eJournals Vox Romanica 59/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2000
591 Kristol De Stefani

Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie

121
2000
Jörg  Timmermann
vox5910077
Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie Semantische Untersuchungen zur Interdependenz von Raum und Zeit im Italienischen (in Lexikon und Grammatik) 0. Aus semantischer Sicht stehen diejenigen Moneme, die zur Bezeichnung räumlicher und zeitlicher Dimensionen dienen - zumindest teilweise -, in enger Korrelation zueinander; dies macht die erste Kategorie der folgenden semantischen Klassifikation, die auf der Unterscheidung «Sprachsystem vs. Sprachnorm» (cf. Coseriu 1952) beruht, deutlich: 1) So gibt es Moneme, die auf der Ebene des Sprachsystems nicht ausschließlich auf die Referenz entweder nur räumlicher oder nur zeitlicher Dimensionen fixiert sind, sondern denen virtuell beide Möglichkeiten inhärent sind. Auf der Ebene der Versprachlichung, i. e. in der Rede (bzw. der Norm), kann diese weite Extension prinzipiell zu zwei Typen von Interpretationen führen: 1a) Entweder wird hier eine konkrete Referenz zu einem entweder räumlichen oder zeitlichen Denotat der außersprachlichen Wirklichkeit hergestellt und entsprechend auch nur eine der beiden Verwendungsmöglichkeiten eines solchen Monems - sei es die räumliche (z. B. una strada corta) oder sei es die zeitliche (z. B. una settimana corta) - aktualisiert. Diesen Fall möchten wir als raum-zeitliche Polysemie ansprechen. 1b) Oder aber eine strikte Trennung der Kategorien Raum und Zeit ist auch auf der Ebene der Rede - in der syntagmatischen Kombination mit bestimmten Kontextpartnern - nicht notwendig zu treffen. Entsprechend sind z. B. für die Redebedeutung von lungo in [1] intraprendere un lungo viaggio Räumlichkeit und Zeitlichkeit gleichzeitig konstitutiv, wenn auch - in Abhängigkeit zum sprachlichen und situativen Kontext - korrelativ in jeweils unterschiedlicher Intensität 1 . Diese Gleichzeitigkeit liegt in der sprachlichen Rezeption des außersprachlichen Wissens begründet: So evoziert beispielsweise das Konzept Reise die menschliche Erfahrung, daß mit der Bewältigung einer größeren räumlichen Distanz auch gleichzeitig eine längere Zeitdauer verbunden ist 2 . Die- 1 So kann sich in Abhängigkeit zum sprachlichen und situativen Kontext die räumliche und zeitliche Interpretation zugunsten einer ausschließlich räumlichen (Il viaggio è lungo. Bisogna percorrere 1000 chilometri.) bzw. rein zeitlichen Interpretation (Il viaggio è lungo. Dura 10 ore.) auflösen und entsprechend in die Kategorie 1a) überführt werden. 2 Da die Konzepte Ort und Zeit außersprachlich interdependent sind und sich innerhalb eines frame gegenseitig implizieren, sollten wir sie konsequenterweise auch als Kontiguitätsphäsen Fall einer kombinierten räumlichen und zeitlichen Referenz eines Monems möchten wir mit dem Terminus «raum-zeitliche Vagheit» belegen. Aus diachroner Perspektive ist in der kombinierten menschlichen Perzeption logisch korrelierter räumlicher und zeitlicher Phänomene sicherlich der Grund für die sprachliche Manifestation der raum-zeitlichen Polysemie zu suchen. 2) Denjenigen Monemen, die - wie wir soeben gezeigt haben - auf der Ebene des Sprachsystems im Hinblick auf die (potentielle) Referenz von Räumlichkeit und Zeitlichkeit nicht näher bestimmt sind, steht die Kategorie derjenigen diametral gegenüber, die auf dieser Ebene genau auf einen der beiden Bereiche beschränkt sind und entsprechend 2a) entweder sich ausschließlich zur Bezeichnung einer räumlichen Dimension eignen (z. B. una strada stretta) oder 2b) ausschließlich die zeitliche Dimension denotieren (z. B. durante la festa). 0.1 In Timmermann 1997 haben wir am Beispiel französischer Substantive, Verben und Adjektive den semantischen Zusammenhang zwischen der raumdimensionalen und der zeitdimensionalen Normbedeutung polysemer Lexeme der 1. Kategorie dargelegt. Vor diesem Hintergrund können wir gleichzeitig begründen, warum prinzipiell nur Lexeme dieser Kategorie in die zeitliche Dimension übertragen werden können: Ausgehend von der räumlichen Bedeutung eines Lexems ist die Herleitung einer zeitlichen Bedeutung grundsätzlich möglich, insofern dieses in seiner räumlichen Verwendung drei Kriterien entspricht: 1) der Maxi-/ Unidimensionalität, 2) der Horizontalität und schließlich 3) der Nichttiefe. Ad 1) Das Kriterium der Maxi-/ Unidimensionalität besagt, daß das betrachtete Lexem in seiner räumlichen Verwendung sich entweder auf einen nur eindimensionalen Referenten bezieht (Unidimensionalität) oder die Fähigkeit besitzen muß, nur eine einzige räumliche Dimension - und zwar die maximale - eines pluridimensionalen Objektes zu denotieren (Maxidimensionalität). Daneben können prinzipiell aber auch Verwendungen dieses Lexems belegt sein, in denen es sich auf mehr als nur eine räumliche Dimension bezieht. Ad 2) Die denotierte Dimension darf nur in der Horizontalen, nicht aber in der Vertikalen verlaufen. Insofern ein Lexem prinzipiell eine horizontale, vertikale oder anders orientierte Dimension denotieren kann, ist die Bedingung der Horizontalität bereits erfüllt: Wichtig ist, daß das betreffende Lexem grundsätzlich auch eine horizontale Dimension referieren kann. Ad 3) Das Kriterium der Nichttiefe erfordert, daß das betreffende Lexem auf Umweltreferenten bezogen werden kann, bei denen die referierte Dimen- 78 Jörg Timmermann nomene (Metonyme) begreifen und nicht etwa die zeitliche Verwendung eines auch in räumlicher Verwendung okkurrierenden Wortes als räumliche Metapher interpretieren, wie dies beispielsweise bei Rigotti 1986: 157 geschieht. Dann ist es auch nicht mehr nötig, hierfür einen Spezialfall der Metapher ins Leben zu rufen, wie dies Blank 1997 mit seinem «cas de métaphoricité étroite» vornimmt, um auf diese Weise die Anomalie zu erklären, die diesen Typ der «vermeintlichen Metapher» von einer prototypischen Metapher unterscheidet. sion nicht in die Tiefe, also vom Standort des Betrachters in den Hintergrund, verläuft. In der Visualisierung entspricht dieser Merkmalkombination ein Zeitstrahl, der - wie supra beschrieben - quer zum Gesichtsfeld verläuft: ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯→ Fig. 1 Der französischen Sprache liegt demzufolge offensichtlich eine zeitdimensionale Konzeption zugrunde, die sprachlich gesehen auf der raumdimensionalen beruht, also mit den gleichen sprachlichen Mitteln abgebildet werden kann, mit denen eine räumliche Dimension versprachlicht wird, die den Bedingungen der Maxi-/ Unidimensionalität , Horizontalität und Nichttiefe genügt. Damit reiht sich unser Beitrag in die Tradition der Arbeiten ein, die dem sogenannten lokalistischen Ansatz 3 verpflichtet sind. Mit dieser metalinguistischen Position ist implizit gleichzeitig das Postulat einer Monosemiethese untrennbar verbunden: Sie äußert sich in der Feststellung, daß sich die örtlich-zeitliche Polysemie, wie sie sich in den unterschiedlichen raumdimensionalen und zeitdimensionalen Gebrauchsweisen desselben Lexems auf der Ebene der Rede (bzw. der Norm) manifestiert, auf der abstrakteren Ebene des Systems auf eine einheitliche (monosememe) Bedeutung zurückführen läßt, die sich eben mit den genannten Komponenten Maxi-/ Unidimensionalität , Horizontalität und Nichttiefe in Form von Fig. 1 räumlich abbilden läßt. Gleichzeitig ist auf diese Weise eine regelhafte Struktur aufgezeigt, die zwischen räumlicher und zeitlicher Normbedeutung vermittelt und damit die Möglichkeit bietet zu bestimmen, ob das betreffende Lexem in räumlicher Verwendung prinzipiell auch zeitlich gebraucht werden kann. Insofern wir nun Grammatik mit Knobloch 1993: 228 als «Inbegriff der regelhaft bzw. analogisch rekurrierenden Eigenschaften und Baumuster einer Spr. [Sprache]» verstehen und entsprechend diese Definition auf die regelhafte Struktur der raum-zeitlichen Polysemie beziehen, erscheint es zutreffend, den vorliegenden Beitrag als einen (bescheidenen) Schritt auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie anzusprechen 4 . 0.2 Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse intendiert der vorliegende Beitrag: 1a) eine Exemplifizierung des supra beschriebenen raum-zeitdimensionalen Transfermechanismus anhand des Italienischen (cf. 1.1), 1b) eine Ergänzung und Präzisierung dieser Resultate (cf. 1.2) sowie 79 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie 3 In Glück 1993: 372 finden wir u.a. die folgende Definition des Terminus Lokalismus: «Bez. für Versuche, alle wichtigen sprachl. Ausdrücke für Relationen aus Ausdrücken für räuml. Beziehungen herzuleiten». 4 Das Phänomen der Vorhersagbarkeit polysemer Strukturen (nach dem Muster: Wörter mit der Bedeutung S1 besitzen regelhaft auch die Bedeutung S2) ist in der Linguistik wohlbekannt. So sprechen etwa Apresjan 1973 und Nunberg/ Zaenen 1992 in diesem Zusammenhang respektive von «regular polysemy» und «systematic polysemy». 2) eine Erweiterung der Perspektive von räumlichen und zeitlichen Dimensionen auf lokale und zeitliche Relationen. Ihre semantische Interrelation soll innerhalb des Präpositionalsystems des Italienischen erarbeitet werden (cf. 2.). 1. In Entsprechung zu unseren Ausführungen in 0.1 gilt es, in diesem Abschnitt an einer Reihe von italienischen Lexemen exemplarisch aufzuzeigen, daß ihre räumliche Konzeptualisierung durch die genannten Kriterien (i.e. Maxi-/ Unidimensionalität, Horizontalität und Nichttiefe [i.e. nicht in den Hintergrund verlaufend]) prinzipiell eine Übertragung in die Sphäre der Zeit erlaubt. 1.1 Es handelt sich dabei vorläufig nur um eine exemplarische Illustration der raum-zeitdimensionalen Interdependenz anhand eines noch ausbaufähigen Korpus, das im wesentlichen auf dem in der Lexikographie dargebotenen Beispielmaterial basiert. Dieses umfaßt in der Reihenfolge ihrer Behandlung die folgenden Lexeme: lungo, corto, breve, largo, stretto, alto, basso, profondo, prolungare, prolungamento, prolungazione, lunghezza, larghezza, altezza, altitudine, lontananza, lontano, lontanare 5 , allontanare, longevità, distanza, distante, estensione, spazio und costeggiare. Mögen weitere Lesefrüchte uns dazu verhelfen, unser Prinzip auf eine solidere Basis stellen zu können. 