Vox Romanica
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Francke Verlag Tübingen
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Kristol De StefaniMarguerite de Navarre,Heptaméron. Édition critique par Renja Salminen,vol.1:Texte,Helsinki (Suomalainen Tiedeakatemia) 1991, xxiv + 338 p. (Annales Academiae Scientiarum Fennicae.B258); vol. 2: Commentaire et apparat critique, Helsinki (Suomalainen Tiedeakatemia) 1997, xxiv + 317 p. (Annales Academiae Scientiarum Fennicae. Humaniora 286)
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A. Arens
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Marguerite de Navarre,Heptaméron. Édition critique par Renja Salminen,vol.1: Texte,Helsinki (Suomalainen Tiedeakatemia) 1991, xxiv + 338 p. (Annales Academiae Scientiarum Fennicae. B 258); vol. 2: Commentaire et apparat critique, Helsinki (Suomalainen Tiedeakatemia) 1997, xxiv + 317 p. (Annales Academiae Scientiarum Fennicae. Humaniora 286) Bekanntlich handelt es sich bei dem 72 Novellen umfassenden Werk der Marguerite de Navarre um ein unvollständig gebliebenes Œuvre. Den ursprünglichen Plan, wie Boccaccio eine Sammlung von 100 Novellen zu erstellen, konnte die Dichterin nicht verwirklichen, da sie nach der Erstellung der 72. Novelle am 21.12.1549 der Tod ereilte. Und so ist es denn auch nicht verwunderlich, daß die Autorin ihr ja noch unvollendetes Werk nicht mit einem Titel versehen hatte. Die heute übliche Bezeichnung Heptaméron geht vielmehr zurück auf den Titel L’Heptaméron des Nouvelles der 1559 von Claude Gruget besorgten Edition. Der Heptaméron ist, wie Salminen im Band 2 ihrer Arbeit richtig hervorhebt, zum einen von großem literarischen Interesse, da der Leser «la vie quotidienne de la Renaissance française, turbulente et toujours captivante» (26) kennenlernt. Er ist zum anderen aber auch von sprachgeschichtlicher Bedeutung, da er «des informations précieuses sur la langue du xvi e siècle» (26) liefert. Angesichts dieser hohen Bedeutung des Werkes ist es natürlich selbstverständlich, daß bereits mehrere, zum Teil als Standardwerke angesehene Ausgaben des Heptaméron vorliegen. Es sind dies insbesondere die Editionen von M. François, der die Handschrift B (B.N. Paris, f.fr. 1512) als Basismanuskript zugrunde legte, von Yves Le Hir, der die Handschrift L (B.N. Paris, f.fr. 1524) als Textgrundlage wählte sowie von S. de Reyff, der das Manuskript B reproduzierte 1 . Salminen, die bereits durch die Edition mehrerer Werke von Marguerite de Navarre hervorgetreten ist 2 und somit als profunde Kennerin der Materie bezeichnet werden muß, legt hier als Ergebnis einer neunjährigen Arbeit eine neue textkritische Edition des Heptaméron in zwei Bänden vor, und zwar auf der Basis der von den Editoren bislang kaum berücksichtigten Handschrift A (B.N. Paris, f.fr. 2155). Die ursprüngliche Absicht der Herausgeberin war es, wie sie mitteilt (vol. 2: v), eine korrigierte Version der Edition François mit kritischem Apparat zu erstellen. Nach einigen Monaten der Arbeit sah sie sich aber dazu gezwungen, diesen Plan zu ändern, da «(i)l fallait changer de texte de base» (vol. 2: v). Sie wählte aus den heute noch insgesamt 19 vorliegenden Handschriften 3 , von denen nur 9 vollständig sind und bei denen zwischen den «manuscrits parisiens» und den «manuscrits exécutés dans le Midi ou dans le sud-ouest de la France» (vol. 2: 41) zu unterscheiden ist, die zur letztgenannten Gruppe gehörende Handschrift A aus. Offenbar war es deren «aspect modeste [qui] l’a fait échapper jusqu’ici à l’attention des chercheurs» (vol. 1: xviis.). Salminen begründet ausführlich und nach meinem Urteil überzeugend die von ihr so getroffene Wahl: Manuskript A «donne un texte clair et uni» (vol. 1: x); «(s)on texte est correct et soigné, toujours intelligible» (vol. 2: 42); außerdem ist der Text von einer Ausnahme abgesehen (es fehlen das Ende von Novelle 62 und der Anfang von Novelle 63) vollständig und darüber hinaus «plus fidèle au dernier texte revu par l’auteur» (vol. 2: 43) als andere Hand- 332 Besprechungen - Comptes rendus 1 L’Heptaméron, ed. M. François, Paris 1943; Nouvelles, ed. Yves Le Hir, Paris 1967; Heptaméron, ed. S. de Reyff, Paris 1982. 2 1979 edierte sie Le Miroir de l’âme pécheresse inclusive der von der Prinzessin Elisabeth erstellten Übersetzung The Glasse of the synnefull Soule; Helsinki. 