Vox Romanica
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0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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2000
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Kristol De StefaniYvonne Stork, «Écologie»: Die Geschichte zentraler Lexien des französischen Umweltvokabulars seit 1968, Tübingen/Basel (Francke) 1998, 381 p. (Kultur und Erkenntnis 21)
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2000
Edeltraud Werner
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bekommen hat (339s.). Man möchte allerdings gerne genauer wissen, in welchen Kontexten Urteile wie « . . . L’allemand bien parlé c’est superbe . . . » (339) gefallen sind. Solche Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung sind aber äusserst selten. Wer sich ein Bild von der sprachlichen Situation der Romands in der Schweiz machen will, kann sich durchaus auf die Aussagen dieses Buches verlassen, auch wenn er darin nur wenig wirklich Neues findet. J. Wüest H Yvonne Stork, «Écologie»: Die Geschichte zentraler Lexien des französischen Umweltvokabulars seit 1968, Tübingen/ Basel (Francke) 1998, 381 p. (Kultur und Erkenntnis 21) Die Düsseldorfer Dissertation liefert einen empirischen Beitrag zum Sprachwandel, welcher der in der Forschung dominierenden theoretischen Diskussion ein Anwendungsmuster zur Seite stellen will. So ist ein - um es vorwegzunehmen - schönes Exempel einer mikrodiachronischen Untersuchung an einem wohlumrissenen Themenbereich entstanden. Gegenstand ist das Umweltvokabular des Französischen, soweit es - von der Fachsprache weg - zum alltagssprachlichen Bestand in der heutigen Sprache gehört. Das ausgewählte semantische Feld bietet sich insofern idealiter für eine Analyse an, als die Anfänge des Übergangs in den alltäglichen Sprachgebrauch relativ präzise fassbar sind, nämlich um das Stichjahr 1968 herum, als Fragen der Umwelt erstmals verstärkt auf breiter Basis in das öffentliche Bewusstsein eindrangen und das in diesem Zusammenhang immer wieder verwendete Vokabular zum allgemeinen Besitz auch des Nicht-Spezialisten zu werden begann. Die Auswahl ist also nicht zufällig und wird auch aus einer allgemein kulturellen Perspektive zusätzlich interessant. Sie markiert gleichzeitig einen tiefgreifenden mentalitätsgeschichtlichen Umbruch im Verhältnis der Franzosen zur Umwelt. Es wäre hier sicherlich wünschenswert, auch für andere Länder ähnlich fundierte Beiträge aus der sprachlichen Perspektive zu haben, die es ermöglichten, ein politisch-kulturelles und geistesgeschichtliches Phänomen nicht nur intuitiv, sondern im Befund der Sprachnutzung zu fassen. Die Dissertation umfasst sieben Hauptkapitel. Nach einer allgemeinen Einleitung zur Zielsetzung und zum Stellenwert innerhalb der historischen Semantikforschung (11-13) widmet sich das 1. Kapitel der Darstellung der Genese und Methodik der Untersuchung (15- 40). Das zweite Kapitel präsentiert Linguistische Untersuchungen zum Umweltvokabular, liefert also eine Art Forschungsübersicht (41-86). Im dritten Kapitel wird die Wortfamilie von écologie in der Lexikographie analysiert (87-122). Das vierte Kapitel enthält den ersten Teil der Korpusanalyse und liefert die Lexikologische Analyse zentraler Substantive aus dem französischen Umweltvokabular (123-93). Im fünften Kapitel erfolgt die Lexikologische Analyse zentraler Adjektive (193-264). Das sechste Kapitel präsentiert das Résumé der Korpusauswertung (265-80), und in den Schlussbemerkungen als siebtes