eJournals Vox Romanica 59/1

Vox Romanica
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Francke Verlag Tübingen
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2000
591 Kristol De Stefani

Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation

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2000
Brigitte  Schwarze
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Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Eine kontrastive Darstellung des Spanischen, Französischen und Deutschen 1. Einleitung Das Genus der Substantive gehört zu den am häufigsten thematisierten, aber auch umstrittensten Kategorien innerhalb der Sprachwissenschaft. Es ist immer wieder unter ganz verschiedenen Perspektiven betrachtet worden, und vor allem die Frage nach dem Zusammenhang von Genus und Semantik bzw. Genus und Sexus hat oft Anlaß zu kontroversen Diskussionen gegeben; so etwa im Rahmen der Beschäftigung mit dem Ursprung dieser Kategorie und - in neuerer Zeit - in der von der Feministischen Linguistik initiierten Diskussion um das sogenannte «generische Maskulinum» 1 . Meillet bezeichnet das Genus in einem Aufsatz aus dem Jahre 1919 als «l’une des catégories grammaticales les moins logiques et les plus inattendues» (Meillet 1982: 202), 40 Jahre später schreibt Fodor 1959: 1: «The category of grammatical gender (genus) is one of the still unsolved puzzles of linguistic science», und auch heute werden diese Einschätzungen noch geteilt, was sich z. B. darin offenbart, daß Corbett in der Einleitung seines 1991 erschienenen Buches Gender in ähnlicher Weise feststellt: «Gender is the most puzzling of the grammatical categories.» (Corbett 1991: 1). Im folgenden soll zunächst ein allgemeiner Einblick in die Kategorie Genus, ihre Besonderheiten und ihre Behandlung und Beurteilung innerhalb der Sprachwissenschaft gegeben werden, und zwar vorwiegend mit Bezug auf die hier insgesamt im Mittelpunkt stehenden Sprachen Spanisch, Französisch und Deutsch. Im Anschluß werden einige neuere Arbeiten zum Genus vorgestellt, im Rahmen derer versucht wird, unterschiedliche (phonologische, morphologische, semantische) Kriterien herauszuarbeiten, die den Genussystemen einzelner Sprachen zugrunde liegen und zur Erklärung der muttersprachlichen Kompetenz bei der Genuszuweisung herangezogen werden können; vor allem unter Rückgriff auf diese Ar- 1 Da auf diese Aspekte im folgenden nur am Rande eingegangen werden kann, sei hier für die Ursprungsdebatte exemplarisch auf die Darstellungen von Fodor 1959, Ibrahim 1973: 14ss., 31ss., Naumann 1986: 178-200 und auf den Sammelband von Sieburg 1997 verwiesen, in dem einige der älteren Arbeiten abgedruckt sind und der auch die wichtigsten Beiträge zur Diskussion um das generische Maskulinum im Deutschen enthält; eine allgemeine Darstellung der Genus-Sexus-Problematik findet sich bei Bußmann 1995 (Schwerpunkt Deutsch), einen (ersten) Überblick zum Thema generisches Maskulinum und feministische Linguistik in bezug auf das Französische und Spanische geben die Arbeiten von Bierbach/ Ellrich 1990: insbes. p. 252ss. und Bierbach 1992: insbes. p. 283ss. 41 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation beiten sollen die Genussysteme der spanischen, französischen und deutschen Sprache dann im Hinblick auf ihre formale Durchsichtigkeit verglichen werden. Anschließend wird einerseits zu zeigen sein, inwiefern Semantisches im Zusammenhang mit dem Genus in Betracht kommt, d. h. wie das Verhältnis von Genus und Semantik beschaffen ist und wie es generell beschrieben werden kann, andererseits soll der Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Graden formaler Durchsichtigkeit und dem divergierenden Maße semantischer Nutzung der Genusopposition in Teilbereichen des nominalen Lexikons herausgestellt werden. 2. Was ist Genus? Es ist zunächst festzustellen, daß der Ausdruck Genus innerhalb der Linguistik in doppelter Weise verwendet wird; er dient nämlich zum einen der Bezeichnung einer grammatischen Oberkategorie und besagt, daß die Substantive bestimmter Sprachen in verschiedene Klassen eingeteilt werden, zum anderen wird er benutzt, um die Teilklassen dieser Kategorie, also die einzelnen Gruppen von Substantiven zu bezeichnen (cf. auch Corbett 1991: 1) 2 . Nun gibt es prinzipiell sehr viele Kriterien, nach denen sich Substantive in verschiedene Klassen gliedern lassen. Man könnte etwa aufgrund semantischer Kriterien Klassen bilden und beispielsweise Substantive, die zur Bezeichnung von Menschen dienen, von solchen unterscheiden, die verwendet werden können, um auf Tiere zu referieren; eine weitere Klasse könnte dann aus Nomina bestehen, die das semantische Merkmal [- belebt] aufweisen.Auch formale Klasseneinteilungen sind denkbar: So könnte beispielsweise eine Klasse einfacher Nomina (Simplizia) von einer Klasse, die aus Komposita besteht, unterschieden werden etc. Der Möglichkeiten gibt es viele, doch teilte man etwa die Nomina der deutschen, spanischen oder französischen Sprache nach einem dieser Kriterien ein, so erhielte man nicht verschiedene Genera. Was also zeichnet die Kategorie Genus aus bzw. wann bezeichnet man eine Sprache als Genussprache? Im allgemeinen wird für die Bestimmung dessen, was unter Genus zu verstehen ist, eine kongruenzbasierte Definition zugrunde gelegt: «Genders are classes of nouns reflected in the behavior of associated words.» (Hockett 1958: 231). Eine bestimmte Einzelsprache, deren Substantive in verschiedene, disjunkte Klassen eingeteilt werden, gilt also dann als Genussprache, wenn die Klassenzugehörigkeit 2 Man kann also sagen, daß eine Sprache über (die Oberkategorie) Genus verfügt, ohne etwas darüber auszusagen, wieviele Genera (Teilkategorien) unterschieden werden. Diese Doppeldeutigkeit zeigt sich natürlich auch bei den Bezeichnungen anderer grammatischer Kategorien (Numerus, Kasus u. a.). Genus ist aber - im Unterschied zu den Bezeichnungen anderer Kategorien - noch in anderer Hinsicht mehrdeutig, wird es doch nicht nur mit Bezug auf das Substantivparadigma verwendet, sondern ebenfalls im Bereich der Verbalkategorien zur Bezeichnung des Diathesenunterschieds; auf das «Genus des Verbs» (genus verbi) wird im folgenden nicht eingegangen. 42 Brigitte Schwarze der Substantive an verschiedenen Wörtern markiert wird, die mit den jeweiligen Substantiven verbunden sind. Solche «associated words», d. h. Elemente, die im Genus kongruieren, sind z. B. Artikel, Adjektive und Pronomen 3 . Die deutsche, die französische und die spanische Sprache können nach dieser Definition als Genussprachen bezeichnet werden; sie verfügen alle über die grammatische Oberkategorie Genus, denn ihre Substantive gehören unterschiedlichen Klassen an, wobei die Klassenzugehörigkeit eines Substantivs unter anderem die Form der zugehörigen Wörter bestimmt. Wir können so z. B. «la revista» (Femininum) vs. «el periódico» (Maskulinum), «la revue» (Femininum) vs. «le journal» (Maskulinum), «die Zeitung» (auch: «die Zeitschrift») (Femininum) vs. «der Bericht» (Maskulinum) vs. «das Nachrichtenmagazin» (Neutrum) unterscheiden. Nun weisen diese drei Sprachen, wie man sieht, eine unterschiedliche Anzahl von Teilklassen auf: Die Nomina der deutschen Sprache «zerfallen» in drei Gruppen oder Genera - Femininum, Maskulinum und Neutrum -, die der französischen und spanischen Sprache nur in zwei - Femininum und Maskulinum. Es wird deutlich, daß die Bestimmung einer Sprache als Genussprache noch keine Rückschlüsse auf die einzelnen Genera erlaubt; diese variieren schon in ihrer Anzahl von Sprache zu Sprache und sind deshalb nicht allgemein, sondern über die Analyse der Kongruenz immer nur für eine bestimmte Einzelsprache zu bestimmen 4 . 3 Hocketts überaus bündige Definition ist allgemein anerkannt und findet sich sowohl in verschiedenen Publikationen zum Genus (cf. u. a. Bergen 1978: 868s., Corbett 1991: 1 und Bußmann 1995: 118) als auch in sprachwissenschaftlichen Lexika (cf. u. a. Lewandowski 1994: 354). Natürlich gilt die Kongruenz auch schon lange vor Hockett als entscheidendes Merkmal des Genus. Aus Royens historischem Abriß der verschiedenen Aussagen zum Genus geht deutlich hervor, daß sie quasi von Beginn an, d. h. bereits bei den griechischen und lateinischen Grammatikern berücksichtigt wurde (cf. Royen 1929: Kap. 1 und 2, p. 1-270). 4 Erschwerend kommt hinzu, daß einige Sprachen eine bestimmte Anzahl nominaler Klassen erkennen lassen, die nicht mit der Anzahl der unterschiedlichen (Genus-)Markierungen an kongruierenden Elementen übereinstimmt (cf. Corbett 1991: 150ss., 189ss.). Dies ist auch im Spanischen und - mit einigen Unterschieden - im Französischen der Fall: In beiden Sprachen weisen zwar alle Nomina entweder feminines oder maskulines Genus auf, eine genaue Analyse der kongruierenden Elemente zeigt aber, daß z. B. bei einigen Pronomina neben den durch ein maskulines bzw. feminines Nomen determinierten Formen eine weitere, neutrale Form existiert (Sp.: ello, esto, eso, aquello; Fr.: ce, ceci, cela, ça), die zur Substitution eines nicht prototypischen Antezedens (Infinitivkonstruktion, Satz o.ä.) verwendet wird. Corbett 1991: 189 unterscheidet aus diesem Grunde « . . . the groups into which nouns can be divided (controller genders) from the sets of markers (target genders) which appear on agreeing elements». Die spanische und französische Sprache verfügen unter dieser Perspektive über zwei «controller genders» (Maskulinum und Femininum), aber über drei «target genders» (Maskulinum, Femininum und Neutrum). Ob es allerdings angemessen ist, hier von einem Genus («target gender») zu sprechen, ist umstritten (cf. u. a. ib.: 204, 214s., 168ss.). Dagegen ist z. B. einzuwenden, daß diese «neutralen» Pronomina syntaktisch mit maskulinen Formen kongruieren (cf.: Este/ esto me parece peligroso; celui-là/ cela est odieux) und daß sie gerade nicht auf die Klassenzugehörigkeit eines Substantivs zurückzuführen sind, so daß Hocketts Genusbestimmung nicht erfüllt ist. Die Existenz dieser Formen in den romanischen Sprachen ist mit Verweis auf ein früheres Dreiklassensystem zu begründen. 43 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Außerdem zeigen die willkürlich als Beispiele angeführten Substantive, daß erstens Ausdrücke, die in verschiedenen Sprachen (annähernd) bedeutungsgleich sind, nicht unbedingt im Genus übereinstimmen - le journal ist Maskulinum, während der äquivalente deutsche Ausdruck die Zeitung feminines Genus aufweist - und daß zweitens auch innerhalb einer Sprache Ausdrücke, deren Bedeutungen ähnlich sind bzw. die semantisch recht nah zusammenliegen, unterschiedlichen Genera zugehören können 5 . Diese Feststellung führt zu der Frage nach den Kriterien, die der Einteilung der Substantive zugrunde liegen, und nach der «Bedeutung» oder dem «Wert» der generischen Klassifikation. Die angeführten Beispiele weisen darauf hin, daß der Klassifikation der Substantive offenbar keine sprachübergreifenden, allgemeingültigen semantischen Regeln zugrunde liegen und daß auch innerhalb der genannten Einzelsprachen die Genusdifferenzierung nicht semantisch motiviert, sondern willkürlich zu sein scheint. Die Möglichkeit, die einzelnen Genusklassen mit Bezug auf die Bedeutung der ihr angehörenden Nomina zu erklären bzw. die gesamte Klassifikation auf die Semantik der Substantive zurückzuführen, scheint ausgeschlossen, da sich das Genus eines Substantivs offensichtlich nicht aus dessen Bedeutung ergibt; einander überlappende Bedeutungen verschiedener Substantive wirken sich, wie wir gesehen haben, nicht dahingehend aus, daß diese Substantive derselben nominalen Klasse angehören 6 . Vergleicht man das Genus mit anderen grammatischen Kategorien wie Numerus und Kasus, die ebenfalls bestimmend für die Form der Elemente einer Nominalgruppe sind, so zeigt sich, daß auch das Genus selbst keine Bedeutung trägt. Die Besonderheit des Genus im Vergleich mit diesen Kategorien besteht nämlich darin, daß Numerus und Kasus am Lexem wechseln können, während das Genus dem Substantiv in der Regel inhärent ist; üblicherweise gehört jedes Substantiv genau einer Genusklasse an. Dieser Unterschied bewirkt, daß beim Genus nicht von einer Genus-Semantik ausgegangen werden kann, denn . . . wenn ein formales Merkmal Bedeutung tragen soll, wenn etwas Ausdruck für einen Inhalt sein soll, dann darf es nicht fest an ein anderes bedeutungstragendes Merkmal, in unserem Falle an ein Lexem gebunden sein; dann muß es beim gleichen Lexem ablösbar oder austauschbar sein. (Werner 1975: 36; cf. auch Wienold 1967: 138, 147) Insgesamt erscheint eine semantische Beschreibung der Kategorie Genus bzw. der einzelnen Teilkategorien im Spanischen, Französischen und Deutschen also eben- 5 Eine vollständige interlinguale Übereinstimmung im Genus bedeutungsverwandter Substantive ist natürlich auch schon aufgrund der unterschiedlichen Anzahl der Genera unmöglich. 6 In manchen Bereichen des Wortschatzes scheint es sogar genau umgekehrt zu sein: Nomina, die einem Wortfeld zugehören, weisen oftmals unterschiedliches Genus auf; so z. B. die Bezeichnungen für Eßbestecke (dt. «das Messer», «die Gabel», «der Löffel»; fr. «le couteau», «la fourchette»; sp. «la cuchara», «el tenedor»), Körperteilbezeichnungen (dt. «die Hand», «der Arm», «das Bein»; fr. «la main», «le bras»; sp. «la mano», «el brazo») u. a. 44 Brigitte Schwarze so ausgeschlossen wie eine Bestimmung der Klassifikation, die auf die Semantik der klassifizierten Elemente rekurriert 7 . Ferner lassen sich auch keine eindeutigen formalen Kriterien ausmachen; die Klassen werden z. B. nicht durchgehend in Form von genusspezifischen Affixen formal am Nomen markiert 8 . Zunächst einmal deutet also alles darauf hin, daß sich für die nominalen Klassifikationssysteme dieser Sprachen weder konsistente semantische noch einfache formale Kriterien angeben lassen; die Genuszuweisung scheint nicht auf klaren Regeln zu beruhen. Hieraus folgt, daß sich das Genus eines bestimmten Substantivs mit Sicherheit allein an der Kongruenz mit anderen Wörtern erkennen läßt 9 . 