eJournals Vox Romanica 70/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2011
701 Kristol De Stefani

Carl F. Barnes (ed.), The Portfolio of Villard de Honnecourt (Paris, Bibliothèque nationale de France, MS FR 19093). A New Critical Edition and Color Facsimile. Glossary prepared by Stacey L. Hahn, Farnham (Ashgate) 2009, xxvi + 266 p.

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2011
Stephen  Dörr
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Le fait, enfin, que l’ouvrage se termine sur Marie de France ne doit pas étonner, mais YFJ a besoin ici de toute sa finesse pour ne pas reconduire à propos de l’auteur(e? ) des Lais des stéréotypes mis à mal par la critique moderne. Voyant dans son œuvre une «exception», dans la mesure où «les héros de Marie de France font l’expérience du couronnement de leurs vœux malgré la nature contestable, au regard de la loi matrimoniale, de leurs aventures» (179), elle se trouve en effet confrontée à la tentation d’essentialiser le féminisme de son écriture; de là une note un peu gênée destinée à relativiser, à une page de la fin de l’ouvrage (203), la fin de non-recevoir exprimée par Jean-Charles Huchet face à l’idée que la supposée (mais invérifiable) appartenance de Marie au sexe féminin ait quelque rapport que ce soit avec son écriture. Il n’y a cependant pas de honte à soutenir que les positions tranchées du structuralisme ont parfois appauvri, en la désincarnant excessivement, la critique de la littérature! D’autre part, YFJ n’a peut-être pas assez pris garde à un danger corollaire, lié au caractère hypothétique de la construction même du recueil de Marie: les douze lais du manuscrit H forment une collection admirablement cohérente et induisent l’irrésistible tentation de faire d’Eliduc - le plus long et le dernier texte du recueil -, celui qui, en même temps, en livre la clé dernière; mais ce manuscrit reste isolé dans une tradition par ailleurs extrêmement maigre. Aussi lumineuse que soit le conclusion de YFJ, pour qui «l’épouse d’Eliduc inaugure un dépassement de la jalousie [et] renverse le rôle d’Iseut aux Blanches Mains, mais aussi de tous les envieux d’une manière générale, et surtout des maris jaloux» (203), il ne faut donc pas oublier qu’elle se fonde sur des paris herméneutiques dont le support codicologique reste fragile. Au problème de l’unité du corpus s’ajoute en effet celui de la datation des Lais par rapport au Tristan de Thomas. Argumentant l’antériorité de ce dernier en raison de la fameuse scène de la tempête qu’elle considère comme imitée par Marie dans Eliduc (198), YFJ voit dans ce dernier texte, comme le montrait la citation précédente, une claire réponse au texte tristanien. Mais, au fond, Thomas aurait pu s’inspirer de Marie en cet épisode précis de la tempête (dont il ne faut d’ailleurs pas oublier l’intertexte wacien) sans que la dette globale de Marie envers une matière tristanienne diffuse ne soit moindre. Livre qu’il convient de lire lentement, car il dessine avec patience et modestie des allées nouvelles dans des textes que l’on croit bien connaître, La Jeune fille et l’amour offre enfin aux études genre francophones le livre de référence qu’elles attendaient dans le domaine de la littérature médiévale. Alain Corbellari ★ Carl F. Barnes (ed.), The Portfolio of Villard de Honnecourt (Paris, Bibliothèque nationale de France, MS FR 19093). A New Critical Edition and Color Facsimile. Glossary prepared by Stacey L. Hahn, Farnham (Ashgate) 2009, xxvi + 266 p. Um es gleich vorwegzunehmen: Diese Ausgabe (DEAF-Sigel: VillHonB), die erste mit kompletter Faksimile-Reproduktion seit Hahnlosers Ausgabe aus dem Jahr 1935 1 , ist zumindest aus historischer und kunsthistorischer Sicht nun die maßgebliche Edition des Werkes von Villard de Honnecourt. Carl F. Barnes, der Herausgeber, beschäftigt sich seit über 40 Jahren mit dem Text und ihm verdanken wir neue Einblicke in das Werk. Zudem sind die Faksimile-Abbildungen, im Originalformat