eJournals Vox Romanica 62/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2003
621 Kristol De Stefani

Frank-Rutger Hausmann, «Vom Strudel der Ereignisse verschlungen». Deutsche Romanistik im «Dritten Reich», Frankfurt a. M. (Vittorio Klostermann) 2000, xxiii + 741 p. (Analecta Romanica 61)

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2003
U.  Bähler
vox6210312
312 Besprechungen - Comptes rendus Die auf einer totalen Ablehnung basierende Einstellung der Avantgarde führt zur Entstehung von drei Manifesttypen: Gründungs-, Erhaltungs- und Selbstauflösungsmanifeste. Eine Abgrenzung zwischen traditionellen und avantgardistischen Texten erlaubt in Kombination mit dem thematischen Bereich eine Klassifikation der Manifeste. Bei der Analyse des Manifeste du surréalisme im achten Kapitel (249-321) bezieht der Verfasser verschiedene Dimensionen mit ein. In bezug auf die situationellen Faktoren werden der Referenzkontext und die Erwartungen an das Manifest ermittelt und seine Verankerung im Projekt des Surrealismus berücksichtigt. Die Analyse der Dimensionen der Textualität bringt Erkenntnisse über die Funktion einzelner Segmente und ihre Position in der gesamttextuellen Hierarchie 1 . Im Rahmen der informationellen Dimension des Textes wird eine Untersuchung der thematischen Entwicklung des Textes vorgenommen, während die äußerungspragmatische Analyse Aussagen über die Identität der im Text zu Wort kommenden Subjekte ermöglicht. Schließlich erfolgt eine ausführliche Darstellung der strategischen Dimension des Manifests, in der das Zusammenspiel verschiedener Komponenten zur Erreichung von Zielen des Manifests offengelegt wird. Die 18 Seiten starke Bibliographie beinhaltet neben den relevanten sprachwissenschaftlichen Werken gesonderte Unterkapitel À propos de manifestes, d’avant-gardes et de littérature und À propos du surréalisme. Als die theoretisch-methodische Stärke des vorliegenden Werks sei die Kombination der mehrdimensionalen Textanalysen mit einer genauen Einordnung des Untersuchungsgegenstandes in sein historisches Umfeld hervorgehoben. Erst dadurch können nämlich die Faktoren, welche die Beschaffenheit und die Entwicklung einer Textsorte bedingen, vollständig erfaßt werden. Wünschenswert wären sicherlich wenn auch nicht vollständige, so doch etwas detailliertere Darstellungen der linguistischen Einzelanalysen gewesen, denn die Bestimmung der jeweiligen Analyseeinheiten und deren Zuordnung zu den einzelnen Klassifikationskategorien sind ohne diese Einzelheiten nicht immer direkt nachvollziehbar. Insgesamt ist das Buch sowohl für Leser zu empfehlen, die sich für die Textsorte Manifest interessieren, als auch für Forscher, die textsortenbezogene Untersuchungen durchführen, da sie hier wertvolle Anregungen finden können. V. Atayan H Frank-Rutger Hausmann, «Vom Strudel der Ereignisse verschlungen». Deutsche Romanistik im «Dritten Reich», Frankfurt a. M. (Vittorio Klostermann) 2000, xxiii + 741 p. (Analecta Romanica 61) Mit dem hier zu besprechenden Buch legt Frank-Rutger Hausmann, zweifellos einer der besten Kenner der Geschichte der Deutschen Romanistik in der Zeit des Nationalsozialismus, ein Werk vor, das als Summe seiner langjährigen Beschäftigung mit diesem Thema betrachtet werden kann 1 . Dabei stimmt nachdenklich, dass selbst ein gestandener, in allen Bereichen der Romanistik hochqualifizierter Wissenschaftler wie Hausmann sich eingangs immer noch zu legitimieren verpflichtet fühlt, warum er sich auch mit der Disziplinengeschichte und nicht ausschliesslich mit der «eigentlichen» Forschung auseinandersetzt (xviii-xix). Die Tatsache, dass gerade in vielen geisteswissenschaftlichen Fächern die Vorbehalte gegenüber der Aufarbeitung der eigenen Fachgeschichte immer noch stark verbreitet sind, gehört zu den Paradoxa der modernen Wissenskultur, und so scheint der 1 An dieser Stelle sei auf einen Zuordnungsfehler in der Abbildung 6 (274) hingewiesen, in der das ségment procédural 4 dem ségment délibératif 5 untergeordnet werden sollte. 1 Für eine Liste seiner vorgängigen Publikationen zum Thema cf. Fussnoten, p. 27-28. 