eJournals Vox Romanica 58/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1999
581 Kristol De Stefani

Kerstin Störl-Stroyny, Die Entwicklung des Ausdrucks von Kausalität im Spanischen. Frankfurt a. M. (Lang) 1997, 699 p. (Studia Romanica et Linguistica 28)

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1999
G.  Manno
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escribió una Exposición del salmo ‹Deus, iudicium tuum regi da› (Ps. 71), interpretando la Profecía de Nostradamus», gefolgt von der Anmerkung: «Ms: Monasterio del Vall de Hebrón, con licencias para imprimirse (Cf. F. Torres Amat, Memorias para un diccionario de Escritores Catalanes, Barcelona 1926)». Torres kompilierte seine Bibliographie schon vor 1815, und sie wurde (mit einem längeren Titel, als de Diego angibt) 1836 gedruckt. Auf p. 8 bringt Torres alle von de Diego exzerpierten Angaben. Das Kloster im Vall d’Hebron wurde 1835 aufgelöst. Die Handschrift von Pater Agulló findet sich heute in der Biblioteca de Catalunya. Dies sagt auch de Diego, aber nur in der Bibliografía p. 158: «Agulló, Jerónimo: Exposición del salmo ‹Deus, iudicium tuum regi da› (Ps. 71). Barcelona, B. Central 1362». («Ps. 71» gehört nicht zum Titel. Es fehlen Anführungszeichen am Ende des lateinischen Verses. «Biblioteca Central» war eine Bezeichnung der Franco-Zeit.) Sucht der Leser Agulló zudem noch im Anhang 5.5, «Sobre otros salmos», findet er: «Agulló, Jerónimo . . . ca. 1659». Vom Leser darf gewiß nicht erwartet werden, daß er bei jedem Eintrag nebst der Fußnote immer auch noch zwei Indices konsultiert. Im Text selbst sollten Handschriften und Bücher datiert und beschrieben werden, mit deutlicher Angabe, ob die Autorin sie selbst eingesehen hat. Vor allem sollte erklärt werden, weshalb ein angeführtes Werk, wie z. B. diese Ausdeutung eines Psalmes und einer Prophezeiung des Nostradamus, als Beitrag zur spanischen Literatur einzuschätzen ist. Im Kapitel zum 20. Jahrhundert wird das Durcheinander theologischer Arbeiten und Literatur noch irritierender. P. 152 zum Beispiel finden wir folgende Hinweise (ich zitiere wörtlich, um den in diesem Buch verwendeten «Plauderstil» zu zeigen): ccxcii. Francisco Margallo Bazago escribió Salmos de liberación 387 . ccxciii. En 1978, el Consejo Superior de Investigaciones Científicas publica la obra de José Rámón Busto Saiz: La traduccíon de Símaco en el Libro de los Salmos 388 . ccxciv. La editorial Clíe publica en 1982 Salmo 23: Salmo de Pastor, obra de F. B. Meyer, traducida al castellano por Demetrio Nalda Domínguez. Die Fußnoten sagen folgendes: « 387 Madrid, El autor, 1978. 63 pp.», « 388 Madrid, 1978. 1 vol. 782 pp. Col. Textos y Estudios del Seminario Filológico » . Was diese drei Publikationen zum Thema Los Salmos en la literatura española beitragen, bleibt eine offene Frage. Und so provoziert nahezu jeder Eintrag in dieser Bibliographie, die eine Monographie sein will, eine Kritik. Als Einführung zum Thema «Die Bedeutung der Psalmen in der spanischen Literaturgeschichte» ist dieser Band noch weniger zu empfehlen. Die eingeschobenen Zitate aus Juan de Valdés, Fray Luís de León, San Juan de la Cruz, Quevedo und anderen bringen etwas Trost. C. Wittlin H Kerstin Störl-Stroyny, Die Entwicklung des Ausdrucks von Kausalität im Spanischen. Frankfurt a. M. (Lang) 1997, 699 p. (Studia Romanica et Linguistica 28) Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, vollständig der Fülle dieser sehr umfassenden und in einer interdisziplinären Herangehensweise verfaßten Habilitationsschrift über Kausalität Rechnung zu tragen. Wir werden