Vox Romanica
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Francke Verlag Tübingen
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Kristol De StefaniRoman d’Alexandre en prose [British Library, Royal 15 E. VI, fol. 2v-24v] avec une préface de Philippe Ménard, publié par Yorio Otaka, Hideka Fukui et Christine Ferlampin- Acher, Osaka (Centre de la Recherche Interculturelle à l’Université Otemae), 2003, 270 p.
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2006
Stephen Dörr
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Commentant la tournure «en hault lieu ventent li vent a plain» (239), la critique s’appuie sur le répertoire de J. W. Hassell qui lui permet de rapprocher le vers de Deschamps d’un proverbe attesté chez Philippe de Mézières: «les hauts arbres reçoivent les grans vens». Or, c’est là une image qui se retrouve dans des textes mettant en garde contre les dangers de Fortune. Citons l’anonyme Miroir du monde, ouvrage de morale à l’usage des laïcs souvent transcrit à la fin du Moyen Âge: quand Fortune a élevé un homme, dit le texte, il est «en haut assis come molin à vent seur la haute montaigne; et là, ventent tous les douze vents de vaine gloire qui assaillent ce chaitif» (éd. F. Chavannes, Lausanne 1845, 77). Il y aurait peutêtre une piste à creuser . . . Ces quelques remarques suffiront. Utilisation du proverbe, de la métaphore, de l’envoi, questions de vocabulaire, structure et longueur des strophes, organisation des séries de poèmes dans le manuscrit, datation de certaines ballades, etc.: le lecteur voit se dégager au fil des pages les multiples facettes du travail poétique d’Eustache Deschamps. Il y trouve aussi de quoi nourrir sa propre réflexion sur l’écriture satirique et le lyrisme à la fin du Moyen Âge: l’intérêt que suscite l’étude de Susanna Bliggenstorfer va bien au-delà de la monographie d’un poète trop longtemps considéré par la critique avec une certaine condescendance. Jean-Claude Mühlethaler ★ Roman d’Alexandre en prose [British Library, Royal 15 E. VI, fol. 2v-24v] avec une préface de Philippe Ménard, publié par Yorio Otaka, Hideka Fukui et Christine Ferlampin- Acher, Osaka (Centre de la Recherche Interculturelle à l’Université Otemae), 2003, 270 p. Der Alexanderroman, der eine Adaptation und Erweiterung der Historia de Preliis darstellt, ist in drei Fassungen überliefert 1 . Die älteste Fassung datiert auf die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts und wird von 8 Handschriften tradiert, von denen unsere japanischen Kollegen die Prachthandschrift BL Roy. 15 E. VI für eine Edition ausgewählt haben 2 . Ergänzt wird die Ausgabe durch ein Vorwort von Philippe Ménard, eine kunsthistorische Analyse der Miniaturen und ihr Verhältnis zum Text aus der Feder von Christine Ferlampin-Acher sowie ein Faksimile der den Text enthaltenden Folioseiten der Handschrift. Diese Reproduktion bildet den Text um circa 50 % verkleinert ab. In seinem Vorwort gibt Ménard die wichtigsten Informationen zum Kodex: Datierung vor 1445 (der DEAF datiert: 1444/ 45), Größe des Originals: 47,62 cm 33,02 cm, 84 Miniaturen. Die kostbare Ausschmückung erklärt sich dadurch, dass der Band als Hochzeitsgeschenk des Grafen von Shrewsbury für Maguerite d’Anjou zu ihrer Hochzeit mit dem englischen König Henry VI im Jahr 1445 diente. Sowohl Sprache als auch Stil der Miniaturen verweisen auf den Kontinent, vermutlich nach Paris. Der Text des Alexanderromans findet sich auf den Folios 5r° bis 24v°. 