313 Besprechungen - Comptes rendus Rekurs auf längst bekannte Wahrheiten noch immer sinnvoll: Ob Riesen oder Zwerge, unsere eigene wissenschaftliche Identität ist historisch konstituiert und konstruiert, und wer dies nicht wahrhaben will, verurteilt sich selbst zu einem mehr oder weniger ergiebigen Tappen im Dunkeln. Das Vorwort (xi-xxiii) macht klar, dass die Aufarbeitung der Geschichte der Romanistik während der nationalsozialistischen Herrschaft in einer doppelten Perspektive zu sehen ist: einerseits kann auch sie einen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, wie und warum es dem NS-Regime überhaupt gelingen konnte, sich in relativ kurzer Zeit in allen Bereichen durchzusetzen; andererseits gibt sie Aufschluss über die interne Entwicklung der wissenschaftlichen Identität der Romanistik ab 1933. Die Studie von Hausmann stützt sich auf ein enorm umfangreiches Archivmaterial (leider fehlt eine genaue Aufstellung der verschiedenen Archive und ihrer Fonds) und auf zahlreiche subjektive, schriftliche wie auch mündliche, Aussagen von Zeitzeugen (auch hier hätte man sich eine systematische Übersicht gewünscht). Zusammenfassende Absicht des Verf. ist es, «nicht nur neues personen- und wissenschaftsgeschichtliches Quellenmaterial zu erschliessen, sondern dieses paradigmatisch und sinnvoll zu hierarchisieren. Die Darstellung verfolgt somit ein dreifaches Ziel: Sie ist Quellenedition, Lesebuch und Auswertung in einem» (xv). Dies gleich vorab: Hausmann gelingt es überzeugend, diesen dreifachen Anspruch einzulösen. Die Studie umfasst vier Teile, die jeweils in mehrere Kapitel und Unterkapitel gegliedert sind. Da es sich um ein sehr dicht geschriebenes Werk von gut 700 Seiten handelt, werde ich mich im Folgenden auf das mir Wesentliche beschränken. Viele Elemente, darunter zweifellos auch wichtige, werden zwangsläufig unerwähnt bleiben. I. Die deutschsprachige Romanistik vor und nach der «Machtergreifung» (1-112). Hausmann liefert hier zunächst einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Romanistik in Deutschland, sowohl unter dem Aspekt der fachlichen Ausdifferenzierung als auch unter demjenigen der inhaltlichen Bestimmung, wobei er insgesamt ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine klar restaurativ-konservative, antimodernistische Haltung ausmacht (5-6) 2 . Was die generelle Stimmung an den deutschen Universitäten angeht, so ist schon vor 1933 ganz klar eine antisemitische Tendenz feststellbar, wie dies beispielsweise die Reaktionen auf die Berufung Leo Spitzers im Jahre 1930 deutlich belegen (11). Bekannt für antisemitische Äusserungen sind etwa Philipp August Becker, Eduard Wechssler und Carl Voretzsch, wobei der Verf. an anderer Stelle ganz richtig darauf hinweist (667), dass es sich hier nicht um einen rassischen, sondern um einen wirtschaftlichen und kulturellen Antisemitismus handelte (ein Unterschied, der die Sache an sich zwar keinenfalls entschuldigt, für eine korrekte historische Beurteilung aber dennoch unabdingbar ist; cf. auch 666-67 3 ). Des Weiteren beschreibt Hausmann die bildungspolitischen Zentralisierungsbestrebungen des Nazi-Regimes, insofern diese auch die Romanistik betrafen und, besonders interessant, das Frankreichbild einiger führender Nationalsozialisten, allen voran dasjenige des «Führers» selbst, für den das «vernegerte» Nachbarland (55) den historischen, aber auch natürlichen «Erbfeind» darstellte (51-52). Wechssler entpuppt sich auch hier als ein übler Agitator, der spätestens ab 1915 für eine «Wortforschung» plädierte, die auf eine «antagonistische Wesenskunde» hinauslief und die der «problematischste Beitrag der deutschen Romanisten in der Zwischenkriegszeit werden sollte» (53). Wichtig in diesem Zusammenhang ist Hausmanns Feststellung, dass es aus Romanistenkreisen offenbar keinerlei offene 2 Eine Detailkorrektur zu p. 2: Gaston Paris studierte zunächst in Bonn, dann erst in Göttingen (cf. dieselbe Verwechslung noch einmal p. 657). 3 Auch von Gröber sind antisemitische Äusserungen bekannt (cf. etwa U. Hillen, Wegbereiter der Romanischen Philologie. Ph. A. Becker im Gespräch mit G. Gröber, J. Bédier und E. R. Curtius, Frankfurt a. M./ Berlin/ Bern 1993: 244). 314 Besprechungen - Comptes rendus Kritik an solchen negativen Frankreichbildern gab (55). Was die Bedeutung des Französischen an den verschiedenen Lehranstalten angeht, so stellt man zunächst an den Schulen eine politisch motivierte Reduktion dieser Sprache zugunsten des Italienischen und Spanischen fest, was Folgen für die Zahl der Französisch-Studierenden an den Universitäten hatte (60-64). Auch hier scheint es keinerlei dokumentarisch belegbaren Widerstand von Seiten der betroffenen Fachvertreter zu geben. Nach Kriegsbeginn ist dann wieder eine leichte Zunahme der Hörer des Französischen zu konstatieren, weil die Romanistik insgesamt - fälschlicherweise - als eine Art «Fluchtfach», als eine von jeglichem deutschtümelnden Diskurs freie Disziplin wahrgenommen wurde. Weitere Kapitel des ersten Teils betreffen die studentische Fachschaftsarbeit (85-99), insbesondere die Schulungslager, die primär der politischen Indoktrinierung der Studierenden galten, die dazu aufgefordert wurden, ihre Professoren ideologisch zu durchleuchten; die «Reichsberufswettkämpfe» (99-103), von denen nur wenige