auch ein Sprachwörterbuch lebt von seiner Modernität, und seine Autorität steht und fällt eben auch mit seiner Aktualität. Die Leitung des TLF war also gut beraten, den zeitlichen Rahmen bis in die unmittelbare Gegenwart zu öffnen, weil der TLF sonst bei seiner Fertigstellung bereits nicht mehr die neueste Entwicklung des französischen Wortschatzes widergespiegelt hätte. Gerade die bereits weiter oben erwähnten Verfahren, die Quemada als «regroupements morphologiques» (vm) bezeichnet und mit denen der TLF eine optimale Nutzung des ihm zur Verfügung stehenden Platzes erreicht hat, haben dazu beigetragen, daß Neologismen der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts in großem Umfang aufgenommen werden konnten. Quemada kann daher mit berechtigtem Stolz erklären: «La nomenclature traitee a divers titres dans Je TLF est la plus etendue de toutes celles que recensent aujourd'hui les dictionnaires du fran1;ais moderne» (vm). In Zahlen ausgedrückt sind es mehr als 100 000 Wörter, die vom TLF registriert worden sind. Mit dem Complement zum TLF, das nach Quemadas Angaben in Vorbereitung ist, wird sich der vom TLF erfaßte Wortschatz auf ungefähr 110 000 Wörter belaufen. Trotz der zeitbedingten vermehrten Berücksichtigung der termes technoscientifiques ist aber die ursprüngliche Orientierung des TLF unverändert geblieben: «La langue des ecrivains, riche et diverse, demeure une reference obligee pour un dictionnaire de langue culturel, mais elle demande a etre completee par d'autres pratiques de l'ecrit, philosophie, histoire, politique, sciences sociales, economie, sciences et techniques, qui sont les vehicules privilegies de Ja pensee et de la culture contemporaines» (vm). Quemada geht an dieser Stelle auch auf die Art der Sprachbeschreibung im TLF ein und berührt damit zugleich die Frage des Publikums, an das sich der TLF wendet. Er macht keinen Hehl daraus, daß man sich bei der Abfassung des TLF für die Verwendung von «procedures linguistiques et philologiques exigeantes» (vm) entschieden hat. In der Tat ist nicht zu übersehen, daß sich die Sprachbeschreibung im TLF auf einem relativ hohen Niveau bewegt, die sich vor allem in den umfangreicheren Artikeln durch detaillierte Analysen auszeichnet. Der TLF hat also bewußt eine anspruchsvolle Form der Beschreibung des modernfranzösischen Wortschatzes gewählt. Daraus ergibt sich schon, daß der TLF nicht in erster Linie gedacht ist für den Benutzer, der sich rasch Klarheit über Unsicherheiten in seinem Sprachgebrauch verschaffen will. Mit seiner umfassenden Beschreibung des modernfranzösischen Sprachgebrauchs unter Einbeziehung auch sekundärer Aspekte wendet sich der TLF vielmehr an den sich von Berufs wegen mit dem Französischen befassenden Zeitgenossen, dann aber auch an all diejenigen, deren Interesse an der Sprache über die Klärung der kleinen alltäglichen Zweifelsfälle hinausgeht. Daß dem TLFfür Quemada ein besonderer Status, eine gewisse Vorbildfunktion in der 340 Besprechungen - Comptes rendus heutigen französischen Lexikographie zukommt, wird deutlich, wenn er im Zusammenhang mit den ausführlichen Wortanalysen des TLFschreibt: «Ces veritables monographies sont une manne pour les chercheurs et certains autres dictionnaristes. Elles font l'originalite de l'ouvrage qui, s'il n'a pas en cela de concurrents, pourrait bien avoir quelques debiteurs devant l'histoire des dictionnaires de cette fin de siede» (vm). In dieser Hinsicht ist noch eine andere Äußerung Quemadas aufschlußreich, aus der hervorgeht, daß er den TLF auch in der Tradition des Akademie-Wörterbuchs sieht («le TLF occupe une place demeuree vacante dans le paysage dictionnairique fran9ais» [vn]) und beide Wörterbücher als dictionnaires institutionnels (vn) eine besondere Aufgabe haben: «... ils ont en commun d'assumer une fonction de «service linguistique» aupres des specialistes de la langue, des dictionnaristes, et, a travers eux, d'un tres large public. Aucun autre repertoire de langue ne partage ce risque ni cette lourde charge. Selon leurs finalites propres, les dictionnaires commerciaux remplissent avec succes les röles devolus a d'autres types de repertoires» (vn). Auch wenn es nicht deutlich ausgesprochen wird, so ist doch nicht zu übersehen, daß der TLF nach den Vorstellungen seines Direktors den Anspruch hat, eine Sonderstellung unter den Sprachwörterbüchern einzunehmen und eine lexikographische Autorität für das Modernfranzösische zu sein, auf die andere Wörterbücher Bezug nehmen. Zu den ergänzenden Informationen, die der TLF zusätzlich zur synchronen Analyse der heutigen Sprache liefert, gehören auch die Angaben zur Geschichte und Etymologie der einzelnen Wörter. Quemada nimmt in seiner Postface die Rubrik Etym. et Hist. zum Anlaß, die Bedeutung dieser Angaben für das bessere Verständnis des gegenwärtigen Sprachgebrauchs hervorzuheben und auch die Verdienste der an der Zusammenstellung dieser Angaben Beteiligten zu würdigen, was sicher berechtigt ist. Wenn es jedoch weiter heißt: «L'ensemble de ces donnees, d'une richesse et d'une precision sans exemple dans notre patrimoine lexicographique, est tenu pour le veritable premier dictionnaire historique de la langue fran9aise» (rx), so kann der Schreibende dem für einmal nicht zustimmen. Dabei stehen in keiner Weise die Vielfalt und Genauigkeit der Angaben zur Diskussion; es geht vielmehr um die Art der Angaben. In der Tat beschränken sich die wortgeschichtlichen Daten auf die Erstbelege der wichtigsten Bedeutungen mit genauen Quellenangaben sowie gegebenenfalls das Textzitat. Entsprechende Angaben zu idiomatischen Ausdrükken u.dgl., aber auch solche zur Gültigkeitsdauer von Bedeutungen etc. fehlen dagegen. So nützlich auch die Erstdatierungen in der Rubrik Etym. et Hist. sein mögen - und zwar vor allem auf Grund ihrer Zuverlässigkeit -, so sind es doch nur Ansätze zu einer wirklichen Wortgeschichte. Im etymologischen Teil dieser Rubrik zeigt sich mehr noch als im wortgeschichtlichen die Abhängigkeit des TLF von anderen Werken mit entsprechender Orientierung. Bei dieser Gelegenheit erwähnt Quemada auch, daß der TLF von den Materialsammlungen anderer Institutionen des INaLF profitiert hat. Hier wäre vielleicht auch eine Erwähnung des FEW am Platze gewesen, dem der TLF und speziell die Rubrik Etym. et Hist. mehr als nur ein paar Belege verdankt. In der Tat ist für denjenigen, der bei der Besprechung des TLF immer sein besonderes Augenmerk auf diese Rubrik gerichtet hat, nicht zu übersehen, in welch hohem Maße die beiden Komponenten der Rubrik Nutzen aus den Angaben des FEW gezogen haben. Bei den wortgeschichtlichen Datierungen sind die entsprechenden Daten der FEW-Artikel immer Orientierung, oft genug auch Quelle gewesen. Was die etymologische Diskussion angeht, so hat das FEW auch hier wertvolle Vorreiterdienste geleistet, indem es die bereits vorliegenden Beiträge zur Etymologie einer kritischen Wertung unterzogen hat. Im übrigen ist das FEW gerade dadurch, daß es die Entwicklung der französischen Schriftsprache in ihrem sprachlichen Umfeld (Substandard, Dialekte etc.) darstellt, ein unentbehrliches Hilfsmittel für jeden, der den Quellen des französischen Wortschatzes nachgeht. Auch darin ist die Rubrik Etym. et Hist. des TLF dem FEW verpflichtet. Besprechungen - Comptes rendus 341 Quemadas Postface endet mit einem Ausblick auf zukünftige Projekte, die in Fortsetzung des gerade abgeschlossenen TLF verwirklicht werden sollen. Neben dem schon erwähnten Complement, das bereits in Arbeit ist, soll eine informatisierte Fassung erstellt werden, mit der der TLF also computerlesbar gemacht wird. Die informatisierte Fassung soll auch als Grundlage für Erweiterungen und Überarbeitungen dienen; geplant ist u. a. eine reduzierte Fassung des TLF, ein Petit TLF. Mit diesem Programm wird also eine zeitgemäße Vermarktung des TLF eingeleitet. Was nun den hier zu besprechenden Band 16 angeht, so ist zunächst zu sagen, daß er auf Grund einer veränderten Papierqualität rein äußerlich etwas weniger umfangreich erscheint als die unmittelbar vorangehenden Bände 13-15, obwohl er wie diese auch um die 1450 Seiten umfaßt. Die Verteilung der einzelnen Buchstaben innerhalb des Bandes stellt sich wie folgt dar: Mehr als die Hälfte des Bandes nimmt der Buchstabe Tein (teint tzigane, 1-777), der Rest des Bandes verteilt sich ungleich auf die verbleibenden Buchstaben U (778-862), V (862-1382), W (1382-94), X (1394-400), Y (1401-10), Z 411-41). Wir hatten bereits mehrfach Gelegenheit, in unseren Rezensionen darauf hinzuweisen, daß die Analyse des synchronen Wortgebrauchs im TLF besonders eingehend ist. Auch wenn hier nicht auf Einzelheiten der synchronen Wortanalyse eingegangen werden kann, soll doch auf einige Wörter hingewiesen werden, deren ausführliche Beschreibung in Band 16 zu umfangreichen Artikeln Anlaß gegeben hat, so etwa temps (8 p.) mit den Bed. 'Zeit' (1.) und 'Wetter' (n.) in einem Artikel, tenir (9 p.), terre (9 p.), tete (9 p.), taut adj. et pron. indef. (6 p.), train (6 p.), vent (6 p.), verite (7 p.), vert (6 p.), voir (20 p.), vrai (10 p.), wobei die Artikel tenir, verite und voir mit einer Inhaltsübersicht versehen worden sind. Erwähnt werden soll auch noch einmal, mit welcher Genauigkeit die Rektion der Verben im TLF analysiert wird. Zumindest auf ein paar markante Beispiele sei hier hingewiesen: tenter, terminer, tirer, trancher, travailler, tremper, tuer, unir, venger. Die Verwendung des Fettdrucks zur Markierung der verschiedenen Konstruktionen der Verben trägt zudem zur Übersichtlichkeit und besseren Lesbarkeit dieser Artikel bei. Auch wenn auf dem Titelblatt des TLFnach wie vor das Jahr 1960 als terminus ad quem erscheint, so hat der TLF bekanntlich schon seit längerem verbreitete Neologismen der letzten 30 Jahre in seine Spalten aufgenommen; zu diesen zählen in Band 16 etwa telematique, teletexte, teletraitement, teletravail, telex, transsexuel, trek.king, triomphalisme, trip, underground, veliplanchiste, videographie, videotex, videotexte, ye-ye, zapper, zombi . . . Mehr als i n jedem anderen französischen Sprachwörterbuch vergleichbarer Dimensionen wird im TLF neben dem standardsprachlichen Wortschatz auch das Wortmaterial mit eingeschränkter Verwendung berücksichtigt. Hierzu gehören vor allem regional begrenzt vorkommende Lexien sowie das spezifische Wortgut des Substandards. Was den regionalfranzösischen Wortschatz betrifft, schenkt der TLF besondere Beachtung dem speziellen Wortgebrauch in den teilweise frankophonen Ländern Europas und Nordamerikas, in begrenztem Maße aber auch dem regionalen Sprachgebrauch innerhalb Frankreichs. Das Französische Belgiens ist vertreten mit tete-pressee, vinculer, vitoulet, zwanze, das der Westschweiz mit yass, das kanadische Französisch mit tire 4 'sirop d'erable', trafne I. C. 'traineau bas', traverse l. A. 'traversee', traversier A. 'bac, ferry-boat', tuque, veilloche, vivoir (s. vivre). Zahlreicher sind in Band 16 die in Frankreich weiter verbreiteten regionalen Termini dialektalen Ursprungs vertreten; sie kommen entweder in nichtliterarischen Werken im Zusammenhang mit regionalspezifischen Gegebenheiten vor oder in literarischen Werken, deren Autoren bewußt oder unbewußt lexikalische Elemente ihrer engeren Heimat verwendet haben. Zu diesen lexikalischen Regionalismen gehören etwa touiller (Nord), wassingue (Nord), watergang (Flandres), wateringue (Flandres), wagage (statt Nord-Ouest muß es hier richtig Nord-Est heißen oder besser noch Nord, worauf die Wortform wie auch die Erwähnung von Flandre fran;;aise im Artikel hindeuten), vigneau 112 (Normandie), vignot (Norm.), vivier (Norm.), tribart (Ouest), truisse (Ouest), vermee 342 Besprechungen - Comptes rendus (Ouest), treille 2 'filet pour la peche a la crevette' (c6tes ouest de la Fr.), vive-eau (c6te atlantique), turcie (pays de Loire), vacive (Centre), verdiau (Centre), tourer (Berry), traine I. C. 'chemin creux' (Berry), tournevirer (surtout au sud de la Loire), vepree (Bourgogne etc.), touffe 2 'etat atmospherique chaud et lourd' (Lorraine), vergne (Sud de la Fr. de la Vendee aux Vosges), traille (domaines fr.-prov. et prov.), tourne 2 'massif de ma9onnerie' (Alpes), volant3 'faucille de grande dimension' (Massif central, Alpes du Nord, Suisse rom.), traboule (Lyon surtout et St-Etienne), touselle (Sud de la Fr.), viedase (Midi), thon(n)aire (Provence), toupin (Prov.), tutu-panpan (Prov.), trinquet2 'pelote basque', tuie (beide Sud-Ouest), vocero, voceratrice (beide Corse). Der spezifische Wortschatz des Substandards ist in Band 16 besonders zahlreich vertreten, wobei die einzelnen Elemente wie auch sonst den Registern «familier», «populaire», «argot» zugeordnet werden. Da sich in vielen Fällen keine eindeutige Zuordung zu einem bestimmten Register vornehmen läßt, findet sich im TLF häufig die Registerangabe «arg. pop.» oder «pop. fam.», weshalb bei den folgenden Beispielen ganz auf die Angabe des jeweiligen Registers verzichtet werden soll: tezigue, thomas, thune, tif, tinee, tire-jus, tocante, tocard, torgnole, tortorer, tourloulou, tranche 2 'tete; imbecile', traviole, trimard, trimarder, tronche, troquet, troufignon, troufion, trouille 112 'femme malpropre; peur intense', turbin, turbiner, turne, vachard, vadrouille, vadrouiller, valdinguer, vanterne, vaseux, vasouiller, venette, vicelard, vioc, zig, zigoto, zigouiller, zozo, zyeuter. Die speziellen Artikel, die der TLF den Wortbildungselementen widmet, sind in der Regel recht umfangreich, da hier alle Beispiele untergebracht werden, die im TLF-Korpus nicht einen bestimmten Häufigkeitsgrad überschreiten und damit nicht Anspruch auf einen eigenen Artikel haben. Den weitaus größten Raum nehmen dabei die elements formants ein, also die griechisch-lateinischen Konstituenten fachsprachlicher Bezeichnungen, die auf Grund der Entstehung neuer wissenschaftlicher und technologischer Bereiche immer zahlreicher werden. Weit über achtzig dieser confixes, wie sie A. Martinet nennt, finden sich in Band 16, so etwa um nur einige besonders häufige bzw. bekannte zu nennen tel(e)-1, teleo-/ telo-, terat(o)-, tetr(a)-, thalass(o)-, -thanasie, thanato-, theo-, theque, -therme/ -thermie, therm(o)-, thoraco-, thromb(o)-, tome/ -tomie, -tonie, -tonique, topo-, toxi-ltoxico-/ tox(o)-, trache(o)-, troglo-, -trope, -tropie, tropo-, turbo-, -type, typo-, ultra-, uni-, uter(o)-, vas(o)-, vibro-, vice-, video-, -voque, -vore, xanth(o)-, xen(o)-, xer(o)-, -xyle/ -xylon, -zaaire(s), -zai'de, -zai'que, za(o)-. Band 16 enthält ferner spezielle Artikel zu den folgenden elements de composition: telif-2, -therapie, tire-, top-, touristico-, traine-, tranche-, trois-, trampe-, -tropisme, tue-, velo-, vide-, voiture-, wagon-. Schließlich werden noch in Band 16 die Suffixe -tion/ -sion, -tron, -u/ -ue, -uche, -ule, -ure 112, -yle und das Präfix transin gesonderten Artikeln behandelt. Im Verlaufe seiner Publikation ist der TLF dazu übergegangen, auch Abkürzungen und Sigeln in seine Nomenklatur aufzunehmen. Dabei werden sie meistens nicht als Verweise verwendet, sondern als vollwertige Lemmata, die direkten Zugang zu den erforderlichen Erklärungen gewähren. An Abkürzungen mit eigenem Artikel kommen in Band 16 tele, topo s. m., viet vor. Während sich dieses Verfahren in den beiden ersten Fällen durchaus rechtfertigen läßt, weil tele zumindest in der Umgangssprache häufiger ist als television und topo sich in seinem Gebrauch von topographie unterscheidet, hätte im Falle von viet ein Verweis auf unmittelbar folgendes vietnamien bzw. eine Erwähnung unter diesem (remarque! ) genügt, um so mehr als Viet(s) vor allem in substantivischer Form und damit als Eigenname verwendet worden ist. Als Lemmata erscheinen auch Sigeln, deren Langform weitgehend ungebräuchlich ist; dies gilt in Band 16 für T.S.F., T.V.A. und V.R.P. Im Falle von Z.A.C., Z.A.D., Z.U.P. erscheint die Aufnahme in die Nomenklatur weniger überzeugend, weil es sich hierbei um nur im Verwaltungsjargon von Baubehörden geläufige Sigeln handelt. Vielmehr hätte man sie platzsparend nicht nur als Verweis! in den Artikel des Anfangsbuchstabens aufnehmen können, wie es schon seit geraumer Zeit im Besprechungen- Comptes rendus 343 TLF geschieht. In der Tat weisen auch die Artikel der Anfangsbuchstaben U, V, W wieder zahlreiche Sigeln und ihre Erklärungen auf. Eine andere Frage ist natürlich, ob der gelegentliche Benutzer des TLF solche Sigeln bzw. ihre Auflösung im Artikel des jeweiligen Anfangsbuchstabens vermutet. Auch wenn sich im Rahmen einer Rezension die eingehendere Beschäftigung mit dem Lehngut aus anderen Sprachen verbietet, so soll hier doch zumindest auf die in Band 16 aufgeführten Entlehnungen aus dem Deutschen bzw. den Dialekten des deutschen Sprachgebietes hingewiesen werden. Wenn wir einmal von den Xenismen absehen (thaler, uhlan, V 1/ V 2, vehme, wergeld, zeppelin), zeigt sich, daß auch die in Band 16 behandelten Lehnwörter deutschen Ursprungs die Charakteristika aufweisen, die gewöhnlich das deutsche Lehngut im Französischen auszeichnen. So stammen auch in Band 16 wieder einige Wörter aus der deutschen Schweiz (traban, vorort) oder aus dem Elsaß (traminer, turne? ). Nur in wenigen Fällen sind die deutschen Wörter in den gemeinsprachlichen Wortschatz eingedrungen (trinquer, valse). Ansonsten gehören sie dem Fachvokabular bestimmter technischer oder wissenschaftlicher Fachgebiete an, wie etwa dem Bergbau, der Geologie, Mineralogie, Chemie, Philosophie: teleologie, tellure, tellurisme, thalweg, theodicee, titane, trias, trommel, umlaut, velaire, veronal, volkameria, weber, weltanschauung, wernerite, wertherien, wolfram, würmien, zinc, zinckenite, zinnia. Im Gegensatz zum Hauptteil der Artikel mit seiner Analyse des synchronen Wortgebrauchs ist die diachrone Rubrik Etymologie et Histoire eher für Spezialisten bestimmt, d. h. für Sprachhistoriker und sprachgeschichtlich Interessierte. Der erste Teil, der die Erstdatierungen der semantischen Wortgeschichte zusammenstellt, ist auch und gerade für die wortgeschichtliche Forschung von Bedeutung, weil hier die Belege mit ihrer genauen Quellenangabe gegeben werden. Zudem spiegeln diese Angaben den aktuellen Forschungsstand wider, da der TLF hierzu neben der Auswertung der neuesten lexikologischen Fachliteratur auch auf die Materialsammlungen der verschiedenen Organe des INaLF zurückgreifen konnte. Der zweite Teil der Rubrik, der der Entstehung des Wortes oder aber speziell seiner etymologischen Herkunft gewidmet ist, stützt sich bei seinen Angaben zur Etymologie in der Regel auf die bekannten Autoritäten und bringt von daher wenig Neues. Es kann wohl auch nicht anders sein, weil die eingehende Diskussion der immer noch zahlreichen Problemfälle der französischen Etymologie der Einzelforschung vorbehalten bleiben muß. Von daher verzichten auch wir darauf, hier auf einzelne etymologische Probleme näher einzugehen. Wir beschränken uns auf ein paar Anmerkungen zum zweiten Teil der Rubrik Etym. et Hist. Zur Herkunft von tirer heißt es einerseits «mot d'orig. tres discutee», andererseits wird nur Wartburgs Erklärung aus afr. martirier kurz referiert, die in ähnlicher Form auch schon von G. D. Serra (in Dacor 5 : 437 ss.) vorgeschlagen worden ist. Nicht weniger erwägenswert erscheint H. Meiers Versuch, TIRARE als eine vereinfachende Umformung von TRAHERE im Sprechlatein zu interpretieren; leider wird Meiers Beitrag nur in der bibliographischen Rubrik erwähnt. Wenn der TLF zur Herkunft von veau schreibt «du lat. dass. *vitellus 'petit veau' moins usuel que vitulus 'veau'», so ist daran mehr als nur die Angabe «lat. dass.» unzutreffend. Auch der Asterisk ist überflüssig, da VITELLUS schon in Plautus' Asinaria belegt ist. Schließlich kann sich die Feststellung zum Gebrauch von VITELLUS nur auf die lateinische Schriftbzw. Literatursprache beziehen. Die Angabe «du lat. class.» findet sich fälschlicherweise auch in einigen anderen Fällen, so etwa s. tronc «du lat. class. truncus» (weiterhin entsprechend s. toit, veille, veiller, verger, voix). Auch wenn die fraglichen Wörter in klassischlateinischen Texten belegt sind aber keineswegs ausschließlich-, so handelt es sich natürlich nicht um spezifisch klassisches Wortgut, das allein die Bezeichnung «lat. class. » rechtfertigen könnte. Die erbwörtlich entwickelten Wortformen weisen tronc, toit etc. als zu dem lateinischen Wortgut gehörig aus, das in jedem Falle über das Sprechlatein in die romanischen Sprachen gelangt ist. 344 Besprechungen - Comptes rendus Darauf, daß im etymologischen Teil der Rubrik Etym. et Hist. bei der Bezeichnung der verschiedenen Erscheinungsformen des Lateinischen eine terminologische Vielfalt herrscht, wurde schon bei anderer Gelegenheit hingewiesen. Dies gilt auch noch für den Band 16. So werden auch hier noch gleichwertig «lat. pop. » und «lat. vulg. » verwendet. Nebeneinander werden auch «latin tardif» (etwa s. termite, toison, tonne, trigle) und «bas latin » (etwa s. theorie 1 , tinter, trier, vaisseau) für das Spätlatein gebraucht. Daneben findet auch die Bezeichnung «latin d'epoque imperiale» (etwa s. tension, tepide, tiede, theoreme) Verwendung, die «lat. dass. » und «bas lat./ lat. tardif » zusammen abdeckt. Daß die Quantitätsangaben auf den lateinischen Etyma unsystematisch gebraucht werden, wurde schon in früheren Rezensionen des TLF erwähnt. Diese Inkonsequenz läßt sich auch noch in Band 16 feststellen. So heißt es wohl s. tondre «du lat. vulg. *tondere, dass. tondere», s. tordre dagegen «du lat. pop. *torcere, du class. torquere», obwohl wir es hier mit dem gleichen Konjugationswechsel zu tun haben; s. vouloir «du lat. vulg. *volere», dagegen s. valoir «du lat. valere». Nicht einzusehen ist ferner, daß die Quantitäten bei gelehrten Entlehnungen gesetzt werden (etwa s. vehicule «empr. au lat. dass. vehzculum), während sie bei erbwörtlich entwickelten Wortformen, wo sie zur Erklärung der Lautentwicklung beitragen könnten, fehlen (etwa s. tiede «du lat. d'epoque imperiale tepidus», s. voie «du lat. via»). Auch hätte die Kennzeichnung der Zugehörigkeit zur dritten Konjugationsklasse in Fällen wie TENDERE, VENDERE, VINCERE sicher dazu beigetragen, die Lautentwicklung zu tendre, vendre, vaincre verständlicher zu machen. Auch in einem anderen Fall können wir unsere schon früher geäußerten Bedenken hier noch einmal wiederholen. Bekanntlich folgen in vielen Artikeln des TLF unmittelbar nach der Rubrik Etym. et Hist. Angaben zur Frequenz der Wörter (Rubrik Freq. abs. fitter./ Freq. rel. Zitter.), die sich auf die Materialsammlung des TLF stützen. Diese an sich interessanten Angaben erweisen sich immer dann als unbrauchbar, wenn wir es mit Homonymen bzw. speziell Homographen zu tun haben. Da bei der maschinellen Auswertung des Korpus eine Unterscheidung homographischer Termini offensichtlich nicht möglich war, liefert der TLF in diesen Fällen nur kumulative, nicht nach Einzelwörtern differenzierte Daten, womit diese an Aussagewert verlieren. Hierher gehören terme, testament, theorie, tissu, toise, tour, tourbe, tout, trafic, traite, tranche, treillis, tisser, van, vol, voler, y mit entweder zwei oder drei Artikeln, wobei sich die statistischen Angaben jeweils im letzten Artikel finden. Schließlich sollen noch einige kleinere Mängel und Druckfehler erwähnt werden, die uns bei der Durchsicht des Bandes 16 aufgefallen sind. Während tirant, volant 112 , voyant die Rubrik Etym. et Hist. aufweisen, fehlt diese dem Artikel vivant. Die entsprechenden Angaben finden sich vielmehr s. vivre; ein Hinweis darauf wäre unter diesen Umständen angezeigt gewesen. Ferner sind folgende Korrekturen vorzunehmen: s. tellurisme (Etym./ Hist.) lies Kieser (statt Kiefer), s. temporiser (EIH) l. ital. temporeggiare, s. tension (EIH) 1. supin de tendere 'tendre', s. tourniole (EIH) 1. de meme orig. que torgnole, s. titi 2 (EIH) 1. reduplication, s. traverser (EIH Ende) 1. transversus, s. tremblement (EIH Ende) 1. des l'a.fr., s. trombe (E! H) 1. Canti carnascialeschi, s. trotter (E! H) I. De l'a.b.frq., s. truquer (BBG.) 1. Die Familie von lat. trüdere, s. urane (E! H) 1. Je chimiste all. (statt angl.), s. user (EIH) 1. usus, part. passe de utor, uti, s. vague 3 (E! H) I. a.scand. vagr, s. vanterne (E! H) ! . vantail, s. virer (BEG.) 1. Virare, s. voisin (E! H) l. vicinus . . . der. du lat. dass. vicus (statt empr. au), s. volcan (E! H) 1. esp. volcdn, relaci6n, s. zezayer 1. substituer le son s [s] au son eh [J] et le son z [z] au son j [3]. Am Ende seiner Postface weist B. Quemada noch einmal ausdrücklich auf den Charakter des TLF als Gemeinschaftswerk hin. In der Tat hat bisher noch an keinem anderen Sprachwörterbuch des Französischen