eJournals Vox Romanica 64/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2005
641 Kristol De Stefani

Andreas Dufter, Typen sprachrhythmischer Konturbildung, Tübingen (Niemeyer) 2003, 250 p. (Linguistische Arbeiten 475)

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2005
Karin  Ewert
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Dans la Bibliographie (385-387) qui se limite à des ouvrages et des articles visant la didactique des langues, nous regrettons l’absence de certains «classiques» de la philologie romane. Les auteurs auraient pu tirer profit des études et des manuels publiés par Friedrich Diez, Wilhelm Meyer-Lübke, Edouard Bourciez, Pierre Bec, Iorgu Iordan, Rebecca Posner, Jacques Allières, Lorenzo Renzi, Sanda Reinheimer Rîpeanu, Jean-Marie Klinkenberg, etc. Malgré ces quelques remarques critiques, nous sommes persuadés que cet ouvrage - qui n’est pas à proprement parler un travail de philologie romane et dont le principal but reste l’intercompréhension - est un manuel incontournable d’apprentissage comparé des langues romanes, attendu depuis longtemps. Tout au long de ce livre, nous avons remarqué un bon choix d’exemples et un traitement rigoureux des faits de langue. Soulignons aussi une mise en page agréable qui permet une bonne visualisation des exemples. La démarche des auteurs trouvera certainement des adeptes. Adrian Chircu ★ Andreas Dufter, Typen sprachrhythmischer Konturbildung, Tübingen (Niemeyer) 2003, 250 p. (Linguistische Arbeiten 475) Andreas Dufter beschäftigt sich in seiner Dissertation mit den Typen sprachrhythmischer Konturbildung. In der Rhythmusforschung unterscheidet der Verf. zwei traditionelle Forschungsrichtungen: zum einen die Isochronieforschung, die ihre rhythmische Typologie silben- und akzentzählender Sprachen rein temporal definiert, und zum anderen die Metrische Phonologie, deren Rhythmizitätsbasis akzentuell zu interpretieren ist. Trotz dieser sehr eindimensionalen Sichtweise der Rhythmusbeschreibungen erheben die traditionellen Forschungsansätze Anspruch auf eine universell gültige Beschreibung der Rhythmusphonologie. Diesem Anspruch können sie nach Ansicht Dufters jedoch nicht gerecht werden. Das Ziel des Autors ist es daher, eine universell gültige phonologische Typologie verschiedener sprachrhythmischer Konturen zu entwerfen, die sowohl die Zeitals auch die Prominenzstruktur berücksichtigt, und die durch externe Befunde aus anderen Forschungsbereichen wie der experimentellen Phonetik, der Psycholinguistik und der poetologischen Metrik untermauert werden kann. Im Folgenden soll der Aufbau des Buches näher betrachtet werden, wobei das Augenmerk zum einen auf die Darstellungen der traditionellen Forschungsrichtungen und zum anderen auf die neue Typologie Dufters gelegt wird. Die vorliegende Monographie besteht aus einer Einleitung (1-3), vier Hauptkapiteln und einer Zusammenfassung (209-10). Den Abschluss bilden eine umfassende Bibliographie (211-43) sowie eine Registerangabe (245- 49). Nach einer kurzen Einleitung mit einem Überblick über die Zielsetzung und die Vorgehensweisen des Verf. stellt Dufter in Kapitel 1 (Konzeptionen von Sprachrhythmus) sowohl die Vorgeschichte (1.1) als auch die zwei traditionellen Forschungsrichtungen der Rhythmusphonologie vor (1.2 und 1.3). Dufter führt in Kapitel 1.1 aus, dass sich Platon, Aristoxenes von Tarent, Quintilian u. a. bereits in der Antike unter philosophischem Aspekt mit dem Thema Rhythmus und dessen Funktion beschäftigten. Des Weiteren stellt Dufter einige wichtige Arbeiten und Ansichten zur Rhythmusforschung vor, bezüglich