Vox Romanica
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Francke Verlag Tübingen
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Kristol De StefaniCyril Aslanov: Le français au Levant, jadis et naguère. À la recherche d’une langue perdue, Paris (Champion) 2006, 269 p. (Linguistique Française 12)
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Joachim Lengert
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Blondeau. This seems all the more relevant when the data reveals that young children in 1995 more readily produced simple forms than their parents. This, however, is a small qualm, and for her thorough treatment of the question at hand and presentation of Québécois French as an autonomous system and «non comme un écart par rapport à une autre variété ou à une norme extérieure» (239) that is to be commended. Michael Arrigo ★ Cyril Aslanov: Le français au Levant, jadis et naguère. À la recherche d’une langue perdue, Paris (Champion) 2006, 269 p. (Linguistique Française 12) Der Autor legt in sechs Kapiteln einen historisch gegliederten Überblick über das Französische im östlichen Mittelmeerraum vor, der teils Synthese, teils das Resultat eigener Forschungen ist und dessen Perspektive sowohl sprachhistorisch und synchron-deskriptiv wie auch - im Spannungsfeld von Varietätenlinguistik, Mehrsprachigkeits- und Sprachkontaktforschung - soziolinguistisch ist. Nach allgemeinen Informationen zum Französischen in der Levanteregion (13-31) folgen Kapitel zum Französischen in den Kreuzfahrerstaaten des Mittelalters (33-108), im mittelalterlichen griechischen Sprachraum (111-41), in Regionen des Osmanischen Reiches im 16.-18. Jh. (143-83), sowie zum Einfluss des Kolonialismus des 19. und 20. Jh. auf seine Stellung in der Region (185-206). Ein Abriss der gegenwärtigen Sprachsituation (207-30) beendet die Darstellung; beschlossen wird das Buch durch die Bibliographie (231-48) sowie einen terminologischen und lexikalischen Index (249-64). Die Kapitel im Einzelnen. Kap. I vermittelt einen generellen Einblick in die sprachlichsoziolinguistische Situation. Nachdem der Vf. grundlegende Spezifika des Französischen der Levanteregion in Abgrenzung zur (als Terminus und Konzept hier kritisch diskutierten) lingua franca und somit zu den Sprachverhältnissen im westlichen Mittelmeerraum beschrieben hat - es liegt eben in der Levante kein Pidgin vor, sondern Französisch ist seit dem 13. Jh. und dann wieder in der Neuzeit Prestigevariante -, entwirft er in den folgenden Kapiteln eine chronologisch geordnete historische Darstellung der Entwicklung des Französischen in dieser Region. Das umfangreichste, den Forschungsinteressen des Vf. entsprechende Kap. II ist dem Französischen der Kreuzfahrerstaaten des 11. bis 13. Jh. gewidmet. Nach Ausführungen zu den Quellen werden die teilweise durch Dialektalismen des Normannischen gekennzeichneten Gallizismen im Armenischen Kilikiens besprochen und dann auf das Französische im Königreich Jerusalem eingegangen. Die Darstellung hebt vornehmlich auf die Phonetik ab und systematisiert Charakteristika des Vokalismus und Konsonantismus, behandelt aber auch Eigentümlichkeiten des Lexikons. Hinsichtlich der geographischen Herkunft sieht der Autor in dieser Variante des Altfranzösischen eine Vereinigungsform von Spracheigentümlichkeiten der nordöstlichen Dialekte (Wallonisch, Pikardisch, Lothringisch). Der Status als Region der sprachlich-kulturellen Synthese zwischen Okzident und Orient schlägt sich ebenfalls in den allerdings begrenzten Arabismen nieder, die abschließend diskutiert werden, sowie in den italienischen und gewichtigeren okzitanischen Einflüssen. Die Rolle des Französischen im griechischen Raum, wo seine Präsenz seit dem Mittelalter nachweisbar ist, ist Gegenstand von Kap. III. Die sprachliche Argumentationsbasis ist recht schmal, so dass der Vf. im Wesentlichen auf die französischen Eigennamen und, vertiefter, auf die französischen Lehnwörter in griechischen Quellen eingeht, deren Adaptation als ein Indiz für das geschärfte Sprachbewusstsein der Zeitgenossen interpretiert wird. Besonderes Augenmerk wird Sprachmischungsphänomenen auf Zypern gewidmet, wo neben nordostfranzösischen Dialekten auch veneto-italienische, okzitanische und griechische Einflüsse zum Tragen kom- 368 Besprechungen - Comptes rendus men. Trotz der historischen Brüche nach dem Untergang der Kreuzfahrerstaaten betont der Vf. in Kap. IV eher die durch Handels- oder politische Beziehungen geförderte sprachliche Kontinuität des Französischen im Levanteraum des 16.