uns deshalb ausschließlich den rein linguistischen Aspekten widmen. Das Ziel der sehr ausführlichen Einleitung, die einen Exkurs zur Erkenntnistheorie und eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Disziplinen aus Natur- und Geisteswissenschaften enthält, besteht darin, die in den meisten Untersuchungen intuitiv angewandten Begriffe wie Kausalität, Ursache, Wirkung, Grund, Folge, Motiv zu definieren. K. Störl-Stroyny grenzt somit die für die Thematik relevanten Begriffe ab, die die Grundlage für die linguistischen Untersuchungen bilden. Sie strebt einen integrativen An- 357 Besprechungen - Comptes rendus satz an, der die Linguistik befruchten könnte, da es in linguistischen Untersuchungen keine eindeutige Erklärung der Interrelationen von Kausalität, Finalität, Konzessivität, usw. gibt. K. S.-S. stellt nämlich fest, daß die Mehrheit der Linguisten über einen alltagssprachlichen Ursachenbegriff verfügt, «der mit einer unikausalen Denkweise verbunden ist» (103). Sie vertritt einen systemtheoretischen Ansatz, wie ihn die Chaosforschung formuliert hat (21). Nach Prüfung für das Kausalitätskonzept relevanter anthropologischer, philosophischer, psycho-linguistischer, systemtheoretischer Arbeiten und Ansätze gelangt die Autorin zu einem komplexen und umfassenderen Kausalitätsbegriff: «Kausalität ist ein Relationsbegriff. Sie liegt vor, wenn es wenigstens ein x und ein y gibt und zwischen x und y wenigstens eine Beziehung derart besteht, daß die Wirkung y von der Ursache x hervorgebracht wird und von ihr determiniert ist» (257). K. S.-S. unterscheidet dabei zwischen Kausalität im engeren Sinne, d. h. die Angabe der Ursache (Ursächlichkeit), und Kausalität im weiteren Sinne (Kausalnexus), die die verschiedenen Aspekte der Kausalität umfaßt (255). Auf den Begriff Grund wird angesichts der breitgefaßten Kategorie Kausalnexus verzichtet. Die Autorin listet die einzelnen kausalen Bedingungen in der Reihenfolge ihrer Komplexitätsstufe auf (258), «wobei bei den höheren Stufen der Grad der Komplexität nicht eindeutig festgelegt werden kann. Dieser hängt letztlich auch von der Zahl der Glieder und der konkreten Äußerung ab» (560): 1a Konsekutivität: Ursache Wirkung (El libro se cayó, pues está sucio.) 1b Ursächlichkeit: Wirkung Ursache (El libro está sucio, porque se cayó.) 2a Sukzessivität: Bedingung Folge (Puede ser que llueva, pues estaría mojada.) 2b Konditionalität: Folge Bedingung (Si llueve, estaré mojada.) 3a Finalität: Motiv Ziel (Tomo un paraguas para no estar mojada.) 3b Motivation: Ziel Motiv (No estaré mojada, porque tomo un paraguas.) 4a Effektivität: Mittel Zweck (El paraguas me sirve para que no estaré mojada.) 4b Instrumentalität: Zweck Mittel (No podía traducir el texto, porque no sabía bastante español. Pero con la ayuda de un diccionario salió bien.) 5a Konklusivität: Prämisse Konklusion (La gente está en los balcones, pues la procesión viene ya.) 5b Prämissivität: Konklusion Prämisse (La procesión viene ya, porque la geste está en los balcones.) 6a Funktionalität: Ausführender Vollzug (Le dijo que venga.) 6b Kausativität: Vollzug Ausführender (Hice lavar la ropa por Elena.) 7a Non-Effektivität: Ursache / Wirkung (Cayó un rayo. Sin embargo la madera no se encendió.) 7b Konzessivität: Wirkung / Ursache (Aunque cayó un rayo, la madera no se encendió.) K. S.