derer Autoren wie Beauzée, Kloppstock, Humboldt und Sievers zu nennen sind. Der Verf. weist jedoch auch auf ein gewisses «Desinteresse an einzelsprachlicher und sprachvergleichender Rhythmusforschung in der Linguistik» (9) hin, das vor allem von Saussure, Chomsky und Halle vertreten wurde. In Kapitel 1.2 (Rhythmizität als Isochronie) geht Dufter zunächst auf die Isochronieforschung ein. Rhythmizität wird hier als temporale «Abfolge von Gleichem» (1), d. h. als 224 Besprechungen - Comptes rendus Folge gleicher (isochroner) Zeitintervalle definiert. Der Verf. verweist in diesem Zusammenhang v.a. auf Pike 1 und Abercrombie 2 . Pike beschreibt die zeitliche Strukturierung von Sprache als stress- und als syllable-timing (11). Abercrombie sieht diese Dichotomie wesentlich strenger, indem er zwischen silben- und akzentisochronisierenden Sprachen strikt unterscheidet (cf. p. 11). Als grundlegende rhythmische Parameter gelten bei Abercrombie die Silbe und das (phonologische) Wort bzw. der Fuß, bezüglich derer Isochronie, d. h. zeitliche Angleichung, erfolgt. Da Wörter unterschiedlich viele Silben aufweisen, verhält sich der jeweils andere Parameter dann natürlich anisochron. Nach Ansicht Abercrombies gehört u. a. das Französische zu den silbenzählenden Sprachen, das Englische, Russische und Arabische hingegen zum Typ der akzentzählenden Sprachen. Dufter, der Abercrombie ein hohes Verdienst in der sprachvergleichenden Forschung zuschreibt, äußert sich jedoch kritisch gegenüber dieser strengen Einteilung in einerseits silben- und andererseits fußbzw. akzentisochronisierende Sprachen, da «Silben- und Fußisochronie . . . nicht die einzigen Organisationsformen der Zeitstruktur von Lautsprache» (13) darstellen. Vielmehr sollte nach Dufter noch ein dritter Isochronietyp berücksichtigt werden, der morenisochronisierende Rhythmus. Der Autor weist in den Kapiteln 1.2.1.1, 1.2.1.2 und 1.2.1.3 außerdem darauf hin, dass einer Sprache nicht immer eindeutig eine prosodische Grundeinheit zugeschrieben werden kann, sondern dass in der Isochronieforschung oft kontroverse Forschungsansichten bezüglich der fuß-, silben- oder morenisochronisierenden Tendenzen bestimmter Sprachen herrschen. So wird das Französische in der Literatur z. B. einerseits als «Musterbeispiel für Silbenisochronie» (25) bezeichnet, andererseits jedoch als akzentzählend mit einer «einzige[n] Prominenz pro Phrase» (26). Widersprüchliche Meinungen bestehen auch bezüglich der morenisochronisierenden Tendenz des Japanischen. Die klassische Einteilung in einerseits silbenzählende Sprachen mit der Silbe als prosodischer Basiseinheit und andererseits akzentzählende Sprachen mit dem (phonologischen) Wort bzw. dem Fuß als grundlegende Größe sind daher nach Ansicht des Verf. als problematisch zu betrachten. In Kapitel 1.2.6 (Isochronietypen und grammatische Korrelate) beschreibt Dufter das Verhältnis zwischen grammatischen Strukturen und Rhythmus in der Isochronieforschung. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit «grammatische Strukturen durch rhythmische Präferenzen mitgeprägt» (49) werden, oder inwieweit umgekehrt «das grammatische System den Sprachrhythmus» (51) bestimmt. Zu beachten sind somit nach Auffassung des Verf. neben der rein phonologischen Seite auch die Ebenen der Morphologie (Wortphonologie) und der Syntax (Satzphonologie). In Kapitel 1.3 (Rhythmizität als Prominenzalternanz) stellt der Autor die Metrische Phonologie als die zweite traditionelle Forschungsrichtung vor, die die «regelmäßige Folge von Prominenz als rhythmische Qualität» (209) unter rein akzentuellem