Vox Romanica
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Francke Verlag Tübingen
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2006
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Kristol De StefaniHorst Geckeler/Wolf Dietrich, Einführung in die französische Sprachwissenschaft. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. 3., überarbeitete Auflage, Berlin (Erich Schmidt Verlag) 2003, 254 p.
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2006
Sigrid Behrent
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Horst Geckeler/ Wolf Dietrich, Einführung in die französische Sprachwissenschaft. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. 3., überarbeitete Auflage, Berlin (Erich Schmidt Verlag) 2003, 254 p. Die im Jahre 1995 erschienene Einführung in die französische Sprachwissenschaft der Münsteraner Romanisten H. Geckeler und W. Dietrich wurde 1997 schon einmal überarbeitet. Sechs Jahre später folgte die aktuelle dritte Auflage, die Wolf Dietrich dem Andenken seines im Jahr 2002 verstorbenen Kollegen widmet. Nach eigenen Angaben wurden dabei «an zahlreichen Stellen . . . erneut Korrekturen, Ergänzungen und inhaltliche Veränderungen» vorgenommen (6), zudem wurden die Literaturangaben aktualisiert. Die Gesamtkonzeption der Einführung blieb jedoch laut Vorwort trotz der durch die dynamische Weiterentwicklung der Sprachwissenschaft eingetretenen «Perspektivenveränderungen» (6) gleich. Damit gliedert sich das Lehrbuch nach wie vor in vier Hauptteile. Im ersten Abschnitt wird zunächst allgemein über die romanischen Sprachen, über die Stellung des Französischen und seine geographische Verbreitung sowie über die Sprachen Frankreichs informiert. Im zweiten Teil wird der Leser mit wichtigen Grundbegriffen der Sprachwissenschaft vertraut gemacht. Anschließend werden im dritten Teil synchrone und diachrone Aspekte der verschiedenen linguistischen Disziplinen anhand ausgewählter Beispiele erläutert. Darauf folgt die (für eine Einführung) sehr ausführliche Schilderung der Geschichte der französischen Sprache, die mit 90 Seiten fast die Hälfte des Buches einnimmt. Den Abschluss bildet ein Schlagwortregister, das das gezielte Nachschlagen einzelner Fachbegriffe erleichtert. Ein Personenregister ist allerdings leider nicht vorhanden. Die bibliographischen Angaben sind jeweils in die einzelnen Unterkapitel integriert, außerdem ist der Einführung eine Bibliographie der wichtigsten Handbücher, Einführungen, Wörterbücher und Fachzeitschriften vorangestellt. Den einzelnen Unterkapiteln sind in den meisten Fällen «einerseits Aufgaben für eine selbständige Bearbeitung durch die Studierenden und andererseits solche für eine mit dem Seminarleiter gemeinsame Behandlung beigegeben» (5). Die Einordnung des Französischen in die Familie der romanischen Sprachen (Kapitel I.1) ist ohne Frage ein notwendiger und auch geeigneter Einstieg in die Beschäftigung mit der französischen Sprache. Manch Studienanfänger wird die verschiedenen aufgeführten Einteilungs- und Differenzierungsmöglichkeiten zwar vermutlich als irritierend empfinden, auf diese Weise wird der Leser jedoch gleich zu Beginn an das häufig bestehende Nebeneinander konkurrierender Modelle gewöhnt und gleichzeitig für das Problem der Abgrenzung zwischen «Sprache» und «Dialekt» sensibilisiert (18). Problematischer ist in diesem