ein so umfangreicher Mitarbeiterstab mitgewirkt. Das Ergebnis dieses kollektiven Einsatzes, der sich über gut dreißig Jahre hingezogen hat, ist schon rein äußerlich beeindruckend. Die Zukunft wird zeigen, ob der TLF die in ihn Besprechungen - Comptes rendus 345 gesetzten Erwartungen erfüllt und zu der Autorität wird, die Quemada für ihn beansprucht. O.Jänicke * MARION CYPIONKA, Französische «Pseudoanglizismen». Lehnformationen zwischen Entlehnung, Wortbildung, Form- und Bedeutungswandel, Tübingen 1994, 288 p. In ihrer Dissertation beschäftigt sich Marion Cypionka mit Bildungen, die in der Literatur im allgemeinen als Pseudoanglizismen oder Scheinentlehnungen bezeichnet werden. Die Verf. bevorzugt den Terminus Lehnformationen, da er im Gegensatz zu Scheinentlehnungen «positiv festlegt, was gemeint ist: Der Bestandteil Lehnverweist darauf, daß Entlehnung stattfindet; das Element -formation soll deutlich machen, daß darüber hinaus lexematische, semantische, morphologische oder graphisch-phonetische Prozesse eine Rolle spielen» (7s.). Am Terminus «Pseudoanglizismus» kritisiert die Verf., daß er «für eine diachronische Betrachtung ...irreführend [ist], da er ... suggeriert, es habe nur vermeintlich eine Entlehnung (aus dem Englischen ) stattgefunden. Das Ergebnis des historischen Vorgangs einer ,Lehnformatio11> soll deshalb hier ... ebenfalls als ,Lehnformation> bezeichnet werden» (8). Verkaufspolitische Überlegungen sind wahrscheinlich der Grund dafür, daß im Haupttitel trotzdem der bekannte Terminus Pseudoanglizismus zu finden ist, Lehnformation dagegen, anders als in der an der Universität Düsseldorf eingereichten Fassung, nur im Untertitel auftaucht. In der synchronisch und diachronisch ausgerichteten Untersuchung geht es der Verf. darum, die Lehnformation abzugrenzen gegenüber den anderen Typen der Wortschatzerweiterung. Nach Cypionka handelt es sich bei der Lehnformation nicht um ein eigenstän- Verfahren der Wortschatzerweiterung, vielmehr ist sie zwischen Wortbildung und Entlehnung anzusiedeln: «Zwar übernehmen die Sprecher Elemente aus einer anderen Sprache und vollziehen damit einen Vorgang, der sich als Entlehnung erfassen läßt. Sie bringen die Einzelbestandteile aber in eine bis dahin unbekannte Verbindung, und insofern ist der Vorgang zum Bereich der Wortbildung zu zählen. Die Neuprägung wird dann nicht im Kontext der Spendersprache, sondern im Kontext der Empfängersprache erstmalig realisiert, womit wiederum ein Bezug zur Entlehnung gegeben ist» ( 111). Zentral ist für die Verf. die Differenzierung von Lehnformation und Adaptation: «Als Lehnformation kann aber nicht das betrachtet werden, was immer oder häufig im Zusammenhang mit einer Entlehnung geschieht und sich im Rahmen gängiger Lehntheorien erklären läßt. Als Merkmale der Lehnformation kommen nur solche Ersetzungen in Betracht, die weder zwangsläufige noch typische Assimilationen an empfängersprachliche Strukturen darstellen. Es müssen innovative Ersetzungen sein, die zu einer neuen Form-Inhalt-Relation führen» Innerfranzösische Weiterentwicklungen, die unabhängig vom Englischen ablaufen, werden von Cypionka nicht als Lehnformationen klassifiziert. Ihr Ziel ist es, eine allgemeine Typologie der Lehnformationen zu erstellen. Sie orientiert sich dabei am in der Forschung bestehenden «Minimalkonsens», nach dem zwei Hauptkategorien unterschieden werden, «nämlich die Ableitungen und Zusammensetzungen mit Lehnelementen einerseits und die vom fremden Sprachgebrauch abweichenden Verwendungsweisen semantischer, morphologischer und lexematischer Art andererseits» Von großer Bedeutung für den Argumentationsgang der Verf. ist dabei ihre These, inhaltliche oder formale Veränderungen beim Transfer vom Englischen ins Französische stattfinden können. Akzeptiert man diese These, die, wie Cypionka selbst einräumt, umstritten ist, nicht bzw. sieht sie als Erklärungsmöglichkeit, auf die man nur im Notfall, bei Versagen anderer Erklärungsmodelle, zurückgreifen sollte, wird man ihrer Argumen- 346 Besprechungen - Comptes rendus tation in verschiedenen Fällen nicht folgen. Dies ist auch der Hauptgrund dafür, daß die Verf. bei einigen Bildungen zu einer Einstufung kommt, die sich von der anderer Linguisten unterscheidet. Eine Besonderheit von Cypionkas Ansatz ist seine Sprecherzentriertheit; im Mittelpunkt stehen nicht das französische und das englische Sprachsystem, sondern (bis zu einem gewissen Grad zweisprachige) lndividuen 1 . In Zweifelsfällen ist es das Individuum, das ausschlaggebend dafür ist, ob eine Lehnformation vorliegt. Das geht so weit, daß eine Bildung, die eigentlich eine rein französische Bildung ist, nämlich rallye-paper, von der Verf. als Lehnformation eingestuft wird, weil sie von den Sprechern als solche empfunden wird. Und wenn die Verf. in der abschließenden Typologie feststellt, daß die Abfolge Determinans-Determinatum nicht unbedingt auf englischen Einfluß zurückzuführen, sondern möglicherweise auch durch den Einfluß des griechisch-lateinischen Bildungstypus erklärbar ist, bleibt als ultima ratio das Sprecherbewußtsein: «Eine Klassifizierung als Lehnformation ist deshalb nur dann gerechtfertigt, wenn ... die Textbelege eindeutig dokumentieren, daß die verwendeten Lehnwörter von den Sprechern in ihrer Eigenschaft als Anglizismen wahrgenommen werden» (231). Zum Aufbau des Buches: es besteht aus einer Einleitung (7-11), sieben Kapiteln und einer Zusammenfassung; den Abschluß bildet ein «Index der Lexien» (285-88). Im ersten Kapitel (12-45) stellt die Verf. den Forschungsstand zum Thema «Pseudoanglizismen» vor. Zwar gibt es eine umfangreiche Literatur zu «echten Anglizismen», doch die französischen Lehnformationen mit englischem Material stellten lange Zeit nur ein Randgebiet der Forschung dar. Das ändert sich erst in den 80er Jahren. In diesem Zeitraum erscheinen auch die Anglizismenwörterbücher von Höfler und Rey-Debove/ Gagnon, die in Cypionkas Arbeit eine wichtige Rolle spielen 2 . Im zweiten Kapitel (46-69) legt die Verf. dar, weshalb sie einen sprecherorientierten Ansatz für sinnvoll hält. «Ort der Lehnformation wie auch der Entlehnung ist die Sprachverwendung eines Sprechers mit Kontakt zu mehr als einer Sprache ...» (54). Da der individuelle Sprecher in der Literatur zu den Lehnformationen ihrer Ansicht nach häufig nicht ausreichend berücksichtigt wird, stützt sie sich auf die Arbeiten von Gauger, Wandruszka und Rettig 3 . Das dritte Kapitel (70-100) dreht sich um das Thema «Entlehnung». Die Verf. geht zunächst auf Bedingungen und Ursachen von Entlehnung ein, dann auf Entlehnung in mikro- und makro-historischer Dimension. Im Anschluß daran stellt sie ihr Konzept der Entlehntheit vor. «In der Perspektive der Sprecher nicht der Zeichen ist festzustellen, daß in der Sprachkenntnis oder dem Sprachwissen ein besonderes Verständnis für die Entlehntheit von Lexikoneinheiten gegeben sein kann. Für den konkret vorliegenden Fall der französischen Lehnformationen aus englischem Material soll dieses Verständnis als aktuelles Anglizismenverständnis charakterisiert werden» (89). Für ihre These vom Vorhandensein eines solchen Anglizismenverständnisses beruft sie sich auf Braselmann, die im Rahmen ihrer Konnotationstheorie 1 Mit der Sprecherzentriertheit von Cypionkas Ansatz hängt auch die These von der Veränderung beim Transfer zusammen: «mit den Sprechern als Bezugsgrößen ist deutlicher zu erkennen, daß sich Verlagerungen beim Transfer nicht an der Grenze zweier Sprachsysteme, sondern in der Sprachverwendung durch einzelne zweisprachige Individuen vollziehen» (11). 2 M.HöFLER, Dictionnaire des anglicismes, Paris 1982; JosETTE REY-DEBOVE/ GrLBERTE GAGNON, Dictionnaire des anglicismes, Paris 21982. 3 Sie beruft sich u.a. auf H.-M. GAUGER, Sprachbewußtsein und Sprachwissenschaft, München 1976; M. WANDRUSZKA, Die Meh rsp rachigkeit des Menschen, München/ Zürich 1979; W. RETTIG, Sprachliche Motivation. Zeichenrelationen von Lautform und Bedeutung am Beispiel französischer Lexikoneinheiten, Frankfurt a.M./ Bern 1981. Besprechungen - Comptes rendus 347 nachweist, daß die Sprecher bestimmte Lehnelemente als fremd empfinden 4. Das Anglizismenverständnis erstreckt sich nach Cypionka nicht nur auf einzelne Elemente, sondern auch auf die Regeln, nach denen sie verwendet werden. Das vierte Kapitel (101-21) trägt den Titel «Lehnfonnation». Die Verf. begründet, warum die Lehnformation ihrer Ansicht nach keine eigenständige Form der Wortschatzerweiterung bildet, sondern zwischen Entlehnung und Wortbildung zu verorten ist. Im Unterschied zur Entlehnung als Lehnwort oder als Lehnprägung weise die Lehnformation einen «souveränere[n] Umgang mit den fremden lexikalischen Einheiten» (104) auf, da die Lexien aus der Spendersprache abgeändert würden, ohne daß diese Änderungen als Anpassungen an Strukturen der Empfängersprache erklärbar wären. Die Autorin widmet sich in diesem Kapitel auch dem Spezialfall der sekundären Bildungen, d.h. den Ableitungen und Zusammensetzungen, die in der Empfängersprache auf der Basis von bereits entlehnten Bildungen gebildet werden. Die Einordnung der sekundären Bildungen als Lehnformationen ist in der Literatur umstritten. «Der Konflikt läßt sich nur auflösen, wenn man für die innereinzelsprachliche Weiterentwicklung entlehnter lexikalischer Einheiten zwei grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten sprachlicher Reaktion akzeptiert. Zum einen werden Lehnelemente in der Empfängersprache produktiv, weil sie sich in die Sprachkenntnisse eingegliedert haben und die Sprecher sie wie heimisches Sprachmaterial einsetzen können. Für andere Lehnelemente gilt, daß ihr fremder Charakter für die Sprecher in einer Weise gewahrt bleibt, die eine Bildung neuer ,fremder> Einheiten im Rahmen der Empfängersprache erlaubt» (114s.). Wenn sekundäre Bildungen auf eine «sekundäre Kontaktsituation» zurückgehen, die durch französische Sprecher mit einem aktuellen Anglizismenverständnis ermöglicht wird, werden sie von der Verf. als Lehnformationen eingestuft. Im fünften Kapitel (122-35) stellt Cypionka den methodischen Ansatz vor, der ihren Fallstudien zugrundeliegt. Sie analysiert eine exemplarische Auswahl von Lehnformationen und stützt sich dabei auf Bildungen, die in der Literatur als Lehnformationen bezeichnet werden. Im Zentrum der Analyse befinden sich hier besteht ein Zusammenhang mit der Sprecherzentriertheit der Arbeit die «Mikroprozesse der Entstehung» (123). Es geht darum, die «ursprüngliche Entlehnungssituation», möglichst den Erstbeleg, aufzuspüren, wobei sich die Verf. der Problematik von Erstbelegen durchaus bewußt ist. Auch Hapaxbelege werden integriert. Zusätzlich bezieht die Verf. «zeitlich nahstehende, aber nicht <erste> Belege» (134) ein sowie, falls vorhanden, puristische Kommentare zu den einzelnen Lexien. Im Mittelpunkt steht eindeutig die «Übernahmesituation»; was nach der Einführung mit den untersuchten Lexien passiert, tritt demgegenüber zurück. Die einzelnen Artikel bestehen aus zwei Teilen, die wie folgt aufgebaut sind: Der erste Teil beginnt mit der Definition des jeweiligen Stichwortes; es folgen der Stand der Forschung, eine Skizze der sprachlichen Situation in der Spender- und in der Empfängersprache, der Erstbeleg sowie häufig zusätzlich Ergänzungsbelege oder puristische Kommentare. Im zweiten Teil werden die in der Forschung vorgeschlagenen, häufig kontroversen Einstufungen der Lexie («Pseudoanglizismus», innerfranzösische Bildung etc.) diskutiert, und die Verf. begründet ihre eigene Einordnung. Im sechsten Kapitel (136-220) werden dann die einzelnen Fallstudien in Artikelform präsentiert. In Anlehnung an den erwähnten Minimalkonsens in der Forschung unterscheidet die Verf. sieben Typen, die sie zwei Hauptkategorien zuordnet: die Lehnzusammensetzung (6.1), die Lehnableitung (6.2), die zusammen den ersten Bereich bilden, sowie die Lehnkürzung (6.3), die Entlehnung mit semantischer Verschiebung (6.4), die Entlehnung mit morphologischer Veränderung (6.5), die graphisch-phonetische 4 PETRA BRASELMANN, Konnotation - Verstehen - Stil. Operationalisierung sprachlicher Wirkungsmechanismen dargestellt an Lehnelementen im Werke Maurice Dekobras, Frankfurt a.M./ Bern 1981. 348 Besprechungen - Comptes rendus Anglisierung (6.6 ) und die Namenentlehnung (6.7), die zusammen den zweiten Bereich ausmachen. Es werden nicht nur Bildungen behandelt, die die Verf. als Lehnformation klassif i ziert, sondern auch solche, die andere Autoren als Lehnformationen einordnen, die aber nach Cypionka keine sind. Z.B. unterscheidet sie im Abschnitt zur Lehnzusammensetzung (6.1 ) eindeutige Lehnzusammensetzungen von Fällen, bei denen nicht endgültig entschieden werden kann, ob es sich um eine Lehnzusammensetzung oder eine Entlehnung handelt und Bildungen, bei denen es sich laut Verf. eindeutig um Entlehnungen und nicht um Lehnformationen handelt. Der Aufbau des siebten Kapitels, «Entwurf einer Typologie und Diskussion» (221-7 1 ), deckt sich exakt mit dem des sechsten, d.h. die sieben Typen werden in der gleichen Reihenfolge abgehandelt; allerdings wird die Materialbasis gegenüber dem vorhergehenden Kapitel erweitert. In 7.1, «Lehnzusammensetzung», geht es um Lehnformationen, die dadurch zustandekommen, daß lexikalische Elemente, die noch nicht in die Empfängersprache entlehnt sind, in Kompositionen verwendet werden; «bilinguale französische Sprecher [übernehmen] mindestens ein freies Element aus ihrer zweiten Sprachkenntnis ... , um dieses mit einem anderen freien Element zu einer neuen komplexen Einheit zu verbinden» (221s.). Dabei können nur solche Bildungen als Lehnformationen gelten, die die für die englische Nominalkomposition charakteristische Abfolge «Determinans-Determinatum» aufweisen, wie etwa auto-coat. An dieser Stelle, nach meinem Dafürhalten sehr spät, macht die Verf. eine wichtige und von mir im Zusammenhang mit der Sprecherzentriertheit bereits angesprochene Einschränkung. Nachdem sie in den Fallstudien sekundäre Bildungen, die auf der Basis englischer Lehnwörter entstehen und die Reihenfolge Determinans-Determinatum aufweisen, durch englischen Einfluß erklärt, weist sie nun in der abschließenden Typologie darauf hin, daß diese Bildungen als Beispiel führt sie moto(-)ball und moto(-)cross an auch auf den Einfluß des gelehrten, griechisch-lateinischen Wortbildungstyps zurückzuführen sein könnten, der, wie die Verf. selbst sagt, als «integraler Bestandteil des französischen Wortbildungssystems» (229) angesehen werden muß. Tn Zweifelsfällen entscheidet das Sprecherbewußtsein darüber, ob eine Lehnformation vorliegt. In 7.2. geht es um den Typus der Lehnableitung. Cypionka bezeichnet solche Neuprägungen als eindeutige Lehnformationen, bei denen die Basis neu übernommen wurde; ein Beispiel ist clapman. Die Argumentation der Verf. wirkt hier mitunter sehr verzwickt. Sie vertritt die Auffassung: «Die Differenzierung zwischen Neuprägung im Zusammenhang mit Entlehnung (clapman) und Neuprägung im Anschluß an Entlehnung (bluesman) ist ... methodisch erforderlich, um Lehnformationen von Adaptationen unterscheiden zu können» (232). Sie unterscheidet also zwischen Lexien wie clapman, bei der die Basis clap neu übernommen wurde, und Lexien wie bluesman, bei der auf das geläufige Lehnwort blues zurückgegriffen werden konnte und bezeichnet clapman als Lehnformation, bluesman dagegen als Adaptation. Doch der Rückgriff auf das Sprecherbewußtsein gibt den Ausschlag dafür, daß Bildungen wie bluesman letztendlich doch als Lehnformationen klassifiziert werden: «Die Fallstudien haben gezeigt, daß sekundäre Ableitungen mit aus dem Englischen entlehnten Affixen, wie -man/ -woman, -ing und -y, als Lehnformationen bewertet werden können, da die Sprecher der Empfängersprache sie tendenziell als typische Wortbildungseinheiten der Spendersprache wahrnehmen und sie in dieser Funktion in der Kombination mit anderen, vorzugsweise aus dem Englischen entlehnten Elementen für die Neuprägung weiterer <englischer, Einheiten heranziehen» (240). Unter 7.3. wird der Typus der Lehnkürzung abgehandelt; es geht um lexematische Kürzungen, die beim Transfer stattfinden. Nach Cypionka ist «eine typologische Klassifizierung der lexematischen Kürzung als Lehnformation angemessen ..., auch wenn sich im Einzelfall aufdecken oder vermuten läßt, daß Strukturen der Empfängersprache die Kürzung im Sinne einer Assimilation begünstigen, wie z.B. bei frz. parking nach engl. parking lot (place, space) aufgrund der Vitalität der lokalen Bedeutung des Suffixes -ing im Französischen» (250s.). In 7.4. geht es um die Besprechungen - Comptes rendus 349 «Entlehnung mit semantischer Verschiebung». Auch hier unterscheidet die Verf. Bildungen mit Veränderungen, die beim Transfer stattfinden, von Bildungen mit innereinzelsprachlichen Veränderungen; nur erstere können als Lehnformationen gelten. Bedeutungsverengungen und Änderungen auf der Ebene der Konnotation reichen nach Cypionka allerdings nicht, um bei den betreffenden Bildungen von einer semantischen Lehnformation zu sprechen. «Von einer semantischen Lehnformation kann sinnvollerweise nur gesprochen werden, wenn der inhaltlichen Modifizierung ein innovatives Moment zugrunde liegt und die Semkonstellation der Ausgangslexie beim Transfer in die Aufnahmesprache verändert wird. Diese Voraussetzung .. . ist bei der semantischen Spezialisierung und der semantischen Generalisierung, daneben auch bei verschiebenden Prozessen wie den metonymischen und den metaphorischen Bezeichnungsübertragungen gegeben» (257). Ein Beispiel für eine metonymische Übertragung ist fifties; diese Lexie bedeutet im Englischen 'die 50er Jahre', im Französischen bezeichnet lesfifties die Anhänger typischer Modeerscheinungen der 50er Jahre. Als Beispiel für eine Spezialisierung führt die Verf. brushing an. Während englisch to brush allgemein 'bürsten, abbürsten' bedeutet, bezeichnet brushing im Französischen eine besondere Frisiertechnik. Generalisierung und metaphorische Übertragung sind im Korpus nicht belegt. Unter 7.5. behandelt die Verf. den seltenen -Typus der Entlehnung mit morphologischer Veränderung. Hier geht es natürlich nicht um Veränderungen, die zwangsläufig beim Übergang vom Englischen ins Französische erfolgen, wie etwa bei Verben das Anfügen einer französischen Verbalendung. Von Lehnformationen auf morphologischer Ebene spricht Cypionka z.B. dann, wenn es sich um «Konversion beim Transfer einer lexikalischen Einheit vom Englischen ins Französische» (262) handelt. Eine solche Konversion liegt vor, wenn aus der englischen Interjektion yeah-yeah im Französischen ein Adjektiv wird; diese Art von Konversion ist jedoch extrem selten im Vergleich zu innerfranzösischen Wortartwechseln von zuvor aus dem Englischen entlehnten Lexien. Unter 7.6 geht es um die graphischphonetische Anglisierung; sie liegt etwa vor, wenn sweat(-)shirt im Französischen vermeintlich englisch [swit] ausgesprochen wird. Hier handelt es sich nicht um eine Adaptation an das Französische, sondern um Hyperanglisierung. Die letzte Gruppe bilden unter 7.7. die Namenentlehnungen. «Damit sind Fälle gemeint, in denen Sprecher des Französischen die Namen englischer oder amerikanischer Personen und anglo-amerikanische Ortsnamen zur Bezeichnung nicht der Personen oder Orte, sondern bestimmter anderer Gegenstände oder Sachverhalte verwenden» (267). Da die Fälle, in denen der Übergang vom Eigennamen zum Gattungswort innerfranzösisch stattfindet, nicht als Lehnformationen betrachtet werden können, ist die Gruppe der Namenentlehnungen sehr klein. Bei den meisten Bildungen ist die Argumentation der Verf. einleuchtend. Recht problematisch erscheinen mir jedoch einige Fälle, in denen Cypionka die relative Chronologie der englischen und französischen Erstbelege heranzieht für die Entscheidung, ob eine Lehnformation vorliegt oder nicht. Sie vertritt zu Recht die Auffassung, daß die sprachliche Situation in der Spendersprache wichtig ist für die Frage, ob eine bestimmte Bildung als Lehnformation einzustufen ist. «Dabei geht es vor allem um die Frage, ob im Englischen zum Entstehungszeitpunkt der betreffenden Lehnformation ein Etymon belegt ist, das den sprachlichen Ausgangspunkt für das Entstehen der französischen Lexie bildet» (130). Für die Situation im Englischen beschränkt sich Cypionka, was verständlich ist, auf lexikographische Daten, wobei sie sich bewußt ist, daß diese keine ausreichende Basis für eine Klassifizierung der Beispiele bieten 5 • Ihre Quellen sind verschiedene lexikographi- 5 Schließlich ist es durchaus denkbar, «daß eine vereinzelte Augenblicksbildung als Vorbild für eine Entlehnung ins Französische gedient hat, ohne daß das englische Vorbild lexikographisch erfaßt wurde ... Umgekehrt gilt, daß unter bestimmten Umständen durchaus eine Neu- 350 Besprechungen - Comptes rendus sehe Standardwerke; die Wörterbücher, die sie in den Fallstudien zur Situation in der Spendersprache Englisch anführt, sind das Oxford English Dictionary und Webster's Third (mitsamt den Addenda). Für die französischen Erstbelege folgt sie den Quellenangaben, die Höfler, Rey-Debove/ Gagnon und die anderen Sekundärquellen machen. Ein Beispiel, an dem deutlich wird, daß die Einbeziehung der relativen Chronologie problematisch ist, ist auto-coat. Der Erstbeleg für französisch auto-coat stammt aus einer Nummer der Zeitung L'Aurore aus dem Jahr 1957, zusätzlich wird ein Ergänzungsbeleg aus dem Jahr 1960 angegeben, der Daninos' Un certain Monsieur Blot entnommen ist. Aus der Tatsache, daß car(-)coat im OED auf 1965 datiert wird (der Plural car coats ist allerdings bereits für 1963 belegt) und im WDE erst in den Addenda erscheint, zieht Cypionka folgenden Schluß: «Nach der relativen Chronologie der Belege ist eher eine Neuprägung aus auto und coat als die von Spence 1987 in Betracht gezogene Entlehnung des englischen car(-)coat mit Teilsubstitution beim Transfer ins Französische anzunehmen.Auto(-)coat ist im Französischen bereits einige Jahre früher belegt als car(-)coat im Englischen ...» (13 7). Acht bzw., wenn man den Plural einbezieht, sechs Jahre Differenz sind zu wenig, als daß man die relative Chronologie der Belege als Argument ins Feld führen könnte, gerade wenn man die hinlänglich bekannte Vorläufigkeit historischer Angaben in lexikographischen Quellen bedenkt. Zudem wertet die Verf. für das Französische wesentlich mehr Quellen aus als für das Englische.Das hängt mit ihrer Fragestellung zusammen und ist völlig legitim, nur ist es der Vergleichbarkeit hinsichtlich der Erstbelege nicht förderlich. Abgesehen von den genannten kleineren Einschränkungen ist die Argumentation der Verf. sowohl in den terminologischen Klärungen als auch bei der Vorstellung der Forschungsliteratur, den Fallstudien und der Präsentation der Typologie klar, präzise und differenziert. Cypionka führt den Leser geschickt durch ihre Analyse. Sie erliegt nicht der Versuchung, möglichst viele Bildungen unter ihre Kategorie «Lehnformation» zu rubrizieren und weist zu Recht darauf hin, daß in einzelnen Fällen eine endgültige Entscheidung, ob es sich um eine Lehnformation handelt oder nicht, unmöglich ist. Positiv wirkt sich auch aus, daß sie die einzelnen Bildungen nicht isoliert betrachtet. So erwähnt sie etwa bei mailing, daß «die Suffigierung mit -ing sich harmonisch in eine Gruppe französischer Anglizismen aus der Wirtschaftsterminologie einfügt» (2 02). Ihre Argumentation zu camping untermauert sie dadurch, daß «das metonymische Muster Handlung/ Ort der Handlung im Französischen geläufig ist» (185). Trotz der von der Verf. sehr genau nachgezeichneten äußerst speziellen, komplexen und zum Teil verschlungenen Wortgeschichten gelingt es ihr, eine überzeugende Typologie zu erstellen; sie verhindert so eine Zersplitterung in viele einzelne Wortentwicklungen. Yvonne Stork * WALTRAUD WEIDENBUSCH, Funktionen der Präfigierung. Präpositionale Elemente in der Wortbildung des Französischen, Tübingen (Niemeyer ) 1993, x + 2 56p. (Beih.ZRPh. 247) Waltraud Weidenbusch beschäftigt sich in ihrer Dissertation mit einem Teilbereich der Wortbildung, der Präfigierung. Der Titel des Werkes deutet bereits an, daß es sich um einen inhaltsbezogenen Ansatz handelt. Es geht um Funktionen der Präfigierung; nicht prägung mit englischem Material vorliegen kann, auch wenn im Englischen eine komplexe Form als mögliches Etymon auszumachen ist. Man denke vor allem an im Französischen entstandene Neuprägungen mit dem Bestandteil -man, von denen einige auch im Englischen gebräuchlich sind» (130s.). Besprechungen - Comptes rendus 351 zufällig spricht die Verf. im Titel von Präfigierung und präpositionalen Elementen statt von