eJournals Vox Romanica 51/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1992
511 Kristol De Stefani

L’Ordre des mots en français, Paris/Gembloux (Duculot) 1987, 278 p. (TL 14/15)

121
1992
K. Hansen
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Besprechungen - Comptes rendus 283 tenebras»). Oder gar eine ganze Zeile, wie 216 remors de conscience qui s'apelle le ver qui jamaiz n'estaint (der Wurm beißt; was nie erlöscht, ist das Feuer). Textvergleiche hätten ein gutes Dutzend schlimmer Fehler vermeiden helfen; wie etwa 2970: Symon Pierre de deulx hommes nommes Rouz et Alixandre. Die Bibel hat nur quemdam; viele Passionsgeschichten aber, wie z.B. die von Ludolf von Sachsen, haben dies erweitert in Simonem Cyrenaeum ... patrem Alexandri et Rufi. Ein längeres Beispiel läßt uns die Häufigkeit solcher Schwächen zeigen und führt weiter zur Quellenforschung. Im Abschnitt über die sieben Worte am Kreuze (4077s.) berichtet der Autor, daß Jesus zwischen dem Ausruf Hely, hely, la mazabathamy (sie 4022) und den Worten In manus tuas duas commando spiritum meum (sie 4080; lies Domine, commendo) alle dazwischenliegenden Psalmenverse gebetet habe. Or y a de l'un pas a l'autre neuf pseaumes entieres du psaultier, lesquelles pseaumes contiennent cent et un vers, et taut cela il dist en la croix ... en quoi il vous (lies «nous») donna exemple de n'estre pas tantost ennuyez en oroison et en devocion. (Komma) Et par especial, quant adversite vous (lies «nous») contraint, (Kolon) dont aucunes devotes personnes ont les dessusdictes neuf pseaumes et un vers esleves et tries a part (statt Synonymgruppe «esleus et tries»? ), pour dire a ce benoit jour du grant vendredi et autres toutes, et quantes (Komma vor, nicht nach toutes; nach quantes fehlt «fois», cf. FEW 2.1418) que adversite les suprent en souvenance de la pssion de Nostre Seigneur. Das erste Zitat ist Psalm 22/ 1, das zweite Psalm 31/ 5. Ob dazwischen neun oder zehn Psalmen liegen, kommt auf die Zählweise an (oder die Zahlensymbolik). Die Basishandschrift irrt, wenn sie auf die Psalmen XXI und XXXI verweist, aber neuf pseaumes zählt. Die Herausgeberin hätte auch nachzählen können, daß es sich um mehr als un vers oder sogar cent et un vers handelt. Die katalanische Übersetzung einer Version der Meditationes Vitae Christi des Pseudo-Bonaventura liest: ... s6n deu psalms y contenen cent sinquanta versos; lo Senyor los digue tots estant en la creu ...; y per c;;o es cosa loable, en recort de la passi6 del Senyor, dir-los algunes vegades (ed. ALBERT HAUF, Contemplaci6 de la passi6 de Nostre Senyor Jesucrist, Barcelona 1982, p. 59). In neueren Ausgaben der Meditationes findet sich kein Hinweis auf diese Legende und volkskundlichen Brauch, aber es ist offensichtlich, daß der Übersetzer der Passion auch hier bloß seiner lat. Vorlage folgt. DuBruck, die die Meditationes nur aus Zitaten in Emile Roys Le Mystere de la Passion kennt (cf. p. 57 N 32), glaubt aber, die Meditationes seien nichts mehr als «source inspiratrice» gewesen (20). Ihr Text sei keine «traduction au sens moderne, mais plutöt une adaptation de la source latine; eile se lit comme un text d'origine vernaculaire» (17; cf. p.3: «assez libre pour etre considere comme un traite independant»). Nun ist aber die Überlieferungsgeschichte der Meditationes äußerst schlecht bekannt. Doch in ihrem letzten Fünftel entspricht die Passion wörtlich der gedruckten Version der Meditationes, mit für das fünfzehnte Jahrhundert üblichen Einschüben von Erklärungen («isti»: ces gens taut armes 4341) und Adjektiven usw. («fratres»: Hee, mes treschiers freres 4377), Verdopplungen («moestissima mater»: sa dolante et povre mere 4376), Gefühlsüberschwang («vehementer anhelat»: ahenner et allener et alleter de paine et de travail 2950), und Glossen («Centurio ... dixit»: Et lors le centurion estoit ung chevalier qui estoit capitaine sur cent chevaliers que il avoit saus soy. Quant ... se va escrier et dire a haulte voix, 4326, lies le centurion c'estoit ... saus soy quant ...). All dies zeigt, daß die Aussage des Übersetzers J'ay translate ceste Passion de Jhesus Nostre Sauveur de latin en franc;;ois sans y adjouster moralites, hystoires, exemples ou figures nicht bloß eine «formule» ist, wie DuBruck es haben will, um diesem Text mehr literarhistorische, Bedeutung zumessen zu können. Aber weit mehr Quellenforschung ist nötig, bevor z.B. der Einfluß der Passion auf Grebans Mystere als «indeniable» (29) hingestellt werden kann. Die genaue Vorlage des Übersetzers wird vermutlich unauffindbar bleiben, aber ich bin überzeugt, daß sich für jede Stelle in dieser Passion, die DuBruck als originale Interpolation bewundert, eine Quelle finden ließe. 284 Besprechungen - Comptes rendus Das Glossar 211-221 beschränkt sich auf heute unbekannte Wörter, es fehlen aber ein gutes Dutzend wichtiger Ausdrücke. 