Vox Romanica
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Francke Verlag Tübingen
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1999
581
Kristol De StefaniVon Windeiern und Weicheiern: Die Schicksale von lat. APALUS in der cis- und transalpinen Romania
121
1999
Otto Gsell
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Von Windeiern und Weicheiern: Die Schicksale von lat. APALUS in der cis- und transalpinen Romania Das altgriechische Adjektiv παλ ς weich, zart wurde in der frühen Kaiserzeit ins Schriftlatein als (h)apalus entlehnt, ging dort jedoch eine mehr oder minder feste Kollokation mit ovum ein und spezialisierte sich dabei auf die Bedeutung œuf mollet , weichgekochtes Ei . Dieselbe lexikalische Solidarität (im Sinne Coserius 1 ) entwickelte sich in der Volkssprache, jedoch mit einem anderen semantischen Ergebnis: ovum apalum bezeichnete hier - nach Ausweis der romanischen Fortsetzer - das Ei ohne Schale , das lediglich von der balgartig verstärkten Innenhaut zusammengehalten wird, im Deutschen als «Fließei», im Französischen als «œuf hardé», im Italienischen als «uovo col panno», «uovo in tela» benannt. Wie Fanciullo 1984 gezeigt hat, wurde das im Lateinischen völlig isolierte apalus verschiedenen volkstümlichen Metaplasmen mit dem Ziel einer besseren Integration in den Wortschatz unterworfen. Der Ersatz der beiden Nachtonsilben durch geläufigere Sequenzen lieferte Varianten wie *apulu, *apidu, die paretymologische Assoziation des Stammes mit albus bzw. alb men mußte etwa ein *albidu ergeben. Alle diese Varianten werden in den Dialekten Italiens fortgeführt. Das dortige Areal von apalus läßt sich anhand der Zusatzliste uovo col panno zur AIS-Karte vi, 1132 und mit noch reicherer Dokumentation im Band 2 des LEI (13, 1704- 11) bequem überblicken. Kerngebiet des Typs áp(p)ulu (auch ap¿l¿, gap-, yap-) ist Unteritalien, von Kampanien und den Abruzzen südwärts, sowie Sizilien; hier wird der antike und nachantike Kontakt mit dem griechischen Ausgangswort stabilisierend gewirkt haben. Auch Mittelitalien von der Lunigiana bis nach Latium weist zahlreiche Reflexe von apalus auf, doch nicht mehr in flächendeckender Verbreitung; daneben stehen auch andere Typen wie das charakteristisch toskanische scervo, cerbio immaturo acerbus oder auch verschiedene, wohl sekundär eingetretene Paraphrasen. Zudem beobachten wir gerade hier zahlreiche Umformungen, zum Teil deutbar als volksetymologische Remotivationsversuche sei es schon in lateinischer oder in jüngerer Zeit 2 . Zu diesen Spiel- und Ersatzformen zählen mittelit. (l)ápido, ácquito, álbido, uvalbe, aber auch pallidu, abile, abbele, amab(b)ele, pápere. Ähnliche Varianten überziehen freilich auch das Kerngebiet im Mezzogiorno, wie z. B. metathetisches kalabr. álapu, álipu neben lápidu, sizil. (a)mabulu, ma-, va-, paparu. 1 Zu den «lexikalischen Solidaritäten» cf. Wunderli 1989: 150s. 2 Dazu im einzelnen Fanciullo 1984. 113 Von Windeiern und Weicheiern Die (vulgär)lateinische Primärbedeutung all jener Ausdrücke bleibt weitgehend unverändert uovo senza guscio , nur sporadisch tritt uns etwa ein (uovo) andato a male, non fecondato entgegen, wo also die Referenz ausgeweitet ist von einer spezifischen Form auf andere oder auch sämtliche Formen des mißratenen Eis, das entweder aufgrund einer natürlichen Fehlbildung nicht brutfähig ist oder auch nur mangels Befruchtung erfolglos bebrütet wird (cf. lat. ovum irritum ungültiges Ei ); ähnliche Verschiebungen werden uns auch im folgenden noch begegnen. Daneben stehen nun in den dialetti centro-meridionali vielfach sekundär übertragene Inhalte, die wir zu zwei Gruppen zusammmenfassen können, nämlich einmal molle, morbido, soffice (von Objekten, etwa überreifen Früchten) 3 , sodann molle, fiacco, privo di forza (von Personen): Zum erstenmal konstatieren wir hier also die metaphorische Übertragung vom weichen (oder auch vom faulen) Ei auf menschliche Verfassung und Verfaßtheit, die uns auch im folgenden noch beschäftigen wird. Für Norditalien und den Alpenbogen sind Abkömmlinge von