-19. Jh., die beispielsweise durch unterschiedliche Reiseberichte der Zeit unterstrichen wird. Die Wichtigkeit des Französischen manifestiert sich in seiner Präsenz vor allem in Ägypten und in der heutigen Türkei, aber auch in seinem Einfluss auf das Judenspanische der Balkanhalbinsel, der insbesondere durch das sich vorrangig seit dem 19. Jh. herausbildende französische Schulwesen im Osmanischen Reich bedingt ist, sowie auf das Rumänische, dessen Reromanisierung nicht erst durch den direkten Kontakt zu Frankreich im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jh., sondern bereits im 18. Jh. durch die griechische Vermittlung in der Phanariotenzeit bewirkt wird. Kap. V befasst sich mit den sprachlichen Auswirkungen des Kolonialismus des 19. Jh. und speziell der Zwischenkriegszeit. Mehr als die Kolonialpolitik der Franzosen - deren eher negative Resultate z. B. in Syrien der Vf. hervorhebt - ist es in erster Linie der französische Kultureinfluss, der eine gewichtige Funktion für die Verbreitung des Französischen hat, so in Ägypten, wo es in der Oberschicht auch in der Zeit nach der Monarchie, aber ebenso in der jüdischen Bevölkerung eine herausragende Rolle spielte. Neben dieser soziohistorischen Betrachtung wird recht knapp auf die sprachlichen Merkmale des neueren Französischen eingegangen und hauptsächlich lexikalische Spezifika wie Archaismen und Entlehnungen (Arabismen etc.) angesprochen. Das abschließende Kap. VI ist der heutigen Situation des Französischen im Levanteraum gewidmet und skizziert, wenngleich präzise statistische Daten fehlen, ein nach Ländern geordnetes eher pessimistisches Bild, so in der Türkei, wo einhergehend mit der nachlassenden Bedeutung frankophiler Minderheiten wie Juden oder Armeniern oder der demographischen Umschichtung vor allem Istanbuls auch die Stellung des Französischen zurückgeht oder in Palästina, wo der Exodus der christlichen Araber ebenfalls zu einem Rückgang des Französischen geführt hat. Einzig im Libanon ist die Lage günstiger, zumal in der christlichen Bevölkerung des Landes, aber auch hier konstatiert der Vf. seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs 1975 Probleme, die zu einer geringeren Sprachkompetenz geführt haben, welche sich beispielsweise in einem fehlerhaften, durch Interferenzen charakterisierten Französisch der Pressesprache manifestieren. Die Sprachprognose des Autors - der Untertitel seines Buches deutet es bereits an -, ist daher eher negativ, wobei er nicht nur die zurückgehende Funktion des Französischen als überregionaler Verkehrssprache, sondern auch den Schwund einer eigenständigen regionalen Variante des Französischen und letztlich den Verlust an kultureller Pluralität bescheinigt. Die chronologische Spannweite - von den Anfängen im Mittelalter bis zu neuesten Entwicklungen des ausgehenden 20. Jh. - ebenso wie die methodische Verquickung von varietätenlinguistischer (synchrone Beschreibung der sprachlichen Spezifika dieser Variante des Französischen, verbunden mit ihrer historischen Begründung) und soziolinguistischer Perspektive machen aus dem Buch eine unleugbar nützliche Zusammenschau, die als Einstiegslektüre in den Themenkreis nur zu empfehlen ist. Manch ein Detailkapitel, hier summarisch umrissen, ist, wie der Zufall es will, durch das zeitgleiche Erscheinen umfangreicherer Publikationen zu ergänzen 1 . Auch vermisst man in der Bibliographie hie und da ältere, zum Zeitpunkt der Redaktion zugängliche Beiträge 2 . Besonders bedauerlich ist dies, wenn die Qualität der Beschreibung betroffen ist. So gibt der Autor Belege für die Diphthongierung [e] [ei] im Französischen des Königreichs Jerusalem (58). Den Untersu- 369 Besprechungen - Comptes rendus 1 J.