Vox Romanica
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Francke Verlag Tübingen
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2010
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Kristol De StefaniFrançoise Doro-Mégy, Étude croisée de think, believe, croire et penser, Paris (Ophrys) 2008, 232 p. (Linguistique contrastive et traduction, no spécial)
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Martina Nicklaus
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Il ne fait aucun doute que cette édition critique constitue un apport majeur et décisif non seulement quant à la compréhension du texte des Remarques de Vaugelas, mais bien plus largement quant à l’analyse de la langue française à cette époque charnière où l’idiome littéraire classique se forme progressivement par un conscient travail métalinguistique. Gilles Petrequin [Alemand, L.-A.] 1690; Nouvelles Remarques de M. de Vaugelas sur la langue françoise, ouvrage posthume, avec des observations de M. *** [L.-A. Alemand], Paris Ayres, W. 1985: «A Study in the Genesis of Vaugelas’s Remarques sur la langue françoise. The Arsenal Manuscript», FS 37: 17-34 Ayres-Bennett, W. 1985: *C. F. de Vaugelas, La Préface des Remarques sur la langue française. Éditée avec introduction et notes par Zygmunt Marzys, FS 39: 464-65 Ayres-Bennett, W. 1987: Vaugelas and the Development of the French Language, London Brunot, F. 1966 ( 1 1905-53): Histoire de la langue française des origines à nos jours, Paris Chassang, A. (ed.) [1880]: Remarques sur la langue françoise, par Vaugelas, 2 vol., Paris Marzys, Z. 1984: Claude Favre de Vaugelas, La Préface des Remarques sur la Langue françoise, Neuchâtel/ Genève Livet, Ch.-L. (ed.) 1858 ( 1 1729): Pellisson-Fontanier, P./ d’Olivet, P.-J. T., Histoire de l’Académie françoise, 2 vol., Paris Streicher, J. 1934: Vaugelas, Cl. Favre de, Remarques sur la langue françoise. Fac simile de l’édition originale, introduction, bibliographie, index par J. Streicher, Paris Streicher, J. (ed.) 1936: Commentaires sur les Remarques de Vaugelas par La Mothe le Vayer, Scipion Dupleix, Ménage, Bouhours, Conrart, Chapelain, Patru, Th. Corneille, Cassagne, Andry de Boisregard et l’Académie française, édition par J. Streicher, Paris ★ Françoise Doro-Mégy, Étude croisée de think, believe, croire et penser, Paris (Ophrys) 2008, 232 p. (Linguistique contrastive et traduction, n o spécial) Vertiefte kontrastiv-lexikologische Einzelstudien sind ein Desiderat, zumal wenn sie, wie im vorliegenden Fall, die weltweit am meisten übersetzte Sprache, das Englische, einbeziehen. Wenn auch die Resultate solcher Studien die Übersetzer nicht unmittelbar erreichen, so werden sie doch früher oder später Eingang in die einschlägigen Handbücher finden und praktische Übersetzungshilfe liefern. Die von Doro-Mégy vorgelegte, konstruktivistisch angelegte Analyse zu eng. think und believe und den Beinahe-Äquivalenten fr. croire und penser, die sich vor allem zum Ziel setzt «de dégager des contraintes de traduction» (2), ist somit hochwillkommen. Die anwendungsorientierte Akzentsetzung zeigt sich im dreiteiligen Aufbau der Studie: die Entwicklung des eigentlichen methodischen Instrumentariums («Think, believe et la modalisation», 11-41) ist auf das erste Kapitel des ersten Teils beschränkt («Première partie: Specificité des prédicats subjectifs», 11-77); im zweiten Kapitel des ersten Teils geht es, neben einer kurzen Problematisierung des Begriffs der «identité lexicale», in erster Linie um syntaktische Distributionen sowie um Anwendungsbedingungen der vier Verben («Hypothèses de départ sur think, believe, croire et penser», 43-76). Sowohl der zweite als auch der dritte Teil sind dann den Übersetzungsmöglichkeiten von think und believe in subordinierendem Gebrauch gewidmet: «Deuxième partie: Contraintes de traduction liées à la première personne» (79-163) und «Troisième partie: Incidence de la dissociation entre le sujet de l’énoncé et le sujet énonciateur sur la traduction française» (165-209). In einer «Conclusion générale» (211-14) fasst die Autorin ihre Resultate zusammen. Gespeist