Vox Romanica
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0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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1996
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Kristol De StefaniVOLKER MECKING, Wortgeschichtliche Untersuchungen zu Philippe d'Alcripe's «La nouvelle Fabrique» (ca. 1580), Tübingen (Niemeyer) 1993, XIII+ 203p. (Beih.ZRPh. 252)
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1996
J. Lengert
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308 Besprechungen - Comptes rendus VOLKER MECKING, Wortgeschichtliche Untersuchungen zu Philippe d'Alcripe's «La nouvelle Fabrique» (ca. 1580), Tübingen (Niemeyer) 1993, xm + 203 p. (Beih.ZRPh. 252) Unter diesem Titel wird eine lexikographische Systematisierung der lexikalischen Besonderheiten der Nouvelle Fabrique des Excellents Traicts de Vitrite des aus Lyons-la-Foret in der Haute-Normandie gebürtigen Philippe Le Picard (ca. 1530/ 31-1581) vorgelegt, der dem Leser hier unter dem geläufigen Akronym Philippe d'Alcripe entgegentritt. Dem Band ist ein Vorwort (rx-xm) vorangestellt, das in aller Kürze das Leben des Autors, die Textausgaben der Nouvelle Fabrique, die der Studie zugrundeliegende Edition sowie die Forschungsziele vorstellt. Vorrangige Zielsetzung ist die Beschreibung sowohl chronologischer (Erstbelege etc.1, Archaismen, Neologismen) als auch diatopischer (Regionalismen), diaphasisch-diastratischer (als «familier» oder «populaire» markierte Elemente) sowie nicht zuletzt innovativer Phänomene (im FEW nicht bezeugte Bedeutungen etc. ) 2 . Die Sammlung umfaßt jedoch nicht nur die Spezifika des Korpus, sondern auch zahlreiche «Zwischenbelege» (xn). Insgesamt werden so ca. 2500 Artikel zusammengetragen. Grundlegendes Hilfsmittel der Untersuchung ist in erster Linie das FEW, dem der Hauptteil der verarbeiteten Informationen entnommen wurde; zu Rate gezogen wurden aber neben weiteren ausschließlich literarischen Texten des 16. Jahrhunderts unter anderem die Wörterbücher von Godefroy, Cotgrave und Huguet, von Littre und Hatzfeld/ Darmesteter, der TLF sowie einige Dialektwörterbücher der Normandie. Der Hauptteil (1-186) besteht aus einem alphabetisch gegliederten Wörterbuch mit einer reduzierten Mikrostruktur: nach dem kursiv gesetzten Lemma mit grammatischer Situierung folgt ein verkürztes und häufig auf einige Wörter reduziertes Zitat, der Verweis auf das FEW (mit Angabe des Etymons des jeweiligen Grundworts) und den daraus bezogenen Hinweisen zur Wortgeschichte. Teilweise wird dies durch weiterführende Informationen ergänzt. Hieran schließen sich eine zusammenfassende Überschau der Charakteristika der Wortmaterialien vor allem in sprachhistorischer und varietätenlinguistischer Sicht (187-91), die Bibliographie (192-95) sowie eine Reihe von Indizes (196-203) an: Erstbelege, Regionalismen, die Belege aus der Nouvelle Fabrique bei Cotgrave, Letztbelege in Ergänzung des FEW, Hapaxformen (Huguet, FEW) sowie Parallelen in den normannischen Dialektwörterbi.ichern von Delboulle und Moisy. Was bietet nun das vorliegende Wörterbuch? In der überwiegenden Mehrzahl bereitet es Wörter lexikographisch auf, die bereits anderweitig (FEW, Godefroy, Huguet) belegt sind. Betrachtet man die Indizes näher, so wird an wirklich Neuem geboten: 254 Erstbelege (10,2% ), 99 Regionalismen (4,0% ), 25 Letztbelege (1,0% ). Hinzu kommen noch 140 Formen, die im FEW oder im Huguet als Hapax verzeichnet sind (5,6% ), deren Veranke- 1 Gar zu positivistische Beleggläubigkeit tritt dort zutage, wo nicht nur von «Zweitbelegen», sondern sogar, wie dies beispielsweise p.183 geschieht, von «Dritt-, Viert-, Fünftbelegen» die