wiedergegeben, von ausgezeichneter Qualität. Leider entspricht die Güte der philologischen und lexikologischen Aufarbeitung der sprachlichen Elemente nicht der der historischen und kunsthistorischen Analyse, was auf 319 Besprechungen - Comptes rendus 1 Diese Ausgabe wurde 1972 nochmals gedruckt. DEAF-Sigel: VillHonH 2 . den ersten Blick schon dadurch augenfällig ist, dass die eigentliche Edition nur diplomatisch ist, und das Glossar nur kurze englische Translationsangebote gibt und zudem auf Verweise verzichtet. Aber der Reihe nach. In seiner Einleitung (xxii-xxvi) begründet Barnes die Neuausgabe des Werkes mit einer notwendigen Neuinterpretation der Zeichnungen und der Texte. Das Kapitel 1 The Portfolio (1-26) widmet sich der Frage, ob das Dokument von Villard wirklich ein Bauhüttenbuch ist, eine Bezeichnung, die im deutschsprachigen Raum seit Hahnlosers Ausgabe geläufig ist, von Barnes aber abgelehnt wird. Aufgrund der materiellen und physikalischen Untersuchung der Blätter kommt er zu Recht zu dem Schluss, dass die Bezeichnung Bauhüttenbuch verfehlt ist, da es sich um eine zufällige und spätere Zusammenstellung der Blätter handelt. Stattdessen spricht er sich für die Bezeichnung Portfolio aus, der auf Deutsch am ehesten Mappe entspricht. Es folgen eine ausführliche Beschreibung der Geschichte des Portfolios sowie eine präzise Rekonstruktion der Lagen (anhand der Nählöcher) und die Identifikation der acht Schreiber 2 . Diese Passagen stellen ein Meisterstück archivalischer und kodikologischer Forschung dar. Den Hauptteil des Bandes bildet das zweite Kapitel The Individual Folios: Drawings and Inscriptions (27-213). Hier wird jede Recto- und Versoseite eines Folios akribisch genau beschrieben und analysiert, wobei die einzelnen Beschreibungselemente zum Zwecke einer besseren Orientierung immer beibehalten werden. Es handelt sich hierbei um Angaben zur Größe, zur Paginierung des Blattes (inklusive Konkordanz zu den anderen Ausgaben), zum Erhaltungszustand, außerdem um eine genaue Analyse der Zeichnungen, Transkriptionen der Texte sowie um eine wörtliche und eine freie Übersetzung der Textpassagen. Barnes versucht, jeden einzelnen textuellen und grafischen Beleg einem Autor (entsprechend den acht Schreibern) zuzuordnen, und er gibt abschließend einen Kommentar zur Datierung und zur historischen beziehungsweise kunsthistorischen Bedeutung der jeweiligen grafischen Elemente. Diese Kommentare sind zum Teil aufgrund ihrer Ausführlichkeit und Präzision als Monographien zu lesen. Ein Beispiel hierfür ist die Analyse der Blide, des trébuchet, die sich über zwei Seiten (190-91) erstreckt. Hier werden alle waffengeschichtlichen und architektonischen Informationen versammelt und die bisherige Forschungsliteratur kritisch aufgearbeitet. Ein anderes herausragendes Exemplum bildet die Beschreibung der Kathedrale von Reims (194-210 = f° 30v°-32v°). Im Kern geht es hier um die Frage, weshalb Villards Zeichnungen vom tatsächlichen Bauwerk abweichen. Für Barnes ist klar, dass Villard nach Reims gekommen war, um sich Ideen für den Bau der Kathedrale von Cambrai zu holen. Offensichtlich führte das dazu, dass er einzelne Elemente prospektivisch veränderte. Im dritten Kapitel Villard de Honnecourt: A Minimalist Biography (215-30) versammelt Barnes alle verfügbaren biografischen Daten und erstellt eine Art Itinerar. Dieses Kapitel mündet in der nüchternen Erkenntnis: «What he wrote is known, but who he was and what he did are wrapped in uncertainty» (250). Abgeschlossen wird der Band von einem Glossar (231-39), einer ausführlichen Bibliografie (241-53), dem Index (259-66), 48 ausgewählten Abbildungen in Schwarz-Weiß (o. P.) und dem vortrefflichen Farb-Faksimile der Mappe (o. P.). Kommen wir noch kurz zu der philologischen Aufarbeitung der Textstellen. 