apalus nicht eben zahlreich belegt, wohl nicht zuletzt infolge der «westromanischen» Lenierung des -p-, die erst die phonischen und dann die prosodischen Konturen des Wortes verwischen und damit auch Homonymien wie die mit *avulus (REW 837, LEI 3/ 2: 2670) hervorrufen mußte. Immerhin erlaubt das tessin. áuru (uovo) col panno , molle, soffice (fieno, aria) im Verbund mit istr. ávulo soffice, vuoto die Rekonstruktion eines cisalpinen (padano-alpinen) Typs *ávol senza guscio , molle . In Sardinien sind Nachfahren von apalus nur für die Nordhälfte der Insel nachweisbar (babba, pábaru), weshalb Wagner den Verdacht auf Entlehnung aus Mittelitalien äußert und das bodenständige sardische Erbwort in dem Sammelterminus aortíu, -ittsu andato a male abort vus vermutet 4 . Soweit das bisher unstrittige und durch das LEI mit Recht gleichsam kanonisierte Wissen über das Fortleben von apalus in der Romania. Umstritten ist die Herkunft eines weiteren alpinen und präalpinen Worttyps ávol, der als Substantiv nicht nur grammatisch, sondern auch semantisch deutlich von dem eben besprochenen Adjektiv abweicht, nämlich mit den Inhalten Gewebeentzündung, Wundsekret, Eiter . Auch hier ist zuerst das im LEI (3/ 1: 380-83) versammelte Material zusammenzufassen, zumal es einzelner Ergänzungen und Korrekturen bedarf. Wiederum bildet das Alpinlombardische (Tessin, Ossola, Bormio) den westlichen Pfeiler mit Formen wie (in)auru, aul(u), ával ascesso, infiammazione, malignità delle piaghe , bevorzugt in festen Syntagmen wie ciapar a., andar in a., trar 3 Theoretisch könnte man darin auch eine Fortführung der Ausgangsbedeutung im Griechischen erkennen. 4 Wagner 1962: 201. Die AIS-Karte vi, 1136 uovo guasto verzeichnet für Sardinien ausschließlich Ausdrücke mit dem Inhalt in panno, senza guscio , während die in Karte 1132 Cp zu letzterem Konzept aufgeführten Ausdrücke für Sardinien fehlen. Demnach sind wohl die sardischen Formen von K. 1136 zu K. 1132 Cp zu transferieren. 114 Otto Gsell via l’a. 5 . Mit der Val Sesia reicht dieses Areal bis ins Piemont, während das Bergell mit èval den Anschluß an Romanisch Bünden herstellt. Dort allerdings ist der Worttyp nur im Unterengadin mit ável Wundserum, Gelenksflüssigkeit vertreten 6 . Das dritte Teilgebiet von ávol liegt im Dolomitenraum und den karnischen Alpen, beginnend mit sellaladinisch (Buchenstein) láol pus, materia , Agordino lául, léola infiammazione alle mammelle delle vacche , Ampezzo oulígo suppurazione alla radice dell’unghia , Comelico (l)áulu infezione, gonfiore , Cadore (z. B. Auronzo) áol siero che esce dalle ferite infette , friaul. (Collina) ávol infezione, ciò che produce il pus in una ferita . Nicht hierher gehört das auch im LEI angeführte ampezz. ouno tetano, avvelenamento del sangue , dessen Etymon - sehr wahrscheinlich ven num - zugleich auch die Basis von gadertalisch aoné, ennebergisch aonëi Gift, Bienenstachel ist 7 . Nicht ganz sicher, aber doch wahrscheinlich korrekt ist hingegen die Zuordnung von grödn. èbl Eiter zum Typ avol. Fraglich ist hier nicht die Palatalisierung von á-, die ja auch in der agordinischen Variante léola auftritt, sondern die zu postulierende Reokklusion eines altladinischen tonlosen -vol zu -bl: In Gröden liegt teilweise Vokalisierung vor wie in -ëul -evole , diaul diavolo , teilweise aber auch intakter (oder wiederhergestellter) Plosiv wie in redabl Ofenkrücke rut bulum; neben ciola Zwiebel *c pulla steht ciblons *c pull nes, so daß sich kein einheitliches Muster für die Weiterentwicklung eines altladinischen *évol anbot. In jedem Fall dürfen wir wohl das Verbreitungs- oder eher Rückzugsgebiet von ávol als Benennung für infektiöse Zustände oder Symptome auf die gesamte früh- und hochmittelalterliche Cisalpina extrapolieren und vor diesem geographischen Hintergrund die Frage nach seinem Ursprung stellen. Sganzini 1952 und in seinem Gefolge Antonioli/ Bracchi 1995: 451 führen diesen Worttyp auf dasselbe apalus bzw. *apulus zurück, wie es unbestreitbar in tessin. auru molle vorliegt, wobei der Bedeutungswandel durch visuell-metaphorische Assoziation bedingt sei: «Una ferita che inciprignisce, per il suo gonfiore, il suo colore e per la pellicina che la riveste, trova facile paragono con l’uovo col panno . . . » (VDSI 1: 339). So suggestiv dieses Bild auch wirken mag, erklärt es dennoch nicht den Wortklassenwechsel vom Adjektiv zum Substantiv. 