Vox Romanica
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Francke Verlag Tübingen
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2006
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Kristol De StefaniPierre Enckell/Pierre Rézeau, Dictionnaire des onomatopées. Préface de Jean-Paul Resweber, Nouvelle édition revue et augmentée, Paris (Quadrige/PUF) 2005, 631 p.
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2006
Joachim Lengert
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ner Erklärungen empfehlen. Vielleicht können einige der formalen Unvollkommenheiten in der vierten Auflage, deren Erscheinen für den Herbst 2006 geplant ist, behoben werden. Sigrid Behrent ★ Pierre Enckell/ Pierre Rézeau, Dictionnaire des onomatopées. Préface de Jean-Paul Resweber, Nouvelle édition revue et augmentée, Paris (Quadrige/ PUF) 2005, 631 p. Seit der ersten Auflage 1 um etwa fünfzig Seiten angewachsen, ist vorliegendes Werk einer «parente pauvre» der Lexikographie gewidmet, den zumeist den Interjektionen zuzurechnenden Onomatopoetika (im folgenden: On.) des Typs atchi, clac oder meuh, für die bislang nur mehr oder minder popularisierende Spezialwörterbücher vorlagen 2 . Das Buch besteht im Wesentlichen aus fünf Teilen. Die Introduction (11-24) befasst sich mit der Definition, Geographie und Geschichte der On. sowie mit ihrer lexikographischen Behandlung, es folgen die Präsentation der Mikrostruktur der Wörterbuchartikel und das Siglenverzeichnis (25-30). Eine Besonderheit ist die ausgiebige onomasiologische Klassifikation der On. (31-88), die sich dadurch auszeichnet, dass sie neben dem Inventar des Wörterbuchteils, auf den verwiesen wird, eine Vielzahl von dort nicht erscheinenden Belegen aufführt. Der Hauptteil wird naturgemäß dem Wörterbuch (89-508) eingeräumt. Eine ebenfalls nicht alltägliche Dreingabe ist die vorrangig literarische Texte enthaltende «Petite anthologie onomatopéique» (509-45), die die Vitalität der On. in der Gegenwartssprache bezeugt. Beschlossen wird der Titel durch eine umfängliche Bibliographie (547-616) der Primär- und Sekundärquellen sowie durch zwei alphabetische Indices (617-29). Das Wörterbuch beruht auf einer expliziten metalexikographischen Reflexion, die vor allem Probleme der Graphie, der semantischen Beschreibung und der Belege thematisiert. Das Hauptproblem der Makrostruktur ist zunächst die Produktivität der On. in der Literatursprache oder ebenso im Sprachgebrauch der Comics oder des Internets; es gilt also eine Selektion des Inventars zu treffen. Als Kriterium für die Lexikalisierung ist hier der Nachweis bei mindestens zwei Autoren angesetzt worden. Die Auszählung von A-B (89- 146), also etwa eines knappen Achtels des Wörterbuchs, ergibt 47 Artikel, deren Gesamtzahl sich somit auf ca. 350 hochrechnen lässt - ein Inventar, das deutlich reichhaltiger ist als dasjenige des TLF. Überwiegend beinhaltet es generell verbreitete Elemente, lässt also Archaismen wie z. B. aga oder seltene Formen wie z. B. ahé aus, berücksichtigt aber in sehr begrenztem Maße Regionalismen. Die Grundfrage der Lemmatisierung ist der Umgang mit der formalen Varianz der On. Den Verfassern zufolge ist die frequenteste Form als Hauptlemma gewählt worden, wohingegen seltenere Varianten nur als solche nach dem Lemma genannt werden. Ob dieses Prinzip immer durchgehalten wurde, mag man sich zuweilen fragen, so im Falle von «ho ho Var. oh oh» (280 s.), wo eine Suche im Internet (Google, Mai 2006, nur frz. Fundstellen) ca. 435.000 Belege für oh oh, aber nur ca. 154.000 für ho ho erbringt 3 . Es gibt leider keine Ver- 241 Besprechungen - Comptes rendus 1 Paris 2003, 579 p. 2 Deren wichtigstes ist das hier als Quelle herangezogene Werk von J.-Cl. Trait/ Y. Dulude, Le dictionnaire des bruits, Québec 1989. Hinzugekommen, aber hier nicht berücksichtigt, ist zwischenzeitlich S. Fournier, Badaboum et autres onomatopées, Paris 2003. 