-S. betrachtet alle diese Subtypen der Ursache-Wirkung-Beziehung als Ausdruck eines vernetzten Kausalitätskonzeptes, das in unterschiedlichen Komplexitätsstufen vorliegt. Sie setzt nämlich voraus, daß das Denken analog der Natur kausal funktioniert und daß es dabei kausale Verknüpfungen selbst widerspiegelt, was aber in verschiedener Weise geschieht (1.6). Für die Autorin existieren verschiedene Stufen der Reflexion von Kausalität nebeneinander. Die Ursache-Wirkung-Relation ist die einfachste und ursprünglichste von allen, die in den anderen stets mit enthalten ist. Während z. B. der Satz «El libro está sucio, porque se cayó» nur eine Ursache und eine Wirkung enthält, ist der Satz «Tomo un paraguas para no estar mojada» durch verschiedene Ursache-Wirkung-Relationen gekennzeichnet (241). Die verschiedenen Komplexitätsstufen werden mit der Phylogenese und der Ontogenese in Zusammenhang gebracht. K. S.-S. nimmt nämlich eine Tendenz zur Komplexität an. Sie sieht «das Denken und andere Arten der Erkenntnis als verschiedene Stufen und Erscheinungsformen der Evolution der Erkenntnisfähigkeit an, die durch eine zunehmende Komplexität und eine immer weitere Emanzipation von Umweltzwängen gekennzeichnet sind» (198). Schließlich wird die Ontogenese als eine kurze Wiederholung der Phylogenese 358 Besprechungen - Comptes rendus betrachtet: es gibt beim Kind Entwicklungsstadien, in denen zuerst die einfacheren Beziehungen und später erst die komplizierten wie etwa die hypothetischen oder konzessiven ausgeprägt sind. Sollte diese Hypothese zutreffen, müßte man diese Einsicht in den (Fremd)Sprachenunterricht einfließen lassen. Zurecht stellt die Autorin aber fest, daß durch das hier untersuchte sprachliche Material des Spanischen «keine Rückschlüsse auf die gesamte Entwicklung des Denkens gezogen werden können, denn dazu müßte ein Zeitraum etwa von der Entstehung der menschlichen Sprache bis heute untersucht werden» (199). Die Autorin meint jedoch, daß man die Ausprägung der verschiedenen Kausalitätskonzepte, die auf verschiedene Erkenntnisarten zurückgehen, an der spanischen Sprache feststellen kann. K. S.-S. kombiniert ihren integrativen Ansatz mit einer onomasiologischen Herangehensweise. Da die meisten Arbeiten zur Kausalität im Spanischen semasiologisch aufgebaut sind, erwartet sie damit, neue Aufschlüsse über die Wechselwirkung von Kausalität, Sprache und Denken zu erhalten. Sie stützt sich «auf die funktional-semantische Theorie, die der Zusammenstellung und Beschreibung der verschiedenen Ausdrucksmittel einer invarianten Bedeutung dient» (20). Um sowohl die Entwicklung des Kausalausdrucks in einem Zeitraum vom Mittelalter bis heute als auch die stilistischen Eigentümlichkeiten spezieller Textsorten zu erfassen, werden diachronische sowie textsorten-spezifische Analysen unternommen. Dies erklärt die breitgefächerte Textauswahl (18 Texte), die drei Zeitepochen (Mittelalter, Siglo de Oro, Gegenwart) und 6 Textsortenstränge - ein weiter gefaßter Begriff als Textsorte (279) - einschließt (Epik/ Historische Romane, Historische nichtliterarische Prosa, Dramatik, Wissenschaftssprache, kodifizierte und nicht kodifizierte juristische Sprache). Es wurden mit anderen Worten 6 altspanische Texte (der älteste ist das Heldenepos Cantar de Mío Cid), 6 Texte des vorklassischen und klassischen und 6 Texte des modernen Spanischen herangezogen. Um auch die Mündlichkeit einzubeziehen, «in der sich vermutlich vorwiegend ein anderes, einfacheres Kausalkonzept realisieren wird» (280), wählte K.S.