5 Die ausführliche Dokumentation der alpinlombardischen Formen in VDSI 1: 338s.; cf. auch AIS viii, K. 1558 p. 115 (Antronapiana) inauloñ (gomiti) logorati . 6 Cf. DRG 1: 589. 7 Zu buch. laol etc. cf. Pellegrini 1985: 115; Rossi 1992: 591; Zandegiacomo De Lugan 1988: 24; Hubschmid 1951s.: 344s. EWD 1: 149 leitet aoné von apis bzw. *ap ne her. Der cisalpine Typ *ap ne bezeichnet indes durchweg die Drohne oder die Hummel (so friaul. avon; im einzelnen cf. LEI 3/ 1: 46) und kann auch formal nicht ampezz. ouno zugrundeliegen. In Wirklichkeit dürfte es sich hier wie auch in altobereng. ve-, vinin um Reflexe von undissimiliertem ven num handeln, mit Agglutination des aaus da *oné giftig und Ersatz des für Substantive ungewöhnlichen Wortausgangs -ëiñ nu durch eines der geläufigen Suffixe. Ampezz. ouno *auno müßte demnach Rückbildung oder Frucht einer Akzentverlegung sein. Auch für die Formen des Putér vermutet Schorta 1939: 589 eine Vermischung von venin mit avel. 115 Von Windeiern und Weicheiern Schorta deutet in seinem Kommentar zu engad. avel (DRG 1: 589) stattdessen Herleitung aus aqua oder aber eine vorlateinische Herkunft an, die später J. Hubschmid konkretisiert hat zu einem kelto-illyrischen *apelos Wässerchen , das wiederum semantisch nur eingeschränkt zu ávol paßt: dessen Inhaltsspektrum umfaßt die gesamte Symptomatik des entzündlich veränderten Körpergewebes, so daß als Epizentrum der Bedeutungsentfaltung eher ein abstraktes oder auch bildhaft übertragenes Konzept für die Sepsis zu vermuten wäre als ein Konkretum mit einem ganz spezifischen Inhalt, der am ehesten mit Gelenkwasser zu umschreiben wäre und innerhalb des avol-Gebiets nur im Engadin vorliegt 8 . Kranzmayr (1970: 92, 95) zufolge ist das grödn. èbl aus mhd. avel eiterndes, entzündetes Gewebe entlehnt. Dieses aber wird von germanistischer Seite mehrfach auf ein altgerm. afel Macht, Kraft zurückgeführt und ebenso das zugehörige Verb bair. afeln auf ahd. afalon sich rühren, aktiv sein 9 . Dieser Ansatz ist semantisch noch schwerer nachvollziehbar als derjenige Hubschmids und vor allem hat er die romanistischen Daten gegen sich. Denn gleich wie in diesem Kontext das grödnische Wort zu bewerten ist, so muß in jedem Fall entweder bair. afel aus dem uns schon bekannten alpinen ávol entlehnt sein oder aber dieses aus dem Altbairischen bzw. Germanischen. Nun sprechen aus sprachgeographischer Sicht starke Argumente für eine Wanderung von Süd nach Nord. Bereits die Dialekte der östlichen Dolomiten und Karniens besitzen kaum alte Bajuwarismen, vom Alpinlombardischen ganz zu schweigen. Umgekehrt ist das deutsche Afel streng auf den bairischen Raum beschränkt und wird von Kranzmayr deshalb als «bairisches Kennwort» (1970: 92) charakterisiert, was sich mit einer gemeingermanischen Herkunft nicht gut vereinbaren läßt, umso leichter dafür mit einer Übernahme in der perialpinen romanisch-bairischen Kontaktzone in alt- oder frühmittelhochdeutscher Zeit mit anschließender innerbairischer Diffusion bis über die Donau hinaus 10 . Das aus romanischer Perspektive auffällig isolierte avel des Vallader könnte freilich sehr wohl aus dem Tiroler Inntal oder dem Vinschgau entlehnt und damit ein Rückwanderer sein. Die bisher jüngste Etymologie für das nominale ávol wird vom LEI (3/ 1: 382) selbst vorgeschlagen, nämlich ein *apulus als hypothetisches Homonym des Adjektivs apalus/ *apulus, das einer Kontamination des letzteren mit papula Bläschen, Pustel zu verdanken sei.Auch dieser Vorschlag vermag nicht zu überzeugen. Weder liefert der alpin-cisalpine Raum Hinweise auf eine starke Präsenz von lat. 8 Zu *apelos cf. Hubschmid 1951s.: 344ss. - Offenbar vor Sganzini ist aber auch Schorta von der im DRG-Artikel avel erwogenen Anbindung an aqua zur Etymologie apalus gelangt (1939: 665), wobei die für ihn ausschlaggebende Parallele glarea (recte: cl ria) Eiweiss frz. glaire Wundsekret nicht unbedingt zwingend erscheint, wie schon Hubschmid 1951s.: 346 dargelegt hat. 9 So außer Kranzmayr 1970: 95 auch Köbler 1993: 8. 