Einstieg eventuell die unkommentierte Verwendung von Fachbegriffen wie «Sonorisierung», «phonische» bzw. «morphologische Ebene» und «Kreolsprachen», die einem richtigen Anfänger noch nicht geläufig sein dürften. Das Kapitel I.2 gibt einen wertvollen Überblick über die geographische Verbreitung des Französischen sowie seine unterschiedliche Stellung und Rolle in insgesamt 24 Ländern innerhalb und außerhalb Europas. Es könnte lediglich durch einen Hinweis auf die im neu hinzugefügten Kapitel III.7 erfolgende Beschreibung der in Kanada, in Belgien und in der Schweiz gesprochenen Varietäten (s. u.) ergänzt werden. Das im ersten Kapitel entworfene Bild der französischen Sprache wird in I.3 durch eine kompakte Vorstellung der anderen in Frankreich gesprochenen romanischen, germanischen und keltischen Sprachen und der damit einhergehenden Präsentation Frankreichs als «Vielsprachenland» abgerundet. Zu Beginn des zweiten Kapitels wird der Leser explizit auf die Vielfalt der «unterschiedlichen linguistischen Ansätze, Richtungen und Schulen, die jeweils andere theoretische Prämissen haben» (39) hingewiesen, wobei den Autoren jedoch «die Einarbeitung in eine Richtung und die Erlernung des sinnvollen selbständigen Umgangs mit ihr . . . 237 Besprechungen - Comptes rendus fruchtbarer zu sein [scheint] als der notwendigerweise pauschale Überblick über ganz unterschiedliche theoretische Haltungen gegenüber dem Phänomen Sprache, der dem Anfänger kaum ein eigenes sprachwissenschaftliches Arbeiten erlauben wird» (ib.). Demzufolge beschränkt sich das Kapitel sinnvollerweise auf die Darstellung der Grundbegriffe und -konzepte des europäischen Strukturalismus wie z. B. das Organon-Modell von Bühler, das Kommunikationsmodell von Jakobson, das semiotische Dreieck von Ogden und Richards, die Saussure’sche Lehre vom sprachlichen Zeichen und seine Unterscheidungen zwischen langue und parole, Diachronie und Synchronie sowie Syntagmatik und Paradigmatik. Bei einigen Konzepten wird auch deren Weiterentwicklung durch Coseriu geschildert. Auch wenn manchmal sehr ins Detail gehend, sind die Erklärungen zum Großteil recht gut verständlich, da die Sinnabschnitte in nachvollziehbarer Weise aufeinander aufbauen und einige Aspekte zusätzlich an konkreten Beispielen erläutert werden. Auch hier verwenden die Autoren jedoch einige Fachbegriffe, bevor diese eingeführt werden (z. B. synchron, Verbalparadigmata, Morphologie, 48). Außerdem sind einige Exkurse eher verwirrend als hilfreich. Das zweite Kapitel schließt mit einem Abriss der Geschichte der Sprachwissenschaft ab, in dem die wichtigsten Strömungen, ihre Grundgedanken und Hauptvertreter in einen chronologischen Zusammenhang gebracht werden. Die Zusammenfassung enthält auch Informationen zu der Entwicklung der Sprachwissenschaft in den USA (8.4.3) und in Frankreich (8.6). Außerdem werden einige «Bindestrichlinguistiken», wie z. B. die Soziolinguistik und die Neurolinguistik, erwähnt (8.5). Der dritte Hauptteil gliedert sich in folgende Unterkapitel: III.1 Phonetik und Phonologie, III.2 Graphie und Orthographie, III.3 Morphologie, III.4 Grammatik und Syntax, III.5 Wortbildungslehre, III.6 Lexikologie und Semantik, Lexikographie, III.7 Zur Variation des Französischen und III.8 Zur Typologie des Französischen. Im Rahmen dieser Rezension sollen nur die in der dritten Auflage neu