Kapitel erfolgt ein Blick auf weitere Dimensionen der Thematik, der über den engeren französischen Rahmen hinausreicht (281-92). Den Abschluß bilden eine umfassende Bibliographie (293-306) sowie ein Anhang mit den Korpusbelegen (307-81). Im 1. Kapitel zur Genese und Methodik der Untersuchung gibt Verf. zunächst zum allgemeinen Verständnis der Relevanz der Themenauswahl (15-19) einen sorgfältig recherchierten, knappen aber nichtsdestoweniger präzisen Überblick über die Geschichte der französischen Umweltbewegung und deren ideengeschichtliche Herleitung, die bis auf die Aufklärung zurückgeführt wird. Bis in die 60er Jahre des 20. Jh.s bleibt die Sorge um Natur und Umwelt jedoch interessierten Laien und Wissenschaftlern vorbehalten. Die Wende - Verf. spricht von «Paradigmenwechsel» - kommt im Zuge der 68er Bewegung, als die Um- 343 Besprechungen - Comptes rendus welt sowie speziell der Umweltschutz zum politischen Thema werden, für das man eine neue «Sprache» benötigt. Die gewandelte Situation läßt sich in Anlehnung an Vadrot in dem Slogan «de la protection de la nature à la défense de l’environnement» recht gut fassen. Sach- und Sprachgeschichte würden damit intim verquickt, meines Erachtens jedoch eine Verquickung, die nicht unbedingt besonders charakteristisch für den Gegenstandsbereich der Dissertation ist, da Sprachgeschichte, die im Bereich des Lexikons greifbar ist, immer irgendwie eine Verknüpfung mit Sachbzw. Ideengeschichte darstellt. In einem zweiten Unterkapitel führt Verf. die «Besonderheiten des frz. Umweltvokabulars in den 90er Jahren» vor (19-22), Besonderheiten, die einerseits in der Komplexität des Verhältnisses der Lexien écologie, écologiste, écologique, environnement und nature zueinander bestehen und andererseits in der auffälligen semantischen Unschärfe der Einheiten des Wortfeldes écologie bzw. écologique, dessen Elemente oft beliebig austauschbar scheinen: écologie/ écologisme, écologie/ environnement, écologiste/ environnementaliste und écolo/ écologiste/ écologique/ vert. Écologie ist quasi zu einem Schlüsselbegriff und gleichzeitig passe-partout-Wort geworden, das auch außerhalb der politischen Domäne verstärkt Verwendung findet. Der Übergang von der Fachsprache in die politische Allgemeinsprache manifestiert sich v.a. bei den Adjektiven auch im morphosyntaktischen Bereich. All diese Beobachtungen führen Verf. zu dem Ergebnis, dass sich in der Wortfamilie écologie in den letzten dreißig Jahren ein tiefgreifender Wandel vollzogen hat, der in der Dissertation nachgezeichnet und belegt wird. Verf. konzentriert sich dabei auf die «innovativen» Umweltbedeutungen, liefert also eher eine Analyse eines champ d’acceptions als eine solche des kompletten Bedeutungsumfangs der einzelnen Lexien. Daß die Analyse in der Tat nur so Sinn macht, zeigt v. a. der Blick auf Einheiten wie vert und propre, die mit bestimmten anderen acceptions Bestandteil von Wortfeldern sind, die für die vorliegende Analyse irrelevant sind und somit ausgeblendet werden. - In einem dritten Unterkapitel wird das Textkorpus vorgestellt, welches Belege aus Publikationen einschlägiger und allgemeiner Ausrichtung für den Zeitraum 1968 bis 1996 umfaßt (22-24). Im vierten Unterkapitel schließlich werden die vier «Theoretischen Bausteine» dargelegt (25-40). Die Orientierung erfolgt erstens an den sprecherbezogenen, handlungstheoretisch fundierten Sprachwandeltheorien von Keller und Coseriu, in Distanzierung zur These des «Begriffebesetzens» der traditionellen politischen