-S. die Textsortenstränge der Dramatik und der nicht-kodifizierten juristischen Texten, die einen Rechtsstreit enthalten. Obwohl es sicherlich verfehlt wäre, die Länge der ausgewählten Textausschnitte für die Analysen als unzureichend einzustufen, darf man sich fragen, ob ein einziger Text als repräsentativ für einen Textsortenstrang einer ganzen Epoche angesehen werden darf. Deshalb wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, auf den einen oder anderen Textsortenstrang zu verzichten, und dafür mit mehreren Texten für jeden Textsortenstrang zu operieren. Auch wenn man damit die Vergleichbarkeit zwischen den Textsortensträngen der drei Epochen erschwert hätte, wäre außerdem von Vorteil gewesen, wenn man zumindest für das 20. Jh. nicht nur Mündlichkeit in Schriftlichem, sondern auch echt mündlich konzipierte Texte herangezogen hätte. Bei der Textanalyse wurden insbesondere folgende Fragestellungen untersucht: Wieviel Kausalität kommt im Text vor? ; Welche Art der Glieder kommt am häufigsten vor? ; Wie viele Glieder werden mit Junktoren eingeleitet? ; Welche Funktionen besitzen die einzelnen Junktoren? ; Wie stark und wie häufig treten Unterordnungen vor? ; Wie ist die Verteilung der Tempora und Modi bzw. welche Art von Anschlüssen weisen die Kausalglieder auf? ; Welche Größe besitzen die Kausalkomplexe? Wie viele Kausalkomplexe mit wie vielen Gliedern treten auf? Das Hauptergebnis läßt sich folgendermaßen zusammenfassen: «Der Vergleich der drei ausgewählten Querschnitte der spanischen Sprachentwicklung läßt auf die diachronische Varietät, d. h. die Evolution des Kausalausdrucks in einem Zeitraum vom Mittelalter bis heute, schließen, und der Vergleich der Textsortenstränge läßt Schlüsse über stilistische Eigentümlichkeiten von Texten zu» (553). Es wird zwischen expliziter und impliziter Komplexität unterschieden: die erste ist durch Ausdrucksfülle gekennzeichnet, die zweite durch semantische Fülle. Die explizite Komplexität wird durch die Anzahl der Kausalkomplexe und der kausalen Glieder erfaßt. 359 Besprechungen - Comptes rendus Auch die Markierung durch Junktoren ist ein Zeichen expliziter Komplexität. Die markierten Unterordnungen sind damit eng verbunden. Hypotaxen sind jedoch auch für implizite Komplexität maßgeblich, denn sie enthalten sowohl formale und syntaktische als auch semantische Informationen (554). Um die Menge an Kausalität in den Texten zu messen, vergleicht die Autorin zunächst die Anzahl der Kausalkomplexe (555). Da diese unterschiedlich groß sein können, und deren Anzahl allein noch nicht viel über die Menge an Kausalität aussagen kann, betrachtet K. S.-S. auch die Anzahl der kausalen Glieder. Die mittelalterlichen kodizifizierten Rechtstexten (Siete Partidas) fallen wegen der Häufigkeit von kausalen Gliedern auf. «Überhaupt wird offensichtlich Kausalität in juristischen Texten häufig explizit zum Ausdruck gebracht. Bei allen Textsortensträngen ist ein deutliches Abfallen der Anzahl an kausalen Gliedern vom Siglo de Oro zum Español moderno ersichtlich» (556). Die Autorin vermutet deshalb, daß das moderne Spanisch in Richtung impliziter Ausdrucksmöglichkeiten tendiert. Die für das Mittelalter charakteristischen großen Kausalkomplexe werden als Indizien für die außerordentlich explizite Komplexität dieser Epoche gedeutet. Durch das Verhältnis zwischen den Gliedern insgesamt zur Anzahl der Komplexe wird die durchschnittliche Größe der Kausalkomplexe angegeben. Der mittelalterliche Wissenschaftstext Saber de Astonomía übertrifft weit die Siete Partidas, die auch große Kausalkomplexe aufweisen; im Siglo de Oro reichen nur die kodifizierten juristischen Texte (Leyes de Toro) fast an sie heran. Es fallen wiederum im Mittelalter große Schwankungen zwischen den einzelnen Textsortensträngen auf, die im Siglo de Oro abnehmen, und die im heutigen Spanisch kaum noch festzustellen sind. Was die Hypotaxenindizes als Gradmesser der Unterordnung betrifft, muß vorerst erwähnt werden, daß K. S.