eJournals Vox Romanica 66/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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2007
661 Kristol De Stefani

Nikolaus Schpak-Dolt, Einführung in die französische Morphologie. 2, neu bearbeitete Auflage, Tübingen (Niemeyer) 2006, 156 p.

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2007
Goranka  Rocco
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Nikolaus Schpak-Dolt, Einführung in die französische Morphologie. 2, neu bearbeitete Auflage, Tübingen (Niemeyer) 2006, 156 p. Ziel dieser Einführung ist es, eine am Strukturalismus amerikanischer Prägung orientierte Zusammenstellung der Inhalte zu bieten, die, wie es im Vorwort heißt, «ein Romanist unbedingt beherrschen sollte». Den Veränderungen im Vergleich zur Erstauflage, z. B. der Umgliederung (die Flexion wird in der zweiten Auflage vor der Wortbildung behandelt), der stellenweisen Straffung, sprachlichen Vereinfachung und Wahl treffenderer Beispiele liegen z. T. didaktisch-methodische Überlegungen zugrunde, v. a. der Wunsch nach mehr Klarheit, Verständlichkeit und didaktischer Progression. Darüber hinaus sind ebenso begrüßenswerte und gelungene Erweiterungen der Darstellungen zur Morphophonemik (1.8) und Komposition (5) und das neu hinzu gekommene Kapitel zur Parasynthese (4) zu erwähnen. Das Buch gliedert sich in drei Hauptteile: I «Grundlagen der strukturellen Morphologie» (3-39), II «Flexion» (41-77) und III «Wortbildung» (79-142) mit jeweils sechs bis sieben Aufgaben zu jedem Hauptteil (39, 77, 142) und zwei Beispielen für morphlogische Zerlegungsansätze im Anhang (143-47). Der erste Teil widmet sich der Definition und Abgrenzung der Basisbegriffe und führt auf progressive und auch für Anfänger sehr verständliche und übersichtliche Weise die sprachwissenschaftlichen Termini wie Formenlehre, Wortbildungslehre, sprachliche Form, Morph, Morphem, Distributionsanalyse, Allomorph, Basisallomorph, freie, phonologisch und morphologisch bedingte Alternation, grammatisches und lexikalisches Wort ein. Der zweite Abschnitt des ersten Teils geht zum einen auf die verschiedenen Verwendungsweisen des Terminus «Wort» und die terminologische Unterscheidung zwischen dem lexikalischen und dem grammatischen Wort ein; zum anderen werden hier verschiedene Morphemtypen (unter Berücksichtigung des Problems der Abgrenzung zwischen «frei» und «gebunden» in der gesprochenen und geschriebenen Sprache) und Typen von Affixen vorgestellt. Das Hauptanliegen des dritten und letzten Abschnitts ist es, die hierarchische Struktur der Morphemverkettungen und die Prinzipien der Zerlegung in unmittelbare und mittelbare Konstituenten an Beispielen zu verdeutlichen. Im zweiten Teil wird nach einer Klärung der Begriffe «Flexionsschema» und «Paradigma» auf grammatische Kategorien eingegangen, die, um Mehrdeutigkeiten zu vermeiden, in Anlehnung an Hockett in generische und spezifische (z. B. Sg./ Pl.) Kategorien (z. B. generisch: Numerus, spezifisch: Sg./ Pl.) unterteilt werden. Im Anschluss daran wird gezeigt, durch welche Kategorien Substantive, Adjektive und Verben des Französischen gekennzeichnet sind und wie diese Kategorien im code graphique und im code phonique ausgedrückt werden. Besonders ausführlich wird auf die verbale Flexion eingegangen: Im 4. Abschnitt werden die grammatischen Kategorien finiter und infiniter Verbformen, die Prinzipien der Verbklassifikation und die Zerlegungsmöglichkeiten verschiedener verbaler Formen dargelegt und das herkömmliche Konzept der Regelmäßigkeit revidiert, indem die Differenzierung zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Tempusbildung als Alternativvorschlag zur traditionellen Unterscheidung zwischen regelmäßigen und unregelmäßigen Verben formuliert wird. Im dritten, der Wortbildung gewidmeten Teil der Einführung werden zunächst Derivation, Komposition und Wortkürzung als Hauptverfahren der Wortbildung definiert, auch hier nicht ohne Hinweis auf andere Klassifizierungssansätze (z. B. Konversion als eigenes Wortbildungsverfahren, semantisch begründete Klassifikation). Die Grundbegriffe «Simplex», «Derivat» und «Kompositum» werden ausgehend von Beispielen der Konstituentenanalyse erläutert. Darüber hinaus geht der Verf. auf mehrere interessante Fragen der Wortbildung ein: auf das Problem der Bestimmung der Derivationsbasis, die fließenden 336 Besprechungen - Comptes rendus Übergänge zwischen «motiviert» und «demotiviert», die Frage der formalen Zerlegbarkeit bei nicht mehr eindeutig erkennbaren Morphemgrenzen und die Stellung der Derivata und Komposita aus diachronischer Perspektive. Im Anschluss an diesen einführenden Abschnitt wendet sich der Verf. der Suffigierung (III. 2), Präfigierung (III. 3), Parasynthese (III. 4) und Kompositon (III. 5) zu. Nach einem Überblick über phonologisch und morphologisch bedingte Alternationen bei Derivationsbasen und Suffixen, über volkstümliche und gelehrte Ableitung und über Nullsuffigierung wird im Abschnitt «Suffigierung» eine Auswahl von Derivationssuffixen gegeben, die nach Wortart klassifiziert (Substantivderivation mit Unterklassen: deverbale, deadjektivische, denominale Ableitungen; Adjektiv-, Adverb- und Verbderivation mit jeweiligen Unterklassen) und mit zahlreichen Beispielen und Kommentaren zu Funktionen, Varianten, Ursprung (gelehrt/ volkstümlich) und Produktivität der einzelnen Suffixe und zu den Bildungsvoraussetzungen und -regularitäten versehen werden. Der Abschnitt «Präfigierung» beschäfigt sich vordergründig mit den Besonderheiten der Präfigierung gegenüber der Suffigierung (z. B. Kombinierbarkeit der französischen Suffixe und Präfixe mit unterschiedlichen Wortarten, formale Veränderungen der Derivationsbasis bei der Suffigierung und Präfigierung) und der Frage der Abgrenzung gegenüber der Komposition, deren Komplexität durch die Darlegung der verschiedenen sprachwissenschaftlichen Standpunkte und durch die Tatsache, dass der Verf. seine ursprüngliche Ansicht revidiert, bestens veranschaulicht wird: Anders als in der ersten Auflage, in der die analysierten Ableitungsbeispiele mit sur, sous, entre und contre als Komposita interpretiert wurden, bezeichnet der Verf. sur, sous, entre und contre hier als zu Präpositionen homonyme Präfixe und die abgeleiteten Verben dementsprechend als Derivate. Auch dieser Abschnitt endet mit einer kommentierten Auswahl der französischen Präfixe. Im Abschnitt «Parasynthese» erörtert der Verf. das in der Literatur als Bedingung für die Zuordnung eines Derivats zu den Parasynthetika betrachtete Kriterium der gleichzeitigen Anfügung eines Suffixes und eines Präfixes und überprüft anschließend die Annahme parasynthetischer Bildungen bei Substantiven, Adjektiven und Verben. Als Fazit hält er fest, dass die Parasynthese nur bei der Derivation von Verben eine bedeutende Rolle spielt, und gibt einen kurzen Überblick über die an der Parasynthese beteiligten Präfixe und die Konjugationsklassen, denen aus Substantiven, Adjektiven und Verben gebildete verbale Parasynthetika tendenziell angehören. Der fünfte und letzte Abschnitt des III. Teils definiert zunächst das Verfahren der Komposition, analysiert anhand einer Reihe von Beispielen die Frage der Abgrenzung gegenüber der syntaktischen Fügung und untersucht die Komposita hinsichtlich der Relationen zwischen Gesamtwort und Kompositionsgliedern (endozentrisch vs. exozentrisch, determinativ vs. kopulativ). Der Abschnitt endet mit einer kleinen Auswahl von volkstümlichen und gelehrten Bildungen. Bereits bei der Lektüre der ersten Seiten fällt auf, dass der Verf. eine besonders klare und verständliche Darstellung anstrebt: die Definitionen der für die Studienanfänger erfahrungsgemäß abstrakten und schwierigen Inhalte werden an zahlreichen Beispielen illustriert (z. B. Abschnitt 1.3. «Morph und Bedeutung», p. 7s.: Hier verdeutlicht der Verf. die Inhalte zweier Definitionen des Morphs anhand der Gegenüberstellung der Segmentierungsmöglichkeiten, die sich aus den unterschiedlichen Definitionen des Morphs ergeben). Bei den Ausführungen wird durchgängig der Unterschied zwischen der gesprochenen und geschriebenen Sprache beachtet. Um die Übersichtlichkeit der Ausführungen nicht mit komplexen oder besonders umstrittenen Zerlegungsmöglichkeiten zu belasten, werden einige Analyseansätze aus den jeweiligen Kapiteln ausgegliedert: So wird im Anhang ausführlich auf die Möglichkeiten der morphologischen Analyse am Beispiel des Futurs, des Passé Simple und der gelehrten Ableitungen eingegangen. 