Vox Romanica
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0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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2000
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Kristol De StefaniKirsten Schröter, Die Terminologie der italienischen Buchdrucker im 15. und 16. Jahrhundert. Eine wortgeschichtliche Untersuchung mit besonderer Berücksichtigung von Venedig, Tübingen (Niemeyer) 1998, 336 S. (Beihefte ZRPh. 290)
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2000
W. Schweickard
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Kirsten Schröter, Die Terminologie der italienischen Buchdrucker im 15. und 16. Jahrhundert. Eine wortgeschichtliche Untersuchung mit besonderer Berücksichtigung von Venedig, Tübingen (Niemeyer) 1998, 336 S. (Beihefte ZRPh. 290) Wie bereits eine ganze Reihe innovativer monographischer Studien zur historischen Wortforschung des Italienischen ist die Arbeit von Kirsten Schröter im Umfeld des Lessico Etimologico Italiano (LEI) in Saarbrücken unter der Betreuung von Max Pfister entstanden. Die Untersuchung stellt das italianistische Pendant zu Lothar Wolfs Terminologischen Untersuchungen zur Einführung des Buchdrucks im französischen Sprachgebiet (Tübingen 1979) dar. Eine Studie der vorliegenden Art war für das Italienische ein wichtiges Desideratum, denn einschlägige wortgeschichtliche Vorarbeiten zum Buchdruck in Italien sind bislang vergleichsweise rar (cf. die auf p. 330-36 zusammengestellte Primär- und Sekundärliteratur). Das besondere Augenmerk der Verf. gilt chronologisch dem 15. und 16. Jahrhundert, also den Anfängen des Buchdrucks in Italien; in regionaler Hinsicht konzentriert sich die Studie auf Venedig, das bis Mitte des 16. Jahrhunderts bei der Entwicklung des Buchdrucks in Italien die maßgebliche Rolle spielte (bis zum Ende des 15. Jh. wurden von 150 Druckereien in Venedig 4000 Bände hergestellt [cf. p. 1]). Wie für jede wortgeschichtliche Untersuchung, die für einen speziellen Bereich neue Erkenntnisse gewinnen möchte, ist auch in diesem Fall die Wahl des Textkorpus von zentraler Bedeutung. Der Kanon der literarischen Überlieferung des Italienischen ist für die Sprache des Buchdrucks naturgemäß nur von geringer Aussagekraft. Im Bewußtsein dieses Umstands hat die Verf. große Mühe darauf verwandt, geeignete gebrauchssprachliche Dokumente zu erschließen, die lexikalische Hinweise auf die Terminologie des Buchdrucks beinhalten. Es ist Frau Schröter gelungen, die beeindruckende Zahl von 421 Dokumenten - Inventare, Bücherlisten, Dekrete, Statuten, Gesellschafterverträge, Kaufverträge, Zeugenaussagen, Urteilssprüche, Tagebucheinträge, Briefe, Rechnungsbucheinträge, Quittungen, Gutschriften, Bilanzen u. ä. - ausfindig zu machen (eine vollständige Auflistung der Quellen findet sich im Anhang p. 264-329). In Vorbereitung der lexikalischen Auswertung erarbeitet die Verf. einen prägnanten Überblick über den sachgeschichtlichen Hintergrund, der Informationen zur Herstellung der Typen, den verwendeten Metallen, dem Satz, dem Aufbau der Druckerpresse, dem Druckvorgang, der Drucküberwachung, der Druckerschwärze, dem Bedruckstoff, den Formaten, dem Buchschmuck, dem Aufbau des Buches und den Schriftarten enthält (11-19). Den Hauptteil der Arbeit bildet das alphabetische Glossar (20-263). Der Schwerpunkt der Dokumentation, die weitgehend der Systematik des LEI folgt, liegt der Themenstellung entsprechend auf dem 15. und 16. Jahrhundert. Die darüber hinausgehenden Fakten der formalen und semantischen Wortgeschichte werden mit Hilfe der einschlägigen etymologischen und historischen Wörterbücher dargestellt (vor allem DELI, GDLI und, soweit erschienen, LEI). Wo es sich anbietet, werden auch Vergleiche zur Situation im Französischen gezogen. Der Ertrag der Dokumentation ist in Anbetracht der Auswertung zahlreicher neuer Quellen evident: Das Glossar enthält eine ganze Reihe bislang überhaupt noch nicht lexikographisch erfaßter Termini, vielfältige formale und semantische Varianten sowie zahlreiche Rückdatierungen. Hilfreich ist, daß die Belege durchweg im Kontext zitiert werden, so daß die Wortgeschichte und vor allem die Wortbedeutung im einzelnen gut nachvollziehbar sind (cf. z. B. s. errore di stampa, punzone, stampa, torchio/ torcolo, volume, etc.). Erfreulicherweise legt die Verf. durchweg großen Wert auf eine präzise Beschreibung der Semantik (cf. z. B. abbiccì vollständiger Satz einer Type , accomodare justieren , alfabeto Satz an Lettern , componitura Satzvorgang , etc.); auch präzise Abgrenzungen bedeutungsverwandter Termini wie bei cancelleresco und corsivo (41s.) oder bei tomo und volume (263 und N246) sind sehr hilfreich. 