Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2010
691
Kristol De StefaniGeorg Bossong, Die romanischen Sprachen. Eine vergleichende Einführung, Hamburg (Buske) 2008, 379 p. + CD
121
2010
Yvonne Stork
vox6910250
due articoli programmatici pubblicati nella rivista Cultura Neolatina. In essi veniva auspicata un’apertura della disciplina in nome di un mutamento generalizzato nel clima intellettuale. Viene inoltre richiamato il parere di Vàrvaro al XIX CILFR nel 1989 a Santiago di Compostela. Vàrvaro si era soffermato sul problema di come delimitare gli ambiti tematici per evitare la frammentazione dei campi di ricerca, da cui la necessità di presentazioni globali, lavori di gruppo e di un diretto contatto tra teoria e testo. Altrimenti detto, ci si muove verso una filologia romanza unitaria, e/ o possibilmente un’unità nella diversità. Il volume di Holtus e Sánchez Miret è anche corredato di una ricchissima bibliografia, importante ed aggiornata che documenta in maniera esemplare i lavori e le direzioni di ricerca nella romanistica di oggi. Questi ed altri spunti interessanti sono forniti da Holtus e Sánchez Miret, due comparativisti di qualità che, con una grande riflessione metodologica, hanno avvicinato in questo volume la linguistica comparativa a problemi oggettivi. Al volume di Holtus e Sánchez Miret non si può dunque che augurare la più grande utilizzabilità, anche come manuale istituzionale per la linguistica romanza. Michela Russo ★ Georg Bossong, Die romanischen Sprachen. Eine vergleichende Einführung, Hamburg (Buske) 2008, 379 p. + CD Bossongs Einführung in die romanischen Sprachen ist ein primär typologisch ausgerichtetes vergleichendes Werk, bei dem die synchrone Perspektive dominiert. Dem Verf. geht es um eingehende Portraits der einzelnen romanischen Sprachen und nicht um eine Einführung in Fragestellungen und Methoden der Disziplin Romanistik. Für die Porträts werden auch sprachexterne Faktoren (Verbreitung, Sprecherzahl, soziopolitischer Status der verschiedenen Sprachen) herangezogen. Zielgruppe sind in erster Linie Romanistikstudenten, daneben Studenten anderer Philologien, aber auch «gebildete Laien» (9). Bossong möchte «linguistische Allgemeinbildung» vermitteln und gleichzeitig «Freude an der faszinierenden und schönen Welt der romanischen Sprachen wecken» (10s.). Beides gelingt ihm, Letzteres unbedingt, doch was das Vermitteln von linguistischer Allgemeinbildung betrifft, wird dem linguistisch nicht vorgebildeten Leser zum Teil zu viel abverlangt 1 . Nach dem knappen Vorwort (7-11), in dem Bossong die enorme Bedeutung der romanischen Sprachen hervorhebt, widmet sich der Autor im Einleitungskapitel (13-47) nach einem kurzen Abschnitt «Die romanische Sprachfamilie: genealogisch und kulturell» (13-16) ausgiebig dem Thema «Die romanischen Sprachen: wie viele und welche? » (16-30). Er diskutiert ausführlich, wieso die Frage nach der Zahl der romanischen Sprachen nicht eindeutig beantwortet werden kann. In diesem Zusammenhang behandelt er auch eingehend die schwierige Abgrenzung von Sprache und Dialekt, für die er auf die Kriterien Ausbau, Abstand und Sprecherbewusstsein zurückgreift. Er entscheidet sich, neun Sprachen (Portugiesisch, Spanisch, Katalanisch, Okzitanisch, Französisch, Rätoromanisch, Italienisch, Sardisch und Rumänisch) in einzelnen Kapiteln vorzustellen, wobei er darauf hinweist, dass die Festlegung auf neun Sprachen unweigerlich eine gewisse Willkür birgt. Nicht berück- 250 Besprechungen - Comptes rendus 1 M. E. geht Bossong, der seit 1994 in der Schweiz lehrt, von falschen Voraussetzungen aus. Er nimmt