eJournals Vox Romanica 59/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2000
591 Kristol De Stefani

Rom Harré/Jens Brockmeier/Peter Mühlhäusler, Greenspeak. A Study of Environmental Discourse,Thousand Oaks/London/New Delhi (Sage) 1999, xi + 204 p.

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Yvonne  Stork
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halb durch eine pragmatische Theorie ergänzt werden - und diese könne letztlich nur auf der Relevanztheorie von Sperber/ Wilson basieren (15ss.). Und genau dies sollen die drei Teile seiner Aufsatzsammlung zeigen. Moeschlers Ansatz ist interessant und aktuell, aber er provoziert durch seine absolutistische Einseitigkeit gleichzeitig und unweigerlich Widerspruch. Dies hat er wohl selbst gesehen, wenn er p. 9 schreibt, die hier zusammengeführten Arbeiten seien alle ursprünglich als Kampfschriften konzipiert gewesen, in denen es darum gegangen sei, der Relevanztheorie zum Durchbruch zu verhelfen. Ein derartiger Durchbruch kann aber nicht «Alleinherrschaft» bedeuten, sondern höchstens «Gleichberechtigung im Rahmen einer vielfältigen Schwerpunktsetzung vor dem Hintergrund eines wissenschaftlichen Kontinuums». Diese Modifikation ist eine conditio sine qua non für die Akzeptanz von Moeschlers Buch. Ist man bereit, diese prototypische Korrektur anzunehmen und damit den «Alleinvertretungsanspruch» zurückzuweisen, dann ist Moeschlers Buch eine anregende, in vielerlei Hinsicht auch zukunftsweisende Lektüre. P. W. H Rom Harré/ Jens Brockmeier/ Peter Mühlhäusler, Greenspeak. A Study of Environmental Discourse, Thousand Oaks/ London/ New Delhi (Sage) 1999, xi + 204 p. Die vorliegende, interdisziplinär angelegte Studie untersucht linguistische, philosophische, psychologische und kulturell-historische Aspekte des Umweltdiskurses. Für die Interdisziplinarität verbürgt bereits die Zusammenstellung der Autoren: Rom Harré ist Psychologe und Philosoph; eines seiner wesentlichen Arbeitsfelder ist die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Zeit. Auch Jens Brockmeier ist Psychologe und Philosoph. Zu seinen Schwerpunkten zählen neben der Naturphilosophie Fragen zum Zusammenhang von Zeit und Sprache sowie nach der Bedeutung von Zeit in verschiedenen Kulturen. Peter Mühlhäusler schließlich ist Linguist; zu seinen Hauptarbeitsgebieten gehören die Beziehung zwischen Sprache und Umwelt sowie die Beschäftigung mit Pidgin- und Kreolsprachen. Den Terminus Greenspeak haben die Autoren geprägt als «a catch-all term for all the ways in which issues of the environment are presented, be it in written, spoken or pictorial form» (vii). Sie möchten mit ihrer Studie das kritische Bewußtsein für die Art schärfen, in der Umweltthemen dargestellt werden. Die Verf. verstehen ihre Analysen als kritischen Metadiskurs über den Umweltdiskurs; sie möchten die Strategien aufdecken, die verschiedene Personen bzw. Gruppierungen verfolgen, wenn sie - aus ganz unterschiedlichen Positionen heraus - über das Thema Umwelt reden bzw. schreiben. Den Autoren ist dabei bewußt, daß Änderungen im Reden über Umwelt durchaus auch eine Gefahr bergen, «the very real danger of talk replacing or postponing action» (ix). Für ihr Material greifen sie auf ihre in den Jahren 1992 bis 1994 am Linacre College in Oxford gehaltenen Vorlesungen zum Thema Greenspeak zurück. Wichtige Quellen sind weiterhin Berichte über die Umweltkonferenz von Rio aus dem Jahr 1992, wissenschaftliche Zeitschriften wie der Scientific American, Dokumente der britischen Grünen und der British Nuclear Fuels plc., verschiedene