eJournals Vox Romanica 59/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2000
591 Kristol De Stefani

Martin Maiden/Mair Parry (ed.), The Dialects of Italy, London/New York (Routledge) 1997, xvii + 472 p.

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2000
A.  Gather
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Martin Maiden/ Mair Parry (ed.), The Dialects of Italy, London/ New York (Routledge) 1997, xvii + 472 p. Mit dem vorliegenden Band ist den Herausgebern eine exzellente Präsentation des State of the Art der Beschreibung und Analyse der in Italien gesprochenen (primären) Dialekte gelungen. Die einzelnen Artikel, stets verfaßt von Experten für die jeweilige Varietät, informieren zwar nur in aller Kürze - die Länge der Artikel liegt im Durchschnitt zwischen 7 und 8 Seiten -, aber doch instruktiv über saliente Eigenschaften des jeweiligen Dialekts. Was das vorliegende Buch aber über die gelungenen Überblicksdarstellungen zu den einzelnen Dialekten hinaus und, wie ich meine, vor allem auszeichnet, ist die Tatsache, daß die regional-topographische Perspektive mit einer strukturell-vergleichenden Sicht kombiniert und durch diese ergänzt wird. So ist der erste und sogar längere Teil des Buches (5-221) - kurz mit Structures überschrieben - einer Darstellung von «various major structural features of the dialects in a cross-dialectal, comparative perspective» (1) gewidmet. Instruktiv werden hier auf gehobenem Niveau, wobei auch Konzepte der modernen, theoretischeren Linguistik reflektiert werden, die folgenden Phänomene behandelt: Vokalsysteme (Maiden), Metaphonie (Savoia/ Maiden), Palatalisierung (Tuttle), Lenisierung (Giannelli/ Cravens), Konsonantenlängung und raddoppiamento fonosintattico (Loporcaro), Silbenstrukturen (Repetti), prosodische Phonologie (Vogel), nominale (Maiden) und verbale (Savoia) Flexionsmorphologie, Tempus, Modus und Aspekt (Cordin), synthetische und analytische Strukturen (Vincent), Personalpronomina und Demonstrativa (Vanelli), Wortstruktur und Wortbildung (Telmon/ Maiden), Wortstellung (Benincà), Konjunktionen (Benincà), Pronominalsyntax (Poletto), Passiv und unpersönliche Konstruktionen (Cennamo), NP-Struktur (Renzi), Komplementation (Vincent), Negation (Parry), Quantifikatoren (Cinque), Relativsätze (Cennamo), Syntax der Konditionalsätze (Mazzoleni), Präpositionen (Vincent), lexikalische und semantische Variation (Varvaro). Die Länge der einzelnen Beiträge liegt zwischen 4 Seiten (zu Quantifikatoren) und 17 Seiten (zu Passiv und unpersönlichen Konstruktionen). Sowohl was die Zahl der behandelten sprachlichen Strukturen - man dürfte hier kaum einen für die systematisch-vergleichende Beschreibung der italienischen Dialekte zentralen Phänomenbereich vermissen - als auch was die Methodik, Sachkenntnis und Explizitheit betrifft, mit der die berücksichtigten strukturellen Faktoren unter vergleichender Perspektive - in Anbetracht der Kürze der Beiträge zum Teil erstaunlich detailliert und mit einer Fülle von Beispielen - linguistisch analysiert werden, genügt das Kapitel Structures hohen Ansprüchen. Der den Überblicken über die einzelnen Dialekte gewidmete zweite Teil des Bandes, The dialect areas (223-384), beginnt mit einer konzisen Darstellung der geographischen Verbreitung der einzelnen Dialekte (Savoia); daran schließen sich die Beschreibungen der Dialects of the north (235-94) - mit den Regionen Piemont (Parry), Ligurien (Forner), Lombardei (Sanga), Trentino (Cordin), Venetien (Tuttle), Emilia-Romagna (Hajek), Friuli (Vanelli) und dem ladinischen Sprachraum (Salvi) - und der Dialects of the centre and south (295-384) - mit den Regionen Toskana (Giannelli), Korsika (Dalbera-Stefanaggi), Latium, Umbrien und Marken (Vignuzzi), Abruzzen und Molise (Hastings), Kampanien (Sornicola), Apulien und Salento (Loporcaro), Lukanien (Fanciullo), Kalabrien und Südlukanien (Trumper) sowie Sizilien (Ruffino) an. Nicht sehr glücklich - und auch nicht in Einklang mit der in der Einleitung gegebenen Übersicht (3) - ist die mit der Gliederung des Buches vorgegebene Zuordnung des Sardischen mit den beiden «indigenen» Varietäten des Campidanesischen und Logudoresisch-Nuoresischen (Jones) zu