3. Zur Beurteilung und Behandlung des Genus in der Sprachwissenschaft Die Tatsache, daß das Genus «in erster Linie mit den Substantiven zu tun hat» (Werner 1975: 35) andererseits aber nicht (notwendigerweise) am Nomen selbst, sondern über die Kongruenz an anderen, zum Substantiv gehörenden Elementen zum Ausdruck gebracht wird, hat zur Folge, daß das Genus innerhalb der Sprachwissenschaft eine besondere Stellung einnimmt: Es fällt zum einen in den Bereich der Lexikologie und Lexikographie 10 , zum anderen fällt es in den Bereich der Syntax. Die syntaktische Leistung des Genus besteht darin, über die Kongruenz die Bezüge der Elemente innerhalb eines Satzes bzw. mit Hilfe anaphorischer und kataphorischer Pronomina auch über die Satzgrenze hinaus zu verdeutlichen. Da auf diesen Aspekt hier nicht näher eingegangen werden kann, sollen einige Beispiele zur Veranschaulichung genügen 11 : Eine disambiguierende Funktion kommt dem Genus schon in den folgenden Fällen zu: 7 Corbetts groß angelegte Untersuchung zeigt, daß diese Feststellung für nahezu alle Genussprachen getroffen werden kann. Genussysteme, die sich vollständig anhand semantischer Kriterien beschreiben lassen, bilden eher die Ausnahme. 8 Dies soll lediglich heißen, daß es kein formales Kriterium gibt, welches auf alle Mitglieder einer Klasse zutrifft und welches demnach als notwendiges und hinreichendes Merkmal für die entsprechende Klasse dienen könnte. Daß es eine Vielzahl formaler Kriterien gibt, die jeweils auf einzelne Untergruppen von Nomina einer Klasse zutreffen, ist hiermit nicht ausgeschlossen (cf. Abschnitt 4.1). 9 Bei Brugmann 1889: 107 wird dies folgendermaßen ausgedrückt: « . . . man sieht ihnen [den Substantiven] selbst ihr Genus ja überhaupt nicht an; man muß erst fragen, mit wem sie umgehen, um zu wissen, wer sie sind». 10 Daß das Genus auch innerhalb der Lexikographie behandelt wird, ist schon daraus ersichtlich, daß das Genus eines Substantivs im Wörterbuch stets angegeben wird. 11 Es ist zu beachten, daß die im folgenden skizzierten syntaktischen Funktionen des Genus zwar prinzipiell gültig sind, daß aber sowohl die Bedingungen, unter denen sie zum Tragen kommen, als auch ihr Wirkungsgrad schon in den hier betrachteten Sprachen erheblich variieren. Dies ist zum einen auf die Unterschiedlichkeit der Genussysteme zurückzuführen - unterschiedliche Anzahl der einzelnen Genera, Unterschiede bezüglich der Aufrechterhaltung der Genusopposition im Plural, Divergenzen im Hinblick auf die kongruierenden Elemente u. a. - zum 45 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Dt.: ein unheimlich großes Tier vs. ein unheimliches großes Tier Fr.: un homme et une femme blonds / blO˜ / vs. un homme et une femme blonde / blO˜d/ une preuve de ses dons convaincants / kO˜v ε ˜ kA~/ vs. une preuve de ses dons convaincante / kO˜v ε ˜ kA~t/ Sp.: escarabajos y hormigas molestos vs. escarabajos y hormigas molestas una historia de amor verdadero vs. una historia de amor verdadera La obra de Miguel de Cervantes, famoso sobre todo por el «Quijote» . . . vs. La obra de Miguel de Cervantes, famosa sobre todo por el «Quijote» . . . Als besonders relevant erweist sich die Genusdistinktion aber bei der Pronominalisierung, wo die Kongruenz oftmals für klare Referenzidentitäten sorgt 12 . Cf.: Dt.: Der Mann übergibt der Schwester das Kind. → Er kennt sie schon lange vs. Er kennt es schon lange vs. Sie kennt ihn schon lange usw. (cf. Werner 1975: 52s.). Fr.: L’année dernière Monique et François ont disparu au Mexique . . . → Cette année, au mois de mars, on les a trouvés morts / O˜ lezatʁuvemOʁ/ vs. Cette année, au mois de mars, on l’a trouvé mort / O˜ latʁuvemOʁ/ vs. Cette année, au mois de mars, on l’a trouvée morte / O˜ latʁuvemOʁt/ Sp.: El novio de mi amiga, el que conociste en la fiesta de mi cumpleaños . . . vs. El novio de mi amiga, la que conociste en la fiesta de mi cumpleaños . . . 13 Da die aus der Kongruenz resultierenden Funktionen des Genus in der Vergangenheit oft nicht klar erkannt oder nicht in den Vordergrund gestellt worden sind, hat neben der in das Gebiet der Syntax fallenden Beschäftigung mit dem «Funktionieren der Elemente in ihren Anordnungen» aber vor allem eine Auseinandersetzung mit dem Genus stattgefunden, innerhalb derer man sich auf «das Funktionieren der Anordnung von Elementen» (Wienold 1967: 1) konzentrierte. Hierbei wurde oft der Versuch gemacht, einen inhaltlichen oder semantischen Wert der Klassifikation anzugeben: Irgendetwas Bedeutungshaftes wurde hinter dem in der Rede redundanten, wenn auch im Sprachgebrauch notwendig zu befolgenden, nur sinnstützenden . . . nicht sinnkonstituierenden anderen sind auch von der Genuskategorie unabhängige Charakteristika der Sprachen ausschlaggebend; so wirkt sich etwa die generelle Diskrepanz zwischen phonischem und graphischem Code im Fr. dahingehend aus, daß die Genusmarkierung z. B. bei (variablen) Adjektiven und Partizipien in vielen Fällen lediglich in der graphischen Repräsentation sichtbar ist, in der phonischen aber unterbleibt (cf.: un pull bleu / blø/ vs. une robe bleue / blø/ ); aufgrund dieses Umstands ist die Effektivität der Genusdistinktion im phonischen Code natürlich geringer als im graphischen. 12 Werner 1975: 56 sieht hier «die eigentliche Daseinsberechtigung des Genus im Deutschen». 13 Die hier offenbar werdende textverweisende und kohärenzstiftende Funktion kann auch als Erklärung der oben konstatierten Genusunterschiede bei Nomina, die einem Wortfeld angehören, herangezogen werden, denn sie « . . . macht es gerade bei solchen Wortfeldern, für die man vermuten kann, daß in einer kommunikativen Situation im allgemeinen auf mehr als ein Mitglied verwiesen wird, sinnvoll, möglichst große Heterogenität anstatt Homogenität bei der Genuskategorisation zu haben.» (Köpcke/ Zubin 1996: 481). 46 Brigitte Schwarze Phänomen der kongruierenden Klassen vermutet und häufig dann als «Bedeutung» für eine Sprache formuliert . . . (ib.: 146). Wird die syntaktische Leistung des Genus ausgeblendet oder nicht als «bedeutend» angesehen, so erscheint es bestenfalls als «distinction inutile» (Meillet 1982: 206) und schlimmstenfalls wird es als «eine geistlose Belastung unserer Sprachen» (Wandruzska 1969: 185) aufgefaßt. Diejenigen, die im Genus eben keine überflüssige Kategorie sahen, haben es semantisch interpretiert und in erster Linie als Ausdruck des natürlichen Geschlechts angesehen. Besonders deutlich manifestiert sich diese Sichtweise in Arbeiten des 18. und 19. Jahrhunderts. Hier versuchte man systematisch zu belegen, daß der Ursprung des Genus im Indogermanischen auf die Sexusunterscheidung zurückzuführen, der Real-Unterschied als Grund, Anlaß oder Zweck der Genusdifferenzierung zu betrachten sei. Diese als Sexustheorien zu bezeichnenden Ansätze stehen formalen Theorien gegenüber, die innersprachliche Gesetzmäßigkeiten und Entwicklungen als Gründe für die Genusdifferenzierung annehmen. Insgesamt lassen sich die konträren Betrachtungsweisen - semantisch vs. formal - bis zur griechischen Antike zurückverfolgen und sie spiegeln sich durchaus auch in Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert wider (cf. hierzu z. B. Bußmann 1995: 126s., Naumann 1986: 178ss.). Es ist nun zu beachten, daß die beiden Positionen zwar prinzipiell gegensätzlich sind, daß sie sich aber nicht unbedingt gegenseitig ausschließen. Dies soll heißen, daß in formal ausgerichteten Ansätzen durchaus auch eine Beziehung zwischen Genus und Sexus und evtl. auch andere semantische Aspekte am Genus berücksichtigt werden und umgekehrt (cf. hierzu auch die Einschätzungen von Royen 1929: 42, Fodor 1959: 6, Wienold 1967: 30, 41 u. a.) Neuere Arbeiten zu den europäischen Sprachen, die das Genus nicht aus historischer, sondern aus synchroner Perspektive betrachten, gestehen ihm ebenfalls - wenn auch in z. T. sehr stark eingeschränktem Maße - semantische Funktionen zu (cf. z. B. Werner 1975: 40ss., 50s. und die Einschätzung von Naumann 1986: 180). Dies ist sowohl bei Arbeiten der Fall, die sich wie Werner in erster Linie mit dem syntaktischen Aspekt beschäftigen, als auch bei solchen, die wie Köpcke, Zubin, Corbett, Surridge u. a. ihr Hauptaugenmerk auf «das Funktionieren der Anordnung von Elementen» (cf. o.) legen und zu zeigen versuchen, daß die Einteilung der Nomina in verschiedene Genusklassen generell regelbasiert ist, daß sie in jeder Einzelsprache, d. h. auch dort, wo dies nicht offensichtlich ist, einer gewissen Systematik folgt. Die Unterschiede der beiden Gruppen sind also nicht darin zu sehen, daß rein formale Ansätze rein semantischen gegenüberstehen, sondern sie offenbaren sich vor allem in der Art und Weise der Berücksichtigung von Semantischem: Es sind die Aussagen zum Verhältnis von Genus und Semantik bzw. Genus und Sexus, die verschiedenartig sind. Wir werden in Abschnitt 5 eine Unterscheidung einführen, mit deren Hilfe diese Differenzen deutlich gemacht werden können. Dort werden wir sehen, auf wel- 47 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation cher Ebene sich die Erklärungsversuche zum Zusammenhang von Genus und Sexus innerhalb der Theorien des natürlichen Geschlechts bewegen und auf welcher Ebene - im Gegensatz dazu - die Beschreibung des Verhältnisses von Genus und Semantik sinnvollerweise anzusiedeln ist und inwiefern auch eine gewisse Beziehung von Genus und Sexus berücksichtigt werden kann und muß. Bevor dies geschieht, sollen aber die Genussysteme der spanischen, französischen und deutschen Sprache hinsichtlich ihrer formalen Durchsichtigkeit kontrastiert werden, und dies soll im Rahmen einer Erörterung der bereits erwähnten Untersuchungen zu den der Genuszuweisung zugrunde liegenden Kriterien geschehen, in denen das Genus vor allem aus psycholinguistischer Perspektive betrachtet wird. 4. Das Genus aus psycholinguistischer Perspektive Oben wurde konstatiert, daß von linguistischer Seite die Kongruenz zur Bestimmung der Klassenzugehörigkeit eines Nomens herangezogen werden kann. Es verhält sich aber selbstverständlich so, daß Muttersprachler das Genus der Substantive kennen müssen, um die korrekten Übereinstimmungen zu erzeugen. Fest steht dabei, daß das Genus Muttersprachlern keine Probleme bereitet, daß sich Schwierigkeiten mit dieser Kategorie offenbar nur beim Erlernen einer Fremdsprache ergeben. Wie aber ist dies zu erklären? Wodurch sind native speaker in der Lage, das Genus der Nomina richtig zu bestimmen? Eine mögliche Erklärung besteht darin, anzunehmen, daß das Genus eines Nomens von Seiten der Muttersprachler jeweils einzeln gelernt und im Gedächtnis gespeichert werde 14 . Diese Annahme wird innerhalb der Arbeiten von Corbett, Köpcke/ Zubin, Surridge u. a. jedoch aus folgenden Gründen abgelehnt 15 : 1) Würde das Genus eines jeden Nomens einzeln gelernt und behalten, so wären mehr Fehler bei der Genuszuweisung zu erwarten; Tatsache ist aber, daß die Kategorie 14 Diese Sichtweise, die selten explizit vertreten wird, manifestiert sich z. B. bei Hude 1808 und Maratsos 1979. Hude empfiehlt: «Zu welchem Geschlecht übrigens jedes Hauptwort gehöre, lernt der Deutsche am besten durch Übung» (zit. nach Naumann 1986: 192), und Maratsos, der sich ebenfalls auf die Genusklassifikation im Deutschen bezieht, stellt fest: «The classification is arbitrary. No underlying rationale can be guessed at. The presence of such systems in a human cognitive system constitutes by itself excellent testimony to the occasional nonsensibleness of the species. Not only was this system devised by humans but generation after generation of children peaceably relearns it.» (zit. nach Köpcke/ Zubin 1984: 26, Hervorhebung von mir). Implizit liegt dieser Gedanke aber natürlich immer dann zugrunde, wenn behauptet wird, daß die Genuszuweisung nicht auf Regeln beruhe, und diese Behauptung wird sowohl mit Bezug auf die deutsche als auch die französische Sprache häufig aufgestellt (cf. zum Fr. z. B. die bei Teschner 1987: 85s. zusammengestellten Belege). 15 Die nachstehende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; für eine ausführliche Darstellung der Gründe sei auf Corbett 1991: Kap. 4, p. 70-104 und Köpcke 1982: Kap. 1, insbes. p. 5-28 verwiesen. 48 Brigitte Schwarze Genus auch im Spracherwerbsprozeß keine besondere Fehlerquelle darstellt 16 ; zudem ist die Anzahl derjenigen Substantive, die im Genusgebrauch schwanken, sehr gering. 2) Fremd- und Lehnwörtern aus anderen Sprachen wird immer ein bestimmtes Genus zugewiesen, was darauf hinweist, daß es bestimmte Mechanismen für die Zuweisung gibt, zumal das Genus eines Nomens in der Ursprungssprache, sofern diese über ein Genussystem verfügt, nicht mit dem in der Zielsprache übereinstimmen muß; es wird also nicht mit entlehnt (cf.: le porte-monnaie vs. das Portemonnaie, the computer (it) vs. der Computer etc.). 