3240 z.B. gibt der Übersetzer zwei Interpretationen eines biblischen Wortes: « Va qui destruis templum dei ...» Va, c'est une moquerie et une masniere de reproche, comme l'en diroit niffle ou va, vanteur, vanteur, tu te vantoies ... (lies: niffle, ou va, «vanteur»: Vanteur, tu ...) Das FEW 7.123 belegt niffle als «exclamation marquant la deception» erst ab 1644 ( ,deception> trifft aber für vorliegendes Beispiel nicht zu). Andererseits sähe man gerne in einem Glossar alle Wörter gesammelt, veraltet oder nicht, die von sprachgeschichtlichem Interesse sind. So wäre eine Liste von intern übersetzten Latinismen wünschenswert, da diese datierbare Rückschlüsse auf den Verbreitungsgrad von Neologismen, oder den Bildungsgrad des Übersetzers, ermöglichen. Beispiele: distant, c'est loin (25); vous precederont, c'est a dire, iront devant vous (698); contendre a arguer (4693, lies et, da es sich um eine binominale Übersetzung von lat. «contendere» handelt; 4663 gebraucht die Quelle ebenfalls «contendebat»: P 1 hat vermutlich elle contenoit [conabgekürzt], und nicht elle tenoit, wie gedruckt). DuBrucks Ausgabe dieser Passion mag zwar für gewisse Forschungsansprüche genügen, ähnlich einer Landkarte in einem zu kleinen Maßstab. Aber der Philologe und Mediävist verlangt mehr. Eine kritische Ausgabe dieses Textes mit vollständigem Variantenapparat ist vielleicht nicht notwendig. Aber paläographische Zuverlässigkeit und ein durchgehend verständlicher Text sind Grundbedingung, nebst systematischen Vergleichen mit anderen Handschriften, mit der Bibel und mittelalterlichen Paralleltexten. Nur so kann man die Basishandschrift bereinigen und Originalität, Arbeitsmethode und Qualität des Übersetzers beurteilen sowie Hypothesen auf eventuelle Überarbeitungen des Originals aufstellen. Die vorliegende Ausgabe ein «chef d'reuvre de rigueur et d'erudition qui satisfera pleinement tous ! es medievistes» zu nennen (Buchrücken), ist entweder abjekte Schmeichelei, oder entspricht der Meinung, es komme ja beim Verlag Peter Lang nicht so darauf an. C. Wittlin * ToBLER-LOMMATZSCH, Altfranzösisches Wörterbuch. Adolf Toblers nachgelassene Materialien, bearbeitet und herausgegeben von Erhard Lommatzsch, weitergeführt von Hans Helmut Christmann, 89. Lieferung, Zweite Lieferung des 11. Bandes, venteler viäire, Stuttgart (Franz Steiner) 1991, eo! . 193-384 Erfreulich schnell nach der Publikation der ersten Lieferung des elften Bandes (cf. dazu die Anzeige VRom. 49/ 50) legt Hans Helmut Christmann die zweite vor und bestätigt die Hoffnungen auf einen zügigen Fortgang der Arbeit. Gerne und mit Nachdruck wiederholen wir unsere Dankbarkeit und Anerkennung für Christmanns Bereitschaft, den Tobler- Lommatzsch in großem Stil zu Ende zu führen. Wem der lexikographische Alltag fremd ist, der vermag kaum zu ermessen, welches Maß an Energie und philologischer Arbeit in den 96 Seiten einer solchen Lieferung steckt. Umso erleichterter haben wir daher wenn auch auf Umwegen davon Kenntnis erhalten, daß Christmann die Last der Redaktion nicht immer ganz alleine tragen mußte 1, und hoffen, daß eine gewisse Arbeitsteilung noch andauert. 1 In: MONIKA KELLER, Ein Jahrhundert Reformen derfranzösischen Orthographie, Tübingen 1991, erfahren wir auf der hinteren Umschlagseite im Rahmen einer Kurzbiographie von ihrer «Mitarbeit am Altfranzösischen Wörterbuch (Tobler-Lommatzsch) 1985-1988». Besprechungen - Comptes rendus 285 Die Lektüre der Artikel, von denen vilorR mit einer Länge von nahezu 22 Spalten den Umfang einer Monographie erreicht, ist ebenso informativ wie anregend. Bewundernswert ist einmal mehr die Feinstanalyse grammatikalischer und syntaktischer Erscheinungen, etwa in den Artikeln vilorn und VERITE. Hier wird die von Tobler formulierte und von Lommatzsch übernommene Überzeugung lebendig, «daß der größte Teil dessen, was gemeiniglich der Syntax zugewiesen wird, fürs Französische durchaus dem Wörterbuch und nur ihm anheimfällt,> 2 . Gleichzeitig wird aber auch das semantische Spektrum der Wörter in einer Ausführlichkeit vorgeführt, die manchen Artikeln durchaus enzyklopädischen Charakter verleihtein Vorgehen, das für ein mediävistisches Wörterbuch uneingeschränkt zu begrüßen ist. So erfährt man etwa zu vermeil 'rot, scharlachrot, leuchtend rot, hochrot' nicht nur die eigentliche Bedeutung als Farbe, sondern auch die Verwendungen als 'rot als Farbe des Blutes', 'rot von Blut', 'Gesichtsfarbe: rosig', 'rot vor Wut, vor Scham', 'abwechselnd rot und blaß', 'rot vor Angst', 'Blumen, Früchte', 'rot (von Haaren)','rothaarig','rot vom Gefieder des Pfaus','Kleider, Stoffe','rot als Farbe im Wappen des Schildes,des Banners', 'Sonstiges', 'Rotwein', sowie die substantivischen Verwendungen als 'rote Farbe, Rot', 'Rotbraun, vom Gefieder des Falken', 'Rot im Schild' und schließlich die Wendung torner le vermeil de l'escu 'das Rot des Schildes (gegen den bisherigen Herrn) wenden, zum Gegner (des bisherigen Herrn) werden'. Bei der Auflistung dieser Unterteilung haben wir in Anführungszeichen ('. . .') gesetzt, was im TL zu Beginn einer Beleggruppe einfach kursiviert ist. Diese einheitlich durchgängige Kursivierung schränkt leider den Wert der semantischen Analyse ein, denn der Benutzer kann nicht auf den ersten Blick erkennen, ob er es nun mit Definitionen oder Kommentaren und Erklärungen zu tun hat. Bei 'Sonstiges' ist klar, daß es sich nicht um eine Bedeutung von vermeil handeln kann es geht in den Belegen um rote Edelsteine und rotes Gold -, und daß bei 'abwechselnd rot und blaß' noch pale o. ä. im Spiel sein muß, ist auch leicht ersichtlich. Aber vermeil 'roter Stoff' könnte man sich neben afr. rage 'id.' (TL 8, 1385; FEW 10, 532b) durchaus vorstellen 3 , und vermeil 'Rotwein' wäre auch denkbar, vgl. nfr. rouge m. 