Sekundärliteratur zum Thema Umwelt sowie nicht zuletzt eine von Mühlhäusler bereits im Jahr 1976 begonnene Materialsammlung zu Greenspeak. Unter Berufung auf Baskin weisen die Verf. darauf hin, daß eine Kluft bestehe «between what we can know and what we need to know about the environment to ensure our own survival as a species and the maintenance of a self-sustaining diversity throughout the 202 Besprechungen - Comptes rendus biosphere» (173). Welche Rolle kann die Sprache bei der Verringerung dieser Kluft spielen? Die Autoren gehen von einer Wechselbeziehung zwischen sprachlicher und kultureller Vielfalt auf der einen Seite sowie der Artenvielfalt auf der anderen Seite aus. Da Sprache Wirklichkeit nicht nur abbildet, sondern auch formt, gilt: «The loss of languages is also a loss of conceptual resources» (ix). Die sprachliche Vielfalt ist den Verf. zufolge dabei nicht nur durch das Aussterben von Sprachen bedroht, sondern auch aufgrund von Kolonisierung durch Weltsprachen mit einer sehr großen Sprecherzahl, insbesondere Englisch (178). Greenspeak, das sei bereits vorweggeschickt, ist ein hochinteressantes, sehr informatives und zugleich spannend zu lesendes Werk. Die Autoren verarbeiten Literatur aus einem enorm breiten Spektrum. Es gelingt ihnen, die komplexe Materie geschickt aufzubereiten. Die verschiedenen Argumentationsstränge werden wiederholt gebündelt, und an neuralgischen Punkten rufen die Autoren dem Leser ihre Position bezüglich des Verhältnisses von Sprache und Umwelt erneut in das Gedächtnis. Der breite Bogen, den die Autoren spannen, spiegelt sich in den neun Kapitelüberschriften wider: «Environmental Discourses», «Linguistic Foundations», «Rhetorical Uses of Science», «Environmental Narratives», «The Power of Metaphor», «Temporal Dimensions», «Ethno-Ecology», «Linguistics as Environmentalism», «The Moral and Aesthetic Domain». Hieran schließen sich die Bibliographie (189-98), ein Index 1 (199-201) und ein Kurzportrait der drei Autoren (203s.) an. Im ersten Kapitel, Environmental Discourses (1-20), präsentieren die Verf. wesentliche Pfeiler des Umweltdiskurses, seine vielfachen zeitlichen Bezüge sowie seine moralischen und ästhetischen Bewertungen. Zudem gehen sie auf historische Vorläufer ein. Wichtige Wurzeln sehen sie im Zeitalter der Aufklärung. Als einer der ersten Sprecher von Greenspeak wird Alexander von Humboldt bezeichnet. Mittlerweile, so die Autoren, ist Greenspeak im Begriff, eine Weltsprache zu werden. Es sei der in den letzten Jahrzehnten zunehmend entscheidenden Rolle des weltweiten Medienverbundes zu verdanken, daß sich inzwischen eine «environmental lingua franca» herausbilde. Neu sind nach Meinung der Verf. allerdings weder die globale Beschäftigung mit dem Thema Umwelt, noch die wissenschaftlichen Fakten, noch die Entdeckung des enormen Ausmaßes der Umweltzerstörung, und selbst bei der Versprachlichung dieser Sachverhalte gibt es nach Meinung der Verf. nur wenig Neues. Die entscheidende Neuerung - als Wendepunkt führen die Autoren die Konferenz von Rio aus dem Jahr 1992 an - sei vielmehr die Globalisierung des Umweltdiskurses, die globale, medial gesteuerte Aufmerksamkeit, die der Beschäftigung mit dem Thema Umwelt inzwischen zuteil würde. Das zweite Kapitel (21-50) dreht sich um die Linguistic Foundations. Die Verf. bezeichnen ihren Ansatz als «integrational approach» (43). «For the integrationist, communication depends very much on ‹how you take› what is said or written, and this in turn depends on the circumstances in which it is being produced and/ or interpreted, by whom, for what purpose and so on. Let us say that all the various factors involved jointly contribute to the ‹accreditation› of the discourse» (44). Parallelen zu Austins Sprechakttheorie sind unübersehbar, allerdings messen Harré/ Brockmeier/ Mühlhäusler dem Kontext bzw. der Kontextualisierung einen noch größeren Stellenwert bei als Austin. Die Verf. konstatieren, daß beim Sprechen über das Thema Umwelt und über das Verhältnis zwischen Natur und Kultur häufig die angemessenen sprachlichen Mittel fehlen. 