1.1.1 Das italienische Adjektiv lungo sowie seine Antonyme corto und breve sind dazu geeignet, eine horizontale, nicht in die Tiefe verlaufende Dimension zu bezeichnen und sind regelkonform auf die Ebene der Zeit übertragbar: lungo 1. Indica la dimensione di un corpo corrispondente al senso della massima estensione in senso relativo o assoluto; contraposto quindi a largo e corto . . . e, in rapporto alla durata a breve. (VIT 1986) [2] una fune lunga cinque metri [3] la lunga notte polare corto . . . Di estensione assai limitata o addiritura trascuribile, breve . . . non com. Di breve durata. (VIT 1986) [4] una strada corta e stretta [5] settimana corta breve . . . 1. Limitato nel tempo e nello spazio. (VIT 1986) [6] un breve tratto di strada [7] La vita è breve. 80 Jörg Timmermann 5 Lontanare gilt aus der Perspektive des heutigen Italienisch als archaisch markiert (cf. Devoto/ Oli 1995, s. lontanare: «arc.» [= arcaico]). 1.1.2 Ebenso wie largo dient auch stretto zur Bezeichnung der zweiten Dimension eines bibzw. tridimensionalen Denotats; sie stehen damit im Widerspruch zum Kriterium der Maxi-/ Unidimensionalität und können entsprechend nicht auf die Ebene der Zeit transponiert werden: [8] una larga muraglia (Devoto/ Oli 1995, s. largo) [9] un armadio stretto (Devoto/ Oli 1995, s. stretto) 1.1.3 Alto und basso dürften entsprechend dem Kriterium der Horizontalität keine zeitliche Verwendungsweise aufweisen. Sie scheinen aber diesem Kriterium offensichtlich zu widersprechen, denn neben lokalen Verwendungsweisen wie [10] un alto belvedere (Devoto/ Oli 1995, s. alto) [11] una sedia . . . bassa (Devoto/ Oli 1995, s. basso) sind bei beiden Adjektiven auch temporale Verwendungsweisen in den Wörterbüchern belegt: [12] giorno alto; notte alta (Devoto/ Oli 1995, s. alto) [13] il basso latino; il basso imperio; il basso Medioevo; Pasqua bassa (Devoto/ Oli 1995, s. basso) Die Beispiele unter [12] und [13] stehen jedoch nicht mit den Beispielen [10] und [11] auf einer Ebene. Während [10] und [11] der freien Syntax (bei Coseriu: Technik des Sprechens) entsprechen, weisen die Beispiele unter [12] und [13] deutlich einen idiomatischen Charakter auf und sind damit dem Bereich der Sprache zuzuordnen, den Coseriu «wiederholte Rede» nennt 6 . Ihre Idiomatizität läßt sich anhand mehrerer Kriterien aufzeigen: 1) Die Syntagmata sind nicht expandierbar, i.e. graduierbar und modifizierbar (cf. [12a]), oder nur unter Verlust ihrer ursprünglichen Semantik (cf. [13a]): [12] giorno alto; notte alta [12a] *un giorno molto alto; *una notte altissima [13] il basso latino; il basso imperio; il basso Medioevo; Pasqua bassa [13a] il latino molto basso molto vile/ sordido ; l’imperio più basso più vile/ sordido etc. Im Gegensatz dazu: [10] un alto belvedere [10a] un belvedere altissimo [11] una sedia bassa [11a] una sedia abbastanza bassa 81 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie 6 Eine ausführliche Darstellung von Coserius Konzeption der wiederholten Rede findet sich u.a. in Coseriu 1992: 275ss. 2) Die an den Syntagmata beteiligten attributiven Adjektive können nicht prädikativ verwendet werden: [12] giorno alto; notte alta [12b] *questo giorno è alto; *questa notte è alta [13] il basso latino; il basso imperio [13b] *il latino è basso; *l’imperio è basso Im Gegensatz dazu: [10] un alto belvedere [10b] questo belvedere è alto [11] una sedia bassa [11b] questa sedia è bassa 3) Das Adjektiv alto kann nicht in ein Substantiv transponiert werden (bei basso stellt das Italienische kein entsprechendes Substantiv zur Disposition): [12] giorno alto; notte alta [12c] *l’altezza del giorno; *l’altezza della notte Im Gegensatz dazu: [10] un alto belvedere [10c] l’altezza del belvedere 4) Darüber hinaus ergibt sich, daß die substantivischen Kollokationspartner von alto und basso in temporaler Verwendungsweise eine geschlossene und sehr reduzierte Liste darstellen dürften, während im Gegensatz dazu das syntaktische Feld der Substantive, die mit den genannten Adjektiven in ihrer lokalen Lesart kombiniert werden können, eine offene Liste darstellt bzw. sich quantitativ deutlich umfangreicher präsentiert. 5) Ungeachtet dieser syntaktischen Restriktionen können wir bei basso auch semantisch argumentieren: So leistet in den zitierten Syntagmata basso aus referentieller Perspektive zwar primär eine zeitliche Situierung, aus semantischer Sicht drückt es aber vielmehr eine negative Wertschätzung aus. Wenn der Hörer trotzdem in der Lage ist, das Denotat des Syntagmas zeitlich richtig zu situieren, so ist dieses Vermögen nicht sprachlicher Natur, sondern entspringt seinem enzyklopädischen Wissen. In der konkreten sprachlichen Realität manifestiert sich sprachliches und enzyklopädisches Wissen natürlich immer in Form einer Synthese. Um aber die genuin sprachlichen Funktionen zu eruieren, ist diese u.E. allerdings bei der linguistischen Analyse aufzulösen. 6) Zudem ist zu berücksichtigen, daß die Syntagmen basso latino, basso imperio, basso Medioevo und Pasqua einmalige Entitäten der außersprachlichen Wirklichkeit denotieren und insofern zu den Eigennamen - und nicht zu den sprach- 82 Jörg Timmermann lichen Fakten - zu stellen sind (was bei Medioevo und Pasqua durch die Majuskeln indiziert wird). 1.1.4 Profondo steht zu den Kriterien Horizontalität und Nichttiefe im Widerspruch, wie es exemplarisch dem VIT 1986 zu entnehmen ist: 1.a. Con riferimento a uno sviluppo in senso verticale [Herv. durch Verf.] b. Con riferimento a uno sviluppo in senso orizzontale, detto di ciò che si apre e si stringe molto addentro, che s’interna notevolmente . . . In Entsprechung dazu ist keine Übertragung auf die Ebene der Zeit möglich: [14a] un lago profondo/ un tratto profondo del fiume (VIT 1986, s. profondo) [14b] un’insenatura profonda (VIT 1986, s. profondo) Die Kollokation [15] la notte profonda le ore della notte più avanzata (cf. VIT 1986, s. profondo) interpretieren wir in Analogie zu alto und basso als Element der wiederholten Rede: [15] la notte profonda [15a] *la notte profondissima [15b] *La notte è profonda. [15c] *la profondità della notte Zur Denotation eines vorgerückten Zeitpunkts ist profondo überdies nicht frei verfügbar, sondern kollokiert unserer Kenntnis nach ausschließlich mit notte: [15] la notte profonda [15d] *la sera profonda/ *il giorno profondo Zudem bezieht der VIT 1986 profondo in der genannten Kollokation auf den Helligkeitsgrad, konkret auf die Idee einer völligen Dunkelheit: «3. . . . d. Con riferimento all’aria, privo di luminosità, quindi cupo, denso, fitto . . . ». Dieses Konzept des Lichteindruckes wird u.E. erst in einer zweiten Phase durch unser Weltwissen an die zeitliche Vorstellung der vorgerückten Stunde gekoppelt. Alternativ zu diesem Konzept könnte jedoch notte profonda auch eine räumliche Vorstellung zugrunde liegen, welche auf dem Kriterium der Tiefe basiert: Entsprechend wäre notte profonda auch lokalistisch in Analogie zu foresta profonda interpretierbar. Ebenso wie die letztgenannte Kollokation eine Stelle bzw. ein Areal mitten im Wald denotiert, i.e. eine Stelle, die vom Waldrand her betrachtet tief/ weit im Wald liegt, könnte auch notte profonda als ein Zeitpunkt bzw. -raum konzeptualisiert werden, welcher seinerseits - vom Anfang der Nacht betrachtet - tief innerhalb der Nacht situiert ist. So interpretiert läge in notte profonda ein räumliches Konzept idiosynkratischer Natur vor, da es sich in seiner Reichweite ausschließlich auf diese zeitliche Kollokation beschränkt.Aufgrund des Kriteriums 83 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie der Tiefe stünde es im diametralen Gegensatz zum Postulat der Nichttiefe innerhalb der von uns entwickelten Prinzipien des raum-zeitdimensionalen Transfers. 1.1.5 Wir haben supra aufgezeigt, daß die Simplizia breve, corto und longo - in Übereinstimmung mit den geforderten Kriterien Maxi-/ Unidimensionalität , Horizontalität und Nichttiefe - in die zeitliche Domäne übertragen werden können. Auf diesem Ergebnis aufbauend erscheint es methodisch sinnvoll zu explorieren, inwiefern die Möglichkeit des raum-zeitlichen Transfers auch den sekundären Strukturen inhärent ist, die auf der Basis der supra genannten Lexeme gebildet werden. Exemplarisch führen wir hier prolungare, prolungazione und prolungamento an, welche im VIT 1986 sowohl in lokaler als auch in temporaler Lesart vorgeführt werden: prolungare . . . 1.a. Rendere più lungo, far continuare nello spazio . . . b. Rendere di maggiore durata, far durare di più . . . (VIT 1986, s. prolungare) [16] prolungare una strada/ un lato di un triangolo [17] prolungare l’orario di apertura dei negozi Auch prolungamento und prolungazione sind erwartungsgemäß sowohl in lokaler als auch in temporaler Verwendung belegt: [18] prolungamento di una linea tranviaria/ di una strada/ di un muro [19] prolungamento d’una seduta/ ottenere un prolungamento delle vacanze Für prolungazione cf. die Definition im VIT 1986: «Forma poco com. per prolungamento (nello spazio o nel tempo)». Die Definition von prolungativo im VIT 1986 präsupponiert - mit «soprattutto» - neben der prototypischen temporalen Verwendungsweise dieses Lexems auch die Existenz weiterer: «Atto o tendente a prolungare, soprattutto nel tempo, nella durata» [Herv. durch Verf.]. 1.1.6 Ebenfalls liegt regelkonform lunghezza in zeitlicher Verwendung vor: «3. Determinazione quantitativa riconducibile ai concetti di estensione e durata . . . » (Devoto/ Oli 1995, s. lunghezza). [20] segare una tavola nel senso della lunghezza [21] la lunghezza della vita 1.1.7 In Analogie zu largo ist larghezza nicht in temporaler Verwendung dokumentiert. 1.1.8 Auch altezza und altitudine zeigen aufgrund ihrer vertikalen Bedeutungskomponente keine temporale Verwendung (cf. VIT 1986). 