10 Auch Schneider 1963: 244 passim und das LEI (3/ 1: 383) erkennen auf romanische Abstammung des bair. Afel. 116 Otto Gsell papula, das zahlreiche Konkurrenten besaß, noch liegen die Konzepte Wundsekret (lat. sanies), Sepsis, bes. einer offenen Verletzung so nahe bei dem des Wasser- oder Eiterbläschens, daß eine Wortkreuzung wahrscheinlich wäre. Auch der unterstellte Genuswechsel von papula zu *(p)apulus bliebe zu rechtfertigen, zumal p bulum Futter gerade in der Cisalpina fest eingebürgert war (REW: 6131). Gilt also für das Substantiv ávol unverändert das agnostische Votum Tagliavinis: «voce oscura» 11 ? Einen wichtigen Anhaltspunkt gibt uns der so oft vernachlässigte Blick auf die Morphologie, hier die Derivation. So gut wie überall dort, wo der substantivische Typ ávol nachweisbar ist, existiert dazu auch ein Inchoativverb inavolir, -ar sich entzünden, nässen, eitern, afeln , dessen Partizip Präteritum zugleich als Zustandsadjektiv entzündlich, infiziert lexikalisiert ist: tess. inaurá, inaulá inciprignirsi (von daher das Präfix von inauru, alinaul molle ; so auch in valses. ináulo, Ossola ináual malignità delle piaghe ); naulá infiammata , Vanzone inaulá, Grosio inaulär infettarsi (ferita) ; sellalad. agord. inaulí, ampezz. inoulí, cador. (Lorenzago, Auronzo) (i)naulí, karn. (Pesàriis) inaurî, alle infettarsi, infiammarsi, peggiorare (ferita), marcire 12 . Aber auch das mittel- und süditalienische apolo senza guscio, molle hat ein gleich gebautes Verb hervorgebracht, dessen Areal (LEI 2: 1710) vom südlichen Venetien über den Apennin bis ins Molise reicht (z. B. poles. immabolire ammollire , abruzz. molis. ammapalé render molle, vizzo , ammapulito fiacco, stordito, mal ridotto in salute ). Diesem Verb bzw. Adjektiv liegt also durchweg die Sekundärbedeutung weich werden, erschlaffen zugrunde, speziell angewandt auf Personen im Sinne von abgeschlafft, in schlechter Verfassung . Von hier aus ist es nur ein kleiner semantischer Schritt zu dem alpinen inaulir, das ursprünglich sowohl das Weichwerden des entzündlich veränderten, nässenden Gewebes wie auch verallgemeinernd die Verschlechterung des Zustands einer infizierten Verletzung (schwdt. bösen) bezeichnet haben wird. Das Substantiv (in)avol wäre dann nicht nur als Kollektivneutrum des primären Adjektivs avol weich zu interpretieren, sondern auch und in erster Linie als Rückbildung zu inavolir in der Funktion eines Verbalabstraktums Entzündung ; von da aus erklären sich dann zwanglos diverse metonymische Konkretisierungen wie Serum , Eiter . Somit erscheint eine Herleitung auch des substantivischen avol aus apalus durchaus als gerechtfertigt. Wiederum dem LEI (2: 1710) zufolge reicht das Verbreitungsgebiet von apalus mit (Nizza) galebe, (Queyras) arbre bis in die östlichsten Dialekte des Provenzalischen. Die transalpinen Formen weichen nach ihrer Gestalt allerdings deutlich vom padanischen Typus ab und sind auch keineswegs so vereinzelt wie im LEI dargestellt. Wir wollen sie aber noch für eine Weile zurückstellen, denn weiter westlich im Gaskognischen (Dép. Landes) tritt uns ein direkter Abkömmling unseres 11 Tagliavini 1942-44: 861; ähnlich DESF 1: 129. 12 Cf. LEI 2/ 1: 383; Antonioli/ Bracchi 1995: 451; Pirona et al. 1935: 433. 