Vox Romanica
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0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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1999
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Kristol De StefaniBernd Bauske, Schibboleth: eine Untersuchung zur Wiedergabe der Schibboleth-Episode (Richter 12,6) in der spanischen Bibeltradition. Mit einer Nachbemerkung zur Wiedergabe in Druckausgaben in den nichtkastilischen Sprachen Spaniens und im Papiamentu sowie einem Verzeichnis des alttestamentlichen Bestandes der Bibelsammlung der Württembergischen Landesbibliothek, Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek) 1997, 104 p.
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1999
C. Wittlin
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Bernd Bauske, Schibboleth: eine Untersuchung zur Wiedergabe der Schibboleth-Episode (Richter 12,6) in der spanischen Bibeltradition. Mit einer Nachbemerkung zur Wiedergabe in Druckausgaben in den nichtkastilischen Sprachen Spaniens und im Papiamentu sowie einem Verzeichnis des alttestamentlichen Bestandes der Bibelsammlung der Württembergischen Landesbibliothek, Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek) 1997, 104 p. Bauske verbindet in diesem bescheiden präsentierten Heft das Nützliche mit dem Angenehmen. Die p. 56-64 und 73 -104 abgedruckten Verzeichnisse von Bibeln haben praktischen Wert, und die Lektüre des «Aufsatzes» (Bauskes Selbsteinschätzung p. 77, wo er seine Parallel-Studie zur Schibolet-Episode in italienischen Bibeln anzeigt) ist aus mancher Sicht von Interesse. Als die Gileaditer verhindern wollten, daß die Ephraimiter den Jordan überschritten, zwangen sie alle Flüchtlinge, das Wort «Schibolet» zu wiederholen. Wer das -schnicht aussprechen konnte und mit «Sibolet» antwortete, wurde ermordet. Im hebräischen Alphabet konnten die beiden Laute leicht unterschieden werden, das Latein aber hatte keinen Buchstaben für -sch-. In einigen Handschriften der Vetus Latina und der Septuaginta werden Losungswort und Antwort einfach ausgelassen; die Stelle kann trotzdem verstanden werden. Andere Handschriften setzen unverständlicherweise zweimal das gleiche Wort, andere führen einen neuen Kontrast ein: «sebboleth/ thebboleth» oder «sebboleth/ gebboleth». Die ersten spanischen Übersetzer hatten die hebräische Aussprache imitieren können, weil altsp. -schsich noch nicht in den gutturalen Reibelaut -chweiterentwickelt hatte. Die frühen Bibeln auf Spanisch ließen sich aber durch ausländische Produkte beeinflussen, zum Beispiel von der Ferrara-Bibel von 1553, die gemäß italienischer Schreibtradition «sciboleth» bot, oder von der Bibel, die Casiodoro de Reina 1569 in Basel drucken ließ, mit der deutschen Graphie «Schiboleth». Erst die drei Neuauflagen der Ferrara-Bibel aus Amsterdam schrieben «xiboleth», was aber nur noch Juden mit veralteten Sprechgewohnheiten mit -schlasen. Mehrere moderne Bibeln aus Südamerika imitieren englische Vorlagen und schreiben «shiboleth». Einige Herausgeber wollen dem Leser mit diakritischen Zeichen helfen (« ibólet»). Wie heute Hispanophone das Losungswort aussprechen, wenn ihre Bibel es mit ungewohnten Buchstaben schreibt, hat Bauske nicht erforscht. Es kommt im Grunde genommen nur darauf an, daß das zweite Wort anders ausgesprochen wird als das erste. Bedenklich ist, daß eine weitverbreitete spanische Bibel schreibt, die Ephraimiter hätten das Wort «sibbolet» wiederholen sollen, und daß alle, die mit «sibbolet» anworteten, ermordet wurden. Als origineller Versuch kann die Übersetzung von Luís Alonso von 1976 angesehen werden. Er konnte damit rechnen, daß alle seine Leser wissen, daß in Südspanien und in Südamerika kein Unterschied mehr gemacht wird zwischen s und z (bzw. s und c vor e oder i). So schrieb er, die Ephraimiter hätten das Wort «cebada» wiederholen müssen. In der südamerikanischen Ausgabe seiner Übersetzung wurde diese Idee nicht verwendet. Vielleicht war beanstandet worden, lateinamerikanische Benutzer dieser Bibel könnten sich unangenehm an ihre eigene Ausspracheschwierigkeit erinnert fühlen, wenn sie lesen, die Ephraimiter hätten statt «cebada» «sebada» gesagt. Bauskes Aufsatz verfolgt keine sprachwissenschaftlichen Ziele. Er stellt seine Methode als Hilfsmittel vor, die Überlieferungsgeschichte von