221 Besprechungen - Comptes rendus 1 Insgesamt sind für die drei Fassungen 18 Handschriften bekannt, von denen 16 noch existieren. Diese Fassungen sind nicht zu verwechseln mit dem Alexanderroman von Jean Wauquelin (DEAF-Sigel: AlexPr 2 ) und der Prosaadaptation von AlexPar aus dem 15. Jahrhundert (AlexPr 3 ); die Bibliographie des DEAF ist gratis und frei konsultierbar unter www.deaf-page.de. 2 DEAF-Sigel AlexPrr 1 O. Die anderen Hs. sind: Chantilly, musée Condé, ms. 651 (Ende 15. Jh.); Le Mans, Bibliothèque de la Ville, ms. 103 (Ende 14. Jh.), London, BL Roy. 19 D. I (Mitte 14. Jh.); BL Roy. 20 A. V (Ende 13. Jh.); BL Roy. 20 B. XX (Anfang 15. Jh., laut BL); Stockholm, Kungl. Bibl. Vu 20 (Ende 14. Jh.); Paris, BN fr. 1385 (14. Jh.). Frau Ferlampin-Acher widmet sich in ihrem Beitrag dem Verhältnis von Miniaturen und Text (3-48) 3 . Die Wahl, diese Untersuchung auf der Basis der Londoner Handschrift anzugehen, ist durch drei Faktoren bedingt: a) diese Handschrift gibt die älteste Fassung wieder, b) sie bietet einen vollständigen Text und c) die Illustrationen sind sehr schön ausgestaltet. Nach einer ausführlichen Inhaltsangabe des Textes und der Liste der Miniaturen belegt Frau Ferlampin-Acher, dass Miniaturen und Text eine Einheit ergeben. Sie kommentiert: «Ainsi l’illustration de ce manuscrit joue sur la reconnaissance et le consensus: le texte, la rubrique et l’image coïncident, comme coïncident les images royales successives et parentes . . . Or, si l’Historia de Preliis et sa traduction française en prose offrent un portrait nuancé du héros, où les défauts traditionnels du Macédonien ne sont pas masqués, l’illustration, s’écartant discrètement du texte, semble gommer ce que la figure d’Alexandre pouvait avoir d’inquiétant» (22). Diese Aussage belegt, zu welchen interessanten Ergebnissen die Zusammenarbeit zwischen Kunsthistorikern und Philologen gerade auch auf dem Feld der Beschäftigung mit mittelalterlichen Übersetzungen führen kann. Im zweiten Abschnitt der Untersuchung, La voix royale (23-44) betitelt, zentriert Frau Ferlampin-Acher ihren Blick auf die Darstellung Alexanders und belegt, wie das ikonographische Programm darauf ausgelegt ist, den König stärker als Opfer denn als Täter darzustellen. Ein Beispiel: Auf Folio 7r° findet sich eine Miniatur, auf der gezeigt wird, wie Alexander seinen Vater Nectanebus in den Graben stößt und somit tötet. Die zentrale Position wird von Alexander eingenommen, rechts von ihm steht Nectanebus, der auf die Sterne über sich blickt, ganz rechts sieht man den gestürzten Nectanebus. Diese Anordnung «a pour effet de renforcer le lien de causalité entre les planètes et le sort du personnage, disculpant en partie le jeune enfant de parricide» (24). Frau Ferlampin-Acher fasst zusammen: «R 1 (= BL Roy. 15 E. VI) ne donne pas à lire la même œuvre que les autres manuscrits du Roman d’Alexandre en prose: c’est donc à une expérience d’une authenticité renouvelée par rapport à celle que nous procurent les éditions traditionnelles que nous convions le lecteur» (44). Ob diese Aussage in ihrer Ausschließlichkeit richtig ist, können nur weitere Editionen von Handschriften des Alexanderromans belegen. Es schließt sich der philologische Teil des Bandes mit der Untersuchung der Sprache der Handschrift (49-79) an 4 . Wie die Herausgeber feststellen, ist sie franzisch mit einer leichten pikardischen Färbung. Leider beschränkt sich die linguistische Analyse der Herausgeber auf diese Aussage. Was folgt, ist eine Auflistung sprachlicher Elemente, nach «Graphies et Phonétique», «Morphologie syntaxique», «Style» und «Vocabulaire» geordnet. Hier kann man nachlesen, dass unetymologisches b in doubz «douz» auftaucht, dass neccessaires neben necessaire steht (unter redoublement! ), dass als «adv de manière» pure et simplement auftaucht und dass - unter f[orme en] -ant - voyant als locution in voyant tous seigneurs angesehen wird. Was dem Leser diese Sammlung von Bemerkungen sagen soll, bleibt offen, da eine Synthese nicht erbracht wird. Linguistische Kommentare fehlen völlig, auch wenn interessante sprachliche Merkmale vorhanden sind 5 . Im Kapitel Leçons de certains manuscrits (79-84) wird der Kodex BL Roy. 15 E. VI mit vier weiteren Manuskripten (BL Roy. 19 D. I, BL Roy. 20 A. V, Stockholm, Kung. Bibl. Vu 20 und Berlin, Kupferstichkabinett 78 C. 1) verglichen. Das Ergebnis ist: Die Hand- 222 Besprechungen - Comptes rendus 3 P. 4: terminus ad quem l. terminus a quo; Royal 15 E. VI après 1445 l. avant 1445 bzw. 1444/ 45; British Museum l. British Library. 