Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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1996
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Kristol De StefaniJOHANNES SCHNITZER, Wort und Bild: Die Rezeption semiotisch komplexer Texte. Dargestellt anhand einer Analyse politischer «pintadas», Wien (Braumüller) 1994, 172 p. (WRA 17)
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1996
Ursula Bähler
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208 Besprechungen - Comptes rendus tratan de describir las construcciones sintacticas; tambien por el hecho, destacado por el autor, de que las perspectivas diferenciadas de hablante y de oyente deben ser tenidas en cuenta a la hora de interpretar el formalismo descriptivo: Le projet sous-jacent occupe des positions dissymetriques relativement a un emetteur Oll a un recepteur. Pour l'emetteur le projet precede l'action d'elocution et Ja guide. Le projet, pour ainsi dire, rend l'enonce potentiel sur l'axe d'un temps operatif articule en potentiel, actuel et remanent, l'algorithme actualisera cet enonce. Le recepteur est en position inverse. II doit decouvrir un contenu deja actualise. Ceci peut nous inciter a penser que emetteur et recepteur auront des strategies (encore choix de regles) differentes vis-a-vis des chaines du langage (171). La formalizaci6n 16gica, en definitiva, debe atender la funci6n comunicativa o ser congruente con ella, lo que obliga a reinterpretar el sentido o verdadero alcance de sus unidades de trabajo e, incluso, a incorporar en los calculos nuevos elementos con los que la «16gica» del lenguaje sea descrita sin sesgos o imposiciones acriticas. «II s'agissait comenta el autor en el resumen final d'eviter de projeter des resultats de theories souvent abstraites ou issues d'autres sciences en voulant les faire fonctionner coüte que coüte» (265s. ). Aunque estas ideas basicas parecen claramente desarrolladas a lo largo del trabajo que resefiamos, el estudio de Dupont adolece de un criterio de exposici6n en el que Ja linea argumentativa puede perderse, particularmente por el hecho de que quiza son demasiados los incisos, notas, sugerencias y comentarios que rodean la discusi6n. Esta frecuencia con la que en el texto se incorporan elementos adicionales causa al lector la impresi6n inicial de agregado de conceptos, que hubiera tal vez convenido integrar en un discurso formalmente mas unitario. Quede aqui mencionada, con todo, para descargo de! autor, la cortesia que se le hace al lector de restimenes con los que se cierra Ja discusi6n de cada uno de los capftulos. C. Herndndez Sacristdn * JOHANNES SCHNITZER, Wort und Bild: Die Rezeption semiotisch komplexer Texte. Dargestellt anhand einer Analyse politischer «pintadas», Wien (Braumüller) 1994, 172 p. (WRA 17) «Politische "pintadas"», so zu lesen in der «Einleitung» (9-14), sind «eine Form der politischen Außenwerbung, deren Botschaften aus verbalen und bildlichen Elementen bestehen und die an allgemein zugänglichen Orten (also in erster Linie im Freien, aber auch in öffentlichen Gebäuden) an bereits bestehende Wände gemalt oder gesprayt wurden» (11). Die 49 vom Autor ausgewählten «pintadas» sie wurden von ihm selbst photographiert und sind im «Anhang» (149-82) farbig und in sehr guter Qualität reproduziert stammen aus dem Spanien der 80er Jahre. «Semiotisch komplexe Texte» sind «Texte», die mehrere «Codes» (10), im Falle der «pintadas» einen sprachlichen und einen bildlichen, aktualisieren. So weit zu den Definitionen. Ziel der Arbeit ist es, «Beziehungen und Zusammenwirken zwischen verbalen und bildlichen Textteilen in der Rezeption von Texten, die sich in diesen beiden semiotischen Systemen manifestieren, [zu] untersuchen» (9). «Es geht also anders ausgedrückt darum, zu untersuchen, aufgrund welcher Beziehungen und Mechanismen eine Einheit von Bild und Sprache für einen Rezipienten ein kohärentes Ganzes darstellt, und darüber hinaus, ob sich dabei generalisierbare Regularitäten