Rede ist. 2 Zielsetzung ist im übrigen auch (xm), «als Grundlage für eine eventuelle Übertragung der NouvFabr ins Neufranzösische bzw. eine andere Fremdsprache» zu dienen. Was das Deutsche angeht, verrät uns V. Mecking mit seinem letzen Satz (191), daß er dies selbst bewerkstelligen w,ill. Inwiefern dafür diese lexikalische Studie hätte von Nutzen sein können, mag sich jeder an Ubersetzungsproblemen interessierte Benutzer anhand der englischen Übertragung ansehen: G. THOMAS, The Tall Tale and Philippe d'Alcripe. An Analysis of the Tall Tale Genre with particular Reference to Philippe d'Alcripe's «La Nouvelle Fabrique des Excellents Traits de Verite» together with an Annotated Translation of the Work, St.John's 1977, 276p. Besprechungen - Comptes rendus 309 rung in der Lexik der Epoche hier also bestätigt wird. Leider hat der Autor keinen Index der Elemente erstellt, die als Ergänzungen zum FEW anzusehen sind 3, so daß man diese nicht ohne weiteres ermitteln kann. Eine Auszählung (140-49) ergab auf 129 verzeichnete Lemmata 25, die aus der Warte des FEW als Neubelege zu werten sind, was also einen zu schätzenden Anteil von 19,4% ausmacht. Hierunter sind vor allem semantische Nuancierungen sowie Redewendungen zu verstehen. Im übrigen nimmt diese Zahl naturgemäß zu Beginn der Arbeit zu, dort also, wo Mecking Ergänzungen zu den ersten Bänden des FEW (1, 2/ 1, 3) anführt. Alles in allem dürften somit im Vergleich zum FEW rund 40% der erfaßten Materialien wirklich Neues bringen, wohingegen drei Fünftel nur recht wenig Erkenntnisgewinn in Bezug auf das Lexikon des 16.Jahrhunderts vermitteln, so daß man die Bedeutung des Textes für die französische Wortschatzgeschichte wohl wird relativieren müssen. Hinzu kommt, daß der Autor vielfach die Elemente ausgelassen hat, die in der Nouvelle Fabrique vorkommen, die in dieser oder einer ähnlichen Bedeutung aber auch im Modernfranzösischen vorhanden sind, was das geringe Interesse daran natürlich begründen mag. Andererseits ist damit ein nicht unerheblicher Teil der lexikalischen Materialien vernachlässigt worden. Eine stichprobenartige Auswertung der ersten zwanzig Seiten des Novellentextes 4 ergibt so (ohne die Berücksichtigung grammatischer Elemente) annähernd 150 Wörter, Kollokationen, Phraseologismen, die nicht erfaßt werden. Legt man dies schätzungshalber auf den verbleibenden Teil des Werkes um, so hätte die Gesamtzahl der Artikel wohl immerhin um die Hälfte erhöht werden können. Losgelöst von der methodischen Problematik, ob eine solche Wortschatzstudie rein differentiell vorgehen soll auf die der Autor eine mit guten Argumenten durchaus vertretbare Antwort gegeben hat -, ist dies in all den Fällen schade, wo unter den vernachlässigten Materialien Neues hätte zutage gefördert werden können. Im übrigen ist die differentielle Perspektive vom Autor trotz anderweitiger Bekundungen bei weitem nicht durchgängig eingehalten worden, was zu einer beträchtlichen Uneinheitlichkeit führt. Bedauerlich ist auch die recht lückenhafte Informationsbasis des Buches. Die herangezogenen Hilfsmittel sind zwar fundamental, bedürfen aber dennoch der Erweiterung. So fehlt der Tobler/ Lommatzsch, so fehlt das Phraseologismen-Wörterbuch von Di Stefano, so fehlen aber auch eine Reihe von Detailstudien zum Lexikon des 16. Jahrhunderts 5. Auch die vom Autor in seiner Bibliographie genannten dreißig weiteren Quellentexte der Zeit erbringen allem Anschein nach kaum Zusatzinformationen: eine Durchsicht von dreißig Seiten (106-35) ergibt gerade einmal 23 zusätzliche Belege, die so ermittelt wurden. Hinsichtlich der Erstbelege sind die Daten des TLF so gut wie nicht genutzt worden, obwohl das Wörterbuch in