84 Jörg Timmermann 1.1.9 Das räumliche Konzept von lontananza läßt sich okkasionell mit Hilfe der Komponenten Eindimensionalität , Horizontalität und innerhalb der Horizontalität beliebig situiert (durch dieses Kriterium steht lontananza nicht in Konflikt zum Kriterium der Nichttiefe ) beschreiben 7 . Diese räumliche Konzeptualisierung läßt neben der räumlichen auch eine zeitliche Gebrauchsweise annehmen, die wir erwartungsgemäß auch belegen können (cf. VIT 1986, s. lontananza): [22] Come facevo a riconoscerlo, da (o a o in) quella lontananza? [23] La lontananza del pericolo acqueta i timorı « ./ vedere le cose in lontananza In Analogie dazu verhält sich auch das entsprechende Adjektiv lontano, dessen räumliche Konzeptualisierung okkasionell der von lontananza entspricht (cf. VIT 1986, s. lontano): [24] nel lontano Giappone/ recarsi in un posto lontano [25] in epoche lontanissime/ in tempi assai lontani Im Gegensatz dazu stehen lontanare und allontanare, für die wir bisher keine temporale Gebrauchsweise belegen können. Wenn diese sich in den Wörterbüchern nicht manifestiert, so zeigt sich damit nur, daß sie weniger frequent bzw. prototypisch für das Italienische ist und nicht, daß sie nicht existiert bzw. völlig unsinnig wäre. 1.1.10 Allein auf die zeitliche Ebene ist longevità Langlebigkeit bezogen. Dies wird verständlich, wenn wir berücksichtigen, daß -evità auf evo Zeitalter mit rein temporaler Referenz basiert. Durch das syntagmatische Zusammenspiel mit -evità kann notwendigerweise auch das Produkt der Wortbildung nicht über den zeitlichen Referenzbereich hinausgreifen. 1.1.11 Die Glieder der Wortfamilie von distanza können prinzipiell - im Einklang mit den Kriterien der räumlichen Konzeptualisierung - in die Sphäre der Zeit übertragen werden, wie es distanza und distante exemplarisch darlegen mögen (cf. Devoto/ Oli 1995): [26] Lo stadio è distante dal centro più di due chilometri. [27] È ancora distante il giorno delle nozze. [28] Stava a tre passi di distanza. [29] A distanza di alcuni giorni, tornò da me. 1.1.12 Mit estensione sowie dieser Wortfamilie entstammenden Lexemen begegnen uns weitere, die gemäß ihrer räumlichen Konzeptualisierung (sie können eine 85 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie 7 Daneben gibt es aber auch räumliche Konzepte von lontananza, die zwei oder drei Dimensionen präsupponieren: la costa era poco visibile per la lontananza (cf. VIT 1986, s. lontananza). Dimension bezeichnen, die okkasionell der Merkmalskombination Eindimensionalität , Horizontalität und Nichttiefe entsprechen kann) erwartungsgemäß einen Transfer in die Sphäre der Zeit zulassen: [30] l’estensione di un elastico (Devoto/ Oli 1995, s. estensione) [31] l’estensione del terziario (Devoto/ Oli 1995, s. estensione) 1.1.13 Auch spazio kann konzeptuell auf nur eine räumliche Dimension bezogen sein: « . . . In fisica, la lunghezza di un tratto di traiettoria percorso da un punto . . . intervallo o distanza» (Devoto/ Oli 1995, s. spazio): [32] aumentare lo spazio fra due oggetti allineati (Devoto/ Oli 1995, s. spazio) Die Transfermöglichkeit in die Domäne der Zeit stellt sich regelkonform ein: «Estensione di tempo» (Devoto/ Oli 1995, s. spazio): [33] Il lavoro sarà compiuto nello spazio di un mese. (Devoto/ Oli 1995, s. spazio) 1.1.14 Aus den bisher genannten Beispielen dürfte deutlich sein, daß ein Verb wie costeggiare entlanggehen (-laufen) sich nicht zum Transfer in die Zeit eignet: Seine räumliche Konzeptualisierung ist schließlich an einen mindestens zweidimensionalen Raum gebunden, nämlich erstens an die Dimension, die zu dem Bezugsobjekt parallel verläuft, entlang welchem sich die durch costeggiare denotierte Bewegung vollzieht und zweitens an die Dimension, die den Abstand zum Bezugsobjekt markiert. 1.2 Nun scheint es jedoch eine ganze Reihe von Lexemen zu geben, auf die der dargestellte Transfermechanismus nicht angewendet werden kann. So zeigen beispielsweise chilometro, metro, miglio etc. einerseits zwar die postulierten Merkmale der Maxi-/ Unidimensionalität, Horizontalität und Nichttiefe, eignen sich aber andererseits dennoch nicht zur Referenz der zeitlichen Dimension. Dies erschüttert jedoch das von uns explorierte Prinzip in keiner Weise, handelt es sich doch schließlich bei den angeführten Lexemen um termini technici (oder kurz: Termini), deren Bezugsgröße räumlich genau definiert worden ist. Ihre Bedeutung ist also innerhalb einer Taxonomie bzw. Nomenklatur (von Experten) terminologisch exakt fixiert. Bedeutung und Bezeichnung fallen hier zusammen. Konsequenterweise entspricht daher ihre Kenntnis eher dem enzyklopädischenWissen (Weltwissen) als dem sprachlichen. Im fundamentalen Gegensatz dazu stehen die unter 1.1 angeführten Wörter, deren Bedeutung nicht terminologischer, sondern lexikalischer und damit genuin sprachlicher Natur ist. Ihre Bedeutung ist konventionell bzw. konventionalisiert in dem Sinne, daß sie von Generation zu Generation (jeweils unter Einschluß der Möglichkeit geringfügiger Bedeutungsveränderungen) tradiert wird. Sie bilden daher den primären Gegenstandsbereich der linguistischen Semantik, während die Fachsprachen- 86 Jörg Timmermann semantik als Forschungsdisziplin von Terminologismen eher an der Peripherie der linguistischen Semantik situiert ist. Als Fazit stellen wir fest: Nur auf die Wörter, deren Bedeutung sprachlicher Natur ist, bezieht sich unser Transfermechanismus. 1.3 Wenn die Termini zur Bezeichnung räumlicher Dimensionen grundsätzlich keine Übertragung auf die Ebene der Zeit zulassen, so können wir mit anno-luce zumindest ein Gegenbeispiel ins Feld führen, in dem semantisch die Kombination von Räumlichkeit und Zeitlichkeit vorliegt. Entsprechend kann eine sprachliche Äußerung wie [34] Quest’astro si trova a molti anni-luce dalla terra. räumlich und zeitlich gleichzeitig interpretiert werden (raum-zeitliche Vagheit). Eine Korrelation beispielsweise zu chilometro orario, eine Maßeinheit, in der ebenfalls eine räumliche Entfernung auf eine Zeiteinheit bezogen ist, ergibt sich jedoch nicht. Letztere dient ausschließlich zur Angabe der Geschwindigkeit, nicht aber zur Angabe räumlicher und/ oder zeitlicher Distanz. Zur Angabe der räumlichen Entfernung rekurriert die Sprache allein auf chilometro wie z. B. in [35] Francoforte è a 70 km da Mannheim. Die Angabe der zeitlichen Distanz erfolgt entsprechend allein durch ora: [36] Da Francoforte a Mannheim c’è un’ora di treno. Diese Divergenz in der raum-zeitlichen Semantik von [34] einerseits und [35] und [36] andererseits spiegelt jeweils die Unterschiedlichkeit der außersprachlichen Verhältnisse, die Äußerungen des Typs [34] bzw. [35] und [36] denotieren: Während die Lichtgeschwindigkeit konstant ist, also ein zurückgelegter Weg und die dafür benötigte Zeit immer in einem proportionalen Verhältnis zueinander stehen, ist Geschwindigkeit im Erfahrungsbereich des Menschen eine variable Größe. Er selbst bzw. die von ihm wahrgenommenen Objekte bewegen sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten fort. Insofern ist ein Satz wie [37] *Francoforte è a 70 chilometri orari da Mannheim. aus logischer Sicht unsinnig, da man ja nicht behaupten kann, daß diese Distanz generell in exakt einer Stunde überwunden wird. Vielmehr ist der hierfür benötigte Zeitraum prinzipiell beliebig. Dies findet auf sprachlicher Ebene seinen Niederschlag darin, daß Äußerungen wie [37] nicht dem Kriterium der Akzeptabilität entsprechen. 1.4 In 1.1 haben wir anhand einer Reihe italienischer Lexeme die prinzipielle Übertragbarkeit der raumdimensionalen Referenz auf die zeitdimensionale unter 87 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie den genannten Bedingungen aufgezeigt. In diesem Abschnitt möchten wir aufzeigen, ob auch der Umkehrschluß zutrifft. Mit anderen Worten: Eignen sich alle Lexeme mit zeitdimensionaler Referenz notwendigerweise auch zur raumdimensionalen und bezeichnen - in Entsprechung zu unseren notwendigen Bedingungen - ein eindimensionales, horizontales und quer zum Gesichtsfeld orientiertes Denotat? Diese Hypothese läßt sich auf der Basis von Lexemen wie epoca, episodio, era und periodo, die eine raumdimensionale Referenz nicht zulassen, leicht falsifizieren. Fazit: Der Transfermechanismus ist offenkundig gerichtet; er verläuft nur unilateral von der räumlichen Dimension zur zeitlichen. Durch diese Beobachtung erfährt das Lokalismus-Prinzip eine zusätzliche Fundierung. 2. In Analogie zu unserer einleitenden Klassifikation in 0.1 lassen sich die Präpositionen des Italienischen im Hinblick auf ihre referentiellen Eigenschaften räumlicher und zeitlicher Relationen drei Kategorien zuweisen. Entsprechend gibt es 1) Präpositionen, die sich nur zur Bezeichnung räumlicher Relationen eignen, 2) Präpositionen, die allein auf die Referenz zeitlicher Relationen fixiert sind und 3) Präpositionen, die prinzipiell sowohl räumliche als auch zeitliche Relationen denotieren können und entsprechend erst im Kontext (also auf der Ebene der Rede bzw. Norm) auf die ausschließliche Referenz von Räumlichkeit bzw. Zeitlichkeit festgelegt werden (raum-zeitliche Polysemie) oder in ihrer Referenz keine klare Trennung zwischen Räumlichkeit und Zeitlichkeit zulassen (raum-zeitliche Vagheit). 2.1 Unserer Analyse liegen die folgenden italienischen Präpositionen und präpositionalen Ausdrücke als Korpus zugrunde, die - entweder ausschließlich oder neben weiteren Verwendungen - zur Bezeichnung räumlicher und/ oder zeitlicher Relationen dienen: a, a bordo di, accanto a, a destra di, a fianco di/ di fianco a, a lato di, a sinistra di, al di là di, al di qua di, al di sopra di, al di sotto di, a piè di, a portata di, attorno a, attraverso, contro, da, davanti a, dentro (a), di, di faccia a, di fronte a, dietro (a), dinanzi a, dirimpetto a, dopo, durante, entro, fa, fin(o) a, fin da, fra / tra, fuori (di), in, in cima a, in fondo a, in mezzo a, innanzi (a) 8 , intorno a, lontano da, lungo, nei pressi di, oltre a, per, presso, prima di, sopra, sotto, su, verso, via und vicino a. 2.1.1 Von diesen Präpositionen eignen sich die folgenden - über die Referenz lokaler Relationen hinaus - auch zur Bezeichnung temporaler 9 : 88 Jörg Timmermann 8 Innanzi (a) gilt aus der Perspektive des heutigen Italienisch als literarisch (cf. Devoto/ Oli 1995, s. innanzi: «lett.» [= letterario, letterariamente]). 