117 Von Windeiern und Weicheiern apalus/ *apulus entgegen in Gestalt von áule (œuf) pourri, stérile 13 . Der semantische Übergang zwischen den verschiedenen Abarten des unbrauchbaren Eis, hier also vom schalenlosen zum unbefruchteten Ei, dessen Inhalt beim Brüten zum Teil verdunstet und im übrigen in Fäulnis übergeht, bedarf keiner besonderen Rechtfertigung. Er ist uns bereits in den italienischen Dialekten begegnet, findet sich in dt. Windei wieder, das ursprünglich nur das unfruchtbare Ei, sekundär auch das Fließei bezeichnet und tritt auch in den Dialekten Frankreichs nach Ausweis der Regionalatlanten immer wieder auf 14 . Die referentielle und semantische Fluidität unseres Wortes gründet letztlich in seiner Entbehrlichkeit, kann es doch jederzeit in seiner Primärbedeutung durch die eindeutige Paraphrase «ohne Schale» ersetzt werden und wird dann frei für metaphorisch und/ oder metonymisch verwandte Inhalte. Meist tritt dabei der häufigere bzw. generische Ausdruck für den spezielleren ein und so auch im Gaskognischen, wo ja aule wie auch sonst im (westlichen) Okzitanischen und im Katalanischen seit den frühesten Texten des Mittelalters mit ávol in Variation steht und ganz allgemein schlecht, minderwertig, verdorben bedeutet, von Sachen wie von Lebewesen und Personen gesagt. Das seit dem 12. Jh. auch im Wortschatz der Trobadordichtung bezeugte ávol ist entsprechend früh zum Objekt etymologischer Begierde und Bemühung geworden. Nachdem Diezens advolus, das sich auf afrz. avolé dahergelaufen berief, wenig Anklang fand, schlug Hentschke stattdessen habilis gewandt, handlich vor, das teils bezweifelt, teils akzeptiert wurde; dem setzte Wartburg ein von ihm im massaliotischen Griechisch vermutetes υλ ς unbedacht , auch böswillig , entgegen, das der vorher zu habilis neigende Spitzer vorgebracht hatte 15 . Der Dissens 13 Zu gask. cf. aule ALG 2: K. 442, 546: Déps. Landes, Gers, H.-Garonne. Ein wichtiges Bindeglied zwischen alpinlomb. auru und gask. aule ist auch alpinprov. éure sans coquille [ALEP 3: K. 834: 33 (Dép. Drôme)]. Das im FEW 24: 46 mit aufgeführte «altfrpr.» avour ist nach Pfister 1970: 704 nichts als eine Variante von ávol im selben Text (Girart de Roussillon), dessen Vorkommen ja die in Pfisters sorgfältiger Untersuchung vertretene Auffassung stützt, «daß der Kern der im G. de R. erhaltenen Sprache altprovenzalisch war» (p. 175). Ein Lemma apalus fehlt übrigens in FEW 1 bzw. 25, ebenso wie der nachstehend behandelte Typ okz. aube, frprov. alevo sans coquille im FEW für mich unauffindbar war. 14 Cf. DW 30 (14/ 2): 278 zu dt. Windei und DW 16 (10/ 1): 1621, 2677 zu regionaldt. Spar-, Sporei Ei ohne Schale, Fließei , aus mhd. spoere trocken, ausgedörrt ; ALFC 2: K. 711 mit den Typen clair, palouf für den Inhalt sans coquille ; ASLEF 2: K. 1039 mit dem Typ in rena scemo , eigentlich senza guscio . 15 Die Forschungsgeschichte von okz.-kat. avol ist zusammengefaßt in DECLC 1: 520-23. Im einzelnen cf. Diez 1887/ 1969: 515; Hentschke 1884: 122; Spitzer 1919: 370; id. 1939: 538; Wartburg 1952: 31. Weitere Stellungnahmen zur Herkunft von avol in Appel 1918: 20, 50 [unsicher]; Schultz-Gora 1924: 37 [habilis]; Rohlfs 1977: 103 [unklar]; REW3960 [ungeklärt]. Ungeklärt sind aber auch Urheberschaft und Überlieferungsgeschichte des «Etymons» *aboulos selbst. Bereits Diez referiert (loc. cit.): «Was seine Herkunft [prov. avol] betrifft, so räth man auf gr. υλ ς unangenehm lästig, das aber der Bedeutung nicht genügt». Ohne Bezugnahme auf andere gibt sodann Mistral 1879/ 1966: 197 exakt dasselbe υλ ς an wie Spitzer, der allem Anschein nach aus Mistrals Trésor ein terrain (recte: terraire) aboul mauvais terrain übernimmt (Spitzer 1939: 537), ohne jedoch das unter dem gleichen Lemma gebotene Etymon zu erwähnen. 118 Otto Gsell dauert noch an und entbehrt stellenweise nicht einer gewissen Schärfe: Während Corominas, der sich trotz anfänglich eingeräumter Ungewißheiten mit Verve für habilis einsetzt, Wartburg einen «grecòman» schilt, hält das FEW (24: 46) trotzig an gr.