Semantik, das letztendlich auch nichts anderes sei als Ergebnis eines invisible hand-Prozesses. Die Ansätze von Keller und Coseriu werden in einer sorgfältigen Abwägung als wesensmäßig kompatibel angesehen, wenn auch mit unterschiedlicher Akzentsetzung. Den theoretischen Hintergrund für die Analyse des Umweltvokabulars bildet zweitens die Historische Semantik in der Busseschen Ausprägung, die ebenfalls handlungstheoretisch fundiert ist. Für Busse ist historische Semantik immer auch gleichbedeutend mit Semantik aktueller politischer Sprache und bietet sich Verf. auch aus dieser Perspektive besonders an. Wichtig wird in diesem Zusammenhang Busses Diskursbegriff. Als dritter theoretischer Baustein kommt die Politische Semantik hinzu, die allerdings in Frankreich eine weniger starke Verbreitung hat als etwa in Deutschland und aus der insbesondere das Konzept der deontischen Wörter übernommen wird. Maßgebend werden hier Arbeiten aus der Düsseldorfer Forschergruppe um Georg Stötzel. Den vierten theoretischen Baustein liefert Gaugers Unterscheidung von synonymischen und nicht-synonymischen Kontexten. Diese Scheidung erscheint v.a. bei der Ausgrenzung von Wortfeldern vielversprechend, da so ein Feld mit Zentrum und Peripherie herausgelöst werden könne. Wichtig wird des weiteren die Bedeutung, die Gauger der Sprach-Bewußtheit des Sprechers gerade auch für die Synonymendifferenzierung zuweist und die oft in sog. Sprachthematisierungen greifbar wird. Synonymische Kontexte sind damit ein Spezialfall von Sprachthematisierung, die aber nicht, wie zurecht festgestellt wird, grosso modo als zuverlässige Aussagen über den Sprachgebrauch gelten dürfen. 344 Besprechungen - Comptes rendus Das zweite Hauptkapitel präsentiert verschiedene Ansätze zur linguistischen Beschreibung von Umweltvokabular, und zwar vorrangig aus dem deutschen und dem anglo-amerikanischen Bereich, wo diese Thematik bereits über eine längere sprachwissenschaftliche Tradition verfügt. Die Untersuchungen stammen aus den Bereichen Politische Semantik (F. Hermanns; Ulrike Haß; Sondernummer Mots. Les langages du politique zum Thema «Environnement, Écologie, Verts» [41-55]), Wortgeschichte (G. Antoine [55-58]) sowie Ökolinguistik (E. Haugen, Cl. Hagège, H. Weinrich, A. Makkai, W. Trampe und A. Fill [58-83]). Diese werden kritisch insbesondere auf ihre Relevanz auch für das Französische vorgeführt. Allerdings wird man den Verdacht nicht ganz los, dass der breite Raum, der der Ökolinguistik - übrigens in einer höchst anregenden Darstellung, wenn auch mit etlichen Redundanzen in der ausführlichen Behandlung des ecology-Begriffs von Makkai - eingeräumt wird, mehr dem Etikett «Öko» verdankt und weniger dem alltagssprachlichen Umweltvokabular, das ja eigentlicher Gegenstand der Arbeit sein soll. Der Begriff «Ökologie» in der Ökolinguistik ist ein - wenn auch höchst diffuser - Fachterminus, und Fachterminologien sollten ja erklärtermaßen nicht Gegenstand der Untersuchung sein. Erst im Fazit klingt wieder das eigentliche Anliegen an, wenn die Pluralität der ökolinguistischen Konzepte mit der Polysemie des alltagssprachlichen Ökologiebegriffs erklärt wird. Das dritte Hauptkapitel ist der Wortfamilie von écologie in der Lexikographie gewidmet. Aus naheliegenden semantischen Gründen wird vert einbezogen. Ausgewertet werden fünf Wörterbücher: TLF, Grand Robert 2 1985, Petit Robert 1993, der Petit Larousse sowie der Dictionnaire des mots contemporains 1980 von Pierre Gilbert. Allerdings ist angesichts ihres höchst