9 Die Beispiele sind - insofern nicht anders angegeben - Krenn 1996: 613ss. bzw. Reumuth/ Winkelmann 1996: 251ss. entnommen. 89 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie a 1a) zur Ortsangabe (wo? ): - abitare a Roma/ al terzo piano 1b) zur Zeitangabe: - alle tre/ all’alba/ allo spuntar del sole 2a) zur Richtungsangabe (wohin? ): - andare a Firenze/ all’estero 2b) zur Angabe eines Zeitpunktes in der Zukunft: - ciao, a domani/ a più tardi/ a venerdì 3) zur Angabe der räumlichen Entfernung: - Francoforte è a 70 km da Mannheim. / La scuola è a due passi da qui. attorno a 1a) räumlich: - attorno alla casa 1b) zeitlich: - attorno alla prima Guerra mondiale attraverso 1a) räumlich: - attraverso il parco 1b) zeitlich: - attraverso lunghi studi (Zingarelli 1986, s. attraverso) da 1) Ortsangabe bei Personen: - Siamo da Mario. / Vado dal medico. 2) örtliche und zeitliche Provenienz : 2a) örtlich: - Da dove vieni? Vengo da Milano. / andare da Milano a Roma 2b) zeitlich: - Sua moglie è malata da cinque anni. dentro (a) 1a) räumlich: - dentro la/ alla scatola 1b) zeitlich: - «2 Entro, prima della fine di: - oggi; - il mese; - l’anno» (Zingarelli 1986, s. dentro). - «Non com. nel senso temporale di entro (dentro dieci giorni)» (Devoto/ Oli 1995, s. dentro). di 1a) zur Angabe der Herkunft: - Sono di Venezia. / Sono nativo/ oriundo di Napoli. 1b) zur Angabe der Zeit: - di mattina/ di giorno/ di notte/ di lunedì/ d’estate dietro (a) räumlich: - dietro la scrivania zeitlich: - un guaio dietro l’altro dopo 1a) räumlich: - la prima casa dopo la posta/ dopo l’incrocio/ trenta chilometri dopo Roma 1b) zeitlich: - dopo le cinque 1c) räumlich und zeitlich: - dopo di me (ggfs. auch 1a) entro 1a) räumlich (eher selten, cf.Krenn 1996: 636): - Guarda entro l’armadio. 1b) zeitlich: - entro il 15 aprile/ entro un mese fin(o) a 1a) räumlich: - fino al cimitero 1b) zeitlich: - fino alle nove fra/ tra 1) bezogen auf Zwischenraum außerhalb der origo: 1a) räumlich: - Fra le due case c’è un cortile. 1b) zeitlich: - fra le sei e le sette 2) origo ist Ausgangspunkt des betrachteten Zwischenraums: 2a) räumlich: - Tra pochi chilometri ci dev’essere una stazione di servizio. 2b) zeitlich: - Mio fratello tornerà fra una settimana. in 1) Zustand: Angabe des Ortes/ Zeitpunktes/ -raumes: 1a) räumlich: - essere in Spagna 1b) zeitlich: - nell’ultima guerra/ in primavera/ giugno 2) Ablauf/ Prozeß: 2a) räumlich: - andare in Francia/ Toscana 90 Jörg Timmermann 2b) zeitlich: - Ho letto il romanzo in cinque ore. innanzi (a) räumlich: - Ti aspetto innanzi casa. zeitlich: - Mi svelgiai innanzi l’alba. intorno a 1a) räumlich: - intorno al giardino 1b) zeitlich: - intorno al 1800 lungo 1a) räumlich: - lungo la costa 1b) zeitlich: - lungo il corso dei secoli oltre (a) 1a) räumlich: - oltre il Po 1b) zeitlich: - oltre due ore per 1a) Ortsangabe (wo? ): - Il bambino era seduto per terra. 1b) Zeitangabe: - Ci rivedremo per Natale. [Das Beispiel zeigt Affinitäten zu 2.] 2) räumliche Bewegungsrichtung (auf ein Ziel gerichtet) (in Verbindung mit bestimmten Verben): - partire per la Francia/ La nave è salpata per Olbia. 3) Bewegung durch Raum/ Zeit: 3a) räumlich: - Abbiamo viaggiato per l’Italia. / Il bosco si estende per qualche chilometro. 3b) zeitlich: - Sono andato a scuola in bicicletta per tutto l’inverno. presso 1a) räumlich: - presso il teatro 1b) zeitlich: «3 Intorno, vicino a (con valore temp.): Mi svegliai - il mattino | Anche nella loc. - a: essere - alla meta, alla morte | Sul punto di: essere - a morire» (Zingarelli 1986, s. presso) prima di 1a) räumlich: - Prima della scuola c’è una cartoleria. 1b) zeitlich: - prima di Pasqua sopra 1a) räumlich: - sopra il tavolo 1b) zeitlich: - «d. Quasi fig., e con valore che si avvicina a quello temporale di dopo , in espressioni quali un po’ di vino s. le castagne, un bicchierino di marsala s. il dolce; e così nel prov. latte s. vino è veleno, se bevuto, cioè, dopo il vino . . . f. Con valore temporale, avanti prima: I dotti uomini sopra noi stati (Bembo), vissuti prima di noi; è un uso ant., fuorché in alcune espressioni come la notte s. il giovedì, quella che precede il giovedì . . . » (VIT 1986, s. sopra) - «2. prep. Negli impieghi riferibili all’ambito temporale, può significare posteriorità o successione (come fai a bere il vino sopra il latte? ) ma anche anteriorità (i dotti uomini sopra noi stati, Bembo), talvolta immediata (la notte sopra il sabato; la donna era già sopra parto) . . . » (Devoto/ Oli 1995, s. sopra) sotto 1a) räumlich: - sotto l’armadio/ sotto il monte am Fuße des Berges 1b) zeitlich: - sotto le vacanze/ Sotto Natale, la gente fa molti acquisti Um Weihnachten . . . - «fig., per indicare prossimità, imminenza: . . .; s. il Natale, intorno al Natale, nell’imminenza del Natale . . . » (Devoto/ Oli 1995, s. sotto); - «5. . . . 2 Durante il governo di (spec. per determinare un periodo, un’età storica): - il consolato di Cicerone; la rivoluzione francese scoppiò - Luigi XVI ; patì - Ponzio Pilato; e vissi a Roma - il buono Augusto (Dante) . . . » (Zingarelli 1986, s. sotto); - «10. Verso, nell’imminenza di, in prossimità di, durante (con valore temporale reg- 2.1.2 Die folgenden lokalen Präpositionen lassen hingegen keine Referenz temporaler Relationen zu (wir sehen im Rahmen dieser Klassifikation von der Referenz übertragener Relationen ab): 91 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie ge i compl. di tempo determinato e continuato): gli ho scritto - Natale; l’ho incontrato - Pasqua; . . . » (Zingarelli 1986, s. sotto); - « . . . molto com. anche per determinare un periodo storico, un’età, un tempo: s. l’Austria, nel periodo della dominazione austriaca; s. Napoleone, s. l’imperio di Napoleone; s. il consolato di Cicerone; Gesù patì s. Ponzio Pilato; E vissi a Roma s. ‘l buono Augusto (Dante, parlando di Virgilio) . . . » (VIT 1986, s. sotto). su 1) Ortsangabe (wo? ): - Il libro è sulla scrivania. 2) räumliche Richtung (wohin? ): - andare sulla costa azzurra 3) ungefähre Zeitangaben: - sul mezzogiorno/ sul volgere del secolo «h. Con valore temporale è assai più com. (esclusivo anzi nella lingua moderna) di sopra nel sign. di verso, circa : sul mattino, sul mezzogiorno, sull’imbrunire, sul tramonto, sulla mezzanotte, arriverò sul tardi; sul far del giorno, sul far della sera, sul calar del sole; Su l’ora prima il dì sesto d’aprile (Petrarca); io son veramente colui che quello uomo uccisi istamane in sul dì (Boccaccio). Con accezione diversa: la notte sul martedì, sul sabato, la notte fra il lunedì e il martedì, fra il venerdì e il sabato, e così via; la prep. su (ant. o poco com. sopra) vuole evitare in questi casi l’ambiguità che avrebbero espressioni come la notte del martedì, la notte del sabato, ecc.» (VIT 1986, s. su). verso 1) Zustand/ Punkt: 1a) räumlich: - Abita verso Napoli. . . . in der Nähe von . . . / Abita verso la periferia. Er wohnt am Stadtrand. 1b) zeitlich: - verso sera/ verso le sette 2) Vorgang/ Entwicklung räumlich: - essere in viaggio verso Roma a bordo di - a bordo della macchina accanto a - accanto alla casa a destra di - a destra della chiesa a fianco di/ di fianco a - Franco si trovava di fianco alla sua macchina. (Hottenroth 1983: 142). a lato di - A lato della libreria c’è una carta geografica. (Hottenroth 1983: 142). al di sopra di - al di sopra del paese al di sotto di - al di sotto del castello a piè di - a piè di pagina/ a piè del monte a sinistra di - a sinistra della posta davanti a - davanti al monumento di faccia a - di faccia al museo di fronte a - di fronte alla prigione dinanzi a - dinanzi all’uscita dirimpetto a - dirimpetto al campanile «B nelle loc. prep. a raro di lett. da. Di fronte a, di faccia a: . . . » (Zingarelli 1986, s. dirimpetto). 2.1.3 Ausschließlich temporale Referenz leisten schließlich die folgenden Präpositionen: durante fa 10 fin da - durante la festa - dieci minuti fa - fin dall’infanzia/ fin da ieri 2.2 Anhand der Stichwörter Horizontalität (cf. 2.3) und Vertikalität (cf. 2.4) werden wir im folgenden die bestehende Organisationsstruktur der raum-zeitlichen Interdependenz innerhalb des italienischen Präpositionalsystems in Analogie zum raum-zeitdimensionalen Transfermechanismus aufzeigen. Da eine integrale Betrachtung aller drei Dimensionen aufgrund einer gewissen Sonderstellung der Vertikalität innerhalb des italienischen Präpositionalsystems im Vergleich zum raum-zeitdimensionalen Transfermechanismus uns vor Schwierigkeiten stellen würde, widmen wir uns letzterer in einem gesonderten Abschnitt und beschränken uns hier zunächt auf die Analyse derjenigen Präpositionen, deren relationale Referenz in einem horizontalen Koordinatensystem abbildbar ist. 2.3 Innerhalb dieser Kategorie unterscheiden wir in bezug auf die denotierte Lagerelation drei Typen, i.e. Typus 1): laterale Präpositionen, Typus 2): sukzessive Präpositionen und Typus 3): Präpositionen, die weder auf die Referenz von Lateralität noch Sukzessivität beschränkt sind. 2.3.1 Ad Typus 1): Als laterale Präpositionen sprechen wir mit Schifko 1977: 293 jene an, die eine Seitlichkeitsrelation denotieren. Diese ist erstens gegeben, wenn ein externer Betrachter (Origo) zwei Referenten (A) und (B) als seitlich zueinander situiert wahrnimmt, also ihre Verbindungslinie - qua visualisierte Linie ihrer Relation - in etwa quer zum Gesichtsfeld des Betrachters verläuft. Zweitens kann der Betrachter (Origo) selbst Bestandteil der Relation sein; in diesem Fall liegt eine derartige Relation vor, wenn sie diesen seitlich mit dem anderen Referenten in Beziehung setzt. Die Beobachtung, daß die Präpositionen der Lateralität - also: accanto a, a destra di, a fianco di/ di fianco a, a lato di und a sinistra di - sich nicht zur Referenz 92 Jörg Timmermann 10 Fa wird in Grammatiken des Italienischen - so z. B. bei Reumuth/ Winkelmann 1996: 251 - als Präposition angesprochen, eine Zuordnung, die für das Italienische sinnvoll erscheinen mag, die aber kontrastiv zum Italienischen im Französischen und Spanischen unmöglich ist, da hier Konjugationsmorpheme die Opposition fait vs. faisait (+ Zeitangabe) bzw. hace vs. hacía (+ Zeitangabe) gestalten, Präpositionen hingegen per definitionem formal unveränderlich sind. in cima a - in cima a una torre oben auf dem Turm in fondo a - in fondo alla stanza hinten im Zimmer via - via Milano vicino a - vicino alla chiesa temporaler Relationen eignen, ist im Prinzip trivial. Da wir darüber hinaus davon ausgehen, daß die menschliche Vorstellung der Zeit generell - ganz in Übereinstimmung mit unserem raum-zeitdimensionalen Transfermechanismus (cf. 0.1 und 1.1) - nur einer Dimension entspricht, die Ebene der Horizontalität aber durch zwei Dimensionen bestimmt ist, kann auf die sprachliche Gestaltung der Zeit folgerichtig nur eine der beiden horizontalen Dimensionen übertragen werden. Die italienische Sprache entscheidet sich offensichtlich - wie die übrigen uns bekannten Sprachen auch - für die räumliche Dimension der Sukzessivität 11 , die konzeptuell mit der Vorstellung der zeitlichen Sukzessivität vortrefflich korrespondiert. 