Vox Romanica
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2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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Kristol De StefaniPeter Stotz, Handbuch zur lateinischen Sprache des Mittelalters, vol. 4: Formenlehre, Syntax und Stilistik, München (Beck) 1998, xxvi + 510 p. (Handbuch der Altertumswissenschaft ii.5.4)
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R. L.
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Peter Stotz, Handbuch zur lateinischen Sprache des Mittelalters, vol. 4: Formenlehre, Syntax und Stilistik, München (Beck) 1998, xxvi + 510 p. (Handbuch der Altertumswissenschaft ii.5.4) In VRom. 57 (1998): 194-96 wurde der als erster publizierte dritte Band des Handbuchs zur lateinischen Sprache des Mittelalters, der die Lautlehre behandelt, vorgestellt (F. Möhren). Inzwischen ist 1998 Band 4 erschienen, der der Formenlehre, der Syntax und der Stilistik gewidmet ist. Wie wertvoll dieses mutige Übersichtswerk nicht nur für Latinisten, sondern für Mediävisten jeglicher Ausrichtung und insbesondere für Romanisten ist, soll hier nochmals bekräftigt werden. Alle potentiellen Kritiken, denen sich ein solches Werk aussetzt, werden relativiert durch den unbestreitbaren Nutzen dieses Handbuchs, das allen am lateinischen Mittelalter interessierten Disziplinen einen konkreten und gut dokumentierten Zugang zur lateinischen Sprache dieser Epoche ermöglicht. Von den drei Sektionen des Bandes (Buch 8-10), Morphologie, Syntax und Stilistik, nimmt die erste den breitesten Raum ein (3-332). Die Syntax ist eher knapp gehalten (335-415), und die Stilistik behandelt erklärtermassen nur einige ausgewählte Verfahren (419-510). Peter Stotz hat auch in diesem Band eine beeindruckende Fülle von Material verarbeitet und in die Form des als Nachschlagewerk konzipierten Handbuchs gebracht. Der Romanist findet darin reichlich lateinische Parallelen zu vielen Erscheinungen, die Thema der romanischen Sprachgeschichte sind, so etwa zum Wechsel von Flexionsklassen (5-47), zu neuen Flexionstypen (Plural auf -ora 102-05, Flexion vom Typus -a, -ane, -us, -one 105-09), zur «analytischen Flexion» (272-87), zu periphrastischen Futurformen (323-27) etc. Dass die romanistische Diskussion der jüngeren Zeit nicht immer rezipiert ist (die meistzitierten Autoritäten sind Rohlfs, Rheinfelder und Tagliavini), mag man bedauern, aber es ist bei der Masse der behandelten Probleme verständlich. So wird etwa in Bezug auf den e-Plural der ital. Feminina auf -a die traditionelle Herleitung aus dem lat. Nominativ als unbestritten dargestellt (mit Berufung auf Tagliavini). Die alternative These (Herleitung aus lat. -as), wie sie ausführlich bei Tekavcic´ diskutiert wird (Grammatica storica della lingua italiana, Bologna 1980, vol. 2: 46-54), kommt nicht zur Sprache, obschon Aebischer 1971, eine dafür einschlägige Studie, in der Bibliographie figuriert. Nicht einsichtig ist für mich die Verteilung der Phänomene, die mit dem Etikett «Ellipse» charakterisiert werden, auf die Bücher ix (Syntax) und x (Stilistik). Der Verfasser, der sich der Schwierigkeit einer Begriffsbestimmung von «Stil» durchaus bewußt ist, versucht in einem ausführlichen Vorspann zu Buch x (Vorüberlegungen zu Stil und Stilistik im Hinblick auf das lateinische Mittelalter, 419-30), seine Ausgangsposition zu klären. Er beruft sich dabei (422) auf die saussuresche Unterscheidung in langue und parole, indem er Grammatik und Lexik der ersteren, stilistische Phänomene der zweiten zuordnet. Dass diese sehr globale Unterscheidung aber letztlich nicht ausreicht, um eine befriedigende Definition von «Stil» zu erlangen, dessen ist sich Peter Stotz selber bewusst, wenn er gleich einschränkend fortfährt: «Doch mehr als über den Daumen peilen lässt sich im mal. Latein mit solchen Unterscheidungen nicht. Es gibt eine ganze Reihe habitualisierter Redeweisen, denen zwar der Charakter von Stilträgern nicht grundsätzlich abzusprechen ist, die aber längst dem überpersönlichen Formenvorrat, dem allgemein Erlernten, zugehören, etwa Litotesformeln . . . oder brevitas-Formeln . . . Dergleichen liegt eindeutig auf der Seite der Kompetenz und allenfalls sogar der langue». An diesem Punkt wäre die differenzierte Auseinandersetzung Coserius mit Saussures Dichotomie von Nutzen gewesen. Die «habitualisierten Redeweisen» sind ja genau das, was für Coseriu die Zwischenebene der Norm ausmacht. Auf dieser Ebene sind, um zum Sonderfall der Ellipse zurückzukehren, sowohl die Beispiele anzusiedeln, die im Kapitel Syntax (368-92) behandelt werden, als auch diejenigen, die im Kapitel Stilistik (430-34) erscheinen. 