Aspekt, d. h. ohne Beachtung der Zeitdimension, untersucht. Allein die periodische Abfolge und die Alternanz betonter und unbetonter Silben ist hierbei von Interesse. Die prosodische Basis des Sprachrhythmus, d. h. den sprachrhythmischen «Normalfall» (80), bildet nach Auffassung der metrischen Phonologen die Silbenfolge bzw. der Fuß. Der Verf. veranschaulicht im weiteren Verlauf dieses Kapitels, wie Silbenprominenzen in der Metrischen Phonologie dargestellt werden können, nämlich entweder durch Baumgraphen oder aber in Form von Gitterdarstellungen, auch «metrische Gitter» oder grids (59) genannt. In Kapitel 2 (Kritik reduktiver Konzeptionen von Sprachrhythmus) nimmt Dufter zu den traditionellen Forschungsansätzen und -vorgehensweisen kritisch Stellung. An dieser Stelle kann wegen der großen Fülle seiner Kritikpunkte nur auf einige wenige kurz eingegangen 225 Besprechungen - Comptes rendus 1 K. L. P IKE , The intonation of American English, Nachdruck Ann Arbor, MI 1967 [ 1 1945]. 2 D. A BERCROMBIE , Elements of general phonetics, Edinburgh 1967. werden. In Kapitel 2.2 stellt der Verf. die Silbenisochronie als rhythmische Präferenz in Frage und verdeutlicht das Problem des silbenisochronisierenden Sprachtyps: Wird die Silbenfolge rein temporal als Isochronie interpretiert, kann Rhythmizität nur durch die «Konturierung der Prominenzkontur» (90) erfolgen. Geht man hingegen von einer rein isoprominenten Silbenzählung aus, ist dieser Sprachtyp logischerweise nicht mehr begründbar (114). Setzt man nun Silbenisochronie und -isoprominenz zugleich an, d. h. dass alle Silben gleich lang und gleich prominent sind, kann keinerlei rhythmische Konturbildung erfolgen. Eine solche Äußerung wäre nach Ansicht des Verf. «in rhythmischer Hinsicht tickenden Uhren und tropfenden Wasserhähnen an die Seite zu stellen» (90). Auch den rein akzentuell definierten Ansatz der Metrischen Phonologen lehnt Dufter ab. Eine Akzentzählung, die die Zeitstruktur nicht berücksichtigt und Rhythmizität nur als Periode betonter und unbetonter Silben sieht, könne, so Dufter, keine universelle Gültigkeit innerhalb der Rhythmusphonologie haben. Wie solle sonst zum Beispiel eine Sprache wie das Französische klassifiziert werden, dessen Prominenz äußerst durational geprägt ist (99)? Zusammenfassend ist für Kapitel 2 festzuhalten, dass Dufter v.a. die eindimensionale Sichtweise der beiden traditionellen Forschungsrichtungen bemängelt, die stets eine der beiden Teleologien «verabsolutieren» (80), d. h. entweder die Zeit- oder die Prominenzstruktur. Eine universelle Rhythmusphonologie sollte nach Ansicht Dufters jedoch beide Dimensionen berücksichtigen. Außerdem schlägt der Verf. eine weitere Kombinationsmöglichkeit vor, nämlich «(geordnete) Verschiedenheit in der Zeit» (80) mit anisochroner Silbenprosodie als Basis. Denn «warum sollte eine Sprache ihre rhythmische Kontur nicht vorrangig durch eine musterbildende Regularisierung der Abfolge langer und kurzer Silben erreichen? » (80). Diese neuen Ansätze berücksichtigt Dufter bei der Erstellung seiner neuen Typologie rhythmischer Konturbildung, die er in Kapitel 3 vorstellt. Der Verf. unterscheidet vier Prototypen sprachrhythmischer Konturbildung (132): Sprachen mit morenbasiertem oder phrasenbasiertem Rhythmus, wobei entweder die More oder aber die phonologische Phrase mit finaler Längung die rhythmische Basis bildet. Ausschlaggebend für diese Rhythmustypen ist somit die distinktive Dauer in der Wortbzw. Satzphonologie. Von prominenzbasiertem Rhythmus ist dann die Rede, wenn distinktive Prominenzen auf wortbzw. satzphonologische