romanistische Arbeiten erhalten sind, was laut Hausmann ein (weiteres) Indiz dafür sein könnte, «dass das Fach im NS-Staat eher im Abseits stand» (102-03) und, schliesslich, die Dozentenlager (103-12). Das Beispiel des Königsberger Romanisten Arthur Franz, der sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit zwar immer darum bemühte, keinerlei ideologisch auswertbare Resultate zu liefern, 1937 dann aber trotzdem aus Angst vor dem wachsenden Druck der politisch indoktrinierten Studierenden der Partei beitrat, wobei in seinem Fall ein solcher Druck nicht aktenkundig ist, liefert ein typisches Verhaltensmuster der romanistischen Fachvertreter insgesamt, von denen zwar viele dem Regime gegenüber durchaus skeptisch eingestellt waren, aber nur sehr wenige aktiven Widerstand leisteten (93-97). II. Gebliebene und vertriebene Romanisten (113-315). Mit den verschiedenen Verhaltensmustern der deutschen Romanisten zwischen Distanzierung, Anbiederung und Denunziation beschäftigt sich der zweite Teil der Studie. Dabei herrscht, wie nicht anders zu erwarten, die Haltung des unpolitischen Mitläufertums vor. Der Fall Vossler liefert ein interessantes Beispiel dafür, wie kompliziert und heikel es aber im Einzelnen ist, die genaue Haltung eines Menschen zum Nazi-Regime zu durchleuchten und zu erfassen. Einerseits hat Vossler, der 1937 im Alter von 65 Jahren vorzeitig pensioniert wurde (er hätte bis zum 68. Lebensjahr lehren dürfen), schon sehr früh öffentlich Stellung gegen den Antisemitismus bezogen, anderseits hat er sich aber so mit den Regierenden arrangiert, dass er einer derjenigen Professoren war, die am häufigsten ins Ausland reisen konnten. Vossler hat sich in seinen vielen Vorträgen in keiner Weise wissenschaftlich kompromittiert, hat sich aber auch nicht dagegen gewehrt, als Aushängeschild für die deutsche Wissenschaft zu fungieren (118-25). Natürlich ist an Vosslers Haltung insgesamt nicht zu zweifeln, es bleibt aber die Tatsache, dass er sich mit dem Regime doch auf eine gewisse Art und Weise «verständigt» hat. Ebenfalls umstritten bleibt, trotz zahlreicher Forschungsarbeiten, die genaue Haltung von Ernst Robert Curtius. Insbesondere gehen die Interpretationen von Deutscher Geist in Gefahr (1932) - ein «verworrenes Buch in verworrener Zeit», wie es K. Stierle einst ausdrückte (126) - nach wie vor weit auseinander. Hausmann hält aber zusammenfassend fest: «Dennoch steht ausser Frage, dass Curtius im ‹Dritten Reich› bei den Mächtigen persona non grata war und dem Nationalsozialismus keinerlei Eingeständnisse machte» (ib.). Es sind eigentlich nur zwei aktive politische Gegner des nationalsozialistischen Regimes unter den Romanisten auszumachen: Werner Krauss und Victor Klemperer, wobei auch ersterer zu ein paar wenigen fachlichen Konzessionen an die Machthabenden bereit war (131) und letzterer eher als ein «Widerstehender» denn als ein «Widerständler» zu bezeichnen ist (132). Einige Romanisten verweigerten sich dem Regime aus ihrer christlich-katholischen Grundhaltung heraus, so etwa Hans Rheinfelder und Fritz Rauhut in München (132), Adalbert Hämel und A(da)lbert Junker in Würzburg (136-37), Hermann Platz in Bonn (138-40) und Edmund Schramm in Greifswald (140-41). 315 Besprechungen - Comptes rendus Aus Schweizer Sicht erwähnenswert sind auf der einen Seite die Lektoren Albert Béguin (152-54), Jean Rousset (155) und Denis de Rougemont (155-56), die praktisch alle von Anfang an dem Nationalsozialismus kritisch gegenüberstanden, auf der anderen Seite aber auch die Professoren Walther von Wartburg (162-65) und Wilhelm Meyer-Lübke (165-67), deren Haltungen wesentlich ambivalenter waren. Nicht nur versprach von Wartburg 1933, er werde sich dafür einsetzen, dass im erweiterten Vorstand der «Deutsch-französischen Gesellschaft in Leipzig» Nichtarier keinen Einsitz hätten (162), sondern er unterzeichnete auch - zusammen mit Martin Heidegger und vielen anderen prominenten Vertretern der deutschen Wissenschaft - den Aufruf «An die Gebildeteten der ganzen Welt» vom gleichen Jahr, dem «‹Ringen des durch Adolf Hitler geeinten deutschen Volkes um Freiheit, Ehre, Recht und Frieden› das gleiche Verständnis entgegenzubringen, das die anderen Völker selbst erwarteten» (163). Bis 1939, bis zur Annahme seines Rufs nach Basel, muss von Wartburgs Haltung eindeutig als pro-nationalsozialistisch bewertet werden (ib.). In den darauffolgenden Jahren macht sich aber auch bei ihm mehr und mehr eine kritische Sicht der Dinge breit (164). Was Meyer-Lübke, den 1936 verstorbenen Bonner Linguisten betrifft, so gilt es festzuhalten, dass fast alle Zeugnisse, welche diesen als Freund der neuen Machthaber zeigen, aus der Feder seines exilierten Schülers Leo