an, dass «allen Lesern das Französische vertraut sein dürfte» (43). De facto gibt es aber in den letzten Jahren, zumindest in Deutschland, immer mehr Studierende der Romanistik ohne Französischkenntnisse. Und für Studierende anderer Philologien sowie für gebildete Laien, Bossongs andere Zielgruppe, gehört das Französische heute erst recht nicht mehr zum «obligatorischen Kanon». sichtigt werden die «dachlose Abstandssprache» (29) Frankoprovenzalisch, das ausgestorbene Dalmatisch und das Galicische. Die Entscheidung Bossongs, Galicisch als «Kulturdialekt des Portugiesischen» (52) einzustufen und nicht als eigene romanische Sprache zu berücksichtigen, ist hier sicherlich die heikelste, was Bossong selbst freimütig einräumt. Es ist allerdings nicht so, dass man über das Galicische wegen seines Status «Kulturdialekt» nur spärliche Informationen erhalten würde. Im Kapitel über das Portugiesische finden sich längere Passagen zum Galicischen, sowohl zu seiner historischen Entwicklung als auch zu seiner aktuellen Situation. Erwähnt wird das Galicische auch in den Abschnitten über das Spanische, das Katalanische und das Okzitanische (ein Sprachenregister erleichtert das Auffinden dieser Informationen). Im dritten Teil der Einleitung werden «Die 16 Kriterien» (31-47) vorgestellt, anhand derer Bossong die romanischen Sprachen vergleicht und für jede Sprache ein spezifisches Profil erstellt. Die ersten drei Kriterien betreffen externe Merkmale: es geht um die Verbreitung der jeweiligen romanischen Sprache, die Sprecherzahl und den Status, den diese Sprache in einem Land hat, ob sie also offizielle, kooffizielle oder minoritäre Sprache ist. Es folgen dreizehn interne Merkmale aus den Bereichen Phonetik/ Phonologie und Morphosyntax, die laut Bossong in sprachtypologischer Hinsicht aufschlussreich sind. Die ersten fünf sind phonetische Merkmale. Im einzelnen sind es das System der Oralvokale - Bossong interessiert sich diesbezüglich für die Zahl der typologisch unmarkierten Vokale, die Zahl der gerundeten Vorderzungenvokale und die Zahl der Mittelzungenvokale -, des weiteren die Nasalvokale, die grundsätzlich typologisch markiert, d. h. «synchronisch minoritär und diachronisch instabil» (36) sind und das Akzentsystem. Während der Akzent im Lateinischen nicht bedeutungsunterscheidend war, ist er in den romanischen Sprachen, abgesehen vom Französischen, bedeutungsunterscheidend, wobei die Zahl der Akzentplätze in den verschiedenen Sprachen differiert. Ein weiteres Kriterium ist die Geminierung. Die im Lateinischen häufig anzutreffende Längung von Konsonanten ist in den romanischen Sprachen nicht völlig verschwunden, einige Sprachen weisen sogar «Ansätze zur Weiterentwicklung der konsonantischen Quantität» (37) auf. Das letzte Kriterium aus dem Bereich Phonetik/ Phonologie ist die Palatalisierung, wobei Verf. sich auf die Palatalisierung von lateinischem / k/ und / g/ vor / e/ und / i/ , mitunter auch vor / a/ konzentriert. Da das palatalisierte / k/ in den verschiedenen romanischen Sprachen unterschiedlich weit nach vorne gerückt ist, betrachtet Verf. auch dieses Kriterium als geeignet für einen Vergleich der verschiedenen Sprachen. Es folgen Kriterien aus dem Gebiet der Morphosyntax. Hier geeignete Parameter zu finden, ist nicht so einfach, da viele Merkmale in allen romanischen Sprachen vorkommen und somit nicht für eine interne Klassifikation herangezogen werden können. Bossong entscheidet sich schließlich für acht Kriterien, von denen vier das Nominal-, zwei das Verbalsystem und zwei die Pronomina betreffen. Im nominalen Bereich analysiert er die