der Bibliographie zitiert wird. Dasselbe gilt im übrigen für die Beschreibung des Fortlebens mancher Wörter: neben dem TLF hätte der Grand Robert und eventuell der GLLFherangezogen werden so11en. Hier hätte also mehr getan werden können. Ebenso überzeugt die Gestaltung der Mikrostruktur nur teilweise. Dies betrifft in erster Linie den Umgang mit den Belegzitaten. Im Gegensatz zu dem in der französischen 3 Cf. dazu die Rezension von B. VERWIEBE iu: RJ 45 (1994): 203-05. Es fehlt übrigens auch ein Index der laut Mecking im FEW p. 48 curieux u.a.m.) oder seltener auch in anderen Wörterbüchern (cf. p. 96 huvelot u.a.m.) zu streichenden Formen. 4 PH. n' ALCRIPE, La Nouvelle Fabrique des excellente� traicts de verite. Livre pour inciter les resveurs tristes et melancholiques a vivre de plaisir. Edition critique par Frarn;:oise Joukovsky, Paris/ Geneve 1983, p. 9-29 (Novellen 1-9). Die restlichen 90 Novellen umfassen p. 30-195. 5 Cf. dazu die reichhaltigen Angaben in der Bibliographie von M. CROZET: «Bibliographie des etudes lexicologiques», in: Franr;ais l-'r, 5r-1,r1<,1m1P 2 (1991): 75-134. 310 Besprechungen - Comptes rendus Lexikographie eingebürgerten Verfahren sind sie bei weitem zu extrem verkürzt. Oftmals wird das Zitat auf drei, vier, fünf Wörter reduziert, was so natürlich kaum aussagekräftig ist, so gut wie nie geht der Beleg über eine Zeile hinaus. So fehlt leider der vollständige Kontext, und man muß dem Autor einfach Glauben schenken, wenn er beispielsweise autil (126) mit 'membre viril' definiert, denn aus dem dargeboten Miniaturzitat («avec l'outil, . . . » ) ist dies ebensowenig ersichtlich wie die Bedeutung 'de la meme couche' der Wendung taut d'une ventree (181) (fehlender Kontext: «trois beaux gan;:ons, que luy fit sa cinquiesme femme tout d'une ventree», Nauvelle Fabrique, p.13s.). Bedauerlich ist dies vor allem dort, wo der Kontext präzisere Informationen über das behandelte Wort vermittelt. So steht bei Mecking (24) brayer 'crier' mit dem Zitat «brayants et criants » , das in vollständigerer Fassung lautet: «. . . arrivant en sa maison ses petits enfants la descogneurent, lesquels s'enfuirent de sa presence, brayants et criants de peur.. . » (Nauvelle Fabrique, p. 29) die Verkürzung läßt hier also eine semantische Nuance ('crier de peur') nicht erkenntlich werden. Die grammatische Beschreibung ist teilweise unvollständig, vor allem hinsichtlich der Verben, bei denen nicht selten nur die Abkürzung «v. » eine genauere Analyse (v.tr., v.tr.absolt., v.intr. etc.) ersetzt. Uneinheitlich ist in dieser Hinsicht auch die Behandlung der Phraseologismen: so wird das Lemma entree (68) mit «loc.adv. » versehen, weil dort der Phraseologismus d'entree zur Sprache kommt, dagegen firmiert campagnie als «f. » (38), obwohl auch dort eine phraseologische Einheit (en banne campagnie) besprochen wird. In diesen und anderen Fällen hätte die Beschreibung nur zu oft präziser ausfallen können. In diesem Zusammenhang erweist sich auch die Lemmatisierung von Phraseologismen als Problem. Der Autor entscheidet sich nicht selten für ein einigermaßen antiquiertes Verfahren, indem das erste selbständige Element als Lemma gewählt wird, nicht aber der semantische Kern der Redensart. So sollten verbale Wendungen mit frequenten Verben (z.B. 114s. mettre: mettre fin etc.) eher unter dem semantisch zentralen Substantiv lemmatisiert werden. Die Bedeutungsanalyse hingegen ist durchaus genau und nahe an den Gegebenheiten des Textes, so daß man sich gar nicht selten fragen kann, ob hier nicht zuviel des Guten getan wird, ob also zu sehr mit «parole » -Daten argumentiert wird, anstatt auf der Ebene der «langue» zu bleiben. Dies gilt beispielsweise