Dutzenden von Bibeln besser verfolgen zu können. Meines Erachtens ist seine Arbeit vor allem in traduktologischer Hinsicht anregend. Die meisten Übersetzer und Drucker der Bibel haben, was die Schibolet-Episode betrifft, versagt. Unterschiedliche Phonem- und Grapheminventare in der Ausgangssprache und in der Zielsprache machen eine einfache Transliteration der beiden hebräischen Wörter oft unmöglich. Diakritische Schnörkel helfen nur wenigen Lesern. Die Ak- 355 Besprechungen - Comptes rendus zentuierung der betonten Silbe sowie das doppelte b und das th geben der Bibel einen fachsprachlichen Anstrich, gehen aber weit am Wesentlichen vorbei. Die Bedeutung des Losungswortes ist ja gänzlich Nebensache; sie hat in der Geschichte der Bibelexegese nie eine Rolle gespielt. Der Übersetzer in einer Sprache mit phonetischem handicap kann also zwischen drei Lösungen wählen: 1. beide Wörter einfach weglassen; 2. das Losungswort so schreiben, wie seine Sprache es erlaubt, aber dessen Wiederholung auslassen und nur das biblische eadem littera exprimere non valens übersetzen; 3. einen beliebigen graphisch-phonetischen Unterschied zwischen den beiden Wörtern einführen, der zwar historisch ungenau, aber linguistisch plausibel ist, wie zum Beispiel «sibolet/ sivolet» oder «sibolet/ siboret» usw. Meines Erachtens ist davon abzuraten, auf eine in der Zielsprache lebendige Aussprachevariante anzuspielen, wenn diese sprachsoziologisch belastet ist, wie im Falle der Südamerikaner und Andalusier, die nur schwer zwischen ce und se unterscheiden. Wird also « cebada » als Losungswort eingeführt, so muß der Leser entweder sich selbst oder die Kastilier mit den biblischen «Bösewichten» identifizieren. Von der Einführung neuer Losungsworte ist außerdem abzuraten, weil es heute zum kulturellen Grundwissen des Westens gehört, daß das Losungswort am Jordan «schibolet» hieß. Gegenüber der Ablenkung vom raschen Erfassen des Wesentlichen durch pseudowissenschaftliche Transliteration ist es das kleinere Übel, die Form an die Aussprache der Leser anzupassen. Bauskes Aufsatz hat den Rezensenten zu Überlegungen angeregt, die weit über sein Ziel hinaus führten. Anderen Lesern wird es vermutlich ähnlich ergehen, was diese Arbeit umso empfehlenswerter macht. C. Wittlin H María Wenceslada de Diego Lobejón, Los Salmos en la literatura española. Valladolid (Universidad) 1996, 185 p. (Literatura 37) De Diego hat 1993, in der gleichen Serie der Universität Valladolid, die unvollständig erhaltene Psalmenübersetzung von Hermann dem Deutschen herausgegeben. Sie stellt nun diesen neuen Band als «zweiten Teil» jener Arbeit vor und verspricht, darin den Einfluß der Psalmen auf die gesamte spanische Literatur zu studieren («estudiar la repercusión del Libro de los Salmos en la Literatura Española desde . . . el siglo xii hasta nuestros dias», p. 7). Sie nennt dieses Gebiet «prácticamente inexplorado, y totalmente nuevo en lo que corresponde al siglo xx». Leider bietet de Diego bloß eine erste Annäherung an dieses Thema. Ihre Arbeit ist wenig mehr als eine mit Zitaten angereicherte Bibliographie. In chronologischer Reihenfolge erwähnt sie 307 Werke (mit römischen Zahlen numeriert, was rasche Querverweise verunmöglicht) und fügt für jedes eine Fußnote bei, mit Angaben über Verleger, Neuauflagen, Standorte usw. Diese Information wird in der Bibliografía (158-68) in Kurzform wiederholt. Die Autorin hat gewiß möglichst viele der verzeichneten Werke persönlich eingesehen, der Leser weiß aber nie, welche Angaben aus zweiter oder dritter Hand stammen. N189 ist ein gutes Beispiel dafür, wie er oft stutzig werden kann. Als Standort eines Exemplars der zweiten Ausgabe von 1632 der Exposición de los siete Psalmos Penitenciales von Hernando de Jesús wird angegeben: «New York Biblioteca del Senado de EE.UU.: BS/ 1445/ P4/ H55/ 1632 facsím.» Die letzten zwei Elemente in der seltsamen Signatur aus dieser seltsamen Bibliothek beziehen sich vermutlich auf den fotomechanischen Nachdruck der Ausgabe von 1632, die Archer Huntington 1903 in New York anfertigen ließ (und die de Diego offensichtlich entgangen ist). Der Benutzer dieses Buches riskiert häufig, in Sackgassen geführt zu werden. So erfährt man zum Beispiel im Eintrag cxxxix: «Fr. Jerónimo Agulló, de la Orden de San Jerónimo, 356 Besprechungen - Comptes rendus
