eJournals Vox Romanica 61/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2002
611 Kristol De Stefani

Diccionario del español de Argentina. Español de Argentina – Español de España, dirigido por Günther Haensch y Reinhold Werner, coordinación Claudio Chuchuy, Madrid (Gredos) 2000, 729 p. (Diccionarios Contrastivos del Español de América. Español de América – Español de España); Diccionario del español de Cuba. Español de Cuba – Español de España, dirigido por Günther Haensch y Reinhold Werner, coordinación Gisela Cárdenas Molina/Antonia María Tristá Pérez/Reinhold Werner, Madrid (Gredos) 2000, 606 p. (Diccionarios Contrastivos del Español de América. Español de América – Español de España)

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2002
Yvonne  Stork
vox6110378
Diccionario del español de Argentina. Español de Argentina - Español de España, dirigido por Günther Haensch y Reinhold Werner, coordinación Claudio Chuchuy, Madrid (Gredos) 2000, 729 p. (Diccionarios Contrastivos del Español de América. Español de América - Español de España) Diccionario del español de Cuba. Español de Cuba - Español de España, dirigido por Günther Haensch y Reinhold Werner, coordinación Gisela Cárdenas Molina/ Antonia María Tristá Pérez/ Reinhold Werner, Madrid (Gredos) 2000, 606 p. (Diccionarios Contrastivos del Español de América. Español de América - Español de España) Mittlerweile gibt es mehr als 2000 Wörterbücher, Glossare und Wortschatzsammlungen, die sich aus verschiedensten Perspektiven mit dem Spanischen in Lateinamerika beschäftigen. Ein großer Teil dieser Werke, die von sehr unterschiedlicher Qualität sind, widmet sich dem Spanischen in einem ausgewählten lateinamerikanischen Staat, andere spezialisieren sich z. B. auf einen Soziolekt oder auf eine bestimmte Region. Lange Zeit war bei den Wörterbuchautoren die Auffassung vorherrschend, daß das auf der Iberischen Halbinsel gesprochene Spanisch Modellcharakter für das Spanische in Lateinamerika habe und dieses deshalb dem europäischen Spanisch nacheifern solle. Erst allmählich setzt sich im 20. Jh. der Gedanke durch, daß die lateinamerikanischen Varianten des Spanischen gleichberechtigt neben dem Spanischen der Iberischen Halbinsel stehen. Der Diccionario del español de Argentina (DEArg) und der Diccionario del español de Cuba (DECu) sind die ersten beiden der auf insgesamt 19 Bände angelegten Reihe Diccionarios Contrastivos del Español de América, einem von der Universität Augsburg seit 1976 in Angriff genommenen Forschungsprojekt. Die 19 Wörterbücher sollen in ein Gesamtwerk, den Nuevo Diccionario de Americanismos, münden. Beteiligt sind in Lexikologie wie Lexikographie sehr beschlagene deutsche Forscher sowie versierte lateinamerikanische und spanische Lexikographen. Wenn auch die Mitarbeiter verständlicherweise von Band zu Band wechseln, ist es doch erklärtes Anliegen der Reihenherausgeber, eine größtmögliche Homogenität in der Methodik und im Aufbau der Wörterbücher zu erzielen. Daß es im Laufe der Zeit zu kleineren Modifizierungen kommen kann, schließen sie dabei nicht aus. Möchte man ein Wörterbuch zum Spanischen in einem bestimmten lateinamerikanischen Land verfassen, muß man sich bekanntlich zunächst entscheiden, ob man den - möglichst - kompletten Wortschatz des Landes abbilden oder statt dessen einen differentiellen Ansatz verfolgen will. In diesem Fall nimmt man nur die Wörter auf, die im europäischen Spanisch entweder gar nicht existieren oder zwar vorhanden sind, aber anders verwendet werden; die Unterschiede können z. B. die Bedeutung oder das Register, aber auch Gebrauchsfrequenz, Genus, Numerus oder die Valenz betreffen. Die Reihenherausgeber haben sich, wie aus dem Untertitel «Español de Argentina - Español de España» sowie dem Reihentitel Diccionarios Contrastivos del Español de América ersichtlich wird, für den differentiellen Ansatz entschieden. Da sich die beiden