hinzugekommenen Passagen ausführlich behandelt werden; was die übrigen Unterkapitel angeht, beschränkt sich die Besprechung auf die Darstellung einiger Stärken und Schwächen. Das Kapitel III.4.2 (und nicht, wie im Vorwort zur dritten Auflage angegeben, das Kapitel III.6), das sich mit dem Thema «Syntax» beschäftigt, wurde um mehrere Abschnitte erweitert. Diese sind nun auch mit Titeln versehen, was eine schnellere Orientierung ermöglicht. In den Abschnitt 4.2.1 «Der Satz» wurden die Literaturhinweise aus 4.2.3 (der 2. Auflage) vorgezogen und durch einige Angaben ergänzt, wobei weiterhin der Mangel an neueren umfassenden syntaktischen Beschreibungen des Französischen hervorgehoben wird. Warum in der Fußnote 15 in diesem Abschnitt neben Text- und Pragmalinguistik auch die Soziolinguistik erwähnt wird, ist nicht unmittelbar nachvollziehbar. In 4.2.2 «Satzteile» werden die Funktionen derselben (Subjekt, Prädikat, Objekt, Umstandsbestimmung, Attribut und Apposition) nun wesentlich ausführlicher dargestellt. Dabei werden sogar dem Studierenden wahrscheinlich schon geläufige Grundbegriffe wie transitiv/ intransitiv oder direktes/ indirektes Objekt detailliert erklärt. Außerdem werden die Begriffspaare «Agens- Patiens» und «Thema-Rhema» eingeführt. Der strukturellen Syntax von Tesnière und der daraus entstandenen Dependenzgrammatik ist in der dritten Auflage ein eigener Abschnitt gewidmet (4.2.3), in dem die Grundgedanken der Theorie auf sehr verständliche Weise vermittelt werden. Die Abschnitte 4.2.4 und 4.2.5 sind nun respektive mit «Andere Aufgaben der syntaktischen Beschreibung» und «Bemerkungen zur historischen Syntax des Französischen» überschrieben. Neu ist hier eine Kurzbeschreibung der Kategorie der Diathese des Verbs, wobei dem Leser vor allem der Hinweis auf die im neueren Französisch zunehmende Häufigkeit eines «agenslosen Reflexivums» nützlich sein könnte. 238 Besprechungen - Comptes rendus Abgesehen von kleinen, leicht zu behebenden formalen Mängeln 1 sind die Ergänzungen in diesem Abschnitt durchaus als Gewinn zu betrachten. Auch die Erweiterung um das Kapitel III.7, das diatopischen Varietäten innerhalb (7.1) und außerhalb Frankreichs (7.2 Belgien und Schweiz sowie 7.3 Kanada) gewidmet ist, stellt in jedem Fall eine Bereicherung der Einführung dar. Nach eingehenden Bemerkungen zur dialektalen Situation im mittelalterlichen Frankreich und hilfreichen Erläuterungen zu den Begriffen Regionalfranzösisch und patois werden in 7.1 zunächst die lautlichen Charakteristika der heute «noch bestehenden größeren dialektalen Zonen», nämlich dem pikardisch-wallonischen, dem normannisch-bretonischen, dem östlichen (lothringischen), dem zentralfranzösischen und dem frankoprovenzalischen Raum, aufgezählt und mit Beispielen illustriert. Nach einer minimalen historischen Orientierung wird anschließend das Standardfranzösisch Frankreichs mit den in Belgien und in der Schweiz gesprochenen Varietäten kontrastiert. Dabei werden für das belgische Französisch Merkmale auf lautlicher, lexikalischer, morphologischer und syntaktischer Ebene genannt und exemplifiziert. Bei den lexikalischen Besonderheiten wird zwischen Archaismen, Entlehnungen, Statalismen und Innovationen (letztere leider ohne Beispiele) unterschieden, die syntaktischen Besonderheiten zum Teil auf die «insécurité linguistique» der Belgier oder