Spitzer stammen (165-67). Bei aller Tendenz Spitzers zur Abrechnung mit den in Deutschland gebliebenen Romanisten dürften allerdings am Kern seiner Ausführungen keine Zweifel bestehen. An Hand des Beispiels von Hugo Friedrich unternimmt Hausmann den Versuch einer Schilderung des «Romanistischen Alltags im ‹Dritten Reich›», moralisch keine einfache Aufgabe, war er selber doch lange Jahre Assistent des berühmten Freiburger Romanisten (175-222). Zu Beginn seiner Habilitation trat Friedrich aus karrierestrategischen Gründen in die Sturmabteilung ein, verliess diese aber gleich wieder nach Abschluss des erfolgreichen Habilitationsverfahrens 1934 (185). Er trat ebenfalls der NSDAP (188) und dem NS-Dozentenbund bei, dies wiederum, wie er selber zugab, in erster Linie aus Karrieregründen (189). Im Krieg war er v. a. als Dolmetscher tätig (194). Vom 25. 6. 1945 bis zum 13. 2. 1946 schliesslich war er in einem offenbar nicht weiter identifizierbaren Offiziersgefangenenlager in Frankreich inhaftiert (200). Friedrich, der seine Entlastungszeugnisse nach dem Krieg, wie viele andere auch, gleich selber zusammenstellte, legte Wert darauf, dass er zwar der Partei angehört, in dieser jedoch nie irgendeine Funktion ausgeübt hätte und dass seine wissenschaftlichen Publikationen ausserdem die tatsächliche «Fremdheit [belegten], mit der er dem Nazitum gegenübergestanden habe» (ib.). Die Werke Friedrichs nach «verdächtigen Elementen» durchforschend, stellt Hausmann in dessen Habilitationsschrift Das antiromantische Denken im modernen Frankreich (1935) zwar Spuren einer Argumentation fest, die die kontrastiv-wesenskundliche Konzeption der Kategorien Deutschland-Frankreich, die in der Deutschen Romanistik immer prägender wurde, untermauert habe (203) und erwähnt auch die völkische Rezeption dieses Werkes, die ihrem Verfasser möglicherweise sogar unbemerkt geblieben sei (205). Zusammenfassend hält Hausmann dann aber fest: Wenn er [Friedrich] aus Anlass seiner Habilitation in Köln oder der Berufung nach Freiburg kurzfristig schwankend wurde und den NS-Machthabern Konzessionen machte, so handelte er wie die Mehrzahl seiner Fachgenossen. Aber sein hohes Qualitätsbewusstsein bewahrte ihn vor schlimmeren ideologischen Entgleisungen. Er konzentrierte sich immer stärker auf bedeutende Autoren und Werke und arbeitete ihre überzeitliche Botschaft heraus, die nicht an Nation und Rasse, sondern allenfalls an Tradition und Talent gebunden war. Sein sachkundiger Freund und Weggefährte Fritz Schalk, der ihn auf Unstimmigkeiten und Schwachstellen hinwies, sorgte dafür, dass er nicht vom Pfad der Objektivität abwich oder die Standards der Disziplin verriet. (221) Weitere Kapitel des zweiten Teils beschäftigen sich mit den exilierten deutschen Romanisten, u. a. mit Erich Auerbach (228-31), Curt Sigmar Gutkind (244-51), Ulrich Leo (258-61) 316 Besprechungen - Comptes rendus und Leo Spitzer (296-315), sodann mit Victor Klemperer (269-76), dem «einzige[n] deutsche[n] Romanistikprofessor jüdischer Abkunft, der die NS-Zeit innerhalb Deutschlands überlebt hat» (269) und Elise Richter (286-95), der «einzige[n] Romanistin, die von den Nazis in einem KZ ermordet wurde» (286). Hier gilt es auch, die erschreckende Tatsache zu erwähnen, dass offenbar «in keiner der ausgewerteten Romanisten-Korrespondenzen . . . sich auch nur ein Ausdruck des Bedauerns oder Mitleids mit den verfolgten Kollegen oder eine Äusserung, die ein schlechtes Gewissen verrät [findet]» (276). Wobei eine daraufhin von Hausmann angedeutete Erklärungshypothese, wonach «die Ausschaltung von Konkurrenz insgeheim begrüsst und das Führerprinzip, das letztlich auf Instituts- und Seminarebene schon immer von den Ordinarien in den Universitäten praktiziert wurde, nicht einmal als fremd oder unangenehm empfunden wurden» (277), sicher auszudifferenzieren wäre. III. Romanistik zwischen Tradition und Anpassung. Der dritte Teil steht ganz im Zeichen der kritischen Durchleuchtung der fachlichen Diskurse selbst, wobei Hausmann eingehend festhält, dass Elemente eines völkisch geprägten Ansatzes nicht nur in deutschen romanistischen Arbeiten festzustellen sind, sondern durchaus auch in schweizerischen, so etwa in der 1937 von Ursula Carl bei Theophil Spoerri in Zürich eingereichten Doktorarbeit über «die von Mussolini als ‹nationale Autorin› gefeierte Ada Negri» (326). Verschiedene deutsche Werke, alle 1937/ 38 erschienen, werden einer genaueren Prüfung unterzogen, u. a. Eduard von Jans Französische Literaturgeschichte in Grundzügen (331-34), Walter Mönchs Arbeit zu Frankreichs Literatur im XVI . Jahrhundert, die im 5. Band der Neubearbeitung von Gröbers Grundriss Platz fand (334-37), verschiedene Mallarmé-Studien von