Präfixen und Präpositionen. Sie will bisherige, formal orientierte Definitionen ablösen durch eine Definition, die am Inhalt ausgerichtet ist. Das Kriterium der Autonomie der Konstituenten bildet laut Verf. keine geeignete Basis für eine Definition der Präfigierung. Vielmehr sollen «die inhaltlichen Verfahren festgestellt werden, die mit dem materiellen Wortbildungstyp der Präfigierung verbunden sind. Dies ist verknüpft mit einer Definition dessen, was als Präfigierung und Präfix zu bezeichnen ist, die auf der Art der Bedeutung der Präfixe beruht und die bisherige Definitionsversuche, die sich auf die Autonomie der Morpheme stützen, ersetzen soll» (1). Die Betonung der Inhaltsseite zeigt sich ebenfalls bei Weidenbuschs Definition des präpositionalen Elements. Sie spricht auch dann von einem präpositionalen Element, wenn ein Element materiell gar keiner Präposition entspricht. Sie schließt sich Pottier an, der «von einer inhaltlichen Identität zwischen Präpositionen und präpositionalen Elementen ausgeht» (45). Das gilt auch bei materieller Divergenz von Präposition und präpositionalen Elementen. Laut Verf. haben die präpositionalen Elemente zwei Funktionen. Zum einen fungieren sie als Wortbildungsmittel und dienen der Modifizierung; in diesem Falle spricht Weidenbusch von präpositionalen Präfixen. Zum anderen können die präpositionalen Elemente aber auch ein Teil der Basis sein, die durch Entwicklung grammatikalisiert wird; dann spricht die Verf. von «präpositionalen Wortkomponenten». Parasynthetika wie atterrir und Zusammenrückungen wie apres-midi werden von ihr als Entwicklungen behandelt. Die Termini Entwicklung und Modifizierung übernimmt Weidenbusch von Coseriu. Den Terminus «Präfix» verwendet sie in einem eingeschränkteren Sinn als üblich; was in der Literatur im allgemeinen als präpositionales Präfix bezeichnet wird, nennt Weidenbusch präpositionales Element. Sie macht keinen Hehl daraus, daß die Entscheidung, ob es sich um eine Entwicklung oder eine Modifizierung handelt, in einigen Fällen schwierig ist und nur aufgrund der Kenntnis der Sachen getroffen werden kann. Stärker noch als an Coseriu orientiert sich die Verf. an Lang, der in seinen Arbeiten zur Wortbildung die Ansätze Coserius und Pottiers aufgreift und verbindet. Von Pottier übernimmt er zum einen die bereits erwähnte These, daß Präpositionen und präpositionale Elemente auf der System-Ebene bedeutungsgleich sind. Weiterhin stützt er sich auf Pottier, indem er das Verhältnis zweier Vorstellungsinhalte A und B als Einteilungskriterium für die Einordnung in Wortbildungstypen heranzieht. Laut Lang gilt: «Präpositionen sind alle diejenigen Morpheme einer Sprache, die über eine rein instrumentelle, innerhalb des Instrumentellen über eine rein relationelle und innerhalb des Relationellen über eine ... rein situierende Bedeutung verfügen, die es erlaubt, einen Vorstellungsinhalt 'A' in bezug auf einen Vorstellungsinhalt 'B' zu situieren» (zit. nach Weidenbusch, p.46). Diese Definition ist auch für den Ansatz von Weidenbusch zentral. Die Funktion der Präpositionen ist also eine Situierung von A gegenüber einem B, wobei die Präpositionen mit B eine engere Verbindung eingehen als mit A. In Anlehnung an Lang und Pottier klassifiziert sie die Bedeutungen nach den Anwendungsfeldern «lokal», «temporal» und «begrifflich». Weidenbusch geht wie Lang davon aus, daß Präpositionen auf der Systemebene eine einheitliche Bedeutung haben. Auch was die Untergliederung der beiden Wortbildungstypen Entwicklung und Modifizierung betrifft, lehnt sich die Verf. eng an Lang an. Innerhalb der verschiedenen Wortbildungstypen unterscheidet sie sieben (unterschiedlich produktive) Wortbildungsverfahren, vier bei der Entwicklung und drei bei der Modifizierung. Innerhalb des Wortbildungstyps der Entwicklung differenziert sie zwischen den inhaltlichen Ausrichtungen der Entwicklung von Verben aus präpositionalen Fügungen mit Substantiv, der Entwicklung von Verben aus präpositionalen Fügungen mit Adjektiv, der Entwicklung von Adjektiven aus präpositionalen Fügungen mit Substantiv und der Entwicklung von Substantiven aus präpositionalen Fügungen mit Substantiv. Das Verfahren, das bei der Modifizierung mit präpositionalen Elementen zugrundeliegt, bezeichnet Wei- 352 Besprechungen - Comptes rendus denbusch als Situierung; zu unterscheiden sind die Situierung von Substantiven, die Situierung von Adjektiven und die Situierung von Verben. Natürlich finden sich nicht alle sieben Verfahren bei jedem präpositionalen Element; einige präpositionale Elemente werden sogar nur in einem Verfahren verwendet. So tritt apreslediglich als präpositionales Element in Entwicklungen von Substantiven (z.B. apres-midi) auf. Auf die theoretischen Ausführungen Weidenbuschs folgt ein umfassender Analyseteil. Dem inhaltsbetonten Ansatz entsprechend werden die einzelnen erbwörtlichen und gelehrten präpositionalen Elemente nicht in alphabetischer Reihenfolge analysiert, sondern sie werden nach den Sprachbedeutungen der Präpositionen, denen sie entsprechen, gruppiert. Weidenbusch kommt so zu folgender Unterteilung: Sie analysiert a-, en-, de-, e- und gelehrte Varianten; entre- und inter-; contre- und anti-; avant-, apres- und gelehrte Varianten; avec-, sans- und gelehrte Varianten; sur-, saus- und gelehrte Varianten; trans-; ultrasowie das intensivierende Präfix archi-. Zunächst erfolgt ein Vergleich aller der präpositionalen Elemente, die eine gemeinsame Sprachbedeutung aufweisen bzw. deren Sprachbedeutungen in antonymischer Opposition zueinander stehen. Im Anschluß daran erfolgt eine Einzelanalyse der präpositionalen Elemente, die zusammen eine Gruppe bilden. Sie gibt v.a. Aufschluß über Wortbildungsbedeutungen (systematische Bedeutungen), Wortschatzbedeutungen (realisierte Bedeutungen), Wortbildungstypen, Wortbildungsverfahren, Anwendungsfelder und Wortschatzbedeutungsgruppen (eine Wortschatzbedeutungsgruppe umfaßt «die Bildungen, die zu der Wortbildungsbedeutung eine bei einer Gruppe von Bildungen auftretende Bedeutung besitzen» [23]). Zudem informiert Weidenbusch über morphologische Varianten, Produktivität, Sprachstile und -niveaus sowie die Unterschiede von Fach- und Allgemeinsprache. Anders als Coseriu beschränkt sich die Verf. also nicht auf eine funktionelle Sprache. Den Abschluß bildet eine Liste von Belegen, die überwiegend aus dem Grand Larousse de la langue fram.;aise stammen. Die Belege werden nach verschiedenen Gesichtspunkten gruppiert. Das oberste Gliederungskriterium ist die Einteilung in die Wortbildungstypen Entwicklung und Modifizierung, diese werden jeweils weiter unterteilt nach den entsprechenden Wortbildungsverfahren, die ihrerseits wiederum untergliedert werden in Wortschatzbedeutungsgruppen. Nicht mehr motivierte Bildungen, von der Verf. als ldiomatisierungen bezeichnet (z.B. recevoir und decevoir), werden nicht in die Untersuchung aufgenommen, wohl aber Bildungen, die zwar motiviert sind, deren Wortschatzbedeutung aber nicht völlig mit der Wortbildungsbedeutung übereinstimmt, wie etwa deborder (Weidenbusch spricht in diesem Fall von Lexikalisierungen). Bei einigen Elementen ist die Entscheidung, ob sie in der Untersuchung zu berücksichtigen sind oder nicht, problematisch; zu eetwa schreibt die Verf.: «Wegen seiner Defektivität im heutigen System es existiert keine formal gleiche Präposition, die Einheitlichkeit der Bedeutung ist durch den Zerfall in Wortschatzbedeutungsgruppen nicht mehr gegeben ist eine Einordnung in ein Wortbildungsverfahren auf französischer Grundlage schwierig» (110). Beispielhaft stelle ich die Analyse von a-, en-, de-, e- und den gelehrten Varianten extra- und intravor. Weidenbusch beginnt diese Analyse mit der Beschreibung der Präpositionen a, en und de. A und en behandelt sie im Unterschied zu Pottier und Lang zusammen, da ihnen bei der dynamischen Variante die Richtung der Bewegung von A nach B gemeinsam ist. Der auf der Systemebene anzusiedelnde - Unterschied zwischen a und en liegt darin, daß B bei a eine einfache Grenze, bei en dagegen ausgedehnt bzw. ein Gegenstand mit zwei Grenzen ist. De und a stehen auf der Systemebene in Opposition zueinander, da de das Entfernen von einer einfachen Grenze beinhaltet. Weidenbusch stellt fest, daß der Bedeutungsunterschied zwischen a und en bei den Verbalisierungen präpositionaler Fügungen mit Substantiv erhalten bleibt: «A impliziert eine Annäherung, en ein Hineinversetzen, beide sowohl im lokalen als auch im begrifflichen Anwendungsfeld» (107), man vergleiche etwa alunir mit encaserner. Dagegen wird bei den Verbalisierungen präpositio- Besprechungen - Comptes rendus 353 naler Fügungen mit Adjektiv, die der Wortschatzbedeutungsgruppe 'rendre' zugeordnet werden können, der systematische Bedeutungsunterschied neutralisiert, wie man an der Gegenüberstellung von adoucir und embellir sieht. Am Beispiel des präpositionalen Elementes amöchte ich exemplarisch aufzeigen, wie fein verästelt die Untergliederungen der Verf. sind. Die oberste Unterteilung ist natürlich diejenige zwischen den beiden Wortbildungstypen Entwicklung und Modifizierung, wobei im Fall von adie Belege für den Typ der Entwicklung bei weitem überwiegen. Dann werden die verschiedenen Verfahren unterschieden; bei a-, das vor allem in verbalen Wortbildungsprodukten zu finden ist, sind von den sieben bereits erwähnten Verfahren folgende belegt: Entwicklung von Verben aus präpositionalen Fügungen mit Substantiv, Entwicklung von Verben aus präpositionalen Fügungen mit Adjektiv, Entwicklung von Substantiven aus präpositionalen Fügungen mit Substantiv sowie Modifizierung von Verben. Seltsam ist allerdings, daß die Verf. zusätzlich drei Belege für «Entwicklung von Substantiven aus präpositionalen Fügungen mit Verb» anführt, obwohl sie bei ihrer Auflistung der Verfahren diese Kategorie gar nicht als eigenes Verfahren erwähnt. Innerhalb des Verfahrens der Entwicklung wird weiter unterschieden nach der Rolle der beiden Vorstellungsinhalte A und B. Es ist entscheidend, «als was das im Wortbildungsprodukt erscheinende Substantiv in bezug auf das präpositionale Element zu interpretieren ist, als das Situierte (A) oder das, in bezug worauf situiert wird (B)» (67). Bei der Entwicklung von Verben aus präpositionalen Fügungen mit Substantiv gibt es etwa die Möglichkeiten «Substantiv = B» (z.B. aborder), «A = B» (z.B. [s']affronter), «Substantiv = A oder B» (z.B. [s']apaiser) und «Substantiv = A» (z.B. adosser). In einem weiteren Schritt differenziert Weidenbusch zwischen lokaler, temporaler und begrifflicher Situierung. Die unterste Auffächerung ist die in verschiedene Wortschatzbedeutungsgruppen. Bei den Entwicklungen von Verben aus präpositionalen Fügungen mit Substantiv unterscheidet die Verf. etwa bei den Bildungen, für die gilt «Substantiv = B» und deren Situierung eine begriffliche ist, die Wortschatzbedeutungsgruppen 'reunir en' (z.B. accoupler, aligner), 'rendre' (z.B. abrutir) und 'habituer a' (z.B. acclimater). Manchmal entspricht einer Situierungsart genau eine Wortschatzbedeutungsgruppe. Bei dem präpositionalen Element agilt Zo B. für die Entwicklung von Verben aus präpositionalen Fügungen mit Adjektiv durchweg, daß die Situierung eine begriffliche ist und ihr die Wortschatzbedeutungsgruppe 'rendre' entspricht (z.B. adoucir, appauvrir). Die Bildungen, die nicht weiter in Wortschatzbedeutungsgruppen unterteilbar sind, werden gesondert aufgeführt (z.B. aboutir, accrocher). In ihren Analysen berücksichtigt die Verf. mehrfach auch die Diachronie. Sie bezieht das Lateinische z.B. bei dem präpositionalen Elementeein, das formal, im Unterschied zu a-, en- und de-, keiner französischen Präposition entspricht: «Das verbindende [sie! ] zwischene- und de- . . . liegt im Lateinischen, wo eine Opposition auf Systemebene ... zwischen DE und EX bestand und wo in dem gemeinsamen Zug des Entfernens die Ursache für die sich überschneidenden Wortschatzbedeutungsgruppen der Wortbildungsprodukte mit deunde- 'priver de', 'rendre' und 'intensification' zu suchen ist» (109). Allerdings trennt Weidenbusch meiner Meinung nach nicht immer sauber genug zwischen Synchronie und Diachronie, etwa wenn sie schreibt, daß «die lateinische Präposition IN . 0. nicht als vollkommen in das französische Wortbildungssystem integriert betrachtet werden [kann]» (111), oder wenn sie über das Französische sagt, daß es neben den Wortbildungsprodukten mit a- «einige wenige Wörter [gibt], die mit dem lateinischen Präfix ADbeginnen» (113). Insgesamt ist die Argumentation der Verf. allerdings umsichtig und nuanciert. Ihre Bedeutungsanalysen sind geradezu filigran; allerdings ist es für den Leser wegen der Fülle an Termini für verschiedene Aspekte der Bedeutung (Wortschatzbedeutungsgruppe, Redebedeutungsvariante, Wortbildungsbedeutung, Wortschatzbedeutung, Redebedeutungstyp, Redebedeutungsklasse nicht immer leicht, den Durchblick zu bewahren. Weidenbusch bezieht Gegebenheiten auf der System-, der Norm- und der Redeebene ein 354 Besprechungen - Comptes rendus und ist stets bemüht, zwischen den verschiedenen Ebenen zu differenzieren (dabei verhehlt sie nicht, daß die Unterscheidung von systematischer Bedeutung und von Redebedeutungstypen mitunter, z.B. bei contre, extrem schwierig ist). Sie stellt etwa fest, daß «[d]ie Grenzüberschreitung bei sur und sous ... nicht in gleicher Weise konstitutiv [ist] wie bei extrabzw. hors (de) oder ultrabzw. au-dela de. Sie hängt bei sur vom Standpunkt des Beobachters ab und ist in der Rede durch den Kontext gegeben» (196). Bezüglich der präpositionalen Elemente a-, de- und enkommt sie zu dem Ergebnis, daß zwar auf der Systemebene der Präpositionen eine Opposition zwischen a und de besteht, daß jedoch nur wenige Wortbildungen diese Opposition widerspiegeln und es wesentlich mehr Belege gibt, in denen en und deein Oppositionspaar bilden. An diesem Beispiel kann man auch erkennen, daß die Verf. stets genau abklopft, bis zu welchem Grad sich die Verhältnisse bei den Präpositionen und bei den Wortbildungen entsprechen. Nur sehr selten verhakt sich die Verf. ein wenig. Während sie auf p.236s. feststellt, daß archiquantifiziert, ohne zu qualifizieren und die Qualifikation erst durch die Basis oder den Kontext erfolgt, sagt sie wenig später, daß im Bereich des politischen Wortschatzes auch Bildungen mit archizu finden seien, da archi- «eine Affinität zu negativen Basen bzw. Kontexten» (238) besitze. In den großen Linien lehnt sich die Verf. sehr nah an Coseriu, Pottier und Lang an. Doch mitunter löst sie sich auch von ihnen. So benennt sie bei der Modifizierung Coserius Verfahren der Partialisierung um in Situierung, und während Coseriu die Partialisierung dem Verfahren der Quantifizierung unterordnet, stellt Weidenbusch die beiden Verfahren der Situierung und der Quantifizierung nebeneinander. Auch in Einzelinterpretationen wählt sie z.T. eine andere Lösung als die genannten Autoren, etwa wenn sie, wie gesehen, a und en im Unterschied zu Pottier und Lang zusammen behandelt. Zudem kommt sie dadurch, daß sie sich nicht auf Coserius funktionelle Sprache beschränkt, zu interessanten Ergebnissen beispielsweise im Hinblick auf die Unterschiede von Fach- und Allgemeinsprache. Insgesamt zeigt sich, daß ein inhaltsbezogener Ansatz für die Erfassung des Phänomens der Präfigierung sehr aufschlußreich ist. Yvonne Stark * GEORGES KLEIBER, Anaphores et pronoms, Louvain-la-Neuve (Duculot) 1994, 229 p. ( Champs linguistiques) Der vorliegende Band der von Dominique Willems und Marc Wilmet herausgegebenen Reihe Champs linguistiques sollte ursprünglich wohl einen Untertitel tragen: «Etudes de pragma-semantique referentielle» der Untertitel ist sowohl auf der Klappe als auch auf der Innentitelei entfallen, aber «leider» ist ein Verweis im Inneren des Buches (11) stehen geblieben. Wir haben es hier wohl mit einem Manöver des Verlags im letzten Moment zu tun, das verschleiern soll, daß es sich nicht um eine Monographie, sondern um eine Aufsatzsammlung handelt. Derartige Taktiken hat Kleiber nun aber wahrlich nicht nötig: eine Aufsatzsammlung aus seiner Feder ist allemal lesenswert; und wenn sie, wie die hier vorgelegte, von einer geradezu außerordentlichen Homogenität ist, tut man dem Verfasser unwiderruflich Unrecht. Dabei hat Kleiber nicht einmal versucht, die verschiedenen Texte zu glätten und aufeinander abzustimmen; außer einer Zusammenfassung der Literaturverweise am Schluß und einer formalen Vereinheitlichung hat er seine ursprünglichen Texte nicht weiter modifiziert und so den dokumentarischen Charakter für die Entwicklung seiner Gedanken bewahrt (10). Der Band kreist um drei eng miteinander verflochtene Themen: das Problem der Anapher im allgemeinen, das Personalpronomen il in seinen verschiedenen acceptions und die Besprechungen - Comptes rendus 355 Demonstrativa celui-ci! celui-la, die über weite Strecken zu il in Konkurrenz stehen. Im einzelnen enthält er die folgenden bereits anderweitig publizierten Beiträge 1 : - «L'anaphore: d'un probleme a l'autre» (Kap. 2, 21ss.) [FM 60 (1992): 1-22) - «Reference pronominale: comment analyser le pronom il? » (Kap. 3, 4lss.) [LALIES 13 (1994): 79-141] - «Cap sur les topiques avec le pronom il» (Kap. 4, 105ss.) [L 'information grammaticale 54 (1992): 15-25] - «Y a-t-il un il ostensif? » (Kap. 5, 125ss.) [in: R.LoRENZO (ed.), Actes du xnc Congres international de linguistique et de philologie romanes, vol. 3: Linguistique pragmatique et sociolinguistique, A Coruna 1992: 485-504] - «Ils ont encore augmente les impots ou Sur le ils dit collectif» (Kap. 7, 163ss.) [in: L. TASMOWSKr/ A. ZRrnr-HERTZ, De la musique a la linguistique. Hommages a Nicolas Ruwet, Gent 1992: 327-44] - «Celui-ci! -la. Comment montrer du nouveau avec du deja connu» (Kap. 8, 179ss.) [Revue Quebecoise de linguistique 21 (1991): 123-70] Nicht publiziert sind dagegen Kap. 6, «Sur quelques emplois textuels non paradigmatiques de il» (143ss.) sowie das gewissermaßen zusammenfassende Einleitungskapitel «En matiere de reference anaphorique: une introduction» (7ss.). Dazu kommt noch die reichhaltige Gesamtbibliographie (213-24), während leider ein äußerst wünschenswerter - Index fehlt. Wie immer bei Kleiber sind diese Studien im Rahmen der Fragestellung ausgezeichnet dokumentiert und repräsentieren den neuesten Stand der Forschung; und wie immer sprüht Kleiber von Ideen, an denen er uns großzügig teilhaben läßt auch auf die Gefahr hin, daß zu einem späteren Zeitpunkt das eine oder andere vielleicht noch revidiert werden muß (19). Da die Studien bereits publiziert und bekannt sind, will ich hier nicht im Detail auf sie eingehen, sondern mich vielmehr auf den allgemeinen Rahmen (Kap.1) konzentrieren, der so etwas wie eine vorangestellte Konklusion darstellt. Kleiber unterscheidet zwischen personaler, räumlicher und zeitlicher Lokalisierung (7s.), wobei die entsprechenden sprachlichen Instrumente sowohl deiktisch als auch anaphorisch genutzt werden können; er lehnt also die v.a. in der amerikanischen Linguistik verbreitete radikale Trennung von Deixis und Anapher ab und sieht den Unterschied zwischen den beiden Verfahren nicht im Prozeß als solchem, sondern vielmehr in der jeweils affizierten Verweisebene (Konbzw. Kotext). Aufgrund meiner eigenen Untersuchungen in diesem Bereich 2 kann ich ihm in diesem Punkt nur zustimmen. Weniger glücklich bin ich dagegen über die Tatsache, daß er die lokale Deixis nicht auf die personale zurückführt ('Lokalisierung in Bezug auf eine Kommunikationsperson') und überdies auch die Possessiva ('Relationierung zu einer Kommunikationsperson') nicht mit einbezieht 3 . Allerdings hat dieser Punkt für die hier zur Diskussion stehenden Probleme und Kleibers Argumentation keine weiteren Folgen. Daß man über diese Kategorien eine ganze Menge bezüglich der Textinterpretation leisten kann, ja daß es mit ihnen z. T. sogar möglich ist, Texte als Ganzes zu klassifizieren, wird nicht bestritten - und trotzdem ist in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen worden, daß das Instrumentarium insofern ungenügend sei, als die Frage, wie denn das richtige Kon- oder Kotextelement ermittelt werde, eine mögliche Anapher eine situa- 1 In eckigen Klammern jeweils der ursprüngliche Publikationsort. 2 Cf. zuletzt P. WuNDERLI, «Neutrales il im Französischen», in: FS Figge (erscheint demnächst). 3 Cf. hierzu (u. P. WuNDERLI, «La deixis personnelle dans ! es langues romanes», VRom. 49/ 50: 32-56. 356 Besprechungen - Comptes rendus tionelle (deiktische) Abstützung erfahre, auf diese V-leise nicht zu beant\ x ,1orten sei. Dies ist auch die Meinung von Kleiber (8), doch stimmt er bereits den Konsequenzen, die man in den letzten Jahren meist aus diesen Tatsachen gezogen hat, nicht mehr zu. Im Rahmen der Euphorie für die Pragmatik und die kognitive Linguistik wurden die festen und konventionellen Regeln beim Gebrauch sprachlicher Einheiten (und insbesondere von Deiktika und Phorika) immer mehr abgewertet und durch inferentielle Verfahren auf der Grundlage des Äußerungskontextes und des «savoir partage» (der «Kenntnis von Welt») ersetzt. Die Bedeutung dieser Verfahren wird auch von Kleiber nicht bestritten, aber er warnt mit Entschiedenheit davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten: auch der Semantik kommt eine wichtige Rolle zu (10s. ). Obwohl es auf den ersten Blick ökonomischer zu sein scheint, alles (oder fast alles) aufgrund allgemeiner pragmatischer Prinzipien zu erklären, impliziert die Anwendbarkeit dieser Prinzipien auf jede sprachliche Situation noch nicht automatisch eine Erklärung: die Prinzipien sind nur allzu oft viel zu allgemein und damit zu mächtig für den partikulären Fall. Kleiber demonstriert dies sehr schön anhand des principe de saillance von Levinson und Reboul, das es zwar erlaubt, den semantischen Gehalt der Referenzoperatoren praktisch auf Null zu reduzieren, dann aber in die Aporie führt, daß man das unterschiedliche Verhalten von il und ce in Verbindung mit etre (un) linguiste 5 nicht mehr erklären kann. Kleiber zieht daraus den korrekten Schluß, daß man einseitig kognitive Analysen vermeiden muß; ganz offensichtlich operiert die Pragmatik über einer semantischen Basis (12s.). Damit setzt sich Kleiber in entschiedenen Gegensatz zu den Pragmatikern und Kognitivisten, die die Bedeutung eines Ausdrucks auf seinen Wahrheitswert und den Repäsentationsgehalt (sens descriptif) reduzieren möchtenalles weitere wäre pragmatischer Natur, was zur Folge hätte, daß bei den Referenzoperatoren praktisch alles aus dem Äußerungskontext zu deduzieren wäre. Dabei verwischt sich in der Regel vollkommen die Grenze zwischen dem, was einheitsspezifisch ist und dem, was aus der Anwendung der allgemeinen (pragmatischen) Prinzipien resultiert (14). Kleiber hält dem entgegen- und ich kann ihm nur beipflichten-, daß auch morphosyntaktische Einheiten und Referenzoperatoren ihren eigenen semantischen Gehalt haben, der neben dem sens descriptif (denotative Komponente) auch eine argumentative und eine instruktionelle Komponente (sens procedural oder computationnel) unterschiedlichen Umfangs umfaßt oder umfassen kann. Damit wendet er sich gleichzeitig auch gegen den Ansatz von Lars Fant, der Wahrheitswert und deskriptive Komponente ganz eliminieren möchte, und Gleiches gilt auch für A. Reboul, der bei Anaphorika auf jeglichen sens representationnel verzichten will. Vor allem mit letzterem setzt sich Kleiber ausführlich auseinander und demontiert mit großem Geschick seine Argumente gegen das Vorhandensein einer deskriptiven Bedeutung. Das Ambiguitätsargument (z.B. bezüglich il) erweist sich deshalb als unhaltbar, weil es voraussetzt, daß der sens descriptif eine totale Determination des Referenten leiste; nimmt man dagegen eine nur partielle Determination an, so ist es durchaus möglich, daß bei nicht hinreichend leistungsfähigem Kotext Ambiguitäten innerhalb des durch die deskriptive Bedeutung vorgegebenen Rahmens bestehen bleiben. Das Argument der insensiblite aux contextes opaques besagt, daß der semantische Gehalt sehr nahe einer definiten Beschreibung liegen müsse und deshalb il nicht einen Eigennamen oder eine description definie ersetzen könne, wenn es den gleichen Referenten bezeichne; da dies aber gleichwohl möglich sei, könne il gar keinen semantischen Gehalt haben. Kleiber hält dem entgegen, daß man prinzipiell von einer deutlichen Verschiedenheit von semantischem Gehalt und 4 «Plus le sens (representationnel ou computationnel) d'une expression referentielle est reduit et plus accessible ou saillant doit etre son referent» (12). 