2.3.2 Ad Typus 2): Als Dimension der räumlichen Sukzessivität verstehen wir jene Linie, welche ausgehend von einem Betrachter (Origo) - prinzipiell in zwei Richtungen: nach vorne und nach hinten - über ein Bezugsobjekt hinaus in einen (unendlichen) Raum ausstrahlt. Sie konzeptualisiert die menschliche Erfahrung, daß ein Umweltreferent vor oder hinter einem Bezugsobjekt situiert sein kann und wird im Italienischen respektive durch die Präpositionen innanzi a und prima di bzw. dietro a und dopo versprachlicht. Neben den hier aufgeführten Präpositionen, die jeweils auch temporale Verwendungsweisen kennen, weist das Italienische mit davanti a und dinanzi a sukzessive Präpositionen auf, für die - zumindest im heutigen Standarditalienischen - keine temporalen Verwendungsweisen belegt zu sein scheinen (wir werden auf diesen Fakt in 2.3.5 zurückkommen). 2.3.3 Ad Typus 3): Neben den genannten Präpositionen der Lateralität und der Sukzessivität, welche ergo eine Lagerelation ausdrücken, die in ihrer Referenz entweder auf die Achse der Lateralität oder auf die der Sukzessivität bezogen sind, gibt es noch eine dritte Gruppe, die einen derartigen Bezug nicht kennt, i.e. a, al di là di, al di qua di, a portata di, attorno a, attraverso, contro, da, dentro (a), di, di faccia a, di fronte a, dirimpetto a, entro, fino a, fra/ tra, fuori di, in, in fondo a, in mezzo a, intorno a, lontano da, lungo, nei pressi di, oltre (a), per, presso, verso, via und vicino a. Von diesen 30 Präpositionen bzw. präpositionalen Ausdrücken können wir ungefähr für die Hälfte (i.e. 16) Belege für eine temporale Verwendung anführen, und zwar für a, attorno a, attraverso, da, dentro (a), di, entro, fino a, fra/ tra, in, intorno a, lungo, oltre a, per, presso, verso. Für die anderen, i.e. al di là di, al di qua di, a portata di, contro, di faccia a, di fronte a, dirimpetto a, fuori di, in fondo a, in mezzo a, lontano da, nei pressi di, via und vicino a, können wir keine temporale Verwendung belegen. 2.3.4 Fassen wir zusammen: Aus dem Gesagten ergeben sich mehr Fragen als Antworten. Wenn einerseits die Nichtübertragbarkeit der lateralen Präpositionen in 93 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie 11 Schifko 1977: 289ss. differenziert hier genauer und spricht respektive von «Anteriorität» und «Posteriorität». die Sphäre der Zeit sich als Ergebnis klar fassen läßt, so bleibt gleichzeitig im Dunkeln, aus welchem Grund 1) nicht ausnahmslos die Präpositionen der Sukzessivität - also auch davanti a und dinanzi a - auch zeitlich verwendbar sind und 2) ob sich in Bezug auf die dritte Kategorie, deren Präpositionen sich im Hinblick auf die Übertragbarkeit in die zeitliche Sphäre ja heterogen verhalten, überhaupt klare Aussagen zum raum-zeitdimensionalen Transfer formulieren lassen. Dennoch stellen wir vor diesem Hintergrund unsere Arbeitshypothese auf, die wir im folgenden sukzessiv überprüfen werden. Diese lautet: Innerhalb der Präpositionen, die horizontale Relationen denotieren, lassen prinzipiell die Präpositionen des Typus 2 (i.e. die der Sukzessivität) wie auch diejenigen des Typus 3 (i.e. diejenigen, die referentiell weder auf die Lateralität noch auf die Sukzessivität bezogen sind) eine Übertragung auf die Ebene der Zeit zu. 2.3.5 Die Tatsache, daß für davanti a und dinanzi a innerhalb der Synchronie des heutigen Italienischen keine zeitliche Verwendung belegt bzw. eine solche ungebräuchlich zu sein scheint 12 , widerspricht nicht grundsätzlich unserer Hypothese der Übertragbarkeit der sukzessiven Präpositionen in die Sphäre der Zeit: Wir postulieren keine ausnahmslose bzw. mechanistische Realisation der von uns aufzuzeigenden Prinzipien des raum-zeitlichen Transfers, sondern fassen diese vielmehr als kognitive Rahmenbedingung, unter welcher eine Übertragung in die Zeit stattfinden kann, also als virtuelle Potenz, von der eine historische Sprache - oder genauer: ihre Sprachnorm - prinzipiell Gebrauch machen kann, aber nicht notwendigerweise machen muß. Diese Auffassung korreliert unser Prinzip des raumzeitlichen Transfers mit Coserius Konzeption des Sprachsystems, welches «auch in der Sprachnorm noch nicht realisierte Möglichkeiten» involviert (Coseriu 1992: 299). So seien - um zwei Beispiele Coserius (cf. Coseriu 1992: 300) anzuführen - die Derivativa rigiocherellare und rigiocherellamento systemkonform abgeleitet, allerdings in der Norm des Italienischen nicht existent. Eine Beobachtung stützt diese Position: Daß prinzipiell aufgrund kognitiv-semantischer Parameter eine Übertragung von davanti a und dinanzi a in die zeitliche Ebene möglich ist, zeigt die Tatsache, daß eine solche zeitliche Verwendung - bei diachroner Betrachtung - für bestimmte Epochen der Geschichte der italienischen Sprache belegt ist: davanti a «7. Prep di tempo. Disus. Prima di. Francesco da Barberino, II-256: Face l’avaro ogni giorno ragione / quanto in casa ripone / ma il savio cerca davanti al dormire / s’egli ha di novo im- 94 Jörg Timmermann 12 Zingarelli 1959 führt für dinanzi a noch eine nicht markierte zeitliche Verwendungsweise auf: «[Dinanzi] a me, Prima di me». Wir haben jedoch im Lichte der konsultierten aktuelleren Wörterbücher davon auszugehen, daß eine solche zeitliche Verwendungsweise, die als diasystematisch nicht markiert gilt, nicht in die Synchronie des zeitgenössischen Italienisch hineinreicht. preso alcun bel dire / ed ancor spesso fa ragion con Dio / ché questo è principal consiglio mio . . . [Herv. durch Verf.]» (Battaglia 1961, s. davanti) dinanzi a «4 raro Prima: a me non fur cose create/ se non eterne (DANTE)» (Zingarelli 1986, s. dinanzi) «10. Ant. Prima. . . . Dante, Conv., III-xi-4: Dinanzi da costui erano chiamati li seguitatori di scienza non filosofi ma sapienti . . . » (Battaglia 1961, s. dinanzi) Darüber hinaus lebt temporales dinanzi a in Redewendungen fossilisiert in der Synchronie des heutigen Italienisch fort: «12. Locuz. - Andare dinanzi a qualcuno: precedere (in senso locale e temporale) . . . avere, vedere dinanzi a sé: avere da trascorrere, avere disponibile nel futuro . . . » (Battaglia 1961, s. dinanzi). 2.3.6 Ebenfalls stellt innerhalb des Typus 3 vicino a einen präpösitionalen Ausdruck dar, der zwar in der Norm der aktuellen Synchronie nicht in zeitlicher Verwendung vorkommt. Allerdings ist vicino di historisch - oder als Archaismus - in dieser Verwendung belegt: «Ant. o raro con la prep. di . . . in senso temporale, anche col sign. di quasi: priegote che, perch’ella sia nella mia casa vicin di tre mesi stata, ella non ti sia men cara (Boccaccio)» (VIT 1986, s. vicino). 2.3.7 Eine ganze Reihe von präpositionalen Ausdrücken stehen zum Kriterium der Eindimensionalität im Widerspruch, so zunächst die Präpositionen zum Ausdruck der Frontalität, i.e. di faccia a, di fronte a sowie dirimpetto a. Das Konzept der Frontalität ist eindimensional nicht abbildbar; es ist notwendigerweise mindestens an einen zweidimensionalen Raum gebunden: Es setzt schließlich bei den durch diese präpositionalen Ausdrücke zueinander in Relation gesetzten Denotaten die Existenz von Stirnseiten voraus (erste Dimension), die sich in etwa gegenüber (i.e. in gewissem Abstand zueinander) befinden (zweite Dimension). Die Notwendigkeit der Annahme einer zweiten - auf den Stirnseiten der zueinander positionierten Objekte beruhenden - Dimension wird bereits bei di faccia a und di fronte a durch die wörtliche Bedeutung von faccia Gesicht und fronte Stirn suggeriert 13 . Ebenso setzen in fondo a und a bordo di eine mehrdimensionale Konzeptualisierung voraus (cf. it. fondo Grund, Tiefe, Hintergrund und bordo Bord [Schiffsbord] ) und stehen daher notwendigerweise weder zur Referenz einer eindimensionalen Lagerelation noch einer zeitlichen Relation zur Verfügung. 2.3.8 Ebenso wie die lexikalische Bedeutung der Substantive faccia, fronte und fondo respektive in die präpositionalen Ausdrücke di faccia a, di fronte a einfließt, beruht via qua Präposition nicht nur formal, sondern - so lautet unsere Hypothese - auch semantisch auf dem Substantiv via (cf. hierzu die Definition des präpositionalen Ausdrucks bei Lang 1991: 37s.). Dieses stellt bekanntlich keinen zeit- 95 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie 13 Zur Frage der Funktion der Lexeme innerhalb der präpositionalen Ausdrücke cf. Lang 1991: 37s. lichen, sondern ausschließlich einen räumlichen Bezug her, wodurch sich analogisch leicht erklären läßt, daß die Übertragung der Präposition via in die zeitliche Domäne nicht belegt ist 14 . 