3) Werden Sprechern einer bestimmten Einzelsprache frei erfundene Substantive vorgelegt, so weisen sie diesen mit großer Übereinstimmung ein bestimmtes Genus zu 17 . Aufgrund dieser Gegebenheiten folgert Corbett 1991: 7 : « . . . native speakers have the ability to ‹work out› the gender of a noun». Es wird vorausgesetzt, daß selbst für Sprachen wie Deutsch und Französisch, deren Genussysteme auf den ersten Blick weitgehend undurchsichtig zu sein scheinen, und zwar sowohl in formaler als auch in semantischer Hinsicht, bestimmte (phonologische/ morphologische/ semantische) Eigenschaften der Nomina für deren Genus ausschlaggebend sein müssen. Diese Kriterien herauszuarbeiten und ein Regelwerk zu entwerfen, welches die bei Muttersprachlern vorausgesetzte Kompetenz, das Genus der Nomina zu bestimmen, abbildet und insofern psychologische bzw. psycholinguistische Realität besitzt, ist das Ziel dieser Forscher. Corbett 1991: 3 spricht in diesem Sinne von «assignment systems», die Aufschluß geben über «the way in which native speakers allocate nouns to genders». Corbetts Untersuchung, in der über 200 Sprachen berücksichtigt werden, zeigt, daß die Genuszuweisung je nach Sprache mehr auf semantischen oder mehr auf formalen Kriterien beruht. Insgesamt unterscheidet er vier verschiedene Typen von «assignment systems»: «strict semantic systems» und «predominantly semantic systems» auf der einen Seite, morphologische und phonologische Systeme auf der anderen Seite. Er betont aber zugleich, daß semantische Kriterien auch innerhalb formaler Systeme eine Rolle spielen. Wenn sich das Genus der Nomina in einer Sprache in erster Linie auf formale Kriterien zurückführen läßt, spricht man von «overt gender», wenn die Form der Nomina kein Indiz für das Genus bildet, von «covert gender». Doch auch bei dieser Unterscheidung handelt es sich nicht um eine absolute, vielmehr sind verschiedene Grade der formalen Durchsichtigkeit der Genussysteme zu unterscheiden 18 . 16 Hiervon zeugt auch die Tatsache, daß das Genus im Schulunterricht nicht behandelt wird, außer natürlich im Fremdsprachenunterricht. 17 Experimente, die dies belegen, wurden mit SprecherInnen verschiedener Sprachen durchgeführt, u. a. Deutsch, Französisch und Russisch; die Versuchspersonen sind Erwachsene und/ oder Kinder verschiedener Altersgruppen (cf. Corbett 1991: 86ss., 89ss.; Köpcke/ Zubin 1983, Tucker 1968, 1977). Auf einige der Experimente zum Französischen und Deutschen wird im folgenden noch einzugehen sein. 18 Sprachen mit einem idealen «overt system», in denen alle Nomina einer Klasse genau eine Markierung aufweisen und alle Nomina der anderen Klasse(n) (jeweils) genau eine andere, 49 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Die Genussysteme der französischen, spanischen und deutschen Sprache gehören, dieser Einteilung folgend, der Großgruppe der «formal systems» an und sind somit gleichsam als «overt systems» anzusehen, wobei sich das Genussystem des Spanischen als wesentlich durchsichtiger erweist als das der beiden anderen Sprachen. Die formalen Kriterien für die Genussysteme des Französischen und Deutschen sind zum einen nicht unbedingt sofort ersichtlich, sie «springen nicht ins Auge», sondern müssen zu einem großen Teil durch mehr oder weniger aufwendige Analysen des nominalen Lexikons erst offengelegt werden, zum anderen kann auch mit den sehr komplexen Regelsystemen, die für diese Sprachen erarbeitet worden sind, nicht die Gesamtheit der Substantive erfaßt werden. Der Grad an Durchsichtigkeit dieser Systeme ist also insgesamt sehr gering. Doch sehen wir uns die verschiedenen formalen Kriterien etwas genauer an. 4.1 Formale Kriterien für die Genuszuweisung im Spanischen, Französischen und Deutschen Als relativ unkompliziert erweist sich in allen drei Sprachen die Angabe morphologischer Kriterien für die Genuszuweisung bei Substantiven, denen bestimmte Wortbildungsmechanismen zugrunde liegen. Beispielsweise läßt sich bei derivierten Nomina in vielen Fällen eine recht eindeutige Korrelation zwischen bestimmten Affixen (überwiegend Suffixe oder suffixähnliche Auslautverbindungen) und dem Genus der Substantive herstellen. So sind z. B. deutsche Nomina auf -heit, -keit, -ung Feminina, solche auf -er und -rich Maskulina, solche auf -chen und -tum Neutra: die Trägheit, die Dunkelheit, die Gewißheit, die Heiterkeit, die Vergeblichkeit, die Notwendigkeit, die Achtung, die Erkältung, die Leitung, der Rechner, der Fernseher, der Läufer, der Enterich, der Gänserich, der Wüterich, das Brötchen, das Ständchen, das Mädchen, das Beamtentum, das Heiligtum, das Eigentum etc. Für das Spanische gilt u. a., daß Nomina auf -ez, -ud bzw. -tud, -dad feminines, solche auf -aje, -or maskulines Genus aufweisen: la pequeñez, la acidez, la estupidez, la scheint es nicht zu geben. Zu den Sprachen, die diesem Ideal am nächsten kommen, deren Genussysteme also am oberen Ende der overt-covert-Skala anzusiedeln sind, gehören z. B. einige Bantu-Sprachen. So werden im Swahili die Substantive in vielen Fällen durch ein Präfix gekennzeichnet, welches auch an die kongruierenden Elemente tritt (cf.: «kikapu [ Korb ] kikupwa [ großer ] kitatu [ ein ] kilianguka [ fiel (herunter) ]» [cf. ib.: 43]). Unabhängig davon zeigen die Bantu-Sprachen auch eine größere semantische Durchsichtigkeit als die indoeuropäischen Sprachen (cf. ib.: 43-49 u. a. und Fodor 1959: 186ss.). Es ist allerdings umstritten, ob die Bantu-Sprachen überhaupt als Genussprachen anzusehen sind: Einige Linguisten grenzen Genussprachen und Klassensprachen voneinander ab, wobei sie die indoeuropäischen, semitischen und hamitischen Sprachen der ersten Gruppe, einige afrikanische und australische Sprachen, in denen z. T. über 20 Klassen (oder Genera) unterschieden werden, der zweiten Gruppe zuordnen. Corbett 1991: 146 meint, daß die Unterscheidung von Genussprachen und Klassensprachen «one of linguistic tradition rather than of linguistic data» sei. Auf diese Problematik kann hier nicht näher eingegangen werden. 50 Brigitte Schwarze timidez, la juventud, la altitud, la similitud, la exactitud, la novedad, la autenticidad, la maldad, la curiosidad, el plumaje, el vasallaje, el kilometraje, el equipaje, el esplendor, el olor, el valor, el calor etc. Und im Französischen sprechen u. a. die Suffixe -té (/ te/ ), -tion (/ sjO~/ ) und -ure (/ yʁ/ ) für feminines, -age (/ AZ/ ), -isme (/ ism/ ), -oir (/ waʁ/ ) für maskulines Genus: la générosité, l’âcreté (fem.), la publicité, la bonté, la frustration, la nutrition, la diminution, la diction, la brochure, la couverture, la blessure, l’ouverture (fem.), le bricolage, l’allumage (mask.), le sondage, le chauffage, le fanatisme, l’alcoolisme (mask.), l’héroïsme (mask.), le dadaïsme, le tiroir, le mouchoir, le comptoir, le lissoir etc. Auch hinsichtlich der Konversion lassen sich einfache Zuordnungsregeln aufstellen: Substantivierungen anderer Wortarten - Adjektive und Partizipien sind allerdings auszunehmen - weisen im Deutschen neutrales, im Französischen und Spanischen maskulines Genus auf. Cf.: Dt.: das Essen, das Arbeiten, das Wie, das Weil, das Vielleicht, das Gestern etc. Fr.: le déjeuner, le pouvoir, le non, le pourquoi, le mal, le demain etc. Sp.: el querer, el anochecer, el sí, el pero, el ahora, el yo etc. Bei Nominalkomposita gilt, daß das Genus des Determinatums das Genus des Kompositums bestimmt; zu beachten ist hier nur die unterschiedliche Determinationsstruktur des Deutschen gegenüber den (nicht gelehrten) Bildungen des Spanischen und Französischen: Dt.: «die Autostraße», «die Strumpfhose», «der Buchhandel», «der Kleiderschrank», «das Kunststück», «das Gesangbuch» etc. Fr.: «l’oiseau-mouche» (mask.), «l’homme-grenouille» (mask.), «la cité-jardin, «la dent de lion» etc. Sp.: «el coche-cama», «el hombre-masa», «la ciudad dormitorio», «la cama de matrimonio» etc. Nun sind aber derartige Regeln, die sich üblicherweise auch in Grammatiken und Lehrbüchern finden - wenn auch unvollständig und relativ unsystematisch 19 -, nur sehr begrenzt aussagekräftig. Zum einen betreffen sie ja immer nur einen sehr kleinen Teil des nominalen Wortschatzes, zum anderen muß man z. B. bei dem zuletzt genannten Kriterium das Genus des entsprechenden Kompositionsgliedes kennen, um das Genus des gesamten Kompositums richtig bestimmen zu können; die morphologische Regel allein reicht hier zur Genusbestimmung gar nicht aus. Es stellt sich also die Frage, ob es auch übergeordnete Kriterien für die Genuszuweisung gibt bzw. solche, die auch auf monomorphematische Substantive an- 19 Cf. u. a.: Grevisse 1993: insbes. p. 710ss., 722ss., 729s. (Fr.); Zemb 1978: 105ss. (Fr. u. Dt.); Eisenberg 1989: 168s. (Dt.); Cartagena/ Gauger 1989: 131ss., 144s. (Dt. u. Sp.); Alcina Franch/ Blecua 1987: 528s. und Real Academia Española 1973: 177s. (Sp.). Ein Blick in diese Grammatiken zeigt, daß die Angabe einiger genusbestimmender Suffixe noch am häufigsten erfolgt. 51 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation wendbar sind, und ob es möglich ist, ein System von Regeln aufzustellen, mit dem sich das Genus der Nomina insgesamt richtig bestimmen läßt. In dieser Hinsicht ist das Genussystem des Spanischen - wie bereits erwähnt - am durchsichtigsten und folglich auch am einfachsten beschreibbar. Mit einer begrenzten Anzahl überwiegend phonologischer Regeln lassen sich hier für einen großen Teil aller Nomina richtige Voraussagen machen. Aufgrund dieser relativen Einfachheit ist die muttersprachliche Kompetenz, das Genus der Nomina richtig zu bestimmen, anders als im Falle des Französischen und Deutschen von Seiten der Linguistik auch gar nicht als «rätselhaft» und erklärungsbedürftig angesehen worden. Kriterien für die Genuszuweisung im Spanischen werden dementsprechend vorwiegend in Arbeiten angegeben, die auf die fremdsprachliche Didaktik ausgerichtet sind. Bergen, der es sich als erster zum Ziele gesetzt hat, die in anderen Arbeiten angegebenen Regeln auf ein Mindestmaß zu reduzieren, gibt insgesamt acht phonologische Kriterien an, die sich vor allem auf den Wortauslaut beziehen, außerdem zwei, die die Semantik der Substantive betreffen und zwei weitere formale, die die Funktion haben, einige der Ausnahmen aufzufangen (cf. Bergen 1978: insb. p. 869ss.) 20 . Die Adäquatheit dieser Regeln hat Bergen anhand eines (allerdings eher bescheidenen) Korpus von 935 hochfrequenten Nomina überprüft: In 97,3% der Fälle führten sie zu richtigen Ergebnissen 21 . Die bekannteste der auslautbezogenen Regeln besagt, daß die Endung / a/ (graphemat. -a) feminines, die Endung / o/ (graphemat. -o) maskulines Genus markiert 22 . Allein diese Regel trifft auf weit mehr als 50% der spanischen Substantive zu. Echaide stellt fest, daß 1344 von 2172 Nomina des Frequency Dictionary of Spanish Words (FDSW), also 61,9%, auf -a bzw. -o auslauten, wobei 99,9% der Substantive auf -o Maskulina und 97,1% derjenigen auf -a Feminina sind (cf. Echaide 1969: 119) 23 . Teschner/ Russell 1984, die ein wesentlich größeres Korpus von insgesamt 41882 genusinvariablen Nomina zugrunde legen, ermitteln sogar einen Prozentsatz von 68,15% (= 28543) o- und a-endiger Substantive 24 ; die Werte für die Korrelation von Auslaut und Genus stimmen weitgehend mit denen Echaides überein: Nomina auf -o sind zu 99,9% maskulin, solche auf -a zu 96,3% feminin. (Bei Zugrundelegung eines umfangreichen Korpus, welches genusvariable Nomina und Adjektive, die mit «Ú.t.c.s.» [úsase también como sustantivo] ver- 20 Bergen nennt eine weitere semantische Auffangregel zur Identifizierung genusvariabler Nomina, die m. E. aber entbehrlich ist, wenn man die Hauptregeln hierarchisiert und den beiden semantischen Regeln Priorität gegenüber den phonologischen Regeln einräumt. 21 Zu einer ausführlichen Diskussion und Überprüfung der von Bergen aufgestellten phonologischen Kriterien sei auf Teschner/ Russel 1984 verwiesen. 22 Da die Zuordnung Graphem → Phonem im Spanischen eindeutig ist, beschränke ich mich im folgenden auf die Angabe von Graphemen. 23 Dieser Auswertung liegen nicht alle im FDSW aufgeführten Nomina zugrunde: 338 genusvariable Nomina und 21 Personenbezeichnungen vom Typ padre/ madre wurden ausgeklammert (cf. ib.: 119s.). 24 Hierbei entfallen 43,98% (=12552) auf -o und 56,02% (=15991) auf -a; für das Gesamtkorpus ergibt sich ein Anteil von 29,97% o-endigen und 38,18% a-endigen Substantiven. 52 Brigitte Schwarze sehen sind, einbezieht, ist mit einem weiteren Anstieg des Anteils der Nomina auf -o und -a, sowie - aufgrund der Frequenz genusvariabler a-endiger Personenbezeichnungen [el/ la acróbata, el/ la guía, el/ la periodista etc.] - mit einer Zunahme des Anteils maskuliner Nomina auf -a zu rechnen 25 ). Auch für andere Auslauttypen liegen statistische Angaben vor, die die generelle Relevanz phonologischer Kriterien für die Genuszuweisung im Spanischen bezeugen und damit zugleich für die hohe formale Durchsichtigkeit des spanischen Genussystems sprechen: So sind Substantive auf -l, -r und -d zu 90-100% maskulin bzw. feminin, und für die übrigen frequenten Endungen (-s, -n,-e) ergeben sich ähnlich aussagekräftige Relationen, sofern man die Betrachtung nicht auf das letzte Phonem beschränkt, sondern eine feinere Differenzierung vornimmt und beispielsweise Substantive auf -ión, die zu ca. 98% Feminina sind, aus der Gruppe derer auf -n ausgliedert 26 . Die Endungen -o bzw. -a nehmen aber nicht nur aufgrund ihrer hohen Gesamtfrequenz im nominalen Lexikon eine besondere Stellung ein, sondern auch, weil sie zur Markierung der kongruierenden Elemente verwendet werden. Cf.: «una niña pequeña» vs. «un niño pequeño»; «Estoy buscando mi libro. No lo has visto? » vs. «Estoy buscando mi pluma. No la has visto? » 27 . Das Genussystem des Französischen erweist sich als wesentlich komplexer. Wie die Arbeiten von Tucker 1968 u. 1977 belegen, kann hier zwar ebenfalls ein Zusammenhang zwischen der phonischen Gestalt des Wortauslauts und dem Genus der Substantive hergestellt werden, das Verhältnis von Form und Genus ist aber nicht annähernd so eindeutig wie im Falle des Spanischen. Die Auswertung von 31619 im Petit Larousse Illustré (Ausgabe aus dem Jahre 1959) verzeichneten Nomina zeigt, daß bei Berücksichtigung des letzten Phonems lediglich in 9 von insgesamt 30 möglichen Fällen eine relativ eindeutige Korrelation zwischen Auslaut und Genus besteht; nur bei auslautendem / Z/ , / m/ und bei / z/ , / œ˜ / , / A~ / , / ε ˜/ , / ø/ , / o/ , / ε / ergibt sich ein Anteil von mind. 90% maskuliner resp. femininer Genuszuweisung; mit diesen Endungen werden zusammen genommen 8068 Nomina erfaßt, also nur 25,5% des Gesamtkorpus. Ferner kann bei vier Endungen (/ l/ , / p/ , / t/ , / e/ ), die ins- 25 Der sehr hohe Anteil der Maskulina auf -o und Feminina auf -a am Gesamtwortschatz ist das (vorläufige) Ergebnis eines historischen Prozesses, in dessen Verlauf diese Regelmäßigkeit immer weiter ausgebaut wurde. Daß diese Entwicklung auch heute weiter fortschreitet, kann u. a. mit Verweis auf die zunehmende Bildung femininer Personenbezeichnungen auf -a (auch in Fällen wie el/ la estudiante > el estudiante vs. la estudianta), die Rückbildung maskuliner Personenbezeichnungen auf -o (z. B. el/ la modista > el modisto vs. la modista) und die Fälle von Genusschwankung bei einigen der «regelwidrigen» Nomina (z. B. el/ la radio, wobei la radio < la radiotelefonía oder la radiodifusión, el/ la reuma) belegt werden (cf. vor allem auch zur historischen Perspektive Malkiel 1957, Rosenblat 1962 und Echaide 1969: insb. p. 93ss., 109ss.). 