Wörterbücher, abgesehen von länderspezifischen Charakteristika, die sich im DEArg etwa im Wortfeld «Tango», im DECu z. B. im Wortfeld «Tabakanbau» manifestieren, nur hinsichtlich Details unterscheiden, etwa wie die Transitivität bzw. Intransitivität von Verben in die Wörterbuchartikel eingebaut wird, beschränke ich mich im folgenden auf die Besprechung des Diccionario del español de Argentina. Das argentinische Spanisch nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als es bereits umfassend dokumentiert ist. Hervorzuheben ist hier das vom angesehenen «Instituto Caro y Cuervo» (Santafé de Bogotá) 1993 veröffentlichte, qualitativ hochstehende Nuevo diccionario de argentinismos. Ihm verdanken die Verf. des DEArg, neben wichtigen Anregungen zur Methodik, eine 378 Besprechungen - Comptes rendus äußerst umfangreiche Materialbasis, die u.a. aus einem großen Textkorpus und Umfragen unter Muttersprachlern besteht. Zudem können sie zurückgreifen auf eine von den Autoren des Nuevo diccionario de argentinismos vorgenommene Auswertung bereits vorhandener lexikographischer Werke sowie diverser wissenschaftlicher Studien zum argentinischen Wortschatz. Einige der Mitarbeiter des DEArg waren bereits am Nuevo diccionario de argentinismos beteiligt. Der DEArg ist ein hochkomplexes Wörterbuch mit «estructuras textuales condensadas en alto grado» (XIV). Die Artikel liefern eine Fülle von Informationen, die sich zum Teil erst nach der aufmerksamen Lektüre der sehr ausführlichen Einleitung (XIII-LI) erschließen. Das Wörterbuch richtet sich den Verf. zufolge an drei Typen von Benutzern. Gedacht ist es zum einen für diejenigen, die, ohne weitergehende philologische oder linguistische Interessen zu verfolgen, ein ihnen unbekanntes Wort nachschlagen wollen. Diese Gruppe könne, so die Verf., ihr Hauptaugenmerk auf die Definitionen richten. Seien diese sehr lang oder komplex, genüge es häufig, sich auf die angegebenen Antonyme und v. a. Synonyme - sowohl im Spanischen der Iberischen Halbinsel als auch im argentinischen Spanisch - zu beschränken. Die zweite Gruppe bilden Nutzer, die aus philologischem oder sonstigem professionellen Interesse heraus genauere Informationen über das argentinische Spanisch oder über Unterschiede zwischen dem Spanischen der Iberischen Halbinsel und dem argentinischen Spanisch abrufen möchten. Diese Klientel findet im DEArg nicht nur Angaben zur Semantik und Grammatik, sondern auch eine Fülle von enzyklopädischen Informationen sowie detaillierte Hinweise zu den Unterschieden zwischen europäischem Spanisch und dem Spanischen in Argentinien. Die dritte Gruppe wird von denen gebildet, die selber lexikographisch tätig werden wollen. Ihnen will der DEArg nicht nur als umfangreiche Quelle für Wortmaterial dienen, sondern auch in methodischer Hinsicht und im Hinblick auf eine Reihe technischer Neuentwicklungen zur Seite stehen. Daß die Herausgeber bestrebt sind, die Informationen einem großen Kreis von Nutzern zugänglich zu machen, zeigt sich ebenfalls daran, daß man auf zwei verschiedenen Wegen an die Informationen über ein Wort aus dem argentinischen Spanisch gelangen kann: zum einen natürlich dadurch, daß man im Hauptteil unter dem betreffenden Lemma nachschlägt, zum anderen aber auch dadurch, daß man auf einen der drei Indices zurückgreift. Der «Índice español peninsular - español argentino» führt von Lemmata aus dem europäischen Spanisch zu den entsprechenden (Quasi-)Synonymen aus dem argentinischen Spanisch (die ihrerseits im Hauptteil des Wörterbuches als Lemmata aufgeführt sind). Die beiden anderen Indices, «nomenclatura botánica» und «nomenclatura zoológica», weisen dem Nutzer den Weg von den wissenschaftlichen Fachtermini zu den «fitónimos y zoónimos de las nomenclaturas populares del español argentino» (XXII), die im Hauptteil als Lemmata verzeichnet sind. Die Lemmata im DEArg müssen mehrere Bedingungen erfüllen. Zuerst einmal wird ihre Auswahl