feststellen lassen» (ib.). «Es sei hier, um Mißverständnisse zu vermeiden, ausdrücklich festgehalten, Besprechungen - Comptes rendus 209 daß das Ziel dieser Arbeit nicht in der Analyse einer bestimmten Textsorte liegt, sondern in der Beschreibung des oben erwähnten, speziellen Aspekts» (ib.). - Erstes Unbehagen: Was sucht dann der Begriff «Analyse» im Titel der Arbeit? Und: Ständiges Bemühen um Transparenz kann auch Unklarheit herbeiführen, permanentes Rekapitulieren mit neuen Worten auch Verwirrung stiften. Wesentlich klarer als in der Einleitung umschreibt der Autor seine Absichten z.B. auf p. 67: «. . . das Ziel dieser Arbeit [besteht] darin, konkret zu bestimmen, welche Funktionen die verbalen und welche die bildlichen Elemente des Werbetextes für die Herstellung der Textkohärenz zu erfüllen haben bzw. erfüllen können • • • >>. Die Studie gliedert sich in zwei Hälften, wobei dies allerdings aus der Durchnumerierung der Teile von I. bis IV. nicht hervorgeht: 1., n., III. behandeln vorwiegend theoretische Fragen, IV. beinhaltet die praktische Untersuchung des Textkorpus, i.e. der 49 ausgesuchten «pintadas». r. «Texttheoretische Grundlagen» (15-32). Auf der Suche nach einer geeigneten Definition von «Text», zunächst einmal in seiner schriftlichen Manifestation, läßt der Autor kritisch verschiedene linguistische und semiotische Modelle Revue passieren. Dabei fallen einige sehr interessante Bemerkungen, z.B. dazu, daß die Linguistik keine Erklärung dafür hat, wie man von einer Abfolge einzelner Sätze zu einem kohärenten Ganzen kommt (17). Nur schade, daß Schnitzer hier keinen Bezug auf neuere semiotische Abhandlungen nimmt, die sich vermehrt gerade mit dieser Frage auseinandersetzen 1 . (Insofern hat auch die Semiotik der Linguistik «einiges zu bieten» und nicht nur umgekehrt, wie Schnitzer glaubt [13]. Semiotik hört eben nicht bei Eco auf, und von Greimas in diesem Zusammenhang nur gerade das Isotopienmodell zu erwähnen, ist zu wenig.) Der Autor selbst definiert schließlich «"Text" über seinen kommunikativen Aspekt» (18): «"Text" soll daher definiert werden als abgeschlossene kommunikative Einheit, die in einer bestimmten Kommunikationssituation unter Bezug auf ein Bedeutetes eine bestimmte Funktion erfüllt. Voraussetzung dafür ist eine kohärente Beziehung zwischen seinen Elementen und dem ihnen zugrundeliegenden Thema einerseits (semantischer Aspekt) sowie seiner Funktion in der kommunikativen Situation andererseits (pragmatischer Aspekt)» (28). rr. «Das Bild als Zeichen» (33-67). In diesem Teil werden «die zeichentheoretischen Grundlagen dieser Arbeit skizziert» (33), die peircescher Provenienz sind und also von einem rein referentiellen Zeichenbegriff ausgehen, der sich in den Kategorien «Symbol», «Index» und «Ikon» artikuliert, welche in ihrer Gesamtheit «Anzeichen» und «Nicht- Zeichen» gegenüberstehen. Bei allen Überlegungen des Autors steht dabei, den Ausführungen des I. Teils entsprechend, die konkrete Kommunikationssituation im Vordergrund. m. «Die Analyse komplexer Texte» (68-75) wendet sich Überlegungen zum Verhältnis zwischen Wort und Bild innerhalb eines «komplexen Textes» zu. Was steuert die Dekodierung der Botschaft, das Bild oder die Schrift? Ausgangspunkt ist hier die von Roland Barthes 1964 gemachte Unterscheidung zwischen «ancrage» (schriftlicher Text limitiert die Bildbedeutung) und «relais» (schriftlicher Text bringt neue Bedeutungen zum Bild hinzu). Der Autor kritisiert hier, m. E. ganz richtig, die Entweder-Oder-Lösung: «Analysiert man komplexe Texte, so stellt man jedoch fest, daß sich die Beziehungen zwischen bildlichem 1 Ich denke hierbei an die Arbeiten von J. GENINASCA, z.B. «Du texte au discours litteraire et a son sujet», in: L. Mrwr/ F. RoY (ed.), La Litterarite, Sainte-Foy 1991: 237-62. Ich erlaube mir an dieser Stelle auch, auf J.