337 Besprechungen - Comptes rendus Für den Einsatz dieses Buchs in sprachwissenschaftlichen Seminaren und Einführungen spricht auch die konsequente Berücksichtigung terminologischer und definitorischer Divergenzen in der Literatur (vgl. z. B. die Anmerkungen zu «Morphem» und «Monem» auf p. 9, zu «Lexem», «lexikalisches Wort» und «lexikalisches Morphem» auf p. 24, zu den Definitionen von «frei» und «gebunden» auf p. 26). Wünschenswert für die nächste Auflage wären mehr Aufgaben - etwa am Ende jedes der insgesamt zwölf großen Abschnitte -, und mehr Beispiele aus anderen, insbesondere romanischen Sprachen (oder z. B. Verweise auf die Einführung in die Morphologie des Spanischen von Schpak-Dolt), die zu einem vertieften Verständnis der dargestellten Formen und Funktionen und zu einem erweiterten, umfassenden Blick auf viele dargestellte Phänomene (z. B. Allomorphie, Suppletion, Alternation zwischen volkstümlichen und gelehrten Ableitungsformen) führen würden. Dadurch könnte dieses didaktisch-methodisch durchdachte und empfehlenswerte Buch noch mehr zur Herausbildung des sprachanalytischen Vermögens der Studienanfänger beitragen. Goranka Rocco ★ Marianne Kilani-Schoch/ Wolfgang U. Dressler, Morphologie naturelle et flexion du verbe français, Tübingen (Narr) 2005, 243 p. (Tübinger Beiträge zur Linguistik 488) Die hier zu besprechende Arbeit verknüpft eine Revision der Natürlichkeitstheorie (cf. Kap. I, 17-116) mit deren Anwendung auf die französische Verbalmorphologie (mit dem Schwerpunkt der synchronen Betrachtung, Kap. II, 117-229). Die dem ersten Hauptkapitel vorausgehende Einführung (13-16) betont die Notwendigkeit, psycholinguistische Erkenntnisse in die Entwicklung der Theorie einzubinden, und gibt gleichzeitig einen kurzen Abriss über die Geschichte der Natürlichkeitstheorie. Die auch schon in früheren Arbeiten betonte Dreigliederung in eine universal, eine typologisch und eine einzelsprachlich bezogene Natürlichkeitstheorie ist auch in dieser Fassung dominant - der Begriff der Natürlichkeit wird durch denjenigen der Präferenz z. T. ersetzt (mit Natürlichkeit als primär die einzelsprachliche Ebene betreffend). Der Band schließt mit einer Zusammenfassung (217- 19), einer ausführlichen Bibliographie (221-38) und einem Index (239-43). Aufgrund der nur indirekten Beziehung zwischen kognitiver Basis und (einzel-)sprachlichem Phänomen lässt sich die Struktur des morphologischen Zeichens als über das Konzept der Markiertheit motiviert betrachten. Eine Präzisierung und Gewichtung des Konzepts wird durch die Einbindung unterschiedlicher - weitgehend kognitiv fundierter - Parameter erzielt, die zum größeren Teil bereits in früheren Fassungen der Theorie diskutiert wurden (hier benannt als Prinzipien a) des konstruktionellen Ikonismus, b) der Uniformität und c) der Transparenz (wiederum auf demjenigen der Uniformität basierend), sowie einzelsprachlich bezogen d) der Systemangemessenheit), die hier allerdings ergänzt bzw. genauer, v. a. hinsichtlich der Interdependenzen unterschiedlicher Parameter beleuchtet werden. Für die hier formulierte Theorie werden sieben - weitgehend aus vorherigen Fassungen der Natürlichkeitstheorie bekannte - Parameter formuliert und diskutiert, von denen universelle Präferenzen abgeleitet werden. Die jeweilige Basis ist angelegt in kognitiven Mechanismen der Perzeption und des Gedächtnisses, der neuronalen Organisation der Informationsvermittlung. Die gestaltpsychologischen Größen Figur und Grund etwa werden aufgrund der ihnen inhärenten Kontrastierungsmöglichkeit für die Differenzierung zwischen Basis und Affix als erster Parameter herangezogen (allerdings auf die Länge der jeweiligen Morphe bezogen). In diesem Kontext wird die Interaktion mit dem Ikonizitätsparameter betont - bei 338 Besprechungen - Comptes rendus