2.3.9 Damit haben wir für 6 Präpositionen bzw. präpositionale Ausdrücke des Typus 3 (i.e. diejenigen, die referentiell weder auf die Lateralität noch auf die Sukzessivität bezogen sind) aufgezeigt, daß ihre Nichtübertragbarkeit in die Sphäre der Zeit nicht mit der Zugehörigkeit zu diesem Typus in einem ursächlichen Zusammenhang steht. Entsprechend reduziert sich die Zahl der Präpositionen bzw. präpositionalen Ausdrücke von Typus 3, für die wir - um unsere Hypothese vollständig zu verifizieren - eine zeitliche Verwendung belegen müßten, aber gegenwärtig nicht vorführen können, von zuvor 14 auf nunmehr acht Einheiten. Hieraus darf allerdings keinesfalls der Schluß abgeleitet werden, daß diese nicht in zeitlicher Verwendung auftreten. Wir konnten uns für diese Analyse nur auf ein sehr begrenztes Korpus stützen; es handelt sich dabei ausschließlich um Beispielsätze der zitierten Wörterbücher. Mögen weitere Lesefrüchte uns dazu verhelfen, gemäß unserer Hypothese auch für weitere der verbleibenden acht Einheiten zeitliche Verwendungsweisen belegen zu können. 2.3.10 Vor dem Hintergrund des Kriteriums der Eindimensionalität mag die zeitliche Verwendung von attorno a und intorno a verwundern, impliziert das räumliche Konzept dieser Präposition schließlich ebenfalls Zweidimensionalität. Diese ist jedoch leicht auf das Konzept der Eindimensionalität reduzierbar, insofern man sich eine Gerade vorstellt, die durch den Mittelpunkt eines Kreises verläuft und diesen entsprechend in zwei Punkten schneidet. Auf diese zwei Punkte der Geraden, welche die zeitliche Dimension repräsentiert, wird entsprechend die räumliche Vorstellung von attorno a bzw. intorno a, die der eines Kreises entspricht, projiziert. 2.4 Die Präpositionen der Vertikalität möchten wir gesondert betrachten, da sie auf dem ersten Blick - zumindest teilweise - aus dem Rahmen einer auf den Prinzipien des raum-zeitdimensionalen Transfers basierenden Beschreibung auszuscheren scheinen. Rufen wir uns zunächst in Erinnerung, daß wir prinzipiell von der Horizontalität als notwendigem Kriterium für die Übertragung der raumdimensionalen Referenz auf die zeitdimensionale ausgehen. Genau an dieser Stelle ergibt sich nun eine eklatante Diskrepanz zum raum-zeitrelationalen Transfer innerhalb des italienischen Präpositionalsystems: Wenn einerseits al di sopra di, al di sotto di, a piè di und in cima a regelkonform nicht in die Dimension der Zeit trans- 96 Jörg Timmermann 14 Für die Annahme eines zeitlichen Gebrauchs von via könnten Verwendungen dieser Präposition mit Gerundium, wie e via dicendo usw. und e via discorrendo usw. , ins Feld geführt werden. Mit Krenn 1996: 573 handelt es sich jedoch hier um «Wendungen» und damit um eine geschlossene Liste. Mit anderen Worten: Es liegt hier kein produktives Muster vor, welches innerhalb der Technik des Sprechens beliebig variiert werden kann. feriert werden können, stellen im direkten Widerspruch zum Kriterium der Horizontalität die überwiegend räumlich verwendeten Präpositionen sopra, sotto und su auch zeitliche Bezüge her; so beispielsweise in [38], [39] und [40]: [38] la notte sopra il sabato [39] Patì sotto Ponzio Pilato. [40] sul volgere del secolo 2.4.1 Relativ klar liegen u.E. die Verhältnisse bei sotto. Im Gegensatz zu Lang 1991: 382, der im französischen Äquivalent sous, welches it. sotto funktional weitestgehend entsprechen dürfte, eine zeitliche Verwendungsweise zu erkennen glaubt, stellen wir die Existenz einer solchen primär zeitlich interpretierten Verwendungsweise grundsätzlich in Abrede. Begründen wir unsere Argumentation auf der Grundlage weiterer Beispiele: So führt etwa Zingarelli 1986 zwei temporale Lesarten von sotto vor, von denen wir zunächst nur die erste in den Blick nehmen: 5. . . . Durante il governo di (spec. per determinare un periodo . . . età storica): - il consolato di Cicerone; la rivoluzione francese scoppiò - Luigi XVI ; patì - Ponzio Pilato; e vissi a Roma - il buono Augusto (DANTE) . . . (Zingarelli 1986, s. sotto) Die Beispiele unter Zingarellis 5. Lesart können wir um die folgenden ergänzen: . . . molto com. anche per determinare un periodo storico, un’età, un tempo: s. l’Austria, nel periodo della dominazione austriaca; s. Napoleone, s. l’imperio di Napoleone; s. il consolato di Cicerone . . . (VIT 1986, s. sotto) Für die temporale Interpretation von Lang scheint zunächst die Tatsache zu sprechen, daß in vielen der zitierten Beispiele sotto durch durante substituiert werden kann. So etwa in: [41] sotto il consolato di Cicerone [41a] durante il consolato di Cicerone [42] sotto l’imperio di Napoleone [42a] durante l’imperio di Napoleone [43] sotto le vacanze [43a] durante le vacanze [44] sotto gli esami 15 [44a] durante gli esami In den übrigen Beispielen, in denen sotto vor einem Personennamen steht und deshalb nicht mit durante kommutieren kann, ist eine Substitution mit al tempo di möglich: 97 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie 15 Cf. VIT 1986, s. sotto: «s. gli esami (che può significare anche durante gli esami)». [45] La rivoluzione francese scoppiò sotto Luigi xvi. [45b] al tempo di Luigi xvi [46] Patì sotto Ponzio Pilato. [46b] al tempo di Ponzio Pilato [47] E vissi a Roma sotto il buono Augusto. [47b] al tempo del buono Augusto Wiederum in anderen Beispielen kann sotto durch a ersetzt werden: [48] sotto Natale [48c] a Natale Damit ist unbestritten, daß sotto eine gewisse temporale Komponente nicht abgesprochen werden kann. Wir sehen diese im Gegensatz zu Lang aber nicht als primär, sondern als sekundär an. Vielmehr liegt u.E. das Primat eindeutig auf der sprachlichen Abbildung eines Dominanzbzw. Kausalverhältnisses, das den in der Aussage referierten Sachverhalt in Abhängigkeit zu dem Referenten sieht, welchen das auf sotto folgende Syntagma denotiert. So wird in [45] La rivoluzione francese scoppiò sotto Luigi xvi. der Ausbruch der französischen Revolution ursächlich auf Ludwig xvi zurückgeführt - hätte ein anderer König regiert, wäre es möglicherweise gar nicht zum Sturz des Ancien Régime gekommen. Deswegen widerspricht es auch dem Sprachgefühl zu sagen: *[45d] La rivoluzione francese scoppiò sotto Stendhal. denn bei Stendhal handelt es sich um einen Autor, der zur Zeit der Französischen Revolution noch ein Kind war und daher mit dieser nicht in einem historischen Zusammenhang steht. Damit ist klar umrissen, worin der Unterschied zwischen sotto und durante besteht: Ein Satz wie [46] Gesù patì sotto Ponzio Pilato. bringt zum Ausdruck, daß Pontius Pilatus für den Tod Jesus Christus verantwortlich zeichnet, während [46b] Gesù patì al tempo di Ponzio Pilato. einen solchen Kausalzusammenhang nicht einmal suggeriert. Hier wird sprachlich lediglich die temporale Beziehung der Gleichzeitigkeit abgebildet, wohingegen in [46] die Temporalität semantisch nur eine konkomitante Größe in bezug auf das abgebildete Kausalitätsverhältnis ist. Die Sprache spiegelt die Relationen der 98 Jörg Timmermann Denotate in der außersprachlichen Wirklichkeit: Hier setzt ein Abhängigkeitsverhältnis notwendigerweise die Gleichzeitigkeit der in einer solchen Relation zueinander stehenden Bezugsgrößen voraus. Unsere Argumentation stützt sich bisher ausschließlich auf Beispiele, die der 5. Lesart bei Zingarelli 1986 entsprechen. Trifft sie auch auf die Beispiele zu, die mit der 10. Lesart bei Zingarelli 1986 korrespondieren? Will man den Lexikographen Glauben schenken, scheint dies nicht der Fall zu sein. Zingarelli selbst definiert diese wie folgt: 10. Verso, nell’imminenza di, in prossimità di, durante (con valore temporale regge i compl. di tempo determinato e continuato): gli ho scritto - Natale; l’ho incontrato - Pasqua . . . (Zingarelli 1986, s. sotto) In Analogie dazu verfahren beispielsweise auch Devoto/ Oli: fig., per indicare prossimità, imminenza . . . s. il Natale, intorno al Natale, nell’imminenza del Natale . . . (Devoto/ Oli 1995, s. sotto) Die aufgeführten Definitionen suggerieren eine Äquivalenz zwischen it. sotto und dt. gegen bzw. um. Die Definitionen bei Zingarelli 1986 und Devoto/ Oli 1995 sind aus referentieller Perspektive - also für die Ebene der Bezeichnung - zutreffend, da in allen zitierten Beispielsätzen ein ungefährer Zeitpunkt denotiert wird. Sie entsprechen aber nicht der Bedeutung von sotto, welches hier u.E. - ebenso wie bei den Beispielen, die sich unter Zingarellis 5. Lesart subsumieren lassen - gleichermaßen ein Kausalbzw. Dominanzverhältnis abbildet. So ist u.E. ein Satz wie [49] Gli ho scritto sotto Natale. nicht ausschließlich temporal zu interpretieren; und es besteht damit auch keine totale Synonymie zwischen [49] und [49c] Gli ho scritto a Natale. Das Schreiben wird in [49] - so lautet unsere Hypothese - mit dem Zeitpunkt des Schreibens in einen Kausalzusammenhang gestellt: Gerade weil Weihnachten ist, schreibt er/ sie ihm (einen Brief). Die übrigen Beispiele sind allesamt analog nach diesem Schema interpretierbar. Damit haben wir für in temporalen Kontexten verwendetes sotto einen einheitlichen Semantismus (i.e. den der Dominanz bzw. Kausalität) aufgezeigt, der sich mühelos in den Rahmen einer einheitlichen Grundbzw. Systembedeutung einfügt, die wir in Analogie zu seinem französischen Korrelat sous mit Lang 1991: 379 in der metasprachlichen Formulierung «A im Einflußbereich von B» angeben. Aus metalexikographischer Sicht geben unsere Resultate Anlaß zur Wörterbuchkritik: Jegliche Sprachbeschreibung und damit auch die lexikographische Be- 99 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie schreibung der Bedeutung der Lemmata einschließlich ihrer unterschiedlichen Lesarten ist umso eleganter, je einheitlicher und konziser die linguistische Beschreibung ist. Vor dem Hintergrund der von uns eruierten einheitlichen Grundbedeutung ist die Aufsplitterung in die Lesarten 5 und 10 bei Zingarelli 1986 unökonomisch (in sprachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht) und infolge des erhöhten Lese- und Memorierungsaufwandes seitens des Lernenden auch undidaktisch. 