-M. FLOCHS ausgezeichnete semiotische Analysen von Werbetexten hinzuweisen (cf. z.B. Semiotique, marketing et communication. Sous ! es signes, ! es strategies. Preface de Christian Pinson, Paris 1990). Die Lektüre dürfte auch im Zusammenhang mit der Untersuchung von «pintadas» von größtem Interesse sein. 210 Besprechungen - Comptes rendus und sprachlichem Teil nicht in "ancrage" und "relais" erschöpfen, sondern daß es vielfältigere und auch kompliziertere Relationen zwischen den beiden semiotischen Systemen gibt» (70). Und weiter: «Barthes geht in "Rhetorique de l'image" nur auf die Funktionen des verbalen Textteils in bezug auf die bildliche Komponente ein, während er außer Acht läßt, daß auch das Bild den Text beispielsweise "verankern", ihn konkretisieren kann ...» (ib.) Schließlich stellt der Autor in diesem Teil der Arbeit auch die verwendete «Methode der Textanalyse» (73-75) vor, und dabei insbesondere die Zusammensetzung des Befragungsgutes (15 deutschsprachige Personen, die keiner romanischen Sprache mächtig sind und 15 Personen, die spanisch und katalanisch sprechen) und den Befragungsmodus (Projektion von Lichtbildern, gestellte Fragen etc.) rv. «Die Untersuchung des Textkorpus» (76-136). In diesem praktisch orientierten Teil beschreibt Schnitzer sauber und exakt die verschiedenen Beziehungen, welche seine Informanten zwischen schriftlichem Text und Bild herstellten; wobei er zwei große Interpretationsgebiete unterscheidet. Das erste betrifft semantische Beziehungen (Beispiele: «Der Einilul.\ des verbalen Textes auf die Erfassung der konnotativen Gehalte der bildlichen Darstellung» [91-94], «Das Bild als semantisch notwendige Ergänzung des verbalen Textteils» [97-103]), das zweite pragmatische Aspekte (Beispiele: «Die bildliche Textkomponente als reine Darstellung» [117-19], «Die bildliche Textkomponente als Versprechen» [130]). Dieser ganze 1v. Teil liest sich gut, und die Resultate, zu welchen der Autor kommt, scheinen plausibel, aber dann auch stellenweise banal. Hier einige ausgewählte der insgesamt 11 Punkte, welche die Ergebnisse zusammenfassen: - «Der sprachliche Textteil unterstützt und erleichtert in einem nicht erwartbar gewesenen Ausmaß die Decodierung der bildlichen Textkomponenten, indem er das Erkennen des Dargestellten sichert. In 16 Texten ist diese Hilfestellung eindeutig festzustellen ...» (131). - In vielen Fällen ist aber auch «die bildliche Komponente zur korrekten Decodierung der sprachlichen Komponente notwendig oder unterstützt die Interpretation erheblich. Diese Zahl [28 Texte] scheint mir erstaunlich hoch und zeigt, in welchem Maße von den Gestaltern dieser Texte versucht wird, ein eigentlich untrennbares Ganzes zu schaffen» (132). - «Die pragmatischen Beziehungen zwischen verbalem und bildlichem Textteil beschränken sich auf nur 4 Typen ...: a) Der bildliche Teil fungiert als reine, mehr oder minder neutrale Darstellung ... b) Der bildliche Textteil erfüllt qualifizierende Funktion [z.B. Warnung] ... c) Bild und Text realisieren den gleichen, auch semantisch parallelen Sprechakt ... d) Bild und Text stehen in kausaler Beziehung zueinander ...» (132). Im Schlußkapitel (133-36) dieses Teils beschreibt Schnitzer ausführlich eine einzelne, besonders schwierig zu interpretierende «pintada», wobei hier ein in meinen Augen schwerwiegendes Problem sichtbar wird: Die Haltung des Autors schwankt zwischen Soziosemiotik, im speziellen Fall: einer praktischen semiotischen Auswertung von Antworten der Befragten, und analytischer Semiotik, im Sinne einer theoretischen, «idealen» Interpretation der «pintadas» durch eine abstrakte Aussageinstanz. Es wird nie ganz klar, ob Schnitzer nur eine konzeptualisierte Beschreibung liefern will oder eben auch ein konzeptuelles Analyseinstrumentarium. Sollte letzteres der Fall sein, dann ist für mich die ganze Studie zu sehr auf konkrete menschliche Akteure ausgerichtet und zu wenig auf konstruierte Aussageinstanzen, im Sinne einer Hierarchie verschiedener Kompetenzen. Es wird oft deutlich, und eben gerade in diesem letzten Kapitel, daß Schnitzer versucht, die Position des «lecteur-modele» zu besetzen, aber eigentlich wird dieser