Ebene als Rhythmusstifter fungieren. Bestehen hingegen keine Kontraste in der rhythmischen Kontur, spricht man von alternierendem Rhythmus. Unter 3.3.1 (Morenbasierter Rhythmus) fasst Dufter diejenigen Sprachen zusammen, deren Sprachrhythmus morenbasiert ist. Als Paradebeispiel hierfür gilt das Japanische (3.3.1.1), aber auch das Finnische und das Westgrönländische (3.3.1.2) besitzen die More als Grundeinheit ihrer rhythmischen Konturbildung. Es wäre in den Kapiteln 3.3.1.1 und 3.3.1.2 wünschenswert gewesen, den morenbasierten Rhythmustypen anhand praktischer Beispiele aus den entsprechenden Sprachen besser zu untermauern. Etwas anschaulicher und ausführlicher gestaltet Dufter die Untersuchung des phrasenbasierten Rhythmus in Kapitel 3.3.2 (Phrasenbasierter Rhythmus). In 3.3.2.1 verweist der Autor darauf, dass der Wortakzent im Französischen zugunsten des Phrasenakzents zurücktritt, sobald mehrere Wörter in eine größere prosodische Einheit zusammengefasst werden, die in der Regel durch eine «durational markierte Prominenz auf der letzten Silbe» (137), d. h. durch Finalakzent, definiert ist. In der Literatur ist je nach Sichtweise von groupe de souffle, groupe rythmique, groupe de sens, groupe syntaxique, mot phonologique oder mot prosodique die Rede. Dufter hingegen schlägt den Terminus der «phonologischen Phrase» (138) vor, wobei zu beachten ist, dass die phonologische Gliederung der Phrase mit der syntaktischen Struktur nicht zwingend deckungsgleich sein muss. Der Verf. macht in diesem Kapitel deutlich, dass die Zeitstruktur die Basis der rhythmischen Kontur des Französischen bildet, wobei die zeitstrukturelle Kontrastivität nicht auf wortphonologischer Ebene, sondern auf satzphonologischer Ebene stattfindet. Dufter verweist hierbei 226 Besprechungen - Comptes rendus auf Rothe 3 , der seinerseits bereits feststellte, dass die Länge der Vokale wegen der geringen funktionellen Auslastung der Quantitätsoppositionen «relativ irrelevant» (Rothe 2 1978: 109) sei. Auch wenn sich für das Konsonantensystem des Französischen auf den ersten Blick vermeintlich eine andere Situation darzustellen scheint 4 , so ist auch in diesem Fall keine konsonantische Quantitätsopposition auf wortphonologischer Ebene festzustellen. Die durationale Prominenz, die vom Autor im Französischen als Phrasenisochronisierung definiert wird, besitzt auf satzphonologischer Ebene vorwiegend demarkative Funktion, da sie zur «Demarkation syntaktischer Einheiten» (145) eingesetzt wird. Dennoch unterliegt die auf sententialer Ebene festgelegte Zeitstruktur des Französischen weniger starken Restriktionen als die entsprechenden wortphonologischen Bestimmungen der moren- und prominenzbasierten Sprachen. An dieser Stelle ist zu fragen, warum Dufter einige Beispiele zur Wortphonologie zitiert und näher erläutert, die zudem in der Literatur häufig als Standardbeispiele erwähnt werden (z. B. p. 144-45), zur Satzphonologie hingegen keine Beispiele vorstellt, um seine Typologie des phrasenbasierten Rhythmus im Französischen zu unterstreichen. Auch die Prominenzstruktur des Koreanischen (3.3.2.2) ist weniger auf wortphonologischer als vielmehr auf satzphonologischer Ebene zu definieren. Somit findet auch hier phrasenbasierte Prominenzgebung statt. Im Gegensatz zum Französischen wird im Standardkoreanischen jedoch der Anfang einer phonologischen Phrase gekennzeichnet (Initialakzent). In Kapitel 3.3.3 (Prominenzbasierter Rhythmus) stellt Dufter drei Sprachen mit prominenzbasiertem Rhythmus vor, das Englische, das Deutsche (3.3.3.1) und das Russische (3.3.3.2). Zwar haben