-S. sich einen weitergefaßten Begriff von Hypotaxe zugrundegelegt hat, «der auf alle semantisch untergeordneten Sprachmittel bezogen ist und nicht auf die formal als hypotaktisch gekennzeichneten Konstruktionen beschränkt ist» (558). Die kodifizierten juristischen Texte des Mittelalters (Septima Partida, Primera Partida) und des Siglo de Oro (Leyes de Toro) weisen eine außerordentlich starke hypotaktische Durchdringung auf. Das Mittelalter erweist sich erneut als die Epoche der größten textsortenmäßigen Unterschiede. Gegenüber den beiden früheren Zeitaltern ist die Gegenwart fast nicht formal gekennzeichnet, was aber nicht heißt, daß weniger Hypotaxen vorhanden wären: Nominalformen, die durch Präpositionen eingeleitet werden, können auch zur Hypotaxe gezählt werden (544). Die Analyse von den «parataktischen Konjunktionen» por su vertud, por fuerça de razon usw. beweist außerdem, daß oftmals nicht eindeutig gesagt werden kann, ob es sich um Hypotaxe handelt oder nicht. Ausgehend von der Unterscheidung von Raible 1 zwischen Aggregation und Integration, vertritt die Autorin die Ansicht, daß auch die Unterordnung einem graduellen Übergang unterworfen ist, was der klassischen Ansicht widerspricht. In diesem Zusammenhang erfährt man, daß sich der Begriff der Unterordnung als überholungsbedürftig erwiesen hat (606). K. S.-S. nimmt acht Entwicklungsstufen an, die sich zwischen Aggregation und Integration befinden: z. B. Stufe 1, die aggregativste Technik, ist die Juxtaposition von Sätzen ohne Junktion und Stufe 8, die integrativste, bei der die Aggregation gleich null ist, ist durch die Aktanten-Rolle verkörpert. K. S.-S. wendet sich den kausalen Bedeutungen als Ausdruck impliziter Komplexitätsstufen zu (5.2.): Je größer die semantische Dichte, desto komplexer ist die Äußerung. Der Vergleich der Häufigkeit der in den jeweiligen Texten auftretenden kausalen Bedeutungen gibt folgende Aufschlüsse (570): die weniger komplexen Bedeutungen ( Ursache und Wir kung ) treten insgesamt häufiger als die komplexeren auf. Am seltensten treten die negier- 360 Besprechungen - Comptes rendus 1 Raible, W. 1992: Junktion. Eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration, Heidelberg. ten Bedeutungen Motiv , Ziel , Mittel , Zweck , Prämisse , Konklusion . Daß Konsekutivität und Ursächlichkeit in allen Texten mit nur geringen Schwankungen enthalten sind, ist ein Zeichen dafür, daß trotz der wachsenden Einbeziehung komplexerer Inhalte die ursprünglichen Beziehungen gleichzeitig immer noch gebraucht werden. Was die Häufigkeit der Bedingung/ Folge betrifft, ragen besonders die kodifizierten juristischen Texte heraus, in denen hypothetische Sachverhalte dargestellt werden. Der moderne kodifizierte Text ist jedoch nicht so stark durch die Bedingung-Folge-Relation gekennzeichnet wie die Septima Partida und die Leyes de Toro, denn er besteht aus Prozeßakten. K. S.-S. stellt zusammenfassend fest, daß im Mittelalter eine viel größere Differenzierung der verschiedenen Textsorten diesbezüglich vorhanden ist, die im Siglo de Oro allmählich zurückgeht, und die sich bei vielen kausalen Bedeutungen im heutigen Spanisch auf ein Gleichmaß einpegelt (572). Die Frage, durch welche konkreten Junktoren die Ursache ausgedrückt wird, wird in 5.3 behandelt. Der Vergleich der drei analysierten Epochen zeigt, daß es im Mittelalter eine große Vielfalt an kausalen Sprachmitteln gab (Konjunktionen, Präpositionen, Relativpronomen, Interrogativpronomen, Periphrasen, asyndetische Glieder). Insbesondere