'id.'. Ein anderes Beispiel für die Problematik dieser Art der Darstellung: s. VERM 'Wurm'findet man neben einer Reihe von Verwendungen dieses Wortes in besonderen Kontexten die «Bedeutung» 'Raupe (Seidenwurm, Seidenraupe)'. Tatsächlich heißt das Tier in den Belegen ver qui fait la soye, viers ki fait soie, bzw. im Plural ver qui font la soie, vier ki font le soie. Die Belege für diese Bedeutung sind wichtig und willkommen (FEW 14, 292a gibt nur ver a soie [seit Est 1538] und in einer Fußnote den Beleg aus AalmaR), aber es könnte in der Darstellung doch besser differenziert werden, was tatsächlich Definition istbei zusammengesetzten Ausdrücken sollten diese der Definition vorangestellt werden 4 -, wo aus enzyklopädischem Interesse auf bezeichnende oder auffällige Kontexte verwiesen wird, usw. Der Art der Darstellung an dieser Stelle noch einmal größere Aufmerksamkeit zu widmen fühlt sich der Rezensent dadurch aufgefordert, daß Christmann sich jüngstens zu 2 Tobler, VB 5,477, zitiert von Lommatzsch in TL 1, XI. - Die hier verwendeten Sigeln sind die des DEAF. 3 Mit Recht übrigens, denn vermeil 'etoffe rouge' ist belegt in FetRomF 1 654, 28 (FEW 14, 289b). 4 Vgl. etwa TL 6,670 s. 'Knoten' «no de la gorge 'Adamsapfel'», «noz de l'eschine 'Wirbel des Rückgrats'»,«noz de la coe 'Schwanzwirbel des Hundes'». Die typographische Präsentierung von Definition,Kommentar, etc. ist allerdings seit jeher die Schwachstelle dieses sonst vorzüglichen Wörterbuches, vgl. im selben Artikel nacheinander «Knoten am Gewande, darin man Geld eingebunden trägt», «no (d'estrain) als Minimalwert», «Redensarten», «figürl. Knoten, festes Band». 286 Besprechungen - Comptes rendus diesem Thema ausführlich geäußert hat 5 . In Abgrenzung zum sprachwissenschaftlichen Wörterbuch charakterisiert er dabei noch einmal kurz die Merkmale des TL, den er in der Nachfolge Lommatzschs als philologisches Wörterbuch verstanden wissen möchte: «(...) Aufführung zahlreicher und oft längerer Belegstellen; Anwendung philologischer Textkritik bei der Auswahl der Lesarten; sorgfältige Ermittlung der Bedeutung des Wortes an Hand aller verfügbaren Kriterien; genaue Beobachtung der syntaktischen und stilistischen Verwendungen; intensive Berücksichtigung der kulturhistorischen und volkskundlichen Aspekte. » (574s.). Die Ausführlichkeit der Darstellung ist dadurch gerechtfertigt, daß für den Philologen «ein Wort eigentlich nie ,ganz gewöhnlich, ist, sondern immer in einem vielfältig variierten geistigen, phraseologischen, stilistisch-literarischen, kulturhistorischen oder volkskundlichen Kontext steht » (576s.). Unbestritten ist, daß man auf der Grundlage dieser Überlegungen lexikographisch arbeiten kann, und daß die Fülle des Materials willkommen ist. Allein, man wünschte sich etwas mehr methodologische Präzision bei den sprachwissenschaftlichen Aspekten, ohne die kein Wörterbuch auskommen kann. In demselben Aufsatz erläutert Christmann auch die Anordnung der Belege innerhalb eines Artikels, eine Anordnung, deren Feinsinnigkeit mir zuvor entgangen war, und die daher zu Unrecht Gegenstand der Kritik wurde. Da das Prinzip auch für die Artikel des neuen und der noch ausstehenden Faszikel gilt, erscheint es nicht überflüssig, hier etwas ausführlicher zu zitieren. Als anschauliches Beispiel dient der Artikel VENTAILLE (Sp. 187ss.), just jener Artikel also, anhand dessen ich die Aufgabe der chronologischen Anordnung der Belege und ihre Verteilung monieren zu müssen glaubte. Tatsächlich beginnt der Artikel mit einer genauen Bedeutungsbestimmung nebst den Verweisen auf die Sekundärliteratur «und bringt als ersten Beleg eine längere Passage aus den Perceval- Fortsetzungen, die den Sinn recht genau verdeutlicht und speziell zeigt, daß es sich nicht um das Heimvisier handelt: (...). Ein zweiter Beleg, aus Chretiens Perceval, unterscheidet expressis verbis Helm, Panzerhaube und Panzerstreifen: (...). Nach ähnlichen, aber weniger deutlichen Belegen folgen solche, die das Wort in charakteristischen sachlichen Zusammenhängen und dementsprechend mit verschiedenen Kollokationen vorführen: mit fermer 'befestigen, festmachen', lacier 'festbinden', deslacier 'losbinden', oster 'losmachen, abnehmen', abaissier 'herunterlassen', mit spezifischen Wörtern für 'kaputtmachen' wie rompre, trenchier, coper, mit abatre 'herunterschieben' u.a. meist durch mehrere Nachweise, die dann chronologisch geordnet sind. Den Abschluß bildet eine Stelle aus dem Roman de la Rose ou de Guillaume de Dole, wo ventaille okkasionell (scherzhaft ) für einen Teil der weiblichen Kopfbedeckung verwendet ist. » (578s.). Dazu bleibt lediglich anzumerken, daß sicherlich mancher Benutzer dankbar wäre, wenn die Kollokationen u.