5 Cf. il est linguiste, c'est un linguiste, aber *il est un linguiste, *c'est linguiste. Besprechungen - Comptes rendus 357 definiter Beschreibung ausgehen müsse(und auch darin hat er sicher wieder recht), weshalb auch dieses Argument hinfällig wird (16s.). Offen bleibt allerdings die Frage, was denn der sens descriptif von il ist; er dürfte auf jeden Fall sehr dürftig sein und vor der Instruktionsbedeutung deutlich in den Hintergrund treten 6 . Aus dem Dualismus von deskriptiver und instruktioneller Bedeutung erklärt sich nach Kleiber nun die Tatsache, daß ein gegebener Referent oft auf unterschiedliche Weise «erfaßt» werden kann(> mode de donation). Unter Berufung auf Frege betont er, daß mit der Identifikation des Referenten bei weitem noch nicht alles über die Leistung von Referenzoperatoren gesagt sei, sondern der Art und Weise der Identifikation(Erfassung) bei gewissen Oppositionsstrukturen oft viel mehr Gewicht zukomme. Illustriert wird dies anhand des Gegensatzes le! ce(18). Die Rahmendarstellung schließt mit einem dezidierten Plädoyer für eine linguistique cumulative (man könnte auch sagen: ein undogmatisch-eklektisches Vorgehen), das die Leistung anderer auch älterer� Ansätze nicht einfach ignoriert, sondern deren Erfolgen Rechnung trägt und primär einmal versucht, die Schwächen, Lücken und Mißerfolge auf anderem Wege und im Sinne einer Komplementarität zu korrigieren - und dabei kann er sich auch einen bissigen Seitenhieb anf die amerikanische Linguistik, die ständig das Rad neu erfindet, nicht verkneifen (19). Ich brauche wohl nicht zu sagen, daß er mir damit aus der Seele spricht! Die beste Illustration für diese Haltung sind die folgenden (bereits bekannten) Untersuchungen, die alle in dem post festum entstandenen einleitenden Rahmen bleiben. Der Band von Kleiber ist ein in jeder Hinsicht lesenswertes Buch, das für den(mit der Problematik vertrauten) Linguisten manchen Lesegenuß bereithält. P.W. * CORINNA J. WERNITZ, Bedingungen und Voraussetzungen für Sprachwechsel. Eine Untersuchung zum Sprachwechsel bei bilingualen Marokkanern in Frankreich, Frankfurt a. M. etc. (Lang) 1993, 365 p. (Europäische Hochschulschriften 13/ 186) Die von J. Schmidt-Radefeldt betreute Kieler Dissertation aus dem Jahre 1993 analysiert den Sprachwechsel (code-switching) zwischen Arabisch und Französisch bei marokkanischen Studenten an der Universität Lille anhand einer Fragebogenuntersuchung und von Sprachaufnahmen. Die Arbeit fügt sich in eine Reihe von Untersuchungen ein, die sich vor allem in neuerer Zeit mit dem Thema arabisch-französischer Sprachkontakte beschäftigen 1. Wernitz gliedert ihre Arbeit in einen Forschungsbericht zum Bilinguismus(9-38), eine Übersicht über das marokkanische Bildungssystem (49-68), eine Charakterisierung des Sprachwechsels(69-102), die Auswertung des Fragebogens zum persönlichen und sprachlichen Hintergrund der vierzehn herangezogenen Informanten(103-28), die Analyse des 6 Cf. hierfür auch P. WuNDERLI, «Les structures du <pronom personnel> en fran�ais», ZFSL 99: 130-41, sowie die in N2 zitierte Arbeit. 1 Cf. L. BRUN0T, «Emprunts dialectaux arabes a la langue fran9aise dans les cites marocaines depuis 1912», Hesperis 36 (1949): 347-430; A. BE:'ITAHILAIE. DAVIS, «The Syntax of Arabic- French Code-Switching», Lingua 59 (1983): 301-30; Z. CHAABANI, Der Einfluß des Französischen auf das Arabische in Tunesien, Frankfurt a. M. etc. 1983; J. HEATH, From Code-Switching to Borrowing: Foreign and Diglossie Mixing in Moroccan Arabic, London/ New York 1989; G. CHRIST, Arabismen im Argot. Ein Beitrag zur französischen Lexikographie ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Frankfurt a. M. etc. 1991. 358 Besprechungen - Comptes rendus anhand von Sprachaufnahmen erstellten Korpus (129-202) und die Zusammenfassung der Ergebnisse (203-08). Im Anhang werden ein Muster des Fragebogens (213-19) und Ausschnitte aus dem Korpus (220-360) vorgestellt. Die Arbeit ist klar strukturiert. Das Kapitel über den Bildungshintergrund in Marokko bietet eine interessante Übersicht über die Entwicklung des marokkanischen Bildungssystems, die allerdings auf Literaturnachweise verzichtet. Im Kapitel zur Charakterisierung des Sprachwechsels ist in bezug auf die Handhabung von Literatur zu kritisieren, daß etliche Beiträge der Fachliteratur aus zweiter Hand vorgestellt und kommentiert werden (z.B. Poplack, Woolford, Joshi, Pfaff, 83-87; Giles/ Taylor/ Bourhis, 164; Appel/ Muysken, 205). Da diese Arbeiten auch nicht im Literaturverzeichnis erscheinen, sind sie ohne Angaben zu Titel und Publikation nicht direkt zu identifizieren. Dies betrifft selbst die grundlegenden Aufsätze von PFAFF 1979 und PoPLACK 1980 2• Bisweilen ergeben sich im Zuge der Arbeit Unsicherheiten in der Darstellung allgemeiner und vergleichender Sachverhalte. So nähert sich die Sprecherzahl des Portugiesischen nicht der «100 Mio. Grenze» (3), denn allein das brasilianische Portugiesisch wird heute schon von mehr als 150 Mio. Menschen gesprochen. Das Katalanische muß in Katalonien nicht als Unterrichtssprache durchgesetzt werden (27), es ist in allen Bildungsbereichen aufgrund gesetzlicher Regelungen aus den Jahren 1978 und 1983 bereits gleichberechtigt. Man kann auch nicht global behaupten, daß sich spanische Immigranten in Frankreich aufgrund einer größeren sprachlichen Nähe zum Französischen besser integrierten als Marokkaner (28), die bereits überwiegend frankophon sind. Marokko ist unter den arabischen Ländern im Bildungsbereich keinesfalls als vergleichsweise «unterentwickelt» (67) zu bezeichnen, denn die Maghrebstaaten verfügen zusammen mit Ägypten über das am besten entwickelte Bildungssystem in der arabischen Welt. In terminologischer Sicht wäre «mohammedanisch» (39) durch moslemisch zu ersetzen. Die Bezeichnungen «klassisches An1bisch» und «Hocharabisch» können nicht beliebig ausgetauscht werden, wie dies im Laufe der Arbeit öfters geschieht (z.B. «daß die zwei Drittel der Analphabeten in Marokko das klassische Arabisch nicht beherrschen», 48). In bezug auf die heutige arabische Hochsprache ist der Terminus Hocharabisch zu verwenden. Die Frage nach dem Gebrauch der Hochsprache im Fragebogen wäre in französischer Terminologie dementsprechend auch nicht mit «arabe classique» (216), sondern mit «arabe litteral» zu formulieren. In diesem Zusammenhang müßte eine Erläuterung der allgemeinen Stellung des Dialektes im arabischen Sprachraum erfolgen. Einerseits bedient sich in der arabischen Welt im privaten Umfeld niemand der Hochsprache. Andererseits verfügt das Arabische im Hinblick auf seine klassische Form als Sprache des Korans, Träger der religiösen Überlieferung und sprachliches Bindeglied aller Moslems bei seinen Sprechern über ein unantastbares Prestige, wie dies bei kaum einer anderen Kultursprache festzustellen ist. Die Diskrepanz zwischen hochsprachlicher Performanz und dialektaler Realität führt in der arabischen Welt beständig zu sprachlichen Kompromissen. So ist es auch bei offiziellen Reden oft üblich, die ersten Sätze quasi als Referenz an die Hochsprache in Hocharabisch zu formulieren und dann in den Dialekt überzugehen. Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Dialekt oder eine Offizialisierung des Dialektes steht in arabischen Ländern aufgrund der Bedeutung der Hochsprache für den Islam jedoch nicht zur Diskussion. 2 C. PFAFF, «Constraints on language mixing: intrasentential code-switching and borrowing in Spanish/ English», Language 55 (1979): 291-318; S. PoPLACK, «'Sometimes I'll start a sentence in Spanish Y TERMINO EN ESPANOL': towards a typology of code-switching», Linguistics 18 (1980): 581-618. Besprechungen - Comptes rendus 359 Für die vorliegende Arbeit bedeutet dies, daß die Aussagen der marokkanischen Informanten über persönlichen Hintergrund und Sprachverwendung, die über den Fragebogen bereits subjektiv angelegt sind, bezüglich der Verwendung der Hochsprache zusätzlich einer Beeinflussung unterliegen und stark relativiert werden müssen. Die Darstellung, jemand habe «bis zum Alter von 10 Jahren 30% seiner gesamten Kommunikation auf hocharabisch geführt» (117), ist in diesem Zusammenhang völlig abwegig. Es fällt auf, daß es sich bei den für die Untersuchung herangezogenen Personen ausschließlich um männliche Informanten handelt, ohne daß dies im besonderen begründet würde. Im Hinblick auf die bekannten Variationen zwischen männlichem und weiblichem Sprachverhalten sowohl hinsichtlich des Dialektgebrauchs als auch in Diglossiesituationen wie beispielsweise der alternierenden Verwendung des Okzitanischen und Französischen bedeutet dies eine Schmälerung der Basis für eine spätere Auswertung der Ergebnisse. Im analytischen Teil ihrer Arbeit sowie im Korpus verwendet Wernitz für die Wiedergabe der marokkanisch-arabischen Textabschnitte eine Umschrift. Es muß festgestellt werden, daß diese Umschrift keinen wissenschaftlichen Kriterien folgt. Die Autorin orientiert sich nach eigener Aussage phonetisch an der API Lautschrift(131), verzeichnet aber weder die emphatischen Konsonanten des marokkanischen Arabisch (t, 4, �, Q, 111, ,: , l) noch velare und pharingale Frikative(�, fJ). Vokallänge, Timbre und Gemination werden unzureichend notiert. Dabei besteht für das maghrebinische Arabisch schon seit langer Zeit ein wissenschaftliches Transkriptionssystem in orthographischer Verwendung, wie es im übrigen auch in der von der Autorin angeführten Esquisse grammaticale de l'arabe maghrebin (364) eingesetzt wird. Außerdem stehen für das marokkanische Arabisch Wörterbücher in Umschrift zur Verfügung 3. Stellvertretend für unzählige Fehler, die sich aus der vorliegenden Transkription ergeben, seien die folgenden angeführt: lies 'iindna statt ['Edna] (136), dyqlna statt [djrna] (137), 'iimmi statt ['Emi] (211), tfJgl[ statt [thul] (242). In der Präsentation des Korpus verwendet Wernitz zur Wiedergabe der marokkanisch-arabischen Textabschnitte in Ergänzung ihrer Transkription die arabische Schrift, die sich zur Darstellung des Dialektes grundsätzlich nicht eignet und deshalb in der Regel auch nicht eingesetzt wird. So ist bei [djEl lc' Ern lifät] (360) das dialektale Relativpronomen gl[i bereits in der Transkription nicht erkennbar und wird in der arabischen Schrift schließlich mit der Präposition li verwechselt. Der zitierte Halbsatz muß lauten: dyql g[-cam g/ li fqt 'von letztem Jahr'. Bei dem Verbalsuffix -ti für die 2. Pers. Sg. Maskulinum handelt es sich nicht um eine Besonderheit des Dialektes von Casablanca (212), sondern um ein allgemeines Charakteristikum des marokkanischen Arabisch. Der Name des marokkanischen Berberstammes der Chleuh leitet sich nicht von «Silb» [! ] (40), sondern von dem zugehörigen Plural sl{JlJ ab.Obwohl sich die vorliegende Dissertation weder als Beitrag zur Arabistik versteht, noch einen etymologischen Schwerpunkt setzt, kann man das Vorgehen der Autorin in der Behandlung des Arabischen nicht billigen. Hinsichtlich des Sprachwechsels zwischen Arabisch und Französisch ist hervorzuheben, daß es sich bei der vorliegenden Arbeit für das französische Sprachgebiet um die erste umfassende Untersuchung handelt. Sie wurde mit großem Aufwand betrieben, denn dem ausgewerteten Korpus liegt ein Material von über 1500 transkribierten Seiten zugrunde, von denen knapp 150 im Anhang reproduziert werden. Aus der beispielgestützten Klassifizierung dieses Materials ergeben sich interessante Belege. Wernitz unterscheidet bei den Gründen für einen Sprachwechsel zwischen referentieller Funktion, Gesprächsthema, Verbesserung bzw. Sicherung der Kommunikation, Ausgleich sprachlicher Inkompetenz, 3 Cf. D. FERRE, Lexique marocain-.franr;ais, Imprimerie de Fedala s.d. 360 Besprechungen - Comptes rendus metalinguistischer und stilistisch-rhetorischer Funktion, passe-partout-Formeln, Akkomodation, Zitat, Selbstdarstellung, sprachbedingter Motivation und außersprachlichen Faktoren. Eine Hierarchisierung der für den Sprachwechsel verantwortlichen Faktoren wird nicht vorgenommen. Im Hinblick auf die Begründung des Sprachwechsels bezüglich seiner Positionierung im Syntagma wird der Gesichtspunkt der Neutralisierung 4 ausgeklammert. Strukturelle Besonderheiten wie die arabische Affigierung französischer Wörter an der Schnittstelle (switch-point) des Sprachwechsels sind Gegenstand der Untersuc! mng. Interferenzen und Entlehnungen werden vom Phänomen des Sprachwechsels abgegrenzt. Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß die anerkennenswert umfängliche Materialauswertung und konkrete Einzelergebnisse der Dissertation im Gegensatz zu gewissen formalen und methodischen Unzulänglichkeiten der Arbeit stehen. V. Noll * ANNEGRET BoLLEE (ed.), Dictionnaire etymologique des creoles franr;ais de l'Ocean Indien, 2 e Partie: Mots d'origine non-franr;aise ou inconnue. Redaction: PHILIP BAKER, BARBARA DRESEL, SoNJA FucHs, ANGELA LÄRISCH-SCHÄBITZ, sous la direction de ANNEGRET BoLLEE, Hamburg (Buske) 1993, XL+597 p. (Kreolische Bibliothek 12) Das im Jahre 1979 gefaßte Vorhaben eines etymologischen Wörterbuches der französisch basierten Kreolsprachen ist mit vorliegendem Band der sich mit gutem Grund auf eine zur Zeit besonders erforschte Region beschränkt einer Aufarbeitung einen beträchtlichen Schritt näher gekommen. Das Wörterbuch, das auf zwei Bände ausgelegt ist, deren erster den französischen Elementen gewidmet sein wird, dokumentiert damit greifbar die Fortschritte, die die Kreolistik im zurückliegenden Vierteljahrhundert gemacht hat: von ersten vereinzelten wissenschaftlich relevanten Beschreibungen hin zur Möglichkeit grundlegender Synthesen des erreichten Forschungsstandes. Zu den Inhalten des Buches: An den Beginn ist eine kurze «Presentation» (rx-xm) gestellt worden, die neben allgemeinen Fragestellungen vor allem in die Artikelstruktur einführt, es schließen sich die Listen der Transkriptionszeichen und der Titelsiglen an, gefolgt von der Bibliographie (xxm-xxxvu) und abschließend dem Verzeichnis der Abkürzungen und konventionalisierten Zeichen. Der Hauptteil umfaßt das alphabetisch geordnete Wörterbuch (1-573); ihm folgt ein Wortindex, der die phonetischen Varianten und Wortbildungen auflistet (575-97). Die Mikrostruktur der einzelnen Artikel ist übersichtlich gegliedert: Nach dem fett gedruckten Lemma mit Bedeutungsangabe (aber ohne grammatische Beschreibung) folgen graphisch etwas eingerückt die dazugehörigen Kreolwörter mit Angabe der geographischen Verbreitung und der Bedeutung im Wortlaut der jeweils mit einem Kürzel zitierten exzerpierten Originalquelle. Die Abfolge der einzelnen Herkunftsregionen der aufgenommenen Wörter ist dabei stets gleichbleibend. Es folgen die Wortbildungen (zunächst Affigierungen, dann Komposita), die eingangs ebenso mit einem eigenen graphischen Symbol hervorgehoben werden wie das am Ende eines jeden Artikels stehende Etymon, das naturgemäß mit der Angabe der jeweiligen Herkunftssprache, gelegentlich aber auch weiteren Informationen aufgeführt wird. Bei Kreolwörtern, die in älteren Quellen belegt sind, folgt nach dem Lemma eine ebenfalls durch ein spezifisches Symbol markierte Rubrik mit älteren Quellennachweisen (unter denen sich neben Kreolisch auch Regional- 4 Cf. R. APPEL/ P. MuYSKEN, Language Contact and Bilingualism, London 1987: 124ss. Besprechungen - Comptes rendus 361 französisch verbergen kann). Aufgenommen worden sind in einem geringen Maße im übrigen auch Toponyme und eine Reihe von Markennamen. Die Auszählung eines Fünftels des Wörterbuches (115-230) ergibt eine Zahl von 827 Artikeln, so daß hochgerechnet alles in allem von einer Gesamtmenge von etwa 4150 Wörterbuchartikeln auszugehen ist, wobei naturgemäß die Zahl der Wörter in Anbetracht der unter einem einheitlichen Lemma zusammengefaßten Derivations- und Kompositionsbildungen um einiges höher ausfällt. Ein etymologisches Wörterbuch, das sich mit Kreolsprachen befaßt, verzichtet in Anbetracht der Spezifika des beschriebenen Objekts weitestgehend auf eine ansonsten unverzichtbare diachrone Fragestellung, die der Erstbelege. Andererseits aber wird zugleich auch die Wortgeschichte, beispielsweise die Frage der Bedeutungsentwicklung bei Entlehnungen, zumeist nicht weiter kommentiert. Nicht wenige Artikel fallen so recht kurz aus und bestehen aus drei Hauptbestandteilen: Lemma - Formen - Etymon. Zu den besser dokumentierten Ausnahmen zählen dann häufig Wörter, die als Lehnelemente auch im Standardfranzösischen beheimatet sind (kreol, maiiok, patat, tamare etc.). Der Band vermittelt so dem Leser neben einer Fülle von Detailinformationen zu den einzelnen Wörtern einen Einblick in die historisch-etymologische Schichtung der gesammelten Materialien. Er verweist aber auch auf die besonderen Problemstellungen, und dies vielleicht gerade im Falle der Elemente, die nicht französischen Ursprungs sind. Die Zählung eines Zehntels der Materialien (1-57) ergibt einen vielsagenden Schnitt: Herkunft absolut relativ Englisch 103 (davon 7 «calques», 6 unsicher) 30,03% Hindi 88 (davon 7 unsicher) 25,66% Unklare Herkunft 39 11,37% Tamil 21 6,12% Onomastika 20 (davon 2 unsicher) 5,83% Produkt-/ Markennamen 11 (davon 1 unsicher) 3,21% Madegassisch 10 2,92% Onomatopoetika 8 (davon 4 unsicher) 2,33% Pflanzennamen 6 1,75% Portugiesisch 5 1,46% Drawidisch 4 1,17% Bantu 4 (davon 2 unsicher) 1,17% Sonstige 24 (davon 4 unsicher) 7,00% Englisch und Hindi sind die am besten vertretenen Sprachen im übrigen typischerweise kaum durch Lehnbildungen oder Lehnbedeutungen -; zusammengenommen sind auch die diversen onomastischen Elemente gut vertreten. Auffällig ist ebenfalls der hohe Anteil von Sprachen, die nur mit je einem Etymon erscheinen: Von den 24 «Sonstigen» treten sage und schreibe 19 nur je einmal auf. Hier wird man sich sicher gelegentlich die Frage nach den Übernahmewegen stellen müssen, so wenn unter dem Lemma anana das Guarani als Gebersprache benannt wird - und es hier wie in anderen Fällen vielleicht eher das Französische gewesen ist, das als Mittler aufgetreten ist. An dritter Stelle stehen die unsicheren Etymologien, seien es zumeist nur mit einem Fragezeichen hinsichtlich des Etymons versehene oder seien es auch konkurrierende mologisierungen. Rechnet man zu ihnen die 26 nicht gesicherten Etymologien aus den anderen hinzu, so ergibt sich ein Anteil von unsicheren Formen. Hoch- 362 Besprechungen - Comptes rendus gerechnet ist es also dieses knappe Fünftel der Materialien, das es in Zukunft noch abzuklären gilt. Einige Anmerkungen zu einzelnen Artikeln 1: (13) apwetmti, «Angl. appointment», korrekter: «calque de l'angl. appointment» (cf. FEW 9: 591a-b); (21) awa 'exclamation' findet sich dialektal z.B. in der Schweiz (GPSR 1: 201 s.v. afe) 2 ; das Ganze erinnert an afr. avoi(s), avou (T-L, AW l, col. 752s.); (33) bagas ist seit dem 18. Jh. als Lehnwort im Französischen bekannt (TLF 4: 10: 1724), so daß vielleicht nicht auf das spanische Etymon bagazo zurückgegangen werden muß; (35) baksis 'supplement gratuit', das Wort wird im 19. Jh. im Französischen entlehnt und alte Formen verweisen in ihrer Lautung mit auslautendem [-s] auf die kreolische: bakchis (1846), batchis (1859), bakchis (1869) (FEW 19: 19b), so daß wohl Französisch als Vermittlersprache nicht von der Hand zu weisen ist; (36) balalam 'degingande, bras ballants', cf. dialektal Suisse romande balalarma 'gar9on de haute taille mal affermie, flandrin', zugrunde läge dann die Wendung (il) bat l'alarme (GPSR 2: 210s.); (57) benzine 'essence' wird hier nur als Anglizismus gesehen, ist aber auch im Standardfranzösischen verbreitet gewesen und als Archaismus zu werten (TLF 4: 395: «vieux»); (87) dada 'sexe du petit gar9on' vielleicht zum westfranzösischen (Maine, Anjou) Dialektwort dada 'enfant; ! es petits gars' (FEW 4: 3b); ·(87) dada 'exclamation denoting surprise', cf. fr. populaire (Paris) oder dialektal (Cöte-d'Or: Ste-Sabine) da 'exclamation d'etonnement' (FEW 3: 4b); (88) dague 'fou', cf. regionalfranzösisch Genf daguer 'enrager, etre furieux' (FEW 3: lb); (117) eskolar 'espece de poisson' ist nicht metaphorisch zu portugiesisch escolar 'etudiant' zu stellen, sondern als Fischbezeichnung vielleicht aus der englischen Bezeichnungsvariante escolar entlehnt, kann aber auch von port. escolar, sp. escolar oder gar fr. escolier stammen, die übereinstimmend zur Bezeichnung der Gattung Gempylidae dienen 3 ; die hier auftretende Unterart Ruvettus pretiosus ist port. sp. escolar und bezeichnenderweise fr. escolier espagnol; (131) mtig finet 'variete de mangue' gehört eventuell zu finette (FEW 3: 563b) oder in Anbetracht vieler Fruchtbezeichnungen mit spezifizierenden Anthroponymen zu Finette (Seraphine); (135) frtisisea 'espece d'arbuste' ist wohl zum wissenschaftlichen Terminus Franciscea 4 zu stellen; (183) kamaro 'ecrevisse; crevette; mauvais camarade' von pg. camartio, das Wort ist aber in der übertragenen Bedeutung vielleicht vom Argotwort camaro 'camarade' 5 beeinflußt; (185) kafzar in bat kafzar 'bal au son d'instruments specifiquement reunionnais' läßt an eine metaphorische Verwendung des Archaismus bzw. Regionalismus cagnard 'lieu expose au soleil et abrite contre le vent' denken (FEW 2/ l: 185a); (192) karden 'espece de poisson', eventuell zu cardine, cf. aber auch engl. cardinal fish; (267) lumpen(-)proletariat und die verkürzte Form lumpen existieren als Germanismen im Französischen, sind also vielleicht nicht nur reine Anglizismen (GR 6: 98); (282) makunda 'fruit de la passion' steht vielleicht in Zusammenhang mit port. macunde 'especie de feijäo africano' 6; (309) mastan 'homme bien bäti, costaud' ähnelt mfr. nfr. mastin 'homme grossier, mal bäti de corps ou d'esprit', matin (FEW 6/ l: 257a), falls das Etymon zutrifft, müßte allerdings die Bedeutungsentwicklung geklärt werden; (324) die Umgestaltung von älterem (punaise) maupin zu (pinez) mo(r)pe, ist wohl weniger durch mordre als vielmehr durch den Einfluß von morpion 1 Cf. dazu die Rezension von R. CHAUDENSON in: RLiR 58 (1994): 231-43. 2 Cf. hierzu auch die regionalfranzösische Form (Vaud) avoue 'pas du tout' in: P.-M. CAL- LET, Glossaire Vaudois, Lausanne 1861: 159. 3 Cf. Multilingual Illustrated Dictionary of Aquatic Animals and Plants, ed. Commission of the European Communities, Luxembourg/ Oxford 1993: 235. 4 Cf. H. GENAUST, Etymologisches Wörterbuch der Pflanzennamen, Basel/ Stuttgart 1976: 172. 5 Cf. J.-P. CouN/ J.-P. MEVEL, Dictionnaire de l'argot, Paris 1990: 104. 6 Cf. A. DE MoRArs SrLVA, Grande diciontirio da lingua portuguesa, 10.a ed. rev., corr., muito aum. e actualizada, vol. 6, Lisboa 1954: 367. Besprechungen - Comptes rendus 363 bedingt (TLF 11: 1091s.); (330) muna 'jeune singe' ist eventuell zu provenzalisch mouna etc. zu stellen(< ar. maimun; FEW 19: 115b); (494) tiroyen 'crepissage' gehört zu tirolienne (deonomastisch zu Tirol), wie die frankoprovenzalische Dialektform aus Vaux-en- Bugey tir9ly<fn 'crepissage au balai' (FEW 17: 333b) belegt. Nachzuvollziehen bleibt allerdings die im FEW bestenfalls angedeutete Wortgeschichte (cf. FEW 6/ 1: 402bs.); (537) wanap 'jeu de cartes' ist wohl weniger auf one + nap als vielmehr auf one up 'scoring one point more than an opponent' zurückzuführen (Oxford English Dictionary 10, 2 1989: 806); (573) zweg gehört vielleicht zu älterem englischen swing 'to scourge, whip, flot, beat(a person)' (Oxford English Dictionary 17, 2 1989: 415). Manche dieser isolierten Anmerkungen verweisen auf allgemeinere methodische Probleme eines etymologischen Wörterbuchs von Kreolsprachen, von denen vorrangig zwei in einer Reihe von Artikeln auffallend sind: zum einen die Frage der etymologischen Perspektive im Spannungsfeld von «etimologia prossima» oder «etimologia remota», zum anderen die Erweiterung des Blickfeldes von der reinen Etymologie hin zur Wortgeschichte. Letzteres findet sich in den umfangreicheren Artikeln des Buches, vor allem auch in jenen, über die in älteren, vor dem 20.Jahrhundert liegenden Quellen Auskunft gegeben wird oder die als Lehnwörter ihrerseits weiter verbreitet sind. Doch dies bleibt Aufgabe der Zukunft und trübt den Wert des ersten Bandes des Dictionnaire etymologique des creoles fran<;ais de l'Ocean Indien nur vereinzelt 7. Er vermittelt dem Leser nicht nur eine nützliche Zusammenstellung von Materialien verschiedenster und nicht immer ohne weiteres zugänglicher lexikographischer Werke, sondern zugleich eine gediegene und informative etymologische Beschreibung. Insofern kann man dem zweiten Band mit Erwartung entgegensehen und würde sich zugleich ähnliche Unternehmungen für die anderen romanischen Kreolsprachen wünschen. J. Lengert * MALTE-LUDOLF BABIN, «Orgolh» - «umil»: Untersuchungen zur lexikalischen Ausprägung des Altokzitanischen im Sinnbereich des Selbstgefühls, Tübingen(Niemeyer) 1993, xr + 459 p. (Beih.ZRPh. 251) Babin beginnt die «Einleitung»(1-32) zu seiner eindrücklichen Arbeit - Dissertation? , Habilitationsschrift? mit dem Hinweis, daß es für das Aokz. noch keine größere Monographie gebe, welche die «lexikalische Ausprägung eines ganzen Sinnbereiches . . . unter Heranziehung aller Arten literarischer Texte untersucht und zu einem für die Sprache der Quellen insgesamt verbindlichen Ergebnis zu gelangen strebt». In der ersten Fußnote lehnt er J. WETTSTEINS «Mezura»: ideal des troubadours; son essence et ses aspects(Zürich 1945) als Muster ab, weil ihr Autor es «versucht,(in Augustinus) vorgegebene ideologische Bezugspunkte in aokz. Texten wiederzufinden», also «aus von außen herangetragenen Vorstellungen schöpft», statt aus den aokz. Texten selbst deren «weltanschauliche Voraussetzungen zu ermitteln». Babin kritisiert dann auch G. CROPPS Le vocabulaire courtois des troubadours de l'epoque classique (Genf 1975), wegen ihrer Einschränkung auf nur lyrische Texte aus bloß 75 Jahren. So scheint als methodologische Vorarbeit bloß CH. 7 Von seiten des Verlages hätte man diesem wichtigen Unternehmen allerdings eine etwas ansprechendere äußere Gestaltung gewünscht, so anstelle einer in Courier gehaltenen recht maschinenschriftlich aussehenden typographischen Form ein den Möglichkeiten zeitgemäßen Computersatzes entsprechendes Layout. 