für abaisser (1) und seine Spezifizierung 'enfoncer, planter (un objet pointu)' nach der Belegstelle «abaissa et riva le bout dudict croc » , es läßt sich auch bei accaustre (2) 'arrange, dispose (dans un certain ordre)' im Vergleich zur Definition des FEW ('preparer, arranger [! ], orner, disposer') auf der Basis des angeführten Kontextes der Nauvelle Fabrique ( «et ainsi accoustrees s'esleverent de terre » ) ausfindig machen oder bestätigt sich ebenso im Falle von campaignan (38), wo aus dem Textzitat («il semble a ces pauvres oyseaux que leurs compaignons se plongent en l'eaue » ) die «neue » , im FEW nicht enthaltene Bedeutung 'animal congenere' abgeleitet wird. Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren, doch die Lösung dieses metalexikographischen Theorieproblems der semantischen Beschreibung im Spannungsfeld zwischen Systembedeutung des Worts oder okkasionellem Kontext ist wohl nicht Sache des Autors gewesen. Die Belegzitate sind im übrigen unserer Beobachtung nach durchwegs sorgfältig wiedergegeben. Recht kurz kommt die Kommentierung der Materialien, die in der überwiegenden Zahl der Fälle nur in der (partiellen) Reproduktion des FEW-Artikels besteht, wobei man sich fragen kann, ob es nötig gewesen ist, die dort aufgeführten exzerpierten Quellen hier nochmals zu wiederholen und ob nicht die reine Nennung der Chronologie und gegebenenfalls das Resümee der Wortgeschichte ausgereicht hätte. Statt dessen hätten die Daten des FEW ausgebaut werden sollen. Daß hier auch varietätenlinguistische Probleme vermehrt hätten angeschnitten werden können, also das Überleben anscheinend außer Besprechungen - Comptes rendus 311 Gebrauch geratener Wortmaterialien im Argot 6 , Regionalfranzösischen etc., steht auf einem anderen Blatt. In formaler Hinsicht gibt es nur weniges zu kritisieren. Dazu gehört, daß allem Anschein nach die Erarbeitung der Indizes nicht mit letzter Sorgfalt durchgeführt wurde, was sich in einer recht uneinheitlichen Präsentation niederschlägt. So wird beispielsweise (197) «menton m. » aufgeführt, obwohl es um einen Phraseologismus (avoir de la barbe au menton) geht, im Falle von mettre en peine (197) enthält der Index immerhin schon den Hinweis «peine f. (loc.) » und bei picquer en la queue des chiens (198) wird gleich die ganze Redewendung aufgeführt. Da ein Großteil der Erstbelege Phraseologismen sind, wäre hier ein einheitlicheres Vorgehen für den interessierten Leser nützlich gewesen. Manchmal enthält der Index mehr als der Artikel, so bei nez (197), wo der Index die im Artikel fehlende grammatische Situierung «loc.adv. » enthält; manchmal enthält der Index auch zuviel, wie im Falle von mere (une telle), wo in der Nouvelle Fabrique an der konkreten Stelle nur mere steht (197). Gelegentlich ist allem Anschein nach auch schon einmal etwas vergessen worden, so der Erstbeleg des Phraseologismus se mettre sur mer (112), der im Index fehlt. Am bedauerlichsten ist, wie schon angesprochen, daß nicht weitere Indizes erstellt worden sind, z.B. (nicht nur in Anbetracht unterschiedlicher Lemmatisierungsmöglichkeiten) ein Phraseologismen-Index. Daß der Abkürzungsapparat des FEW übernommen wurde, was im Falle des Falles also eine zusätzliche Quellenkonsultation nach sich zieht, mag man ebenso als unbequemes Detail empfinden wie die Einführung nicht aufgelöster bibliographischer Angaben: nach R. de la Planche, Var. hist. et litt. (118 s.v. montant) sucht man vergebens. Auch eigenständig eingeführte Abkürzungen (BL für die Einleitung «Aux benevoles lecteurs » , PL anstelle von «Pieces liminaires » ) werden nicht aufgelöst. Vernachlässigbar sind Kleinigkeiten wie beispielsweise, daß der Verfasser