-lat. *aboulos fest und weist Corominas Argumente als «wenig überzeugend» zurück. Indes haben beide Kontrahenten recht mit ihrer Meinung über den Ansatz der Gegenseite: Beide Etyma sind wohl ous aules, Windeier, wie sie auch in der etymologischen Produktion anfallen, besonders oft dann, wenn die Etymologen Schuchardts Mahnung, die Dame Semantik gleich respektvoll zu behandeln wie die Dame Phonetik, in den Wind schlagen. Der hier vertretene Ansatz kann sich jedenfalls auf genügend Parallelfälle stützen, wo menschliches Verhalten oder menschlicher Charakter metaphorisch mit dem mißbildeten oder verdorbenen oder auch nur dem weichgekochten Ei gleichgesetzt werden. Die Liste der Beispiele reicht von dt. Windei unsolides Projekt , umgangssprachlich Weichei willensschwache Person , (stink)faul arbeitsscheu über bündnerrom. ov in pel dünnhäutige Person , friaul. (s)clopadiz uovo scemo; persona che non sta bene (dazu clopárie svogliatezza ), sard. abbroaresi diventare barlaccio (uovo) , scimunito (persona) , bis zu den übertragenen Bedeutungen von it. scemo sciocco, insulso , barlaccio malaticcio, debole , als präzise Entsprechung zu dialektalem ápolo debole, fiacco . Exakt in diesem Vorstellungsbereich ohne Festigkeit, schlaff und im weiteren Sinne unbrauchbar, verdorben, faul ist auch der semantische Kern von kat. avol, aul zu lokalisieren, den Corominas mit «l’home de flaca o dolenta moral» (p. 521), «d’escassa resistencia moral» (p. 523) umschreibt 16 . Auch lautlich ist die Herleitung von avol, aul(e) aus apalus/ *apulus einwandfrei, jedenfalls auf den zweiten Blick. An sich bleiben im Okzitanischen zwischenvokalisches -p- und -bals -b- und -vgetrennt, doch gilt diese Regel nicht für die sekundären (synkopierten) Gruppen -p’l- und -b’l- : beide ergeben «lautgerechtes» -bl-. Neben den synkopierten Formen stehen jedoch auch apokopierte mit Erhalt der Nachtonsilbe -vol, der zwar nur bei -bgeneralisiert ist, auf analogischem Wege aber auch primäres -pmit erfaßt. Die Sprecher des Proto- oder Altokzitanischen verfügten ja über keinerlei Kriterien, wonach bei einem Teil der Formen mit -bl- Variation mit -vol zulässig gewesen wäre, bei den übrigen jedoch nicht. So ergibt p pulus Pappel im Altokzitanischen neben pibol, pible auch biule, bioule, nicht anders als ebulum in agask. eble, evol resultiert, und ebenso mußten auch apalus/ *apulus mit z. B. habilis bei erbwörtlicher Filiation in *able/ avol zusammenfließen 17 . 16 avol/ aule drang wohl vom Gaskognischen ins Baskische ein und scheint dort dem Etymon relativ nahestehende Bedeutungen festgehalten zu haben, nämlich débil, flojo , insípido , perezoso (DECLC: 523). In gask. aule vide (grain) (Mistral 1966: 177) liegt dieselbe Inhaltsverschiebung vor wie in istr. avolo vuoto aus scemo . In die mittelalterliche Literatur Aragons und Kastiliens ist avol von Katalonien aus gelangt (DCEC 1: 342), ebenso vermutlich in das Altportugiesische, das neben ávol(eza) die Variante aulo verwendet (Machado 1977: 359). 17 Cf. DAO 3: 236. Das (Alt-)Gaskognische scheint im Rahmen dieser Variation die Formen mit Vokalisierung zu bevorzugen, das Languedokisch-Provenzalische hingegen die mit Erhalt 119 Von Windeiern und Weicheiern Aus apalus/ *apulus stehen somit für das frühe Okzitanisch-Katalanische folgende Varianten zu erwarten: (1) *able, (2) *ábol, die beide nicht nachweisbar sind; (3) ávol, weiter verkürzt zu akat. aul, al; (4) *avle, daraus gask. aule. In den späteren Dialekten des Rouergue (Aveyron) ist ávol offenbar zu avól, abóu(l) «oxytoniert» worden, und das Druckbild aboul mag auch F. Mistral auf die Spur des Pseudo-Etymons υλ ς gebracht haben 18 . Derselbe Variantentyp taucht aber auch in Mundarten des Alpinprovenzalischen als gabó λ o, gafuyo (œuf) couvi wieder auf, mit demselben unorganischen Anlautkonsonanten wie in dem schon bekannten galebe des niçois, aber auch in südit. gappulu, -pele 19 . Auch die letzte Etappe unserer Reise auf den Spuren von apalus beginnt in der Provence. Zwischen dem oben genannten alpinprov. eure und dem gask. aule als direkten Fortsetzern des Etymons erstreckt sich über einen großen Teil des okzitanischen Sprachraums ein Bezeichnungstyp für das schalenlose, örtlich auch für das verdorbene Ei, dem auch die im LEI zitierten Formen (Nizza) galebe, (Queyras) arbre angehören. Sein Areal umfaßt das gesamte Alpinprovenzalische (aube, árbou u. ä.) und den Nordteil des Zentralmassivs (Déps. Cantal, Haute-Loire, Ardèche) mit áube, aubat. Während dieser Typ aube im Gaskognischen fehlt und damit seine etymologische Verwandtschaft mit aule erkennen läßt, scheint er weiter