26 Cf. hierzu im einzelnen: Bull 1965: insbes. p. 109, Bergen 1978, Teschner/ Russell 1984 und Teschner 1987: insbes. p. 81ss. 27 Wenn ein auf -o bzw. -a auslautendes Substantiv mit einem zweiendigen Adjektiv zusammen auftritt, ergibt sich in gewisser Hinsicht ein ähnliches Bild wie in dem oben angeführten Swahili-Beispiel. 53 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation gesamt 6855 Nomina bzw. 21,7% abdecken, noch nicht einmal von einer bestimmten Genustendenz gesprochen werden, da der prozentuale Anteil femininer resp. maskuliner Genuszuweisungen zwischen 40% und 60% schwankt. Bei den übrigen Endungen lassen sich zwar gewisse Tendenzen feststellen, leitete man aber eine Regel ab, so wäre die Zahl der Ausnahmen z. T. enorm hoch. Aussagekräftigere Zuordnungen lassen sich nur dann machen, wenn man die Betrachtung auf das letzte und vorletzte, ggf. auch auf die letzten drei Phoneme ausdehnt 28 . In diesem Sinne läßt sich etwa für den vokalischen Auslaut / O˜/ , der zu 70,2% bei femininen Substantiven auftritt, aber bei einer Gesamtzahl von 2665 / O˜/ -endiger Nomina immerhin auch 794 Maskulina umfaßt - zu viele, um eine einfache Regel «Nomina auf / O~/ sind feminin» abzuleiten -, folgende komplexe Regel aufstellen: «Nomina auf / O~/ sind feminin, sofern die Phonemkombinationen / ε z/ , / sj/ , / tj/ , / zj/ , / Zj/ vorausgehen». Mit diesem Kriterium kann man das Genus der Nomina raison / ʁ ε zO~/ , motion / mosjO~/ , gestion / Z ε stjO~/ , décision / desizjO~/ , région / ʁeZjO~/ (alle fem.), camion / kamjO~/ , feuilleton / fœjtO~/ , chausson / SosO~/ , jambon / ZA~bO~/ , biberon / bibʁO~/ , horizon / OʁizO~/ (alle mask.), u. v. a. richtig bestimmen. Wendet man die Regel auf alle der auf / O~/ auslautenden Substantive des genannten Korpus an, so wird nur bei 48 der 2665 Nomina (= 1,8%) das Genus falsch zugewiesen; anders ausgedrückt: die Regel ist zu 98,2% zutreffend (cf. hierzu auch Corbett 1991: 60s.). Auf diesem Wege entwickelten Tucker u. a. ein komplexes Regelsystem, mit dem sich das Genus von 84,5% der in ihrem Korpus verzeichneten Nomina voraussagen läßt. Ob Muttersprachler tatsächlich von diesen Regeln Gebrauch machen, wurde in einer Reihe von Experimenten mit existierenden (häufig und selten verwendeten) Substantiven, mit möglichen Substantiven (existierender Stamm + existierende Endung, z. B. *coupation) und mit reinen Kunstwörtern (nicht existierender Stamm + existierende Endung, z. B. */ vist A~ bism/ ) für einige Endungen überprüft und bestätigt 29 . In den Experimenten mit möglichen Substantiven zeigte sich aber 28 Es sei hier angemerkt, daß sich auf der Grundlage graphiebasierter Regeln oft eindeutigere Aussagen zum Genus machen lassen. Diese können aber für eine Erklärung der muttersprachlichen Kompetenz bei der Genuszuweisung nur sehr bedingt (oder gar nicht) herangezogen werden, da der Umgang mit dem Genus zum Zeitpunkt des Erwerbs der Orthographie bereits beherrscht wird. Aus diesem Grund bleiben orthographiebasierte Regeln für die Genuszuweisung im folgenden unberücksichtigt. 29 Im Textteil der Arbeit von Tucker et al. 1977 werden - ebenso wie in der Aufsatzpublikation von 1968 - in erster Linie diese Experimente vorgestellt. Die auf die Analyse der Einträge des Petit Larousse zurückgehenden phonologischen Regeln sind leider im einzelnen nicht angegeben; sie müssen dem recht unübersichtlichen und z. T. fehlerhaften Appendix (ib.: 68-125) entnommen werden, der sich auch in anderer Hinsicht als problematisch erweist; so sind die Angaben zum frequentesten aller Auslaute, nämlich / ʁ/ (dort traditionsgemäß als / r/ transkribiert) lückenhaft: Nur für Konsonant + / ʁ/ liegt eine detaillierte Aufschlüsselung aller möglichen Auslautverbinungen und der entsprechenden Genuszuweisung vor, für Vokal + / ʁ/ fehlen diese Angaben indes. Teschner 1987: insbes. p. 95ss., der auf der Grundlage von Tucker et al. 1977 ebenfalls eine Reihe von Regeln für die Genuszuweisung erarbeitet und explizit formuliert hat, 54 Brigitte Schwarze auch, daß neben dem Auslaut offenbar der Stamm eine - wenn auch recht geringe - Rolle bei der Genuszuweisung spielt (cf. Tucker et al. 1977: 23-38). Zu einer vollständigen Beschreibung des französischen Genussystems wird man nur gelangen, wenn man phonologische, morphologische und semantische Kriterien berücksichtigt und die einzelnen Regeln hierarchisch ordnet 30 . Dies führt aber zwangsläufig auch zu einer weiteren Erhöhung der Komplexität des gesamten Regelapparats, so daß für das Genussystem des Französischen folgende Einschätzung berechtigt erscheint: «There are rules by which gender can be deduced from form . . . but these are so numerous and complicated, that French ranks low on the overt scale.» (Corbett 1991: 63). Das Genussystem der deutschen Sprache scheint insgesamt noch komplexer zu sein als das der französischen. Wie wir oben gesehen haben, ist es im Französischen immerhin möglich, die Genuszuweisung für einen relativ großen Teil der Nomina allein unter Rückgriff auf auslautbezogene Kriterien richtig zu bestimmen. Diese Möglichkeit besteht für die deutsche Sprache offenbar nicht. Hier muß man von vornherein sowohl verschiedene phonologische als auch morphologische und - in geringerem Maße - semantische Kriterien ansetzen, wenn man sowohl polymorphematische als auch monomorphematische Nomina zu erfassen sucht. Diese Kriterien sind hierarchisch zu ordnen, wobei semantischen und morphologischen Regeln generell Priorität gegenüber phonologischen Prinzipien zukommt 31 . Ein Beispiel: Eine oft angeführte Regularität des deutschen Genussystems besteht darin, daß auslautendes Schwa mit dem Femininum korreliert (die Schwalbe, die Habe, die Seite etc.). Hieraus läßt sich eine phonologische Regel ableiten, die aber nur dann anzuwenden ist, wenn morphologische oder semantische Kriterien für die Genuszuweisung auszuschließen sind; so ist bei Nomina wie Gelage, Gehabe, Gerede u. a., bei denen das phonologische Kriterium offensichtlich nicht greift, von einer übergeordneten morphologischen Regel auszugehen, die besagt, daß Nomina auf ge- (-e) neutrales Genus aufweisen; für Substantive wie Schwabe, Jude, Junge, Rüde etc. kann die Dominanz einer semantischen Regel - «bei Personen- und Tierbezeichnungen richtet sich das Genus nach dem natürlichen Geschlecht der Referenten» - in Rechnung gestellt werden. schließt diese Lücke. Seine Arbeit ist hier nicht einbezogen worden, da er neben phonologischen Kriterien graphiebasierte Regeln berücksichtigt (cf.o.). Für eine sehr gute Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse von Tucker et al. 1977 sei auf Corbett 1991: 57-62 verwiesen, der auch eine auf der Basis des Appendix erstellte und korrigierte (! ) tabellarische Übersicht zum Verhältnis von Auslaut (nur letztes Phonem) und maskuliner Genuszuweisung zur Verfügung stellt. 30 Cf. Surridge 1985, 1986 u. 1989 für eine systematische Darstellung morphologischer und semantischer Kriterien und Surridge 1993 zur Hierarchie der einzelnen Regeln. 31 Bei der Dominanz morphologischer und semantischer Regeln gegenüber phonologischen scheint es sich um eine allgemeine Tendenz zu handeln, die auch für das Französische und Spanische gilt. Allerdings kommt es, besonders im Spanischen, nur sehr selten zu einem Regelkonflikt, so daß auf die Einbeziehung nicht-phonologischer Kriterien hier weitgehend verzichtet werden kann. 55 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Ein Regelsystem, welches sich auf das nominale Lexikon des Deutschen insgesamt anwenden ließe, ist meines Wissens jedoch noch nicht erstellt und hinsichtlich seiner Adäquatheit an einem großen Korpus überprüft worden. Gleichwohl liegt für eine bestimmte Gruppe von Substantiven, nämlich für Einsilber, eine entsprechende Untersuchung von Köpcke 1982 vor, die hier kurz skizziert werden soll 32 . Aufgrund der Analyse der im Rechtschreib-Duden angegebenen einsilbigen Nomina leitet Köpcke zunächst nicht weniger als 44 Regeln ab: 24 phonologische, 5 morphologische und 15 semantische, wobei die phonologischen Regeln, die Anlaut-, Inlaut- und Auslautregeln umfassen, im Mittelpunkt stehen, während die anderen lediglich die Funktion haben, mögliche Genuszuweisungen auszuschließen oder die Ausnahmen zu den phonologischen Regeln aufzufangen (cf. ib.: 69ss.) 33 . Bei Anwendung der ermittelten Regeln auf die im Duden angegebenen Einsilber wurde in ca. 90% der Fälle das Genus korrekt zugewiesen. In Anbetracht dieses Ergebnisses kann das Regelsystem als beobachtungsadäquat gelten; die Frage ist aber, ob ein so komplexes System auch Beschreibungsadäquatheit beanspruchen kann, d. h. ob es tatsächlich als Abbild der muttersprachlichen Kompetenz anzusehen ist. Köpcke 1982: 133 äußerst sich in diesem Punkt zunächst sehr vorsichtig, er betont nämlich, «daß die Regeln in der angegebenen Form und Abfolge weder im Spracherwerbsprozeß noch als Speicherungshilfe für den erwachsenen Sprecher relevant sein müssen». Um zu überprüfen, ob Sprecher des Deutschen tatsächlich Gebrauch von derartigen Kriterien machen, führten Köpcke/ Zubin 1983 Experimente mit einsilbigen Kunstwörtern durch. Sie legten ihren Versuchspersonen insgesamt 44 erfundene einsilbige Substantive vor, um sechs der von Köpcke 1982 formulierten phonologischen Zuweisungsregeln zu testen. Allerdings sollten die Versuchspersonen das Genus nicht frei zuweisen, sondern sie wurden aufgefordert, zwischen zwei Genusalternativen (mask./ fem., mask./ neutr. oder fem./ neutr.) zu entscheiden. Vorstudien hatten nämlich ergeben, daß die Versuchspersonen bei völlig freier Wahl in Verwirrung gerieten (cf. Köpcke/ Zubin 1983: 173). Die Ergebnisse des Experiments belegen zwar, daß Sprecher des Deutschen für einsilbige Kunstwörter mit großer Übereinstimmung ein bestimmtes Genus wählen, und sie deuten darauf hin, daß zumindest einige der aufgestellten Regeln für die Genuszuweisung relevant sind, aufgrund der Beschränkungen ist aber m. E. nicht erwiesen, ob das Gesamtsystem beschreibungsadäquat ist und ob die Das Verhältnis von morphologischen und semantischen Kriterien kann nicht generell bestimmt werden; in einigen Fällen erweisen sich morphologische Kriterien als dominant, in anderen Fällen verhält es sich umgekehrt. 32 Köpcke konzentriert sich auf die Genuszuweisung bei einsilbigen Nomina, da gemeinhin angenommen wird, daß sich für diese keinerlei Regeln extrapolieren lassen. 33 Bei den morphologischen Regeln handelt es sich - da ausschließlich einsilbige Nomina untersucht werden - natürlich nicht um Kriterien der bislang angegeben Art; sie basieren vielmehr auf gewissen Flexionsregularitäten, genauer: auf Korrelationen zwischen Pluralmorphologie und Genuszuweisung (cf. Köpcke 1982: 78ss.). 56 Brigitte Schwarze Genuszuweisung in jedem Fall auf bestimmten Regeln beruht oder ob das Genus bei einigen Nomina nicht doch gelernt wird. Die generelle Feststellung der beiden Forscher, daß sich « . . . die Genuszuweisung in der deutschen Gegenwartssprache . . . als ein sehr kompliziertes aber durchweg motiviertes System . . . » erweist (Köpcke/ Zubin 1984: 47, Hervorhebung von mir), ist m. E. (noch) nicht bestätigt 34 . Doch auf diese Fragen soll hier nicht näher eingegangen werden; für unsere Zwecke genügt es, folgendes festzuhalten: 1) Es stimmt zwar, daß die Analyse kongruierender Elemente die sicherste Methode darstellt, um das Genus eines Substantivs zu bestimmen, aber es läßt sich zumindest in den allermeisten Fällen auch anhand semantischer oder formaler Merkmale am Nomen selbst ablesen. Es ist anzunehmen, daß die verschiedenen genusbestimmenden Kriterien, die von Seiten der Linguistik zu ermitteln sind und die sowohl auf einzelne Gruppen von Substantiven einer Einzelsprache zutreffen als auch übergeordneten Charakter haben können, zumindest z. T. zur sprachlichen Kompetenz der native speaker gehören. 