eJournals Vox Romanica 51/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1992
511 Kristol De Stefani

MICHELANGELO PICONE (ed.), Il racconto, Bologna (II Mulino) 1985, 325 p. (Strumenti di filologia romanza)

121
1992
C. Wittlin
vox5110233
Besprechungen - Comptes rendus 225 den virtuellen Vorgaben seine eigenen noematisch-außereinzelsprachlichen Aktantenmodelle abgeleitet hat und welche Konsequenzen er aus den eindeutig der Einzelsprache verhafteten Tesniereschen Kategorien, wie es etwa die Wortarten oder die Scheidung Aktant vs. Zirkumstant sind, zieht. Die von Heger seit mehr als 25 Jahren entwickelten Aktantenmodelle erweisen sich damit als eine mögliche Ausdeutung der Elements de syntaxe structurale. Der zweite Teil des Sammelbandes ist derjenigen der Komponenten des Tesniereschen Modells gewidmet, die nach der Junktion am wenigsten systematisch rezipiert worden ist, wenn sie auch immer wieder als bequemes Beschreibungsinstrument Anwendung gefunden hat: der Translation 1 . Der erste Beitrag hier stammt von THOMAS LAMBERTZ, Kritische Anmerkungen zu Tesnieres Translationstheorie (53-79), der sich schon seit mehr als zehn Jahren den Elements de syntaxe structurale widmet 2• Im vorliegenden Beitrag wird die Translationskomponente erneut kritisch gesichtet, erneut verwiesen auf die Ambiguität, die die Translation bei Tesniere selbst besitzt im definitorischen Spannungsfeld zwischen Formenklassenwechsel und/ oder Funktionsklassenwechsel (besser: «Funktionswechsel») und erneut die Scheidung zwischen Translationen 1. und 2. Grades sowie angebliche Defizienzen des Translationskonzepts verglichen mit dem der Transposition a la Benveniste (korrekter wäre a la Bally! ) und dem der Transformation der generativen Transformationsgrammatik problematisiert. Meine Kritik trifft hier die gleichen Punkte, die ich auch an anderer Stelle 3 moniert habe ich nenne hier nur zwei der gravierendsten: 1. Die Translation wird wie übrigens in der gesamten Rezeption des Begriffs losgelöst vom Rahmenmodell dargestellt und in ihrer Nutzbarkeit beurteilt: für den Verf. ist sie letztendlich obsolet. 2. Es werden bei der Beurteilung der Translation des weiteren Kategorien in das (Tesnieresche? ) Modell eingebracht, die für Tesniere explizit nicht Beschreibungsbasis sein sollten, wie etwa die Annahme einer Tiefenstruktur zur genaueren Bestimmbarkeit einzelner Translationstypen (womit Tesniere und seinen Ambitionen offen Unrecht widerfährt, denn ihm geht es ja gerade darum, nur das darzustellen, was sich konkretsprachlich, also «oberflächenstrukturell», fassen läßt). Usw. - Der zweite Beitrag, der die Translationstheorie als Aufhänger benutzt, stammt von THOMAS KREFELD, Wörter und ihre (Un)- Arten: zum unmarkierten Wechsel der Konnexionsebene im Französischen (81-106) und liefert einen Versuch, die Translation als einheitliches Beschreibungsinstrument für einen ausgewählten sprachlichen Teilbereich systematisch einzusetzen. Der terminologischen Ambiguität Tesnieres ausweichend, scheidet er zunächst zwischen den lexikalischen Kategorien I, 0, A und E auf der einen Seite und den diversen Funktionsebenen - Verf. spricht von Konnexionsebenen - Kl, K2, K3 und K4 auf der anderen. Ausgangspunkt für die Analyse ist die auf Tesniere zurückgehende angenommene Affinität zwischen I und Kl, 0 und K2, A und K3 sowie E und K4 (wie die ebenfalls E affinen Zirkumstanten und auch die ,echten> Ad-Verbien hier einzuordnen sind, erfährt der Leser leider nicht damit wird also nur ein Teilmodell aus dem von Tesniere vorgelegten Gesamtmodell herausgelöst und, nur für einen Tesniere-Kundigen einsehbar, diesem offensichtlich, aber unzulässigerweise gleichgesetzt). Der Verf. ist nun daran interessiert zu zeigen, inwiefern lexikalische Kategorien markiert oder nicht-markiert auf nicht-affinen Konnexionsebenen im 1 Cf. dazu demnächst EDELTRAUD WERNER, Translationstheorie und Dependenzmodell. Kritik und Reinterpretation des Ansatzes von Lucien Tesniere, Köln 1993. 2 Cf. TH. LAMBERTZ, Ausbaumodell zu Lucien Tesnieres ,Elements de syntaxe structurale" 2 Bde, Gerbrunn 1982; rn., «Gerundiale Konstruktionen im Lateinischen und Französischen», in: W. DAHMEN et al. (ed.), Latein und Romanisch. Romanistisches Kolloquium l, Tübingen 1987, p. 158-96. 3 Cf. dazu E. WERNER, Translationstheorie und Dependenzmodell, Kap. 1.3.3. 