bildeten sich in dieser Epoche die unterordnenden Konjunktionen heraus. Die Konjunktionen waren z. B. in ihren Bedeutungen noch nicht festgelegt, wie es aus den Übergängen temporaler, modaler und anderer Konjunktionen in den kausalen Bereich (und umgekehrt) oder auch aus dem Wechsel innerhalb der kausalen Bedeutung hervorgeht. Einige Mittel [mag(u)er(a) (que), como quier(a) (que), usw.] waren auch formal ziemlich variabel. Diese extreme Verschiedenartigkeit demonstriert noch keinen gefestigten Gebrauch (576). Ein Paradebeispiel für Polysemie ist que, das im Cid z. B. für Ursache , Wirkung , Bedingung , Folge , Ziel , Zweck , Prämisse , Konzessivität , und Vollzug steht. Viele unterordnende Konjunktionen wie z. B. porque, para que, aunque oder auch koordinierende Konjunktionen des Typs por esto, por eso usw. wiesen relativ wenige Belege auf. Aus dieser Vielzahl kristallisierten sich erst später bestimmte, fast an spezielle Bedeutungen gekoppelte Mittel heraus. Einige typisch mittelalterliche Mittel verschwanden in den späteren Jahrhunderten wieder, z.B. ca, oder nahmen stark ab. Das heutzutage für die Angabe der Ursache so typische porque zählte im Mittelalter noch nicht zu den gefestigten Mitteln. Erst im Siglo de Oro überragt diese Konjunktion alle anderen. Neben porque beginnt sich como als weitere Konjunktion zum Ausdruck der Ursache zu etablieren. Im modernspanischen Roman El señor de Bembibre, wo das Bild von Konjunktionen, Asyndese und Präpositionen (por, con, para) beherrscht wird, ist die Anzahl der verschiedenen Konjunktionen allmählich auf nur noch drei gesunken (porque, que, pues). Für K. S.-S. handelt es sich um eine zunehmende Konkretisierung und Festigung (580). Einige Sprachmittel besitzen seit dem Mittelalter die gleiche Bedeutung und Funktion. Solche relativ stabile Formen sind z. B. die Konjunktion si als Ausdrucksmittel zur Angabe der Ursache (579) und die beiden Präpositionen por und para, letztere im Mittelalter oft noch in der Form pora auftretend. Im Mittelalter wurden oftmals Kausalkomplexe, bei denen eine Markierung ausreicht, in tautologischer Weise mehrfach markiert. Dadurch sind viele Beispiele nicht eindeutig als hypotaktisch oder parataktisch interpretierbar (Parahypotaxe). Schließlich verlieren die besonders in den kodifizierten juristischen Texten des Mittelalters häufigen Relativpronomen in den folgenden Jahrhunderten an Bedeutung und spielen in der Gegenwart nur noch eine geringe Rolle. Die diachronischen Schwankungen können sehr schön anhand des Textsortenstranges Heldenepik/ Historischer Roman illustriert werden. Im Cid sind die Konjunktionen das häufigste Ausdrucksmittel der Ursache. Neben der ebenfalls häufigen Asyndese wird die Ursache vor allem durch Präpositionen und Relativpronomen ausgedrückt. Im Amadís de Gaula, historischer Roman des Siglo de Oro, nehmen die Konjunktionen immer noch den größten Raum ein, sind aber nicht mehr ganz so häufig wie im Cid. Die Präpositionen zeigen hingegen den umgekehrten Fall: Im Verlaufe der Jahrhunderte gewinnen sie in zuneh- 361 Besprechungen - Comptes rendus mendem Maße gegenüber der Konjunktionen an Bedeutung, da die nominalen Konstruktionen stark im Anwachsen begriffen sind. Diese Entwicklung wird besonders in historischen Fachprosatexten illustriert, wo die Präpositionen allmählich die Oberhand gewinnen (580). Die Autorin sieht diesen Zuwachs im Zusammenhang mit der zunehmenden Nominalisierung, die in den neuzeitlichen und besonders in den wissenschaftlichen Texten deutlich wird. «Je häufiger nominale Konstruktionen auftreten, desto