wird die 322 Besprechungen - Comptes rendus Analyse von einem umfangreichen Korpus: Doro-Mégy konsultiert, wie allerdings erst die Bibliographie verrät, 30 Buchpublikationen jeweils im englischen Original und in der französischen, autorisierten Übersetzung (fiktionale Texte, Essays und Memoiren). Originale Literatur in französischer Sprache (acht Buchpublikationen) fungiert als Korrektiv. Die theoretische Basis von Doro-Mégys Studie liefert die Théorie des Opérations Énonciatives 1 von Antoine Culioli, abgekürzt TOE. Zentral für die Beschreibung der Funktionsweise der prédicats subjectifs, zu denen die hier beobachteten Verben gehören, ist der Begriff der modalisation. Aus dem Blickwinkel der TOE gilt zunächst, dass prinzipiell jede Äußerung eines Sprechers eine Prädikationsbeziehung, relation prédicative (abgekürzt RP) beinhaltet, die vom Sprecher bewertet wird. Das Verfahren dieser Bewertung selbst ist die modalisation, die unterschiedlichen Bewertungsdimensionen sind die modalités. Somit impliziert jede Äußerung, also auch eine Behauptung, eine modalité. In Orientierung an der TOE versucht Verf. «de chercher les ‹mécanismes› par lesquels la valeur référentielle 2 est créée» (21). Diese Mechanismen lassen sich als Interaktion mehrerer Größen beschreiben, darunter das sujet énonciateur origine (S O ) und das sujet syntaxique (Subjekt zu penser, croire: S 1 , später S P ). Bei hypotaktischen Konstruktionen mit einem einleitenden prédicat subjectif beeinflusst die Besetzung dieser beiden Subjekte die endgültige valeur référentielle ganz erheblich. So erzeugt die Dissoziation von S O und S P wie in «. . . il croit qu’il sait tout, . . .» einen «dédoublement du support modal», was zu einer «interpétation contre-factive» führt (22). Die Identität von S O und S P wiederum müsste, folgt man Doro-Mégys Argumentation, eine faktische Interpretation bewirken. Tatsächlich wird in einer Aussage wie: «Je crois qu’il sait tout» die Proposition des untergeordeten Satzes spontan als wahr empfunden. Neben dem Begriff der Modalität muss für die Analyse von Verben wie den hier relevanten auch der Begriff der Alterität geklärt werden, machen doch subjektive Prädikate das Prinzip der Alterität gewissermaßen offensichtlich. Doro-Mégy unternimmt einen eigenen Abgrenzungsversuch auf der Basis der TOE, die ursprünglich keine explizite Alteritätsdefinition anbietet: «Le statut de l’alterité dans la TOE est souvent traité comme allant de soi» (27). Unterschieden werden von Verf. für den Fall der subjektiven Prädikate drei Alteritätstypen: altérité des valeurs, altérité qualitative, altérité radicale (28-32). Dabei bleibt im ersten Fall der abhängige Satz auf der sogenannten quantitativen Ebene («plan quantitatif», 27) offen, d.h. es könnten auf ihn, aus der Sicht des «Denkenden», beide Wahrheitswerte zutreffen (Bsp. 21: «I think I mentioned it . . .»). Im Fall der altérité qualitative sind die Wahrheitswerte des untergeordneten Satzes ausgeblendet: Er soll lediglich einen möglichen subjektiven Standpunkt wiedergeben (Bsp. 26: «I think Marino is an excellent police officer»). Im dritten Fall ergibt sich die Alterität aus der Diskrepanz zwischen den Einschätzungen des Sprechers (S O ) einerseits und des Subjekts von think oder believe andererseits (S p ): aus der Sicht von S O wird dem untergeordneten Satz ein anderer Wahrheitswert zugeordnet als aus der Sicht von S p (Bsp. 27: «She thinks I shot Miles.»). Diese Definition von Alterität beruht, ganz im Sinne der TOE, auf der Prämisse «d’envisager l’altérité de façon interne à la langue . . . et non à partir de la situation de communication» (39). Exemplarisch seien im folgenden je ein Analysebeispiel aus den beiden übersetzungspraktischen Teilen herausgegriffen, d.h. ein Beispiel, in dem S O und S p identisch sind (Deuxième partie) und ein Beispiel, in dem S O und S P unterschiedlich besetzt sind (Troisième partie). Die Deuxième partie beginnt mit der «Étude des problèmes de traduction que posent think et believe à la première personne du présent» (81-116). Verf. stellt nacheinander die 323 Besprechungen - Comptes rendus 1 Antoine Culioli, Pour une linguistique de l’énonciation, 3 vol., Paris 1990-99. 