auf niederländische und deutsche Einflüsse zurückgeführt. Die Darstellung des Schweizer Französisch fällt wesentlich kürzer aus und betont vor allem die konservative Haltung in der Lautung, die es mit vielen anderen diatopischen Varietäten teilt. Auf syntaktischer und lexikalischer Ebene werden Parallelen zum belgischen Französisch erkennbar, außerdem erwähnen die Autoren auf dem Alemannischen beruhende Lehnkonstruktionen und auch hier wieder einige Statalismen. Der Darstellung der sprachlichen Besonderheiten des Québécois und des Akadischen gehen ebenfalls minimale Bemerkungen zur Geschichte, aber auch zur aktuellen Stellung des Französischen in Kanada voran. Bei den lautlichen wie auch bei den lexikalischen Charakteristika wird zwischen Archaismen und Regionalismen des französischen (Nord) westens, aus dem der Großteil der Einwanderer stammte, unterschieden. Außerdem werden Anglizismen, Lehnübersetzungen und das Phänomen der lautlichen und orthographischen Adaptierung von Lehnwörtern erwähnt. Die Besonderheiten auf morphosyntaktischer Ebene werden leider ausgeklammert. Dafür wird die Vermeidung von in Frankreich üblichen Anglizismen und die Gebräuchlichkeit femininer Berufsbezeichnungen wie écrivaine angesprochen - hier wäre noch ein kurzer Hinweis auf die sprachpolitische Situation in Québec wünschenswert. Von dem unter «Literaturhinweise» angegebenen, sehr zu empfehlenden Sammelband von Noel Corbett ist im Jahr 2000 eine zweite Auflage erschienen. Die in den dritten Hauptteil integrierten Aufgaben eignen sich gut für die Verwendung im Rahmen einer Einführungsveranstaltung, da sie zum Großteil dem Einüben des Gelernten und nicht dem Erwerb zusätzlichen Spezialwissens (wie viele der Aufgaben in den anderen Kapiteln) dienen. Positiv hervorzuheben ist auch, dass für einige Termini die französische Entsprechung angegeben wird. Allerdings sind die Gründe für die Auswahl der zu übersetzenden Begriffe nicht immer nachvollziehbar (warum wird, um nur ein Beispiel zu nennen, im Phonetikkapitel III.1.2.1.1 «Öffnungsgrad» übersetzt, «Artikulationsort, -art, -organ» aber nicht? ). 239 Besprechungen - Comptes rendus 1 Bei der vorletzten bibliographischen Angabe auf Seite 93 sind beim Namen Gauger die ersten beiden Buchstaben als große Kapitälchen gesetzt (GAuger), in Fußnote 19 heißt es versehentlich «Umstandsbestimmungstimmung», im mittleren Absatz der Seite 99 fehlt am Satzende «in höherem Maße operationalisierbar ist» ein Punkt und in Fußnote 21 vor Weinrich ein Komma. Als irritierend wird manch Leser die räumliche Trennung der Thematiken Morphologie und Wortbildung empfinden, zwischen denen das Kapitel zur Syntax eingefügt ist. Die Autoren begründen ihre Entscheidung unter anderem damit, dass bei der Komposition «kein - zumindest kein einfach erkennbares - morphologisches Verfahren wie bei der Derivation vorliegt». Außerdem werden im Kapitel zur Wortbildung auch syntaktische Ansätze zur Beschreibung von Ableitungen angeführt. Das im heutigen Französisch, besonders in der Jugendsprache sehr produktive Verfahren der Trunkierung (Apokope und Aphärese) wird im Kapitel zur Wortbildung nicht erwähnt; erst in IV.11.4 tauchen hierzu einige Beispiele unter der Bezeichnung «Abkürzung» auf. Im Abschnitt zur Semantik fehlen wichtige Grundbegriffe wie Denotation und Konnotation, außerdem grundlegende Ansätze