364 Besprechungen - Comptes rendus BRUCKERS Sage et son reseau lexical en ancien fran<;ais (Lille-Nancy 1979; überarbeitet Genf 1987) übrig, auf die aber nicht weiter eingegangen wird. G. KLEIBERS Le mot «ire» en ancienfran<;ais und K. BRADEMANNS Die Bezeichnungenfür den Begriff des «Erinnerns» im Alt- und Mittelfranzösischen, um allein zwei von Ideen Hegers angeregte Bücher zu erwähnen, sind von Babin weder wegen Inhalt noch Methode beigezogen worden. In Kap. 3 und 4, «Zu Voraussetzungen und Prinzipien der Wortfeldtheorie» und «Fragen der Onomasiologie» (8-18-25), bespricht er vor allem Thesen von Trier und Coseriu, ohne aber viel Interesse an Theorie zu zeigen. Auf das Problem der Synonymie und Formelhaftigkeit geht er im Kap.5 («Kontextdeutung als Grundlage der semantischen Untersuchung», 25- 30), ein, m.E. ebenfalls zu rasch, denn was dort «zusammenfassend» festgehalten wird, nämlich, daß «in rhetorisch-stilistischer Absicht zusammengerückte bedeutungsähnliche Wörter bedeutungsgleich sein können, ... dieses Zusammenrücken aber auch eine Differenzierung der betreffenden Wörter bedeuten kann», zeigt doch eigentlich, daß Babin vom Leser volles Vertrauen in seine Interpretationen erhofft. Aber ein Satz der vorhergehenden Seite - «es entspräche durchaus dem Geist der Trobadordichtung, wären beide Bedeutungen des Wortes («faisso») an dieser Stelle (des Zitates) präsent» schafft ein gewisses Unbehagen. Hat Babin selbst wirklich keine persönlichen Vorstellungen an seine Texte «von außen herangetragen»? Es sei lobend erwähnt, daß er durchgehend großzügig bemessene Zitate gibt und so eine Nachprüfung seiner Deutungen ermöglicht. Er hilft dabei noch nach, indem er Wörter, die ihm für die Deutung des fett gedruckten Kernwortes wichtig erscheinen, kursiv druckt. Hier ein (gekürztes) Beispiel: «... no jes irascutz, / mas humil e pagatz». Dieses Zitat, das ich ganz dem Zufall überlassen habe, soll uns nun in den Hauptteil der Arbeit einführen, der «Systematischen Darstellung der lexikalischen Ausprägung des Aokz. im Sinnbereich des Selbstgefühls» (33-370). Die dem Zitat beigefügte N175 sagt, es handle sich um die Zeilen 118-23 der in N133 mit Kurztitel angeführten Ausgabe. Der volle Titel muß im Literaturverzeichnis gesucht werden (443-59). Häufiger stört es wohl den Leser, daß Hinweise auf bestimmte Zeilen ein Nachzählen erfordern. So würde auf das oben zitierte irascutz mit «Zeile 122» verwiesen, obwohl die Zeilen dort nicht numeriert sind. Das Zitat als Ganzes wird mit C 129 identifiziert. Diese Nummer wird im «Lexikalischen Index» benutzt (415-21), wo alle Stellen von umil gruppiert sind, sowie die von «pagat» (es gibt nur C 129) und die von «irascutz» (unter «iraisser»). Babins Einführung zum Zitat C 129 lautet: «Guiraut Riquier versichert, indem er 'umil' und 'pagatz' nebeneinander und 'irascutz' gegenüberstellt, die gute Absicht der Lehren, die zu geben er im Begriff ist; vielleicht dürfte man 'humil' hier mit 'wohlwollend' wiedergeben» (143). Babin bietet nicht für jedes Zitat einen Übersetzungsvorschlag. Es geht ja mehr darum, nach onomasiologischen Gesichtspunkten im Aokz. Verwendungsbereiche und Bezüge herauszuarbeiten, die von der Situation im Deutschen unabhängig sind. Die Metasprache kann eher zum Hindernis werden. Wie das organisch Ganze lexikalisch unterteilt werden kann, ist weniger in umständlichen Paraphrasen zu ersehen, als im semantischen Stammbaum. Babin präsentiert die von ihm herausgearbeitete Struktur gleich zweimal: auf Deutsch als Ordnungsschema des Hauptteiles seines Buches (im Inhaltsverzeichnis Vll-X gut übersehbar), auf Französisch in seinem Musterartikel für einen aokz. Thesaurus. Das oben zitierte humil ist auf dem Knotenpunkt II.C.2.4.1 zu finden, der auf folgendem Entscheidungsweg zu erreichen ist: - II: Allgemein-weltliche bzw. moralische Orientierung (nicht religiöse) - C: Einstellung des Ich gegenüber der Gesellschaft bzw. den einzelnen im allgemeinen (nicht gegenüber einer vorgesetzten Instanz oder gegenüber einem Partner) - 2: Persönlicher Charakter (nicht persönliche Stellung) - 4: Anstand, Güte, Freundlichkeit (nicht deren Gegenteile) - 1: Als Ideal gesellschaftlichen Verhaltens insgesamt (nicht in Spezialfällen) Besprechungen - Comptes rendus 365 Das deutsche Adjektiv «wohlwollend» füllt diese semantische Nische recht gut und übersetzt bestens Riquiers humil. Theoretisch müßte das Gegenteil von diesem «humil/ wohlwollend» unter der Bedeutung II.2.4.1 von orgolh zu finden sein. Im Kapitel «Resultate» seiner Arbeit bietet Babin «Vorschläge für Lexikonartikel eines künftigen aokz. Thesaurus: 'orgolh' und seine Ableitungen» (385-414). Er wiederholt weitmöglichst sein Schema des übergeordneten globalen Sinnbereiches des Selbstgefühls. Er trennt zunächst orgolh «dans un contexte religieux (orgueil)» von neun anderen Gebieten, z.B. «II: par rapport a une institution, une autorite, des inferieurs (tort, crime, revolte, mesestime)», oder «III: par rapport a Ja vie dans Ja societe (puissance, presomption, ambition excessive), und so bis «X: employe en dehors du domaine humain (joie de vivre debordante en parlant d'oiseaux)». Unter III.B.a. (390) finden wir ein orguelh mit der Bedeutung 'goüt de l'autorite', die m.E. bestens das Gegenteil von Riquiers «humil/ wohlwollend» ausdrückt, nur gibt es keinen aokz. Text, in dem die Situation dieselbe ist wie in Riquier. Auch nicht für den Gebrauch des Adj. orgolhos (401-10), noch für die getrennt aufgeführten! - Verben orgolhar, orgolhir, orgolhozir (410-14). Diese Beobachtung zeigt zweierlei: Äußerlich, daß die Unterteilung des Musterartikels orgolh in Substantive, Adjektive und Verben, jedesmal aussortiert mit dem Raster der zehn einzelnen Bezugsgebiete, unnötig unübersichtlich wird. Zweitens, daß der Schritt von der onomasiologischen Aufarbeitung eines Textcorpus zur Umstrukturierung der Ergebnisse nach semasiologischen Kriterien recht problematisch ist. Babin hat zwar durchweg vorurteilslos sein nahezu vollständiges Textmaterial analysiert von seiner Gründlichkeit zeugen auch seine vielen, durchaus überzeugenden, Auseinandersetzungen mit Herausgebern, Kommentatoren oder Übersetzern (siehe das Register seiner Verbesserungsvorschläge 421-23) -, aber das Begriffsschema, das «objektiv» daraus abgeleitet wird, ist dennoch da es ja gewiß nicht sprachuniversell vorgegeben ist, pace Plato und Chomsky weitgehend subjektiv. In welchem Ausmaße die Unterteilungen von lexikalischen Möglichkeiten von der Metasprache her beeinflußt wird, wäre ein interessantes Thema für Sprachpsychologen. Daß beispielsweise eine Unterteilung «E: Einstellung des Ich zu einem allgemeinen Sittlichkeitsbegriff» nötig ist, kann als Resultat der Corpusanalyse hingestellt werden. Des weiteren die Beispiele für orgolh mit Bezug auf einen «Nationalcharakter» besonders zu gruppieren (E.3), läßt sich vielleicht aus pädagogischen Gründen rechtfertigen. Aber die weitere Unterteilung in «1: Nationalcharakter der Heiden / 2: ... der Franzosen / 3: ... anderer Nationen» entspricht nur einer subjektiven Entscheidung des Lexikologen. Babin betont zwar mehrere Male, daß die Rubriken, unter denen er die Belege einordnet, «nicht als Übersetzungen der betreffenden Lexeme mißzuverstehen sind» (161), aber der Leser wundert sich dennoch, ob unter D.1 das Kapitel «Überschätzung der eigenen Macht, Kraft, Bedeutung» deshalb siebenfach unterteilt worden ist, weil die deutschen Begriffe «Torheit/ Vermessenheit/ Übermut/ Eitelkeit/ Prahlen/ Selbstzufriedenheit/ Unbeugsamkeit» zur Verfügung standen (161-221). Unter «Torheit» lesen wir Zitate mit den Wörtern orgolh, oltracujat, bobancier, guoguol, arrogan, ufanier, vanetatvaneza. Unter «Vermessenheit» finden wir dann erneut Beispiele mit orgolh, oltracuidat, vanitat-vaneza. Ein Mathematiker würde daraus schließen (wenn a = c und b = c ergo a = b = c), Philologen bewiesen, jedes Wort könne alles bedeuten. Babin würde sich erneut wehren, es gehe nicht darum, zwischensprachliche Äquivalenzen zu erstellen, um ein mechanisches, ja maschinelles, Übersetzen zu ermöglichen. Nun war aber das Ziel seiner Arbeit sicher ein höheres, als die 920 Zitate wortfeldkohärent zu erklären und Dutzende von Übersetzungsvorschlägen Anderer zu kritisieren (z.B. 258, zu ardimen: «nicht schlicht im Sinn von 'Kühnheit' zu deuten, wie es noch Kolsen tut, (Fußnote: «Besser Sharman, 'insolence', was aber m.E. immer noch zu sehr im Unverbindlichen sondern als 'frevelhafte Vermessenheit' (gegen Gott)». Aber das Kapitel «Resuldie Frage nach dem Ziel der Arbeit weitgehend unbeantwortet. Die dort aus- 366 Besprechungen - Comptes rendus führlich zitierten sechs aokz. Definitionen von orgolh (376-84) sind doch wirklich nicht das «Resultat» der Arbeit, sondern ein Teil des Textcorpus (und sind so auch im Buch verwertet worden), und der Musterartikel für einen aokz. Thesaurus zeigt nur ungenügend, daß die sehr arbeitsintensive Analyse des Textcorpus die Mühe lohnte. Der beste Test der demonstrierten Methode wäre es, dem vorgeschlagenen Artikel orgolh Musterartikel zu den «etwas mehr als 20 (für diesen Sinnbereich) zentralen Lexemen» (375) wie ardimen, bobansa, desmezura, ricor gegenüberzustellen. Da es sich um den gleichen Sinnbereich handelt, sollten die zehn Unterteilungen von orgolh beibehalten werden können. Wenn nicht: liegt dies bloß am Umfang des Textmaterials? Oder ließe dies auf Fehler in der Aufarbeitung der orgolh-Zitate, oder auf Mängel in der Methode, schließen? Der Rezensent ist keineswegs von dieser großen Arbeit enttäuscht. Jedermann, der sich mit einem aokz. Text befaßt, in dem ein Begriff aus dem Sinnbereich von orgolh und humil vorkommt, muß von nun an das betreffende Wort in Babin nachschlagen und dessen Stellenwert im semantischen System verstehen lernen. Babin hat dieses komplexe Wortfeld bestens unter Kontrolle gebracht und ein durchaus brauchbares Raster für Unterteilungen in ihrer Beschreibung erarbeitet. Wieviel hier aber für die allgemeine Theorie und Praxis der Onomasiologie, Semasiologie und Lexikographie abfällt, will ich nicht beurteilen, weil der Autor selbst abgesehen von seinem Musterartikel für einen künftigen aokz. Thesaurus hier keine Ansprüche stellte. C. Wittlin * FREDEJENSEN, Syntaxe de l'ancien occitan, Tübingen (Niemeyer) 1994, xn + 404 p. (Beih. ZRPh. 257) Si tratta della seconda edizione, in francese, di The Syntax of Medieval Occitan, pubblicato nella stessa collana (vol. 208) nel 1986. A otto anni di distanza si ha l'impressione ehe rimanga valida la constatazione, pressoche unanime nelle recensioni, ehe «questa sintassi colmi una grande lacuna negli studi provenzali» 1 : ma non e facile ne scacciare del tutto il fastidio manifestato da S. Gaunt («the prospect of endlessly looking for needles in this haystack hardly fills me with glee», 329), ne contraddire in pieno l'asserzione, forse un po' perentoria, di P. T. Ricketts secondo la quale «a syntax of Medieval Occitan is still to be written» (110). Una scorsa anche veloce alla bibliografia smentisce, almeno in parte, quanto Frede Jensen scrive nella prefazione, cioe di aver tenuto conto «des observations qu'on a bien voulu me faire» (xr): in effetti mancano numerosi titoli, fra i quali, ad es., il lavoro di J. HERMAN, La formation du systeme roman des conjonctions de subordination, del 1963, gia suggerito da G. Salvi; oppure l'articolo di PovL SKÄRUP «Les premieres zones de la proposition en ancien frarn;:ais», la cui mancanza era stata deplorata da G. Gouiran (ma dello Skärup si doveva citare anche «L'ordre des pronoms places dans la zone verbale en ancien occitan», SN 58 [1986): 85-98). Mancano anche altri titoli: ad es. KuRT LEWENT, «Three little Problems of Old Proven1,al Syntax», nei Melanges per A.-H. Schutz; Karl P. Linder, «"Ab que" final. Une conjonction qui n'a pas reussi. Contribution a l'etude des propositions finales en ancien occitan», CN 38 (1978): 149-58; D. T. Mfarz, «Remarques 1 G. SALVI, Lingua e stile 21 (1986), 527-33: 527. Le altre recensioni sono: GERARD GourRAN, RLiR 51 (1987): 202-09; MARIE-CLAIRE GERARD-ZAI, VRom. 47 (1988): 243s.; GLANVILLE PRICE, ZRPh. 104 (1988): 392-94; PETER T. RICKETTS, FSt. 44 (1990): 110; SIMON B. GAUNT, MAe. 61 (1992): 328s.; BARBARA WEHR, ZFSL 103 (1993): 78-82. Besprechungen - Comptes rendus 367 sur ! 'ordre respectif des pronoms regimes conjonts en occitan medieval», SN 55 (1983): 4769. Appare piuttosto sconfortante, inoltre, la parte di bibliografia riservata ai trovatori: sebbene, infatti, gia alcuni recensori della prima edizione avessero notato un certo invecchiamento dei testi utilizzati (cf. ad es. la recensione di M.-C.Gerard-Zai), questa seconda edizione ci fa scorgere un Jensen ancora piuttosto in ritardo rispetto alle piu recenti pubblicazioni. Cosi si cita ancora Stimming per Bertran de Born (anziehe Appel o Gouiran), Jeanroy per Cercamon (anziehe Tortoreto), Lavaud per Arnaut Daniel (anziehe Perugi o Eusebi), Meyer per Flamenca (anziehe Gschwind), Hoepffner per Bernart Marti (anziehe Beggiato), Jeanroy per Jaufre Rudel (anziehe Chiarini), Anglade per Peire Vidal (anziehe Avalle). Per Bernart de Ventadorn sarebbe stato senz'altro meglio utilizzare ancora la vecchia (1915), ma filologicamente insuperata, edizione di Carl Appel, piuttosto ehe quella, piu recente ma sdrucciolevole, di Moshe Lazar. I testi di alcuni trovatori, infine, vengono citati dalle pur meritorie antologie di Appel anche quando godono di una meno vetusta edizione: si veda ad. es. il caso di Raimon Jordan, per il quale oggi abbiamo l'ottimo lavoro di Stefano Asperti (1990). La «table des matieres» e stata arricchita, e l'indice analitico grave ! acuna della prima edizione, come giustamente sottolineato da quasi tutti i recensori e stato aggiunto. Entrando nel dettaglio, ma pur sempre desultoriamente, e seguendo per lo piu le tracce della recensione di Gerard Gouiran, possiamo fare le osservazioni ehe seguono: §156: Jensen non parla piu di indebolimento per spiegare la forma le dell'articolo (< ILLE), cf. Gouiran, 205; §309: «ehe il pronome relativo que ... derivi da QUID ... non puo essere affermato senza discussione», dopo lo studio di J. Herman (cf. sopra) ehe lo fa derivare dal lat. QUEM (cf. G.Salvi, 530); §476: Jensen lascia nella seconda ed. il verso di Guglielmo IX «que tan se van d'amor gaban, nos n'avem la pessa e·l coutel» come es. di plurale maiestatis (nos = eu): ci troviamo d'accordo, in questo caso, con Gouiran ehe non segue questa interpretazione (si tratta di vero plurale); §563: nel verso di Marcabru «et enquer s'en loigna ades, e fera, tro seaz feniz», fera non e condizionale II, come suppone Jensen, ma futuro; §583: «les verbes exprimant des notions comme promettre, garantir, jurer, faire serment se construisent habituellement avec le futur ou avec le conditionnel II ... L'emploi du subjonctif ... represente une syntaxe archai:que limitee aux chartes» (252s.). Nonostante cio, si parla di questa costruzione sotto la rubrica del «Subjonctif dans la completive», e non sotto quella del futuro, come giustamente auspicava Gouiran. I fenomeni indagati sono «illustrated with a wealth of exemples drawn not only from the troubadours but from a wide range of other literary texts» (Glanville Price, 392). Questo fatto ha suscitato qualche perplessita, in parte condivisibile, in Barbara Wehr, ehe scrive: «zum Corpus ist zu bemerken, daß es nicht ganz homogen ist, da auch Beispiele aus Texten aufgenommen wurden, die nicht die aokzit. Koine repräsentieren» (79). E infatti senz'altro positivo ehe non ci si sia soffermati solo sulla lingua dei trovatori, ma forse si poteva meglio chiarire il fatto ehe la lingua poetica puo, in certi casi, riuscire malfida per lo studio dei fenomeni sintattici, e quindi si poteva stabilire una piu rigida gerarchia negli esempi. P. Gresti * 368 Besprechungen - Comptes rendus MARIA GROSSMANN, Opposizioni direzionali e prefissazione. Analisi morfologica e semantica dei verbi egressivi prefissati con dese esin catalano, Padova (Unipress) 1994, 147 p. (Quaderni Patavini di Linguistica. Monografie 14) El presente trabajo pertenece a una lfnea de investigaci6n de la lingfüstica hispanica que se ha revelado como particularmente fecunda en los ultimos afios. Recuerdese que pese a la consabida riqueza en mecanismos de prefijaci6n y sufijaci6n que caracteriza las lenguas peninsulares, estos fueron hasta hace poco un terreno mal explorado. Se echaban de menos analisis exhaustivos de ciertos procedimientos y, sobre todo, las sfntesis que ofrecieran una panoramica de la morfologia lexica de estos idiomas. Sin embargo, desde fines de los afios 80 Ja situaci6n del espafiol, por ejemplo, ha cambiado de forma radical, especialmente debido a la publicaci6n de los tratados de LANG, RAINER y MrRANDA 1 y de otras obras de alcance global 2. Tambien el estudio que aquf nos ocupa esta destinado a formar parte de un proyecto mas amplio, a cargo de la misma autora, sobre la formaci6n de palabras en catalan. Uno de los sectores aun mal conocidos era precisamente el de la prefijaci6n verbal. Segun reza el subtitulo de su monografia, Maria Grossmann efectua un detenido examen morfol6gico y semantico de las prestaciones de (d)esen combinaci6n con el verbo en el catalan actual. Pero en realidad, el libro ofrece mucho mas, ya que el planteamiento de base conduce a la autora a ocuparse tambien de otros formantes verbales y a hacer una serie de incursiones en el campo de la semantica. Asf, encontramos en su texto interesantes reflexiones sobre la sufijaci6n en -ejar, -itzar e -ificar, y otros tipos de prefijos verbales, como a-, re-, en-, etc. De modo que en muchas ocasiones se nos presentan verdaderas familias lexicas constituidas, por ejemplo, por una base nominal, un derivado verbal de sentido ingresivo y el correspondiente prefijado egresivo, siempre con un cuidadoso analisis de los mecanismos semanticos que operan en las distintas etapas de la derivaci6n. En cuanto al interes de! prefijo (d)es-, se trata por un lado de un elemento tradicional de la lengua, que ha dado pie a un gran caudal de formaciones bien arraigadas (pensemos en deseixir, de�fer, destriar y otras muchas) y, por otro, de un formante de notable productividad en la lengua actual. Estamos ante uno de esos prefijos que gracias a su buena implantaci6n en todas las lenguas neolatinas, a su aptitud para ia creaci6n neol6gica y a la circulaci6n internacional de terminos tecnicos que los contienen, se han convertido en moneda corriente en todas las lenguas occidentales. De ahf la abundancia de prefijados en des-, especialmente en ciertos lenguajes sectoriales. Basta con abrir un peri6dico catalan, espafiol u otro para percatarse de la popularidad de nuestro prefijo entre politicos y economistas. En este sentido seria sin duda interesante conocer los ultimos desarrollos en el lenguaje periodistico catalan 3 • M. Grossmann ha optado por otra orientaci6n, puesto que se basa exclusivamente en materiales proporcionados por los grandes repertorios lexicograficos (en primer lugar, Ja Gran Enciclopedia Catalana, pero tambien los diccionarios diacr6nicos de Alcover/ Moll y de Corominas, asi como ciertos repertorios terminol6gicos oficiales). La autora acepta, pues, la condici6n previa de que muchos de los lexemas 1 M. F. LANG, Formaci6n de palabras en espaiiol. Morfologia derivativa productiva en el lexico moderno, Madrid 1992; F. RAINER, Spanische Wortbildungs/ ehre, Tübingen 1993; J.A. MIRANDA, La formaci6n de palabras en espaiiol, Salamanca 1994. 2 P. ej. el volumen colectivo editado por SOLEDAD VARELA, La formaci6n de palabras, Madrid 1993, o la breve introducci6n de M. ALVAR EZQUERRA, La formaci6n de palabras en espaiiol, Madrid 1993. 3 Pensamos en un analisis como el que para el espafiol se encuentra en CHRISTIANE NoRD, Neueste Entwicklung im spanischen Wortschatz, Rheinfelden 1986: 206-10. Besprechungen - Comptes rendus 369 estudiados pueden ser de escaso uso en la lengua de cada dfa, ya que las fuentes poco indican al respecto y que falta todavia un diccionario de frecuencias del catalan. Se propone mas bien determinar los mecanismos morfol6gicos y semanticos en los que interviene (d)es-, para presentar, al mismo tiempo, un inventario de estos derivados. En un primer capitulo de! libro comenta los principales significados expresados por el prefijo. Operando con una serie de rasgos de la semantica verbal, muchos de ellos pertenecientes a los modos de acci6n como 'estatico' vs. 'din:imico', 'incoativo', 'causativo', 'estado absoluto' vs. 'estado relativo', 'reingresivo' vs. 'reegresivo' y 'negativo' -, la autora expone su cuadro te6rico y situa en el los derivados en cuesti6n. El capitulo segundo contiene un estudio de los distintos procedimientos formativos y muestra c6mo los verbos formados con (d)esse comportan freute a otros derivados con los que constituyen un cierto numero de campos lexicos paradigm:iticos. Al comienzo de esta parte encontramos una primera clasificaci6n de dichos campos. En la relaci6n de los «tipos de alternancia» se enumeran las distintas clases de prefijados en (d)es-, con sus estructuras sint:icticas subyacentes y las dem:is formaciones de Ja misma base lexica que se le oponen, por ejemplo des- + V (descomptar[-se]) IV (comptar) Ire-+ V (recomptar) Ire-+ des-+ V (redescomptar). A continuaci6n, se amplia esta perspectiva en un cuadro exhaustivo no s6lo de las bases lexicas, sino tambien de los dem:is prefijos y sufijos verbales antes mencionados. El capftulo tercero el m:is largo nos devuelve a las cuestiones de semantica. Tratando sucesivamente las formaciones denominales, deadjetivales y deverbales, Ja autora se detiene en las propiedades sem:inticas de las bases lexicas y analiza luego los significados expresados por los respectivos prefijados. Entre estas propiedades se encuentran los rasgos de subcategorizaci6n de los sustantivos, las distintas clases de adjetivos en relaci6n con su comportamiento antonimico (ant6nimos autenticos, complementarios graduables y complementarios no graduables) y, nuevamente, los modos de acci6n de los verbos. Un fndice de todos los lexemas mencionados y la bibliografia de estudios consultados 4 concluyen la obra. El trabajo de M. Grossmann representa un an:ilisis serio y bien llevado de uno de los prefijos m:is usados en nuestras sociedades modernas y que intriga al lingüista por su car:icter aparentemente anodino, pero que resulta de una sorprendente complejidad cuando se examina de cerca. En este sentido, su destino se parece en varios aspectos al de re-, prefijo que en las lenguas peninsulares tenfa tradicionalmente una productividad limitada en comparaci6n con su equivalente frances, aunque de unos veinte aftos a esta parte su uso se ha extendido considerablemente en ciertos generos discursivos. Si hay que hacer algunas reservas al presente estudio, ellas se refieren a su modo de prescindir de Ja realidad diasistematica de la lengua y, en particular, a la extrapolaci6n de ese papel testimonial que posee el formante desen la modernizaci6n de! idioma. Su enorme productividad en las lenguas actuales hace un tanto problem:itico el trabajo con repertorios lexicograficos, puesto que estos contienen a la vez m:is y menos que el uso hie et nunc: m:is, porque muchos de los ejemplos aducidos por Ja autora son poco corrientes en la lengua comun, aunque figuren en los diccionarios (pensamos en desempudentir, desengormandirse, desesser o en tecnicismos como desabellar, descuscutar, etc.); y menos, porque Ja fndole mec:inica de! procedimiento permite un sinfin de nuevas creaciones m:is o menos aleato- 4 A los titulos enumerados podrfan agregarse: R. IBANEZ, Die Negation im Spanischen, München 1972; GuNDULA WERP, Die Präfixe 're-', 'ri-' im Französischen, Italienischen und Spanischen, Freiburg i. Br. 1979; S. ALCOBA RuBro, Los parasinteticos: constituyentes y estructura lexica, Revista espanola de lingiiistica 17 (1987): 245-67 (reproducido en VARELA, 1993: 360- 79); J.J. MoNTES GIRALDO, «Notfcula sobre los prefijos 'des-' e 'in-' en portugues y en espafiol», ALH 5 (1989): 135-38. 