3 Verfälscht wird dieses Resultat natürlich dadurch, dass eine rein formale Suche auch Resultate ermittelt, die überhaupt nichts mit diesem On. zu tun haben; dennoch darf man die Zahlenwerte als repräsentativ werten. weislemmata, stattdessen haben sich die Autoren für ein Register entschieden, was für den Benutzer das doppelte Nachschlagen bei nicht als Lemma gewählten Formen mit sich bringt. Die Mikrostruktur zeichnet sich durch ihre Reichhaltigkeit und ihre durchweg standardisierte Struktur aus: jedes On. wird paraphrasierend in seiner Semantik beschrieben und durch ein häufig sehr umfangreiches (in größeren Artikeln leicht über die Zahl von 20 hinausgehendes) Inventar von Belegen illustriert, die zum Teil nach unterschiedlichen kontextuellen Phänomenen intern gegliedert sind. Es folgen partiell eine oder mehrere «Remarques», die beispielsweise über Varianten informieren; beschlossen wird jeder Artikel durch einen historischen Kommentar (Erstbelege) und Verweise auf lexikographische Quellen. Divergente Bedeutungsnuancen und auch Formvarianten werden durch Nummerierung voneinander abgehoben.Auf diese Weise kommt ein Wörterbuch zustande, das die On. erstmals in einer informativen und methodisch elaborierten Form darstellt. In die Mikrostruktur sind nicht lautmalerisch motivierte Bedeutungen nicht integriert worden, so fehlt s. aou ‘bruit de l’aboiement d’un chien’ (92s.) die in TLF 2: 252 s. ahou notierte Bedeutung ‘Exclamation de douleur . . . ’ (cf. anders s. aïe (91)); vernachlässigt worden sind ebenfalls semantische Nuancen, z. B. ibid. ‘ . . . onomatopée imitant le bâillement . . . ’ und ‘Onomat. imitant le grognement d’un ours’. Die Frage ist zudem, ob den On. des Typs cht, chcht ‘sert à inciter qqn. à baisser la voix’ (« . . . à quoi répondait Miquette que selon madame Maillard il y avait un fait nouveau mais chcht je vous le confierai une autre fois . . . », R. Pinget, La Libera, Paris 1984: 99), die nicht «lautmalend» in einem restriktiveren Sinne sind, nicht stärkeres Augenmerk geschenkt werden sollte. Hier wäre also vielleicht in einer weiteren Neuauflage noch einiges hinzuzufügen bzw. die Behandlung der Bedeutungsnuancen zu vereinheitlichen. Manche Informationen sind nur den Zitaten zu entnehmen wie z. B. s. badaboum (99s.) neben dem Gebrauch als Interjektion die Substantivierung badaboum, s. m. In solchen Fällen könnte die Binnengliederung der Artikel im Sinne von mehr Explizitheit ausgebaut werden. Die von den Autoren in Vorwie Nachwort trefflich belegte Kreativität der On. macht es immer leicht, Ergänzungen vorzubringen oder vermeintliche Lücken zu monieren, aber eine solche Kritik bleibt letzten Endes sicher beliebig. Daher seien hier nur einige willkürliche Hinweise getroffen, die nicht als Korrekturen, sondern als Vorschläge zu verstehen sind (deren «helvetischer» Charakter ihrer potentiellen Relevanz für ein standardfr. Wörterbuch vielleicht keinen Abbruch tut . . .): bouaf ‘bruit d’un moteur qui démarre’ («Braisette, bois par-dessus, ventilateur, zzzzzzz, et broum, bouaf, broum, ça se met en marche . . . » J.-F. Deppierraz, Le huitième jour, Lausanne 1985: 70; ad bou bou 2 Graphie auch bouh («Haou, Bouh, Ouaf, la meute a découvert Jean-Jean.», W.-A. Prestre, La Lumière qui tue, Neuchâtel 1934: 129); ad clap Bedeutung auch ‘bruit qu’on fait avec des chaussures, etc., en marchant’ («Et l’on entend dans l’escalier le clap-clap de ses mules à talons de bois. Il lui faut son clap-clap qui l’annonce . . ., malgré les reproches de son mari . . . » P. Ancenis, Le Bon Dieu de l’Enfance, Neuchâtel 1974: 22); ad clouc (s. cloc) Bedeutung auch ‘bruit produit par un objet qui tombe à l’eau’ («Ça a fait: clouc! dans l’eau; il y avait la pierre; j’ai vu encore un petit peu descendre, par l’effet de la transparence, le sac et le petit dedans . . . » C. F. Ramuz, Le Règne de l’Esprit malin, Lausanne 1967[1917]: 138 [Œuvres complètes, 8]); ad crr-crr 2 Var. cra cra Graphie auch crah und Bedeutung ‘croassement du corbeau’ («Bref, un beau dimanche matin, Papa sortit devant nos yeux sidérés son fusil de chasse et, le mettant en joue: «Crah! », le corbeau tomba raide au pied de l’arbre . . . » Ch. Bonnard, Le Puzzle de mon Enfance . . ., Lausanne 1968: 34); ad ding dong weiteres Derivat ding-donner («Je vais au hasard, d’un bon troupeau ding-donnant à un troupeau paisible» A.