2) Art und Anzahl der genusbestimmenden Kriterien variieren von Sprache zu Sprache, und dementsprechend variiert die Beschaffenheit und die Komplexität des zu erstellenden Regelsystems. Dieses kann stärker semantisch oder stärker formal, eher einfach oder eher komplex sein. Für die französische, spanische und deutsche Sprache lassen sich vorwiegend formale Regelsysteme erstellen, wobei das «assignment system» des Spanischen wesentlich einfacher ist als das der beiden anderen Sprachen: Die sehr begrenzte Anzahl von überwiegend phonologischen (auslautbezogenen) Regeln für die Genuszuweisung, vor allem aber auch der eindeutige Zusammenhang von Form und Genus im Falle der sehr frequenten -o bzw. -a-endigen Substantive und die Tatsache, daß eben diese Endungen auch an kongruierenden Elementen auftauchen, zeugen von der hohen formalen Durchsichtigkeit des spanischen Genussystems. Im Gegensatz dazu können die Genussysteme des Französischen und Deutschen nur mit Einschränkungen als «overt systems» bezeichnet werden. 5. Genus und Semantik Eine wichtige Unterscheidung, die bei der Untersuchung des Verhältnisses von Genus und Semantik unbedingt berücksichtigt werden sollte, besteht in der erstmals von Wienold geforderten strikten Trennung von Genus-Spezifikation und Genus-Selektion, wobei 34 Andererseits ist aber die Behauptung von Werner, daß es «gewisse absolute oder auch nur statistische Zuordnungen zwischen den Genera und Teilen des Substantiv-Ausdrucks» nur für eine «sehr beschränkte und recht unsystematische Teilmenge der Substantive» (Werner 1975: 43, Hervorhebung von mir) gebe, angesichts der Untersuchungen von Köpcke 1982 und Köpcke/ Zubin 1983 nicht aufrechtzuerhalten. 57 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation . . . Spezifikation und Selektion . . . das besondere Verhältnis der Verteilung der Elemente bei ihrer Klassifikation [betreffen]. Spezifikation benennt . . . die Gliederung der Klassifikation . . . Selektion benennt die Zuweisung eines Substantivs zu einer bestimmten Klasse . . . (Wienold 1967: 3) 35 Diese Unterscheidung hat generell den Vorteil, daß eine Betrachtung des Genussystems «von oben» (Spezifikation), bei der Aussagen über die Klassifikation als Ganzes angestrebt werden, von einer Betrachtung «von unten» (Selektion) abgegrenzt werden kann, bei der von einzelnen Substantiven oder Gruppen von Substantiven ausgegangen wird 36 . Für die Klärung des Verhältnisses von Genus und Semantik erweist sie sich als besonders vorteilhaft, da sie die Möglichkeit schafft, Semantisches am gesamten Klassifikationssystem und Semantisches an einzelnen Selektionen gesondert zu behandeln (cf. ib.). Ferner können verschiedene sprachwissenschaftliche Arbeiten, die sich (auch) mit dem Verhältnis von Genus und Semantik beschäftigen, daraufhin untersucht werden, ob sie auf der Ebene der Selektion Semantisches berücksichtigen oder ob sie eine inhaltliche Gesamtcharakterisierung vornehmen, d. h. eine semantische Erklärung der Spezifikation zu leisten versuchen. 5.1 Semantische Gesamtcharakterisierungen: Die Sexustheorien Die oben erwähnten Theorien des natürlichen Geschlechts stellen (gescheiterte) Versuche einer inhaltlichen Gesamtcharakterisierung dar. Sie beziehen sich eindeutig auf die Genus-Spezifikation, denn hier wird nachzuweisen versucht, daß die grammatische Kategorie Genus als Übertragung der Kategorie Sexus anzusehen ist; die Gliederung der Klassen wird als Abbild einer Gliederung der äußeren Wirklichkeit aufgefaßt. Da sich eine solche Verbindung von Genus und Sexus aber für die Genussysteme der indoeuropäischen Sprachen nicht ohne weiteres belegen läßt, ist man innerhalb der Sexustheorien gezwungen, diesen Inhalt im Ursprung des Systems 35 Cf. hier und im folgenden auch Wienold 1989, wo u. a. die Grundgedanken der Publikation von 1967 in komprimierter Form wiedergegeben sind. 36 Es sei hier angemerkt, daß das Genus auf beiden Ebenen als arbiträr - im Sinne Saussures - anzusehen ist. Dies kann schon mit Verweis auf die Verschiedenheit der Genussysteme unterschiedlicher Sprachen und auf das gänzliche Fehlen dieser Kategorie in einigen Sprachen (z. B. Baskisch, Finnisch, Ungarisch und Türkisch) belegt werden. Wenn manche Linguisten wie Köpcke, Zubin, Surridge und andere ausdrücklich gegen die These von der Arbitrarität des Genus Stellung nehmen, so wird «arbiträr» mit «nicht-regelgeleitet» gleichgesetzt, was nicht dem Saussureschen Arbitraritätsbegriff entspricht (cf. z. B. Zubin/ Köpcke 1983: 166ss., Surridge 1993: 77). Die generelle Feststellung, daß es sich beim Genus um eine arbiträre Kategorie handelt, spricht jedoch nicht dagegen, von einer relativen Motiviertheit einzelner Selektionen auszugehen (cf. u.). 58 Brigitte Schwarze anzusetzen. Die Identität von Genus und Sexus gilt demnach als Urzustand; die Tatsache, daß alle Nomina der Genusklasseneinteilung unterworfen sind, daß - selbst bei Sprachen, die über ein Genus Neutrum verfügen - auch Substantive, die der Bezeichnung von Unbelebtem dienen, der Klasse der Maskulina oder Feminina angehören . . . - kurz: der aktuelle Zustand der Genussysteme mit all den mannigfachen Eigenschaften, die einer Sexustheorie zuwiderlaufen, wird im wesentlichen als Folge einer «Ausweitung der sexualen Differenzierung auf anderes durch Personifikation, menschliche Phantasietätigkeit, der Sprache inhärente Poesie, durch Sexualisierung, durch Beseelung . . . » etc. angesehen (Wienold 1967: 20). Um das Genus der Substantive zu erklären und somit die Bedeutung bzw. den Inhalt der Klassifikation wieder offenzulegen, versucht man, von einzelnen Substantiven, genauer: von deren Bedeutung ausgehend, den Gang der Phantasie der Menschen nachzuzeichnen: Die einzig zuläßige oder fruchtbare weise, das grammatische geschlecht vorzutragen, scheint mir diejenige, welche auf bedeutung der wörter rücksicht nimmt; auf diesem wege allein kann es vielleicht gelingen, analogien aufzuspüren, denen die menschliche einbildungskraft nachgehangen hat . . . (Grimm 1967: 358). Grimm, einer der Hauptvertreter der Sexustheorie im 19. Jahrhundert, geht im sechsten Kapitel des dritten Bandes seiner Grammatik in großer Ausführlichkeit dem Genus vieler deutscher Nomina nach und bemüht sich, die vorausgesetzte Verbindung des Genus zum Sexus im einzelnen zu rekonstruieren. Hierbei stellt er seinen Betrachtungen den folgenden viel zitierten Grundsatz, der als allgemeine semantische Charakterisierung der einzelnen Genera gelesen werden kann, voran: das masculinum scheint das frühere, größere, festere, sprödere, raschere, das thätige, bewegliche, zeugende; das femininum das spätere, kleinere, weichere, stillere, das leidende, empfangende, das neutrum das erzeugte, gewirkte, stoffartige, generelle, unentwickelte, collektive . . . (Grimm 1967: 359). Doch die rekonstruktiven Bemühungen von Grimm und anderen Vertretern dieses Ansatzes sind insgesamt nicht stichhaltig, sondern beruhen in weiten Teilen auf bloßer Spekulation 37 . Die «Idee von der totalen Sexualisierung der Welt» (Naumann 1986: 178) liefert weder eine befriedigende Grundlage zur Erklärung der Entstehung der Kategorie Genus noch zur Beschreibung der Genussysteme einzelner Sprachen. Daß sich dieser Erklärungsansatz gerade im 18. und 19. Jahrhundert so großer Beliebtheit erfreute, ist wohl vor allem dem allgemeinen Zeitgeist zuzuschreiben; 37 Mit den Worten Royens 1929: 42 ist « . . . launische Willkür nicht selten die niemals verfehlende Panacee, um die in größerem oder kleinerem Umfang übrigbleibenden Schwierigkeiten radikal zu beseitigen». 59 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation wie Bußmann 1995: 126 feststellt, erfolgte «die Sexualisierung der Grammatik in diesem historischen Kontext in Übereinkunft mit einer zeitbedingten Konstruktion einer naturhaft vorgegebenen hierarchischen Ordnung der Geschlechter», so daß der Erklärungsansatz insgesamt nicht einmal objektivierbarer Argumente bedurfte (cf. auch Leiss 1994: insbes. p. 294ss.). Mit der Zurückweisung einer semantischen Gesamtcharakterisierung ist jedoch nicht gesagt, daß es überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Genus und Semantik und zwischen Genus und Sexus gibt. Auf der Ebene der Selektion erweist sich die Berücksichtigung von Semantischem sehr wohl als sinnvoll und auch als notwendig, wie im folgenden zu zeigen sein wird. 5.2 Möglichkeiten semantischer Teilcharakterisierungen Wie bereits mehrfach angeklungen ist, wird sowohl in den formalen Theorien zum Ursprung des Genus als auch in den synchron ausgerichteten Arbeiten zu den Genussystemen europäischer Sprachen eine Verbindung zwischen Genus und Semantik hergestellt. Generell sind diese Aussagen nicht auf das Gesamtsystem, sondern auf einzelne Teilbereiche des nominalen Lexikons, auf bestimmte Gruppen von Substantiven bezogen. Sie sind also - mit Wienold gesprochen - auf der Ebene der Selektion zu verorten. Trotz dieser übergeordneten Gemeinsamkeit sind die unter dem Stichwort «Genus und Semantik» oder «semantische Kriterien der Genusselektion» angeführten Beispiele recht heterogen; sie lassen sich m. E. zunächst in drei Gruppen oder Typen einteilen, die wie folgt charakterisiert werden können: 1) Die Genusselektion eines bestimmten Nomens ist insofern semantisch motiviert, als dieses Nomen einer semantischen Gruppe von gleich seligierten Nomina angehört 38 ; 2) Paare von verschieden seligierten Nomina stehen in semantischer Opposition derart, daß der semantische Differenzierungsfaktor als «Inhalt» der Genusopposition angesehen werden kann, wobei a) die oppositive Selektion an oppositiven Semantemen erfolgt, b) die oppositive Selektion am gleichen Semantem erfolgt (= Differentialgenus) 39 . Diese Unterscheidung wird in einigen Arbeiten überhaupt nicht explizit gemacht (cf. u. a. Köpcke 1982: 10ss.), in anderen nur teilweise 40 . Daß überhaupt 38 Cf. hierzu die folgende Aussage von Köpcke 1982: 10s.: «Eine Reihe von Nomen gehören bestimmten Perzeptions- oder Sachgruppen an und erhalten von dort her ihr grammatisches Geschlecht. Entscheidend ist, daß die Wortbedeutungen der zu Perzeptions- oder Sachgruppen zusammengefaßten Wörter in mindestens einem entscheidenden (abstrakten) Merkmal übereinstimmen». 39 Die unter Punkt 2 gegebene Bestimmung erfolgt unter Rückgriff auf Wienold 1967: insbes. p. 161. 40 So unterscheidet z. B. Bergen, der das Verhältnis von Genus und Semantik in der spanischen Sprache beschreibt, Typ 1 und Typ 2, die er beide als «semantic utilization of Spanish gender» ansieht. Bei Typ 2 handelt es sich ihm zufolge um «contrasting semantic notions . . . which 60 Brigitte Schwarze keine Differenzierung vorgenommen wird, hängt offenbar damit zusammen, daß der zweite Typ in gewisser Hinsicht als eine spezielle Form des ersten angesehen werden kann; 2 läßt sich unter 1 subsumieren, da auch die oppositiv seligierten Nomina jeweils einer semantischen Gruppe angehören. Die Differenzierung ist aber insofern wichtig, da nur Typ 2 als semantische Nutzung des Genussystems angesehen werden kann und da nur beim Differentialgenus - und auch hier, wie noch zu zeigen sein wird, nur in bestimmten Fällen - von einem semantischen Wert der Genusselektion gesprochen werden kann. Um die einzelnen Typen und ihre Relation zu erläutern, seien einige Beispiele gegeben: Beispiele für den Typ 1 sind Ausdrücke wie dt. der Wein/ der Sherry/ der Schnaps/ der Cognac etc., fr. le bronze/ l’argent (mask.)/ le zinc etc. und sp. el Etna/ el Vesuvio/ los Andes etc. Die Wahl des Genus kann in diesen Fällen dadurch «erklärt» werden, daß im Deutschen Bezeichnungen für alkoholische Getränke, im Französischen solche für Metalle und im Spanischen Bergnamen regelhaft maskulin seligiert sind. Anders ausgedrückt: Die Zugehörigkeit der Nomina zur Gruppe der Bezeichnungen für alkoholische Getränke/ Metalle/ Berge kann als Kriterium, als «semantische Regel» für die Genuszuweisung aufgefaßt werden 41 . Beispiele für den Typ 2a sind u. a. einige Tier- und Personenbezeichnungen (insbes. Verwandtschaftsbezeichnungen) wie sp. el caballo vs. la yegua, el padre vs. la madre, fr. le frère vs. la sœur und dt. der Onkel vs. die Tante etc. Beispiele für den Typ 2b finden sich ebenfalls im Bereich der Personenbezeichnungen (u. a.), insbes. bei Berufs- und Amtsbezeichnungen: dt. der Lehrer/ die Lehrerin, der/ die Vorsitzende, sp. el abogado/ la abogada, el/ la deportista, fr. le/ la philosophe, le vendeur/ la vendeuse etc. Bei den unter 1 genannten Beispielen spielt - wie gezeigt - die Bedeutung der Substantive eine Rolle; da bedeutungsverwandte Substantive zu einer Gruppe gleicher Selektion zusammengeschlossen sind, kann die Bedeutung oder besser: ein abstraktes semantisches Merkmal der einzelnen Substantive als Kriterium für die Selektion des Genus angegeben werden 42 . are expressed by opposite grammatical genders» (Bergen 1980: 48); diese Bestimmung deckt sich mit der oben angegebenen. Leider bemüht sich Bergen aber weder um die Angabe einer allgemeinen Bestimmung des ersten Typs (hier gibt er lediglich einige Beispiele), noch klärt er den Zusammenhang zwischen Typ 1 und Typ 2; Nomina der Gruppe 2a und 2b bestimmt er als «derivationally unrelated» bzw. «derivationally related» (cf. ib.: 48s.). 41 Für weitere Beispiele cf. u. a. Köpcke 1982: 13 (Dt.), Bergen 1980: 48 (Sp.), Cartagena/ Gauger 1989: 138ss., 145s., 164s. (Dt./ Sp.), Grevisse 1993: insbes. p. 710ss., 721s., 730ss. u. Surridge 1989 (Fr.). (Da die Autoren die hier vorgeschlagene Differenzierung nicht machen, finden sich dort z. T. aber auch Beispiele, die hier Typ 2 zugeordnet werden.) 