ä. den Belegreihen kursiviert vorangestellt würden, zumal dadurch nicht nur der allgemeine Überblick verbessert, sondern auch der Zugriff für phraseologische, stilistisch-literarische Untersuchungen etc. erleichtert würde. Zurück zum neuen Faszikel. Was die Erstellung des Textteiles anbelangt, so ist inzwischen erkennbar geworden, daß Christmann die Toblerschen Materialien trotz völliger Veränderung der Arbeitstechnik (cf. die Vorbemerkung zum 11. Band ) noch mitberücksichtigt, cf. 203, 25 s. VENTRAIL «Tobler: Magen » (Christmann definiert 'Bauch', Ruelle als Hg. des Textes 'Brust' ) 6 , 316,20 s. VERSATILE «Tobler: sich rasch drehend » (Ch. 'leicht 5 H.H. CHRISTMANN, «Philologie oder Sprachwissenschaft? Zum Altfranzösischen Wörterbuch (Tobler-Lommatzsch )» in: K.H.KöRNERIG.ZrMMERMANN (ed.), Homenaje a Hans Flasche, Stuttgart 1991, p. 572-584. 6 Es muß sich um einen Vermerk auf einer der Toblerschen Karteikarten handeln, denn in den Anmerkungen zur Ed. Martin des Besant de Dieu, die zum Großteil von Tobler stammen, findet sich kein derartiger Hinweis. Besprechungen -Comptes rendus 287 drehbar'), 336, 7 s. VERTIR «Tobler erwägt nerci » (an Stelle von verti), etc. Neben die älteren Belege tritt jetzt aber immer deutlicher die Masse der Lesefrüchte Christmanns aus neuen und neuesten Textausgaben zutage. Zu den häufiger herangezogenen gehören etwa LancPrK, MenagB, ContPercR, RenyF, BibleMalkS, SGregS, lpH, um nur einige Editionen der letzten Jahre zu nennen. Die jüngsten sind wohl SaisnAiLB, SGregEvrS und RenMontdT, alle von 1989. Die zitierten Textstellen werden noch einer philologischen Kritik unterworfen, gegebenenfalls diakritische Zeichen und Interpunktion im Vergleich zur zitierten Ausgabe verändert, vgl. 216, 26/ 27; 318, 16; 321, 7; etc. 7 Zugenommen hat auch die Zahl der Verweise auf Sekundärliteratur jüngeren Datums (etwa BuchonAnimal, OrelliBibel, MöhrenVal, MöhrenLand, etc.), wobei sogar noch eine Publikation von 1990 mitberücksichtigt werden konnte (342, 46). Wünschen wir Hans-Helmut Christmann -und auch den interessierten Romanisten weiterhin ein gutes Vorankommen der Publikation der ausstehenden Lieferungen. Vielleicht darf man jetzt auch schon die Anregung für einen «abrege» des TL zum Ausdruck bringen, wie G. Roques dies in seiner Besprechung von MelLommatzsch in ZRPh. 92, 613 getan hat. Einige Anmerkungen: 195, 14: el le 1. et le; -195, 15: grant 1. grans; -196, 2: il vens 1. li vens; -196, 23: der Beleg aus Meon 1, 8, 202 Si reventent li autre vent ist s. VENTER wohl zu streichen, auch wenn von REVENTER (TL 8, 1215) auf VENTER verwiesen wird; ansonsten diesen Text lieber aus MuleH oder MuleJ zitieren; -196,26: vanta 1. Vanta; -198, 10: Ens un un 1. Ens en un; -199, 41: zu VENTOISE vgl. noch die Anmerkung in NoomenFabl 1, 344; 199, 51: venteur aus AalmaR 13037 hätte in Spalte 194 zu einem Eintrag *vENTEOR adj. 'windreich' führen können. -203, lss. sind s. VENTRAIL Formen zusammengestellt, die im FEW unter zwei verschiedene Etyma geräumt sind: ventrail s. VENTER (FEW 14, 249b), ventroil dagegen s. VENTRICULUS (FEW 14, 254b) mit Anm.); ein Kommentar dazu wäre nützlich; -203, 34 'Herzkammer', 203, 54 'Hirnkammer' und 204, 24 'Hirnkammer' interpretieren den Kontext; - 205, 7 und 205, 10 wird ventre in zwei Belegen der Wendung fendre le ventre (aus demselben Text) einmal 'Bauch als Körperteil (des Menschen)', einmal 'Leib, Brust' definiert; fraglich; -210, 42: ergänze ventrel 'ventre' FEW 14, 250a; - 211, 49: ergänze ventriere 'ventre' TilLex 156 und FEW 14, 249b; -212, 3ss. s. VENTRILLIER sind zwei etymologische Familien zusammengelegt: neben den Vertretern von VENTRrcu- LUS (FEW 14, 254b) finden sich Formen (vutrillier, viutriies, voiltrollier), die zu *vowrn- LARE (FEW 14, 619b) zu stellen sind; -212, 20: Ke sour 1. ke sour; -213, 2: doulouser 1. dolouser; 213, 24: für die Wendung a ventrillons 'auf dem Bauch, auf den Bauch' wird den Belegen mit der Graphie -on der Vermerk «sing. » vorangestellt, d. h. bei den Belegen auf -ans nimmt Ch. plurales -s an; es handelt sich dabei doch wohl vielmehr um analoges -s der Adverbbildung dieses Typus; -216, 26: lifist dure 1. li fist si dure; 217 s. VEOGE ergänze den Beleg aus DEAF G 389, 32; 223, 52: «veoir a sehen nach, überprüfen» ist nicht zu trennen von 229, 35 «veoir a q. eh. 'nach etwas sehen, auf etwas achten, für etwas sorgen' » ; - 233, 7: ca 1. car; -247s. s. VERBAL und VERBE ergänze Verweis auf StädtlerGram 296 bzw. 297. - 249, 36: zu VERCHE vgl. ZRPh. 101, 234 den Verweis auf OvArtPrR 3980 mit Hinweis auf das Fehlen dieser erbwörtlichen Form in FEW 14, 320b s. VERTEx; -253, 39: die Korrektur ist berechtigt, aber statt der alten Ausgabe Beckmann (1799) lieber die zuverlässige von Studer/ Evans (1924, Nachdruck 1976) zitieren, die auch den richtigen Text gibt; -256, 29: eher 'Rute, Stock' (Glossar Walberg 'verge'); -256, 45 ist das Fragezeichen zu streichen, 7 Benutzerfreundlich ist die durchgängige Großschreibung der Versanfänge, auch bei Texten, in denen der Herausgeber dies nicht tut, vgl. die Zitate etwa aus ThebesR, CleomH oder TrubertR. (Einmal wurde eine solche Korrektur übersehen, cf. 256, 4ss. im Zitat aus ThebesR.). 