4 Da dieser Abschnitt im Gegensatz zur kunsthistorischen Analyse nicht signiert ist, kann man wohl davon ausgehen, dass er von Otaka und Fukui stammt. 5 So fragt man sich, ob die Varianz a/ aa/ aai/ ai/ nicht auch als dialektal zu werten ist. Unter den vier sprachlichen Merkmalen, die für eine pikardische Färbung stehen sollen, fehlt ein Hinweis auf Formen wie aige und saige (die freilich nicht ausschließlich pikardisch sind). schrift BL Roy. 15 E. VI entstammt einer anderen Vorlage als die anderen vier Handschriften. Die Seiten 87-129 bieten den Faksimile-Abdruck. Auch in der reduzierten Größe kann man leicht die Pracht des Kodex erkennen. Die Qualität der Reproduktion ist von hoher Güte. Die Edition (133-230) macht einen zuverlässigen Eindruck und folgt den von Foulet/ Speer und den von der École des Chartes vorgegebenen Regeln 6 . Überraschend ist an einigen Stellen jedoch die Interpunktion 7 . Es folgt ein Verzeichnis der Eigen- und der Ortsnamen (233-40) und ein Glossar (243- 69). Hier werden die altfranzösischen Wörter durch ein neufranzösisches Interpretament (seltener zwei oder auch drei) wiedergegeben; ein Indiz, das auf die Kenntnis der altfranzösischen Lexikographie schließen lassen würde, fehlt 8 . Daher ist es nicht verwunderlich, dass Wörter ungenau und auch falsch «definiert» werden. Einige Beispiele: acointance wird mit ‘amitié’ definiert: TL 1,92 definiert ‘Bekanntschaft»; adonc/ adonques ‘donc, alors, à ce moment’: Der Leser wird aufgefordert, sich das Passende auszusuchen; cadren ‘globe terrestre’ 9 ist falsch: cf. FEW 2,1392a: ‘cercle gradué servant à mesurer la hauteur du soleil ou d’une étoile’; livre als ‘unité monnaitaire’ [sic] zu definieren, ist nicht hilfreich; mastin ‘vaurien’ trifft nicht zu: s. TL 5,1942 [‘Haushund, Hofhund’] ‘als Schimpfwort von einem Menschen gesagt’; mille ‘1000 [mesure de longueur]’ ist kurios: gemeint ist die Meile! Die Beispiele ließen sich leicht vermehren. Das Resümee ist schnell gezogen. Wir sind unseren japanischen Kollegen dankbar für die Herausgabe dieses Bandes, auch wenn die philologische Seite den kunsthistorischen Ausführungen und der Qualität des Faksimiles nachsteht. Stephen Dörr ★ Olga Anna Duhl (ed.), Sotise à huit personnaiges [Le Nouveau Monde], Genève (Droz) 2005, 344 p. (Textes Littéraires Français 573) Die Sotise à huit personnaiges, die um 1507 in Toulouse verfasst wurde, ist ein Werk der «propagande religieuse» (11), das die Privilegien der gallikanischen Kirche gegen die Mächtigen von Kirche und Staat, «y compris Louis XII et son ministre, le cardinal d’Amboise» (hintere Umschlagseite), verteidigt. Nachdem 1503 Kardinal Georges d’Amboise (1460- 90), Erzbischof von Rouen, Gouverneur der Normandie und Minister Ludwigs XII. (1498- 1515), von Papst Julius II. (1503-13) zum ständigen päpstlichen Legaten ernannt worden war, sah man in Frankreich die Rechte und Freiheiten der gallikanischen Kirche bedroht, die in der Pragmatischen Sanktion von Bourges (1438) festgelegt worden waren. Trotz der gegen den französischen König vorgetragenen Kritik, deren Zielscheibe insbesondere dessen Italienfeldzüge und dessen «politique fiscale déraisonnée» (72) sind, ist die Sotise zu- 223 Besprechungen - Comptes rendus 6 Kleinere Fehler: 3,11 unes tables l. une table; 3,13 avoit l. aveit; 4,1 Comment l. Coment; 6,9N2 Phlippes l. Phlippe; 6,26 Nectanebus l. Nactanebus; 7,7 entremectre wohl eher entremettre, 7, 14 dist l. dis. 7 Z. B. 1,20: a ssavoir, et delictable a user (das Komma ist zu streichen); 1,23 hardy de cuer, et preux des armes (das Komma ist zu streichen); etc. (entspricht wohl dem Usus im Englischen). 8 Kleinere Irrtümer: aideur: personne qui aide kursivieren; barat: ne par bart l. ne par barat; cadren: globe terrrestre l. globe terrestre. 9 Diese falsche Definition könnte aus Gdf 1,766c stammen und wäre ein Indiz dafür, dass zumindest Gdf konsultiert wurde.