320 Besprechungen - Comptes rendus 2 Mittelalterlich sind die Schreiber I-VI (I: 1220-1240; II: 1240-1260; III: 1250-1260; IV: 1275-1300; V: 14. Jh., VI: 15. Jh.). Ungewöhnlich und vielleicht auch bezeichnend für die Kenntnis des mittelalterlichen Französisch ist der Kommentar zu Hand 1: «The language is a combination of Old French and the Picard dialect» (12). Die Edition: Es handelt sich hier um den Versuch einer diplomatischen Edition, wobei unklar ist, warum z. B. dune (für d’une, f° 6v°) nach der Hs. gegeben wird, während eindeutiges de seure als deseure (f° 6v°) wiedergegeben wird, oder auch enmi als en mi (f° 9r°). Wie problematisch ein solcher Editionsversuch ist, sollen folgende Passagen belegen: Wilars dehonecort vos salve et si proie a tos ceus qui de ces engiens / ouverront. Con trovera en cest livre quil proient sarme; (f° 1v°) Jestoie mandes en le tierre de hongrie qant jo le portrais / porco lamai io miex. Dass einem Leser, der nicht mit dem Altfranzösischen vertraut ist, mit einer solchen Transkription wenig geholfen ist, liegt auf der Hand. Der Leser ist für das Textverständnis somit auf die wörtliche und die freie Übersetzung angewiesen, zumal das Glossar mangelhaft ist (siehe unten). Die Entscheidung für eine solche Herangehensweise an den Text ist noch weniger nachzuvollziehen, wenn man berücksichtigt, dass die Textstücke im Faksimile nachzulesen sind. Unklar ist im Übrigen auch, wann die Transkription kursiv oder recte gesetzt ist. Einzelne Bemerkungen: Folio 1v°: salve fehlt als Eintrag im Glossar; man findet es unter saluer «greet» mit der Angabe ‘pr.ind.3’; f° 6v°: cest li masons don orologe, don wird nicht erklärt und fehlt im Glossar (l. dou = du); f° 9r°,11: toreilon l. torellon; f° 9v°: c ō wird als com aufgelöst, obwohl eine Zeile tiefer con ausgeschrieben ist. Zum Glossar, das, wie schon gesagt, auf Stellenverweise verzichtet, was für eine wissenschaftliche Edition nicht hinnehmbar ist: iatant, f° 9r°, existiert nicht, l. ja tant; sespandera, ib., wird im Glossar unter espandre richtigerweise als s’espandera aufgeführt, bues, f° 9v°, ohne Erklärung als buef; clarte, f° 9v°, wird im Glossar so aufgenommen, l. clarté; die Definition «side» für areste, ib., geht an der Sache vorbei, denn der Turm hat eigentlich nur vier Seiten (die wörtliche Übersetzung gibt richtig «edges» 3 , cf. T-L 1,517 «Rippe, Ecke eines Baus»); fillole, ib., «turret» verkennt den etymologischen Bezug (Übertragung von filluel «Patensohn»), besser ist T-L 3,1856: «Türmchen an den Kanten eines größeren Turms»; conble, ib., ist ungenau definiert mit «roof, spire», richtig ist T-L 2,588 «Giebel». Diese Beispiele, bezogen nur auf ein einziges Folio, dürften reichen, um die Schwäche der lexikalischen Analyse zu belegen. Die Beispiele hierfür gehen leider in die Dutzende. Als Resümee kann man festhalten: Die philologische und lexikalische Aufarbeitung ist der Schwachpunkt des Bandes. Es ist schade, dass man sich bei der Konsultation dieser Ausgabe immer die qualitative Diskrepanz zwischen der historisch-kunsthistorischen und der philologisch-lexikalischen Analyse vor Augen halten muss. Stephen Dörr ★ Damien de Carné, Sur l’organisation du «Tristan en prose», Paris (Honoré Champion) 2010, 670 p. Con el propósito esencial de reivindicar los méritos artísticos de la compleja trama del Tristan en prose [= TP], Damien de Carné emprende un análisis renovador en el que se enfrenta primeramente a los prejuicios - también a las imposturas - que la crítica anterior había acuñado sobre esta fase abigarrada de la evolución de la materia tristaniana. Es cierto, como señala, que sobre el TP pesa la amplitud de su difusión manuscrita y la dificultad de acotar sus límites exactos; tanto es así que aún, a día de hoy, no se puede hablar de una edición completa de este texto, siendo todas aproximaciones parciales a una obra que se transmite en diversas variaciones, sin que los editores anteriores se hayan preocupado por valorar el 321 Besprechungen - Comptes rendus 3 Überhaupt scheint es keine Absprache zwischen Barnes und Hahn gegeben zu haben, denn anders sind die Mängel des Glossars kaum zu erklären.