288 Besprechungen - Comptes rendus das Wort gehört zur Familie von germ. *wALDA (FEW 17, 486b); der Beleg ist im DEAFG 398 nachzutragen; - 256, 48 VERGAY fehlt ein Verweis auf DEAF G 37; dort weitere Belege; - 257, 52ss.: für die Belege verge pelee (Rol; Bueve3S; Meon) ist das «ohne Rinde» der Definition zumindest in Klammern zu setzen; - 259, lOss.: die Bedeutung 'Rutenhiebe, Tracht Prügel' ist zu streichen, richtig ist die Übersetzung des Kontextes in TL 5, 1075, 52 s. MANIIER 'die Rute handhaben, ihn mit Ruten züchtigen'; die Definitionen 'Königsstab', 'Amtsstab', 'Bischofsstab' interpretieren den Kontext; so steht etwa beim 'Königsstab' in jedem Beleg der Zusatz real, royal (bei VERGEL 262, 26 richtig nur 'Stab'); ebenso als Kollokationen aufzuführen sind verge del fum, verge de fumee 'Rauchsäule' und 263, 4 vergele de fumee 'kleine Rauchsäule'; - 260, 34: Dedanz 1. Dedans; - 262, 30: VERGELE und VERGELETE sind als Lemmata zu trennen; -266, 30: der Beleg aus CharroiPo ist unter dieser Bedeutung sicher zu streichen; nicht jeder Garten, in dem ein Apfelbaum steht, ist deswegen schon ein Obstgarten; -die Belege 267, 20 und 267, 25 sind identisch: Im Roman du Castelain de Couci ist das Lied von Gace Brule eingestreut (vgl. einen richtigen Hinweis dieser Art 359, 22); -die Belege ErecF 1759 Quant li rois la vit vergoignier und CligesF 5021 (nicht 5019) 8 Si que tot vergoignier le voient sind 271, 28 unter die Kategorie: intr. 'sich schämen' zu stellen; -276, 2: ergänze s. VERISSIBLE den Verweis auf FEW 14, 331a; -280, 19s. ist der Kontext recte zu setzen; -281, 41: et s'en 1. Et s'en; -287, 10: ergänze s. VERMEIL den Verweis auf SchäferFarb 47ss.; - 287, 49: der Beleg aus LancPrK 120, 28 ist unter die Substantive zu stellen; im Glossar richtig; - 291, 9: vermeil bezeichnet wohl, trotz FEW und Gdf., nicht den Ort, sondern das eigentliche Objekt des Wühlens. Ich übersetze: Die andere Art Futter, nach der Wildschein und anderes Schwarzwild zum Fressen unterwegs sind, nennt man Gewürm . . .; vgl. noch ModusT Glossar: 'les vers que le sanglier mange'; - 292, 10: ergänze den Verweis auf FEW 14, 289b mit der Definition 'filago'; - 297, 15: verminer ist kein Hapax; der eine Zeile zuvor zitierte Levy Tres gibt fünf Belege, dabei auch noch die Bedeutung 'produire de la vermine' (allerdings gehört der Beleg für Ps 30, 11 aus GlBNhebr 302L zur Bedeutung 'etre couvert de vermine'; die Glossen zu Ex 16, 20 auch in GlBNhebr302L 23, 83 -sind eindeutig); - 304, 44 VERREGLACIER und 305, 3 VERREGLAZ fehlt ein Verweis auf DEAF G 789/ 90; dort weitere Belege; - 305, 38: ergänze den Verweis auf DC 8, 281a; - 305, 44: die Herzogin und Trubert sind keine Karnickel; - 311, 31: 109ff. 1. 123; - 316, 19: ergänze den Verweis auf FEW 14, 311a; -317 s. VERSEFIIER hätte man den Beleg aus PeanGatS 4864 aufgrund einer Toblerschen Notiz erwartet, da er ihn in seiner Besprechung ZRPh, 21, 411 aufführt; - Flooyant B 1. Floovant A; der Beleg ist wohl eher zu streichen. Die Andolfschen Überlegungen sind zwar geistreich, aber die Bedeutung 'faire reculer', die notwendig wäre, um dem Vers bei dieser Lesart einen Sinn zu geben, ist semantisch nicht aufrechtzuerhalten; 1. averse 'feindlich'; -321, 6: Su 1. Si; -321, 7: afaut 1. afait; -324, 50: ergänze s. VERT den Verweis auf SchäferFarb 68; -330, 3; Lapid. 1. Lapid. E; -336, 52: vermeilon aus MoamT hätte gut in den entsprechenden Artikel gepaßt (293, 35); dort nur Belege aus zwei Texten für 'Zinnober'; -340, 9: MöhrenLand 338 definiert die Wendung se tenir en vertu 'produire sans cesse (d'une plante)' und expliziert 339: «vertu ist hier wie in Menag eher 'force, vigueur (de croissance)' zu definieren»; -369, 12: die beiden Bedeutungen sind deutlicher voneinander zu trennen, etwa wie s. VERTILLON; - 378, 40 besser aus PhMezGrisG 170, 86 zitieren, bzw. Hinweis geben, daß es sich um einen anderen Text handelt; -382, 21: ergänze den Verweis auf FEW 21, 485b. Th. Städtler 8 V. 5019 ist um eine Silbe zu kurz; besser nach der «großen» Ausgabe 1884zitieren: Mais bel li est et s'an a honte. Besprechungen - Comptes rendus 289 MAURICE GREVISSE, Le bon usage. Grammaire fran9aise. Douzieme edition refondue par ANDRE GoossE, Paris/ Louvain la Neuve 1986 (impr. 1991) (Duculot), XXXVIII + 1768 p. Die 1991 erschienene Paperback-Ausgabe des französischen Grammatik-Klassikers 1 fleischfarben mit roter und blauer Aufschrift verkündigt schon rein äußerlich ein Programm: Grevisse sowie douzieme edition refondue par in rot, le bon usage und Andre Goosse sowie Duculot und Klappentext auf der Buchrückseite in blau. Tradition und Innovation finden sich damit auch typographisch hervorgehoben, wobei das zweite Element optisch dominiert. Der Verlag identifiziert sich durch die farbliche Gestaltung mit der modernen Auffassung einer Grammatikschreibung, die bemüht ist, Erkenntnisse der modernen Sprachwissenschaft in für das Publikum verdaulicher Weise in