2 Die valeur référentielle bei Culioli ergibt sich aus den Bedingungen, die für eine bestimmte Interpretation eines sprachlichen Ausdrucks erfüllt sein müssen. Bedingungen für eine Übersetzung von I think mit je crois (que) oder mit je pense (que) vor und vergleicht anschließend mit den Übersetzungen von I believe. Entscheidendes Ergebnis dieses Kapitels: Tendenziell wird I think, wenn eine altérité des valeurs vorliegt, mit je crois übersetzt und, wenn eine altérité qualitative vorliegt, mit je pense. I believe wird meist, unabhängig vom Alteritätstyp, mit je crois oder à mon avis übersetzt. Dies deute daraufhin, dass der Unterschied zwischen croire und penser nicht ausschließlich auf die von diesen Verben etablierbaren Alteritätstypen zurückzuführen seien, sondern auf semantische Grundeigenschaften: «. . . penser marque un point de vue élaboré de façon interne alors que believe renvoie à l’adhésion, à une conviction par rapport à un objet de croyance» (115). Es scheint hier ganz so, als kehre Verf. doch zur Idee eines sens premier zurück, wie er in den «Remarques sur l’identité lexicale» (Kap. 2.1 im ersten Teil, 43-46), zugunsten eines stark kotextbasierten, konstruktivistisch orientierten Begriffs von sens, noch dezidiert in Frage gestellt wurde. Zu einem recht eindeutigen Ergebnis führen die Beobachtungen zu think in der zweiten Person im dritten Teil der Monographie («Contraintes de traduction liées à la deuxième personne», 167-77). Im englischen Korpus wird think in der zweiten Person vornehmlich («principalement», 177) interrogativ gebraucht, Beispiele mit believe in der zweiten Person sind äußerst selten (cf. 167). Verf. kann zeigen, dass think in einer offenen Entscheidungsfrage, in einer Frage nach einem point de vue also, mit penser übersetzt wird. In einer Frage, die eine Antwort privilegiert, wird mit croire übersetzt; in diesen Fällen distanziert sich der Sprecher im allgemeinen von dieser kalkulierbaren Antwort des Gesprächspartners (S P ). Zur Illustration führt Verf. das folgende Beispiel an (171): «Pourquoi pensez-vous/ croyez-vous qu’ils ne veulent pas vous parler? » Überraschenderweise findet hier keine Zuordnung zu den früher definierten Alteritätstypen statt; müsste eine offene Entscheidungsfrage ein Beispiel für altérité qualitative sein? Interessant ein weiteres Ergebnis: Im kleineren französischen Korrektiv-Korpus finden sich durchaus Belege mit nicht interrogativ gebrauchtem penser oder croire in der zweiten Person, wo der untergeordete Satz beinahe assertiven Wert aufweist («qui se rapprochent fortement de l’assertion», 177): «Tu penses que je suis fou.» Die Tasache, dass eine solche assertive Verwendung von think in der zweiten Person im Englischen nicht üblich ist, deute daraufhin, dass «la limite entre prédicats subjectifs et prédicats non-subjectifs est moins claire en français qu’en anglais» (177). Müsste hier nicht die Opposition subjonctif/ indicatif (die freilich nur bei penser in fragendem und verneintem Gebrauch gilt) berücksichtigt werden? Gerade diese, wenn auch bei penser eingeschränkte Opposition dürfte die Assertivität des Nebensatzes im Indikativ verstärken. Das hieße dann, dass die «limite» zwischen subjektiv und nicht subjektiv im Französischen nicht nur lexikalisch, sondern auch morphologisch, durch die Moduswahl, ausgedrückt werden kann, somit die von Doro-Mégy diagnostizierte lexikalische Unklarheit wieder ausgleicht. Die formale Gestaltung der vorliegenden Monographie konnte die Rezensentin nicht immer überzeugen. Das Layout wirkt oft äußerst unruhig: So stört der wiederholt zur Hervorhebung längerer Segmente eingesetzte Fettdruck sowie die unterschiedliche Absatzmarkierung, die entweder durch eine Leerzeile oder lediglich durch einfachen Zeilenumbruch, jeweils ohne Einrückung, realisiert wird. Gerade die - unvermeidlichen - Unterbrechungen durch häufig eingeschobene, eingerückte und kursiv gesetzte Belege sowie durch ebenfalls unverzichtbare Blockzitate erfordern eine gewisse Gleichförmigkeit im Fließtext. Auf nachlässiges Korrekturlesen wiederum dürften die Unsauberkeiten in der Bibliographie zurückzuführen sein: Die Verlage werden mal mit, mal ohne Publikationsort genannt, die Angabe von Gesamtseitenzahlen scheint beliebig, Doppelpunkt und Komma wechseln mitunter die Funktion, gleich auf der ersten Seite fehlt bei Lewis Carrolls Alice in Wonderland das Publikationsjahr. 