-L. Grobéty, Infiniment plus, La Tour-de-Peilz 1989: 144); ad fla graphische Variante flâ («Flââââ . . . La pile d’assiettes était à terre.» M. Chevallaz, La petite Frida, Lausanne 1978: 18); ad frrt 242 Besprechungen - Comptes rendus Variante frout okkasionell auch von Lebewesen («À peine eut-elle entrebaîllé [sic] la porte, que frrrout! les souris et leur Roi s’enfuirent de tous côtés en poussant des cris d’effroi.» S. C. Bille, La Maison Musique, Lausanne 1977: 161); hep ‘marque un mouvement rapide’ (gehört als Variante zu hier registriertem hop, im folgenden Kontext als Aufforderung zur Handlung [bei einer Zollkontrolle]: «Je n’ai pas passé en douce des montres suisses, je n’ai pas introduit à Kerkennah de l’opium ou de la coca. Hep! Cherche! » G. Cherpillod, La Nuit d’Elne, Lausanne 1985: 90). Das Wörterbuch des Autorengespanns ist methodisch gesehen die erste modernen Qualitätsansprüchen genügende lexikographische Darstellung dieses marginalen Sektors der fr. Lexik. Wer immer sich mit dieser Thematik befasst, wird es als Standardwerk heranziehen, das in seiner Informationshaltigkeit selbst Großwörterbüchern wie GLLF, GR und TLF überlegen ist. Joachim Lengert ★ Frédéric Darbellay, Interdisciplinarité et transdisciplinarité en analyse des discours. Complexité des textes, intertextualité et transtextualité. Genève (Slatkine) 2005, 404 p. Der Titel von Darbellays 2005 erschienenem Band ist im Detail zu lesen und zu verstehen. In seiner Monographie widmet der Autor sich dem immer noch recht diffusen Feld der (linguistischen oder auch literarischen) Diskursanalyse, wobei er versucht, diese Wissenschaftsdisziplin auf einen zeitgemäßen Nenner zu bringen. Dabei werden die zu analysierenden discours im Plural verstanden, was exhaustiv begründet wird. Zudem ist die Diskursanalyse zwar das hinter allem stehende tertium comparationis, doch behandelt das Werk nicht nur sie, sondern ebenso die vorangestellten Paradigmen der Interdisziplinarität und der Transdisziplinarität. Die Diskursanalyse wird in Abhängigkeit dieser wissenschaftlichen Methoden verstanden. Übertragen auf das vorrangig analysierte Material der Texte gelten deren Komplexität, Intertextualität und Transtextualität als Basis für die hier entwickelte Theorie. Jeder im Titel aufgeführte Begriff ist also programmatisch zu verstehen und erfährt im Text eine ausführliche Herleitung und Definition. Das Buch ist gegliedert in ein Vorwort, eine Einleitung und zwei Hauptteile, von denen jeder in vier Kapitel unterteilt ist. An eine conclusion schließt sich eine ausführliche, Primär- und Sekundärliteratur getrennt aufführende etwa 50-seitige Bibliographie an. Bereits im Vorwort wird deutlich, dass die Begriffe interdisciplinarité und transdisciplinarité logisch dem Komplex der Diskursanalyse übergeordnet sind. Sie sind für Darbellay nicht nur Methode, sondern wissenschaftliches Prinzip, das es zu verteidigen gilt. Als Anschauungsobjekt der «vision disciplinaire» einerseits und der «vision interet transdisciplinaire de la connaissance» andererseits eigne sich besonders die Analyse der Diskurse und der Kommunikation (12). Wenn Darbellay sich auch bereits hier als Verfechter der letztgenannten Vision zeigt, so legt er doch zugleich einen Grundsatz fest: «toute pratique de recherche et d’enseignement interet transdisciplinaire est amenée à se construire sur et à partir des disciplines existantes» (13). Die connaissance interet transdisciplinaire sieht sich dem Autor zufolge im heutigen Wissenschaftsalltag vier Arten von Hindernissen (obstacles) gegenüber: wissenschaftlichen, institutionellen, psycho-soziologischen und kulturellen Hindernissen. Dies wird am Beispiel der Diskursanalyse im Vorwort kurz angerissen. Auf S. 16 wird auf die Diskursanalyse französischer Prägung nach Foucault sowie auf die vor allem im angelsächsischen Bereich dominante Critical Discourse Analysis nach van Dijk verwiesen; der Verfasser (Vf.) als Schweizer und Kind der Genfer Schule erweist sich jedoch im Verlaufe des Textes eher als Vertreter der ersteren. 243 Besprechungen - Comptes rendus