42 Bei vielen Beispielen dieses Typs ist auch eine (historische) Begründung der Genusselektion möglich; sie ist nämlich oftmals als Resultat einer metonymischen Verschiebung anzusehen: Das Genus der einzelnen Substantive einer solchen Gruppe geht auf das Genus des (weggefallenen) Genus proximum zurück; so etwa bei Monatsnamen - sp.: el (mes de) enero, febrero, marzo, abril . . . / fr.: le (mois de) mai, juin juillet, août . . . / dt.: der (Monat) September, Oktober, November, Dezember . . . < lat.: Ianuarius mensis, februarius mensis etc. -, bei Wochentagen, Zahlen, aber auch bei den erwähnten Bergnamen, Metallen und in Fällen wie fr.: le (vin de) champagne, bordeaux u.v.a. 61 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Auch die Beispiele für Typ 2 (a und b) können auf diese Art interpretiert werden, denn auch weibliche Personenbezeichnungen oder allgemein Bezeichnungen für weibliche Lebewesen im Deutschen, Französischen und Spanischen bilden Gruppen gleich seligierter Nomina. Es spricht deshalb nichts dagegen, hier, ebenso wie bei den unter 1 gegebenen Beispielen, die Bedeutung einzelner Substantive als Indikator für deren Genus aufzufassen. Allerdings spielt das Genus unter diesem Blickwinkel überhaupt keine semantische Rolle. Wienold 1967: 324 kritisiert zu Recht, daß . . . solche Überlegungen, die von der Wortbedeutung ausgehen . . . die einzelnen Klassen [isolieren] und [nicht] berücksichtigen . . . daß die Selektion innerhalb eines eine Menge von Einheiten spezifizierenden Systems erfolgt, grundsätzlich also Oppositivität möglich ist. Will man das Verhältnis des Genus zum Semantischen adäquat beschreiben, so wird man untersuchen müssen, um welche Art des Zusammenhanges von Genus und Semantik es sich in einzelnen Fällen handelt: Liegt lediglich eine regelhafte Selektion bedeutungsverwandter Substantive vor oder steht eine Gruppe bedeutungsverwandter und gleich seligierter Substantive darüber hinaus einer anderen Gruppe bedeutungsverwandter und gleich seligierter Nomina gegenüber, wobei die beiden Gruppen bzw. die einzelnen Mitglieder sowohl semantisch als auch hinsichtlich des Genus in Opposition zueinander stehen, so daß man von einer semantischen Nutzung der Nominalklasseneinteilung sprechen kann? Letzteres ist nur bei Beispielen des Typs 2 der Fall. Hier gilt es wiederum zu unterscheiden, ob die oppositive Genusselektion die semantische Opposition der beteiligten Elemente lediglich zusätzlich kennzeichnet oder ob das Genus an der Konstitution dieser semantischen Opposition unmittelbar beteiligt ist, ob es, wie Wienold 1967: 325 formuliert, «Semantizität erzeugt». Ersteres ist bei den unter 2a gegebenen Beispielen der Fall, wo die Geschlechtsspezifikation lexeminhärent erfolgt und das Genus fest an die unterschiedlich seligierten Lexeme gebunden ist; letzteres ist - nach Wienold - beim Differentialgenus der Fall. Diese Differenzierung mag innerhalb der Arbeiten, die sich in erster Linie auf die Untersuchung formaler und semantischer Kriterien für die Genuszuweisung konzentrieren, vielleicht zu vernachlässigen sein, da man ohne sie nicht unbedingt zu falschen Ergebnissen gelangt. Für eine angemessene Beschreibung des Verhältnisses von Genus und Semantik ist sie jedoch unentbehrlich, da sie es erlaubt, z. B. die Tatsache, daß Bezeichnungen für weibliche Lebewesen in der Regel feminin, solche für männliche in der Regel maskulin seligiert sind, nicht als mehr oder weniger zufällige Systematisierung, sondern eben als semantische Nutzung des bestehenden Genussystems mit seinen oppositiven Klassen aufzufassen. Die skizzierten Möglichkeiten der Berücksichtigung von Semantischem einschließlich der Unterscheidung der Ebenen von Selektion und Spezifikation sind in dem folgenden Schaubild noch einmal zusammengefaßt: 62 Brigitte Schwarze Schauen wir uns den rechten unteren Bereich dieses Schaubildes, den Bereich des Differentialgenus und die darunter zu subsumierenden Beispiele der spanischen, französischen und deutschen Sprache nun etwas genauer an. 5.3 Semantische Nutzung der Genusopposition und der Begriff des Differentialgenus Differentialgenus liegt nach Wienold dann vor, wenn Paare von Substantiven oder ganze Substantivgruppen verschieden selegiert werden, ohne daß das Lexem bzw. die Wurzel (oder der Stamm) wechselt. Wienold 1967: 147 stellt fest, daß wir es in diesen Fällen mit «einer für eine Semantik auswertbaren oppositiven Verwendung von Genusexponenten an einem Semantem in Substantivrolle» zu tun haben 43 . Wichtiges Kriterium für das Vorliegen eines semantischen Differenzierungsfaktors ist die «Wählbarkeit» des Genus. Des weiteren muß die Differenz «als semantische Opposition in lexikalischen Einheiten derselben oder einer anderen Sprache angebbar . . . sie muß übersetzbar sein» (ib.: 149). Es wird deutlich, daß das oben angegebene Charakteristikum des Genus, seine Nicht-Austauschbarkeit am Lexem, in diesem Punkt eine Einschränkung erfährt: Im Falle des Differentialgenus kann man von Ablösbarkeit bzw. Austauschbarkeit des Genus sprechen, und somit ist auch die von Werner allgemein formulierte Voraussetzung dafür erfüllt, daß ein formales Merkmal Bedeutung tragen kann (cf. o.) 44 . 43 Wenn homonyme Ausdrücke durch das Genus differenziert werden, z. B. dt. der/ die Kiefer, sp. el/ la coma ( Koma / Komma ), fr. le/ la page ( Page / Seite ), liegt kein Differentialgenus vor; hier muß man von unterschiedlichen Lexemen bzw. Semantemen ausgehen. 44 Da das Differentialgenus aber keineswegs den allgemeinen Fall darstellt, da dieser - wie auch Wienold betont - in der festen und daher nicht semantisch auswertbaren «Verwendung» eines Genus an einem Substantiv besteht, spricht nichts dagegen, die Nicht-Austauschbarkeit weiterhin als prototypisches Merkmal des Genus anzuführen, ein Merkmal,welches - wie oben gezeigt - zurAbgrenzung dieser Kategorie gegenüber anderen (Numerus und Kasus) herangezogen werden kann. Semantik und Genus-Spezifikation vs. Semantik und Genus-Selektion = semantische Gesamtcharakterisie- = semantische Teilcharakterisierungen rungen (v. a. im 18. und 19. Jh. vertreten von Adelung, Grimm u. a.) Ausgangspunkt: Ausgangspunkt: Semantik der Substantive Oppositivität der Klassen Oppositive Selektion Oppositive Selektion an unterschiedlichen am gleichen Lexem Lexemen (= Differentialgenus nach Wienold) ⏐ ⏐ ⏐ ⏐ ↓ ⏐ ⏐ ⏐ ⏐ ↓ ⏐ ⏐ ⏐ ⏐ ↓ ⏐ ⏐ ⏐ ⏐ ↓ 63 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Die angegebenen Kriterien (Wählbarkeit und Übersetzbarkeit) erfüllen - nach Wienold 1969 - z. B. Motionsbildungen und substantivierte Adjektive; diese bezeichnet er als die bekanntesten Fälle von Differentialgenus im Indogermanischen (cf. ib.: 150). Bei Beispielen vom Typ der/ die Kranke, der/ die Alte etc. hat das Genus geschlechtsspezifizierende Funktion. In einer Äußerung kann, je nach Sinn, eine der beiden Formen gewählt werden, wobei sich die Differenz durch die Opposition männlich vs. weiblich «übersetzen» läßt 45 . Doch die Sexusdifferenzierung stellt nur eine von mehreren Nutzungsmöglichkeiten des Differentialgenus dar: Im Französischen wird die Genusopposition auch verwendet, um Handlungsträger (mask.) und die mit einer bestimmten Handlung verbundenen Maschinen (fem.) und/ oder Werkzeuge (im weitesten Sinne) zu unterscheiden. So z. B. bei: le brocheur ( Hefter / Broschierer ) vs. la brocheuse ( Heftmaschine ), le plieur ( Falzer ) vs. la plieuse ( Falzmaschine ), le cuisinier ( Koch ) vs. la cuisinière ( Herd ) 46 , le trompette ( Trompeter ) vs. la trompette ( Trompete ) etc. Oppositionen dieses Typs finden sich auch im Spanischen: el trompeta ( Trompeter ) vs. la trompeta ( Trompete ), el espada ( Torero’/ Matador ) vs. la espada ( Schwert ), el segador ( Schnitter ) vs. la segadora ( Mähmaschine ) und hier auch mit umgekehrter Verteilung; beispielsweise: la costurera ( Näherin ) vs. el costurero ( Nähmaschine ). Im Spanischen wird die Genusopposition in einem Teilbereich des nominalen Wortschatzes außerdem benutzt, um «Kenner» einer bestimmten Materie oder Disziplin und diese Disziplin selbst zu kennzeichnen: el músico ( Musiker ) vs. la música ( Musik ), el farmacéutico ( Apotheker ) vs. la farmacéutica ( Arzneikunde ), el ético ( Ethiker ) vs. la ética ( Ethik ), el mecánico ( Mechaniker ) vs. la mecánica ( Mechanik ) etc. 45 Es ist allerdings zu beachten, daß die maskulinen Bezeichnungen im Gegensatz zu den femininen nicht auf die geschlechtsspezifische Verwendung begrenzt sind, sondern daß sie in nahezu allen Fällen, in denen eben keine lexeminhärente Geschlechtskennzeichnung stattfindet, auch generisch, d. h. geschlechtsneutral verwendet werden können («generisches Maskulinum»). Auf diesen Aspekt, der zu der Feststellung, daß das Differentialgenus im Falle der Personenbezeichnungen der Sexusunterscheidung dient, nicht im Widerspruch steht, kann hier nicht näher eingegangen werden. 46 Zumindest in einigen dieser Fälle ist es auch üblich, die Feminina als Personenbezeichnungen zu verwenden; so entspricht la cuisinière auch dt. die Köchin. 64 Brigitte Schwarze Ebenso ist die Differenzierung maskuliner Baumbezeichnungen und femininer Fruchtbezeichnungen im Spanischen als ein Fall von Differentialgenus anzusehen; cf.: el olivo bzw. el aceituno ( Ölbaum ) vs. la oliva bzw. la aceituna ( Olive ), el naranjo ( Orangenbaum ) vs. la naranja ( Orange’/ Apfelsine ), el papayo ( Papaya[-baum] ) vs. la papaya ( Papaya[-frucht] ), el cerezo ( Kirschbaum ) vs. la cereza ( Kirsche ) u. v. a. Ferner wird das Genus im Spanischen und Französischen - wie auch in anderen romanischen Sprachen - zur Augmentation und Diminution verwendet 47 . Häufig bezeichnet das Femininum hierbei die größere, das Maskulinum die kleinere Entität: Sp.: el cubeto ( kleiner Kübel ) vs. la cubeta ( Wanne / Kübel ), el hoyo ( Loch’/ Vertiefung ) vs. la hoya ( Grube / Tal ), el huerto ( Obst-/ Gemüsegarten ) vs. la huerta ( Obst-/ Gemüseland ), el bolso ( Handtasche ) vs. la bolsa ( Tasche ), Fr.: le panier ( Korb ) vs. la panière ( großer Korb ), le bassin ( Becken / Schale ) vs. la bassine ( großes Becken / Wanne ). Das Verhältnis kann aber auch umgekehrt sein: Sp.: el barco ( Schiff ) vs. la barca ( kleines Schiff / Kahn ), el barreno ( großer Bohrer ) vs. la barrena ( Bohrer ), el cesto ( großer Korb ) vs. la cesta ( Korb ) u. a. 48 Bei den bisher genannten Fällen wird die Opposition von zwei Klassen zur semantischen Differenzierung genutzt. Sofern eine Sprache über mehr als zwei Genera verfügt, muß das Differentialgenus jedoch nicht auf zwei Klassen beschränkt sein. Die Anzahl der Klassen erhöht vielmehr die Differenzierungsmöglichkeiten; so ist es beispielsweise in der deutschen Sprache möglich, die Opposition von Femininum, Maskulinum und Neutrum semantisch zu nutzen. Wienold gibt hier die Unterscheidung zwischen Ländernamen und Bezeichnungen für (männliche vs. weibliche) Einwohner eines Landes als Beispiel an (cf. Wienold 1967: 152, 161): der Schwede vs. die Schwedin vs. Schweden (neutr.), der Sachse vs. die Sächsin vs. Sachsen (neutr.) etc. 47 Cf. hierzu - auch hinsichtlich der historischen Entwicklung - Kahane/ Kahane 1948s., ferner Wienold 1967: 150s. und, allein zum Spanischen, z. B. Martínez 1977: 187s. und Bergen 1980: 53ss. 48 Es sei hier angemerkt, daß die Diminution bzw. Augmentation mit Hilfe des Differentialgenus in der spanischen Sprache nur eine von mehreren Möglichkeiten darstellt, die insgesamt nur bei einer relativ geringen Anzahl von Nomina tatsächlich genutzt wird. Gerade das Spanische verfügt über eine große Zahl verschiedener Diminutiv- und Augmentativsuffixe, die ohne Genuswechsel an Substantive, aber auch an andere Wortarten angehängt werden können. 65 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Auch in der spanischen Sprache sind solche Fälle auszumachen, da hier - wie erwähnt - noch Reste eines neutralen Genus vorhanden sind; dieses kann bei einigen substantivierten Adjektiven zur Bezeichnung einer Sache dienen, wohingegen die femininen bzw. maskulinen Formen als Personenbezeichnungen fungieren. Cf.: el curioso vs. la curiosa vs. lo curioso ( der/ die Neugierige / das, was neugierig macht , das Merkwürdige ), el gracioso vs. la graciosa vs. lo gracioso ( der/ die/ das Lustige ) u. a. Die Beispiele, die sich ohne weiteres fortsetzen ließen, zeigen deutlich, daß die Genusopposition in den einzelnen Sprachen auf unterschiedliche Art und Weise zur semantischen Differenzierung genutzt wird, wobei - und dies ist nochmals zu betonen - jegliche Art der semantischen Charakterisierung als Teilcharakterisierung anzusehen ist, da sie immer nur bestimmte Gruppen von Substantiven, einzelne Teilbereiche des Wortschatzes erfaßt. Außerdem sind die Genera auch beim Differentialgenus nicht als semantische Einheiten zu betrachten, sondern sie fungieren als distinktives Merkmal an Lexemen 49 . In diesem Sinne spricht Wienold davon, daß das Genus «Semantizität erzeugt». Es fragt sich aber, ob diese Einschätzung tatsächlich uneingeschränkt auf die genannten Beispiele bzw. auf alle als Differentialgenus zu bestimmenden Fälle zutrifft. Meines Erachtens ist hier eine genauere Abgrenzung notwendig, wie am Beispiel der Personenbezeichnungen bzw. der Sexusdifferenzierung mittels Differentialgenus demonstriert werden kann. Sehen wir uns zunächst an, welche Möglichkeiten zur Kennzeichnung des natürlichen Geschlechts überhaupt zur Verfügung stehen; es lassen sich folgende Fälle unterscheiden 50 : i Möglichkeiten der Geschlechsspezifikation, bei denen das Genus insofern eine Rolle spielt, als Genus und Sexus übereinstimmen 51 : 1) Lexeminhärente Geschlechtsspezifikation; vorwiegend im Bereich der Verwandtschaftsbezeichnungen (cf. o.), aber auch bei einigen «allgemeinen» Bezeichnungen - fr. la fille/ le garçon; dt. die Frau/ der Mann, sp. el hombre/ la mujer 49 Wienold 1967: 150 bemerkt in diesem Zusammenhang: « . . . Es läßt sich für equus in einem Satz equa substituieren und dadurch der Sinn des Satzes ändern, aber es läßt sich nicht frei ein Genus substituieren». 