251 Besprechungen - Comptes rendus Einzelbemerkungen: Generell erscheint die Dokumentation der modernen Formen durch gleich drei gemeinsprachliche Wörterbücher (DO, PF, Zing) redundant. - P. 164: Die Zuweisung des Belegs für pece greca colofonia zu Brunetto Latini beruht auf einem Irrtum. Vermutlich hat die Verf. den Hinweis aus dem TB entnommen, der als Quelle den Pataffio zitiert, der ehemals Brunetto Latini zugeschrieben wurde. Die korrekte Datierung ist sec. XIV (in der - einzig existierenden - Ausgabe des Pataffio von T. Chiappini, Napoli 1788, steht der Beleg auf p. 166). Weitere Belege für pece greca aus den Materialien des DI 1 : pece greca (inizio sec. XIV , StatutiSenBanchi 2,64; 1350 ca., CrescenziVolg, GDLI; ante 1519, Leonardo, GDLI; 1550, RicettarioFior 36; 1558, StatutiCiasca 572; ante 1587, Cecchi, GDLI; ante 1642, Galilei, GDLI; 1802, TargioniIstBot 3,323; 1833, Gazzeri, TB s. colofonia; ante 1922, Verga, GDLI; ante 1966, CecchiE, GDLI; 1997, Zing), pecie grecha (1393, DocMelis 302), pece grecha (1498, RicettarioFior c. h III v; 1550, RicettarioFior 172; 1558, StatutiCiasca 559), pexa greca (secc. XV - XIX , DocTorreSMarco, GDLI), pice greca (1522, ErbolarioVolg, GDLI), pecegreca (1666, Magalotti, GDLI; 1802, TargioniIstBot 3,319). - P. 104 N93: Gemeint ist der Milione (zu datieren auf prima metà sec. XIV ); der Beleg galle di gomme steht in der Ausgabe Bertolucci 2 auf p. 299. - P. 163: Nicht ganz einsichtig ist die Auswahl bei den Schrifttypen, hier die lettera parigina carattere di stampa di corpo cinque , aber z. B. nicht der carattere aldino (cf. GDLI 1,297). Von Interesse wären auch Hinweise auf die Benennung der verschiedenen Alphabete gewesen, cf. z. B. caratteri arabici (1554, BandelloFlora 1,643; ante 1725, Buonanni, GDLI) und lettere arabiche (1550, LeoneAfricano, Ramusio- Milanesi 1,416; 1551, GiovioIstVolg 1,56; ante 1639, Campanella, GDLI; 1682, Tavernier- Viaggi 1,38), caratteri caldei (1618, BraccioliniScherno 71) bzw. caratteri caldaici oder alfabeto caldaico (1756, FinettiTrattato 57), lettere egizie (1550, LeoneAfricano, RamusioMilanesi 1,438), lettere gottiche (1561, Nannini, GDLI; ante 1810, Lanzi, GDLI), gotiche lettere (1756, FinettiTrattato 43), gotiche note (ante 1704, Menzini, GDLI) bzw. caratteri gotici (1766, Lami, GDLI; 1838, DeStefanisStampaMil 3,1148; ante 1936, Deledda, GDLI; 1956, DizEncIt 5,519), lettere grecesche (1306, GiordPisaDelcorno 351), greche lettere (1480 ca., RiccobaldoVolgBoiardo, Muratori, RIS 9,335), littere greche (fine sec. xv, ViaggioAdorno- Stefano, ViaggiLonghena 239) und caratteri greci (1819 ca., Confalonieri, GDLI); die lettere hebree (1515, Fulin, ArVen 12,186) kommen im Kontext vor (45), werden aber nicht thematisiert. - P. 165: Ein Hinweis darauf, daß it. pergamena vom Namen der Stadt Pergamo herzuleiten ist, wäre angebracht. Der nach RamusioMilanesi zitierte Beleg für pergamino (recte pergamini) stammt aus der Relazione von Francesco Vasquez di Coronado und ist auf 1556 zu datieren (RamusioMilanesi 6,619); der Beleg für pergamena aus Ulloa ist auf 1571 zu datieren; der Beleg für carta pergamina stammt aus dem Viaggio in Etiopia di Francesco Alvarez und ist auf 1550 zu datieren (RamusioMilanesi 2,356). - P. 172 N172: Ergänzt werden kann neben fogli m(ezani) da Fabriano noch charta da Fabbriano (1558, StatutiCiasca 558). Frau Schröter hat eine schöne und wichtige Arbeit vorgelegt, mit der ein bislang weitgehend vernachlässigter Bereich des italienischen Wortschatzes für die historische Lexikographie erschlossen wird. Die Untersuchung vermittelt neben Rückdatierungen sowie formalen oder semantischen Entwicklungen vielfältige Einblicke in sach- und wortgeschichtliche Charakteristika der Entwicklung des Buchdruckerwesens in Italien, zur Herkunft und 252 Besprechungen - Comptes rendus 1 W. Schweickard, Deonomasticon Italicum (DI). Dizionario storico dei derivati da nomi geografici e da nomi di persona, vol. 1: Derivati da nomi geografici, fasc. 1: Abano Terme - Arno, fasc. 2: Arona - Bordeaux, Tübingen 1997s. (Siglen im folgenden nach dem Supplemento bibliografico). 