zur Bedeutungsbeschreibung wie die Komponentialsemantik/ Semanalyse und die Prototypensemantik. Daneben könnte, wie in anderen Einführungen üblich, die diachrone Beschreibung der Wörter grève (‘Ufer’, ‘Streik’) und voler (‘fliegen’, ‘stehlen’) als Polysemien ergänzt werden. Schade ist auch, dass die Einführung kein Kapitel zur Pragmatik enthält und wichtige Entwicklungen der Sprachwissenschaft seit den 60er Jahren völlig ausklammert. Der vierte Hauptteil ist der - wie schon erwähnt recht ausführlichen - Schilderung der Entwicklung vom Vulgärlatein zum heutigen Französisch gewidmet. In diesem Kapitel fallen einige formale Unzulänglichkeiten des Buches besonders ins Auge. Dies betrifft zum Beispiel die Untergliederung in teilweise nicht überschriebene Abschnitte, die auch in anderen Bereichen des Buches vorkommt (cf. z. B. II). Da nur die Kapitel mit Überschrift in das Inhaltsverzeichnis aufgenommen wurden, findet man dort z. B. unter IV.6 lediglich den Abschnitt 6.3.1 und unter IV.7 nur den Abschnitt 7.3, was die Orientierung erschwert. Außerdem fehlen Unterpunkte wie z. B. 6.1 und 6.3 (es gibt aber 6.1.1, 6.1.2 sowie 6.2.1- 6.2.4). Die Formatierung der Kapitelüberschriften lässt insgesamt zu wünschen übrig: in Kapitel IV.8, III.1.2 und III.4 (bis auf 4.1.3) sind auch die Überschriften der dritten Gliederungsebene (z. B. 8.2.1) zentriert gesetzt und zudem nicht fett gedruckt wie im Rest des Buches. Unter Überschriften der vierten Ebene ist manchmal eine Leerzeile und manchmal nicht, besonders auffällig ist dies z. B. auf den Seiten 88s. Auch die Mischung römischer und arabischer Ziffern kann als störend empfunden werden. Im allerletzten Abschnitt des Buches werden aktuelle Entwicklungen in der Aussprache, der Grammatik und im Lexikon des heutigen Französisch skizziert. Das Kapitel enthält auch knappe Informationen zur Sprachpolitik Frankreichs und zur Bildung französischer Ersatzwörter für englische Fachtermini. Bei den Literaturhinweisen sollte unbedingt Braselmann 1999 2 ergänzt werden. Der Name der auf Seite 241 erwähnten Délégation générale à la langue française wurde im Oktober 2001 um den Zusatz et aux langues de France (DGLFLF) erweitert. Das «Lehr- und Arbeitsbuch» soll der Verlagswerbung zufolge «einen problemlosen Einstieg in den sprachwissenschaftlichen Teil des Französischstudiums» ermöglichen. Meines Erachtens gibt es Einführungen (z. B. Stein 2005 3 oder, in französischer Sprache, Leclerc 1989 4 ), die diesem Anspruch besser gerecht werden. Für eine mühelose Einarbeitung in die Linguistik ist das vorliegende Buch zu unübersichtlich gestaltet und mit zu vielen Detailinformationen überfrachtet. Nichtsdestotrotz kann man das Buch fortgeschritteneren Studierenden der Romanistik gerade wegen seiner Informationsdichte zum Nachlesen einzel- 240 Besprechungen - Comptes rendus 2 P. Braselmann, Sprachpolitik und Sprachbewusstsein in Frankreich heute, Tübingen 1999. 3 A. Stein, Einführung in die französische Sprachwissenschaft, 2., akt. u. erw. Auflage, Stuttgart 2005. 4 J. Leclerc, Qu’est-ce que la langue? 