50 Es werden hier nur die wichtigsten, d. h. die gebräuchlichsten Möglichkeiten der Geschlechtsspezifikation berücksichtigt. Für detailliertere Angaben zu den verschiedenen Einzelsprachen sei auf die folgenden Arbeiten verwiesen, die im Rahmen der feministischen Linguistik anzusiedeln sind: Nissen 1986: 726ss. (Sp.), Yaguello 1978: 120ss. und Hartmann-Brockhaus 1986: 256s. (Fr.), Schoenthal 1989: 301ss. und Hellinger 1990: 68ss. (Dt.); eine sehr detaillierte Darstellung zum Französischen findet sich ferner bei Grevisse 1993: 758-75, eine kontrastive Darstellung des Deutschen und Spanischen bei Cartagena/ Gauger 1989: 158ss. (Die Klassifikation der Beispiele fällt jeweils unterschiedlich aus und deckt sich nicht unbedingt mit der hier vorgeschlagenen). 51 Interlinguale Unterschiede hinsichtlich der Produktivität der verschiedenen Verfahren werden zunächst nur angedeutet; im nächsten Abschnitt wird auf diesen Aspekt dann genauer eingegangen. 66 Brigitte Schwarze - und natürlich bei Komposita und lexikalisierten Syntagmen, in denen ein solches Lexem die Rolle des Determinatums einnimmt: dt. der Bürokaufmann/ die Bürokauffrau, die Krankenschwester, die Ordensschwester/ der Ordensbruder, fr. la sage-femme, sp. la señora de limpieza, el hombre de estado u. a. (im Spanischen insgesamt selten) 52 . 2) Ungerichtete Movierung oder Alternanz; die maskulinen und die femininen Bezeichnungen unterscheiden sich durch bestimmte Derivationssuffixe; z. B.: fr. le vendeur/ la vendeuse, sp. el actor/ la actriz, dt. der Souffleur/ die Souffleuse (kein produktives Verfahren der deutschen Sprache; nur bei Entlehnungen anzutreffen). 3) Motion (auch gerichtete Movierung oder Ableitung); die feminine Bezeichnung wird mit Hilfe eines Derivationssuffixes von der maskulinen Basisform abgeleitet: z. B. fr. le prince/ la princesse, sp. el abad/ la abadesa, el zar/ la zarina, dt. der Arbeiter/ die Arbeiterin (im Deutschen ist das Motionssuffix -in besonders produktiv) 53 . 4) Differentialgenus (im engeren Sinne); die Bezeichnungen für männliche und weibliche Personen unterscheiden sich allein hinsichtlich des Genus; die Genuszugehörigkeit (und damit die Sexusspezifikation) kann an kongruierenden Elementen, evtl. auch an bestimmten durch das Genus bedingten Endungen bzw. Genusflexen der Nomina abgelesen werden. Beispiele: fr. un enfant/ une enfant, un élève/ une élève, aber auch die (zahlreichen) Bezeichnungen, bei denen das Femininum durch Anhängen des «e caduc» gebildet wird: le marchand/ la marchande, un ouvrier/ une ouvrière etc. 54 , dt. der Angestellte/ die Angestellte etc., sp. el estudiante/ la estudiante, el hermano/ la hermana (besonders im Spanischen überaus produktiv) 55 . 52 Es gibt einige Personenbezeichnungen, bei denen das lexeminhärente Geschlechtsmerkmal ([+männlich] oder [+weiblich]) und das Genus des Substantivs (Maskulinum oder Femininum) nicht korrelieren (z. B. dt. das Mädchen); diese Fälle haben aber eher den Status von Ausnahmen; das Genus ist hier oftmals auf die Dominanz formaler Zuweisungskriterien zurückzuführen. 53 Für die Movierung in umgekehrter Richtung (Femininum → Maskulinum) gibt es im Deutschen nur wenige Beispiele (u. a. die Witwe/ der Witwer, die Ente/ der Enterich). Im Spanischen und Französischen kommt sie nicht vor. 54 Aus Gründen der Vereinfachung wird hier von Femininbildung durch «e caduc» gesprochen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß das Femininum lediglich im graphischen Code durch -e gegenüber Maskulinum -Ø markiert wird (wobei es zu weiteren Veränderungen in der Graphie kommen kann; cf.: [le] gardien/ veuf vs. [la] gardienne/ veuve). Im Gesprochenen wird der Genuswechsel entweder gar nicht (cf.: / ami/ ami [mask.] oder amie [fem.]) oder durch unterschiedliche Verfahren markiert, u. a. durch konsonantischen Auslaut des Femininums gegenüber Maskulinum -Ø (/ maʁSA~/ [le] marchand vs. / maʁSA~d/ [la] marchande), durch konsonantischen Auslaut des Femininums und Änderung der Vokalqualität (cf.: / uvʁije/ ouvrier [mask.] vs. / uvʁij ε ʁ/ ouvrière [fem.]) durch Wechsel des Auslautkonsonanten (cf.: / vœf/ [le] veuf vs. / vœf/ [la] veuve). 55 Mit Morera 1985 u. a. sehe ich -a bei genusvariablen Nomina, deren Endungen von -o, -e oder -Ø (= konsonatischer Auslaut, -í, -ú) auf -a umgestellt werden, nicht als Derivationsmorphem, sondern als Element der Flexion, als Genussuffix an, welches das Femininum markiert (anders aber z. B. Rainer 1993: 95ss.). Das gleiche gilt für das «e muet» im Französischen, das - ebenso wie sp. -a - auch an kongruierenden Elementen als Femininsuffix auftritt, z. B. an Adjek- 67 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation ii Andere Möglichkeiten der Geschlechtsspezifikation: adjektivische oder substantivische Attribuierung (überwiegend bei geschlechtsneutralen Bezeichnungen (Epikoina); z. B. dt. die männliche/ weibliche Person; sp. la rana macho/ hembra; fr. la grenouille mâle/ femelle etc. Bei Wienold werden alle unter i.2-4 genannten Fälle als Beispiele für Differentialgenus angesehen (cf. Wienold 1967: 147ss.). Es kann aber m. E. nur bei den unter Punkt 4 aufgeführten davon ausgegangen werden, daß das Genus tatsächlich Bedeutung trägt, d. h. daß die Zuweisung der semantischen Merkmale [+männlich] und [+weiblich] unmittelbar auf die oppositive Genusselektion zurückzuführen ist. Spricht man auch in bezug auf i.2 und i.3 in diesem Sinne von Differentialgenus, so gerät man in folgendes Dilemma: Im Deutschen werden bekanntlich nur im Singular drei Genera unterschieden, während die Genusopposition im Plural aufgehoben ist 56 . Hieraus folgt, daß semantische Unterscheidungen, die allein auf unterschiedliche Genusselektion zurückzuführen sind, im Plural neutralisiert sein müssen. Bei deadjektivischen und departizipialen Substantivierungen vom Typ der/ die Erziehungsberechtigte, der/ die Abgeordnete ist dies der Fall; diese Personenbezeichnungen unterscheiden sich im Singular allein hinsichtlich des Genus, und im Plural sind sie genus- und geschlechtsneutral. Will man hier das Geschlechtsmerkmal herausstellen, so muß man auf die unter ii genannten Möglichkeiten zurückgreifen (z. B. die männlichen/ weiblichen Abgeordneten). Bei Motionsbildungen kann die Sexusunterscheidung aber ohne weiteres auch im Plural zum Ausdruck gebracht werden. Man wird daher die semantische Unterscheidung nicht allein und auch nicht in erster Linie auf die oppositive Genusselektion zurückführen können. Sieht man Fälle wie der Lehrer/ die Lehrerin, der Souffleur/ die Souffleuse als Beispiele für Differentialgenus an, wie will man dann die Aufrechterhaltung der Sexusdifferenzierung im Plural (die Lehrer/ die Lehrerinnen, die Souffleure/ die Souffleusen) erklären? Konsequenterweise müßte man annehmen, daß die semantische Unterscheidung ebenso wie im Singular auf die oppositive Genusselektion zurückzuführen ist, obwohl es im Plural keine Genusdifferenzierung gibt. tiven und Partizipien: un livre intéressant (/ ε ˜teʁ ε sA~/ ) vs. une revue intéressante (/ ε ˜teʁ ε sA~t/ ), le livre que j’ai écrit (/ ekʁi/ ) vs. la lettre que j’ai écrite (/ ekʁit/ ). Auf die generell sehr heterogenen Auffassungen zum (morphologischen) Status der Substantivendungen im Spanischen kann im Rahmen dieses Beitrags nicht näher eingegangen werden (cf. u. a. die Beschreibungsansätze von Anderson 1961, González Calvo 1979, Roca 1989, Arias Barredo 1990 und Harris 1991). 56 Dies kann anhand beliebiger Beispiele veranschaulicht werden, z. B.: Sg.: Der Mann, er . . . vs. Die Frau, sie . . . vs. Das Kind, es . . . Pl.: Die Männer, sie . . . vs. Die Frauen, sie . . . vs. Die Kinder, sie . . . Wie man sieht, weisen die kongruierenden Elemente im Plural keinerlei Unterschiede auf, die die Zugehörigkeit der Nomina zu einem bestimmten Genus markierten. Entsprechend gilt, daß Substantive, die nur im Plural vorkommen (Pluraliatantum), kein Genus haben (z. B. Spesen, Geschwister, Masern u. a.). 68 Brigitte Schwarze Bei Bildungen vom Typ i.2 und i.3 muß also davon ausgegangen werden, daß nicht das Genus für die Kennzeichnung des Geschlechts verantwortlich ist, sondern bestimmte (genusdeterminierende) Derivationssuffixe, wobei diese bei i.2 unmittelbar an den Wortstamm treten, so daß sich die maskuline und die feminine Bezeichnung in ihrer morphologischen Komplexität nicht unterscheiden, während bei i.3 die maskuline Bezeichnung als Basis für das Femininum dient, welches durch zusätzliche Suffigierung gebildet wird, so daß die feminine Bezeichnung morphologisch komplexer ist als die maskuline. Bei Typ i.2 liegen also symmetrische, bei i.3 asymmetrische morphologische Strukturen vor. Halten wir insgesamt fest, daß nur bei Beispielen vom Typ i.4 tatsächlich von einem semantischen Wert des Genus, von einer Genus-Semantik im strengen Sinne gesprochen werden kann; bei allen anderen unter i genannten Fällen kommt das Genus lediglich redundant dazu; die Sexuskennzeichnung ist in diesen Fällen entweder lexikalisiert (i.1), oder sie wird durch verschiedene Wortbildungsmorpheme ausgedrückt (i.2 u. i.3). Zur Unterscheidung der verschiedenen Möglichkeiten bzw. Grade der semantischen Nutzung der Genusopposition eignet sich die von Wienold gezogene Trennlinie zwischen oppositiver Genusselektion an unterschiedlichen Lexemen und Differentialgenus (= oppositive Genusselektion am gleichen Lexem) folglich nicht. Im Hinblick auf den semantischen Wert des Genus ist vielmehr die redundante Markierung eines gegebenen semantischen Unterschiedes von Fällen zu unterscheiden, in denen eine semantische Opposition durch die Genusopposition bedingt ist; für den zweiten Fall schlage ich den Terminus Differentialgenus im engeren Sinne vor. Zusammenfassend lassen sich die verschiedenen Grade der semantischen Nutzung der Genusopposition unter Berücksichtigung formaler Unterschiede wie folgt darstellen: Semantische Nutzung der oppositiven Genusklassen zur redundanten Markierung einer Etablierung einer semantischen Opposition; semantischen Opposition, die die semant. Opposition ist durch dieGenusopposition bedingt. lexeminhärent durch unterschiedliche Suffixe gegeben ist. gegeben ist. Diese Einschränkungen bezüglich des Differentialgenus ändern jedoch nichts an der Tatsache, daß bei allen geschilderten Beispielen insofern ein Zusammenhang zwischen Genus und Semantik besteht, als die Kennzeichnung der semantischen ⏐ ⏐ ⏐ ⏐ ↓ ⏐ ⏐ ⏐ ⏐ ↓ ⏐ ⏐ ⏐ ⏐ ↓ ⏐ ⏐ ⏐ ⏐ ↓ 69 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation Oppositionen unter Nutzung der oppositiven Genusklassen erfolgt 57 . Der Unterschied liegt aber eben darin, daß die Genusdifferenzierung einmal redundant hinzukommt, während sie im anderen Falle den semantischen Unterschied herstellt, und ersteres ist nicht nur dann der Fall, wenn sich unterschiedliche Lexeme gegenüberstehen, sondern auch bei Motionsbildungen: auch hier kann nicht davon die Rede sein, daß Genus «Semantizität erzeugt». 6. Zum Zusammenspiel von formaler Durchsichtigkeit und semantischer Nutzung der Genusopposition Ein Vergleich des Deutschen, Französischen und Spanischen im Hinblick auf das Verhältnis von Genus und Semantik zeigt, daß der semantische Wert der Genusopposition im Spanischen höher einzustufen ist als in den beiden anderen Sprachen. Fälle von Differentialgenus im engeren Sinne sind hier nämlich weitaus häufiger anzutreffen, was offensichtlich mit der hohen formalen Durchsichtigkeit des spanischen Genussystems zusammenhängt. Wo im Französischen und Deutschen auf unterschiedliche Lexeme oder Wortbildungsverfahren zurückgegriffen wird, um bestimmte Oppositionen herzustellen, können diese im Spanischen oftmals allein durch einen Genuswechsel zum Ausdruck gebracht werden, der in den meisten Fällen durch Alternanz der als Genusflexe aufzufassenden Endungen -o/ -a am Substantiv markiert wird 58 . Sehr deutlich zeigt sich dies zunächst im Bereich der Personenbezeichnungen. Die spanische Sprache hebt sich z. B. bei den Verwandtschaftsbezeichnungen stark 57 Dies räumt selbst Werner ein, der generell davon ausgeht, daß es im heutigen Deutsch keine Fälle von freiem Genus-Austausch und folglich keine Genus-Semantik gebe; er stellt nämlich mit Bezug auf die Sexusdifferenzierung fest, daß es « . . . kein Zufall sein [dürfte], daß die speziellen Suffixe, die von [+männlich] auf [+weiblich] movieren und umgekehrt, zugleich das grammatische Genus umstellen, daß die Lexeme, die eine männliche bzw. weibliche Geschlechtsangabe enthalten, auch Mask. bzw. Fem. sind . . . » (Werner 1975: 37). Zu beachten ist, daß die redundante Kennzeichnung semantischer Unterschiede durch oppositive Genusselektion (auch) im Deutschen keineswegs auf den Bereich der Personenbezeichnungen beschränkt ist. Nach den Ergebnissen neuerer Arbeiten muß vielmehr angenommen werden, daß diese Art der Nutzung des Genussystems in allen drei Sprachen innerhalb verschiedener Wortfelder zum Tragen kommt. Bislang ist dieser Aspekt, auf den hier nicht näher eingegangen werden kann, noch recht wenig erforscht; interessante Untersuchungen liegen vor allem zum Spanischen und zum Deutschen vor (cf. Wandersleben 1978 u. 1983 [Sp.], Zubin Köpcke 1993: insbes. p. 32ss. [Dt.]). 58 Die von Echaide vorgelegten Auswertungen des «Frequency Dictionary of Spanish Words» (FDSW) belegen,daß Substantive auf -o/ -a sowohl in derAnzahl als auch hinsichtlich der Frequenz innerhalb der Gruppe genusvariabler Nomina überwiegen. Unter den 2531 Nomina des FDSW sind insgesamt 338 Beispiele für Differentialgenus im engeren Sinne zu finden (= 15%), bei 176 Nomina (52,07%) wird der Genuswechsel durch -o/ -a im Wortauslaut gekennzeichnet. Gefolgt wird diese Gruppe genusvariabler Nomina von derjenigen, bei der der Genuswechsel am Substantiv durch -Ø/ -a gekennzeichnet wird (59 Beispiele = 17,46%) (cf. Echaide 1969: insbes. p. 120). 