203 Besprechungen - Comptes rendus 1 Der Index ist leider sehr lückenhaft: Mehrere im Text erwähnte Autoren werden nicht aufgeführt, bei anderen Autoren werden längst nicht alle Seiten angegeben, auf denen sie erwähnt werden. Letzteres gilt auch für die anderen Stichwörter; so wird environment nur als «powerful v. vulnerable environment» und in der Verbindung mit «purpose made» verzeichnet. Grundlagen ihrer Argumentation sind verschiedene, in der Sprachplanung bedeutende Typen von Adäquatheit. Unter dem Gesichtspunkt der referentiellen Adäquatheit, nach Haugen definiert als die Fähigkeit einer Sprache, für die Sprecher ein Instrument referentieller Bedeutung zu sein (cf. p. 22), sei es beispielsweise wesentlich angemessener, statt dem gängigen greenhouse effect den Ausdruck human-induced climatic dislocation zu wählen (28). Ein weiterer Typ ist die systematische Adäquatheit. Darunter versteht man nach Dahlstedt « being structured so as to approach maximum rule economy and efficiency, and having a clear and uniform semantic structure with a terminology that is unambiguously translatable » (zit. nach Harré/ Brockmeier/ Mühlhäusler, p. 22). Eine weitere Art von Adäquatheit ist die social adequacy. Hierunter versteht man «that language should be acceptable to a maximum number of speakers in the target community, promote social unity and intercommunication and cater to present as well as anticipated future social needs» (22). In dieser Hinsicht unangemessen sei z. B. der Terminus population control, da er den Frauen die Verantwortung für ihren Körper abspreche und sie somit herabsetze. Zusätzlich postulieren die Autoren noch die environmental adequacy. Damit ist gemeint, daß eine Sprache es ihren Benutzern ermöglichen sollte, über Umweltthemen so zu sprechen, daß es gleichermaßen informativ als auch den Sprechern sowie der Natur förderlich ist. Die environmental adequacy ist, anders als referential adequacy, systematic adequacy und social adequacy, keine selbständige Art von Adäquatheit. Sie wird vielmehr dann erreicht, wenn die anderen drei Arten gegeben sind. Was ihre Auffassung von Bedeutung betrifft, so orientieren sich die Verf. an Wittgenstein und seinem Konzept der Familienähnlichkeit. Sie führen fünf Oppositionen auf, in die nature eingebettet ist - «The Natural and the Artificial», «The Organic and the Inorganic», «The Rural and the Urban», «The Wilderness and the Peopled», «The Natural and the Supernatural» (38-40) - und kommen in Anlehnung an Wittgenstein zu dem Schluß: «There is no hidden essence that explains all the ways we use the words nature and natural. There is no one thing that is Nature» (41). Nach dem Lexikon widmen sie sich den tiefer liegenden Schichten der Sprache; als Beispiel aus der Grammatik werden die Pronomen angeführt. Die Verf. stützen sich hier auf eigene Forschungen zu den Possessivpronomen in der Papua-Sprache Barrai. Diese unterscheidet bei den Possessiva drei Typen von Kontrolle; es handelt sich also, zieht man etwa die englischen Possessiva zum Vergleich heran, um ein fein gegliedertes System. Die