370 Besprechungen - Comptes rendus rias 5 • Cabe preguntarse, pues, si no deberia eliminarse de los diccionarios buena parte de ellas (sobre todo las que combinan desy en-), al igual que se hace generalmente con los diminutivos en -et o los adverbios en -ment, salvo cuando estos han desarrollado algun significado imprevisible a partir del mecanismo basico. En estas condiciones resulta tambien delicado sefialar los limites y las lagunas del (sub-)sistema. M. Grossmann apunta en varias ocasiones verbos que carecen de prefijado egresivo; por ejemplo, cuando clasifica como tales afilerar(-se), agrupar o entorxar (71). Sin embargo, es probable que el hecho de faltar en los diccionarios las respectivas formaciones en desse deba a un simple azar de la lexicografia. En el Pla d'Urgell hemos oido a menudo desafilerar-se («Era un noi molt formal, pero de cop i volta es va desafilerar»). Por fin, una referencia a un problema metalingüistico: al redactar su estudio en italiano, parece que la autora se dio cuenta de la necesidad de explicar hasta cierto punto el significado de! material lexico catalan que comentaba. Lo hizo en algunas paginas de! capitulo I («Considerazioni preliminari»), pero a continuaci6n se limit6 a definir en catalan y en italiano los rasgos semanticos generales de ciertos grupos de derivados, mientras que los distintos lexemas incluso los de escaso uso aparecen siempre sin definici6n. Si ello puede justificarse en el lexico comun, los numerosos terminos tecnicos hubieran requerido algun comentario. R. Eberenz * MARIA WENCESLADA DE DIEGO LoBEJON, El Salterio de Hermann «el Alemdn» (Ms. Escurialense I-j-8), Valladolid (Secretariado de Publicaciones de la Universidad) 1993, 176 p. (Literatura 25) Jeder Hispanist, der einigermaßen vertraut ist mit den Problemen der altspanischen Bibelübersetzungen, wird sich angesichts des hier anzuzeigenden Werks die Frage stellen: Wie ist dies möglich? Da publiziert die Universität Valladolid mit einem enkomiastischen Vorwort ein Werk, das den Anspruch erhebt, die erste vollständige wissenschaftliche Edition der Psalmenübersetzung der Escorial-Handschrift I-j-8 zu enthalten, und dabei ist diese ganze Handschrift 1983 bereits herausgegeben worden, und zwar nicht irgendwo, sondern am Hispanic Seminary of Medieval Studies der Universität Madison 1. Die Nichtkenntnis dieser Ausgabe ist nicht der einzige Vorwurf, den man der Autorin machen muß. Sie kennt auch einen wichtigen Teil der Diskussion um die dialektale Grundlage der Originalsprache der in der genannten Escorial-Handschrift erhaltenen Bibelübersetzung nicht. Es ist unbestritten und unbestreitbar, daß die in einem Manuskript des späten 14. oder des frühen 15.Jahrhunderts erhaltene Fassung deutliche aragonesische Züge aufweist. Dabei handelt es sich aber sicher nicht um die Originalfassung. Diese war auch das ist unbestritten im 13.Jahrhundert entstanden. In welcher Sprachform? M. G. LrTTLEFIELD plädiert für eine riojanische Urform 2 , F. GoNZALEZ OLLE für eine 5 Veanse a este prop6sito los neologismos espafioles desaparcar, desburocratizar, descatalogado, descerebrado, descondicionamiento, desconsagrado, descontextualizar (-ado, -aci6n), etc., en M. ALVAR EzQUERRA (ed.), Diccionario de voces de uso actual, Madrid 1994, s.v. 1 M. G. LITTLEFIELD (ed.), Biblia Romanceada I.I.8. The 13 th -Century Spanish Bible Contained in Escorial MS.I.I.8, Madison (The Hispanic Seminary of Medieval Studies) 1983; die Psalmenübersetzung, p. 295-316. 2 Op. cit. p. m-x; m.; «The Riojan Provenience of Escorial Biblical Manuscript I.J.8», RomPhil. 31 (1977s.): 225-34. Besprechungen - Comptes rendus 371 navarresische 3 , und MARY JoANNA STRAUSSER BROWN stellt im 2.Buch Samuel, Kapitel 10, zwischen den Versen 10 und 11 einen Schreiberwechsel fest, der begleitet ist von einem brüsken Rückgang der dialektalen östlichen Züge 4• Von all dem steht nichts in der vorliegenden Arbeit, und die genannten Studien fehlen in der Bibliographie. Die Autorin nimmt an, daß die Originalfassung der Psalmenübersetzung kastilisch war und daß der aragonesische Charakter des überlieferten Textes vom Kopisten herrührt. Diese Auffassung ist durchaus vertretbar und wahrscheinlich sogar richtig, und die Autorin befindet sich in guter Gesellschaft (A.Castro, Margherita Morreale, R.Lapesa u.a.). Dies rechtfertigt aber die ungenügende Wiedergabe des Forschungsstandes nicht. Im übrigen hält sich Frau de Diego ein allerdings rein hypothetisches - Türchen Richtung Arag6n offen, indem sie schreibt: «... dadas las relaciones literarias y humanas entre Castilla y Arag6n, no podemos negar categ6ricamente que, en alguna ocasi6n, pueda tratarse de terminos incorporados al castellano en el momento de redacci6n del manuscrito (existe la posibilidad de que alguno de los colaboradores de Hermann el Aleman fuera de origen aragones)» (161). An anderer Stelle wird noch konkreter gesagt, es sei nicht auszuschließen «que al redactar el original, Hermann tuviera a su servicio a algun judio procedente de Arag6n» (40). Nicht nur die Unkenntnis von einschlägigen wissenschaftlichen Studien ist zu beanstanden, sondern auch die Art, wie verwendete Forschung zitiert wird. Sowohl in den Fußnoten als auch in der Bibliographie fehlen zum Teil präzise Seitenangaben. Fremdsprachige Titel werden oft fehlerhaft wiedergegeben 5 . Wo aus französischen und englischen Publikationen zitiert wird, wird meist eine spanische Übersetzung geboten, ohne daß man erfährt, wer dafür verantwortlich ist, und ohne daß der Originaltext auch mitgeteilt würde. Man erkennt keinen Grund, warum dann aber auf den Seiten 33 bis 35 plötzlich französische Originalzitate (ohne Übersetzung) erscheinen. Bei lateinischen Zitaten wird man für die spanische Übersetzung dankbar sein. Hier wird der Urtext in den Anmerkungen mitgeteilt, allerdings mit zwei Ausnahmen: bei den Zitaten auf den Seiten 37/ 38 findet man den lateinischen Text nirgends. Warum? Schließlich wird auch aus spanischen Publikationen unsorgfältig und zum Teil unvollständig 6 zitiert, zum Teil auch so, daß der Text in die Nähe eines Plagiats gelangt 7 . Man wird sich fragen, was bei so vielen eindeutigen Mängeln das Buch denn an Positivem enthält. Da ist ganz klar zu sagen, daß in der Einleitung das Kapitel über den Autor (Hermann el Aleman) (25-45) einen guten Überblick über die Forschung, mit interessanten neuen Perspektiven, bietet. Auch der «Estudio lingüistico» (123-65) stellt eine wertvolle Zusammenstellung dar, selbst wenn diese nicht immer fehlerfrei und vollständig ist. Und wie steht es mit dem zentralen Teil des Buches, der Textausgabe (61-122)? Die Autorin bemüht sich, einen lesbaren Text zu bieten, dabei aber keine Kompromisse in bezug auf die philologische Exaktheit der Edition zu machen. Dies gelingt ihr weitgehend. Ich bin allerdings nach wie vor der Überzeugung, daß altspanische Texte dann wirklich 3 F. GoN ZALEZ ÜLLE, «El romance navarro», RFE 53 (1970 ): 45-93, besonders 88s.; m. (ed.), Textos lingüfsticos navarros, Pamplona 1970: 75s. 4 MARY JoANNA STRAUSSER BROWN, The Books of SamuelAccording to Escorial Manuscript I.I.8: Text, Vocabulary and Phonology, Dissertation Tulane University 1982; cf. vor allem die «Conelusion», 310 -17. 5 Cf. zum Beispiel den folgenden Titel eines Werks von M.Steinschneider: «Die europäischen Uebersetzungen aus dem Arabischem bis mitte des 17 Jahrhunddents» (172). 6 Das Zitat aus A.Castro auf Seite 53 wird dadurch irreführend, daß anstelle von «los tres ultimos libros del Pentateuco» nur steht «los tres ultimos libros». 7 Die sieben letzten Zeilen von Seite 138, zum Beispiel, sind ohne Quellenangabe sozusagen wörtlich (mitsamt den Verweisen auf Alvar und Indurain ) übernommen aus einer Studie von MARGHERITA MoRREALE; cf.Archivo de FilologfaAragonesa 12-13 (1961s.): 15. 372 Besprechungen - Comptes rendus lesbar werden, wenn man die Editionsgrundsätze anwendet, die ich in meiner Ausgabe des Libro conplido vorgeschlagen habe 8 • Danach würde die Form quel der Handschrift nicht wie in der vorliegenden Edition unterschiedslos als que'l erscheinen, sondern, je nach Bedeutung, entweder als qu'el (= que el) oder als que·l (= que le). Ein tornarsa des Manuskripts würde als tornar-s'a, ein oyr la als oyr-l'a geschrieben, währenddem wir in der vorliegenden Ausgabe tornars'a und oyrl'a lesen. Was die Korrektheit der Transkription betrifft, ist sie natürlich ohne Einsichtnahme in die Handschrift nicht wirklich zu überprüfen. Aufgrund der Reproduktion der ersten Seite der Psalmenübersetzung (49) habe ich die ersten vier Psalmen kontrolliert und dabei immerhin die folgenden vier Fehler gefunden: Ausgabe con vergas de fierro (Psalm 2) de su santo mont (Psalm 3) e dormi (Psalm 3) sacrifficio de justicia (Psalm 4) Handschrift con verga de fierro del su santo mont Yo dormi sacrifficio de justia 9 Bei der Lektüre der Psalmenausgabe bin ich im übrigen auf verschiedene Stellen gestoßen, bei denen ich auch ohne Konsultation der Handschrift überzeugt bin, daß entweder ein Kopistenfehler (der korrigiert werden müßte) oder ein Transkriptionsfehler vorliegt. Hier einige Fälle (die erste Kolonne enthält den Text der Ausgabe, die zweite meine Korrektur): Psalm 9 (69) Psalm 14 (72) Psalm 17 (76) Psalm 18 (77) Psalm 21 (79) Psalm 34 (89) tu ferist el mio juyzio Don estuerr,;en los pensamientos la palaura de Dios es como priuada en fuego De somo del cielo es el fallimiento d'eill (de! sol) acomedesteme ffastas fezist dones tuerr,;en 10 prouada 11 sallimiento acomendeste-me ffascas 12 8 Cf. G. HrLTY (ed.), Aly Aben Rage/ , Ei libro conplido en los iudizios de las estrellas. Traducci6n hecha en la corte de Alfonso el Sabio, Madrid (Real Academia Espafiola) 1954: Lvn- LX. Diese Grundsätze kennt die Autorin nicht. Sie erwähnt meine Ausgabe allerdings einmal, aber nur aus zweiter Hand und ohne meinen Namen zu nennen (164 N12). 9 Vielleicht handelt es sich hier um ein Versehen des Kopisten, und wir müssen tatsächlich justia (bei dem ich keine Spur einer Abreviatur sehe) injusticia emendieren. Ganz sicher ist dies aber nicht. Es wäre ja nicht ausgeschlossen, daß zu justo ein nomen qualitatis auf -ia gebildet wurde. Auf jeden Fall müßte die Korrektur von justia zu justicia vermerkt werden. 10 Offensichtlich ist im Manuskript nach Don ein Zwischenraum und wird es mit tuerr,;en verbunden (auch LITTLEFIELD, p. 298, transkribiert so). Aber wenn die Herausgeberin schon in einer Fußnote feststellt «observese la falta de concordancia» und estuerr,;en mit tuercen erklärt (118), hätte sie auf die richtige Transkription stoßen sollen. Estuerr,;en würde auch semantisch schwerlich passen. 11 Hier wurde offensichtlich die Abkürzung des Präfixes falsch aufgelöst, genau gleich wie zum Teil im Prolog des Libro conplido; cf. G. HrLTY, «EI prol6go des Libro conplido y su interpretaci6n»; in: R. BAUM et al. (ed.), Lingua et Traditio, Festschrift für Hans Helmut Christmann zum 65. Geburtstag, Tübingen (Narr) 1994: 3-14, besonders p.8s. 12 Eigenartigerweise tritt dieses Adverb im Abschnitt über die Graphie dann in der Form ffascas auf (125). Hat die Autorin den Fehler bemerkt? Dann hätte sie auch die mehr als fragwürdige Anmerkung 100 (119) streichen sollen: «Ffastas o fastas: ,acaso, quiza, tal vez,. Psalm 48 (99) Psalm 67 (112) Psalm 68 (115) Besprechungen - Comptes rendus binrti fastas derrudiamiento 373 biurti fascas derrundiamiento Die Textausgabe wird von 219 erklärenden Fußnoten begleitet. Diese stellen zum Teil eine willkommene Verständnishilfe dar, zum Teil halte ich sie für überflüssig, und zum Teil sind sie fragwürdig oder eindeutig falsch, wie zum Beispiel die folgenden: enrridamiento bedeutet nicht <soplo> (N38); implist ist nicht «perfecto simple» von implar (N52); tenebregoso enthält nicht eine «epentesis de -g-» (cf. lat. tenebricosus) (N54); sueluen bedeutet nicht ,sorben, in der Wendung «sueluen la lengua» (schon Ovid sagte dinguam solvere») (N61); von toda via <por siempre, kann man nicht sagen «conserva el valor de toda la vida» (Nl77). Trotz eindeutig positiven Aspekten hinterläßt so das besprochene Werk einen zwiespältigen Eindruck 13 . G. Hilty * BERNARDO DE GoRDONIO, Lilio de Medicina. Estudio y edici6n de BRIAN DuTTON y Maria NrnvEs SANCHEZ, 2 vol., Madrid (Arco Libros) 1993, 1587 p. (Fuentes de la Medicina Espaiiola) La colecci6n Fuentes de la Medicina Espaiiola esta poniendo a disposici6n del investigador y del curioso una serie de textos que clasificariamos dentro de lo que se considera literatura pragmatica o instrumental. La tradici6n habfa reservado los lujos de una edici6n cuidada a los textos «literarios», y aunque de todos era reconocido el interes que tenian los tratados no literarios para una mejor comprensi6n de la literatura, fueron los lingüistas los primeros en dar un paso hacia un mejor conocimiento de los textos medicos, jurfdicos, de cetrerfa, etc., textos que servfan una muestra jugosfsima de facetas del lenguaje que podfan escapar de! registro literario y que, al mismo tiempo, resolvfan infinitas dudas textuales que la tradici6n literaria era incapaz por si misma de solventar. Una iniciativa de interes en ese sentido fueron las transcripciones de textos medievales que se llevaron a cabo en Madison, en el seno del Hispanic Seminary of Medieval Studies, destinadas a proporcionar materiales para el Dictionary of Old Spanish Language. Estas transcripciones se publicaron en microfichas acompafiadas de las correspondientes concordancias y algunas de ellas recibieron el honor de aparecer tambien en formato libro. Entre 1992 y 1994 se incluyeron en los dos CD-ROM Admyte O (1994) y Admyte l (1992) publicados por Micronet, la Fundaci6n v Centenario y Ja Biblioteca Nacional (Madrid), alcanzando el poco despreciable numero de 124 textos transcritos y total o parcialmente digitalizados, procedentes todos ellos de la loable iniciativa de Madison. El Lilio de medicina que nos ocupa ha seguido toda esta tradici6n. Apareci6 como microficha en 1989 una transcripci6n con concordancias firmada por Jmm T. CuLL y CYNTHIA WASICK. En 1991 BRIAN DuTTON, con T. CuLL public6 una edici6n Palabra de origen confuso, quiza procedente del lat. forsitam o fortassen ,acaso, o de! cruce de las dos». 13 Die Abfassung dieser Rezension wurde mir erleichtert durch die Tatsache, daß meine Schülerin Barbara Stammler noch ohne Kenntnis des hier besprochenen Werks eine Lizentiatsarbeit über «La traducci6n de la Biblia de! manuscrito escurialense I.j .8» geschrieben hat. Frau Stammler hat mir auch eine Stellungnahme zum Buch von Frau de Diego zukommen lassen. Ich danke ihr für ihre Hinweise. 374 Besprechungen- Comptes rendus crftica de! texto acompafiada de un interesante glosario (Un manual basico de medicina medieval. BERNARDO DE GoRDONIO. Lilio de medicina. Edici6n crftica de la versi6n espafiola, Sevilla 1495, Madison 1991); podriamos hablar min de una tercera edici6n revisada de! texto si pensamos en la transcripci6n y digitalizaci6n de! Lilio presente en el disco 1 de Admyte cit. supra. Finalmente, apareci6 en 1993 la presente edici6n y estudio firmado por Brian Dutton y por Maria Nieves Sanchez, que en justicia podriamos considerar como cuarta edici6n de! textola segunda en manos de! malogrado prof. Duttony a la que se incorpora la apreciable aportaci6n de la prof. Maria Nieves Sanchez, de la Universidad de Salamanca. En la elaboraci6n de esta edici6n y estudio de! Lilio confluyen dos importantes lfneas de investigaci6n. No es frecuente que iniciativas intelectuales de origen diverso, nacidas en pafses y escuelas filol6gicas diferentes lleguen a conjugarse armoniosamente. En lugar de colaboraci6n hallamos, mal que nos pese, enfrentamientos, pero no es este el caso, sino que nos encontramos ante un notable ejemplo de la actitud diametralmente opuesta. En la Universidad de Salamanca y bajo la direcci6n de la Profesora Maria Teresa Herrera se esta trabajando desde hace afios en la elaboraci6n de! Diccionario espanol de terminos medicos antiguos (DETMA, Madrid 1996). Este diccionario que acaba de aparecer, publicado en dos gruesos tomos, a primeros de mayo de 1996se ha elaborado a partir de la transcripci6n de la practica totalidad de tratados medicos medievales conservados, algunas de las cuales aparecieron en su dia en la colecci6n de microfichas de Madison. Incluye el lexico propio de la medicina (instrumental, verbos de acci6n, elementos que entran en las preparaciones magistrales, etc.); en cada entrada, tras la definici6n y algunos ejemplos, figuran referencias a sus primeras documentaciones. Valga este excursus para ubicar la gran experiencia en relaci6n a los textos medicos de la coeditora de! Lilio, que es co-redactora de! DETMA, y para saludar la fructifera colaboraci6n entre proyectos de investigaci6n de ambos lados de! oceano. Maria Nieves Sanchez es autora de una importante serie de artfculos sobre el lexico medico medieval, asf que la versi6n al espafiol actual, surgida de su pluma, tiene todas las garantias y trasluce su absoluto dominio de! tema, ademas de una gran elegancia en el uso de la lengua. EI pr6logo de la presente edici6n reproduce, con ligeras modificaciones que resumen algunos pasajes, el de la edici6n de 1991. No se observan adiciones de importancia ni en la estructura que se reproduce punto por punto ni en el contenido, si exceptuamos la adici6n de una menci6n expresa a la falta de una edici6n crftica de! texto latino (30) o la omisi6n de tres apartados que en la edici6n anterior se ocupaban de «La etimologfa» (x), «Sfmiles y otros usos del lenguaje» (x-xr) y «La astrologia» (xn-xrv). Los dos primeros atendian a cuestiones relativas al analisis de la lengua de! texto, que quedan asf incorporadas en el apartado «Las traducciones castellanas de! Lilio». La edici6n de 1991 se presentaba en el tftulo como edici6n crftica, y aunque se mencionaba en el pr6logo (xvrrr) que se habia recurrido a la edici6n de 1513 para <<[no solo] rectificar obvios errores en verter la obra de! latfn al castellano, sino tambien para aclarar lacunae y otros problemas textuales de la edici6n sevillana de 1495» (xvm), no se indicaba en modo alguno en que pasajes ni en que modo habia intervenido el editor. Abandonado prudentemente el calificativo de critica para la presente edici6n, se ha optado por presentar una versi6n al castellano moderno perfectamente resuelta, acompafiada al pie, en cuerpo menor, por la que se presenta como una transcripci6n paleografica de la edici6n de 1495, obtenida a partir de! ejemplar de la BNM 1-315 (que es el mismo ejemplar que sirvi6 para Ja edici6n de 1989) en la que se ha respetadosegun se indicala puntuaci6n de! original. Sin embargo, sigue sin indicarse en que pasajes se ha optado por corregir el texto segun la lectura de los demas testimonios. La decisi6n de ofrecer un doble texto presenta ventajas e inconvenientes. Inconveniente es el volumen, ya que obliga a repartir el texto en dos gruesos tomos (1587 p. en total); las Besprechungen - Comptes rendus 375 ventajas, aunque no declaradas explfcitamente por los editores, si implicitas en el criterio de la colecci6n, estarfan en que la presencia de un texto modernizado podria atraer al libro un importante grupo de lectores potenciales, ajenos al ambito filol6gico, pero para quienes el libro no dejaria de tener su interes: Ja clase medica y especialmente aquellos inclinados hacia la consideraci6n de la historia de la disciplina (tanto especialistas como curiosos). Cabe preguntarse si es en efecto necesaria la presencia de una modernizaci6n de ese tipo, ya que probablemente el lector curioso no fil6logo no encontraria excesiva dificultad al enfrentarse con un texto del s. xv, salvo, claro esta, la superaci6n de una cierta prevenci6n, mas de tipo psicol6gico que otra cosa, hacia el aspecto grafico de los textos medievales y que quizas pudiera compensarse con una anotaci6n completa. Ahorn bien, la versi6n moderna que se nos presenta ofrece un registro lingüistico adaptado perfectamente al castellano actual, ya que la traducci6n medieval pecaba de construcciones latinizantes que para un lector contemporaneo resultarian poco atractivas, y quizas le harian desistir de la lectura. Suponemos que tambien se debe a la elecci6n de este criterio el de presentar un texto doble y al espacio que este consume, el que se haya optado por suprimir aqui el util glosario final de terminos medicos que acompafiaba la edici6n de 1991, aunque, evidentemente, al disponer ahora del DETMA, esta carencia queda totalmente compensada. La introducci6n, equilibrada y bien estructurada, acoge una serie de aspectos de interes para el lector. Comienza con la presentaci6n biografica del autor y de su obra medica (7- 9), a la que sigue un epigrafe equivocamente titulado «La medicina medieval», ya que en poco mas de pagina y media mal se puede dar cuenta de tema tan amplio; de lo que se trata aqui es de ubicar el pensamiento medico de Gordonio en las coordenadas del sistema de su tiempo, exposici6n que continua en el epigrafe siguiente titulado «EI cuerpo humano en el Lilio», apartado este salpicado de numerosas citas del texto que ayudan a comprender y compendian brevemente la posici6n de Bernardo. Bajo el epigrafe «lndignidades» se reunen una serie de citas ilustrativas de la practica medica habitual en el medievo, en la que intervenian tambien los cirujanos gente con mala prensa, aun peor que la de los propios medicos a quienes se destinaban aquellas operaciones mas complejas, que no siempre terminaban bien para el paciente. EI capitulo se cierra con una referencia a la distinta atenci6n farmacol6gica que se destinaba a ricos y pobres («Al pobre se le negaban los ingredientes caros, como el oro y las piedras preciosas» [14]) y al desprecio por Ja vida y seguridad de los mas desfavorecidos, citando un pasaje de! Gordonio «tomen una persona vil e chupe el lugar fuertemente de la mordedura [de serpiente venenosa] e guardese que el est6mago este lleno de vino e de ruda e de ajos ...» (14). Sigue ocupandose de «Usos y abusos del cuerpo humano», epigrafe bajo el cual se hace referencia al consumo de! alcohol y sus peligros, pero tambien a las virtudes de la borrachera - «No es por Ja bondad de la borrachez, salvo que por causa de Ja borrachez se sigue vomito e sudor e camaras que aJimpian el cuerpo» (15) y las de! coito, cuyo uso legitimo Gordonio limita a los casados, y min con restricciones, siguiendo la actitud moralizadora com(m en los textos occidentales. «EI cuerpo legible» se dedica a comentar el analisis de la sintomatologfa que servia para el pron6stico medico, para terminar haciendose eco de la posici6n de Gordonio, humilde en algunos casos, ya que admite su ignorancia ante determinadas patologias, con frases del tipo «Yo no se Ja causa, Dios la sabe. Y esto vos digo porque si algunos enfermos vinieran a vos, no los querades deshonrar con vanos y falsos prometimientos en la cura de Ja epilepsia» (19). En capftulos algo mas breves dedicados al «Concepto de la naturaleza», «La etica» o «Gordonio y Ja pedagogia» se ofrecen informaciones interesantes, como la prevenci6n del medico a la hora de recetar narc6ticos o su voluntad de acercamiento al receptor de su obra al estudiante de medicina empleando diversos procedimientos nemotecnicos. 