324 Besprechungen - Comptes rendus Insgesamt liegt die Stärke von Doro-Mégys Untersuchung unbestreitbar in dem reichen Belegmaterial und den vielfältigen, anregenden Analysevorschlägen. Neben den oben resümierten Überlegungen zu think/ believe in der ersten und zweiten Person, werden noch verneintes think/ believe (117-39), sowie think/ believe in der ersten Person des Imperfekt (141-61) und in der dritten Person (179-208) untersucht. Im Gesamtfazit kann Verf. think und croire als prädestiniert für die altérité radicale (Typ: «She thinks I shot Miles»), believe und penser als prädestiniert für die altérité qualitative beschreiben (Typ: «I think Marino is an excellent police officer»). Entscheidender ist noch ein anderer abschließender Befund (213-14), der sich in den oben vorgestellten, aber auch in den übrigen Kapiteln des Buchs andeutet. Während think und believe sich durch den Grad der Assertivität der relation prédicative des Nebensatzes unterscheiden, ist dies bei croire und penser nicht unbedingt so: Mit penser wird eher ein Standpunkt von S P ausgedrückt, mit croire auf die Überprüfbarkeit der relation prédicative abgehoben. Martina Nicklaus ★ Hans Lagerqvist, Le subjonctif en français moderne. Esquisse d’une théorie modale. Préface d’Olivier Soutet, Paris (PUPS) 2009, 519 p. Und noch eine Untersuchung zum Konjunktiv im Neufranzösischen! Als ob es deren nicht genug gegeben hätte in den letzten 50 Jahren, wobei das Thema vor allem von skandinavischen Forschern unter immer wieder neuen Perspektiven mit fast schon manischer Beharrlichkeit diskutiert wurde. Diesem Einwand hält Olivier Soutet allerdings in seinem Vorwort entgegen, «qu’il est toujours nécessaire que, périodiquement cette question, et plus généralement, celle de l’articulation des modes conjugués en français soit reprise et réévaluée tant à partir de corpus nouveaux que d’analyses théoriques capables d’ouvrir de nouvelles perspectives» (7). Beides tut Hans Lagerqvist, allerdings mit nach unserer Ansicht unterschiedlichem Erfolg.Auf jeden Fall kann er immer wieder zeigen, dass sich bei der Frequenz der verschiedenen Modi in den letzten 50 Jahren z. T. erhebliche Verschiebungen ergeben haben, wenn man auch einschränkend sagen muss, dass seine Korpora nur bedingt mit den stärker literatursprachlich orientierten von Börjeson 1966, Carlsson 1969, Nordahl 1969, Boysen 1971, Silenstam 1973 usw. vergleichbar sind 1 . Lagerqvist stützt sich für seine Untersuchung auf zwei verschiedene, gleichwohl aber in vielerlei Hinsicht affine Korpora: ein Korpus Q (quotidiens), das aus 42 Nummern von Pariser Tageszeitungen aus den Jahren 1997/ 98 besteht, und ein Korpus M (monographies), das 18 Buchpublikationen aus den Jahren 1998/ 99 umfasst, die den Tageszeitungen vergleichbare Themen behandeln. Allerdings ist dem Verfasser bei der Erstellung des zweiten Korpus ein grober Fehler unterlaufen: Er hat darin Jean Ziegler, Les Seigneurs du crime (Paris 1999) aufgenommen. Leider ist Jean Ziegler nicht französischer, sondern deutscher Muttersprache, in Bern aufgewachsen und heißt eigentlich Hans Ziegler. Die Studie beginnt mit einem Vorwort von Olivier Soutet (7), an das sich Danksagungen (8) und ein Verzeichnis der Siglen, Abkürzungen und Symbole (9-11) anschließen. Darauf folgt eine Diskussion der für die Arbeit spezifischen Termini (13-21) sowie einige praktische Hinweise für die Benutzung der Untersuchung (23s.). Es folgt eine Introduction, in der der theoretische Rahmen dargelegt wird, in dem sich Lagerqvist bewegt (25-90). Was man hier vermisst, ist ein systematischer Forschungsbericht. 325 Besprechungen - Comptes rendus 1 Für die genauen bibliographischen Angaben cf. das Literaturverzeichnis von Lagerqvist 2009, v. a. 494s.