das Englische und das Deutsche keinen durch die Phonologie eindeutig festgelegten Wortakzent, dennoch sind einige typische Akzentuierungen festzustellen. Im Englischen und Deutschen wird die sprachrhythmische Kontur durch initial betonte Füße (154) gebildet. Anhand einiger Beispiele weist Dufter darauf hin, dass der Akzent im Deutschen in der Regel jedoch später gesetzt wird als im Englischen, cf. dt. Charakter vs. engl. character oder dt. Labyrinth vs. engl. labyrinth (150). Des Weiteren zeigt der Verf., dass Wortakzente im Englischen und Deutschen in einigen Fällen distinktive Funktion besitzen, wie in dt. August, Roman, übersetzen oder engl. transport (Subst.) vs. transport (Verb). Eine distinktive Wortakzentfunktion wie im ital. canto ‘ich singe’ vs. cantò ‘er sang’ herrscht im Englischen und Deutschen jedoch nicht vor (151). Zudem ist die funktionelle Auslastung der durch die Akzentopposition bedingten Minimalpaare sehr gering, da die Bedeutungsdifferenzierungen problemlos durch den Kontext herzuleiten sind. In der Satzphonologie sind die Prominenzen im Englischen und Deutschen hingegen vor allem bei der «Fokus- Hintergrund-Gliederung» (151) von Bedeutung. Die Akzentuierung dient hier als Mittel der Fokusanzeige, wobei Dufter darauf verweist, dass im Unterschied zu den romanischen Sprachen jedes Wort einer englischen oder deutschen Äußerung einen Fokusakzent tragen kann. So ist z. B. jedes einzelne Wort der folgenden Äußerung akzentuierbar: Hans ging gestern ins Kino 5 (151). 227 Besprechungen - Comptes rendus 3 W. R OTHE , Phonologie des Französischen. Einführung in die Synchronie und Diachronie des französischen Phonemsystems, Berlin 2 1978 (Grundlagen der Romanistik 1). 4 Ausdrücke wie la dent [lad - ] vs. là-dedans [lad - ] oder il mourait [ ʁ ] vs. il mourrait [ ʁ ] (145) zeigen eine deutliche Bedeutungsdifferenzierung. Dieser Längenunterschied der Konsonanten entsteht jedoch nicht aus «zwei verschiedenen zeitstrukturellen phonologischen Spezifikationen eines Segments» (145), sondern durch den Zusammenstoß zweier gleicher Lautelemente an einer Wort- oder Morphemgrenze. 5 Selbst die Präposition ins kann akzentuiert werden, wenn betont werden soll, dass Hans nicht wie üblich vor dem Kino stehen blieb, sondern ins Kino hineinging. Wie für das Englische und Deutsche zeigt Dufter auch für das Russische (3.3.3.2) eine Dominanz der Prominenzstruktur über die Zeitstruktur. Im Russischen sind akzentuelle Oppositionspaare auf lexikalischer Ebene zwar eher selten, in der Morphologie spielt die Akzentlage hingegen eine wichtige Rolle, da sie zur Differenzierung verschiedener Wortarten und zur Flexionsanzeige verwendet wird. Wie im Englischen und Deutschen dient die Prominenzkontur auf satzphonologischer Ebene auch im Russischen der Fokus-Hintergrund-Gliederung, wobei hier zu beachten ist, dass die einzelnen Wortakzente auch bei sententialer Akzentuierung erhalten bleiben. Im Gegensatz zum Englischen oder Deutschen ist die Akzentlage des Russischen jedoch nicht eindeutig vorhersagbar. Außerdem dürfen Akzente im Russischen nicht wie im Englischen isochronisiert werden, um einen stress clash zu verhindern, da Prominenzzusammenstöße wegen des «absolutistische[n] Herrschen[s] der Wortakzente» (155) im Russischen durchaus üblich sind. In Kapitel 3.3.4 (Rhythmische Konturen ohne Kontraste: alternierender Rhythmus) untersucht Dufter Sprachen mit alternierendem Rhythmus (156). Derartige Sprachen weisen «rhythmische Konturen ohne Kontraste» auf, d. h. dass in solchen Sprachen «die Zeitstruktur ebenso wie die Prominenzstruktur keine oder nur