ein altes Hilfsinstrument zu integrieren - und nicht nur der «Fachmann» profitiert davon. Das Ganze ist das Verdienst Andre Goosses, des Schwiegersohnes von Maurice Grevisse nur als solcher konnte er es wagen, den traditionsreichen Bon usage in weiten Bereichen derart umzugestalten und doch noch unter dem Namen «Grevisse» dem Publikum zu präsentieren. Symptomatisch für die Neuorientierung ist auch der Verzicht auf den Untertitel «avec des remarques sur la langue fran9aise d'aujourd'hui». DieserBezug auf Vaugelas wäre mit dem neuen Konzept auch nicht mehr gut vereinbar, stellt der «neue Grevisse» doch ein sowohl methodisch weitgehend homogenes als auch in seiner Gliederung gutgegossenes Ganzes dar. Vergleicht man die 12. Auflage mit den vorangehenden (die letzte umfassendere Erweiterung hatte im Zuge der 9. Auflage stattgefunden, ohne daß allerdings an Systematik oder Definitionsmodus etwas verändert worden wäre) 2 , so fallen bei allen oberflächlichen Gemeinsamkeiten doch rasch auch die rein äußerlichen Unterschiede ins Auge. Neben einer teilweise moderneren Terminologie wird auch eine neue Systematisierung der beschriebenen sprachlichen Teilbereiche vorgenommen, die vor allem im dritten Hauptteil zu den Parties du discours schon beim Blick ins Inhaltsverzeichnis deutlich wird. Den klassischen neun Redeteilen der Vorgängerauflagen (nom, article, adjectif, pronom, verbe, adverbe, preposition, conjonction und interjection) stehen in der 12. Auflage elf offensichtlich als solche empfundene Klassen (nom, adjectif, determinant, pronom, verbe, adverbe, preposition, conjonction de subordination, conjonction de coordination, introducteur [das sind unveränderliche Elemente, die ein Wort, ein Syntagma oder einen Satz einleiten, z.B. voici, voila, que, est-ce que, diverse Präpositionen, etwa in au Jeu usw.] sowie motphrases) gegenüber. Es fällt auf, daß der Artikel als eigenständiger Redeteil, um den nicht nur die französische Grammatik so lange gerungen hat, nicht mehr auftaucht. Er findet seinen systematischen Platz unter den Determinanten gemeinsam einerseits mit den anderen Paradigmen, die Artikelfunktion ausüben ('ce', 'mon' usw.) und andererseits mit weiteren geschlossenen Paradigmen im Umfeld des Nomens (Numeralia, Relativdeterminanten Typ auquel [cas], Interrogativ- und Exklamativdeterminanten usw.). Neu ist auch 1 Cf. erste Reaktionen auf die überarbeitete Neuauflage (1986) etwa von F. G. HEALEY, *M. G., Le bon usage, MLR 83 (1988), 184-86; P. OswALD, *M. G., Le bon usage, RF 99 (1987), 419-42; R. SrNoou, *M. G., Le bon usage, BSLP 83 (1988), 243-45, sowie M. TRoussoN, «Un aspect significatif de la reflexion linguistique en Belgique francophone: La reedition, en 1986, du Bon Usage de Maurice Grevisse», Etudes litteraires 21 (1988), 69-87, bes. p. 74ss. 2 Zur Geschichte des «Grevisse» durch die verschiedenen Auflagen hindurch bis hin zur 11. cf. MARIA LIEBER, Maurice Grevisse und die französische Grammatik. Zur Geschichte eines Phänomens, Bonn 1986. Für die Analyse ausgewählter Darstellungsbereiche des «alten» Grevisse cf. zudem Band 12/ 13 der TL, der ausschließlich diesem Werk gewidmet ist: RrKA VAN DEYCK (ed.), Tradition grammaticale et linguistique: «Le bon usage» de Maurice Grevisse. 290 Besprechungen - Comptes rendus die Gleichstellung von subordinativer und koordinativer Konjunktion als eigene Redeteile. Der Redeteil der introducteurs ist in der französischen Grammatikschreibung neu und trägt der Tatsache Rechnung, daß sprachliche Einheiten Funktionen außerhalb des normalen Dependenzgefüges als reine Aktualisatoren und Präsentatoren wahrnehmen können. Und mit den mots-phrases wird der satzfunktionellen Ebene Rechnung getragen. Doch liegen, verglichen mit den Vorgängerauflagen, nicht nur hier bedeutende Veränderungen vor. Das gesamte Belegmaterial wurde einer Revision unterzogen. Beispiele von in Vergessenheit geratenen Autoren werden ersetzt, neue Quellen erschlossen, und auch moderne Autoren finden mit ihren Werken Aufnahme. Querverweise werden nurmehr sparsam eingesetzt. Insgesamt gesehen hat die Neubearbeitung so auch eine «Entrümpelung» mit sich gebracht. Des weiteren werden von Grevisse vernachlässigte Bereiche ausgebaut bzw. neu eingebracht: So werden die diversen Register systematischer erfaßt und auch hier und da Hinweise auf die gesprochene Sprache gegeben, obwohl diese nicht der zentrale Gegenstand der Grammatik ist. Neu ist das Einbeziehen von v.a. für die Schweiz und Kanada charakteristischen Regionalismen. Neuen Interessengebieten auch außerhalb Frankreichs wird damit erstmals Rechnung getragen und der Rang eines würdigen Beschreibungsobjekts eingeräumt. Der Sachindex (1709-1761 ) ist völlig überarbeitet, desgleichen ist die einleitende Bibliographie aktualisiert und um eine Liste der zitierten Autoren und Werke erweitert (XI-XXXVI) (in den früheren Auflagen im Anhang ). Hinzu kommt der Abdruck des Arrete Haby vom 28.12.1976 mit den neuen Richtlinien für orthographische und grammatikalische Toleranzbereiche, die in einem Annex beigegeben sind. Was den Aufbau der einzelnen