Beziehung zwischen Bewohnern und «ihrem» Land gehört beispielsweise zu dem Typ, der durch gegenseitige Abhängigkeit gekennzeichnet ist; das Konzept des Landbesitzes kennen die Sprecher des Barrai nicht. Eine wichtige Rolle kommt im «integrational approach» den Metaphern zu (cf. Kap. 5). Im Bemühen, sich von der «orthodoxen Linguistik» abzusetzen, argumentieren die Verf. in diesem Punkt allerdings vergröbernd. Ihrer Ansicht nach dürfe man Schweinestall als Metapher für ein Arbeitszimmer und die Metapher vom Fuß eines Berges nicht ein und derselben Kategorie zuordnen, da bei letzterer kein kontextbedingter Perspektivwechsel zu beobachten sei.Von ein und derselben Kategorie würde jedoch auch die «orthodoxe Linguistik» nicht sprechen, da es sich bei dem Fuß eines Berges um eine lexikalisierte Metapher handelt. Das dritte Kapitel handelt von den Rhetorical Uses of Science (51-68). Wenn in Greenspeak auf Vokabular, Theorien und Modelle der Naturwissenschaften zurückgegriffen wird, so geschieht das den Verf. zufolge auch aufgrund der - keineswegs gering einzuschätzenden - rhetorischen Kraft des Wissenschaftsdiskurses. Wissenschaft sei nicht nur eine Quelle von Wissen, sondern auch - und dieser Aspekt steht in Greenspeak im Vordergrund - «a resource in the shaping of public opinion» (53). Greenspeakers, so die Autoren in einem späteren Kapitel, würden sich, wegen des moralischen Ansehens und des Vertrauensvorschusses, den diese in der Öffentlichkeit genössen, gerne als Wissenschaftler darstellen (85). 204 Besprechungen - Comptes rendus Die Verf. warnen allerdings, sowohl was die Wissenschaftsrhetorik, als auch was die Ergebnisse betrifft, davor, sich allzu leichtfertig auf die Naturwissenschaften zu stützen, da es ein Kennzeichen der Naturwissenschaften sei, daß Erkenntnisse ständig revidiert würden. Gerade mit der auf naturwissenschaftlichen Resultaten basierenden Entwicklung apokalyptischer Szenarien müsse man vorsichtig sein. Das vierte Kapitel dreht sich um die Environmental Narratives (69-90). Die narrativen Strukturen spielen für die Überzeugungskraft von Texten zur Umweltthematik eine entscheidende Rolle. Die Verfasser stützen sich in ihren Analysen auf Vladimir Propp und seine - v.a. für Märchen entwickelten - 31 Funktionen. Unter Verknüpfung der Ansätze von Propp und Elsbree analysieren die Verf. die Grundsatzerklärung der britischen Grünen für die Wahlen von 1992. Ein in «green storytelling» beliebtes narratives Modell ist der Bildungsroman. Die in ihm buchstabierte Verschmelzung von individuellen, kulturellen und historischen Prozessen nimmt im Umweltdiskurs die Form des «threefold scheme - natural, cultural and individual -» (76) an. Das fünfte Kapitel trägt die Überschrift The Power of Metaphor (91-118). Metaphern werden in der Umweltdiskussion z. B. benutzt «to reconcile the seemingly incompatible accreditations of scientific, moral and economic discourses» (116). Den Autoren zufolge vermögen Metaphern unsere Kenntnisse bzw. unser Verständnis von bestimmten Umweltphänomenen zu erweitern. Die Untersuchung von Metaphern kann auf verschiedene Weise gewinnbringend sein, etwa durch Auflistung derjenigen Metaphern, die sich bei der Diskussion von Umweltthemen als hilfreich oder im Gegenteil als hinderlich erwiesen haben, durch das Schöpfen von neuen, andere Perspektiven weisenden Metaphern oder auch dadurch, daß die Grenzen von Metaphern sorgfältig geprüft werden. Die Autoren zeigen, daß sich Metaphern häufig um Polaritäten, wie die zwischen offenen und geschlossenen Systemen, ranken - letztere werden etwa durch die