1981 folgte die kritische Ausgabe von Oraison à Nostre Seigneur Jésus Christ, Helsinki. Und 1985 schließlich lieferte sie die Edition von Dialogue en forme de vision nocturne, Helsinki. 3 Die Handschriften werden eingehend in dem Kapitel Tradition textuelle (vol. 2: 9-25) vorgestellt. Der Leser sollte auf diesen Abschnitt und nicht auf das Kapitel La tradition textuelle de l’Heptaméron (vol. 1: ix-xvii) zurückgreifen, da diese Darlegungen des Bandes 1 in Band 2 grundlegend überarbeitet, in etlichen Punkten korrigiert und auch erweitert wurden. schriften. Handschrift A bietet somit «toutes les chances de représenter l’Heptaméron dans l’état où il se trouvait à la mort de Marguerite de Navarre» (vol. 2: 42) und erlaubt es, «de mieux comprendre le procès créatif de la Reine» (vol. 1: v). Band 1 enthält nach einer kurzen Einleitung (ix-xxiv), in der die Handschriftenlage sowie die Prinzipien des Editionsvorgehens dargelegt werden, die kritische Ausgabe des Heptaméron auf der Basis des Manuskripts A. Dabei folgt die Editorin dem Basismanuskript so eng wie möglich; offensichtliche Fehler allerdings hat sie korrigiert, in etlichen Fällen Wörter eingefügt und in anderen Fällen Wörter gestrichen. Diese Textkorrekturen sowie auch weitere Angaben zu den konkreten Gegebenheiten der Handschrift sind im kritischen Apparat unterhalb des Textes verzeichnet. In Band 2: 23-25 werden allerdings unter «Errata» etliche «imperfections» (vol. 2: v) und Unachtsamkeiten bei der Texttranskription korrigiert sowie einige von der Herausgeberin vorgenommene Textänderungen, die «se sont avérés inutiles» (vol. 2: v), angeführt und in den «Notes» (vol. 2: 66-125) kommentiert. Soweit ich überprüfen konnte, ist hier eine sehr gründliche und insgesamt korrekte Edition vorgelegt worden. Nur in einigen wenigen Fällen habe ich Bedenken gegen die durchgeführten Korrekturen: so sollten beispielsweise nicht korrigiert werden 56/ 11 loing durch long, 69/ 18 trouva durch tourna, 208/ 7 desplisoit durch desprisoit u.a. Aber das sind nur Details. In dem in 9 Abschnitte gegliederten Band 2 wird zunächst (9-25) ausführlich der paläographische Befund dargestellt, und zwar in einer im Vergleich zu Band 1 verbesserten Version. Alsdann (26-32) erfährt der Leser die wichtigsten historischen Fakten aus der Vita von Marguerite de Navarre, wobei immer Bezug genommen wird auf die Entstehung ihres Werkes. Dieses Kapitel ist leider weniger überzeugend, da es in seiner Darstellungsform mehrfach an einen Erlebnisbericht gemahnt; außerdem ist so manches (30-32) rein spekulativ. Um so gelungener ist dann jedoch das mit Genèse du recueil überschriebene dritte Kapitel (33-39), in dem die drei Redaktionsetappen des Heptaméron klar und deutlich herausgearbeitet werden. Maguerite de Navarre begann wahrscheinlich schon 1545 mit der Arbeit an ihrem Werk; in der Zeit der «Rédaction i» (34) entstanden die ersten 10 Novellen sowie anschließend 18 weitere Novellen. Ab 1546 folgte die Phase der «Rédaction ii» (35), in der die Dichterin 20 Novellen mit «débats» verfaßte. Und im Rahmen der «Rédaction iii» (36) schließlich schuf sie ab 1547 «(l)e recueil de 72 nouvelles tel que nous le connaissons» (36). In dem unpassend mit «Variantes» betitelten vierten Kapitel (40-65) werden nicht, wie man erwartet, die Lesarten der verschiedenen Manuskripte verzeichnet. Salminen stellt vielmehr - und dies allerdings in überzeugender Weise - von einem genealogischen Stammbaum (40) ausgehend die Manuskriptgeschichte sowie die verschiedenen Manuskriptfamilien dar, um daraus ableitend die Wahl ihres Basismanuskripts zu begründen. Es wäre im übrigen mehr als sinnvoll gewesen, dieses Kapitel mit dem Kapitel Tradition textuelle zu einer Einheit zusammenzufassen. In umfassender Weise wird alsdann in dem fünften Kapitel Notes (66-152) ein Kommentar zu einzelnen Textpassagen geliefert. Neben der Erörterung sprachlicher Probleme geht es dabei um inhaltliche Fragen (Quellenbezüge, Erklärung von Orts- und Eigennamen, Interpretationsprobleme u. a. m.). Gelegentlich findet man hier unschöne und deplazierte Formulierungen vor, wie etwa «le scribe du manuscrit A s’est endormi» (90). Eine wahre Meisterleistung hat Salminen dann mit dem langen 6. Kapitel Apparat critique (153-67) erbracht, in dem sie die Lesarten von 9 anderen Handschriften verzeichnet. Dies ist ohne jede Frage eine Sisyphus-Arbeit gewesen, ein, wie es die Editorin selbst formuliert, «travail de bénédictin» (vol. 2: v). Diesem Teil kommt in der Tat «la place prépondérante dans le livre» (vol. 2: v) zu. Den Abschluß von Band 2 bilden dann ein Auswahlglossar (268-85), ein Index des noms propres (286-94) und eine Auswahlbibliographie (295-317), die sich nur als Ergänzung der umfassenden Bibliographie von H. P. Clive 4 versteht. 