Relikte der lateinischen Kasus in den romanischen Sprachen sowie die differentielle Objektmarkierung (DOM). Dieses - auch in vielen nicht-romanischen Sprachen anzutreffende - Mittel, mit Hilfe einer Präposition zwischen Subjekt und Objekt zu unterscheiden (wobei indefinite Objekte und in der Belebtheitsskala niedriger anzusiedelnde Objekte unmarkiert bleiben), wird in vielen romanischen Sprachen nach dem Abbau des Kasussystems entwickelt. Die beiden anderen Kriterien aus dem nominalen Bereich sind der bestimmte Artikel und der Partitiv, beides Phänomene, die im Lateinischen unbekannt waren. Bezüglich des bestimmten Artikels interessiert sich Bossong für dessen Form und Stellung in den diversen romanischen Sprachen. Der Teilungsartikel ist seiner Ansicht nach deshalb für eine typologische Einordnung relevant, weil er nur in einigen romanischen Sprachen vorhanden ist; im allgemeinen verfügen gerade die romanischen Sprachen über einen Teilungsartikel, die keine DOM aufweisen. Das erste Kriterium aus dem verbalen Bereich ist das Präteritum. Hier geht es Bossong vor allem darum, das Verhältnis von aoristischen, aus 251 Besprechungen - Comptes rendus dem Lateinischen geerbten Perfektformen und zusammengesetzten Perfektformen, die in den romanischen Sprachen neu gebildet wurden, darzulegen, wobei die in einigen Sprachen zu beobachtende Verdrängung der aoristischen durch zusammengesetzte Formen die wichtigste Entwicklungslinie ist. Ein weiteres Merkmal aus dem Bereich der Verben sind die Auxiliarien. Während in einigen romanischen Sprachen, z. B. Italienisch und Französisch, das zusammengesetzte Perfekt mit den Fortsetzern von esse «sein» und habere «haben» gebildet wird, haben andere Sprachen, wie Spanisch und Rumänisch, den Fortsetzer von «haben» verallgemeinert. Letztere Entwicklung führt im allgemeinen dazu, dass das Partizip unveränderlich wird. Den Abschluss bilden zwei Kriterien aus dem Bereich der Pronomina, nämlich die Subjektklitika und die Anredeformen. Klitisierungsprozesse sind ein nahezu universal anzutreffendes Phänomen. Subjektklitika sind in der Romania im Französischen und im Gallo- Italienischen, teilweise auch im Rätoromanischen und im Korsischen zu finden, in den anderen Teilen der Romania sind sie unbekannt. Die Besonderheit beim letzten Merkmal, «Anredeformen», ist, dass hier Sprach- und Sozialgeschichte hereinspielen. Während es noch im klassischen Latein keine spezielle Höflichkeitsanrede gab, verfügen die romanischen Sprachen über Systeme mit zwei, zum Teil, wie im Fall des Portugiesischen, des Rumänischen und des Sardischen, auch mehr als zwei Höflichkeitsstufen. Die Auswahl der sechzehn Kriterien scheint mir absolut plausibel und sehr gut begründet. In bezug auf die morphosyntaktischen Kriterien nimmt Verf. schon einige Ergebnisse vorweg, doch dies geschieht vermutlich aus dem Bemühen heraus, möglichst stichhaltig zu erklären, warum gerade diese Kriterien für einen typologisch ausgerichteten Vergleich der romanischen Sprachen geeignet sind. Auf das Einleitungskapitel folgen neun Kapitel, in denen jeweils eine romanische Sprache genauer porträtiert wird. Bossong beginnt mit seinen Porträts in Westeuropa und wandert dann gen Osten. Jedes Kapitel beginnt mit einem Abschnitt «Präsentation und externe Sprachgeschichte», bevor der Autor auf die sechzehn Kriterien eingeht. Im Prinzip sind die Darstellungen der einzelnen romanischen Sprachen rundum überzeugend. In manchen Punkten kann man geteilter Meinung sein: Eine vergleichend angelegte Einführung lebt natürlich davon, dass immer wieder Vergleiche zwischen den verschiedenen