Artikel angeht, so will ich diesen pauschal kurz erläutern. Fast jedem Gegenstand ist nun eine Literaturangabe vorangestellt, die dem Interessierten Lektürehinweise für eine spezifischere Behandlung durch den Fachwissenschaftler gibt. Klassiker tauchen neben neuesten Beiträgen (bis ca. 1985) auf. Jedem Gegenstand geht eine Definition voraus, bevor dann eine Auflistung all derjenigen Erscheinungen folgt, die unter das jeweilige Oberkapitel fallen. Wenn von Interesse, wird in einem typographisch durch einen kleineren Schrifttyp gekennzeichneten Abschnitt Information zur Geschichte des aktuellen Themas gegeben. Daran schließt sich dann die ausführliche Darstellung der Nutzungsmodalitäten und -alternativen in Regel und Ausnahme an. In mit Remarques überschriebenen Abschnitten wird zusätzlich auf Details eingegangen, die bei der allgemeinen Darstellung ausgespart geblieben waren, die aber unter verschiedenen Gesichtspunkten für den Konsultenten von Interesse sein könnten. Die Illustration erfolgt meist, doch nicht ausschließlich, mittels literarischer Beispiele. Sicher hätte der Mann/ die Frau «vom Fach» an der einen oder anderen Stelle eine andere Darstellungsweise bevorzugt (z.B. bei den formes composees, denen zur Abgrenzung zu denformes simples ein temporaler Wert zugeschrieben wird, statt den Unterschied angemessener über den Aktionsstand zu fassen dementsprechend fehlen auch die Termini accomplissement und accompli im Index, etc.), doch wäre eine hier einsetzende Detailkritik eine unangemessene Beckmesserei und in einer Rezension fehl am Platze. Sie muß dem wissenschaftlichen Diskurs vorbehalten bleiben. Die Entscheidung über eine geglückte Neubearbeitung wird zunächst einmal das anvisierte Publikum treffen müssen. Goosses Movens ist dabei ein hochseriöses im Dienste einer zeitgemäßen Grammatikographie, so wie sie von Grevisse selbst in der 1. Hälfte unseres Jahrhunderts angestrebt wurde und permanent in den Bearbeitungen der Neuauflagen fruchtbar geworden ist. Auch der «neue» Grevisse wird seine Bearbeitungen finden ... Es sei hier zum Abschluß der letzte Abschnitt des Avant-propos von Goosse zitiert, in dem sowohl die neue wie auch die traditionsgetragene Zielsetzung auf knappstem Raum deutlich werden: «En conclusion, j'espere que cet ouvrage sous sa forme nouvelle rendra mieux encore ! es services qu'on attend: fournir une description du fram;:ais moderne aussi Besprechungen - Comptes rendus 291 complete que possible; apporter des jugements normatifs fondes sur l'observation de l'usage, des usages; permettre aux locuteurs et aux scripteurs de choisir le tour qui convient le mieux a l'expression de leur pensee et a la situation de communication dans laquelle ils se trouvent.» (IXs.) Der «neue Grevisse» ist damit eine für das Zielpublikum reizvolle Handreichung und Referenzgrammatik, der man einen ebenso großen Erfolg wünscht, wie den vorangegangenen Auflagen. Edeltraud Werner * L'Ordre des mots en franr;ais, Paris/ Gembloux (Duculot) 1987, 278 p. (TL 14/ 15) Die unter dem Titel «L'ordre des mots» im November 1987 erschienene Aufsatzsammlung der Travaux de linguistique (14/ 15), «Revue internationale de linguistique fran1,aise» behandelt, ausgehend von einem domaine ideel des Themenkreises, 17 von insgesamt 20 im Mai desselben Jahres an der Universite de Gand im Rahmen eines colloque international · sur les problemes de ! 'ordre des mots vorgestellten Beiträge. Diese sollten allgemein das Französische als Umgangs- oder Literatursprache behandeln und, zumeist auf das Niveau der norme de la langue konzentriert, sämtliche Schulen der Linguistik tangieren. Weiterhin sollten zahlreiche Beiträge bezogen sein auf das niveau du type linguistique (Coseriu, p. 249ss.). Mit der hier vorliegenden Sammlung stellen sich die Travaux de linguistique in wissenschaftshistorischer und sprachphilosophischer Hinsicht sowohl thematisch als auch von ihrer Funktion her in die Tradition der Academie Royale des Sciences et Belles Lettres zu Berlin, welche während der zweiten Hälfte des 18.Jh.s als Spiegel der gesamteuropäischen kulturellen, politischen und geistigen Strömungen hervortrat 1 . Unter anderem mit dem im Jahre 1782/ 84 ausgeschriebenen akademischen Concours zur «Universalite de la langue fran9aise», in deren Mittelpunkt schließlich auch die Problematik des ordre des mots stehen sollte, vermochte die Berliner Akademie nicht nur eine Organisations- und Orientierungshilfe für einzelne Wissenschaftszweige bereitzustellen, sondern vielmehr eine Differenzierung der Wissenschaften in Einzelsektoren zu forcieren (Piedmont 1984: 7) 2 . Der auf einer rationalistischen Sprachtheorie basierende Siegesbeitrag Antoine Comte de Rivarols von 1782/ 84 unter dem Titel «Discours de l'Universalite de la Langue Fran- 9aise» 3 , welcher die seinerzeit intensive sensualistisch-rationalistische Kontroverse nicht nur weiter belebte, sondern darüber hinaus noch das französische Sprachbewußtsein bis in unsere Tage prägte, verstand sich als Gegentheorie zum konsequenten Sensualismus Etienne Bonnot de Condillacs. Rivarol formulierte eine Rechtfertigung der universellen Rolle des Französischen mittels der These «(...) de sa [i.e. Ja Jangue fran9aise] concordance avec ! es Jois de Ja raison universelle» bzw. der ordo naturalis (Rivarol 1828: XX; Ricken 1973: 67ss.). In der Abfolge sujet du discours + verbe (als Handlung) + objet sah 1 Cf. R.M.PrnDMONT, Beiträge zum französischen Sprachbewußtsein im 18. Jahrhundert. Der Wettbewerb der Berliner Akademie zur Universität der französischen Sprache von 1782/ 84, Tübingen 1984, p.5s. 2 Cf. A.HARNACK, Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, vol. I/ 1, Berlin 1900, p. 396. 