2.4.2 Wir behandeln im folgenden sopra und su zusammen, da sie sich in temporaler Verwendung nur unwesentlich voneinander unterscheiden, stellen aber einleitend zunächst grundsätzliche Unterschiede ihrer Konzeptualisierung in lokaler Verwendung heraus. Mit Hottenroth 1983: 121 können wir die Semantik von sopra und su folgendermaßen charakterisieren: Su und ebenso sopra liegen zwei miteinander in Zusammenhang stehende räumliche Vorstellungen zugrunde: Bei der Vorstellung, die der typischsten Verwendung von su und sopra zugrundeliegt, verläuft eine gedachte Linie in Richtung der Schwerkraft, i.e. senkrecht durch das Bezugsobjekt. Su und sopra - auf, über, drücken die Relation zu einem auf dieser Linie höher als das Bezugsobjekt gelegenen Objekt aus. An späterer Stelle (p. 122) differenziert sie semantisch die genannten Präpositionen: Bei Objekten, zwischen denen sowohl eine Relation des Kontaktes als auch eine des Höherliegens ohne Kontakt möglich und gleichermaßen typisch ist, wird allerdings mit su eher die Beziehung mit Kontakt ausgedrückt, mit sopra eher die des Höherliegens ohne Kontakt bezeichnet. Cf.: I gabbiani galleggiano sul lago. I gabbiani volano sopra il lago. Die Möwen schwimmen auf dem See. Die Möwen fliegen über dem See. un avviso sulla porta un avviso sopra la porta eine Nachricht an der Tür eine Nachricht über der Tür una mosca sulla lampada una mosca sopra la lampada eine Fliege auf der Lampe eine Fliege über der Lampe Anders als bei sotto, bei dem die referierte Dominanz bzw. Kausalrelation zwischen zwei Denotaten auf einer einheitlichen Grundbzw. Systembedeutung angelegt ist, scheint dies bei su - zumindest auf dem ersten Blick - nicht gegeben zu sein: Erstens lassen sich auf Basis der Wörterbücher zwei temporale Lesarten identifizieren, die wir [zunächst] nicht auf eine gemeinsame semantische Basis zurückführen können: Es handelt sich zum einen «um ungefähre Zeitangabe[n] . . . » (cf. Reumuth/ Winkelmann 1996: 269) vom Typ sulle tre/ sul far del giorno, in denen su - gemäß dem VIT 1986 - ein kontextuelles Synonym für verso bzw. circa repräsentiert. Eine zweite Verwendung liegt mit dem Typ la notte sul sabato vor, 100 Jörg Timmermann eine Gebrauchsweise, die auch für sopra belegt ist und in der eine intermediäre zeitliche Situierung - hier: die Nacht von Freitag auf Samstag - denotiert wird. Eine zweite Schwierigkeit liegt darin begründet, daß die angeführten temporalen Verwendungsweisen von su schwierig auf die lokalen - im Sinne einer einheitlichen Systembzw. Grundbedeutung - bezogen werden können. So lassen sich zwischen der Lesart der temporalen Approximation und der lokalen oder abstrakten Verwendung dieser Präposition keinerlei Parallelen ziehen, denn in keiner dieser Verwendungen dient su zum Ausdruck der Approximation, wie es [50] und [51] exemplifizieren mögen: [50] Il libro è sul banco/ sulla scrivania. [51] parlare sulla scoperta dell’America Trotzdem scheint es uns möglich zu sein, das Konzept der temporalen Approximation von su - wie es sich beispielsweise in den supra genannten Beispielen manifestiert - anthropologisch vor dem Hintergrund eines lokalistischen Ansatzes zu erklären: Mit der lokalen Position der Höhe, wie sie vielfach durch sopra und su zum Ausdruck kommt, ist die menschliche Erfahrung der ungenauen Wahrnehmung verknüpft. Diese Vorstellung der Ungenauigkeit - so lautet unsere Hypothese - ist sodann in einem zweiten Schritt auf die zeitliche Ebene übertragen worden. Es handelt sich hierbei also um eine besondere Spielart der metonymischen Übertragung, in der die lokale Situierung nicht direkt zum Gegenstand der Übertragung auf die zeitliche Ebene geworden ist, sondern nur indirekt (i.e. vermittelt durch die mit der Höhe verbundene menschliche Erfahrung der Ungenauigkeit). Es ergibt sich also die folgende Sequenz: Lokalität Approximation Temporalität. Diese Argumentation steht im Einklang mit der grammatikographischen Beschreibung von su in Reumuth/ Winkelmann 1996: 269, in der für diese Präposition nicht explizit eine temporale Verwendungsweise angegeben wird. Vielmehr findet der Leser die temporale Verwendung von su unter der Verwendungsweise subsumiert, die «zur ungefähren Zeit-, Alters-, Zahl- und Gewichtsangabe» dient. Hier werden dann - über die Beispiele der temporalen Approximation hinaus - auch Beispiele wie un uomo sui trenta/ Ho speso sulle diecimila lire./ Peso sui novanta chili angeführt. Die Kategorie der temporalen Approximation stellt in Analogie dazu also eine Subkategorie der Approximation insgesamt dar. Auch für die zweite Lesart vom Typ la notte sul sabato, der auch bei sopra vorliegt (cf. la notte sopra il sabato), läßt sich eine anthropologisch-lokalistische Hypothese bilden. Während der Tag und das Tagesgeschehen in der menschlichen Vorstellung untrennbar mit der Erdoberfläche verbunden zu sein scheint, wird die Nacht mehr in den Himmel und damit aus lokalistischer Perspektive betrachtet über dem Tage situiert. Eine entsprechende Konzeptualisierung läßt sich in vielen Sprachen nachweisen. Exemplarisch beschränken wir uns auf folgende Illustrationen: 101 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie - dt.: Die Nacht bricht über den Tag hinein. - engl.: Night falls. - span.: La noche cae. - ital.: La notte cade. - frz.: à la nuit tombante/ La nuit tombe/ descend. (Die Tatsache, daß die Vorstellung der von oben kommenden Nacht kognitiv im Sprecherbewußtsein präsent ist, wird im Französischen zusätzlich dadurch validiert, daß sie durch zwei verschiedene Lexeme - tomber und descendre -, die unabhängig voneinander dieses Konzept bestätigen, versprachlicht werden kann.) - frz.: J’ai vu la nuit tomber sur nous. (Ausschnitt aus dem Chanson «C’est la vie qui veut ça» von Johnny Halliday) - frz.: . . . qui fait du ciel le toit de mon sommeil . . . (Diese Passage aus dem Chanson «Ballade pour un fou [Loco Loco]» des französischen Chansonniers Julien Clerc suggeriert ebenfalls die aufgezeigte Vorstellung einer gemeinsamen Lokalisation von Himmel und Nacht, insofern man als prototypischen Topos des Schlafes die Nacht annimmt.) Ausgehend von dieser lokalistisch kognitiven Vorstellung der Nacht über dem Tag und deren Versprachlichung durch su bzw. sopra mit der Redebedeutung avanti, prima könnte diese zeitliche Gebrauchsweise - so unsere Hypothese - auch auf die Versprachlichung von Sachverhalten ausgestrahlt haben, die nicht mehr lokalistisch erklärbar sind, wie z.B. La donna era già sopra parto (Devoto/ Oli 1995, s. sopra). Darüberhinaus wird innerhalb der italienischen Sprache der Typ la notte sul sabato die Nacht von Freitag auf Samstag ausgenutzt, um die Unterscheidung zum Konzept die Nacht von Samstag auf Sonntag zu markieren, welches seinerseits sprachlich als la notte del sabato realisiert wird. Durch ihre Funktionalität erfährt diese Verwendungsweise aus strukturalistischer Sicht eine zusätzliche Existenzberechtigung. In dieser funktionalen Opposition liegt u.E. der Schlüssel zu einer weiteren lokalistischen Interpretation, die keineswegs zu der ersten im Widerspruch steht, sondern vielmehr im Verein mit dieser wirksam ist: Wir gehen zunächst mit Lang 1991: 379 von der menschlichen Erfahrung aus, gemäß welcher ein Objekt, das sich über einem anderen befindet, aufgrund seiner Position - bedingt durch die Schwerkraft - auf das untere einwirken kann. Insofern basiert Langs Bedeutungsanalyse von frz. sur - i.e. B im Einflußbereich von A (wobei A das obere und B das untere Objekt repräsentiert) (cf. Lang 1991: 379) - auf einer lokalistischen Interpretation, wenn auch die Bedeutung von sur nicht mehr notwendigerweise an die räumliche Vorstellung der Vertikalität gebunden ist, wie Lang 1991: 379 es mit den Beispielen placarder une affiche sur un mur, la clé est sur la porte und avoir de l’argent sur soi belegt. Vor diesem Hintergrund können wir jetzt auch erklären, warum sich la notte sul sabato auf die Nacht von Freitag auf Samstag - und eben nicht die Nacht von Samstag auf Sonntag (cf. la notte del sabato) bezieht. Sobald wir den von Lang explorierten Semantismus B im Einflußbereich von A auch für it. sopra und su postulieren sowie A und B respektive mit la notte und sabato korrelieren, ist evident, daß nur die Nacht von Freitag auf Samstag auf den Samstag Einfluß nehmen kann - nicht allerdings die Nacht von Samstag auf Sonntag (so ist 102 Jörg Timmermann man z. B. müde, wenn man in der vorhergehenden Nacht schlecht bzw. wenig geschlafen hat). Es ist also auch hier nicht die räumliche Vorstellung der Vertikalität, die auf direktem Weg in die Sphäre der Zeit übertragen wird, sondern die davon abgeleitete Vorstellung der Einflußnahme. Diese manifestiert sich sowohl räumlich als auch zeitlich (cf. supra). Vor diesem Hintergrund wäre insgesamt sogar kritisch zu hinterfragen, ob sopra und su auschließlich auf die Referenz vertikaler Relationen fixiert sind, wie dies Schwarze 1988: 267 postuliert, indem er sie zu den orientierten Präpositionen stellt, oder ob sopra und su vielmehr der Kategorie von Präpositionen zuzuordnen sind, die weder auf die Referenz lateraler, noch sukzessiver, noch vertikaler Relationen fixiert sind und entsprechend keine Schwierigkeiten bei der Erklärung der raum-zeitlichen Übertragbarkeit bereiten. Auch der Typ un bicchierino di marsala sopra il dolce, der im VIT 1986 in Form einer eigenen temporalen Lesart mit der Bedeutung dopo aufgeführt wird, bietet aus lokalistischer Sicht keinerlei Schwierigkeit der Erklärung. Hier darf man wohl annehmen, daß die lokalistische Vorstellung der vertikalen Abfolge der horizontalen Schichtung der Speisen und Getränke im Magen in der Reihenfolge ihres Verzehrs zugrunde liegt. Diese koinzidiert auf der zeitlichen Ebene exakt mit der chronologischen Abfolge ihres Verzehrs; räumliche Vorstellung und Denotation zeitlicher Abfolgen gehen hier Hand in Hand. Eine alternative Interpretation, welche den entscheidenden Vorzug besitzt, die verschiedenen Normbedeutungen von su unter dem einheitlichen Dach einer gemeinsamen lokalistischen Vorstellung und semantischen Grundbedeutung zusammenzuführen, verdanken wir einer Anregung Wunderlis (schriftliche Mitteilung). Diese einheitliche Basis, die entsprechend sowohl für den Typ der temporalen Approximation (cf. un appuntamento sulle tre) als auch für den der