Sprachen angestellt werden. Doch bisweilen treibt Verf. die Verzahnung meines Erachtens etwas auf die Spitze, z. B. wenn er in den Kapiteln zum Französischen und zum Katalanischen darauf hinweist, dass diese Sprachen aus hispanistischer Sicht Sprachen mit seseo seien 2 . Die im Katalanischen zu beobachtende Tendenz, dass das Partizip zunehmend nicht an das Objekt angeglichen wird, veranlasst Bossong zu der zwar plausiblen, aber etwas unglücklich formulierten Vermutung: «Hier ist noch keine normative Verbindlichkeit erreicht. Es ist anzunehmen, dass die Sprache irgendwann dort ankommen wird, wo das Spanische schon seit 1500 steht» (120). Im allgemeinen ist Bossongs Darstellung aber sehr ausgewogen. Lediglich in einigen Detailfragen teile ich die Einschätzung des Autors nicht. So stimme ich Bossong bezüglich der Einordnung des Papiamentu nicht zu. Er nimmt Bezug auf die kontroverse Debatte, ob das Papiamentu eine spanische oder eine portugiesische Kreolsprache ist, und befürwortet die Klassifizierung als eine spanisch-basierte Kreolsprache. Meiner Ansicht nach hat dagegen Johannes Kramer Recht, für den die Frage, ob das Papiamentu eine spanische oder eine portugiesische Kreolsprache ist, «falsch gestellt» ist. Er stuft das Papiamentu ein als «eine iberoromanische Kreolsprache mit niederländischem Einschlag, deren Wortschatz gerade dadurch charakterisiert wird, dass eine spanisch-por- 252 Besprechungen - Comptes rendus 2 «In spanischer Terminologie wäre das Katalanische also eine Sprache mit seseo» (113); «[Im Französischen] hat sich palatales / k/ über die Affrikate / ts/ zu / s/ entwickelt.Aus hispanistischer Perspektive kann man das Französische als Sprache mit seseo klassifizieren! » (166). tugiesische Konvergenz vorliegt, mit anderen Worten, dass das Lexikon ein Amalgam aus den beiden großen iberoromanischen Sprachen, ergänzt durch niederländische Elemente, darstellt» 3 . Strittig sind m. E. auch Bossongs Ausführungen zu den Vokalphonemen im Lateinischen. Er spricht davon, dass das Lateinische mit seinen fünf Vokalphonemen / a/ , / e/ , / i/ , / o/ und / u/ «dem typologischen Durchschnitt» entspreche. «Fast alle romanischen Sprachen haben mehr Vokale als ihre Ursprungssprache . . .» (34s.). Doch da im Lateinischen alle fünf Vokale sowohl in einer kurzen als auch in einer langen Variante vertreten waren und die Quantität der Vokale grundsätzlich phonologisch relevant war, kommt man im Lateinischen insgesamt auf zehn und nicht auf fünf Vokalphoneme. An die neun Einzelporträts schließt sich das komparatistisch ausgerichtete 10. Kapitel an, «Die romanischen Sprachen im Vergleich» (273-304). Es beginnt mit einer Zusammenfassung von Bossongs Ausführungen zu den externen Kriterien, d.h. zur externen Sprachgeschichte, zu Verbreitung, Sprecherzahl und Status der betreffenden Sprache.Verglichen wird also das politisch-soziale Umfeld der Sprachen. Augenfällig ist hierbei die Korrelation zwischen Normierung und Ausbau einerseits und Verbreitung, Sprecherzahl sowie Status andererseits. «Je geringer Verbreitung und Sprecherzahl, je niedriger der Status, desto geringer ist der Ausbaugrad. Fehlende oder umstrittene Normierung führt zu geringerem Gebrauch und damit zu geringerem Prestige; umgekehrt führt zunehmender schriftlicher Gebrauch zu höherem Prestige und damit zu höherer Akzeptanz der schriftsprachlichen Norm» (275). Auf den Vergleich des politisch-sozialen Sprachenumfelds folgt der Vergleich der Sprachstrukturen. Zunächst bündelt Bossong seine Reflexionen zum System der Oralvokale, zu den Nasalvokalen und zum Akzentsystem, da diese Parameter auf