376 Besprechungen - Comptes rendus La vinculaci6n de! texto a la tradici6n popular de su tiempo queda reflejada en los apartados dedicados a «Refranes y maximas» y «Aspectos folkl6ricos» que se complementan con un capitulo dedicado a su influencia en Ja literatura posterior cf. entre otras alusiones, las que estan presentes en unas coplas de Anton de Montoro, citas en la Celestina y otras referencias que pueden tener como punto de inspiraci6n la obra de Gordonio: cf. pasajes de! Lazarillo o de! Quijote. Sin embargo no debe perderse de vista que se trata en general de ideas muy extendidas. «Otras curiosidades medicas» recoge algunas curiosas teorias elaboradas por Gordonio, a veces contrarias al sentido comun, pese a su marcado pragmatismo; la mas interesante es una cura del amor hereos en la que interviene una alcahueta de estirpe celestinesca (24) que amen de ser tema folcl6rico ampliarnente tratado, es muy interesante para los estudiosos de la literatura. Relacionado con un epfgrafe anterior («Gordonio y la pedagogia«) pero gozando de independencia, el pr6logo acoge un apartado titulado «La anecdota personal». EI modo que tiene Gordonio de exponer sus conocimientos se basa frecuentemente en el recurso a vicencias, que dan colorido al tratado y «le hacen mas hurnano. Representan un tipo de aparte dirigido a su publico joven; un guifio de! ojo que le permite comunicar a un nivel mas directo con sus alumnos» (25). Tras esta aproximaci6n al autor, al mundo de la medicina medieval, y al contenido de su obra, el pr6logo se ocupa de la recepci6n del Lilio y de su traducci6n a otras lenguas (frances, aleman, hebreo, provenzal s. XIV -, irlandes y castellano s. xv -), para abordar despues en concreto la traducci6n castellana. De un analisis lingüistico apoyado basicamente en hechos lexicos, se deduce la participaci6n de dos traductores, que trabajaron simultaneamente en diversas partes de la obra. La presencia de aragonesismos a lo largo de todo el texto sugiere que ambos pudieron ser de tal procedencia (29s. ). Sobre la caracterizaci6n lingüistica de esta versi6n romance de! Gordonio circulan tambien otras hip6tesis, como la planteada por JAUME RIERA en el II Congres lnternacional de la Llengua Catalana. Area 7. Historia de la llengua, en su ponencia «Cataleg d'obres en catafa tradui:des en castella durant els ss. XIV i xv» (ed. A. FERRANDO, Valencia 1989, vol. vm, p. 702) donde sugiere que el texto castellano es una traducci6n de una versi6n catalana anterior. Se afiade una menci6n breve a la fuerte latinizaci6n que presenta la construcci6n sintactica, que es corriente, por otro lado, en romanceamientos de este genero y epoca (veanse sino las versiones catalana y castellana de Guido de Cauliaco). En este mismo apartado se resume la tradici6n de] texto: el ms. 1743 de la Universidad de Salamanca, la edici6n princeps de 1495 y la segunda edici6n de 1513 (citando los ejemplares conocidos de ambas), que han sido comparadas para resolver algunos problemas textuales y para corregir errores, cotejando a su vez con el texto de la edici6n latina de 1491. Se menciona una edici6n de 1697 y seguidamente la edici6n en microfichas publicada en Madison en 1989, pero no se menciona la edici6n de 1991, ni tampoco el CD- ROM de Admyte de 1992, probablemente por coincidir su aparici6n con la impresi6n de! presente libro. Cierra este capitulo una menci6n a la producci6n hispanica de textos medicos en vulgar, destinados a «estudiantes de medicina mal versados en latfn» (31), afirmaci6n que debiera matizarse, dado el curriculum universitario de aquel tiempo. Es mas bien un publico no versado en ciencia medica, o profesionales de la medicina de niveles inferiores, que quedaban fuera de Ja ensefianza universitaria (barberos, cirujanos), el que siente un gran interes por este tipo de tratados. Tras reflexionar sobre la evidente huella que el libro dej6 en la tratadistica medica europea, se pasa inmediatamente a presentar Ja edici6n y el pr6logo se completa con una brevisima y selecta bibliografia. Al cotejar algunos pasajes de Ja transcripci6n con el Besprechungen - Comptes rendus 377 incunable, hemos advertido que se han deslizado algunas erratas de imprenta, todas de importancia minima (cf. «esfuer9e» por «esfuer9en» [64]; «dixe» por «dize» [53] etc.). La edici6n, correcta en el texto que ofrece, con una introducci6n breve pero completa, cumplc con todas las expectativas que despierta. Supone poner a disposici6n de los investigadores, cn formato libro, un estupendo tratado medico medieval. Gemma Avenoza * NELSON CARTAGENA/ CHRISTIAN SCHMITT (ed.), Miscellanea Antverpiensia. Homenaje al vigesimo aniversario del Instituto de Estudios Hispanicos de la Universidad de Amberes, Tübingen (Niemeyer) 1992, 302 p. Nelson Cartagena y Christian Schmitt reunen en el presente volumen una serie de estudios articulados, en su mayor parte, en torno al tema de la traducci6n, entendida aquf en un sentido amplio como transmisi6n de saber, lenguaje y cultura. Se rinde homenaje con esta publicaci6n al vigesimo aniversario de! Instituto de Estudios Hispanicos de la Universidad de Amberes. MANDEL ALVAR («Sobre la traducci6n», 9-22) destaca el canicter de practica natural de la actividad traductol6gica, con Ja que los problemas de contacto intercultural se han resuelto desde los albores de la historia. Sin el traducir son inconcebibles las culturas, por mas idiosincrasico que su desarrollo nos pueda parecer y pese a lo que los puristas han pretendido hacer creer. La fidelidad, que debe acompafiar la practica de la traducci6n y considerarse parte de su misma definici6n, no debe hacer perder, sin embargo, el norte respecto a la funci6n basica de dicha practica, que sera siempre de caracter interpretativo y orientada a los intereses de un lector y de un nuevo marco cultural. ALBERTO BARRERA Y VrnAL («La expresi6n literaria de la oralidad en "Tres Tristes Tigres". lUn problema de traducci6n intralingual? », 23-39) somete a consideraci6n el conocido texto de Cabrera Infante como una muestra de traducci6n intralingual, gracias a la cual se realiza una actividad mediadora (si bien parcial) entre c6digo escrito y oral de lengua, que se revela particularmente potenciadora de los recursos expresivos. LIEVE BEHIELS («La presencia de Gald6s en la obra de Rosa Chacel», 41-58) comenta la posici6n en general crftica de Chacel respecto a Ja narrativa galdosiana, «el rechazo de Gald6s toca tanto a los temas que trata como a su escritura, se situa tanto en el nivel de! mundo novelfstico representado como en el de! quehacer literario propiamente dicho y de la deontologia del novelista» (42). El analisis de dicha posici6n sirve para poner de manifiesto los rasgos mas significativos de la poetica de Chacel y su relaci6n, en parte contradictoria, con el referido autor. IGNACIO BosQUE («Anaforas distributivas: La gramatica de "sendos"», 59-92) aborda el estudio de! cuantificador «sendos», siguiendo para ello la teorfa de la recci6n y el ligamiento. Todas las caracteristicas sintacticas propias de este cuantificador podrfan derivarse, de acuerdo con la propuesta del autor, de su caracter de «anafora» (en el sentido restringido que a este termino da Ja teorfa de Ja recci6n y eJ Jigamiento), condici6n que compartiria, como es sabido, con reflexivos y redprocos. La caracterizaci6n como «anafora» nos permite diferenciar a «sendos» de otras formas semanticamente coJindantes. Los usos sintacticos en apariencia an6malos son expJicados con adaptaciones coherentes y predecibles del propio modelo de recci6n y ligamiento. NELSON CARTAGENA («Acerca de la traducci6n de los nombres propios en espafiol [con especial referencia al aleman]», 93tras justificar te6ricamente la legitimidad de Ja traducci6n de nombres propios, se centra en mostrar lo que Ja practica traductol6gica nos permite de hecho observar: una serie de procedimientos para el «traspaso» de los nombres propios que dependen de una serie de factores, entre los que podemos incluir tipo textual, convenciones asumidas por la 378 Besprechungen - Comptes rendus tradici6n traductol6gica, contexto hist6rico-cultural, tipo de referencia, estructura morfosintactica del nombre propio, aparici6n como parte de una frase hecha. En cualquier caso debe reconocerse, como el autor nos recuerda, que «la traducci6n es una actividad condicionada finalistica e hist6ricamente, por lo cual no existen normas ideales que la regulen fuera del tiempo, del espacio y de la intenci6n del traductor» (99). La legitimidad de la traducci6n de nombres propios parece sugerirse se demuestra, como el movimiento, andando: las normas no deben preceder a las practicas, sino mas bien deberian deducirse «a posteriori» de las mismas. PATRICK CoLLARD («Apuntes sobre traducciones al frances, neerlandes e ingles de relatos de Jorge Luis Borges», 123-34), tras someter a consideraci6n algunas de las caracterfsticas mas significativas del estiJo de Jorge Luis Borges y centrandose en particuJar en el uso frecuente en la prosa de este autor de adjetivos metonimicos e hipalages, valora como errores algunas opciones en Ja traducci6n de estos procedimientos estilisticos. Nos parece interesante la conclusi6n a la que llega Collard de que «una de las virtudes de Ja traducci6n consiste en proporcionar al Jector otro pretexto para seguir el dialogo con Borges» (133). ALAN DEYERMOND («Notas sobre diglosia literaria y autotraducci6n en el siglo xv hispanico», 135-57) traza el panorama de un espacio intertextual literario propio del siglo xv hispanico, en el que la actividad traductora cobra un papel que puede considerarse realmente masivo, no comparable con situaciones precedentes, que no dejan por ello de ser tambien significativas. Reflexiones particulares merece en este contexto el fen6meno de la autotraducci6n entre romances hispanicos (fen6meno menos frecuente) o entre latin y romance hispanico. La actividad traductol6gica aparece funcionalmente integrada dentro de un ambito literario dominado claramente por el multilingüismo. VfcToR GARCIA DE LA CoNCHA («Antonio Machado, maestro del librepensamiento poetico», 159-72) destaca la funci6n basica de la estetica machadiana en tanto que teoria y practica de un conocimiento del mundo que nos permite captar su esencia como temporalidad o flujo inaprensible, lo que lleva implicito una concepci6n de la poesia como transcripci6n de un hablar, como actividad dial6gica, y la proyecci6n en definitiva etica del saber que la labor poetica nos depara. La poesia, como palabra libre y, consecuentemente, como pensamiento libre, nos llevaria en ultimo termino a una definici6n antiliteraria (entendiendo aqui literatura como «letra») del quehacer poetico. CESAR HERNA.NDEZ («Concepto y objetivos de la sintaxis funcional», 173-84) aborda una serie de cuestiones epistemol6gicas y metodol6gicas que definirian la aproximaci6n funcional a la sintaxis. Se da cuenta de un abanico amplio de tareas que debe asumir el investigador, entre las que conviene destacar la delimitaci6n de los niveles de organizaci6n sintactica y el estudio conjunto de planos de expresi6n y contenido, todo ello con vistas al entendimiento del papel de lo sintactico en el funcionamiento global de la lengua. Una serie de apuntes programaticos nos hablan tambien de una concepci6n de los estudios sintacticos como proyectados sobre otros ambitos disciplinares mas alla de lo estrictamente lingüistico. MANFRED LENTZEN («EI compromiso en la poesfa y en el teatro en Espafia durante la guerra civil», 185-200) presenta la particular producci6n poetica y dramatica condicionada y orientada por la guerra civil espafiola. En poesia se centra en la aportaci6n de Alberti, cuyo viraje estetico ya desde comienzos de los afios treinta encuentra en el contexto de la guerra su manifestaci6n mas polarizada en aras de un compromiso hist6rico irrenunciable para el autor. Por lo que a la producci6n dramatica se refiere, se establece una clasificaci6n en cuatro grupos: el teatro de urgencia, estrechamente condicionado en su tematica por la actuaJidad mas inmediata, los grandes dramas, en los que el compromiso se expresa en el particular tratamiento de temas mas generales, las adaptaciones de obras clasicas y, finalmente, se considera oportuno reservar un cuarto grupo para la Cantata de los heroes y la fraternidad de los pueblos, de AJberti, por su caracter de producci6n unica en su naturaJeza. FEux MüNGE («Formaciones en -ado», 201-12) realiza una caracterizaci6n basada en criterios tanto formales como semanticos, que dan cabida igualmente a una valoraci6n de la dimen- Besprechungen - Comptes rendus 379 si6n hist6rica, de los diferentes tipos de formaciones en «-ado». Debe discriminarse entre las formaciones que presentan un origen latino, ya por otra parte numerosas, y las nuevas formaciones y, dentro de estas, tambien entre aquellas en que la formaci6n puede considerarse de alguna manera asociada a la esfera verbal y aquellos casos en los que «emancipandose de la esfera verbal» (201) «-ado» adquiere la capacidad de derivar nombres y adjetivos a partir de nombres. En estos tiltimos casos el modelo de derivaci6n parasintetica resulta relativamente comun. Por la variedad de fuentes, su compleja interrelaci6n tanto desde el punto de vista diacr6nico como sincr6nico, por Ja complejidad y extensi6n de! producto, las formaciones en «-ado» resultan ser uno de los objetos mas atractivos de estudio de Ja morfologia derivativa de! espafiol, como las consideraciones de Monge dejan ver con claridad. Jost RoDRIGUEZ RrcHART ( «Casona, traductor», 213-23) refiere, en el marco de una breve biograffa de Casona, a la actividad llevada a cabo por este autor como adaptador y traductor. Se trata de una labor sin duda nada despreciable y que, segun Rodrfguez Richart, mcrecerfa un estudio atento en Ja medida en que puede haber influido en la propia creaci6n de Casona. «Un vasto y sugerente ambito de posibles y fecundas tareas comparatfsticas y traductol6gicas queda abierto de par en par para los que quieran adentrarse en el». CHRISTIAN SCHMITT («Aspectos semanticos y pragmaticos de una teorfa contrastiva de la formaci6n de palabras entre Ja lengua castellana y las lenguas alemana y francesa», 225-56) introduce una serie de consideraciones que derivan de un punto de vista ya esgrimido por Coseriu, segun el cual la base empfrica sobre Ja que una lingüfstica contrastiva debe fundamentarse se obtendrfa no tanto en el sistema cuanto en la realizaci6n textual de las unidades lingüfsticas que se someten a estudio, lo que vincula estrechamente la teorfa contrastiva a la practica traductol6gica. Con esta idea de partida, se realiza un estudio empfrico sobre el tratamiento traductol6gico en aleman y frances de los diminutivos que aparecen en la conocida novela de Garcfa Marquez Cien arios de soledad, teniendo en cuenta los diferentes sentidos que las formaciones diminutivas adquieren en este texto. GusTAV SrnBENMANN («EI lector omnipotente», 257-69) comenta un conjunto de aproximaciones a Ja teorfa de Ja lectura en las que desde diferentes 6pticas las posiciones de autor y lector quedarfan equilibradas, al atribuirse a este ultimo un papel primordial en Ja configuraci6n misma de! hecho estetico y, mas en concreto, literario. Estas aproximaciones serfan la aportaci6n de la fenomenologfa en su orientaci6n pragmatico-existencial, la visi6n propia de una teorfa de la comunicaci6n segun la cual el receptor resulta un cooperador necesario en la transmisi6n de todo mensaje, la orientaci6n en narratologfa segun la cual el texto es terminado de configurar por el lector, la aportaci6n de Ja llamada estetica de la recepci6n y, dentro de lo que el autor denomina analisis psicol6gico, aportaciones como la de Georges Poulet en su «Phenomenology of reading». ]AIME SrLES («Para las fuentes de Francisco Brines: substrato barroco y refacci6n funcional», 271-90) realiza una aproximaci6n a Ja obra de Brines en la que se trata de captar la fntima conexi6n de su tematica y estilo y en la que Ja estetica de este autor se concibe como una particular reelaboraci6n de Ja estetica barroca. EI tono cromatico de esta poesfa, la ausencia de divisi6n estr6fica, los encabalgamientos, el sentido que adquieren los tiempos verbales o el uso caracteristico de la tercera persona gramatical son todos rasgos que se encuentran en perfecta armonfa con los principios en los que se fundamenta Ja estetica barroca (potenciaci6n de lo singular y lo instantaneo) y que Brines asumirfa. Naturalmente, estos principios reciben en su obra un valor funcional muy diferente al que desempefian dentro de la cosmovisi6n barroca, lo que se explica en forma sintetica y precisa. MARIO VARGAS LLOSA («Tirant lo Blanc: las palabras como hechos», 291-302) destaca como rasgo particularmente significativo de! Tirant lo Blanc la exteriorizaci6n o exhibici6n continua de estados animicos por parte de los personajes a lo largo de la novela. Esto se manifiesta, mas concretamente, en una especie de incontinencia verbal, que se observa aun en situaciones en las que el discurso nos parece realmente inverosimil. Algo parecido 380 Besprechungen - Comptes rendus podemos decir de los continuos llantos y desfallecimientos. Lo que a primera vista, y desde una concepci6n chata de! realismo, podria ser valorado como rasgo extrafto a la sensibilidad moderna, resulta, sin embargo, para Vargas Llosa justamente uno de los aspectos mas significativos con los que la novela propone su propia realidad, con los que consigue convencer al lector «de su realidad por su coherencia interna y su verosimilitud y no por su subordinaci6n al mundo real» (298). C. Herndndez Sacristdn * JOHN M. LJPSKI, Latin American Spanish, London/ New York (Longman) 1994, 426 p. Die vorliegende Arbeit bietet eine als Handbuch konzipierte geschichtlich-dialektologische Übersicht über das amerikanische Spanisch in zwei Teilen. Der erste Teil behandelt die Herausbildung des amerikanischen Spanisch im Hinblick auf Versuche zur Einteilung hispanoamerikanischer Dialektzonen (3-33), das europäischspanische Erbe (34-62), indianische (63-92) und afrikanische Einflüsse (93-135) sowie soziale Varietäten (136-150). Der zweite Teil, der den Schwerpunkt der Arbeit bildet, präsentiert nach kurzer Einführung in die dialektologische Forschung zum amerikanischen Spanisch (153-61) eine nach Einzelstaaten konzipierte Charakterisierung der Sprachgebiete (162-353), die sich jeweils in eine geschichtliche Einführung mit anschließender Beschreibung der phonetischen, morphosyntaktischen und lexikalischen Besonderheiten gliedert. Im Anhang befindet sich ein umfangreiches Literaturverzeichnis, das sich vorwiegend an das hispano- und anglophone Publikum wendet (354-418). Im Aufbau seiner Arbeit folgt Lipski dem von KuBARTH (1987) 1 und FONTANELLA DE WEINBERG (1993) 2 gesteckten Rahmen. Latin American Spanish ist neben der streckenweise sehr summarischen Arbeit von CoTToN/ SHARP 3 die einzige Gesamtübersicht über das amerikanische Spanisch in englischer Sprache. Bei der Behandlung der Thesen zur Einteilung hispanoamerikanischer Dialektzonen konzentriert sich Lipski im Gegensatz zu Kubarth und Fontanella de Weinberg nicht vordringlich auf die historische Erklärung bestehender Klassifizierungen, sondern auf die Darstellung sprachlich relevanter Markmale. In der Einschätzung einer europäischen Grundlage zur Herausbildung des amerikanischen Spanisch erweist sich Lipskis Vorgehen als problematisch, wenn er yeismo, Velarisierung von finalem / n/ , seseo und Reduktion von / x/ zu [h] (42-44) als «independent developments in Andalusian and Latin American Spanish» (42) einstuft. Dies steht im Gegensatz zu den bekannten chronologisch konsekutiven Belegen der Entwicklungen in Spanien und Amerika 4. Die hier wie auch in anderen Publikationen oft pauschal verstandene Beschränkung auf «Andalusisch» ist im übrigen nicht zu rechtfertigen, da sich bereits M. L. WAGNER als namentlicher Begründer der sogenannten andalucismo-Theorie nicht auf Andalusien allein bezieht, sondern vom Südspanischen bzw. der andalusisch-extremeftischen Gruppe spricht 5. Unter Berücksichtigung der Untersuchungen Boyd-Bowmans, 1 H. KuBARTH, Das lateinamerikanische Spanisch. Ein Panorama, München 1987. 2 M. B. FONTANELLA DE WEINBERG, El espafiol de America, Madrid 21993. 3 E. CoTToNI]. SHARP, Spanish in the Americas, Washington 1988. 4 Cf. R. LAPESA, Historia de la lengua espafiola, Madrid 91986. 5 M. L. WAGNER, «Amerikanisch-Spanisch und Vulgärlatein», ZRPh. 40 (1920): 286-312; 385-404, cf. p. 292. Besprechungen - Comptes rendus 381 die eine überwiegend südspanische Besiedlung in der Frühphase der Kolonisierung bestätigen, sowie der Kontinuität der Kontakte zwischen Amerika und dem Mutterland kann ein entsprechender Einfluß auf die Herausbildung des amerikanischen Spanisch insbesondere für die tierras bajas kaum ernsthaft in Zweifel gezogen und noch weniger grundsätzlich ausgeschlossen werden. Darüber hinaus bestehende regional divergierende oder unabhängige Entwicklungen in Amerika stehen dazu in keinem Widerspruch. Die Erfahrung mit Dialekten im allgemeinen zeigt, daß sich bei der Verschiebung von Dialektsprechern die nachgeborene Generation immer dem neuen sprachlichen Umfeld anpaßt. Insofern mußte die zahlenmäßige Überlegenheit südspanischer Siedler gerade in der Frühphase der Kolonisierung entscheidende, potenzierende Auswirkungen haben. Von geringer Bedeutung ist der oft genannte Einfluß des kurzzeitigen Aufenthaltes der Auswanderer in Südspanien in Erwartung der Überfahrt nach Amerika. Aufenthalt und Überfahrt bedingten in erster Linie eine Nivellierung ausgeprägter Dialektmerkmale und die Aufnahme lexikalischer Einheiten. In bezug auf die Eingrenzung eines kanarischen Beitrages (55-61) zur Herausbildung des amerikanischen Spanisch unterstreicht Lipski die ungeklärte Forschungslage. Es wäre ergänzend anzumerken, daß die Kanarischen Inseln, die erst ab 1483 von Spanien besiedelt wurden, in der Frühphase der Kolonisierung Amerikas aufgrund des fehlenden Entwicklungsvorlaufes über keine eigene sprachliche Identität verfügen konnten, die sich von der Hispanität Andalusiens und der Extremadura deutlich abhöbe. Insofern wäre die Funktion des kanarischen Spanisch als sprachliches Bindeglied zwischen Südspanien und den Antillen zunächst in Frage zu stellen und im Hinblick auf eine temporäre Parallelität der Entwicklungen auf den Kanaren und den Antillen zu untersuchen. Im Gegensatz zur Darstellung Lipskis ging die Sprache der kanarischen Guanchen nicht kurz nach der Eroberung der Inseln durch die Spanier unter (55), sondern erst im 17.Jh. In der Diskussion um indianische und afrikanische Einflüsse im amerikanischen Spanisch weist Lipski die in der Literatur immer wieder vertretenen Substrat- und Adstrateinwirkungen außerhalb der Wortentlehnung überzeugend zurück. Interessant sind Lipskis Beispiele für diverse spanisch-indianische Interimsprachen und die Konstrastierung von Phänomenen wie der pleonastischen Doppelung des klitischen Pronomens lo mit grammatikalischen Strukturen in den Indianersprachen. Die in der Diskussion früher indianischer Einflüsse angeführte Bezeichnung semi-creole als «language variety which has ,both creole and non-creole features ...» (66), stammt allerdings nicht von Holm, sondern sie wird schon von SrLVA NETO entsprechend verwandt 6 . Lipskis Darstellung, die brasilianisch-portugiesische Umgangssprache sei möglicherweise als Beispiel für ein Semikreol zu nennen (66), entbehrt in der Lusitanistik einer wirklichen Grundlage. In der Beschreibung afro-hispanischer Beziehungen bringt Lipski interessante Belege für das bozal mit Informationen zu den sprachlichen Enklaven. In der Frage, ob das bozal als Kreol einzustufen sei, kommt Lipski nach kohärenter Diskussion zu dem Schluß: «Much of the evidence adduced in favor of a Latin American bozal creole cannot convincingly resist the alternative analysis of imperfectly learned Spanish ...» (113). Auf eine linguistische Kuriosität besonderer Art stößt der Leser bei der Darstellung der Lebensumstände afrikanischer Sklaven, die sich aufgrund äußerer Gegebenheiten vor allem aus einer männlichen Bevölkerung konstituierten. In Vermeidung der im amerikanischen Geschlechterdiskurs offensichtlich problematischen Verwendung des Wortes women optiert Lipski für die Variante «unavailability of reproductive partners» (102). 