Einflußnahme (cf. la notte sul sabato) konstitutiv sei, lasse sich konzeptualisieren als eine Bewegung in Richtung auf ein Relatum, hier: auf einen Zeitpunkt (cf. le tre) bzw. einen Wochentag (cf. il sabato). Vor diesem Hintergrund wäre sodann allerdings zu klären, aus welchem Grund die betrachteten Relationen mittels su als Präposition der Vertikalität ausgedrückt werden können bzw. müssen und nicht durchgängig durch andere, etwa durch verso 16 : Anthropologisch liegt hier wiederum - so unsere Hypothese - die menschliche Erfahrung der Gravitation zugrunde, welche das höher positionierte Objekt sich auf tiefere zubewegen läßt, eine außersprachliche Relation, welche ihrerseits im Italienischen mithilfe von sopra und su versprachlicht werden kann: [52] La pioggia batteva monotona sopra i tetti. (VIT 1986, s. sopra) [53] La pioggia picchiettava sul tetto. (VIT 1986, s. su) 103 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie 16 So lassen sich beispielsweise zwar verso und su kommutieren in sulle/ verso le tre, nicht aber in la notte sul/ *verso il sabato. Diese räumliche Erfahrung wird sodann in einem zweiten Schritt auf die Zeit übertragen, so daß wir in [54] un appuntamento sulle tre die Verabredung lokalistisch auf den Zeitpunkt 3 Uhr sich zubewegen sehen dürfen. Ferner darf unterstellt werden, daß beim Agens das Bemühen um Pünktlichkeit und ggfs. seine räumliche Bewegung sich an diesem Zeitpunkt orientieren, also - metaphorisch gesprochen - auf diesen Fixpunkt gerichtet sind. Ebenso bewegt sich in [38] la notte sul sabato bildlich gesprochen die Nacht auf den Samstag zu; bezeichnenderweise ist dies in la notte del sabato die Nacht von Samstag auf Sonntag nicht der Fall. Der hier referierte Ansatz einer einheitlichen lokalistischen Vorstellung der von su ausgedrückten temporalen Relationen birgt allerdings einen kleinen Schönheitsfehler in sich, der seinerseits auf einer gewissen Diskrepanz zwischen den lokalen und temporalen Lesarten der zu diskutierenden Präposition beruht: Während in lokaler Verwendung mit su eine Beziehung des unmittelbaren Kontaktes ausgedrückt wird (so denotiert beispielsweise [53], daß der Regen direkt auf das Dach fällt), setzt im diametralen Gegensatz dazu su in temporaler Verwendung einen solchen direkten Kontakt nicht notwendig voraus: Aus referentieller Perspektive kann zwar ein appuntamento sulle tre durchaus auch um Punkt 3 Uhr stattfinden, mit su wird jedoch sprachlich explizit die Möglichkeit eingeräumt, daß die Verabredung mit dem denotierten Zeitpunkt nicht koinzidiert. Referiert wird lediglich die approximative zeitliche Situierung der betrachteten Denotata. Diese Überlegungen kognitiver Natur erhellen den Ausnahmecharakter, den sopra und su als Präpositionen der Vertikalität innerhalb der - ansonsten der lokalen Vorstellung der Horizontalität gehorchenden - italienischen temporalen Präpositionen markieren. Auch eine prototypische Erklärung bietet sich für diese scheinbare Inkongruenz an: Während alle aus der Räumlichkeit hergeleiteten zeitlichen Präpositionen sich mustergültig in das prototypische - aus lokalistischer Sicht horizontale - Konzept der Zeit einfügen, scheren sopra und su als schlechte bzw. periphere Vertreter ihrer Kategorie aus dieser prototypischen Konzeption aus. 2.5 Wenn wir zum einen konzedieren müssen, daß die supra besprochene Vertikalität der temporal verwendeten Präpositionen sopra und su nicht mit den Prinzipien des raum-zeitdimensionalen Transfers im Einklang steht, so müssen wir auch auf eine zweite scheinbare Inkongruenz zu diesem Mechanismus hinweisen. Diese betrifft das visuelle Konzept der Dimension der Sukzessivität, welche für die lokal und temporal verwendbaren italienischen Präpositionen konstitutiv ist und 104 Jörg Timmermann welche damit zunächst im krassen Widerspruch zu dem in unseren Prinzipien des raum-zeitdimensionalen Transfers postulierten Kriterium der Nichttiefe zu stehen scheint: So kann man sich die auf der Achse der Sukzessivität situierten italienischen Präpositionen - im Unterschied zu den Präpositionen der Lateralität - nur in die Tiefe und nicht quer zum Gesichtsfeld verlaufend vorzustellen. 2.6 In der Grammatikographie wird auf der Basis einer referentiellen bzw. semantischen Klassifikation - neben dem räumlichen und zeitlichen Gebrauch - herkömmlicherweise eine dritte präpositionale Verwendungsweise behandelt, welche traditionell unter dem Terminus «übertragener Gebrauch» subsumiert wird 17 . Im folgenden unternehmen wir einen kurzen Exkurs auf diese referentielle bzw. semantische Klasse, denn auch für sie ist - so lautet unsere Hypothese nach einer ersten Sichtung des Materials - ein Strukturelement konstitutiv, welches in direkter Analogie zur raum-zeitlichen Interdependenz von Präpositionen steht. Dieses lautet: Insofern eine Präposition neben der übertragenen Verwendungsweise weitere Verwendungen aufweist, so ist darunter notwendigerweise (auch) eine lokale 18 . So begegnet uns beispielsweise di fronte a, für das es aus den supra dargelegten Gründen konsequenterweise keine temporale Verwendungsweise geben kann, sowohl in lokaler als auch in übertragener Verwendung: [55] lokal: di fronte alla casa (Schwarze 1995: 305) [56] übertragen: di fronte a questi debiti (Schwarze 1995: 305) Umgekehrt formuliert: Es kann keine Präposition geben, die zwar in temporaler und übertragener Verwendung, aber zudem nicht auch in lokaler vorkommt (cf. hierzu die Liste der räumlichen, zeitlichen und übertragenen Bedeutungen der italienischen Präpositionen bei Schwarze 1995: 304s.) 19 . Dies wäre ein entscheidender Hinweis darauf, daß auch die übertragene Bedeutung - ebenso wie wir dies im Rahmen dieses Beitrags für die temporale nachgewiesen haben - im Sinne der lokalistischen Hypothese auf der räumlichen beruht. Die Verifikation dieser Hypothese 20 würde somit das lokalistische Prinzip zusätzlich fundamental stützen. 105 Auf dem Weg zu einer Grammatik der Polysemie 17 So z.B. bei Schwarze 1995: 304s. 18 Allerdings kennt das Italienische eine Reihe von Präpositionen, die weder in lokaler noch in temporaler Verwendung vorkommen, wie beispielsweise malgrado und secondo (cf. Schwarze 1995: 301s.). 19 Der bei Schwarze 1995: 304s. aufgeführte Typ von ausschließlich zeitlich und übertragen verwendeten Präpositionen widerspricht nur auf den ersten Blick unserer Hypothese der Inexistenz von Präpositionen, die neben einer zeitlichen und übertragenen Verwendung nicht auch in lokaler Verwendung vorkommen: Die von Schwarze hier angeführten Präpositionen dopo, entro und prima sind nach unseren Forschungen in lokaler Verwendung sehr wohl belegt (cf. 2.1.1). 20 Zur endgültigen Validierung dieser Hypothese müßte dieser Frage in einer Detailstudie nachgegangen werden. 3. In direkter Analogie zum raum-zeitdimensionalen Transfermechanismus zeigt sich im Bereich des italienischen Präpositionalsystems die prinzipielle und voraussagbare Übertragbarkeit räumlicher Präpositionen auf die zeitliche Ebene. Diese ist - ebenso wie beim raum-zeitdimensionalen Transfermechanismus - an bestimmte, aber nicht völlig identische Kriterien geknüpft. Sehen wir von sopra und su als schlechten Repräsentanten ihrer Kategorie ab, so manifestieren sich in beiden Transfermechanismen die Kriterien der Maxi-/ Unidimensionalität und Horizontalität. Das für den raum-zeitdimensionalen Transfermechanismus konstitutive Kriterium der Nichttiefe steht hingegen im deutlichen Widerspruch zum lokal-temporalen Transfermechanismus innerhalb des italienischen Präpositionalsystems, welcher mit dem Kriterium der Sukzessivität ausdrücklich das Korrelat zur Tiefe als Kriterium postuliert. Die erzielten Ergebnisse möchten keine linguistique pour la linguistique darstellen. Sie sind didaktisierbar und erleichtern sicherlich dem Italienischlernenden den ersten Zugang zu dem traditionell sehr schwierigen Kapitel der Präpositionen. Leider ist die Reichweite der Transfermöglichkeiten bezogen auf die Norm des Italienischen nicht so extensiv wie im Spanischen, für das wir eine vergleichbare Analyse vorgelegt haben (cf. Timmermann 2000): Bei einigen Präpositionen, die gemäß der aufgezeigten Prinzipien des raum-zeitlichen Transfers generell in die Sphäre der Zeit übertragen werden könnten und für die innerhalb der Geschichte des Italienischen entsprechende temporale Verwendungen auch tatsächlich belegt sind, macht das heutige Standarditalienisch eben von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch (cf. davanti a, dinanzi a und vicino a). Dieser Befund, der für das Spanische nicht konstitutiv ist, steht einer Didaktisierung der Resultate für das Italienische im Vergleich zum Spanischen eher entgegen, da die nicht von den Prinzipien des raum-zeitlichen Transfers erfaßten Einheiten mit dem bei Linguisten hochgradig unbeliebten Terminus Ausnahme 21 etikettiert werden müßten. Insgesamt glauben wir aber, mit unseren Untersuchungen zum Französischen (cf. Timmermann 1997), Italienischen und Spanischen (cf. Timmermann 2000) einen bescheidenen Schritt auf dem Weg zur Konstituierung einer Grammatik der Polysemie unternommen zu haben. Münster Jörg Timmermann 106 Jörg Timmermann 21 Es stellt sich aus linguistischer Perspektive auch die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, von Ausnahmen zu sprechen; schließlich handelt es sich bei Ausnahmen nicht notwendigerweise um völlig chaotische Phänomene, sondern um solche, die einer anderen Regel gehorchen als der, in bezug auf die sie als Ausnahme beschrieben werden und deren Reichweite diese eben nicht erfaßt. Bibliographie Apresjan, J. D. 1973: «Regular polysemy», Linguistics 142: 5-32 Battaglia 1961 = Battaglia, S. 1961-98: Grande Dizionario della Lingua italiana, vol. 1-19, Torino Blank, A. 1997: «Les adjectifs temporels du type long/ court dans les langues romanes: un cas de métaphoricité étroite », in: Hiltraud Dupuy-Engelhardt/ Marie-Jeanne Montibus (ed.), L’organisation lexicale et cognitive des dimensions spatiale et temporelle. 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