333 Besprechungen - Comptes rendus 4 Marguerite de Navarre. An Annotated Bibliography, London 1983. Und damit komme ich zur Gesamtbewertung des Werkes, die nur uneingeschränkt positiv sein kann. Salminen hat in neunjähriger Arbeit mit stupendem Fleiß eine ungeheure Materialfülle aufgearbeitet und diese in gekonnter Weise, mit philologischer «finesse» und unter Dokumentierung einer profunden Sachinformiertheit dargeboten. Es liegt nun eine völlig neue Textgrundlage des Heptaméron vor, auf deren Basis sich vieles in einem neuen Licht erhellen wird und auf deren Grundlage so manches bisher ungelöste Problem des Textes einer Klärung zugeführt werden dürfte. Mit der Editorin kann man nur wünschen, daß ihre Arbeit «stimulera un échange d’idées fructueux et avancera d’un pas notre connaissance de la Renaissance française» (vol. 2: v). Glückwunsch zu dieser Leistung! A. Arens H Kurt Baldinger, Dictionnaire étymologique de l’ancien français. H2 (hardi-herbergeor, col. 189-381), Tübingen/ Québec (Niemeyer/ Presses de l’Université Laval) 1997, 192 col.* Rédigé par St. Dörr, Martina Fietz-Beck, F. Möhren et Th. Städtler, voici le deuxième fascicule de la lettre H. Résultat d’un travail diligent et méticuleux, ce fascicule porte pourtant les marques de la hâte dans le bureau de rédaction [316/ 8: «il faut prob. lire heause (à vérifier dans le manuscrit)»]. Espérons que cette ennemie mortelle de tout travail lexicographique sera immédiatement éliminée. Si les interjections (telle 311/ 36 Hé: «interjection ouvrant avec force expressive un discours direct et marquant souvent son début inattendu») attestées dans bon nombre de textes analysés conduisent le chercheur et le lecteur dans la syntaxe et la stylistique de l’ancien français en général, la plupart des lemmata commençant par H jouent un rôle plus timide, relevant de dialectes limitrophes d’un domaine germanique, l’anglo-normand étant bien représenté. Il y a beaucoup de hapax et beaucoup de termes dont l’étymologie reste incertaine. Une consultation consciencieuse des publications d’autres chercheurs et une collation scrupuleuse des mss. a permis de corriger bien des lemmata et d’écarter des mots fantômes, cf. p.ex. 221/ 8 s. harke, 292/ 13 s. haule, 344/ 32 s. helenger, 357/ 33 s. herance, etc. La même patience, la même prudence caractérise la rédaction des articles. Dans le cas de 358/ 5 herban, cette prudence semble pourtant exagérée. Le lecteur apprend que herban et ariereban possèdent des sens nettement différents; que les attestations de herban sont rares et que celles d’ariereban sont nombreuses; et que ariereban comme formation peut être comparé à arieregarde et arierefief; et qu’il n’est peut-être pas nécessaire de considérer ariereban comme une altération, par étymologie populaire, de *hariban, comme Diez l’a proposé 1 . Pourtant on présente ariereban sous le lemme herban, selon l’exemple du FEW. Soit, mais à condition qu’on n’oublie pas de renvoyer du lemme ariere au lemme herban. 236/ 8 Has 1 n’a pas été étymologiquement identifié. Il est utilisé dans la phrase pur comant ne pur has où il est juxtaposé à comant. Etant donné que l’unique exemple provient de SThomGuernW, texte qui n’est pas sans rapport avec le monde anglo-normand, il sem- 334 Besprechungen - Comptes rendus * Pour les observations générales concernant l’initiale H nous renvoyons au compte rendu du fascicule H1 (VRom. 58 [1999]: 289-91). 1 Diez 41 (cit. DEAF 358 N2) « . . . arrièreban . . . entstellt oder umgedeutet aus ahd. [sic! ] hariban Heerbann ». - Un *ha-ri-ban francique est devenu herban à l’époque de l’Eulalie au plus tard, et la variante arban (deux fois fin XIIIe s.) s’explique plus facilement par l’alternance de er-/ arque par l’influence de l’ancien haut allemand (nous sommes d’ailleurs à l’époque du moyen haut allemand! ), ou par l’influence de ariere.