226 Besprechungen Comptes rendus Französischen möglich sind. Der Beitrag ist somit kein prinzipieller zu Tesnieres Translationstheorie, sondern vielmehr ein empirischer zu einem bestimmten Typ von Konnexionsebenenwechsel, der mit der Translation gleichgesetzt wird. Interessante Frequenzaussagen zu dieser Art von Ebenenwechsel sowie der morphologischen Markierungselemente sind also zu erwarten und werden auch in aller Sorgfalt geliefert. Betrachtet man jedoch das Beispielmaterial für die verschiedenen Arten von Ebenenwechsel (0 > Kl: Berger du Nord: laine-moi; X> K2: je/ tulillon casse la casse; du pareil; du qui porte; X> K3: ! es garr;ons etaient tres filles; une robe trompe l'ceil; X> K4: un garr;on coiffe derniere mode), läßt sich allerdings nur schwer der Konnex zur eingangs gegebenen Translationsdefinition herstellen, vgl. «Den Begriff der ,Translation> reservieren wir ...für den besonderen Fall, daß ein Wort trotz Wechsels der Ebene sein ursprüngliches Konnexionspotential behält (Typ: un voyage fatigant les enfants)» (83), da in allen aufgeführten Fällen das Konnexionspotential gerade nicht beibehalten wird. Hinzu kommt, daß im Analyseteil der Begriff der Translation kaum mehr fällt. Und last but not least wird das, was Tesniere Translativ genannt hat, konsequent zum «Wechselmarken> (z.B. auch in den Synopsen, 98-103 ). So wertvolle Einblicke der Beitrag von Krefeld für die Nutzbarkeit lexikalischer Einheiten auf den diversen Konnexionsebenen auch bietet, so groß sind die Probleme, die die Rezensentin hat, diese Ausführungen dem Oberkapitel «Translation» einzubeschreiben. Aber die Diskussion um den Translationsbegriff kann und soll nicht im Rahmen einer Rezension geführt werden. Der dritte Hauptteil nähert sich dem zentralen Rezeptionsbereich des Tesniereschen Ansatzes und ist der Diskussion um Aktanten und Zirkumstanten gewidmet. GERD W0T- J AK, Einige Ergänzungen, Modifikationen und Angaben zu ,Ergänzungen> und ,Angaben> (109-128), legt seinen Ausführungen, die vornehmlich methodologischen und virtuell übereinzelsprachlichen Aspekten gelten, einen rein quantitativen Valenzbegriff zugrunde, einen Valenzbegriff, der rein syntaktisch definiert wird. Die Valenz wird als sememabhängig gesehen.Bei der Überführung in den discours kann es zu diversen Reduktionsschritten kommen bis hin zur Realisierung einer textuellen Minimalvalenz, wobei es für jedes Verb eine usualisierte Grundvalenz gibt, die zwischen den beiden Polen (diese potentiell einschließend) anzusiedeln ist. Die Aktantifizierung, d.h. die Auswahl aus den möglichen sememgegebenen Valenzstellen ist variabel und abhängig von Ko- und Kontext. Auf obligatorische Nichtaktantifizierung von Argumenten bei bestimmten Verben wird ebenfalls eingegangen (z.B. er gibt [*Karten]). Modifikatoren hingegen im discours aktuell als ,Angaben> gehören zwar nicht zur Valenz, können jedoch genau wie die Valenz sememindiziert sein, unbenommen der Tatsache, daß ihre Realisierung obligatorisch (z.B. riechen: gut/ schlecht, essen: Brot/ gern usw.) oder auch nur fakultativ sein kann. Damit bewegt sich Wotjak einen großen Schritt weg von der landläufigen Auffassung, Modifikatoren/ Zirkumstanten/ Angaben seien syntaktisch gesehen prinzipiell fakultativer Natur. Allerdings läßt der Beitrag eine Scheidung zwischen Satzmodifikator und Verbmodifikator bzw. eine allgemeine Stellungnahme hierzu vermissen.- Diese Scheidung hingegen bildet den Ausgangspunkt für den höchst anregenden Beitrag von THOMAS KoTscm, Zirkumstanten und komplexe Prädikate (129-37), wenn ihn die Propositionsmodifikatoren im folgenden auch nicht weiter interessieren.Im Zentrum der Ausführungen stehen vielmehr die verbmodifizierenden Zirkumstanten (er sagt K[ern]-Zirkumstanten, da sie den Nukleus ,Verb> betreffen). Solche K-Zirkumstanten stehen in Relation zu einer sog. unvollständigen Prädikation und bilden mit dem Verb gemeinsam eine semantische Einheit, das nun vollständige Prädikat. Als Illustrationsbeispiel dienen il dispersa la foule ,avec brutalite>, La police surveillait ,etroitement> la maison usw.Dabei nimmt der Verf.im allgemeinen Rahmen eines dynamischen Satzbildungskonzepts eine nicht näher definierte (chronologische? ) Vorrangigkeit der komplexen Prädikatenbildung vor der Einführung des 1. Aktanten an, also 1. disperser la foule avec brutalite, 2. il dispersa la foule avec