Aspekt nie so richtig problematisiert. Das «Schlußwort» (137) ist sehr kurz. Es gibt unter anderem der Hoffnung auf vergleichende Untersuchungen mit «pintadas» aus den 70er Jahren und auf solche mit anderen Textsorten Ausdruck. Besprechungen - Comptes rendus 211 Eine «Bibliographie» (139-45) und der eingangs erwähnte «Anhang» beschließen das Buch. Das Hauptproblem dieser Arbeit liegt in meinen Augen darin, daß hier mit Kanonen ( = Teile I. bis III.) auf Spatzen ( = Teil IV.) geschossen wird. Der ganze theoretische Überbau kommt im zweiten Teil wirklich nur minimal zur Sprache und wirkt darum aufgesetzt, ja unmotiviert. Ganz abgesehen davon, scheint mir die Unterteilung in Theorie und Praxis immer fragwürdig, weil meiner Ansicht nach theoretische Modelle in der Analysearbeit nicht nur getestet, sondern im Zusammenspiel mit ihr überhaupt erst entwickelt werden müssen. Ich möchte in diesem speziellen Fall sogar noch einen Schritt weitergehen. Vieles, was in den Teilen 1. bis m. postuliert wird, kann meiner Meinung nach erst als Resultat einer Untersuchung formuliert werden. Kohärenz und sinnvolle Ganzheiten müssen durch ein Subjekt erst konstruiert werden (damit, so denke ich, wäre der Autor auch einverstanden). Dann kann man aber dieses Problem nicht von Anfang an - und quasi in abstracto lösen. Die Photographien im Anhang beweisen, daß der Autor offensichtlich (instinktiv) gewußt hat, wo die «pintadas» anfangen und wo sie aufhören. Und den Befragten sind die Bilder auch als klar begrenzte Einheiten präsentiert worden. Man hätte also auch ganz einfach so beginnen können: Bei den untersuchten «pintadas» handelt es sich um abgeschlossene Manifestationstotalitäten, denen in einem Akt der Semiosis durch eine Aussageinstanz ein Bedeutungsganzes zugeordnet werden soll. Die Art und Weise der Bedeutungskonstruktion soll hier untersucht werden. Über andere Dinge kann man sich streiten, sie obliegen letztlich den ganz persönlichen Ansichten eines jeden einzelnen. So postuliert Schnitzer von Anfang an und ohne eingehende Diskussion, daß die «pintadas» «Gebrauchstexte» sind. Ob und inwiefern sie auch ästhetische Qualitäten aufweisen und damit eventuell auch andere Funktionen als die der reinen (politischen) «Botschaftsübermittlung» erfüllen, wird nie diskutiert. Gefährlich finde ich es auch, von gewissen Elementen der «pintadas» als «parasemiotisch» und «bedeutungslos» zu sprechen (32). Im Postulat des kohärenten Ganzen ist für mich impliziert, daß alle Elemente eine sinnstiftende Rolle erfüllen. Auf Grund des Geäußerten kann ich mich dem uneingeschränkten Lob, welches Georg Kremnitz dieser Studie in seinem «Vorwort» (7-8) ausspricht, nicht anschließen, und dies obwohl der Autor über weite Strecken als ein sehr kritischer Denker erscheint (auf die Gefahr des Zuviels an Umsicht habe ich eingangs schon hingewiesen). Ich bin aber auch gerne dazu bereit, mein stellenweises Mißgefallen auf die letztendliche Unvereinbarkeit zweier semiotischer Ansätze zurückzuführen: der vom Autor gewählten Zeichentheorie (Peirce, Morris, Eco) und der von mir bevorzugten diskursiven Semiotik (Saussure, Hjelmslev, Greimas). Ursula Bähler * WALTER BERSCHIN, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter, Band 3: Karolingische Biographie, 750-920 n. Chr., Stuttgart (Hiersemann) 1991, xn + 484 p. (Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des Mittelalters 10) Der hier zu besprechende Band ist der dritte Teil eines Standardwerks der mittellateinischen Philologie. Der bekannte Heidelberger Mittellateiner Walter Berschin hat es unternommen, eine Geschichte der Gattung Biographie zu schreiben. Der erste Band (1986) reichte von den Anfängen der Gattung in ihrer für das Mittelalter charakteristischen Ausprägung im spätantiken dritten Jahrhundert bis zu Gregor dem Großen (t 604). Der zweite Band (1988) untersuchte die Geschichte der Biographie in den westlichen Staaten des Frühmittelalters: «im merowingischen Gallien und Germanien (etwa 600-750), in Ita-