6 Cf. S. DA S1LvA NETo, [ 1 1950]: 48. ao estudo da portuguesa no Brasil, Rio de Janeiro 382 Besprechungen - Comptes rendus Im zweiten Teil der Arbeit verzichtet Lipski im Gegensatz zu Kubarth und Fontanella de Weinberg darauf, die Besonderheiten des amerikanischen Spanisch überregional zuzuordnen. Die ausschließlich nach Einzelstaaten konzipierte Charakterisierung der Sprachgebiete, die aus praktischen Erwägungen zwar sinnvoll sein kann, in dialektologischer Hinsicht aber keine Rechtfertigung findet, erweist sich dadurch als einseitig. Die Konzeption nach Einzelstaaten klammert darüber hinaus die Beschreibung des Spanischen in den USA aus. Ein deutliches Manko des Buches ist der Verzicht auf Kartenmaterial, was die zum Teil sehr spezielle geographische Zuordnung der diskutierten Phänomene erschwert. Die Kapitel zu den Einzelstaaten sind klar strukturiert, zeugen von eingehender Recherche und bieten mit Ausnahme der historischen Einleitungen reiche Literaturhinweise. Das gebotene Material stellt eine wertvolle Ergänzung zu den bekannten Kompendien dar. Latin American Spanish ist ein in jeder Hinsicht solides Übersichtswerk, dessen besonderer Wert in den Kapiteln zu den indianischen und afrikanischen Einflüssen sowie dem ausgezeichneten Literaturverzeichnis liegt. V. Noll * Siegfried Heinimann (1917-1996) Am 15.Juni 1996 starb Siegfried Heinimann in seiner Berner Wohnung im Länggaßquartier, in der Nähe der Universität, wo er seit 1947 gewohnt und gewirkt hatte. Das erfüllte, arbeitsreiche Leben eines Gelehrten und Lehrers, dem die schweizerische Romanistik Wesentliches verdankt, nahm e1n stilles und friedliches Ende, das die Angehörigen passend unter ein Motto von Leonardo da Vi-nci stellten: «Si come una giornata bene spesa da lieto dormire, cosl una vita bene usata da lieto morire». Siegfried Heinimann wurde am 13.April 1917 in Olten geboren, wo er auch die Grundschule durchlief. Das Gymnasium absolvierte er an der Kantonsschule Aarau. Sein Lateinlehrer Ernst Mäder, der offenbar die Begabung seines Schülers richtig einschätzte, riet ihm zum Romanistikstudium bei Karl Jaberg an der Universität Bern. Dort und in Genf, später auch in Florenz, Rom und Paris studierte 384 Ricarda Liver Siegfried Heinimann dann Romanistik, Latein und Pädagogik. In seiner wissenschaftlichen Ausrichtung und in seiner Arbeitsweise wurde er wesentlich geprägt durch die Persönlichkeit seines Lehrers Karl Jaberg, dessen Nachfolge anzutreten er im jugendlichen Alter von 29 Jahren berufen wurde. Aber auch die Bekanntschaft mit Charles Bally, mit dem er während seiner Studienzeit in Genf jeweils lange Spaziergänge am Seeufer unternahm, hinterließ beim jungen Romanisten dauernde Eindrücke. Siegfried Heinimann war zu jener Zeit Lehrer am Gymnasium in Biel, eine Tätigkeit, der er sich mit Freude und vollem Einsatz widmete. Es fiel ihm nicht leicht, diese Aufgabe einer Professur zuliebe aufzugeben, und der Auftrag, in die Fußstapfen Karl Jabergs zu treten, war eine harte Nuß. Es brauchte strenge Arbeitsdisziplin, Freude am Lehrberuf und Begabung für das Fach, um diese Aufgabe zu erfüllen, Eigenschaften, die Siegfried Heinimann freilich in hohem Maße besaß. Während mehr als drei Jahrzehnten (bis zu seiner Emeritierung 1982) prägte Siegfried Heinimann die Romanische Philologie an der Universität Bern. Stil und Gehalt dieses Unterrichts waren bestimmt durch die Persönlichkeit eines Universitätslehrers, der an sich selbst und an seine Schüler strenge Anforderungen stellte. Wer bereit war, ihm auf diesem Weg zu folgen, durfte vieles mit sich nehmen, was schon damals alles andere als selbstverständlich war und heute wohl nur noch in Glücksfällen zu den Errungenschaften eines Universitätsstudiums gehört: ein solides philologisches Rüstzeug, bestehend aus handfesten Fakten und bewährten Methoden, vor allem aber Ehrlichkeit und Genauigkeit im Umgang mit wissenschaftlichen Problemstellungen und in der Lösung dieser Probleme. Den gleichen ethischen Grundsätzen, die Siegfried Heinimann seinen Studenten zu vermitteln bestrebt war, folgte er in seiner eigenen wissenschaftlichen Arbeit. Heinimann pflegte eine Romanische Philologie, die den vergleichenden Aspekt stets im Auge behielt, wenn auch gewisse Sprachgebiete (Italienisch, Französisch und Provenzalisch, Bündnerromanisch) in den meisten Arbeiten im Zentrum stehen. Den strukturalistischen Methoden, die in den sechziger und siebziger Jahren das Feld beherrschten, stand er zwar nicht ablehnend, aber doch eher distanziert gegenüber. Ein Thema, das Siegfried Heinimann immer wieder und in späteren Jahren vordringlich beschäftigte, war das der Herausbildung von Schrift- und Literatursprachen. Sicher spielte in dieser Orientierung das Vorbild von Alfredo Schiaffini, dessen Unterricht Heinimann im Jahre 1947 genossen hatte und den er sehr verehrte, eine nicht unwesentliche Rolle. Dem Abstraktum in der französischen (d. h. nordfranzösischen und provenzalischen) Literatursprache des Mittelalters ist eine Monographie von 1963 gewidmet, und der Sammelband von 1987, Romanische Literatur- und Fachsprache in Mittelalter und Renaissance, enthält mehrere früher erschienene Arbeiten zu diesem Thema, die Siegfried Heinimann selbst für eine Festgabe zu seinem 70. Geburtstag ausgewählt hat. Siegfried Heinimann (1917-1996) 385 Wiederholt beschäftigte sich Siegfried Heinimann mit Dante: Dante als Sprachtheoretiker, Dante als Sprachgestalter, Danteübersetzungen (cf. Bibl. Nr.100, p.155-219). Aus der Fülle von Themen, mit denen sich Heinimann im Laufe von gut fünf Jahrzehnten beschäftigt hat, verdient, wie mir scheint, eine Auseinandersetzung mit Clemente Merlo besondere Erwähnung: Im Aufsatz «Die heutigen Mundartgrenzen in Mittelitalien und das sogenannte Substrat» (Orbis 2 [1953] : 302-17) wagte Siegfried Heinimann, aufgrund einer sorgfältigen dialektologischen Analyse, die vom italienischen Maestro verfochtene Substrattheorie in Frage zu stellen. Auf die gereizt polemische Reaktion Merlos hin präzisierte Heinimann 1955 nochmals seinen Standpunkt («Noch einmal zum Substrat in Mittelitalien», Orbis 4: 114s. ).Hier machte der bescheidene Gelehrte seinem Vornamen, der sonst nicht gerade zu seinem Charakter paßte, wahrhaftig Ehre. Siegfried Heinimann hat keine dicken Wälzer in die Welt gesetzt, aber eine große Zahl von soliden und prägnanten Arbeiten. Als Studenten freuten wir uns immer an seiner Formulierung, wenn er uns mit offensichtlicher Zustimmung, die sowohl auf einem inhaltlichen als auch auf einem ästhetischen Urteil beruhte, «ein schlankes Bändchen» empfahl. Auch seinen eigenen Werken kommt dieses Prädikat durchwegs zu, von der Dissertation Wort- und Bedeutungsentlehnung durch die italienische Tagespresse im ersten Weltkrieg (1946) über das erwähnte Abstraktum (1963) zur Festschrift Romanische Literatur- und Fachsprachen ... (1987) bis hin zu Siegfried Heinimanns letzter größerer Publikation, Oratio dominica romanice. Das Vaterunser in den romanischen Sprachen von den Anfängen bis ins 16.Jahrhundert (1988). Dieses nach der Emeritierung entstandene Werk, von einem Rezensenten als «ein Kabinettstück der Kultur- und Ideengeschichte» bezeichnet, hatte für Siegfried Heinimann eine ganz besondere Bedeutung, weil es in Zusammenarbeit mit Schülern und Assistenten entstanden war, ein Produkt der Symbiose von Lehre und Forschung. Siegfried Heinimann ließ seine fachliche Kompetenz und seine Arbeitskraft verschiedenen wissenschaftlichen Projekten und Institutionen zugute kommen, so dem Kuratorium von Vox Romanica und Romanica Helvetica, das er von 1964 bis 1981 präsidierte, dem Dicziunari rumantsch grischun, in dessen Philologischer Kommission er lange Jahre mitwirkte, und der Deutschen Dante-Gesellschaft, deren Vorstand er angehörte. Ohne Siegfried Heinimann wäre wohl der Thesaurus proverbiorum medii aevi, das von Samuel Singer begründete Lexikon der Sprichwörter des romanisch-germanischen Mittelalters, nie zur Vollendung gelangt. Das Erscheinen der ersten zwei Bände dieses Werkes 1, das er von Anfang an gefördert und begleitet hatte, bereitete Siegfried Heinimann in den letzten Monaten seines Lebens Freude und Genugtuung. 1 Ed. KURATORIUM SrNGER DER SCHWEIZERISCHEN AKADEMIE DER GEISTES- UND SOZIALWIS- SENSCHAFTEN, v9l. l, Berlin 1995; Quellenverzeichnis und vol. 2, Berlin 1996. 386 Ricarda Liver Wer das Leben und Wirken Siegfried Heinimanns aus der Nähe verfolgen konnte, wußte nicht nur um seine Arbeitskraft und Gewissenhaftigkeit, sondern auch um seine Sensibilität und seine gesundheitlichen Probleme, die ihm seit jungen Jahren zu schaffen machten. Daß er seine vielfältigen Aufgaben trotzdem bewältigte, ist wesentlich der Stütze und Hilfe seiner Frau Martha zu verdanken, die ihm auch eine anregende und kritische Gesprächspartnerin in allen Bereichen seiner Interessen war. Ihr Anteil am Lebenswerk von Siegfried Heinimann ist nicht hoch genug einzuschätzen. Vor allem die Freude an der Literatur, die auch in vielen philologischen Arbeiten von Siegfried Heinimann durchschlägt, teilte er mit seiner Frau Martha, die ihm wohl manche Texte nahebrachte, auf die er von seinen eigenen Interessengebieten her nicht ohne weiteres gestoßen wäre. Wir alle, die wir als Schüler, Kollegen und Freunde an dieser «vita bene usata» teilhaben durften, werden Siegfried Heinimann in dankbarer Erinnerung behalten. Bern Ricarda Liver Publikationen von Siegfried Heinimann Die Publikationen von 1941 bis 1985 sind in der Bibliographie der Festschrift von 1987, Romanische Literatur- und Fachsprachen (hier Nr. 100), p. XI-XIV, verzeichnet. Es sind 99 (nicht numerierte) Titel. 100. R.ENGLERIRICARDA LIVER (ed.), Romanische Literatur- und Fachsprachen in Mittelalter und Renaissance. Beiträge zur Frühgeschichte des Provenzalischen, Französischen, Italienischen und Rätoromanischen, Wiesbaden 1987 101. «Ein unbeachtetes Dokument der französischen Sprachgeschichte», in: G. Lüm et al. (ed.), Romania ingeniosa. Festschrift für Prof. Dr. Gerold Hilty zum 60. Geburtstag / Melanges offerts a Gerold Hilty a l'occasion de son 60 e anniversaire, Bern/ Frankfurt a.M./ New York/ Paris 1987: 147-52 102. «Zum 40jährigen Bestehen des Collegium Romanicum: ein Rückblick auf die Gründungsjahre», VRom. 46 (1987): 374-79 103. Oratio dominica romanice. Das Vaterunser in den romanischen Sprachen von den Anfängen bis ins 16. Jh., Tübingen 1988 (Beih.ZRPh. 219) 104. «II paternostro in volgare francese. Tradizione scritta e tradizione orale», in: R. ANTONELLI et al. (ed.), Miscellanea di studi in onore di Aurelio Roncaglia a cinquant'anni dalla sua laurea, vol. 2, Modena 1989: 663-72 105. «Synchronie und Diachronie in der Grammatik von Friedrich Diez», in: RICARDA LIVER et al. (ed.), Sprachtheorie und Theorie der Sprachwissenschaft. Festschrift für Rudolf Engler zum 60. Geburtstag, Tübingen 1990: 134-42 106. «Zur Entstehungsgeschichte des AIS (m): Briefe von Jakob Jud an Karl Jaberg», VRom. 49/ 50 (1990/ 91): 73-98 107. *A. BucK, Die italienische Literatur im Zeitalter Dantes und am Übergang vom Mittelalter zur Renaissance, GRLMA 10/ 2 (1989); DDJb. 66 (1991): 125-32 108. *TH. STÄDTLER, Zu den Anfängen der französischen Grammatiksprache, Tübingen 1988; ZRPh. 107 (1991): 213-15 109. «Briefe von Jakob Jud an Hugo Schuchardt», VRom. 51 (1992): 1-39 Siegfried Heinimann (1917-1996) 387 110. *J. STOROST, Hugo Schuchardt und die Gründungsphase der Diezstiftung. Stimmen in Briefen, Bonn 1992; VRom. 52 (1993): 292s. 111. *MICHAELA WoLF, Hugo Schuchardt Nachlaß. Schlüssel zum Nachlaß des Linguisten und Romanisten Hugo Schuchardt (1842-1927), Graz 1993; VRom. 53 (1994): 271-73 Eva Salomonski 20. August 1911 - 5. November 1995 Eva Salomonski wurde 1911 als Tochter eines Rabbiners in Frankfurt an der Oder geboren. Den größten Teil ihrer Jugend verbrachte sie jedoch in Berlin, wohin ihr Vater inzwischen berufen worden war. Nach dem Besuch des Gymnasiums und bestandener Reifeprüfung immatrikulierte sie sich an der Universität Berlin für Neuphilologie, Geschichte und Psychologie. Von 1933 bis 1935 studierte sie in Spanien. Während dieses Studienaufenthaltes verschlechterten sich in Deutschland die Lebensbedingungen für die Juden so sehr, daß Eva Salomonski nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehrte, sondern als Flüchtling in die Schweiz kam, um dort weiterzustudieren. Sie fand für längere Zeit gastliche Aufnahme im Hause von Professor Arnald Steiger, dem sie bis zu seinem Tode (1963) dankbar verbunden blieb. Unter seiner Leitung entstand auch die Dissertation Las funciones Eva Salomonski. 20. August 1911 - 5. November 1995 389 formativas del prefijo aestudiadas en el castellano antiguo 1. Im Wintersemester 1937/ 38 promovierte Eva Salomonski in französischer und spanischer Sprache und Literatur. Schon die Dissertation hatte ihre Vertrautheit mit dem Arabischen unter Beweis gestellt. In der Folge widmete sie sich weiteren Studien in Orientalistik, Indogermanistik und Sinologie. Nach vergeblichen Auswanderungsbemühungen entschloß sich Eva Salomonski, in der Schweiz zu bleiben. 1945 erhielt sie die Arbeitsbewilligung und 1956 das Bürgerrecht der Stadt Zürich. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich als hispanistische Mitarbeiterin bei verschiedenen Lexika, Zeitschriften und Zeitungen und schließlich vor allem als Übersetzerin, in enger Zusammenarbeit mit einem erblindeten spanischsprachigen Chemiker. Daneben war sie während vieler Jahre wissenschaftliche Privatassistentin von Professor Arnald Steiger, der sie auch am Institut für Auslandforschung beschäftigte. Auf das Sommersemester 1957 habilitierte sich Eva Salomonski an der Universität Zürich für das Gebiet der iberoromanischen Sprachen und Literaturen. In der Habilitationsschrift untersuchte sie eine altspanische Bibelübersetzung des 13. Jahrhunderts, deren Analyse vor allem auf die beiden Fragen eine Antwort liefern sollte, ob der spanische Text des Alten Testaments eine direkte Übersetzung aus dem Hebräischen oder eine ursprünglich auf der Vulgata basierende Fassung darstelle, die im Hinblick auf den hebräischen Text rezensiert wurde, und ob die untersuchte Version sondersprachliche Züge aufweise, welche als Vorstufen des Judenspanischen gedeutet werden könnten. Wie in der Habilitationsschrift, wußte Eva Salomonski ihre Kenntnisse des Hebräischen und der jüdischen Traditionen auch in einer scharfsinnigen Studie über zwei Figuren des altspanischen Cid-Epos, Rache! und Vidas, fruchtbar zu machen 2 • Diese Studie erschien in jenem Halbband der Vox Romanica, den Eva Salomonski 1956 redigierte, um ihn Arnald Steiger zum sechzigsten Geburtstag zu widmen. Auch sonst verdankt unsere Zeitschrift der Verstorbenen viel: Während 30 Jahren tauchte ihr Name immer wieder in der Vox Romanica auf, für die sie ebenso sorgfältige wie gehaltvolle Rezensionen verfaßte. In zwei Bänden wurde ihr auch ausdrücklich für die Mithilfe bei der Erstellung der Indizesgedankt. Darin erschöpfte sich jedoch ihre Mitarbeit an der Redaktion unserer Zeitschrift nicht. Als Privatassistentin von Arnald Steiger war sie in den vierziger und fünfziger Jahren an der Redaktionsarbeit ganz wesentlich beteiligt. Kurz nachdem Eva Salomonski im Sommersemester 1957 ihre Lehrtätigkeit als Privatdozentin aufgenommen hatte, traf sie mit dem unerwarteten Rücktritt ihres verehrten Lehrers ein schwerer Schlag. Die Philosophische Fakultät I war aller- 1 EvA SALOMONSKI, Las funciones formativas de/ prefijo aestudiadas en el castellano antiguo, Zürich 1944. 2 «Raquel e Vidas», VRom. 15 (1956): 215-30. 390 Gerold Hilty dings froh, daß die neue Privatdozentin einen Teil der Lücke ausfüllen konnte, welche dieser Rücktritt hinterlassen hatte. Da Eva Salomonski das Spanische perfekt beherrschte, war sie dazu prädestiniert, Arnald Steigers Einführungen in die spanische Sprache und die spanische Sprachwissenschaft zu übernehmen. Später bot sie vor allem Vorlesungen zu Spezialproblemen der spanischen Literatur- und Kulturgeschichte an, besonders im Bereich des Mittelalters. Die mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vorbereiteten Lehrveranstaltungen dieser hochintelligenten, eher zurückhaltenden und äußerst bescheidenen Dozentin wurden von einem treuen Kreis von Hispanistikstudenten sehr geschätzt. Auf das Sommersemester 1973 wurde Eva Salomonski zur Titularprofessorin ernannt, im Herbst 1980 trat sie altershalber von ihrer Lehrtätigkeit zurück. Seither lebte sie zurückgezogen, nahm aber weiterhin regen Anteil an der Entwicklung der Zürcher Hispanistik. Oberrieden Gerold Hilty Basel Nachrichten - Chronique 1. Querschnitt durch die Schweizer Romanistik Veränderungen bis November 1996 1.1. Universitäten Zu Beginn des Wintersemesters 1994/ 95 wurde Andre Vanoncini zum Extraordinarius befördert. Am Ende des Wintersemesters 1994/ 95 wurde Beatrice Schmid zur Privatdozentin für Iberoromanische Philologie ernannt. Auf Beginn des Wintersemesters 1996/ 97 wurde Olivier Millet als Nachfolger von Claude Blum auf den Lehrstuhl für Französische Literaturwissenschaft berufen. Zur Entlastung von Georges Lüdi (Präsident der Planungskommission der Universität Basel) wurde Lorenza Mondada auf Beginn des Wintersemesters 1996/ 97 als Assistenzprofessorin für Französische Sprachwissenschaft angestellt. Bern Auf Beginn des Sommersemesters 1995 wurde Rudolf Engler, Ordinarius für Romanische Philologie, emeritiert. Genf Fernando Bandini, Lehrbeauftragter für moderne italienische Literatur, trat auf Beginn des Wintersemesters 1996/ 97 altershalber zurück. Nazare Torräo wurde auf Beginn des Wintersemesters 1995/ 96 als Lehrbeauftragte für portugiesische Sprache gewählt. Folgende Lehrbeauftragte des Departement de langues et litteratures fram; aises et latines medievales wurden an französischen Universitäten als «maitres de conference» gewählt: Christoph Lucken (Paris vm-St-Denis, Oktober 1995), Romaine Wolf Bonvin (Aix-en-Provence, Oktober 1996) und Pierre-Marie Joris (Poitiers, Oktober 1996). St.Gallen Auf Beginn des Sommersemesters 1996 wurde Vincent Kaufmann zum Ordinarius für französische Literatur ernannt. Auf Beginn des Sommersemesters 1996 wurde Rommel Alfonso Krieger zum Lehrbeauftragten für Spanisch gewählt. 392 Nachrichten - Chronique Zürich Peter Fröhlicher wurde auf Beginn des Wintersemesters 1996/ 97 zum Ordinarius für Französische Literatur von der Renaissance bis zur Gegenwart gewählt. Er tritt die Nachfolge von Jacques Geninasca an, der auf das Wintersemester 1995/ 96 zum Honorarprofessor ernannt wurde. Maya Schärrer-Nussberger trat auf Beginn des Wintersemesters 1995/ 96 als Titularprofessorin für spanische und französische Literatur zurück. Marco Baschera wurde auf Beginn des Wintersemesters 1995/ 96 zum Privatdozenten für Französische Literaturwissenschaft ernannt. Christina Vogel ist seit dem Wintersemester 1996/ 97 Privatdozentin für Romanische Literaturwissenschaft, insbesondere für französische und rumänische Literatur. Marfa Paz Yafiez wurde auf Beginn des Wintersemesters 1996/ 97 zur Privatdozentin für Spanische Literaturwissenschaft ernannt. 1.2. Wörterbücher Dicziunari Rumantsch Grischun: Das Institut dal Dicziunari Rumantsch Grischun ist umgezogen. Die neue Adresse lautet: Ringstrasse 34, 7000 Cuira/ Chur, Tel. 081 / 284 66 42. Französisches Etymologisches Wörterbuch: France Lagueuniere hat das FEW auf Ende 1995 verlassen und ist seit dem 1. März 1996 als «ingenieur de recherche» am «Centre national de Ja recherche scientifique» tätig. Die freigewordene Stelle beim FEW hat Christian Seid! übernommen. Glossaire des Patois de la Suisse Romande: Ende April 1996 trat Frarn; ois Voillat, Chefredaktor des GPSR, altershalber zurück. Neuer Chefredaktor ist Paul-Henri Liard. Seit Anfang Juli 1996 gehört Alexandre Huber neu zum Redaktionsteam. Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana: Belinda Bustini trat im April 1996 als Redaktorin des LSI (Lessico della Svizzera italiana) zurück. Ihre Stelle hat Johannes Galfetti übernommen, der bis dahin beim VS/ tätig war. 2. Bibliographie der Schweizer Romanistik 1995 Folgende Titel erscheinen abgekürzt: BLESAIZoRRAQUINO 1995: TÜA BLESAIMARIA ANTONIA MARTIN ZoRRAQUINO (ed.) Homenaje a Felix Monge. Estudios de Lingüfstica Hispanica, Madrid 1995 CABRE et al. 1995: M.T. CABRE et al. (ed.), Estudis de lingüistica i filologia oferts a Antoni M. Badia i Margarit, vol. l, Barcelona 1995 CALLEBAT 1995: L. CALLEBAT (ed.), Latin vulgaire latin tardif IV. Actes du 4 e colloque international sur Je latin vulgaire et tardif (Caen, 2-5 septembre 1994), Hildesheim/ Zürich/ New York 1995 HorNKES 1995: U.HOINKES (ed.), Panorama der lexikalischen Semantik. Thematische Festschrift aus Anlaß des 60. Geburtstags von Horst Geckeler, Tübingen 1995 Letture classensi 24 (1995): M.PrcoNE (ed.), Le Rime di Dante, Ravenna 1995 (Letture classensi 24) PrcONE 1995: M.PICONE (ed.), Guittone d'Arezzo nel settimo centenario della morte. Atti de! Convegno Internazionale (Arezzo, 22-24 aprile 1994), Firenze 1995 Nachrichten - Chronique 393 VAN DEYCK 1995: RrKA VAN DEYCK (ed.), Diachronie et variation linguistique. La deixis temporelle, spatiale et personnelle, Gent 1995 AucHLIN ANTOINE, «Le bonheur conversationnel: emotion et cognition dans le discours et l'analyse du discours», in: D.VERONIQUE/ R.VroN (ed.), Modeles de l'interaction verbale, Aixen-Provence 1995: 223-33 AucHLIN ANTOINE/ FERRARI ANGELA, «Le point: un signe de ponctualisation», CLF 17 (1995): 35-56 BALDINGER KURT, «Das Argotsuffix -zingue (Von etre dans les brindezingues 'etre ivre' über banquezingue 'banquier' bis zu pompezingue 'pompier', papezingue 'papier' und plumzingue 'plumard'), in: HorNKES 1995: 65-75 - «Der Max Niemeyer Verlag und die Romanistik», in: R.HARSCH-NIEMEYER (ed.), Beiträge zur Methodengeschichte der neueren Philologien, zum 125jährigen Bestehen des Max Niemeyer Verlags, Tübingen 1995: 161-91 - «Fram; ois Rabelais en face de l'astrologie divinatrice: Defile des termes scientifiques en -mantie», in: CABRE et al. 1995: 29-43 - «Jeux de mots avec des noms de lieux reels ou fictifs», in: D.KREMERIA.MoNJOUR (ed.), Studia ex hilaritate. Melanges de linguistique et d'onomastique sardes et romanes offerts a Monsieur Heinz Jürgen Wolf, Strasbourg/ Nancy 1995/ 96: 31-38 (TraLiPhi. 33/ 34) - «Le lexique de la botanique chez Rabelais», in: MARIE-ROSE SrMONr-AuREMBOU (ed.), Dialectologie et Litterature du domaine d'oi'l occidental. Actes du 5 e colloque (Blois-Seillac, 5-7 mai 1993), Dijon 1995: 25-56 - «Ouverture du Colloque», in: I.LEROY-TURCANfT.R.WooLDRIDGE (ed.), Gilles Menage (1613-1692), Grammairien et Lexicographe. Actes du Colloque international tenu a l'occasion du tricentenaire du Dictionnaire etymologique au Origines de la langue frani;;oise (1694), Lyon 1995: 9-12 - «Resume du Colloque et discours de clöture», in: l.LEROY-TURCANfT.R.WooLDRIDGE (ed.), Gilles Menage (1613-1692), Grammairien et Lexicographe. Actes du Colloque international tenu a l'occasion du tricentenaire du Dictionnaire etymologique au Origines de la Langue fram; oise (1694), Lyon 1995: 355-61 - *W.BERSCHIN, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter, vol. 2: Merowingische Biographie. Italien, Spanien und die Inseln im frühen Mittelalter, vol. 3: Karolingische Biographie 750-920 n. Chr., Stuttgart 1988/ 1991; ZRPh. 111 (1995): 77-79 - *R.DESCHAuxlB. CHARRIER (ed.): ELoY D'AMERVAL, Le livre de la Deablerie, Geneve 1991 (TLF 406); ZRPh. 111 (1995): 102-105 - *G. Dr STEFANO, Dictionnaire des locutions en moyen fram; ais, Montreal 1991; ZRPh. 111 (1995): 97-102 - *G. DROSDOWSKIIW.ScHOLZE-STUBENRECHT (ed.), Duden. Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten. Wörterbuch der deutschen Idiomatik, vol.11, Mannheim etc. 1992; ZRPh. 111 (1995): 67-69 - *R. 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Teorfa, tecnica y analisis del cierre en la literatura moderna en lengua espafiola QuELoz JEAN-JACQUES, Elements de poetique dans A cor et a cri de Michel Leiris ScHMIDLIN REGULA, Entwicklung der Schriftlichkeit bei monoglossischen und diglossischen Kindern. Ein Vergleich zwischen schriftlichen und mündlichen Erzählfähigkeiten Deutscher und Deutschschweizer Kinder im Primarschulalter in der Schweiz Genf AzouGARH ABDELSLAM, Miguel Barnet: rescate e invenci6n de la memoria DRoGr PrnRRE, Le cantique deguise: image et folie dans Aucassin et Nicolette MESSERLI SYLVIANA, Le roman de la cruaute. Thebes a l'origine dn roman MEJIA QurJANO CLAUDIA, La linguistique diachronique: le projet saussurien METRY EMMANUELLE, Recherches sur les reuvres poetiques de Sedulius Scotus RoMAGNOLI PATRIZIA, Le theatre du langage. Un essai d'analyse et de definition du genre de la «Sottie» PHILLIPS-LOPEZ DoLORES, La novella hispanoamericana de[ modernismo Lausanne DENISBrLOTTE, Le vocabulaire de la traduction de la Consolatio Philosophiae de Boece par Jean de Meun Nachrichten - Chronique 4. Stand einiger periodischer Veröffentlichungen (abgeschlossen am 30. November 1996; cf. zuletzt VRom. 54, 414s. Schon in früheren Bänden publizierte Angaben stehen in eckigen Klammern) Diccionario de/ espaiiol medieval, Heidelberg (Carl Winter): fase. 13: adulcear afer, 1996 Dictionnaire etymologique de l'ancien franc,;ais, Tübingen (Niemeyer): fase. G9: gromet guische, 1995 fase. 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