Metaphern vom Rettungsboot veranschaulicht. Eine weitere Polarität besteht beispielsweise in der Gegenüberstellung von der gleichgültigen bzw. sogar feindlichen Umwelt einerseits und der Umwelt als einer eigens für menschliche Bedürfnisse gemachten andererseits. Eine Metapher für die gleichgültige bzw. feindliche Umwelt ist z. B. die von der «Domestizierung» der «wilden Natur» (107). Trotz dieses Plädoyers für die Möglichkeiten der Metaphern stehen die Verf. diesen keineswegs unkritisch gegenüber. Sie räumen ein, daß es auch viele «hot air metaphors» (109) gebe. Darüber hinaus merken sie kritisch an, daß die Fülle an Metaphern im Umweltdiskurs auch Ausdruck mangelnder Kenntnisse und Zeichen einer gewissen Hilflosigkeit sei. Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit den Temporal Dimensions (119-36). Zeit spielt in der Umweltdiskussion eine zentrale Rolle. Reden über Umwelt ist nach Ansicht der Verf. fast immer zugleich Reden über Zeit. Die ökologische Krise, die auch eine Krise des Wertesystems der westlichen Kulturen ist, bewirkt, daß Überzeugungen, die in unseren zeitlichen Ordnungen verwurzelt sind, zerbröckeln. Somit ist die ökologische Krise auch eine Krise der Zeit. Die Verf. unterscheiden zwei verschiedene Modelle. Dem ersten zufolge stützen sich Texte zum Thema Umwelt auf zeitliche Dichotomien wie «natural and cultural time», «natural/ cultural and individual time», «objective and subjective time» oder «historical and personal time». Eine dieser beiden Seiten setzt sich dabei durch bzw. führt zur «Neueichung» der anderen (121). Das andere Modell verhält sich komplementär zum erstgenannten. Es geht von zeitlichen Hierarchien aus und unterscheidet natürliche, kulturelle und individuelle Zeit.Alle drei Ebenen hängen voneinander ab und sind miteinander verwoben. Den drei verschiedenen zeitlichen Ordnungen stehen in Greenspeak allerdings nur zwei beglaubigende Instanzen gegenüber. Für die natürliche Zeit sind es die Naturwissenschaften, für die individuelle Zeit moralische und ästhetische Überlegungen. Für die Autoren erweist sich die Ebene der individuellen Zeit als besonders wichtig, weil hier der moralische Aspekt, das persönliche Engage- 205 Besprechungen - Comptes rendus ment ins Spiel kommt. Bei der Fülle der zeitlichen Bezüge gilt es für jedes Individuum, sein persönliches Gleichgewicht, seine persönliche «time synthesis» (135) zu finden. Ethno-Ecology (137-60) ist das Thema des siebten Kapitels. Sprachliche Diversifizierung spiegelt kulturelle Anpassung an die Gegebenheiten der Umwelt wider. Sprecher formen ihren Wortschatz und ihre Grammatik so, daß sie ihnen zugute kommen. «Specialist knowledge of the natural environment, such as knowledge of useful and harmful plants and animals, seasons or tides, is reflected in a specialist lexicon in very much the same way that the lexicons of painting, farming or computing in our society reflect the knowledge needed to sustain and develop such specialist activities. Life in a particular human environment is dependent in part on people s ability to talk about it and to use language to manage it» (140) 2 . Wenn man eine Pflanze nicht benennen kann, so die Verf. unter Verweis auf Sapir, führt das leicht dazu, daß diese Pflanze als Unkraut angesehen wird. Aufschlußreich ist auch der Bereich der Klassifizierung. Die Verf. zeigen z. B., daß die Klasse der eßbaren Tiere in verschiedenen Sprachen besonders gekennzeichnet wird, sei es durch eine spezielle Art der Pluralbildung oder durch besondere Präfixe. Verschiedene linguistische Klassifizierungen gehen