im Vorwort bekundet (xm), graphische Besonderheiten außer acht zu lassen, dann aber für accoustre und acoustre (2) gesonderte Artikel ansetzt. Ein Konzept wie der häufiger auftauchende Begriff «Pseudoregionalismus» (117 et passim) hätte geklärt werden sollen. Damit zu den Details. Zunächst hier einige Nachträge hinsichtlich nicht berücksichtigter Materialien. Sie sind notgedrungen ebenfalls stichprobenartig (Nouvelle Fabrique, p. 9- 29) und vernachlässigen alles, was den methodischen Prämissen des Autors gemäß in den Wortgeschichtlichen Untersuchungen fehlen soll: (9) faire memoire de qqch. 'noter, mentionner' («Zwischenbeleg » , cf. FEW, 6/ 1: 698a sowie Huguet 5: 199); (10) sectateur 'personne qui eprouve de l'interet pour qqch.' (in dieser allgemeinen Bedeutung erst später belegt, cf. TLF 15: 245); (11) il est besoing 'il est necessaire' («Zwischenbeleg » , cf. FEW 17: 275b); (12) picquer (v.intr.) 'marcher' (Mecking p. 134 nur 's'elancer sur son cheval'), passer outre 'ne pas prendre en consideration' (in dieser allgemeinen Bedeutung erst später belegt, cf. TLF 12: 725 sowie FEW 7: 707b 'changer de matiere, de sujet'); (13) du temps de + subst. 'a l'epoque de'; (14) ce que voiant 'en voyant cela', cognoistre (v.intr.) in der Wendung cognoissant que 'etant donne que, vu que' (ergänzend zu Huguet 2: 332 congneu que 'vu que'), faire (bien) peu de chose pour qqn. 'avoir peu d'importance, ne pas rapporter beaucoup'; (15) tour 'tour d'adresse' («un tour de vostre mestier » ), frais esmoulu 'aiguise recemment' (Erstbeleg, sonst erst Moliere 1673, cf. TLF 7: 947, die Wendung ist anscheinend im figurativen Gebrauch älter- 'recemment sorti de' ist seit E. Pasquier belegt-, cf. FEW 6/ 3: 33a, während Huguet 3: 656 für die eigentliche Bedeutung freschement emoulu verzeichnet), abattre 'couper (la barbe)', a l'instant 'en ce moment' (Mecking p. 98 nur 'aussitöt, tout de suite'), servir (v.tr.) 'faire de bons services a qqn.' (FEW 6 So wurde zwar das Dictionnaire du franqais non-conventionnel von CELLARD/ REY herangezogen, nicht aber das wesentlich ergiebigere Argot-Wörterbuch von J.-P. CouN/ ].-P. MEVEL, Dictionnaire de l'argot, Paris 1990. 312 Besprechungen - Comptes rendus 11: 536a), ce disant 'en disant cela', referrer 'ferrer de nouveau(un cheval)' (cf. aber FEW 3: 475a, schon seit dem 12. Jh. belegt), proprement 'bien fait(d'un travail)' (Mecking p. 145 nur 'elegamment', cf. aber Huguet 6: 233 'exactement; bien, comme il convient' sowie FEW 9: 458a), mille in der elliptischen Wendung entre mille 'entre mille personnes', sortir dehors («Le tiers . . . sortit dehors en la rue»)(Mecking p. 165 nur einfaches sortir; auch FEW 12: 126a verzeichnet nur übertragenes sortir hors 'se manifester'); (16) taille 'tranchant de l'epee'(«Zwischenbeleg», cf. FEW 13/ l: 50b), plat (s.m.) 'surface plate de l'epee (? )', de tors et de travers (cf. dazu FEW 13/ 2: 223b sowie Huguet 8: 270), couvrir(v.pron.) 'se defendre des attaques ennemies, a l'aide de l'epee(terme d'escrime)' (cf. Huguet 2: 620 und FEW 2/ 2: 1148b), il faut entendre que 'il est necessaire de comprendre que, il taut se rendre compte que'; (17) par tout ce pai's 'dans toute la region', dire verite 'dire vrai, dire la verite'(und häufiger), somme de tout 'en total, en tout'; (18) de sorte que 'de fa9on que' (und häufiger)(Mecking p.165 nur en sorte que), rendre in rendre un son 'produire', pour recompense de 'en recompense de'; (19) unklar ist vendredri des grands vents, cul 'organe sexuel de la femme' (im FEW 2/ 2: 1506 nur dialektal oder regional oder als fr. pop. (Bauche) verzeichnet), (20) maistresse Eglise '? ', l'espace de(+ indication de ! 