verschiedene Weise miteinander verbunden sind. Vor allem zwei Entwicklungen sind für diesen Bereich von Bedeutung. Zum einen der Quantitätenkollaps mit seinen Folgeerscheinungen. Die Quantitäten sind im Vulgärlatein nicht mehr distinktiv, an ihre Stelle rücken qualitative Differenzierungen. Hierdurch entstehen in den romanischen Sprachen Systeme mit vier statt drei Öffnungsgraden. Ausnahme sind das Spanische und das Rumänische, die aufgrund des Einflusses von Kontaktsprachen (Baskisch bzw. Dakisch) beide weiterhin drei Öffnungsgrade aufweisen. Die andere Entwicklung ist die in allen romanischen Sprachen in allerdings sehr verschiedenem Ausmaß anzutreffende Lauterosion. Sie beeinflusst das Oralvokalsystem und die Nasalisierung und ist eng verbunden mit den Akzentverhältnissen. Die Lauterosion betrifft vor allem die nachtonige Lautsubstanz. Am weitesten ist sie im Französischen vorangeschritten, was zur Generalisierung der Oxytonie geführt hat. Am anderen Ende der Skala liegt das Sardische; hier ist die Lautreduktion minimal und die Oxytonie daher die Ausnahme. Bossong zeigt auf, dass es einen gewissen Zusammenhang gibt zwischen dieser Skala und der Komplexität der Vokalsysteme. Anders als in anderen romanischen Sprachen bleiben im Französischen gerundete Vorderzungenvokale und Nasalvokale weitgehend erhalten, um Wörter zu unterscheiden, die ansonsten aufgrund der Lauterosion zusammenfallen würden. So wird die Zahl der homophonen Wörter deutlich reduziert. Bezüglich der Geminierung kann man, so Bossong, vier verschiedene Stufen beobachten. Extreme sind die - im Italienischen und im Sardischen zu findende - «fundamentale Geminierung» (282), die sich durch das Konsonantensystem zieht und die «inexistente Geminierung» im Rumänischen, im Rätoromanischen und in den gallo-italienischen Mundarten Norditaliens. Dazwischen liegen die - im Französischen anzutreffende - «sekundäre Geminierung», die nicht auf der Ebene des Systems anzusiedeln ist und die «relikthafte Geminierung» (283), auf die man in der Ibero-Romania und im Okzitanischen stößt. 253 Besprechungen - Comptes rendus 3 Cf. J. Kramer, Die iberoromanische Kreolsprache Papiamento: eine romanistische Darstellung, Hamburg 2004: 137. Bei den Parametern Palatalisierung, Kasus und differentielle Objektmarkierung nimmt Bossong nicht nur die Romania in den Blick. Das Phänomen der Palatalisierung von / k/ vor / i/ und / e/ - Verf. konzentriert sich, wie erwähnt, auf diesen Typ der Palatalisierung - ist in vielen Sprachen und Sprachfamilien überall auf der Welt anzutreffen. Kommt es zur Palatalisierung von / k/ vor / i/ und / e/ , kann diese bis zu ihrem Endpunkt, dem interdentalen / θ/ , fortschreiten oder auf einer Zwischenstufe stehen bleiben. In den verschiedenen romanischen Sprachen geht die Palatalisierung von / k/ vor palatalen Vokalen unterschiedlich weit, ein bestimmtes Muster lässt sich hier laut Bossong nicht erkennen. Was die Entwicklung der Kasus betrifft, erweist sich speziell die Einbeziehung anderer europäischer Länder als erhellend. Denn in diesem Punkt zeigen geographisch benachbarte Regionen ähnliche Tendenzen. Nicht nur in der westlichen Romania, sondern auch in anderen westeuropäischen Sprachen, etwa den germanischen Sprachen, beobachtet man den Abbau des Kasussystems. Das Rumänische dagegen befindet sich inmitten von slavischen Sprachen mit ausgebauten Kasussystemen. Insofern ist es nicht weiter erstaunlich, dass hier die Zwei-Kasus-Flexion nicht abgebaut wurde. Auch bezüglich der differentiellen Objektmarkierung (DOM) ist es gewinnbringend, über den Tellerrand der Romania