den Dialects of the centre and south. Daß phonetische/ phonologische und morphologische Aspekte bei den Beschreibungen der einzelnen Dialekte im Durchschnitt breiteren Raum einnehmen als syntaktische und lexikalische, liegt in der (wissenschaftsgeschichtlichen) Natur der Sache. Je nach Dia- 261 Besprechungen - Comptes rendus lekt ergeben sich hier jedoch zum Teil recht beträchtliche Unterschiede in den Gewichtungen der behandelten sprachlichen Subsysteme, die wohl vor allem Präferenzen des Verfassers des jeweiligen Artikels widerspiegeln. Jeder Artikel enthält, eingebettet in den Text, zum Teil aber auch zusätzlich unter einer speziellen Rubrik «Further reading», weitere Literaturhinweise, die den Zugang zu einer intensiveren Beschäftigung mit dem betreffenden Dialekt ermöglichen. Positiv hervorzuheben ist, daß in allen Darstellungen - auch dort, wo es um Einheiten höherer Strukturebenen (Morphologie und Syntax) geht - ausschließlich auf phonetische Transkriptionen rekurriert wird und konsequent das System der IPA zur Anwendung gelangt. Wenngleich, vor allem was Art, Strukturierung und Übersichtlichkeit der Darstellungen angeht, zwischen den einzelnen Beiträgen zum Teil durchaus qualitative Unterschiede bestehen, so sind sie doch alle eine Quelle verläßlicher und in der Regel ergiebiger Information, aus der sich ein recht präzises, wenngleich im Detail zweifellos zu vertiefendes, Bild des jeweiligen Dialekts gewinnen läßt. Ein dritter, im Vergleich zu den beiden vorangehenden erheblich kürzerer Teil schließlich ist soziolinguistischen Fragestellungen zugedacht (Sociolinguistics, 385-418). Behandelt werden die Beziehung zwischen Dialekten und Standardsprache (Muljacˇic´), Code-Switching und Code-Mixing (Berruto), italienische Dialekte außerhalb Europas (USA, Kanada, Australien, Lateinamerika) (Haller) sowie die Italianisierung der (primären) Dialekte (Sobrero). Über die behandelten Aspekte hinaus wäre vielleicht noch eine grundsätzlichere und ausführlichere Diskussion der Begriffe «Sprache» und «Dialekt» und jener Konstrukte wie «dialetto locale», «dialetto regionale», «italiano regionale» und «italiano standard», die die heutige Sprachensituation Italiens in ihren Übergangsstufen zu modellieren erlauben, und ihres Verhältnisses zueinander - sowohl aus systemals auch aus soziolinguistischer Sicht - wünschenswert gewesen - wenngleich Ansätze hierzu sowohl in der Einleitung als auch im dritten Teil zu finden sind. Auch ein Abriß zu Geschichte, Methoden und Ergebnissen der (italienischen) Dialektologie hätte den Band sinnvoll ergänzt und seine durchaus gegebenen Qualitäten eines Handbuchs der italienischen Dialektologie unterstrichen. Eine umfassende Bibliographie (422-62) und ein sehr nützlicher (kombinierter Personen- und Sach-)Index (463-72) beschließen eine Arbeit, die gemessen an ihrer vorrangigen Zielsetzung, «to make accessible to linguists at large the major structural features of the dialects of Italy, and to identify ways in which the structure and development of the dialects can throw light on issues in general linguistic theory» (1), und unter Berücksichtigung der bei einem Umfang von rund 470 Seiten notwendigerweise auferlegten Beschränkungen kaum Wünsche offenläßt. A. Gather H Aldo Pola/ Dante Tozzi, Voci e locuzioni idiomatiche del dialetto tiranese. Con un saggio del prof. Remo Bracchi. Edito a cura dell’Assessorato alla cultura del Comune di Tirano, della Comunità Montana di Tirano, della Fondazione Pro Valtellina-Sondrio, Villa di Tirano (Poletti) 1998, 224 p. Bruno Ciapponi Landi (ed.), Valli alpine ed emigrazione. Studi, proposte, testimonianze, Madonna di Tirano (Museo Etnografico Tiranese) 1998, 198 p. Queste due pubblicazioni rappresentano un’ulteriore testimonianza del rinnovato interesse che si è manifestato negli ultimi anni in Valtellina per la storia locale, l’etnografia e i dialetti della valle. Particolarmente importanti per gli studi dialettologici svizzeri è la prima delle due opere qui considerate, poiché è dedicata specificatamente al dialetto di Tirano. Questa cittadina situata allo sbocco della valle di Poschiavo è infatti il naturale centro di 262 Besprechungen - Comptes rendus