geringe Distinktionsleistung erbringen muss» (156). Zu diesen Sprachen zählen in Dufters Typologie das Italienische (3.3.4.1) sowie das Spanische (3.3.4.2). Die Lage des Akzents ist im Italienischen auf wortphonologischer Ebene in der Regel auf die «letzten drei Silben einer Wortform» (156) beschränkt, sie ist jedoch nicht immer vorhersagbar. Als Beispiele nennt Dufter it. facile mit Akzent auf der Antepaenultima oder it. civile mit Paenultimaakzent (157). Auch Ultimaakzente sind im Italienischen nicht unüblich (cf. it. -tà, -tù oder bestimmte verbale Flexionsformen). Außerdem besitzt das Italienische Wörter mit Antepaenultimaakzent wie it. mandorla oder polizza, deren Wortprosodie jedoch eher als «unromanisch» und «unitalienisch» (157) gilt. Was also die distinktive Akzentfunktion auf wortphonologischer Ebene betrifft, so ist diese im Italienischen zwar durchaus häufiger anzutreffen (cf. it. ancora vs. àncora) als im Englischen und Deutschen, sie ist aber dennoch relativ gering. Wichtig für die Rhythmusphonlogie des Italienischen ist nach Ansicht Dufters die sententiale Ebene. Hier ist die Prominenzkontur unter Berücksichtigung der einzelnen Wortakzentlagen kaum «syntaktischen oder informationsstrukturellen Zwängen» (162) untergeordnet. Des Weiteren stellt Dufter fest, dass auch die Zeitstruktur im Italienischen unter wortphonologischen Gesichtspunkten zur Kodierung beiträgt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um Quantitätsoppositionen auf Silben- oder Wortebene, sondern vielmehr um die unterschiedlichen Proportionen einzelner konsonantischer Segmente, die wortmedial intervokalisch entweder einfach oder aber geminiert auftreten können (cf. it. fato ‘Schicksal’ vs. fatto ‘Tatsache’ oder it. papato ‘Papsttum’ vs. pappato ‘gierig verspeist’ (159)). Rhythmusphonologisch beeinflusst die unterschiedliche Länge der konsonantischen Segmente zwar den vorausgehenden Vokal, d. h. ist der Folgekonsonant kurz, wird der vorausgehende Vokal gelängt, ist der Folgekonsonant hingegen geminiert, wird der vorausgehende Vokal kürzer gesprochen. Da Vokal und Konsonant jedoch in durationaler Relation zueinander stehen, beeinflussen die unterschiedlichen Segmentdauern nicht die satzphonologische Zeitstruktur (it. fatto und fato sind also auf satzphonologischer Ebene gleich lang). Im Gegensatz zum Französischen kann der Zeitstruktur im Italienischen auf satzphonologischer Ebene außerdem keine «demarkative syntaktische Kodierungsfunktion» (162) zukommen. Vielmehr findet im Italienischen sprachrhythmisch eine tendenzielle Prominenzisochronie statt. In Kapitel 3.3.4.2. stellt Dufter die rhythmischen Konturverhältnisse des Spanischen vor, indem er vor allem die Unterschiede zum Italienischen herausarbeitet. So kennt das Spanische nach Ansicht des Autors z. B. keine Quantitätsoppositionen. Auch gibt es in der 228 Besprechungen - Comptes rendus Regel keine phonologische Festlegung des Akzents wie im Italienischen. Prinzipiell ist die Akzentuierung auf der Ultima im Spanischen häufiger als im Italienischen, was vor allem auf die Apokopierung des auslautenden -e im Spanischen zurückzuführen ist (cf. it. civile und sp. civil (162)). Im Unterschied zum Italienischen besitzt der Akzent im Spanischen morphologische Funktion: außer der akzentuellen Kennzeichnung von Minimalpaaren (Substantiv vs. Verb) bestimmt die Akzentlage im Spanischen auch über Formen im Verbalparadigma. Dufter nennt an dieser Stelle einige akzentuelle Minimalpaare wie z. B. andén ‘Gehweg, Bahnsteig’ vs. anden ‘sie gehen (Konj.)’, miro ‘ich sehe an’ vs. miró ‘er sah an’ oder