nördlich in der Vendée sporadisch in Gestalt von (y)ubé aubé (? ) erhalten zu sein 20 . Zwei Erklärungsmöglichkeiten bieten sich für den Typ aube an. Zum einen könnte in der mittelalterlichen langue d’oc das oben rekonstruierte *able zu *albe umgestellt worden sein, etwa unter dem Einfluß von alb-, album Eiweiß (cf. okz. ou clar, regionalfrz. œuf clair non fécondé , œuf blanc sans jaune ). Daß eine volksetymologische Anbindung von altokz. *albe/ aube sans coquille an die Familie von albus zumindest sekundär erfolgt ist, beweist die auvergnatische Variante aubat alb tus weiß gekleidet 21 . Zum anderen aber könnten wir *albe/ aube zusammen mit it. álapu, álipu (cf. oben) auf eine bereits lateinische Metathese zu *alapus zurückführen, was vom Lautlichen her durch die parallele Entwicklung von alapa Schaufelblatt zu okzit. auba, frz. aube, auve gerechtfertigt ist 22 . Diese zweite Annahme erfährt nun eine massive Stützung durch die Verhältnisse im Frankodes Plosivs, ähnlich wie im Fall von rut bulum (cf. FEW 10: 597), was eine zusätzliche Validation für gask. aule apalus/ *apulus darstellt. Auch im Altkatalanischen kovariieren frèvol und feble (DECLC 4: 203) ebenso wie im Altokzitanischen frevol, freul(e) und feble fl bilis, móvel und moble mobilis, -avol und -able bilis. Zum Lautlichen bzw. Prosodischen cf. auch Appel 1918: 50-52; Ronjat 1980, vol. 2: 5s., 110-12, 229-31, 247-49; Rohlfs 1977: 162. 18 Mistral 1966: 197; cf. auch N15 und Vayssier 1971: 7 zu avóls mauvais, sot, méchant . 19 Sekundäre Anlautkonsonanz weisen auch auf alpinprov. daube, ezáubre (ALEP 3: K. 834, p. 25, 44). 20 Cf. ALEP 3: K. 834, 837; Nauton 1972: K. 583; zu vend. ubé Massignon/ Horiot 1983: K. 640, p. 60; Rézeau 1976: 146. Unklar ist die isolierte Lokalform champ. larv sans coquille (ALCB 3: K. 1022, p. 188, 193), die an alpinprov. árbe erinnert. 21 Zu okz. aubat, -bar cf. Nauton 1972: K. 583, z. B. p. 27, 31, 35, 43; FEW 24: 307. 22 Zu alapa und seinen Fortsetzern cf. FEW 24: 290. 120 Otto Gsell provenzalischen, die wir bisher noch nicht betrachtet haben. Dort, näherhin in der Suisse romande, wird nämlich alapa zu alèva aube, palette , erfährt also die für das Frankoprovenzalische typische Behandlung oder besser Beseitigung von lateinischen Proparoxytona. Im zentralen Frankoprovenzalischen (Isère, Savoie, Ain, Drôme) wird aber auch das schalenlose Ei mit Ausdrücken wie alvõ, levó, alèvo bezeichnet, die ihrerseits dann wohl auch auf *alapu zurückgehen werden (teilweise mit späterer Suffigierung) 23 . Allem Anschein nach hat also die südliche Gallia (oder die spätere Francia) in der metathetischen Variante *alapus die ursprüngliche konkrete Bedeutung weitergeführt, während die primäre Form apalus/ *apulus sich auf die metaphorischen Sekundärinhalte breiig, schlaff; minderwertig, unbrauchbar spezialisierte. Im Kerngebiet der langue d’oïl hat hingegen apalus keine sicheren Spuren hinterlassen. Wie im Süden mußten auch hier lat. apalus/ *apulus, -abile, -abulu lautlich zusammenfallen, im Osten in afrz. avle, aule (später al, ol), westlich davon in able. Ob das in den Südvogesen und im Pikardischen örtlich nachweisbare al (œuf) sans coquille, hardé auf unser apalus zurückgeht, ist zu bezweifeln, stehen doch daneben Varianten mit anlautendem h-, die eher auf afr. hasle desséché zurückführen, dessen Familie in den Dialekten Ostfrankreichs stark vertreten ist 24 . In den meisten französischen Dialekträumen, so in Lothringen, der Champagne, Ile-de-France, Picardie und Normandie dominiert ein mit dem standardsprachlichen (œuf) hardé identischer oder verwandter Typ mit den Hauptvarianten (h)ardé, (h)alé, (h)ardré, (h)ardelé, pik. auch fardé, wall. (h)arte. Das FEW führt sie allesamt auf (arabisch) farda zurück, eventuell mit Einfluß von germ. *hart, doch lassen die dialektalen Formen unter lautlichen wie vor allem semantischen Gesichtspunkten eher Einfluß des schon erwähnten hâlé vermuten, das im gleichen Raum vorwiegend als (h)arlé fortlebt, mit demselben kompensatorischen -rwie in z. B. perle pêne pessulu 25 . 