'heure) 'pendant'(Mecking p. 72 nur par l'espace de); (21) au long 'completement'(dazu Huguet 5: 40 mit einem Beleg bei J. Peletier du Mans), travailler(v.tr.) 'harceler qqn., assaillir qqn. (avec des armes)' (zu Huguet 8: 319 'faire souffrir, tourmenter'), certifier que(Mecking p. 29 nur certifier + inf.), d'une part et d'autre(«Zwischenbeleg», cf. FEW7: 671a; Mecking p.128 nur de part et autre), se venir a + inf. 'venir( + inf.)', l'un l'autre 'mutuellement'; (22) trenchant, p.p.adj.(«Letztbeleg» dieser Formvariante(? ), cf. FEW 13/ 2: 279b), pied 'mesure'(cf. Huguet 5: 776; dagegen nimmt Mecking p. 134 demi-pied auf), banne trempe 'bonne qualite de durete, d'elasticite(d'un meta! )'(1567 trempe, 1580 banne trampe(fig., Montaigne), cf. TLF 16: 578 und FEW 13/ 1: 169a), se prendre a ' (en parlant du feu) commencer a brüler', de fac;on que(seit dem 16. Jh., cf. FEW 3: 360b); (23) curage 'espece de plante(? )'; (24) cuire(charbon) 'brüler', un cent de + subst., ruer(v.pron.) 'se jeter, se mettre(avec force)' (zum Gebrauch als v.tr. oder v.intr. in dieser Funktion cf. Huguet 7: 649s.), devenir malade 'tomber malade'; (25) si tres («Zwischenbeleg», cf. Huguet 7: 790); (26) venir son chemin 'venir, passer', faire 'chasser' in bien faire a un animal (cf. Huguet 4: 15s. und die dort notierten Bedeutungsnuancen), roidement 'rapidement, vite' («Zwischenbeleg», cf. FEW 10: 403b und Huguet 7: 618), sans rire(loc.adv.) 'serieusement',forme '(specialt.) moule de chaussure d'un savetier'(cf. FEW 3: 714a); (27) icy illec 'de notre region', par serment 'par un serment', le diable l'emporte 'espece de juron', par plusieurs Jois 'plusieurs fois'; (28) ni plus ni moins que (cf. ne plus ne moins que 'comme, de meme que', Huguet 6: 42); (29) il est question de + inf. 'il s'agit de'. Die Ergänzung möglicher Lücken sei damit abgebrochen, denn die vorstehende Liste dokumentiert zur Genüge, was in den Untersuchungen des Autors noch mehr hätte berücksichtigt werden müssen: Bedeutungsnuancen von Wörtern, Kollokationen, Phraseologismen. Auch zu vielen Artikeln, wie sie sich jetzt dem Leser darbieten, ließe sich mancherlei Detailkritik anbringen. Hier einige durchaus unsystematische ergänzende Hinweise: (1) abuseur ist schon im 14. Jh. belegt(T-L, AW 1, col. 69 s.v. abuser),abayer hat sich noch bis Anfang des 19. Jhs. regional gehalten 7 ; (5) par ainsi ist schon im 12. Jh. belegt und nicht erst im 14.(par einsi in T-L, AW 7, col.164), es hat im Nfr. literatursprachlich oder auch regional überlebt (u. a. Centre, Berry, daher der von Mecking genannte Beleg bei G. Sand); (6) der Phraseologismus il attend que les alouettes lui tombent toutes r6ties findet sich schon bei Rabelais, hier liegt also bestenfalls der Erstbeleg der Variante(. . . toutes r6ties dans le bec) vor; ambuche ist nicht im 16. Jh. erstmals belegt, sondern schon 1360 (enbusque, cf. TLF 7: 917); (8) appartenance 'parente' ist schon vor 1564 bei Guillaume 7 Cf. dazu W. PIERREHUMBERT, Dictionnaire Neuchdtelois, Neuchätel 1926, p. 386 s.v. nayer. Besprechungen - Comptes rendus 313 Guiart belegt (T-L, AW 1, col. 1431); (12) attacher (v.pron.) 'se fixer a qqch.' ist schon afr. (T-L, AW l, eo! . 