Kurt Wais (337-45) sowie die rassenkundlich motivierten sprachwissenschaftlichen Arbeiten Emil Winklers und Edgar Glässers (345-56). Während sich von Jans «Konzessionen» an das Regime, dem er an und für sich mit kritischer Distanz gegenüberstand, darauf beschränkten, dass er verschiedene Autoren rein äusserlich nach Rasse und politischer Ideologie kennzeichnete, so floss bei Mönch der rassenbiologische Diskurs stellenweise auch in die Analyse der literarischen Werke ein. Die Diskurse von Wais, Winkler und Glässer schliesslich sind vollends und mit klarer Absicht nationalsozialistisch geprägt. Beim Versuch einer Gesamteinschätzung der ideologischen Kontamination der Romanistischen Arbeiten im Zeitraum zwischen 1935/ 36 und 1941 - die eigentliche Phase einer vollgültig «funktionierenden» Romanistik im NS-Staat reduziert sich auf diese fünf bis sechs Jahre, wie der Verf. andernorts präzisiert (324) - kommt Hausmann zu folgenden Ergebnissen: quantitativ dürfte der Anteil der Publikationen mit eindeutiger NS-Prägung, Monographien und Aufsätze zusammengenommen, zwischen 15 und 20 % ausmachen (361); qualitativ scheint es daher dem Verf. angebracht, von einem neuen Paradigma in der Deutschen Romanistik zu sprechen, einem Paradigma, das seine Argumentation in einer kontrastiv-wesenskundlichen Absicht - die Abgrenzung des Eigenen vom Fremden und, wenn möglich, die Rückführung des Fremden auf das Eigene (Stichwort: Germanisierungstendenzen aller Art) - auf rassische und völkische Mytheme stützt (360). Die Analyse verschiedener Fachzeitschriften bestätigt im wesentlichen diese Resultate, wobei die unter der Leitung von Fritz Schalk herausgegebenen Romanischen Forschungen als positive Ausnahme erwähnt werden müssen (367-68). IV. Die deutschsprachige Romanistik im Zeichen des Krieges (393-685). Im ersten Kapitel dieses Teils, «Politisierung der Romanistik und ihr Anteil an staatlich geförderten Forschungsprojekten» (393-440), gilt es insbesondere, die Teilnahme der Romanisten an sog. «Kriegseinsätzen» zu erwähnen. So ging es etwa ab 1940/ 41 in einem Gemeinschaftsprojekt der Wissenschaften unter der Leitung von Paul Ritterbusch darum, «die geistige Auseinandersetzung mit der geistigen und Wertwelt des Gegners» (408) systematisch in Angriff zu nehmen. Dabei wurde den Romanisten unter der Leitung Fritz Neuberts (Breslau) aufge- 317 Besprechungen - Comptes rendus tragen, «einerseits die den Deutschen geistesverwandten Züge im französischen Denken aufzufinden, anderseits die deutsche Überlegenheit herauszuarbeiten» (408-09). Von den ursprünglich 49 oder 50 geplanten Publikationen sind elf Bücher und ein Aufsatz erschienen, was, verglichen mit anderen gleichgearteten Projekten, ein überdurchschnittlich hohes Ergebnis ist. Einzig Curtius weigerte sich zum Mitmachen, und zwar eben, bezeichnenderweise, «unter Hinweis auf die in seinen Augen dubiose wesenskundliche Ausrichtung» des ganzen Unternehmens (410). Selbst der NS-Gegner Krauss machte mit, liess sich dabei allerdings möglicherweise von Tarnungsgründen leiten (ib.). - Was im Zusammenhang mit der staatlichen Förderung der Forschung die Geschichte der Deutschen Wissenschaftlichen Institute (DWI) im Ausland angeht, so lässt sich diese, so Hausmann, als Parabel der deutschen Wissenschaft im NS-Staat lesen: «Anerkannte Gelehrte liessen sich vor den Karren einer Kulturpolitik spannen, deren Absichten sie vielleicht nicht mit allen Konsequenzen durchschauten, deren Ziel ihnen jedoch kaum verborgen bleiben konnte» (431). Und weiter: «[D]ie in den DWI gehaltenen Vorträge belegen, dass selbst so untadelige Wissenschaftler wie Cysarz, Gadamer, Rothacker oder Vossler den germanischen Einfluss auf die fremden Kulturen überbetonten» (ib.). Die weiteren Kapitel des vierten Teils behandeln das kulturelle Verhältnis Deutschlands zu den verschiedenen «romanischen» Staaten: zu Italien (441-67), zu Spanien, Portugal und Lateinamerika (468-514), zu Frankreich und Belgien (515-76) und schliesslich zu Rumänien (577-616). Die vielen diesbezüglich von Hausmann formulierten Teilerkenntnisse an dieser Stelle auch nur annähernd vollständig wiedergeben zu wollen, würde den Rahmen dieser Rezension definitiv sprengen. Stellvertretend soll hier das Urteil des Verf. über das deutsch-italienische Kulturabkommen von 1938 zitiert werden, das nie eigentlich Früchte trug und ein Lehrstück für die widersprüchliche und letztlich ineffektive Kulturpolitik Nazideutschlands [war], das seine Partner nicht wirklich ernst nahm und ihre Empfindlichkeit nicht einmal verstehen wollte. Trotz gegenteiliger Verlautbarungen waren die meisten deutschen Amtsträger von der Überlegenheit des Deutschen Reiches, seiner Bewohner und seiner