2. Auflage, Laval 1989. ner Erklärungen empfehlen. Vielleicht können einige der formalen Unvollkommenheiten in der vierten Auflage, deren Erscheinen für den Herbst 2006 geplant ist, behoben werden. Sigrid Behrent ★ Pierre Enckell/ Pierre Rézeau, Dictionnaire des onomatopées. Préface de Jean-Paul Resweber, Nouvelle édition revue et augmentée, Paris (Quadrige/ PUF) 2005, 631 p. Seit der ersten Auflage 1 um etwa fünfzig Seiten angewachsen, ist vorliegendes Werk einer «parente pauvre» der Lexikographie gewidmet, den zumeist den Interjektionen zuzurechnenden Onomatopoetika (im folgenden: On.) des Typs atchi, clac oder meuh, für die bislang nur mehr oder minder popularisierende Spezialwörterbücher vorlagen 2 . Das Buch besteht im Wesentlichen aus fünf Teilen. Die Introduction (11-24) befasst sich mit der Definition, Geographie und Geschichte der On. sowie mit ihrer lexikographischen Behandlung, es folgen die Präsentation der Mikrostruktur der Wörterbuchartikel und das Siglenverzeichnis (25-30). Eine Besonderheit ist die ausgiebige onomasiologische Klassifikation der On. (31-88), die sich dadurch auszeichnet, dass sie neben dem Inventar des Wörterbuchteils, auf den verwiesen wird, eine Vielzahl von dort nicht erscheinenden Belegen aufführt. Der Hauptteil wird naturgemäß dem Wörterbuch (89-508) eingeräumt. Eine ebenfalls nicht alltägliche Dreingabe ist die vorrangig literarische Texte enthaltende «Petite anthologie onomatopéique» (509-45), die die Vitalität der On. in der Gegenwartssprache bezeugt. Beschlossen wird der Titel durch eine umfängliche Bibliographie (547-616) der Primär- und Sekundärquellen sowie durch zwei alphabetische Indices (617-29). Das Wörterbuch beruht auf einer expliziten metalexikographischen Reflexion, die vor allem Probleme der Graphie, der semantischen Beschreibung und der Belege thematisiert. Das Hauptproblem der Makrostruktur ist zunächst die Produktivität der On. in der Literatursprache oder ebenso im Sprachgebrauch der Comics oder des Internets; es gilt also eine Selektion des Inventars zu treffen. Als Kriterium für die Lexikalisierung ist hier der Nachweis bei mindestens zwei Autoren angesetzt worden. Die Auszählung von A-B (89- 146), also etwa eines knappen Achtels des Wörterbuchs, ergibt 47 Artikel, deren Gesamtzahl sich somit auf ca. 350 hochrechnen lässt - ein Inventar, das deutlich reichhaltiger ist als dasjenige des TLF. Überwiegend beinhaltet es generell verbreitete Elemente, lässt also Archaismen wie z. B. aga oder seltene Formen wie z. B. ahé aus, berücksichtigt aber in sehr begrenztem Maße Regionalismen. Die Grundfrage der Lemmatisierung ist der Umgang mit der formalen Varianz der On. Den Verfassern zufolge ist die frequenteste Form als Hauptlemma gewählt worden, wohingegen seltenere Varianten nur als solche nach dem Lemma genannt werden. Ob dieses Prinzip immer durchgehalten wurde, mag man sich zuweilen fragen, so im Falle von «ho ho Var. oh oh» (280 s.), wo eine Suche im Internet (Google, Mai 2006, nur frz. Fundstellen) ca. 435.000 Belege für oh oh, aber nur ca. 154.000 für ho ho erbringt 3 . Es gibt leider keine Ver- 241 Besprechungen - Comptes rendus 1 Paris 2003, 579 p. 2 Deren wichtigstes ist das hier als Quelle herangezogene Werk von J.-Cl. Trait/ Y. Dulude, Le dictionnaire des bruits, Québec 1989. Hinzugekommen, aber hier nicht berücksichtigt, ist zwischenzeitlich S. Fournier, Badaboum et autres onomatopées, Paris 2003. 3 Verfälscht wird dieses Resultat natürlich dadurch, dass eine rein formale Suche auch Resultate ermittelt, die überhaupt nichts mit diesem On. zu tun haben; dennoch darf man die Zahlenwerte als repräsentativ werten.