70 Brigitte Schwarze von der deutschen und französischen ab. Während die Kennzeichnung des Geschlechts in den letztgenannten Sprachen in diesem Teilbereich überwiegend lexeminhärent erfolgt, gibt es im Spanischen, wie oben angedeutet, nur sehr wenige Beispiele dieses Typs; bei einem Großteil der Bezeichnungen handelt es sich vielmehr um Fälle von Differentialgenus im engeren Sinne (la hija vs. el hijo, la tía vs. el tío, la abuela vs. el abuelo u. v. a.). Der marginale Stellenwert, den die lexeminhärente Unterscheidung im Spanischen einnimmt, wird in verschiedenen Publikationen zum Thema immer wieder herausgestellt: «Las oposiciones léxicas del tipo ‹padre/ madre› constituyen una lista muy limitada y cerrada: no tienen operatividad en nuestra lengua.» (González Calvo 1979: 73). Hinzu kommt, daß selbst dort, wo unterschiedliche Lexeme existieren, die Tendenz besteht, diese durch das Verfahren des Genuswechsels zu ersetzen: So wird beispielsweise die Opposition el yerno/ la nuera in einigen Regionen durch el nuero/ la nuera, in andern durch el yerno/ la yerna ersetzt (cf. Echaide 1969: 109s.). Bei anderen Personenbezeichnungen - z. B. bei den Berufsbezeichnungen - ist es ebenfalls in erster Linie die oppositive Genusselektion, die im Spanischen zum Ausdruck der Sexusdifferenzierung dient. Im Gegensatz dazu steht im Deutschen vor allem das Suffix -in zur Bildung weiblicher Personenbezeichnungen zur Verfügung. Fälle, in denen die semantische Opposition allein durch die Genusopposition ausgedrückt werden kann, haben eher Ausnahmestatus: Bei den oben angegebenen Beispielen des Deutschen (substantivierte Adjektive und Partizipien) handelt es sich nicht um prototypische Substantive; gerade die Genusvariabilität, die sie ihrem Ursprung, d. h. der zugrunde liegenden Wortart verdanken, kennzeichnet diese Nomina als Sonderfälle. Zudem dringt das Suffix -in auch in Bereiche ein, wo eine Kennzeichnung durch Genuswechsel möglich wäre; so etwa im Falle von der Beamte vs. die Beamtin anstatt *der/ die Beamte 59 . Ein Blick in die französische Sprache zeigt, daß kein einheitliches Verfahren zur Kennzeichnung des natürlichen Geschlechts existiert. Man findet aufgrund der relativ hohen Frequenz der Femininbildung durch «e caduc», die graphisch als -e (gegenüber Maskulinum -Ø) in Erscheinung tritt, phonologisch aber nur z. T. - z. B. durch konsonantischen Auslaut (gegenüber Maskulinum -Ø) - markiert wird (cf. o. N54), zwar überwiegend Fälle von Differentialgenus im engeren Sinne, doch wird der semantische Unterschied bei bestimmten Gruppen von Nomina auch durch unterschiedliche Suffixe ausgedrückt, und in Fällen, in denen sich die Bildung von Feminina als problematisch erweist, kann auf die attributive Kennzeichnung zurückgegriffen werden (cf. Bildungen vom Typ un professeur femme, une femme médecin u. a.). Zu beachten ist aber, daß sich die Bildung und Verwendung femininer Bezeichnungen selbst dort, wo unter sprachsystematischem Gesichtspunkt eigentlich 59 Insgesamt ist in puncto Sexusdifferenzierung im Deutschen der folgenden Einschätzung von Werner durchaus zuzustimmen: «Will man heute zur Bedeutung eines Substantivs ein Merkmal [+männlich] oder [+weiblich] hinzufügen, so dienen dazu . . . eigene Wortbildungssuffixe, eigene Lexeme, Komposita oder vom Sprecher erst zu schaffende Syntagmen . . . » (Werner 1975: 37). 71 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation nichts im Wege steht, bis heute nicht fest etabliert hat, und dies gilt offenbar ganz besonders für Personenbezeichnungen, die prinzipiell durch einfachen Genuswechsel feminisiert werden könnten (cf. Hartmann-Brockhaus 1986: 258s., Muller 1994 und - mit weiteren Literaturangaben - Burr 1999: insbes. p. 4s.). Die regelmäßige Kennzeichnung der Sexusdifferenzierung durch die Genusopposition im Spanischen kann auch als Grund für die stärkere Assoziation von Genus und Sexus betrachtet werden, die sich z. B. in Unterschieden bezüglich der Möglichkeit (bzw. der Üblichkeit), maskuline Personenbezeichnungen zur Referenz auf weibliche Personen zu verwenden, manifestiert. Ein Vergleich der drei Sprachen zeigt, daß maskuline Bezeichnungen im Spanischen in dieser Hinsicht größeren Beschränkungen unterliegen 60 . Wie oben bereits angedeutet kann eine weibliche Person im Französischen, aber auch im Deutschen (nach wie vor) als (le) professeur, ministre, maire bzw. Lehrer, Minister, Bürgermeister u. a. bezeichnet werden 61 . Im Spanischen sind vergleichbare Fälle vielleicht denkbar, sie kommen aber wesentlich seltener vor; ist das Geschlecht der Bezeichneten bekannterweise weiblich, so wird im Normalfall eine feminine Personenbezeichnung benutzt. García Meseguer (1994: 156) bekräftigt diese Feststellung; eine Äußerung wie «Un diputado del partido gobernante votó en contra» kommentiert er mit den Worten: «No hay duda de que se habla de un varón, ya que de tratarse de una mujer se habría dicho ‹una diputada› puesto que el sexo es conocido». Des weiteren macht er darauf aufmerksam, daß die Möglichkeit der Verwendung einer maskulinen Bezeichnung in der ersten und zweiten Person im Spanischen überhaupt nicht besteht (cf. ib.: 149). Eine Frau wird also mit Sanktionen zu rechnen haben, wenn sie von sich selbst sagt soy profesor, während die Äußerung Ich bin Lehrer im Deutschen vielleicht auffällig ist, nicht aber als falsch angesehen wird. Aufgrund ihrer ungeheuren Produktivität nimmt die Sexuskennzeichnung durch Genusdifferenzierung sicherlich einen zentralen Stellenwert im Spanischen ein. Gerade in den letzten Jahren haben zahlreiche feminine Personenbezeichnungen Eingang in den Kernwortschatz der spanischen Sprache gefunden: . . . es en este apartado [de sustantivos que designan seres animados] donde resulta más productiva para el hablante la oposición masculino/ feminino . . . siempre será posible la creación de formas inexistentes en una norma determinada. Es lo que ha ocurrido con sustantivos como arquitecta, presidenta, magistrada, etc., que, aunque no existían en etapas anteriores del idioma, hoy son enteramente normales en la lengua española. (Morera 1985: 113) 60 Die Möglichkeit der generischen Verwendung maskuliner Personenbezeichnungen ist hiervon allerdings nicht betroffen, sie unterliegt im Spanischen im Vergleich zu den beiden anderen Sprachen keinen besonderen Beschränkungen; selbst dort, wo sich unterschiedliche Lexeme gegenüberstehen, können die Maskulina im Plural generisch verwendet werden (so ist z. B. los padres, je nach Kontext, mit die Väter oder die Eltern zu übersetzen). 61 Belege aus Tageszeitungen u. a. finden sich z. B. bei Muller 1994 (Fr.) und bei Gorny 1995: 523ss. (Dt.). Die Beispiele zeigen, daß die Verwendung der Maskulina als Maskulina oft nicht strikt durchgehalten wird, d. h. daß die Kongruenz mit der maskulinen Bezeichnung zugunsten des natürlichen Geschlechts der Bezeichneten z. T. verletzt wird: die kongruierenden Elemente weisen sowohl maskulines als auch feminines Genus auf. 72 Brigitte Schwarze Neben dem etablierten Verfahren der Bildung weiblicher Berufsbezeichnungen sind auch ungewöhnliche Fälle der ad hoc-Verwendung des Differentialgenus in diesem Bereich möglich; so kann der Genuswechsel ebenso bei Ausdrücken, die eigentlich als Epikoina anzusehen sind, zur Kennzeichnung des Geschlechts verwendet werden; Beispiele wie merluzo ( merluza/ Hecht ), culebro ( culebra/ Schlange ), atuna ( atún/ Thunfisch ) etc. sind z. B. in literarischen Texten durchaus zu finden (cf. Echaide 1969: 112ss., Arias Barredo 1990: 108, 117 und insbes. González Ollé 1981). Ihre Übersetzung wäre unter Berücksichtigung der skizzierten interlingualen Differenzen zumindest in den Fällen, in denen das Genus des zugrunde liegenden spanischen Ausdrucks mit dem des deutschen übereinstimmt, mit Hilfe von Suffixen möglich: der Schlangerich, die Thunfischin etc. Doch nicht nur im Bereich der Personenbezeichnungen wird die Oppositivität der Genusklassen im Spanischen genutzt. Bereits die im letzten Abschnitt angeführten Beispiele belegen, daß auch andere semantische Unterscheidungen allein durch einen Genuswechsel ausgedrückt werden, wobei wiederum vor allem die Genusmorpheme -o/ -a zum Tragen kommen 62 . Im Deutschen läßt sich hingegen außerhalb des Bereichs der Personenbezeichnungen keine Gruppe von Nomina ausmachen, bei der die Genusdifferenzierung zur Herstellung einer semantischen Unterscheidung verwendet wird, und im Französischen trifft man lediglich sehr vereinzelt auf entsprechende Oppositionen; dort, wo im Bereich des Kernwortschatzes überhaupt analoge Fälle zu verzeichnen sind, treten oftmals bereits andere Ausdrucksmöglichkeiten in Konkurrenz: So wird z. B. die Opposition le/ la trompette zunehmend durch le trompettiste vs. la trompette ersetzt, die semantische Unterscheidung wird also wiederum in erster Linie durch ein Suffix ausgedrückt, das im Französischen sehr häufig zur Bildung (maskuliner) Nomina agentis benutzt wird. Ebenso wie im Falle der Personenbezeichnungen treten in den Teilbereichen, in denen im Spanischen von der Genusdistinktion Gebrauch gemacht wird, im Französischen und Deutschen in der Regel bestimmte Wortbildungsverfahren zur Kennzeichnung semantischer Oppositionen ein. Ein einheitliches Bildungsmuster liegt etwa bei der Unterscheidung von Frucht- und Baumbezeichnung vor: In der französischen Sprache wird sie durch Basislexem (= Fruchtbezeichnung: z. B. la pomme/ poire/ prune etc.) und Basislexem + Suffix -ier (= Baumbezeichnung: z. B. le pommier/ poirier/ prunier etc.) zum Ausdruck gebracht, im Deutschen wird auf die Komposition zurückgegriffen: der Apfel/ die Birne/ die Pflaume etc. → der Apfelbaum/ Birnbaum/ Pflaumenbaum etc 63 . In einigen Fällen kann ein solches Muster aber auch gänzlich fehlen; so z. B. bei der Augmentation und Diminution 62 Auf eine Auflistung weiterer Beispiele für Differentialgenus im engeren Sinne im Spanischen kann hier verzichtet werden. Detaillierte Angaben finden sich u. a. bei Alcina Franch/ Blecua 1987: 522ss., Bergen 1980, Martínez 1977: insbes. p. 186ss. 63 Allerdings werden die kürzeren Fruchtbezeichnungen häufig auch an Stelle der Komposita zur Baumbezeichnung benutzt (die Kirsche statt der Kirschbaum, die Kastanie statt der Kastanienbaum, nicht aber *der Apfel). 73 Formale Durchsichtigkeit und semantische Nutzung der Genusklassifikation durch Differentialgenus, wo der entsprechende semantische Unterschied im Deutschen, aber auch im Französischen von Fall zu Fall und mit unterschiedlichen Mitteln (zumeist durch Syntagmen) wiederzugeben ist. Während alle bislang genannten Gebrauchsweisen der Genusopposition im Spanischen unter Rückgriff auf verschiedene Verfahren relativ problemlos in die französische und deutsche Sprache transponiert werden können, gibt es eine, deren Übertragung mit größeren Schwierigkeiten verbunden ist: Es handelt sich um eine spezielle Art der ad hoc-Verwendung der Genusopposition zur expressiven Verneinung 64 ; cf. die folgenden Beispiele aus Cervantes’ Don Quijote: . . . Id a gobernar vuestra casa y a labrar vuestros pegujares, y dejaos de pretender ínsulas ni ínsulos. (DQ ii, 2; Hervorhebung von mir) . . . De los Leones [Caballero de los Leones] ha de decir vuestra alteza - dijo Sancho - que ya no hay Triste Figura ni figuro. (DQ ii, 30; Hervorhebung von mir) Hier wird die Genusopposition rein pragmatisch genutzt. Eine Nachahmung dieser Konstruktionen im Deutschen, aber auch Französischen ist aufgrund der mangelnden Durchsichtigkeit der Genussysteme nicht möglich. Die Übersetzung erweist sich zudem als besonders schwierig, da dem Genuswechsel keine semantische Opposition zugrunde liegt und da der jeweils zweite Ausdruck, der ja nicht zum Wortschatz der spanischen Sprache gehört, im Grunde bedeutungsleer ist 65 . 7. Schluß Abschließend kann festgehalten werden, daß die semantische Nutzung der Genusopposition im Spanischen einen anderen Stellenwert hat als im Französischen und Deutschen. Allein im Spanischen wird die Oppositivität der Genusklassen in verschiedenen Teilbereichen des nominalen Lexikons regelhaft zur Herstellung semantischer Differenzierungen herangezogen. Diese semantische Nutzung muß im Zusammenhang mit der hohen formalen Durchsichtigkeit des spanischen Genussystems gesehen werden: Die Regularitäten zwischen Auslaut und Genus begünstigen die Kennzeichnung semantischer Oppositionen durch Genusdifferenzierung. Im Deutschen und Französischen, wo nur sehr eingeschränkt von formaler Durchsichtigkeit des Genus gesprochen werden kann, da offensichtliche formale Regularitäten weitgehend fehlen, kann nicht in der gleichen Weise auf die Genus- 64 Cf. hierzu vor allem González Ollé 1981, insbes. p. 228ss. 65 In einigen Fällen lassen sich dennoch adäquate Übersetzungsmöglichkeiten finden: Das zweite Beispiel ist in der deutschen Übersetzung von Braunfels mit « . . . es gibt keine traurige Gestalt noch Ungestalt» m. E. gelungen wiedergegeben. (Im ersten Fall ist [bezeichnenderweise] auf das Motionssuffix -in zurückgegriffen worden - « . . . und laß die Hand von Insuln und Insulinnen» - und das, obwohl das Ausgangswort ebenfalls ein Femininum ist). 74 Brigitte Schwarze distinktion zurückgegriffen werden; analoge Differenzierungen werden hier primär mit Hilfe anderer Mittel zum Ausdruck gebracht, die oppositive Genusselektion kann jedoch redundant hinzutreten. 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