23 Zu frprov. alèva aube, palette cf. GPSR 1: 269 (das -eder Tonsilbe wohl aus *leva levier du moulin etc. , FEW 5: 270 ); zu alèvo etc. œuf hardé cf. Duraffour 1969: 286, 5858, 6863; ALJA 2: K. 776. Die in FEW 5: 273 vorgenommene Zuordnung dieses Typs zu lev re wird nicht begründet und ist es auch nicht. In ihrer extremen lautlichen Reduzierung undurchsichtig sind Lyonnais (n)ar œuf clair ALL 2: K. 345, p. 4) und Vaux-en-Bugey ò, á œuf sans coquille (Duraffour 1941: 213). 24 Zu (h)al cf. ALFC 2: K. 711; ALL 1: K. 321; Lefebvre 1994: 37. Zum gesamten Typ hâle, hâlé cf. FEW 25: 575 assul re, wo auch für die modernen Dialekte noch zur Onomasiologie des überbrüteten Eis passende Bedeutungen wie fané, desséché à l’air, plus que mûr verzeichnet sind, jedoch ohne Einschluß der hier behandelten Ausdrücke. Das lothr. (h)al sans coquille wird dagegen in FEW 16: 128 als Entlehnung aus alem. hal sich leicht schälen lassend ausgegeben, als ob es bei einem Ei ohne Schale etwas zu schälen gäbe: lucus a non lucendo. 25 Zu hardré, harlé etc. cf. FEW 3: 417; 19: 46; Brasseur 1984: K. 715; ALIFO 2: K. 627; ALCB 3: K. 1022. - Hier nicht zu erörtern, aber doch bemerkenswert ist der Typ frprov. barle, barlé œuf clair , der bis in die südlichen Vogesen reicht, in gask. kat. barlóc, Vendée beurloque œuf couvi wiederkehrt und anscheinend identisch ist mit it. barlaccio, Verona sbarlóto uovo scemo (cf. ALL 2: K. 345; ALJA 2: K. 777; ALG 2: K. 546; ALO 3: K. 634, p. 55). Ausgangspunkt ist zweifellos 121 Von Windeiern und Weicheiern Im Westteil der langue d’oïl scheint der Typ hard-, harlnicht heimisch zu sein. Es dominieren dort Paraphrasen nach Art von sans coquille , generische Bezeichnungen wie mou, mollet oder aber kleinräumige Ersatzformen wie orléanais (d)évé afrz. desvé fou (? ) 26 . Auch in der vielleicht schon vorliterarischen Aufgabe des Erbwortes apalus unterscheidet sich also der franzisch-französische Norden vom okzitanisch-frankoprovenzalischen Süden, der seinerseits zusammen mit der Cisalpina und dem übrigen Italien ein zusammenhängendes Areal bildet, das der konservativeren, eher mediterran als kontinental geprägten «Romania continua». 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Im Dauphiné hat barlé neben œuf gâté die Inhalte trouble (regard, vin) , dazu barloque un peu fou (Devaux 1935: 624-26) und zeigt damit seine Beziehungen zu cisalpinem barlüsc guercio, stordito , das wiederum zu frz. berlue, éberluer in einer noch aufzuhellenden Beziehung stehen dürfte; cf. einstweilen LEI 4: 893ss. Zu it. barcollare gehört aber auch der Typ basculla altalena , bascullare barcollare (Jaberg/ Jud 1960: 45), den das FEW (2/ 2: 1518) als Entlehnung aus mfr. nfr. bascule(r) ausgibt. Zu bedenken wäre aber, ob nicht die genannten Formen mit bar-, ber- Varianten von ursprünglichem bas-, besaus (pejorativem) bis- (REW1119) sein könnten. In diesem Fall wäre von bereits lateinisch-frühromanischem *bisc l re acculattare , *bisl c re/ bislusc re essere guercio , *bis(c)locc re barcollare, sballottare (cf. auch frz. clocher, locher) auszugehen, mit einem ebenso wie bei apalus die Alpen überspannenden Verbreitungsgebiet. 26 Zu dévé cf. ALIFO 2: K. 627. Ein anderes altfranzösisches Wort, nämlich heudrir vermodern , wird fortgeführt in champ. oudri pourri (œuf) , ALCB 3: K. 1021. 122 Otto Gsell Duraffour, A. 1941: Lexique patois-français du parler de Vaux-en-Bugey (Ain), Grenoble Duraffour, A. 1969: Glossaire des patois francoprovençaux, Paris Fanciullo, F. 1984: «Un caso di lessema isolato: i continuatori dialettali moderni del lat. (h)apalus », Studi classici e orientali 34: 189-95 Faré, P. 1972: Postille italiane al «Romanisches etymologisches Wörterbuch» di W. Meyer-Lübke, Milano Gardette, P. 1970: Atlas linguistique et ethnographique du Lyonnais, vol. 2, Paris [ALL] Gauchat, L. et al. 1924-33: Glossaire des patois de la Suisse romande, vol. 1, Neuchâtel/ Paris [GPSR] Grimm, J. et al. 1854ss.: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, 31 vol. 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