Kultur überzeugt und schauten mitleidig auf die angeblich so chaotischen südlichen Bündnispartner herab. (449) Im Zusammenhang mit Frankreich analysiert Hausmann Aspekte der sog. «Landnahmeforschung», in der sich unter den Romanisten besonders von Wartburg und Gamillscheg, letzterer ab 1940 Leiter des DWI in Bukarest, hervortaten und in der es grob gesagt (viel komplizierter war es allerdings nicht) darum ging, möglichst überall germanische Elemente zu finden (520-37). Zur Interpretation dieser Forschungen meint der Verf.: «Es wäre überzogen, die nationalsozialistische Kriegstreiberei mit den ihr nachfolgenden Eroberungsplänen und die romanistische Landnahmeforschung über einen Leisten zu schlagen. Aber derartige Arbeiten vermittelten nicht nur gefährliche ‹Anregungen›, sondern leisteten gute Dienste, wenn es darum ging, territoriale Annexionen historisch zu begründen und wissenschaftlich abzusichern» (536-37). Hier hätte man sich konkretere Hinweise auf die Rezeption solcher Arbeiten durch die machthabenden Chefideologen gewünscht. Das vorletzte Kapitel beschäftigt sich mit dem Kriegsende, mit der Entnazifizierung sowie mit der romanistischen Vergangenheitsbewältigung in der Nachkriegszeit (617-55). Die Gründe, weshalb man es in der Romanistik unterliess, die NS-Zeit systematisch aufzuarbeiten, gelten mehr oder weniger für andere Wissenschaften auch: die gesamte Energie wurde auf den Neubeginn gelegt (622); viele derer, die das Verhalten einzelner Romanisten hätten kritisieren können, hatten selbst im Krieg den Nazis «Zugeständnisse» gemacht (622-23) oder waren Schüler, die ihre Professoren nicht belasten wollten (624); auch Gegner des Regimes wollten im Nachhinein nicht unbedingt über ihre Fachgenossen aussagen (625); schliesslich war in vielen Fällen auch schlichtweg die Kenntnis darüber, wer was genau getan oder nicht getan hatte, nur ungenügend, u. a. auch darum, weil viele diesbezügliche Akten (z. B. De- 318 Besprechungen - Comptes rendus nunziationsakten) von den Alliierten verwahrt wurden: «Diejenigen Romanisten, die sich vorbehaltlos zum Nationalsozialismus bekannt hatten, wurden vielleicht auch deshalb relativ schnell und problemlos wieder integriert, weil man nicht wusste, was sie im einzelnen getan und vor allem wem sie geschadet hatten» (626-27). So blieben die Entnazifizierungsbestrebungen im wissenschaftlich-universitären Bereich im allgemeinen eine reine Farce: Soweit bekannt, wurde kein Romanist dauerhaft in die ersten drei Gruppen der ‹Hauptschuldigen›, ‹Belasteten› oder ‹Minderbelasteten› eingestuft. Die Situation änderte sich zudem im Jahr 1955 grundlegend, als die Bundesrepublik ihre politische Souveränität wiedererlangte und alle diejenigen, die altersmässig dafür noch in Frage kamen, erneut eine Professur erhielten, was einer Generalamnestie gleichkam. (638) Und Hausmann weiter: «Diese Quasi-Amnestie dürfte einen weiteren Grund dafür liefern, dass es so bald keine romanistische ‹Vergangenheitsbewältigung› gab. Laut [den] amtlichen Spruchkammerbescheiden war ja nichts aufzuklären oder aufzuarbeiten» (639). Erst ab 1972, als Michael Nerlich eine erste, gewollt provokativ gehaltene Bestandesaufnahme der Romanistik im Nazi-Regime vorlegte (641), kam eine wirkliche historische Aufarbeitung dieses Kapitels in Gang (zu den einzelnen Etappen dieser Aufarbeitung, cf. 641-42). Auch im Falle der Deutschen Romanistik gibt es genügend Beispiele, welche die sog. «Kontinuitätsthese» zwischen dem «Dritten Reich» und der Bundesrepublik Deutschland bestätigen: dasjenige Fritz Neuberts, beispielsweise, dem im Übrigen als einzigem deutschen Romanisten das Kunststück gelang, hintereinander der Weimarer Republik, dem NS-Staat, der SBZ und der BRD als Professor zu dienen (649); oder dasjenige Edgar Glässers, in seiner Krassheit allerdings eine Ausnahme, der sich noch 1956 schadlos der Terminologie des Nationalsozialismus bediente (650-51). Das letzte Kapitel des vierten Teils, Ein Rückblick ‹ohne Fussnoten› (656-85), nimmt die wesentlichen Elemente der Studie noch einmal auf und ist zugleich als Schlusswort zu verstehen 4 . Als Anhänge folgen eine Übersicht über Die Romanischen Seminare von 1933 bis 1945 und ihren Personalbestand (687-91), ein Abkürzungsverzeichnis (693-98), ein Literaturverzeichnis (699-710), welches allerdings, wie der Klappentext deutlich macht, (leider) nur eine Auswahlbibliographie enthält, sowie ein Namenregister (711-41). Zu den beiden im Vorwort vom Verf. formulierten Hauptfragen lässt sich abschliessend und in aller Kürze Folgendes sagen: 1. Das massive Mitläufertum, das dem NS-Regime erlaubte, sich in relativ kurzer Zeit in allen Bereichen durchzusetzen, prägte auch die Deutsche Romanistik. Fast alle Fachvertreter beteiligten sich in irgendeiner Form an Aktivitäten des NS-Staates. 