unterschiedlichen Umfangs zurecht keine komparative Analyse anvisiert. Die Behandlung der einschlägigen Lexien erfolgt vielmehr für die einzelnen Wörterbücher separat - ein Vorgehen, das auch dadurch notwendig wird, als es nicht um die Erfassung des kompletten Bedeutungsumfangs der einzelnen Lexien geht, sondern vielmehr um die von acceptions, die auf eine alltagssprachliche nicht fachterminologische Verwendung hinweisen. Die Auswertung ist sehr sorgfältig und gibt einen guten Einblick in die Behandlung der ausgewählten Lexien, bei der oftmals gerade die alltagssprachlichen acceptions ausgeblendet bleiben, was einmal mehr dokumentiert, dass Lexika verspätete, ja oft sehr verspätete Inventarisierungen der (lexikalischen) Norm darstellen. So wird das Panorama des Umweltvokabulars gleichzeitig zu einer Wörterbuchkritik im positiven wie im negativen Sinne (cf. hierzu auch das «Fazit» [119-22]). Daß die Kritik nicht vernichtend ausfällt, verdankt sie der sensiblen Plazierung vor der eigenen Korpusanalyse und nicht danach. Die Konfrontation des Befundes in den Wörterbüchern mit den Korpusmaterialien ist dementsprechend enthüllend, zeigt aber auch, wo eventuell Ursachen für die «Schwächen» des lexikographischen Befundes liegen bzw. liegen können. Das vierte und fünfte Hauptkapitel enthalten die Korpusanalyse (123-264) und stellen damit den Kern der Arbeit dar. Der Reihe nach werden zum einen die Substantive der Wortfamilien écologie und environnement und zum anderen die Adjektive des Wortfeldes écologique ausgewertet. Sowohl écologie als auch environnement erfahren in jener Zeit einen grundlegenden Bedeutungswandel. Sie treten nun sowohl in synonymischen als auch in nicht-synonymischen Kontexten auf, d.h. teils werden sie im ungleichen Sinne verwendet, teils in gleichem. Sorgfältig werden denn auch die Gebrauchsveränderungen der einzelnen Lexien anhand des Materials auf- und nachgezeichnet. Bei den Substantiven werden behandelt: écologie, écologisme, environnement, environnementalisme, écologiste (mit einem Abschnitt zur Kurzform écolo), vert, environnementaliste, und bei den Adjektiven sind es écologique, vert, écologiste, écolo, environnemental, environnementaliste sowie Adjektive im erweiterten Zentrum wie antipollution, biologique, doux, naturel und propre, d. h. es erfolgt der Übergang zu einer Art Wortfeldbetrachtung. Berücksichtigt wird auch ein eventuell divergierender Gebrauch in der nicht-ökologischen und der «ökologischen» Pres- 345 Besprechungen - Comptes rendus se (presse écologiste). Nicht zentral, aber passim einbezogen wird auch die Lexie nature bzw. die Verbindung protection de la nature, denn auch nature habe im besagten Zeitraum einen wahrnehmbaren Wandel durchgemacht. Ferner wird auf die analoge Distribution von cadre de vie und environnement in eben diesem Zeitraum sowie die zunehmende Ablösung des ersteren durch das letztere hingewiesen. Das Schwanken zwischen Wortfamilien-, Wortfeld- und Begriffsfeldanalyse bzw. Analyse eines Referenzausschnitts wird damit zum methodischen Muß, will man die Entwicklung des Umweltvokabulars adäquat beschreiben. So deutlich wird dies allerdings nirgends gesagt. Die separate Behandlung von Substantiven und Adjektiven wird damit gerechtfertigt, dass bei den Adjektiven neben dem semantischen Wandel auch eine Veränderung im morphosyntaktischen Bereich stattfindet. M.a.W. die ausgefilterten Adjektive verfügen über eine doppelte Lesart, einmal als Relationsadjektiv und einmal als qualifizierendes