hinauszuschauen. Denn die DOM ist in vielen nicht-romanischen, auch in außereuropäischen Sprachen anzutreffen. Auffällig ist, dass sie häufig dort zu finden ist, wo ein Kasussystem abgebaut wurde. Was die räumliche Verteilung der DOM betrifft, stellt man fest, dass sie im gesamten Süden der Romania vorkommt, außerdem im Rumänischen. Bossong warnt davor, sich auf die Suche nach Korrelationen zu versteifen. Seiner Ansicht nach gilt für die Entstehung der DOM ähnlich wie für die Entstehung von Palatalisierungen: «Der Weg ist universal vorgezeichnet, die Entwicklung von DOM, einmal eingeleitet, nimmt einen vorhersagbaren Verlauf; aber ob dieser Weg überhaupt eingeschlagen und bis zu welchem Punkt er begangen wird, bleibt offen» (287). Zwar gibt es Faktoren, die die Entstehung von DOM fördern und andere, die diese eher hemmen, aber ihr Einfluss ist nicht zwingend. Untersucht man die verschiedenen romanischen Sprachen im Hinblick auf den Teilungsartikel, so kann man laut Bossong fünf Stufen feststellen. An einem Pol der Skala befinden sich Sprachen wie das Portugiesische und Spanische, die keinen Partitiv aufweisen, am anderen Pol ist das Französische anzusiedeln, wo unbegleitete Nomina nur noch in ganz spezifischen Kontexten vorkommen können und der Partitiv ansonsten überall obligatorisch ist. Bossong beobachtet zwar bei der Verteilung des Partitivs gewisse Parallelen zu der Verteilung der differentiellen Objektmarkierung, aber diese sind seines Erachtens nicht tiefgehend genug, als dass man mit Gewissheit von einem direkten Zusammenhang sprechen könnte. Bezüglich des Verhältnisses von analytischen und synthetischen Perfektformen zeigt sich in der Romania eine Gradation, die in ganz Europa zu beobachten ist: Zunehmend werden zusammengesetzte statt aoristischer Perfektformen verwendet; Martin Harris bezeichnet diese Entwicklung als aoristic drift. Abgeschlossen ist diese Entwicklung z. B. im Französischen, Norditalienischen, Rätoromanischen und Rumänischen sowie in den slavischen Sprachen. In anderen Sprachen sind die zusammengesetzten Formen zwar auf dem Vormarsch, haben aber die aoristischen Formen noch nicht verdrängt. In der Romania gilt das etwa für das Standard-Spanische, das Standard-Italienische und das Okzitanische, außerhalb der Romania z. B. für das Standard-Deutsche. Daneben gibt es aber auch Sprachen, die sich dieser Entwicklung widersetzen. Hierzu zählen etwa das Baskische oder in der Romania Portugiesisch, Nordwestspanisch und Süditalienisch. Was die Auxiliarien angeht, so gibt es in den romanischen Sprachen zwei Haupttypen. Ein «zusammenhängender zentraler Block» (Französisch, Rätoromanisch, Okzitanisch, Italienisch, Sardisch), der zwischen «sein» und «haben» differenziert, steht den «randständigen Gebiete[n] Ibero-Romania und Dako-Romania» (299) gegenüber, die ausschließlich mit «haben» operieren. Bei den Sprachen des zweiten Typs ist das Partizip mit Ausnahme 254 Besprechungen - Comptes rendus des Katalanischen unveränderlich. Für das Katalanische gilt aber wie für die Sprachen des ersten Typs, dass sich eine gewisse Tendenz zur Unveränderlichkeit des Partizips abzeichnet. Insofern wird das Katalanische, das einerseits «haben» generalisiert hat, auf der anderen Seite aber das Partizip (noch) verändert, seinem Status als lengua puente gerecht. Bezüglich der Subjektklitika stellt Bossong fest, dass sie in einem zusammenhängenden Gebiet in der nördlichen Romania zu finden sind, grosso modo im Französischen, Rätoromanischen und Gallo-Italienischen (299). Was die Anredeformen betrifft, so ist allen romanischen Regionen die Differenzierung