616); (13) autant de testes autant d'opinions, das Sprichwort ist keineswegs bei Ph. d'Alcripe erstmals belegt, sondern erscheint schon in den Sermons von Menot (Di Stefano p. 837); (16) bardane 'plante' ist nicht erst seit dem 15. Jh. belegt, sondern schon anglonormannisch um 1250 (TLF 4: 182); (20) faire le bien contre le mal findet sich bei R. Lefevre (Di Stefano p. 81); (21) mettre Geoffroy au bissac 'faire l'acte venerien' ist mfr. in diversen Varianten (Di Stefano p. 84); (28) a cause que hat sich als Regionalismus bis ins 20. Jh. halten können (Ouest, Centre, Franche-Comte, Suisse romande, Canada, etc.); (33) cheminee in der Bedeutung 'tuyau de Ja cheminee' ist bereits afr. (cf. T-L, AW 2, col. 342, «Rauchweg»), es handelt sich also nicht um einen Erstbeleg; (38) sans comparaison ist wohl älter, cf. dazu den afr. Beleg in T-L, AW 2, col. 618; (40) de campte fait ist nicht «nfrz.» (Academie-Wörterbuch von 1835, cf. aber auch den Beleg bei La Bruyere, FEW 2/ 2: 997a), sondern schon mfr. (Di Stefano p.187); (p. 81 s.v. fizain) die Variante meurier 'mfirier' wird nicht lemmatisiert, (95) hucher hat als Regionalismus bis in die Gegenwart überlebt (GR 5: 270) (113) memement ist durchaus nicht im 17. Jh. ausgestorben, sondern hat sich als Regionalismus bis ins 20. Jh. gehalten, (136) pimpant ist schon um 1500 belegt (TLF 13: 377) und das Auftreten in der Nouvelle Fabrique ist somit trotz des FEW (1658) nicht als Erstbeleg zu werten; (162) septante ist nicht nur dialektal, sondern auch regionalfranzösisch (Belgien, Schweiz) bis in die Gegenwart hinein vital geblieben. Schon diese exemplarische Sammlung zeigt, daß die Darstellung vielerorts zu ergänzen ist. Die mangelnde Berücksichtigung einfachster Quellen läßt die Informationen des Autors in einer nicht geringen Zahl von Fällen als in erheblichem Maße lückenhaft erscheinen. Wenn auch das Fortleben älterer Wortmaterialien nur sehr aufwendig nachzuvollziehen gewesen wäre und somit den Arbeitsrahmen gesprengt hätte, so wäre doch zumindest hinsichtlich der Vorgeschichte leicht ein Hinzugewinn erzielbar gewesen, und wäre es nur, um nicht etwas als Erstbeleg auszugeben, was es nicht ist. So hingegen ist die Zahl angeblicher Erstbelege um einiges zu reduzieren. Zum Abschluß noch einige Anmerkungen zu Fragen genereller Natur, die bei der Gestaltung der Arbeit von Interesse gewesen wären. Dazu gehört die nach der möglichen onomasiologischen Gliederung der Materialien, die hier nicht zu unrecht mit dem Argument der Benutzerfreundlichkeit verworfen wird 8 , die aber Einblicke in die Strukturen der idiolektalen Lexik hätte erbringen können. Dazu gehört der Hinweis auf die Frequenz, der im Text zwar sporadisch bei häufiger vorkommenden Wörtern anklingt, aber nicht systematisiert angegeben wird. Dazu gehört eine zusammenfassende Analyse der historischen Schichtung des neuen Wortschatzes von Ph. d'Alcripe oder vielleicht auch ein Suffixinventar mit den dazugehörigen Belegen. Eine grundlegende Frage ist auch, inwiefern die Grammatik behandelt wird oder nicht. Hier hat sich ein gewisses Maß an Schwanken eingestellt: so wird uns (79) als indefiniter Pluralartikel aufgeführt, andere Funktionswörter hingegen fehlen. Daß hier manch Interessantes auch in der Form der lexikographischen Aufarbeitung hätte präsentiert werden können, zeigt sich beispielsweise unter dem Lemma table (169): en table 'a table' wird vom Autor hier subsumiert, obwohl doch nicht das Substantiv, sondern die Präposition von Interesse ist. Doch auch wenn man sich hier mehr hätte wünschen können, ist das vom Autor allem Anschein nach gewählte Grundprinzip, die Grammatik nicht zu berücksichtigen, eine vertretbare Vorgehensweise die man dann aber durchhalten sollte. Daß zu guter Letzt auch die fünf Seiten «Zusammenfassende Bemerkungen» etwas summarisch bleiben, sei dem Verfasser nicht verübelt 9 • 8 Cf. dazu die Rezension von G. RoQUES in: RLiR 58 (1994): 216-18. 9 Formal ist das Buch ansprechend gemacht; Druckfehler: (6) s. aloy Cotqr statt Cotgr, (14) s. avancer «se häter» nicht kursiv, (187) N.4 rapeau fehlender Kursivdruck (auch bei manchen anderen Lemmata bereitet dies Probleme). 