Adjektiv. Verf. arbeitet hier sechs Kriterien heraus, die solche Adjektive mit doppelter Lesart charakterisieren: 1. -/ + Graduierbarkeit, 2. -/ + Prädikativität, 3. primär relationaler vs. primär qualifizierender Charakter, 4. Grad der semantischen Definitheit, 5. Grad der Wertung bzw. Emphase und 6. -/ + Vorhandensein von attributiven, wertenden Synonymen. Allerdings bewegen sich diese Kriterien nicht alle auf der gleichen Ebene. So stehen den polaren Merkmalen 1, 2 und 3 (betreffend Morphosyntax und Distribution) skalare gegenüber, nämlich 4, 5 und 6 (betreffend Inhalt- und Gebrauchssemantik). Dieser Unterschied mag für die Analysezwecke von Verf. gegebenenfalls irrelevant sein, hätte aber dennoch benannt werden müssen, da offensichtlich gleichzeitig generelle Überlegungen zur Natur von Relations- und qualifizierenden Adjektiven angestellt werden sollten. Das Zusammenspiel von semantischen und morphosyntaktischen Veränderungen wird als ein interdependentes gesehen, wenn auch die Formulierung dieses Verhältnisses zunächst etwas irreführend erscheint, wird doch p. 207 das Aufbrechen der morphosyntaktischen Einschränkungen als Folge der semantischen Veränderungen dargestellt, um dann im nächsten Satz genau die umgekehrte Abfolge zu konstatieren, nämlich dass erst mit dem Aufbrechen der morphosyntaktischen Restriktionen etwa das Adjektiv écologique das semantische Merkmal / positiv für die Umwelt/ ausbilden könne - aber, das sei hinzugefügt, nicht muß. Zieht man zudem in Betracht, dass Syntax und Semantik prinzipiell interdependent sind, so ist diese Feststellung in Bezug auf die Relationsadjektive und ihre Umwertung im Prinzip trivial. Aber der Schluß, der in Bezug auf die in der politischen Semantik übliche Scheidung zwischen deskriptiver und evaluativer bzw. deontischer Bedeutung gezogen wird, ist bemerkenswert: denn erst durch die Verbindung von morphosyntaktischen und semantischen Aspekten lässt sich diese Unterscheidung an die konkrete sprachliche Praxis anbinden - eine Erkenntnis, die die politische Semantik bisher so nicht formuliert hat. Adjektive mit doppelter Lesart werden dabei konsequent zwei Gruppen zugeordnet, wobei allerdings nirgends thematisiert wird, ob dies im Rahmen eines polysemen oder eines homonymen Erklärungsansatzes geschieht. Im Resümee der Korpusauswertung (265-79) gruppiert Verf. die Ergebnisse ihrer Untersuchung dann noch einmal aus differenzierten Blickwinkeln. Interessant ist hier das Abheben auf ideolektale Verwendungen der einzelnen Lexien v. a. in der Anfangsphase des Umbruchzeitraums in den 70er Jahren. Erst allmählich verfestigen sich einzelne acceptions des betroffenen Vokabulars, so dass man von Normwerten sprechen kann, die weitgehend konventionalisiert sind. Dabei ist bei allem konstatierten Ineinandergreifen der Wortfamilien um écologie und environnement der Wandel im erstgenannten Bereich tiefgreifender als im letztgenannten. Rechnung zu tragen ist zusätzlich dem Ineinandergreifen auch von - alter - wissenschaftlicher und - neuer - politischer und alltagssprachlicher Bedeutung. Im Schlusskapitel werden dann noch einmal Ergebnisse der eigenen Auswertungen, Befund in der traditionellen Lexikographie, theoretische und methodische Fundierung in 346 Besprechungen - Comptes rendus einer Zusammenschau präsentiert, die das Anliegen und die Qualität der Arbeit erneut in ein positives Licht rücken. Nicht ohne Augenzwinkern wird abschließend frz. écologie mit dem dt. Ökologie im Hinblick auf assoziative Verbindungen konfrontiert, um