differenzierter könnte der Gebrauch der Präpositionen sein . . .» (580). Obwohl Aggregation und Integration Hand in Hand gehen, stellt man eine Ablösung der im Mittelalter beginnenden verstärkten Aggregation (Vielfalt an kausalen Sprachmitteln, Anwachsen subordinierenden Konjunktionen, große Kausalkomplexe) durch die verstärkte Integration der Gegenwart (implizite Komplexität, eindeutig markierte Glieder, kleine Kausalkomplexe und Tendenz zur Nominalisierung) fest (593). Was die einzelnen Epochen gesamthaft gesehen angeht, stellt die Autorin fest, daß das Siglo de Oro als Übergangsepoche betrachtet werden kann (592): die Vielfalt der Ausdrucksmittel des Mittelalters ist etwas eingeschränkt; Gelegenheitsbildungen nehmen allmählich ab, die Funktionen konzentrieren sich auf bestimmte Bedeutungen. Die Gegenwart, die von einem generellen Rückgang an Ausdrucksmitteln sowohl in der Zahl als auch bezüglich der Varietät gekennzeichnet ist, unterscheidet sich wesentlich von den ersten beiden. Bei allem scheint die Sprache «eindeutiger» geworden zu sein. Es gibt weniger Gelegenheitsbildungen, weniger zweideutige Unter- oder Nebenordnungsverhältnisse. Die Unterordnung ist geringer geworden. Nicht alle Charakteristika sind jedoch diachronisch bedingt. Die Ausprägung bestimmter kausaler Bedeutungen ist eher textsortenspezifisch und thematisch. Der Strang der kodifizierten juristischen Texte fällt wegen seiner typischen Stilmittel besonders auf (am meisten kausale Glieder, größte Kausalkomplexe, höchste Hypotaxenindizes). Es ragen vor allem die Angaben der Bedingung- und Folgebelege hervor: Diese Texte versprachlichen ständig generalisierte Situationen, d. h. was geschieht, wenn eine Person eine bestimmte Tat verübt (593). Beim Vergleich der verschiedenen Texte desselben Textsortenstranges tritt auch deutlich der große Einfluß zutage, den das Thema auf die Versprachlichung bestimmter Bedeutung ausübt (594). Schließlich übt auch die Mündlichkeit einen wesentlichen Einfluß aus: Sowohl die nicht kodifizierten juristischen Texte als auch die Dramatik, die beide mündliche Züge aufweisen, enthalten eine hohe Anzahl kleiner Kausalkomplexe und niedrige Hypotaxenindizes (595-96). Die schriftliche Wissenschaftssprache, das Gegenstück zur mündlichen «Umgangssprache», weist hingegen eine sehr hohe Komplexität der Kausalität auf. Während aber im Saber de Astonomía alles sehr explizit ausgedrückt wird, sind in den beiden späteren Texten viele kausale Zusammenhänge implizit enthalten. Da vieles schon als selbstverständlich erscheint, wird es vorausgesetzt. Die Autorin führt dies auf die Gewöhnung des Schreibenden an das Umgehen mit schriftlichen Texten zurück. Man darf jedoch nicht die Anpassung seitens des Schreibenden an den Rezipienten außer acht lassen. In der Tat erklärt Durante (1981: 200) den neuen Stil italienischer Texte des 17. Jhs. folgendermaßen: «Nel Seicento, e per vari aspetti già nel Cinquecento, troviamo una tecnica nuova . . . affidando all’intelligenza dell’interlocutore o lettore la comprensione dei dati e dei rapporti non esplicitati. Si riconosce in questa strategia di lingua e di pensiero una crescita intellettiva» 2 . K. S.-S. stellt schließlich fest, daß die Versprachlichung bestimmer kausaler Bedeutungen auch vom Individualstil des Autors und vielen anderen Kriterien abhängig ist, die nicht alle erfaßbar sind. 362 Besprechungen - Comptes rendus 2 Durante, M. 1981: Dal latino all’italiano moderno. Saggio di storia linguistica e culturale, Bologna. Kommen wir zu unserer Kritik, die man aus textsortenbedingten Gründen nicht unterlassen darf. Unsere Bemerkungen betreffen eher Details. Es wurde auf die Kategorie Adversativität (Está muy guapa hoy, pero ayer no me gustaba) verzichtet (248), weil K. S.