2 V. Bertolucci Pizzorusso (ed.), Marco Polo: Milione, Milano 1975. zur Fortentwicklung der Terminologie und zu Konvergenzen und Divergenzen im Vergleich mit dem Französischen. Vielleicht hätten diese verbindenden thematischen Linien durch eine abschließende zusammenfassende Betrachtung der lexikographischen Daten noch deutlicher herausgehoben werden können; einiges in dieser Richtung wird in den einleitenden Bemerkungen angesprochen, so etwa die allmähliche Entwicklung der präzisen fachsprachlichen Bezeichnungen aus der zunächst noch unkonsolidierten und entsprechend vagen Terminologie «et stete molti zorni avanti lui avesse aparechià i torcholi et altre cosse nezessarie», «Come se savesse a tor gharzoni lavoranti inchiostro pelli e simili cose» etc. (6s.). Die übersichtliche Anlage der Arbeit, die Reichweite und die Originalität der Quellenerschließung sowie die Präzision der wortgeschichtlichen Dokumentation und Analyse zeugen von einem bemerkenswerten Engagement und von großer philologischer Begabung, die von der Verf. auch weiterhin grundlegende Beiträge zu Fragen der historischen Wortforschung erwarten lassen. W. Schweickard H Loise de Rosa, Ricordi, ed. Vittorio Formentin, 2 vol., Roma (Salerno) 1998, 919 p. (Testi e documenti di letteratura e di lingua xix). L’opera si articola in due tomi. Il primo consiste dell’introduzione (13-64), dell’amplissimo commento linguistico (65-462) e dell’altrettanto ampia bibliografia (463-510); il secondo presenta l’edizione critica dei Ricordi (513-689), cui seguono una nota al testo (693-703) ed il ricco apparato di glossario ed indici (707-919). Già il mero dato quantitativo s’impone all’attenzione: del testo derosiano è relatore, come testimone unico autografo, il ms. Ital. 913 della Bibliothèque nationale de France. Il manoscritto consta di 72 carte; con l’apparato illustrativo, prevalentemente storico-linguistico, l’edizione sfiora il migliaio di pagine. La differenza fra queste due cifre - sol che si aggiunga che nel lavoro di F. la qualità eguaglia e supera, se possibile, la quantità - dà la misura del valore dell’opera, vero monumento della nostra filologia. L’introduzione presenta in sintesi informazioni di natura codicologico-paleografica 1 , storica e letteraria. Con rapide ed efficaci pennellate sul «Carattere aletterario dei Ricordi» (36-50) e sulla cultura dell’oralità in essi riflessa (50-57), e quindi col regesto dei giudizi autorevoli precedentemente emessi sul De Rosa (svalutativo quello crociano, fortemente positivo quello di Contini - con cui F. si allinea - che ne fa «il miglior prosatore del secolo nel Sud», 61) si conclude (63) il discorso storico e letterario e si apre quello linguistico. Del quale non si può lodare a sufficienza la completezza. Il commento linguistico tratta approfonditamente tutti i livelli della struttura del napoletano antico sui quali è possibile ricavare informazioni dal testo derosiano. Dalla fonetica alla morfologia, dalla sintassi al lessico. Su tutti questi fronti, coi materiali forniti dallo spoglio completo del testo del De Rosa vengono raffrontati sistematicamente i dati noti da altri testi antichi o da descrizioni moderne 2 , del napoletano in primo luogo e poi delle altre varietà centro-meridionali. Ciò fa del 253 Besprechungen - Comptes rendus 1 F. rinuncia a rifondere interamente gli studi preparatori all’edizione. Tuttora da consultare, dunque, in particolare V. Formentin 1993: «Scrittura e testo nel manoscritto dei Ricordi di Loise De Rosa», CoFIM 7: 5-64. 2 F. considera inoltre sistematicamente le osservazioni metalinguistiche offerte dalla trattatistica e lessicografia antica sul napoletano (Di Falco, Luna, Scoppa).