3 Cf. U.RICKEN, «La critique sensualiste a l'encontre du ,Discours sur l'universalite de la langue fran9aise d'Antoine de Rivarol. Quelques aspects des liens entre politique et theorie linguistique», Historiographia Linguistica 1 (1973), 67; ANTOINE CoMTE DE RrvAROL, «De l'Universalite de la Langue fran9aise», in: Dictionnaire classique de la langue fram; aise, Paris 1828, p. ii-xxviij. 292 Besprechungen - Comptes rendus Rivarol die natürliche Logik aller Menschen, welche als einzige dem gesunden Menschenverstand und somit einer für das Denken notwendigen Ordnung entsprechen sollte (Rivarol 1828: XX). Der konsequente Sensualismus Condillacs entsprach dagegen einer historischgenetischen Konzeption, welche sich ihrerseits als Opposition zur rationalistischen Konzeption einer angeborenen und unabänderlichen Vernunft begriff. Der konsequente Sensualismus bediente sich somit also einer historischen Perspektive, welche ihrerseits die Existenz einer natürlichen und unabänderlichen Ordnung von Gedanken und Sprache von vornherein ausschloß. Die Klarheit des Ausdrucks hingegen galt dank des Prinzips der Verbundenheit der Gedanken innerhalb der sensualistischen Perspektive als gesichert (Ricken 1973: 68 ) 4 . Der Lehre Condillacs entsprechend sah auch Jean Charles Laveaux die Möglichkeit zur Klarheit der Sprache ausschließlich durch die Reproduktion der vielfältigen emotionalen Modifikationen der Gedanken gewährleistet, worin sich implizit der Gebrauch einer variablen Ordnung der Wörter als Forderung artikulierte (Ricken 1973: 72) 5 • Vor dem Hintergrund des Dargestellten und der nunmehr deutlichen Affinitäten zwischen der Geschichte der Berliner Academie Royale des Sciences et Beiles Lettres in der zweiten Hälfte des 18.Jh.s und der Bedeutsamkeit der vorliegenden Sammlung der Travaux de linguistique, läßt sich die Leistung letzterer unbedingt als Beitrag zum Fortschritt der Forschung bezüglich des ordre des mots in Gestalt einer Aufdeckung und Identifikation der zu diesem Sektor zählenden Probleme beschreiben wie auch als Verdeutlichung der Notwendigkeit eine selbständige, die Einzelprobleme des Themenkreises koordinierende Disziplin zu etablieren (Coseriu, p. 249ss.). In seinem Beitrag «L'ordre des mots et ses fonctions» (9-19) intendiert A. Berrendonner die Etablierung eines dem ordre des mots im Französischen zukommenden Funktionsinventars wie die Ableitung eines die natürlichen Sprachen repräsentierenden Strukturtyps (9). Im Rahmen der Repräsentation einer theorie generale de ! 'ordre des mots und eines damit einhergehenden, für den Gegenstandsbereich relevanten Forschungsmodells, erfolgt eine Unterscheidung zweier grundlegender Funktionstypen des ordre des constituants, welche miteinander in Konflikt treten können, nämlich der semiotischen Funktion einerseits und der pragmatischen Funktion andererseits (Coseriu, p. 250). Hinter dieser Differenzierung verbirgt sich eine Aufteilung der von Berrendonner entwickelten Serialisierungsoperationen, der operations de linearisation, in zwei Gruppen. Während die der Informationsvermittlung dienende pertinence semiotique einen Gebrauch des ordre des mots als Träger konventioneller Werte darstelle und damit die sequentielle syntaktische Anordnung als Taxeme charakterisiert werde, gelte es im Falle der pertinence pragmatique, welche der Kodierung und Dekodierung diene, eine bedeutungstragende Funktion des ordre des mots auszuschließen (15s.). Befinden sich die als semiotisch bezeichneten Funktionen in Abhängigkeit von universellen Prinzipien des Denkens, so beziehen sich laut Berrendonner die pragmatischen Funktionen dagegen auf die «(...) clarte et (...) coherence des discours (...)» (Coseriu, p. 253 ). Generell beschreibt der Verfasser die generativen Kapazitäten der Syntax als nicht-entscheidbar, da die Operationen letzterer zueinander in Widerspruch stehen können. Hierbei läge eine deutliche strukturelle Bedingtheit der conflits operatifs vor, wobei die Entscheidungen für jeweils eine von zwei möglichen Operationen auf abgesicherten, regelmäßigen und formalisierbaren Strategien basierten (17s.). Das in «L'ordre des mots et ses fonctions» entwickelte Modell beinhaltet zwei Komponenten, nämlich das sich aus dem linguistischen Material (hier: operations 4 Cf. E.BONNOT DE CONDILLAC, rEuvres philosophiques, 3 vols., ed. par Georges Le Roy, Paris 1947-51. 5 Cf.J.CH.LAVEAUX, Cours theorique et pratique de la langue et la litterature fram; oise, vol. I, Berlin 1784.