314 Besprechungen - Comptes rendus Die Nouvelle Fabrique von Philippe d'Alcripe ist dem Untertitel zufolge ein «Livre pour inciter les resveurs tristes et melancholiques a vivre de plaisir». Die wortgeschichtlichen Untersuchungen von V. Mecking vermögen es angesichts der reichhaltigen Materialien und vieler neuer Detailerkenntnisse durchaus auch, dem sprachhistorisch interessierten linguistischen Leser Vergnügen zu vermitteln. In Anbetracht allzuvieler ebenso inhaltlich wie methodisch bedingter Lücken und Mängel vermag das Buch letztlich jedoch nur bedingt zu überzeugen: die Literaturverarbeitung ist unzureichend, die Materialien des Textes werden nur zu einem Teil ausgewertet, die in den einzelnen Artikeln vermittelte lexikographische Beschreibung ist häufig quantitativ und qualitativ verbesserungswürdig. Eine gründlichere Bearbeitung des Gegenstandes wäre wünschenswert gewesen. J. Lengert * ULRICH HorNKES, Philosophie und Grammatik in der französischen Aufklärung. Untersuchungen zur Geschichte der Sprachtheorie und französischen Grammatikographie im 18. Jahrhundert in Frankreich, Münster (Nodus) 1991, xn + 611 p. (Studium Sprachwissenschaft, Beiheft 13) In der Münsteraner Dissertation liegt uns ein kluges Buch vor, das nicht nur von der stupenden Belesenheit seines Verfassers zeugt, sondern auch von einem hohen analytischen und synthetisierenden Vermögen in der Darstellung ausgesprochen komplexer, vorrangig abstrakter Gegenstände. Es handelt sich um einen Beitrag zur noch relativ jungen Disziplin der Wissenschaftsgeschichtsschreibung. Gegenstand ist die Aufarbeitung des Verhältnisses von Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie, Allgemeiner und einzelsprachlicher Grammatik in ihrem Zusammenwirken in der Blütezeit der französischen Aufklärung. Exemplarisch werden die folgenden Bereiche problematisiert: 1. die sensualistische Sprachtheorie, 2. die grammatische Tradition von Port-Royal sowie 3. die philosophische Grammatik. Eingefahrene Interpretationsschemata werden hinterfragt und z. T. einer neuen bzw. modifizierten interpretativen Gewichtung zugeführt. Exemplarisches Vorgehen und Einbettung in einen umfassenden Rahmen werden in höchst informativer Weise miteinander verknüpft. Das Hauptgewicht liegt dabei weniger wie dies im Rahmen wissenschaftshistorischer Beiträge immer wieder gerne gemacht wird auf dem Aspekt der Vorwegnahme modernerer Ansätze, als vielmehr auf einer Darlegung der Sprachforschung der Aufklärung in ihrer geschichtlichen Bedingtheit. Abhängigkeiten und Einflüsse werden sowohl wissenschaftssynchronisch als auch wissenschaftsdiachronisch zu fassen versucht. Im Zentrum steht der von Condillac ausgehende Sensualismus, der als diejenige Leitphilosophie betrachtet wird, die das sprachphilosophische und -theoretische Denken in der französischen Encyclopedie im Wesen geprägt habe 1. Nach dem knappen Vorwort zu Zielsetzung und Problemen wissenschaftshistorischer Ambitionen (rx-xr) werden in einem Einleitungskapitel (1-33) die «Thematische Konzeption und der geschichtlich-literarische Bezug» (1-24), der «Forschungsstand» (25-30) sowie einige «Methodologische Anmerkungen» (30-33) präsentiert. Das zweite Kapitel zentriert sich auf den «Sensualismus als Grundlage der Sprachtheorie: Zusammenhang von Sensualität, Erkenntnisfähigkeit und Sprache» (34-64). Behandelt werden 1. dohn Lockes Ansatz einer sensualistischen Erkenntnistheorie» (34-42), 2. die «Grundlagen von Condil- 1 Zu einer kritischen Wertung dieser die Arbeit von Hoinkes in all ihren Teilen leitenden These cf. GERDA HASSLER, «Überlegungen zu Philosophie und Grammatik in der französischen Aufklärung», Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft 4.1 (1994): 138-53.