2. Was die interne Entwicklung der wissenschaftlichen Identität der Disziplin angeht, so lässt sich laut Hausmann ein deutlicher Richtungswechsel, von einem universellen, humanistisch-kulturellen und trotz aller individualistischen Züge einer gewissen Art von Objektivität verpflichteten Ideal hin zu einem deutschspezifischen, kontrastivwesensgeschichtlich und gar rassenbiologisch-völkisch geprägten Ansatz feststellen. Dieser Richtungswechsel hatte allerdings eine kurze Lebenszeit, prägte zudem die Disziplin ingesamt bei weitem nicht und verschwand nach Kriegsende auch gleich wieder, so dass ein fast nahtloses Anknüpfen an die alte Forschung möglich war, eine Tatsache, die wiederum die Existenz eines solchen Richtungswechsels bis heute verschleiert hat. In der Offenlegung dieses Bruchs liegt denn auch eines der Hauptverdienste der vorliegenden Studie. Folgerichtig spricht sich Hausmann schliesslich auch gegen die verbreitete Auffassung aus, dass eben erst der Nazi-Bruch eine Erneuerung der Philologie in Deutschland gebracht habe: 4 Zwei Detailkorrekturen auch hier: der Lehrstuhl von Diez in Bonn trug die Bezeichnung «Geschichte der mittleren und neueren Literatur» (656); Paul Meyer war kein Schüler von Gaston Paris, sondern dessen ebenbürtiger, in der Geschichte der Romanistik allerdings leider weit weniger beachteter Freund und Mitarbeiter (657). 319 Besprechungen - Comptes rendus Nein, so der Verf., viele moderne Ansätze waren schon da, nur wanderten ihre - besonders innovativen - Entwickler (rechtzeitig) aus. Und so ist es laut Hausmann gerade die festgestellte Kontinuität, welche die Deutsche Romanistik nachhaltig isoliert hat. «Vom Strudel der Ereignisse verschlungen» - dieser Titel entstammt einem Brief Richard Alewyns an Hugo Friedrich vom 28. August 1933 - kann als ein Standardwerk bezeichnet werden, das die komplexe Geschichte der Deutschen Romanistik in der Zeit des «Dritten Reichs» systematisch aufarbeitet. In einem flüssigen Stil geschrieben, lädt es auch ein breiteres Publikum dazu ein, sich auf eine zwar nur selten erfreuliche, dafür aber um so lehrreichere Zeitreise zu begeben. Abschliessend noch zwei ergänzende Bemerkungen. 1. Hausmann schildert (522s.), wie sich Gamillscheg in seinen Arbeiten darum bemühte, den Germanen das Stigma zu nehmen, «barbarische Horden» zu sein und ihnen statt dessen das Verdienst zuschrieb, «‘ein offenkundig zum Untergang verurteiltes Volk, das seiner grossen Vergangenheit unwürdig geworden war, vor der Auflösung bewahrt’» zu haben (522-23). Des Weiteren ist bei Gamillscheg zu lesen, «‘dass dort die politisch stärksten Neugebilde entstanden sind, wo der Hundertsatz germanischen Blutes am stärksten ist’» (523). Es ist nun sehr aufschlussreich, dass man genau dieselben Aussagen auch schon bei Gaston Paris findet. So liest man etwa in dessen Antrittsvorlesung am Collège de France vom 7. Dezember 1869: Ils [les Germains] jetaient brutalement dans les veines épuisées du monde antique l’élément vital qui devait rajeunir ce sang appauvri; dans ces pays pacifiés et éteints par la longue domination d’une administration savante, ils apportaient l’amour passionné de la liberté; à ces races autrefois glorieuses, qui avaient perdu jusqu’au souvenir de leur nationalité et ne se distinguaient plus que par les circonscriptions romaines auxquelles elles appartenaient, ils venaient rapprendre par leur exemple l’orgueil et l’enthousiasme national . . . 5 . Nun ist zwar Gaston Paris ein sehr deutschfreundlicher, aber auch ein durch und durch patriotischer Gelehrter, dessen Konstruktionen der französischen Identität via die Germanen ideologisch weder auf den einen noch auf den anderen Bezugsrahmen zurückgeführt werden können. Seine Vision der Entstehung der französischen Nation ist eine kulturelle, genauer eine mischkulturelle. Es zeigt sich also einmal mehr, dass gleiche Erklärungsansätze und gar gleiche sprachliche Syntagmen in verschiedenen historischen und ideologischen Kontexten ganz andere Bedeutungen bekommen. 