-J. Luthi, En quête du français d’Égypte. Adoption - évolution - caractères, Paris 2005. 2 M. Francis-Saad, «Caractère social du français en Égypte: bilinguisme et interférences», Ela 88 (1992): 130-37; D. Gérard, «La langue française en Égypte dans l’entre-deux-guerres», Égypte/ Monde arabe, 1 re série, 27-28 (1996): 253-84. chungen von P. Nobel 3 verdankt man indessen auch Hinweise auf die gegenläufige Tendenz, [ei], [oi] [e]. Hier hätten also die Ergebnisse im Lichte existenter Spezialarbeiten vertieft werden können. Nichtsdestotrotz ist das formal sorgfältig gemachte Buch 4 in den großen Zügen wie in den dargestellten Detailphänomenen eine unverzichtbare Lektüre zu der Thematik. Joachim Lengert ★ Jürgen Lang, Les langues des autres dans la créolisation, Tübingen (Gunter Narr) 2009. In diesem durch seine wissenschaftliche Tiefe beeindruckenden Buch untersucht Jürgen Lang Kreolisierungsprozesse, wobei er allgemeine Betrachtungen mit präzisen Beispielen aus einer geografisch genau abgegrenzten Region unterlegt, der Insel Santiago auf den Kapverdischen Inseln. Im Gegensatz zur traditionellen und häufig auf europäische Sprachen zentrierten Kreolforschung geht er in dieser Veröffentlichung schwerpunktmässig vom Beitrag der afrikanischen Sprachen - «den Sprachen der anderen» - bei der Entstehung des Kreols aus. Mit grosser Sorgfalt und Behutsamkeit, ethnologischer Tiefe und Liebe zum Detail zeigt er hier mögliche Parallelen zwischen dem Kreolischen von Santiago und insbesondere dem Wolof auf und stuft die Beispiele nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Einflusses noch weiter ab. Die Entscheidung, sich auf einen Bereich der Sprachvergleichs zu konzentrieren, nämlich das Verbalsystem, ist sinnvoll und erlaubt eine eingehende Beschäftigung mit den am Kreolisierungprozess beteiligten Sprachen, ihrer Strukturen und Sprechergemeinschaften. Diese vom konkreten Sprachvergleichen ausgehende Diskussion nimmt mit dem zweiten Kapitel den zentralen Teil des Werkes ein. Der Autor zieht die Ergebnisse seiner Forschung aus mehreren Jahrzehnten heran, um eine allgemeine Theorie der Kreolisierung aufzustellen. Im ersten Kapitel des Buches situiert er sich in Bezug auf die aktuelle wissenschaftliche Debatte. So bleiben für ihn Kreolsprachen bis zu einem gewissen Grad Ausnahmephänomene (96-106), aber auch in der hitzigen Debatte der Wissenschaftler zu diesem Thema bleibt er ausgewogen und offen für alle Argumente. Besonders hervorzuheben ist die Aussage, dass sich die traditionelle Kreolforschung darin geirrt hat, vor allem Kinder und junge Sprecher als die Hauptakteure der neuen Sprachentwicklung anzusehen: Jürgen Lang weist auf die wichtige Rolle der erwachsenen Lerner und ihrer Repräsentationen im Hinblick auf die Zielsprache hin. Diese Betrachtungen (61s. und 108s.) könnten noch stärker mit den Ergebnissen der Spracherwerbsforschung z. B. von Larsen-Freeman, Plag, Pienemann, Porquier und Aguado oder mit den neueren Untersuchungen von Díaz, Pfänder oder Siegel 1 in Verbindung gesetzt werden 370 Besprechungen - Comptes rendus 3 P. Nobel, «Écrire dans le Royaume franc: la scripta de deux manuscrits copiés à Acre au XIII e siècle», in: id. (ed.), Variations linguistiques. Koinè, dialectes, français régionaux, Besançon/ Le Kremlin-Bicêtre 2003: 33-52, speziell p. 46s. 4 Wenige Flüchtigkeitsfehler sind aufgefallen: (21) insaissisable [insaisissable; (23) locuteur du toscan [locuteurs; (27) russnorsk [(frequenter) russenorsk; (172) Rotshchild [Rothschild, (179) désanalisation, désanalisés [dénasalisation, dénasalisés; (189) apologétiste [(frequenter) apologiste; (209) hai [haï. 1 D. Larsen-Freeman, «Language acquisition and language use from a chaos/ complexity theory perspective», in: C. Kramsch (ed.), Language Acquisition and Language Socialization. Ecological Perspectives, London/ New York 2002: 33-46. M. Pienemann, «Is language teachable? Psycholinguistic experiments and hypothesis», Applied Linguistics 10 (1989): 52-79. R. Porquier, «Communica-