-S. darunter einen Gegensatz versteht, bei dem die beiden Sachverhalte in keinem Kausalzusammenhang stehen (136). Auch wenn objektiv kein Kausalzusammenhang vorliegt, muß man jedoch bedenken, daß die Sprecher darin einen Kausalzusammenhang sehen oder in Szene setzen können. Dies würde dann nicht mit dem Entscheid in Einklang stehen, alle Beziehungen als kausal zu betrachen, die der Sprecher/ Schreiber für kausal hält oder dafür ausgibt (258). Man könnte sich ansonsten nicht erklären, wieso zwei Sachverhalte überhaupt miteinander in Verbindung gebracht werden. Vielleicht wäre die Theorie der Polyphonie von Bakhtine, die von Ducrot im Rahmen der Argumentationstheorie weiterentwickelt wurde, imstande, sowohl die Adversativität als auch die Konzessivität besser in den Griff zu bekommen 3 . Im Falle der Konzessivität würde es sich um einen Kausalzusammenhang (p) handeln, den der Sprecher einer anderen Instanz zuschreibt, dem er zwar eine gewisse Gültigkeit einräumt, die aber im gegebenen Kontext für die Schlußfolgerung (q) nicht als relevant präsentiert wird. Schließlich glaube ich, daß man vielleicht, statt des Versuches, die mit viel Scharfsinn erfaßte Evolution des Spanischen praktisch ausschließlich aus systeminternen Gründen zu erklären, was an die überholte Konzeption der Sprachen als selbständige Organismen erinnert, vermehrt soziohistorische Aspekte hätte heranziehen können, wie z. B. die Erfindung des Buchdrucks für die Reduzierung der Polymorphie. Dennoch darf man insgesamt behaupten, daß diese ausführliche und mit großer Akribie durchgeführte Studie nicht nur einen wertvollen Beitrag zur Überwindung des Mangels an systematischen Untersuchungen zur spanischen Kausalität leistet, sondern daß sie auch zu einem besseren Verständnis der Evolution des Kausalausdrucks in einer panromanischen Perspektive verhilft. Es sei nur das Beispiel des gesprochenen Modernitalienischen erwähnt, das hinsichtlich der allmählichen Reduzierung der Anzahl der Konjunktionen interessante Parallelen zum Modernspanischen aufweist 4 . Schließlich kann ein anderer positiver Aspekt dieser Arbeit nicht genügend betont werden: Kausalität wird nicht global und pauschal, sondern nuanciert nach Epoche, Textsorte, Medium, Konzeption, Kontext betrachtet, was ganz im Sinne einer pragmatischen Betrachtungsweise ist. G. Manno H Bernd Bauske, Sprachplanung des Asturianischen. Die Normierung und Normalisierung einer romanischen Kleinsprache im Spannungsfeld von Linguistik, Literatur und Politik, Berlin (Köster) 1995, 312 p. (Wissenschaftliche Schriftenreihe Romanistik 1) Wie aus einer Zeile des Vorwortes hervorgeht, handelt es sich hier um eine Mainzer Dissertation von 1994. Wie es in Doktorarbeiten leider häufig ist, wollte der Autor die Prüfungskommission mit einem Übermaß an Materialien beeindrucken, und dies sowohl im Text wie in den Fußnoten. Der Hinweis p. 1, Anmerkungen sollten «erst bei einer zweiten Lektüre ausführlicher berücksichtigt werden», provoziert eher ein Lachen als ein dankbares Aufatmen. Viele Leser werden nicht nur Fußnoten, sondern sogar mehrere Seiten des Textes überspringen, weil sie in akademischen Arbeiten bloß zitierbare Daten suchen und nicht «weiterentwickelte Gedanken», mit denen Bauske Helvétius «nacheifert» (1). Gera- 363 Besprechungen - Comptes rendus 3 Ducrot, O. 1984: Le Dire et le dit, Paris. 4 Berruto, G. 1987: Sociolinguistica dell’italiano contemporaneo, Roma.