aufzuzeigen, dass beide in je einzelsprachlich bestimmten komplexen Umfeldern sprachlicher und nichtsprachlicher Natur stehen, die keineswegs deckungsgleich sind und für die durchaus divergierende Nutzungsweisen verantwortlich sind. Ein weiteres Positivum der Arbeit ist die Bereitstellung der Korpusmaterialien geordnet nach Substantiven und Adjektiven und hier jeweils in alphabetischer Reihenfolge, so dass es dem Leser jederzeit möglich ist, die Interpretationen anhand der Belege zu überprüfen. Zudem liefern diese Materialien aufgrund ihrer großzügig gehandhabten kotextuellen Einbettung auch viel Zusatzinformationen zu Argumentationszusammenhängen, in denen die jeweiligen Lexien verwendet sind. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass mit der Dissertation von Y. Stork ein außerordentlich sorgfältig recherchierter Beitrag mit scharfsinnigen Interpretationen vorliegt, expliziert an einem Sprachausschnitt zu einem hochaktuellen Bereich gesellschaftlichen Handelns und Argumentierens. Die sprachwissenschaftliche Perspektive gestattete es, ein spannendes Kapitel modernen Problembewusstseins jederzeit nachvollziehbar, antiintuitionistisch aufzuarbeiten, und man wünscht sich mehr solcher Beiträge zu gesellschaftlich und epochal relevanten Schlüsseldomänen. Pauschale Feststellungen und polarisierende sprachwissenschaftliche Klassifikationsversuche nur um der Klassifikation willen unterbleiben zugunsten der immer wieder anzutreffenden Betonung, dass sich die betrachteten Wortfamilien und -felder weiterhin in der Entwicklung befinden, so dass die mikrodiachronische Analyse gleichzeitig eine Perspektivierung auf die Zukunft enthält, die sowohl die sprachliche Seite im engeren Sinne als auch die gesellschaftlich-kulturell-politische und ideengeschichtliche Relevanz tangiert. Und auch das soll nicht unerwähnt bleiben: die Arbeit ist sehr gut geschrieben. Edeltraud Werner H Robert Lafont (ed.), La Chanson de Sainte-Foi. Édition et traduction par R. L., Genève (Droz) 1998, 185 p. (TLF 490) Die bisherige Standardedition der Chanson de Sainte Foi (d’Agen) (Sancta Fides) war diejenige von Antoine Thomas in den Classiques Français du Moyen Age (Band 45) - eine Ausgabe, die sicher ihre Qualitäten hat, aber in fast jeder Hinsicht weit hinter der nur ein Jahr später (1926) erschienen Edition von Alfaric/ Hoepffner zurückbleibt 1 . Grund für diese verbreitete Mißachtung der besseren Ausgabe war eindeutig die Tatsache, daß es sich um ein hochwissenschaftliches, schwer zugängliches und keineswegs wohlfeiles Werk handelte. Die hier vorgelegte Ausgabe von Robert Lafont trägt den Erkenntnissen von Alfaric/ Hoepffner ausgiebig Rechnung und berücksichtigt außerdem die spätere (z. T. eigene) Forschung; sie bringt überdies die notwendigen Voraussetzungen mit sich, die Ausgabe von Thomas als «Arbeitsedition» abzulösen. Zwar bietet sie nicht wie ihre Vorgängerin eine Faksimile-Wiedergabe der Handschrift, dafür aber eine gut gelungene neufranzösische Übersetzung - ein Konzeptwandel, der als geradezu charakteristisch für den inzwischen grundlegend veränderten Status der Mittelalterphilologie nicht nur in den deutschsprachigen Ländern, sondern auch in Frankreich gelten kann. Lafonts Behandlung der Chanson de Sainte Foi ist durch eine geradezu dogmatische Vorentscheidung geprägt, für die er zwar eine Reihe von guten Gründen geltend machen kann, 347 Besprechungen - Comptes rendus 1 Für die Editionsgeschichte und die genauen bibliographischen Angaben cf. Lafont 1998: 7-10.