einher mit unterschiedlichen Einstellungen zur Umwelt, wobei die Autoren nicht davon ausgehen, daß die Naturauffassung in kleineren Eingeborenensprachen automatisch «besser» ist (159). Die Grenze zwischen Menschen und der nichtmenschlichen Umwelt verläuft in verschiedenen Kulturen ganz unterschiedlich. Beispielsweise gelten in vielen autochthonen Kulturen bestimmte Tiere als Menschen mit einer besonderen äußeren Gestalt (bei den Sawo in Papua Neu Guinea z. B. gilt das für Schweine). Diese Sichtweise schlägt sich auch in den linguistischen Klassifizierungen nieder. Noch weiß man allerdings wenig darüber, wie Sprecher nicht-westlicher Sprachen über die Umwelt sprechen. Deswegen bezeichnen die Verf. die von ihnen angeführten Beispiele zu den nicht-westlichen Sprachen lediglich als eine «butterfly collection» (159). Eine Ausweitung dieser Forschungen sei dringend erforderlich, weil immer mehr kleine Sprachen vom Aussterben bedroht seien und die ethnobiologischen Kenntnisse der Sprecher häufig früher verschwänden als andere Kenntnisse (147). Es bestehe die Gefahr, daß sich die westliche Ausprägung von Greenspeak gegenüber anderen Weisen, über die Umwelt zu sprechen, durchsetze. Das achte Kapitel trägt den Titel Linguistics as Environmentalism (161-72). Die Verf. operieren hier mit dem Konzept der ecology of language, das der Einbettung der sprachlichen Kommunikation in soziale, zeitliche, geographische und andere Strukturen Rechnung trägt (163). Die Sprachenvielfalt ist, darauf weisen die Autoren mehrfach hin, in Gefahr.Wie kann man dieser Gefahr begegnen? Häufig wird es als ein Beitrag zur Rettung von Sprachen gesehen, daß man die Sprachen in «man-made artificial environments» (169) wie Grammatiken oder Wörterbüchern konserviert. Die weitgehende Erfolglosigkeit solcher Maßnahmen hängt den Verf. zufolge damit zusammen, «that what needs to be preserved is a reified object rather than communication activities in a functioning linguistic ecology» (169). Es muß, so Harré, Brockmeier und Mühlhäusler, das zentrale Anliegen sein, den Sprachen einen angemessenen oikos, ein geeignetes Haus, in dem sie auf Dauer überleben können, zu stellen (169). Am Beispiel der traditionellen Sprachen Australiens und des pazifischen Raums nennen sie einige Störfaktoren für ein solches Haus. So würde bei einigen der komplexeren Sprachen, die an ganz bestimmten Plätzen gelehrt würden, der Ersatz solcher physischer Lernkontexte durch westliche Schulen zum strukturellen Zusammenbruch 206 Besprechungen - Comptes rendus 2 Zu kritisieren ist allerdings die Art, in der die Verf. das Zipfsche Gesetz interpretieren. Ihnen zufolge gilt: «The cultural centrality of a lexical concept is manifested . . . in Zipf’s law, which postulates that what is culturally central will be expressed by means of a short word» (145). Doch bei dem Zipfschen Gesetz geht es primär um die Häufigkeit von Wörtern, und nicht um ihre kulturelle Bedeutung. beitragen. Bei einigen australischen Eingeborenensprachen, die sich dadurch auszeichnen, daß sie grundsätzlich nur von Erwachsenen gesprochen werden, wäre es den Verf. zufolge geradezu kontraproduktiv, diese Sprachen zu Schulsprachen für Kinder zu machen. Das Problem ist allerdings, daß noch nicht genau bekannt ist, welche Faktoren zur Rettung von language ecologies unbedingt gegeben sein müssen. Deshalb ist das Aussterben weiterer Sprachen unvermeidlich. Sicher ist, daß das Schicksal der Ökologie der Sprachen eng mit dem der Ökologie der Natur verknüpft ist: «The interaction between [the ecology of languages] and [the natural ecology] would