217 Besprechungen - Comptes rendus Gesamthaft darf man auch diesen Band des Handbuchs zur lateinischen Sprache des Mittelalters als solide und reichhaltige Informationsquelle begrüßen. Wertvoll sind auch die häufigen Hinweise auf die Verankerung von Mittelalterlichem in der Gesamtgeschichte des Lateinischen. Mancher Zug, den man zunächst für typisch mittelalterlich zu halten geneigt war, erweist sich so als dem antiken Latein, wenn auch nicht demjenigen der klassischen Autoren, angehörig. Auch den Beziehungen zwischen Latein und Griechisch wird an gegebener Stelle die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt (etwa zur Flexion griechischer Lehnwörter und Eigennamen, 88-91, zum Futur, 326, zum Einfluss von ´ τι auf die indirekten Aussagesätze, 393). Zudem ist das Buch, trotz dem Handbuchcharakter, flüssig geschrieben und liest sich entsprechend angenehm. Wer immer mit mittelalterlichem Latein zu tun hat, wird sein Erscheinen dankbar begrüßen. Zum Schluß: Sogar Rätoromanisten können darin unerwartete Funde machen.Wer sich bisher über die elliptische Formulierung im Vorwort des Gallicius zu Bifruns Bibelübersetzung, «Philippus Gallizius chi er Salucius», gewundert hatte, erfährt auf p. 378, daß diese Formel, in der ein dicitur oder nominatur unterdrückt wird, zuerst im griechischen Neuen Testament und danach in der Vulgata begegnet: Σ υλ ς δ , α Π υλ ς , Saulus autem, qui et Paulus (Act. 13,9)! R.L. H József Herman (ed.), La transizione dal latino alle lingue romanze. Atti della Tavola Rotonda di Linguistica Storica (Università Ca’ Foscari di Venezia, 14-15 giugno 1996), Tübingen (Niemeyer) 1998, 260 p. «N’est-il pas évident a priori que toute discipline se doit d’avoir une théorie correspondante, ne serait-ce que pour délimiter son objet, le séparer des objets des disciplines voisines, et en exprimer les projets et les acquis expérimentaux? » (René Thom). 1. Il m’est impossible d’aborder dans un compte rendu tous les aspects, même les plus importants, de ce recueil de quatorze communications, suivies d’une discussion, où se rencontrent et parfois s’affrontent tant de points de vue et de convictions. Aussi me contenterai-je de résumer chaque exposé sommairement (en 2), pour terminer par quelques commentaires critiques (en 3) et un bilan (en 4). 2.1 L’ouvrage est divisé en deux parties; la première est intitulée Questioni teoriche e aspetti generali (3-127). Grâce au classement selon l’ordre alphabétique des noms d’auteur, l’ouvrage s’ouvre par la communication de József Herman, «La chronologie de la transition: un essai» (5-26), où est abordé le problème méthodologique fondamental sous-jacent au thème de la table ronde, problème qu’on peut résumer ainsi: au stade de départ et au stade d’arrivée de la transformation du latin aux parlers romans, nous disposons d’abondantes sources écrites, mais, pour la transition entre ces deux stades, ces sources nous manquent; ainsi, nous en sommes réduits à deux approches également hypothétiques: l’interprétation des textes latins qui, sous la pression de la tradition classique, masquent la transition, ou la reconstruction à partir des parlers romans. Et l’auteur d’évaluer les diverses méthodes par lesquelles on peut néanmoins tenter de dépister la chronologie: partir de l’histoire externe, appliquer la comparaison historique et établir une chronologie interne. C’est de la troisième de ces méthodes que l’auteur se sert ensuite pour esquisser une chronologie de processus évolutifs dans le latin écrit classique et non classique (telles la perte de l’opposition de durée, la perte du système casuel du nom et 218 Besprechungen - Comptes rendus