rogara ‘er bäte’ vs. rogará ‘er wird bitten’ (163). Der Wortakzent im Spanischen ist im Vergleich zum Italienischen somit als wichtiger zu erachten. Dies ist, so Dufter, u. a. daran zu erkennen, dass unbekannte Wörter im Spanischen akzentuell analog angeglichen werden. Auch wird die Prominenzabfolge im Spanischen in der Regel nicht wie im Englischen umgestaltet, um einen stress clash zu vermeiden. Daran lässt sich u. a. erkennen, dass die Satzprosodie im Spanischen stärker vom Wortakzent festgelegt ist als im Englischen, Französischen oder Italienischen (163). In Kapitel 3.4. fasst Dufter seine neue Typologie sprachrhythmischer Konturbildung kurz zusammen. Es ist für den Verf. hier wichtig, nochmals zu betonen, dass Sprachen ihre Rhythmizität entweder auf der Ebene der Zeit oder aber auf der Ebene der Prominenz, nicht aber auf beiden Ebenen gleichzeitig, aufweisen. In Sprachen mit morenbasiertem Rhythmus wird die rhythmische Kontur durch Quantitäten bestimmt, in Sprachen mit phrasenbasiertem Rhythmus hingegen durch «syntaktisch oder informationsstrukturell bestimmte durationale Phrasendemarkationen» (165). Dufter stellt außerdem fest, dass «Silbenzählung als eurhythmische Teleologie» (165) ein Phantom bleibt. Auch der rein akzentuelle Aspekt der Metrischen Phonologen in der rhythmischen Konturbildung konnte vom Autor nur am Beispiel des Englischen gezeigt werden. In Kapitel 4 (Externe Evidenz für die neue Typologie) stellt der Autor einige empirische Befunde aus folgenden Bereichen vor: Phonetik und Sprachtechnologie (4.1), Spracherwerb und Sprachverlust (4.2) sowie aus der Poetologischen Metrik (4.3). Diese anhand empirischer Untersuchungen und Tests erhobenen Befunde sollen, so Dufter, die Notwendigkeit der Erstellung einer neuen phonologischen Typologie sprachrhythmischer Konturbildung unterstreichen. Der Autor kommt daher in Kapitel 5 (209-10) zu dem Schluss, dass «Phonetik und Sprachtechnologie, Psycholinguistik sowie die literaturwissenschaftliche Metrik in ihren Hinweisen auf verschiedene sprachrhythmische Typen und die Wichtigkeit typspezifischer prosodischer Kontraste konvergieren» (210). Abschließend möchte ich bemerken, daß sich der Leser der vorliegenden Arbeit nicht durch die immense Fülle an Fachtermini und die oftmals sehr komplizierten und komplexen Darstellungen abschrecken lassen, sondern sich durch den «hochtheoretischen Dschungel» kämpfen sollte. An vielen Stellen wäre es durchaus wünschenswert gewesen, die äußerst theoretischen Zusammenhänge anhand praktischer Beispiele näher zu erläutern (z. B. p. 133-36, 144-47, passim). Außerdem ist an verschiedenen Stellen der Arbeit die Originalität und die Authentizität mancher Beispiele zu hinterfragen (z. B. p. 150-54, 156-62, 163-64, passim). Die Lektüre dieser Monographie ist dennoch sehr lohnenswert, um neue Erkenntnisse bezüglich der Rhythmusforschung zu gewinnen. Zudem hat der Autor in seiner Darstellung die bemerkenswerte Leistung vollbracht, die komplizierten und theoretischen Ansätze der traditionellen Forschungsrichtungen der Rhythmusphonologie detailliert darzustellen, sie kritisch zu hinterfragen und daraus seine neue, äußerst interessante Rhythmustypologie zu entwickeln. Dem Verf. ist es gelungen, in sehr umfangreicher und beeindruckender Weise zu zeigen, warum die bisherigen traditionellen Forschungsrichtungen zu eindimensional arbeiteten, und warum die Berücksichtigung neuer Aspekte und die Kombination früherer 229 Besprechungen - Comptes rendus Forschungsansätze bei der Erstellung einer neuen Typologie sprachrhythmischer Konturbildung unumgänglich sind, um