seem to be a precondition for their joint survival» (172). Zudem kann das Überleben der sprachlichen Vielfalt nach Meinung der Autoren nicht losgelöst von ökonomischen Erwägungen gesehen werden. Sie weisen darauf hin, daß sprachliche Vielfalt auch unter ökonomischen Gesichtspunkten ein Gewinn sein könne und plädieren dafür, Sprachen auch als «repositories of economically valuable ideas» zu sehen. Sprachenvielfalt könne der Gesellschaft helfen, Kosten einzusparen (171). Das neunte Kapitel trägt die Überschrift The Moral and Aesthetic Domain (173-88). Greenspeak versucht, den wissenschaftlichen Diskurs mit dem moralischen und ästhetischen Diskurs zu verbinden. Spätestens seit der Konferenz von Rio 1992 ist Greenspeak Teil des Alltags geworden. Diese Entwicklung kann man zum einen positiv als zunehmende Akzeptanz des neuen Diskurses sehen, andererseits ist aber auch folgende Interpretation möglich: «Greenspeak, one might say, has been aufgehoben - preserved and surpassed - without any transition or break in the general discourse of our times» (186). Wie könnte es zu einer solchen Absorption gekommen sein? Nach Meinung der Autoren weisen alle Greenspeak-Dialekte eine - häufig verborgene - gemeinsame Schicht auf, die eine tiefe Sympathie für einen bestimmten ästhetischen Standpunkt hegt, «a doctrine of life as an art form» (186). «At the core of the doctrine is the idea of holistic rightness, the fitting together in a dynamic equilibrium of the human race with all the other things, organic and inorganic, that grace the outer layers of the planet Earth» (186). Es entgeht den Verf. nicht, daß eine Betonung der Ästhetik als gemeinsamer Nenner der verschiedenen Greenspeak-Dialekte äußerst ambivalent ist. Sie könnte im negativen Fall zu einer Abwendung von der moralischen Verantwortung, von moralischen Rechten und Pflichten führen (187). Der Grund, weshalb die Autoren trotzdem nachhaltig für die Berücksichtigung einer ästhetischen Dimension eintreten, liegt zum Teil in der Insuffizienz der moralischen Kategorien. Es erscheint den Verf. nämlich äußerst heikel, diese auch auf den nicht-menschlichen Bereich zu applizieren. Trotz dieses beschränkten Anwendungsbereiches soll die moralische Dimension ihrer Ansicht nach aber auf jeden Fall bewahrt werden, da die ästhetische Dimension kein geeignetes Movens zum Handeln ist (187). Den Autoren ist ein facettenreiches und vielschichtiges Buch gelungen. Es lebt von dem ständigen Dialog zwischen den theoretischen Passagen einerseits und den umfangreichen, arbeitsaufwendigen, aber auch sehr ergiebigen empirischen Feldstudien andererseits. Bei allem spürbaren Engagement behandeln die Verf. ihr Thema sehr ausgewogen und mit einem wohltuenden Pragmatismus. Sie hüten sich vor Einseitigkeit und Extremen. Ihre umfassenden Kenntnisse in bezug auf natürliche Systeme kommen ihnen hierbei zugute. Sie bewahren die Verf. zudem vor einer unzulässigen Reduktion der komplexen Gegebenheiten. Vor einer Romantisierung der «guten» Natur wird ebenso gewarnt wie vor einer verklärenden Sicht der Eingeborenen bzw. Eingeborenensprachen. Es sei falsch, diesen Sprachen automatisch eine den SAE-Sprachen überlegene Deutung der natürlichen Umwelt zuzuschreiben. Anders als manch andere Ökolinguisten geißeln die Autoren die anthropozentrische und utilitaristische Sichtweise der Natur nicht, diese sei vielmehr «inevitably [the perspective that] drives human perceptions of nature» (141). Auch unterliegen die Autoren, im Unterschied zu einigen anderen Verfassern ökolinguistischer Werke, 207 Besprechungen - Comptes