von höflicher und vertrauter Anrede gemein. Die meisten romanischen Sprachen verfügen über ein zweigliedriges Anredesystem, einige aber auch über ein dreibzw. viergliedriges System (301s.). Insgesamt, so Bossong in seinen «Schlussbetrachtungen» (305-08), ergibt sich bei einem Vergleich der neun Sprachen im Hinblick auf die 16 verschiedenen Parameter «ein immer wiederkehrendes Muster, das geographisch beschreibbar ist» (305). Die Strukturen verändern sich von Süden nach Norden. Nach den vorangegangenen Kapiteln erstaunt es nicht, dass der Verfasser bei seinem Versuch einer Gesamtgliederung der Romania im Unterschied zu traditionellen Klassifizierungsansätzen nicht mit klaren Grenzen operiert. Bossong macht zwei Hauptzweige aus, bei beiden stellt das Französische den Endpunkt dar. Der eine Zweig führt vom Südwesten, vom Portugiesischen und Spanischen über das Katalanische und Okzitanische zum Französischen, der andere vom Südosten, vom Süd- und Zentral-Italienischen, oft auch dem Sardischen, über das Gallo-Italienische und das Rätoromanische zum Französischen. Die Grenzen verlaufen in Abhängigkeit vom jeweiligen Parameter unterschiedlich. Häufig ändern sich die Strukturen graduell, in manchen Fällen existieren dagegen klare Abgrenzungen. Das Katalanische, das Okzitanische und das Rätoromanische sind Übergangszonen, in denen sich gehäuft Phänomene verschiedener Herkunft mischen. Eine Sonderstellung nehmen das Französische und das Rumänische ein. Beide sind «weit vom typologischen Durchschnitt der Romania entfernt» (305), wobei das Rumänische stärker isoliert ist als das Französische. Dieses Ergebnis ist nicht überraschend, da die typologische Sonderstellung des Französischen und Rumänischen im Vergleich zu den anderen romanischen Sprachen bekanntlich schon im Rahmen verschiedener typologischer Ansätze, wie etwa der sich auf Greenberg berufenden Wortstellungstypologie, herausgestellt wurde, aber das schmälert keinesfalls den Wert dieser Einführung. Das ambitionierte Unterfangen, eine typologisch ausgerichtete vergleichende Einführung in die romanischen Sprachen zu verfassen, ist meines Erachtens unbedingt geglückt. Bossong arbeitet die Korrelationen zwischen den verschiedenen Parametern überzeugend heraus, hütet sich aber zu Recht davor, aus jeder parallelen Entwicklung zweier Kriterien auf einen direkten Zusammenhang zwischen ihnen zu schließen. Er argumentiert durchgängig sehr klar und nuanciert, vernetzt die einzelnen Kapitel geschickt miteinander und sorgt dafür, dass der Leser trotz der ausgeprägten Detailfülle stets die großen Linien im Blick behält. Abgerundet wird der Band durch einen umfassenden und vielgestaltigen Anhang. Auf die Bibliographie (311-20), in der übergreifende bzw. vergleichende Einführungen, Gesamtdarstellungen und spezifische Werke für die einzelnen Sprachen aufgeführt werden 4 , 255 Besprechungen - Comptes rendus 4 Allerdings bleibt in mehreren Fällen unerwähnt, dass es sich bei den angegebenen Ausgaben nicht um die erste Auflage handelt. Dies gilt z. B. bei den bibliographischen Angaben zum Spanischen für Berschin/ Felixberger 2005, De Bruyne 2002, Dietrich/ Geckeler 2004, Lapesa 2004; bei den Angaben zum Französischen etwa für Klein/ Kleineidam 2007 und Stein 2006. Bei dem Werk von W. Pöckl und F. Rainer, Einführung in die romanische Sprachwissenschaft, gibt Bossong als Erscheinungsjahr 2003 an. Demnach ist es die dritte Auflage; bei dieser fungiert aber neben Pöckl und Rainer als weiterer Verfasser Bernhard Pöll. folgen Karten zur europäischen und außereuropäischen Romania (321-31), ein Überblick über die