dem Anspruch auf eine universell gültige Rhythmusbeschreibung von Sprache gerecht werden zu können. Karin Ewert ★ Louis de Saussure, Temps et pertinence. Éléments de pragmatique cognitive du temps, Bruxelles (Duculot - De Boeck) 2003, 321 p. (Champs linguistiques) Il libro di Louis de Saussure ha due pregi non indifferenti: affronta un argomento fondamentale (la costruzione delle relazioni temporali nel discorso), lo fa con un rigore scientifico tale da investire di valore conoscitivo i suoi stessi limiti. La table de matières, «wittgensteinianamente» ordinata e posposta all’indice analitico, presenta la struttura simmetrica del lavoro. Al denso avant-propos, dove è fissato il retroterra filosofico, segue una première partie che esibisce, storicamente e criticamente, lo stato dell’arte delle principali scuole di pragmatica: queste ultime sono raggruppate in due correnti, les approches référentielles (dagli studi di Port Royal, al classico Hans Reichenbach, alla semantica formale e aspettuale della Segmented Discourse Representation Theory (SDRT) e Dynamic Aspect Trees (DAT)) e les approches psychologiques, rispetto alle quali viene isolata e focalizzata, grazie ad una sintetica ri-costruzione, la teoria della pertinenza. È alla deuxième partie che resta quindi affidata l’autentica pars construens dell’opera, suggellata in redditio da una conclusione aperta. Alle pagine immediatamente seguenti invece, è affidato il compito di esporre quelli che ritengo essere i nodi centrali, a volte problematici e sempre fecondi, del lavoro di Louis de Saussure. I termini di Temps et pertinence (d’ora in poi TeP) si giocano sulle due interpretazioni possibili della chiusa del terzo paragrafo dell’avant-propos: le discours est comme un doigt qui pointe sur des objets; le destinataire, pour comprendre l’intention du locuteur, ne doit pas regarder le doigt, mais l’objet désigné (18). Una prima interpretazione, teoreticamente corretta e filologicamente infedele, consiste nel declinare la parola «discours» nei due livelli di complessità che possono assumere i significati (sintagmi nominali e frasi o enunciati 1 ) e nel riconoscerne la relazione di indicazione 2 intrattenuta nei confronti della Bedeutung (declinata rispettivamente come referente o messaggio 3 ). Due le conseguenze più immediate di questa lettura: l’affermazione della tesi dell’indipendenza logica tra significato e riferimento, cosicché il progetto di calcolare i messaggi (o gli insiemi di messaggi 4 ) che possono essere indicati da un enunciato risulterebbe 230 Besprechungen - Comptes rendus 1 Utilizzo qui i due termini in maniera intercambiabile, perché questa distinzione non è necessaria al nostro discorso. 2 Nel senso della deissi ad oculos di K. Bühler, degli Anzeichen di E. Husserl o degli «indici» di C. S. S. Peirce. 3 In effetti, secondo la dottrina di G. Frege sono Bedeutungen esclusivamente gli oggetti indicati da un sintagma nominale e i valori di verità indicati dalle frasi, ma non i messaggi in quanto tali. Tuttavia questa distinzione non è rilevante per il nostro discorso. 4 Mi riferisco al progetto di TeP, esposto nella maniera più esplicita nel primo paragrafo del primo capitolo della seconda parte: «une signification en type peut conduire à des sens très divers en token. Il faut donc disposer d’une logique apte à gérer le contexte pour en rendre compte. Les choses gagnent à être vues ainsi: les entités traitées par le destinataire donnent lieu à des ensembles de possibilités, voire des ensembles d’ensembles (et ainsi de suite) de possibilités interprétatives, et le