rendus nicht der Gefahr einer Verdammung der Ökonomie. Vielmehr binden sie diese, wie gezeigt, in ihr Konzept ein, ohne daß sie die Ökologie der Ökonomie deshalb andienen würden. Diese Haltung zeichnet den Ansatz der Autoren generell aus: Sie integrieren die verschiedenen Kräfte, ohne Unterschiede und mögliche Konfliktpunkte, z.B. zwischen moralischen und ästhetischen Standpunkten oder zwischen Ökonomie und Ökologie, zu nivellieren oder zu verschweigen. Trotz des integrativen Charakters läuft das Projekt keinesfalls Gefahr zu verwässern, es erhält im Gegenteil gerade dadurch seine eigenen Konturen. Aus dem Pragmatismus der Autoren und ihrem Einbinden der verschiedenen Kräfte den Schluß zu ziehen, sie verfolgten keine weitreichenden Ziele, wäre grundverkehrt. Sie wollen energisch gegen das Aussterben von Sprachen angehen und sich keinesfalls mit musealen Sprachen, die nur in Wörterbüchern oder ähnlichen Zeugnissen konserviert werden, zufriedengeben. Kritisieren kann man allerdings die Verwendung von global bzw. globalization. Beide Wörter sind in Greenspeak vornehmlich in einem sehr speziellen Kontext, dem der Globalisierung des Umweltdiskurses, zu finden und positiv besetzt - die Verf. begrüßen diese Globalisierung, da sie in ihr einen maßgeblichen Faktor für die Entwicklung einer environmental lingua franca sehen. Daß andererseits gerade die Globalisierung nicht unwesentlich zum Aussterben von kleineren Sprachen beiträgt, wird demgegenüber vernachlässigt. Nicht unproblematisch erscheint mir zudem die Einbindung der Ästhetik. Sie spielt, gerade gegen Ende des Buches, eine zentrale Rolle. Den Verdacht, daß es sich bei der ästhetischen Dimension zum Teil auch um eine Flucht handelt, können die Autoren m.E. nicht völlig ausräumen. Es besteht zumindest die Gefahr, daß diese Dimension mißverstanden und als Vorwand benutzt werden könnte, sich der moralischen Verantwortung zu entziehen bzw. zumindest die moralische Dimension zu vernachlässigen. Letztenendes ist vermutlich das umfangreiche Wissen in bezug auf natürliche Systeme, das es den Verf. verbietet, die Natur nach dem Maßstab moralisch/ unmoralisch zu beurteilen und somit die begrenzte Reichweite der moralischen Dimension aufzeigt, ein gewichtiger Grund dafür, daß sie der heiklen ästhetischen Dimension einen so großen Raum zugestehen. Die Autoren betreten, darauf weisen sie selbst wiederholt hin, mit ihrem Werk Neuland. Der unabgeschlossene Charakter, der dem Buch anhaftet, ist deshalb unvermeidlich. Der eingeschlagene Weg ist zwar mühsam und sehr arbeitsaufwendig, aber sicherlich sehr lohnend. Eine gewisse Langsamkeit ist bei dem gewählten Thema unvermeidlich. Nach Weinrich unterscheidet sich die Ökologie nicht zuletzt dadurch von der Ökonomie, daß für erstere gilt: «tous les problèmes sont longs et toutes les solutions lentes» 3 . Yvonne Stork H Martin-Dietrich Glessgen/ Franz Lebsanft, Alte und Neue Philologie, Tübingen (Niemeyer) 1997 (Beihefte zu editio 8) x + 384 p. Le volume rassemble vingt-trois communications présentées lors d’un colloque intitulé, précisément, «Alte und Neue Philologie» en octobre 1995, à Jena. Pour éviter tout malentendu qui pourrait surgir de l’emploi de ces termes allemands peu usités, il n’est peut-être pas inutile de préciser tout de suite qu’il ne s’agit pas de philologie «ancienne» et «moderne» au sens de «latin-grec» et «langues modernes», mais de «New Philology» et de ce qu’elle 208 Besprechungen - Comptes rendus 3 H. Weinrich, «Économie et écologie dans l’apprentissage des langues», Le Français dans le Monde 270 (1995): 35-41: 38.