romanisch-basierten Kreolsprachen (332-33) und ein Glossar linguistischer Fachbegriffe (335-37), das allerdings die Sorgfalt, die das Buch ansonsten auszeichnet, manchmal vermissen lässt 5 . Die weiteren Teile des Anhangs sind: 5. «Das Internationale Phonetische Alphabet (IPA)» (338), 6. ein Verzeichnis der verwendeten «Symbole und Abkürzungen» (339), 7. «Textbeispiele: Aus der Universalen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (1948)» (341-47), 8. eine «Zweisprachige Gedichtanthologie» (349-71), sowie zum Schluß ein Sprachenregister (373-76), das die im Buch erwähnten Sprachfamilien, Sprachen und Dialekte verzeichnet außer den neun in den Einzeldarstellungen behandelten Sprachen. Die Einführung wird komplettiert durch eine CD. Auf ihr finden sich neben kurzen Hörproben zu den neun porträtierten romanischen Sprachen der erwähnte Auszug aus der Erklärung der Menschenrechte auf neun Sprachen und die Gedichte aus der im Anhang aufgeführten Gedichtanthologie. Dieser dritte Teil ist der mit Abstand längste und sorgt für einen Hörgenuss zum Abschluss: pro Sprache werden drei bis fünf Gedichte vorgelesen, wobei Jorge Luis Borges, Pablo Neruda, Jean Serra und Leonardo Zanier ihre Gedichte selbst vortragen. Yvonne Stork ★ Eugeen Roegist, Vers les sources des langues romanes. Un itinéraire linguistique à travers la Romania, deuxième édition révisée, Leuven (Acco) 2009, 267 p. L’«itinéraire linguistique» que nous propose Eugeen Roegist s’avère très intéressant; il a pour objectif la présentation des principales étapes du développement des langues romanes ainsi que de leurs particularités linguistiques. En comparaison avec d’autres ouvrages de philologie romane, celui de Roegist se caractérise en outre par le plaisir visible de l’érudit qui nous fait partager l’aventure des langues romanes. Dans son Avant-propos, l’auteur nous avertit qu’il n’a pas cherché à réaliser une simple étude aride pleine de détails linguistiques, adressée aux spécialistes, mais un livre qui «entend présenter les origines et l’histoire des différentes langues romanes à un public noninitié, que ce soit l’étudiant qui se consacre à l’étude d’une ou plusieurs langues romanes ou tout lecteur curieux de mieux comprendre le paradoxe du latin» qui survit dans les langues romanes (13). De même, Roegist insiste sur le fait que ce livre «n’a aucune prétention d’originalité: il s’en tient à un état de la question de nos connaissances actuelles» (13). Malgré ce manque d’originalité déclaré, nous pensons que dans les grandes lignes, le romaniste belge a réussi à mener à bien son parcours linguistique en présentant au lecteur tous les aspects nécessaires à la compréhension de la formation des langues romanes. Au premier chapitre du livre, Le paradoxe des termes (15-20), Roegist tente d’expliquer le sens des mots tels que latinus, romanus, romanicus, romanice, afin de mieux comprendre la civilisation romane et la langue latine. Le point de départ est représenté par une définition devenue classique et enregistrée dans les pages des ouvrages d’histoire de différentes langues romanes: «la définition des langues romanes comme provenant du latin, langue des habitants de Rome» 1 (16) qui, selon l’auteur, mérite d’être réinterprétée. 256 Besprechungen - Comptes rendus 5 So werden Beispiele für Affrikaten, Frikative und Okklusive kursiv gesetzt statt zwischen Schrägstriche oder eckige Klammern. 1 Cf. à cet égard, la définition du roumain que donne A. Rosetti, Histoire de la langue roumaine des origines au XVII e siècle, Cluj-Napoca (Clusium), [s.a.], p. 92 «Le roumain est le latin parlé sans