2. Die ideologische Kontamination der Romanistik ist mindestens seit dem Deutsch- Französischen Krieg, sicher auch schon vorher, deutlich feststellbar. In der ersten Nachkriegsnummer der Revue critique d’histoire et de littérature, richten sich die vier Redaktoren, Michel Bréal, Paul Meyer, Charles Morel und Gaston Paris wie folgt an ihre Leser: Nous ne voulons pas dire cependant, que nous aussi n’ayons pas eu nos illusions. Il y a des passages dans les livres allemands que nous lisions sans les comprendre et qui aujourd’hui ont pris pour nous une signification que nous étions loin de soupçonner. Quand M. Westphal, dans la préface de sa grammaire allemande publiée en 1869, disait que par la pureté de ses voyelles et le bon état de conservation de ses consonnes, la langue allemande était bien au-dessus des idiomes romans et slaves, et quand il tirait de ce fait la conséquence qu’après la période de domination que l’Allemagne avait eue au moyen âge une période analogue se reproduirait certainement dans les temps modernes, nous nous contentions de sourire: nous savons aujourd’hui de quel sentiment partait cette prédiction. Quand M. Kiepert, en 1867, parcourait le département des Vosges et du Haut-Rhin, et interrogeait des paysans pour amasser les matériaux d’une carte de la frontière des langues, publiée à son retour à Berlin, nous croyions naïvement que c’était la curiosité 5 G. Paris, «Les origines de la littérature française», in: id., La Poésie du moyen âge, leçons et lectures, première série, Paris 6 1906: 69-70. 320 Besprechungen - Comptes rendus scientifique qui le guidait. Nous comprenons mieux les choses aujourd’hui. Mais si nous avons vu avec amertume comment la science était mise par nos voisins au service des passions les moins désintéressées, nous ne songerons pas à les imiter. Nous ne saurions pas mêler la haine à l’érudition et le pharisaïsme à la critique 6 . Bei Gröber ist der Fall besonders krass: präsentiert er einerseits im Grundriss die Romanistik als eine Disziplin im Dienste der Völkerverständigung, so arbeitet er andererseits, fast zur selben Zeit, an einem Aphorismenbändchen, in welchem er die übelsten nationalen Vorurteile zementiert . . . 7 U. Bähler H Carlo Pulsoni, Repertorio delle attribuzioni discordanti nelle lirica trobadorica, Modena (Mucchi) 2001, viii + 508 p. Con questo ponderoso e meritorio volume, che apre la nuova serie degli Studi, testi e manuali, nonché quella dei Subsidia al Corpus des troubadours, Carlo Pulsoni si propone di repertoriare «con una schedatura realmente ‘neutra’» (8) tutti quei casi in cui i canzonieri che trasmettono la lirica trobadorica esibiscono delle divergenze attributive. Il lavoro è imponente, visto che «su quasi 2600 componimenti che costituiscono il corpus poetico provenzale, un quindici per cento circa presenta attestazioni plurime» (1). È un peccato, però, che non vengano presi in considerazione anche gli episodi in cui si affrontano attribuzione vs anonimato, quell’opposizione cioè che viene schematizzata con la formula x vs 0. Può suscitare una certa sorpresa la pubblicazione di questo Repertorio esclusivamente in forma di volume, vista la presenza oramai invasiva dei cosiddetti supporti informatici sulle nostre scrivanie. Chi scrive in verità non ha una passione aprioristica nei confronti delle nuove tecnologie: sarebbe però stolto negarne l’indubbia utilità, soprattutto per quanto riguarda i repertorî, nelle loro varie tipologie. Così anche la consultazione del materiale qui presentato sarebbe senz’altro più ricca se potesse essere (almeno) accompagnata da cd-rom. Comunque sia, la necessità di un repertorio che schedasse, basandosi «unicamente sulle rubriche dei codici» (8), i casi di paternità dubbia nella lirica provenzale, è evidente, giacché l’aggiornamento del Grundriss zur Geschichte der provenzalischen Literatur di K. Bartsch (1872), compiuto da A. Pillet e H. Carstens nella Bibliographie der Trobadors (1933), del resto più che encomiabile, non ha mutato di molto il panorama in fatto di attribuzioni: quando si presentano paternità plurime per un testo, il Bartsch si affida alla maggioranza dei manoscritti relatori di quel certo componimento, ovvero alla testimonianza del codice siglato A. Già per aver colmato questa lacuna il Repertorio di cui qui si discorre merita il superlativo utilissimo di cui è stato recentemente fregiato 1 . Come sottolinea Pulsoni, «nella maggioranza dei casi (68 % circa) il problema attributivo si limita a due soli autori» (9); relativamente poche sono le attribuzioni a tre o quattro autori; pochissime quelle a cinque, sei, sette trovatori differenti. Il componimento che vanta il maggior numero di assegnazioni è Longa sazon ai estat vas amor (BdT 276.1), contesa da ben nove poeti. Nell’Introduzione Pulsoni propone delle ipotesi per cercare d’individuare le cause che possono aver determinato la diffrazione attributiva nei canzonieri provenzali: pur senza, mi 6 «A nos lecteurs», Revue critique d’histoire et de littérature, 1872, 1er semestre, p. 2. 7 G. Gröber, Wahrnehmungen und Gedanken (1875-1910), Strassburg s. d. 1 Si veda la Presentazione di F. Brugnolo al volume A. Barbieri/ A. Favero/ F. Gambino, L’eclissi dell’artefice. Sondaggi sull’anonimato nei canzonieri medievali romanzi, Alessandria 2002: 8.