natürlich vom differentiellen Ansatz bestimmt. Zudem sollten sie der «orientación sincrónica» (XVI) des Wörterbuchs entsprechen. Marcas de uso wie obsol «elemento obsolescente» und hist «historicismo» - letztere steht bei Wörtern, die historische Realitäten verschiedenster Ausprägung bezeichnen, z. B. «estructuras políticas y sociales de la época colonial» und «objetos de uso diario a comienzos del siglo XX» (XVI) - zeigen allerdings, daß die Verf. trotz der prinzipiell synchronen Ausrichtung nicht auf diachrone Informationen verzichten möchten. Mitunter gehen sie dabei sehr weit zurück. So verzeichnen sie pucará mit der marca de uso «hist» und der Definition «Fortificación de piedra construida por los indígenas para defensa en la época prehispánica, especialmente en la zona de influencia quechua». In manchen Fällen mag der Grund, einen historicismo bzw. ein elemento obsolescente aufzuführen, darin liegen, daß andere Wörter aus derselben Wortfamilie im Gegenwartsargentinischen ihren festen Platz haben. So finden sich neben 379 Besprechungen - Comptes rendus dem Artikel pitador, -a «obsol Ref. a una persona: que tiene el hábito de fumar» die Artikel pitada «coloq Acción de inhalar y exhalar una vez el humo del cigarrillo» und pitar «coloq Fumar cigarrillos, cigarros o pipa». Weitere wichtige Kriterien für die Aufnahme in den DEArg sind eine bestimmte geographische Verbreitung innerhalb Argentiniens sowie eine gewisse (natürlich schwerlich überprüfbare) Frequenz. Die einzelnen Artikel haben eine sehr vielschichtige Mikrostruktur. Um auf die Unterschiede zwischen argentinischem und europäischem Spanisch hinzuweisen, greifen die Wörterbuchautoren vornehmlich auf zwei Symbole zurück. Mit signalisieren sie, daß das entsprechende Wort bzw. die entsprechende Bedeutung im Spanischen der Iberischen Halbinsel nicht gebräuchlich ist. bedeutet hingegen, daß das entsprechende Wort zwar auch im europäischen Spanisch geläufig ist, es im argentinischen Spanisch aber eine oder mehrere Bedeutungen hat, die im europäischen Spanisch nicht belegt sind. In einigen Fällen erscheint den Autoren die Unterscheidung zwischen und zu grob, und sie ziehen es vor, eine observación einzufügen, etwa wenn ein Wort nur in bestimmten Gegenden Spaniens verwendet wird oder die Unterschiede zwischen europäischem und argentinischem Spanisch lediglich die Gebrauchshäufigkeit betreffen. Eine Sonderstellung nehmen die mit # gekennzeichneten lexikalischen Einheiten ein: «se refieren a clases de referentes típica o específicamente argentinas o americanas, tales como muchos animales, plantas, comidas y realidades folklóricas, así como conceptos relacionados de manera especial con estas realidades» (XXXIII). Solche Einheiten werden aufgenommen, da es sich hier - von europäischer Warte betrachtet - um Exotismen handelt «que, cuando son usados por una persona de procedencia española, se refieren a realidades que no existen en la Península Ibérica, realidades que con frecuencia nunca ha visto el hablante residente en España o realidades sobre las que, a veces, tiene conocimientos muy superficiales» (XXXIII). Neben den formalisierten Angaben zu den Unterschieden zwischen dem argentinischen Spanisch und dem Spanischen der Iberischen Halbinsel findet man in den Artikeln Definitionen, grammatische Informationen, vielfach marcas de uso sowie Hinweise zu lexikalischen Varianten und Synonymen. Bezüglich der Definitionen sind v. a. zwei Aspekte hervorzuheben. Zum einen beinhalten sie häufig Informationen zur Syntagmatik, zum anderen tragen sie oft stark enzyklopädische Züge. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn es um Spezifika der argentinischen Kultur und Geschichte geht. Ein Beispiel ist die Definition unter gaucho 1, versehen mit der marca de uso «hist»: «Hombre típico de la vida rural argentina en los siglos XVIII y XIX, que se caracterizaba por su destreza como jinete y su habilidad en los trabajos rurales. Era característica su vestimenta . . . y su afición por el canto . . .». Eine gewisse Affinität zu enzyklopädischen Definitionen zeigt sich auch in anderen Artikeln, v. a. in solchen zu Flora und Fauna 1 , doch ebenso etwa in Einträgen zu bestimmten Kleidungsstücken. So findet sich s. perramus die Definition «Prenda de vestir de hombre, confeccionada en gabardina, que sirve para protegerse del frío y de la lluvia. Se abotona en la parte de delante y cubre hasta las rodillas». Was die marcas de uso betrifft, so sticht zunächst ihre enorme Vielfalt ins Auge. Neben diatopischen - Argentinien wird in sechs Zonen unterteilt -, diastratischen und diachronischen marcas de uso gibt es z. B. die Markierungen drog ‘jerga de drogadictos y narcotraficantes’, delinc ‘jerga de los delincuentes’, deport ‘tecnolecto y jerga de los deportes’, infant ‘lenguaje infantil’, juv ‘lenguaje juvenil’, period ‘estilo periodístico’, estud ‘jerga estudiantil’, hum ‘humorístico’, zudem feine Abstufungen wie die zwischen coloq ‘lenguaje coloquial’ und coloq! ‘lenguaje coloquial (alto grado de tabuización)’. Des weiteren fällt auf, daß die 380 Besprechungen - Comptes rendus 1 Cf. etwa die Definition s. cortapalo: «Coleóptero de cuerpo generalmente oblongo o alargado, con larvas xilófagas. Los adultos se caracterizan por poseer antenas muy largas, borde protorácico liso, mandíbulas fuertes y, en muchos casos, colores brillantes». Mehrheit der aufgeführten Lemmata mit einer, viele Lemmata auch mit zwei Registerangaben versehen werden. Häufigere Verbindungen sind z. B. coloq desp ‘coloquial y matiz despectivo’ und coloq hum ‘coloquial y humorístico’. Die Verf. verstehen die marcas de uso nicht als «atribuciones fijas a categorías de validez absoluta» (XXVI), sondern vergeben sie in erster Linie nach pragmatischen Kriterien: Sie sollen dem Nutzer zeigen, «que . . . debe tener cuidado para evitar un uso inadecuado de este elemento léxico al incorporarlo en su propio discurso o para entenderlo apropiadamente». Erst an zweiter Stelle «le ayudarán a formarse una idea aproximada sobre la naturaleza de la restricción de uso o sobre las implicaciones funcionales en cuestión» (XXVI). Die Aussagekraft der Registermarkierungen sehen die Autoren auch dadurch eingeschränkt, daß sie bei bestimmten Varietäten vom Urteil einer begrenzten Zahl muttersprachlicher Informanten abhängen. Insgesamt hängen die Verf. die marcas de uso somit bewußt sehr tief, eine Haltung, die gleichermaßen realistisch und ehrlich ist. Alles in allem handelt es sich bei dem DEArg zweifelsohne um ein sehr ausgefeiltes Projekt. Die Autoren liefern eine enorme Fülle an Informationen, die sie umsichtig und mit großer Präzision aufbereiten. Sieht man ab von kaum zu vermeidenden Inkonsistenzen bei der Verteilung der marcas de uso, ist ihr Vorgehen sehr systematisch. Darüber hinaus gelingt es ihnen, eine Balance zu finden zwischen lexikalischen Einheiten, die spezifisch argentinische bzw. lateinamerikanische Gegebenheiten bezeichnen, und «unidades léxicas que designan cosas universales», den sogenannten «universalismos» 2 . Letztere waren in den Wörterbüchern zum lateinamerikanischen Spanisch lange Zeit deutlich unterrepräsentiert. Mit ihrem richtungsweisenden Werk schließen die Verf. eine Lücke. Auf dem langen Weg zum Nuevo Diccionario de Americanismos warten noch viele Etappen. Als nächster der 17 noch ausstehenden Diccionarios Contrastivos del Español de América erscheint voraussichtlich der Diccionario del español de Bolivia. Dieser Band stellt insofern eine besondere Herausforderung dar, als der Wortschatz des bolivianischen Spanisch, im Gegensatz zu dem des argentinischen und kubanischen Spanisch, bisher noch nicht umfassend dokumentiert worden ist. Y. Stork H 381 Besprechungen - Comptes rendus 2 Cf. hierzu G. Haensch, Los diccionarios del español en el umbral del siglo XXI, Salamanca 1997: 219.