Vox Romanica
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2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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2016
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Kristol De StefaniMaria Colombo Timelli / Barbara Ferrari / Anne Schoysman / François Suard (ed.), Nouveau Répertoire de mises en prose (XIVe-XVIe siècles), Paris (Classique Garnier) 2014, 929 p.
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2016
Peter Wunderli
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Besprechungen - Comptes rendus 339 1 Cf. G. Doutrepont, Les mises en prose des épopées et des romans chevaleresques du XIV e au XVI e siècle, Bruxelles 1939 (Nachdrucke Genève 1969, 2011). 2 Cf. Répertoire 2014: 7. 3 La rédaction a supprimé ici quelques propos désobligeants que l’auteur a consacrés aux conditions de travail du monde scientifique actuel, jugées désastreuses pour les sciences humaines, mais qui étaient sans rapport avec l’ouvrage recensé. En définitive, l’édition constitue un pas en avant pour la valorisation de ce genre textuel. Elle peut être lue aux côtés de la monographie de 2010, pour plus d’informations sur Jean Miélot et sa volumineuse production. Ces ouvrages peuvent également éclairer les mécanismes de translation des hagiographies françaises en prose du XV e siècle, ainsi que d’autres textes compilés par Miélot. L’analyse linguistique de l’édition permet de se rendre compte que, malgré une certaine neutralisation de ses picardismes, l’écriture de Miélot n’en est pas totalement dénuée. La syntaxe latinisante employée par l’auteur est mise en lumière de manière efficace, offrant un regard précis sur les systématismes de l’auteur. Au niveau du lexique, l’édition met en lumière un vocabulaire modérément régional et atteste quelques termes rares, qui permettraient d’actualiser certaines entrées de dictionnaire. Finalement, l’édition offre un texte fiable et une introduction éclairante, notamment sur les relations entre les deux copies que nous connaissons de la Vie de Sainte Katherine et sur les modalités de traduction de Jean Miélot. Maud Becker H Maria Colombo Timelli/ Barbara Ferrari/ Anne Schoysman/ François Suard (ed.), Nouveau Répertoire de mises en prose (XIV e -XVI e siècles), Paris (Classique Garnier) 2014, 929 p. Es kann nicht geleugnet werden: Die Überblicksdarstellung zu den Mises en prose aus dem Jahre 1939 von Georges Doutrepont ist in die Jahre gekommen 1 . Nicht, dass wir die Qualität seiner Darstellungen in Zweifel ziehen würden und seine großartige Sammler- und Analytikerleistung nicht hinreichend würdigen würden - aber die Forschung hat in den letzten mehr als 75 Jahren nicht geschlafen. Es sind neue Texte, neue Manuskripte zu bekannten Texten entdeckt worden und die analytische und interpretatorische Arbeit an und mit den Texten hat z.T. überraschende Früchte getragen. Eine neue Darstellung des von Doutrepont so meisterlich behandelten Themenfeldes drängt sich somit auf. Diese Fronarbeit haben die vier Herausgeber auf sich genommen. Neben ihren eigenen Beiträgen muss v.a. ihre organisatorische Leistung gewürdigt werden, denn es ist ihnen gelungen, innert kürzester Zeit ein Kollektiv von 46 Beiträgern zusammenzustellen und auf ein einheitliches Vorgehen einzuschwören; diese «verschworene» Gemeinschaft hat dann innerhalb von nur 2 Jahren ein Panorama von 78 Darstellungen erarbeitet. Warum dieser Druck, diese Eile? Nun, das Projekt ist von offizieller Seite gefördert worden, und zwar durch das italienische MIUR (Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca) und insbesondere durch dessen Ableger an den Universitäten Mailand und Siena 2 . Und dieser Sponsor gesteht nun für die Realisierung eines angenommenen Projekts maximal 2 Jahre zu. Ist das nicht Wahnsinn im Rahmen des heutigen Wissenschaftsbetriebs mit all seinen Unwägbarkeiten, nicht kalkulierbaren Risiken und nicht vorhersehbaren Überraschungen 3 ? Doch verlassen wir das wenig erfreuliche organisatorische Umfeld dieser (und vieler anderer) neueren Publikationen und kehren wir zu diesem in jeder Hinsicht beeindruckenden Besprechungen - Comptes rendus 340 4 Cf. Répertoire 2014: 8 s., sowie 17 s. das Verzeichnis der Texte. Konvolut zurück. Die Herausgeber wollen gewissermaßen einen «neuen Doutrepont» vorlegen, und dies ist ihnen trotz aller Widrigkeiten im Umfeld auch gelungen. Dies verlangte aber eine Reihe von kleineren und größeren Modifikationen im Konzept gegenüber dem Vorgehen bei Doutrepont. Doutrepont hatte versucht, zwischen épopées und romans chevaleresques zu unterscheiden und so zwei konstitutive Blöcke zu ermitteln. Auf den ersten Blick scheint das einleuchtend zu sein, und Paarungen wie Anseïs de Carthage und Cligès oder Fierabras und Erec scheinen eine derartige Zweiteilung vollumfänglich zu rechtfertigen. Aber nur schon bei den Chroniken kommen Zweifel auf, ganz zu schweigen von Texten wie dem Châtelain de Coucy oder Cleomadés. Die Herausgeber sagen mit aller Deutlichkeit, dass die Zuordnung zu diesen beiden Blöcken fragwürdig, oft oberflächlich und willkürlich sei und die Entwicklung unserer Kenntnisse über das Mittelfranzösische und seine Literatur (v.a. im 20. Jh.) sie letztlich obsolet gemacht habe. Und sie ziehen daraus auch die unausweichliche Konsequenz: Sie verzichten auf eine Zuordnung zu den beiden Blöcken und präsentieren die Texte in rein alphabetischer Ordnung nach dem gängigen «Vulgatatitel» in der Kritik der mittelfranzösischen Literatur 4 . Dies ist aber bei weitem nicht der einzige Unterschied zu der Darstellung bei Doutrepont: - Doutrepont schließt einige Texte aus seinem Inventar aus, weil sie nicht in sein starres zweiteiliges Schema passen. Die Neuherausgeber verzichten auf eine derartige Vorabselektion; es werden alle bekannten und zugänglichen Texte berücksichtigt und jeder wird entsprechend der ihm eigenen Charakteristika präsentiert, beschrieben und analysiert. Auf diese Weise werden auch die gleitenden Übergänge sichtbar und die Durchdringung der unterschiedlichsten Genera greif- und darstellbar. - Einige Bemerkungen verdienen auch die chronologischen Grenzziehungen. Das 15. Jh. ist unbestreitbar das Jahrhundert der Mises en prose, aber es wäre falsch, das Phänomen willkürlich auf dieses Jahrhundert beschränken zu wollen. Die ersten Mises en prose finden sich schon um die Mitte des 14. Jh., und die Faszination der Aufhebung des Verszwangs hält auch nach dem Übergang zum 16. Jh. an und flaut erst um 1530 deutlich ab. Der Darstellungszeitraum erstreckt sich so von der Mitte des 14. bis gegen die Mitte des 16. Jh. - Die Herausgeber definieren als Ziel ihrer Arbeit «[d’]offrir une vue panoramique des mises en prose». Das ist ihnen im Rahmen unseres heutigen Kenntnisstandes auch gelungen. Um dieses Ziel möglichst umfassend zu erreichen, weichen sie in einem weiteren Punkt entscheidend von Doutrepont ab. Es gibt eine Reihe von Texten oder Stoffen, die mehr als eine Prosaumsetzung erfahren haben, so z. B. die Belle Hélène de Constantinople, von der uns heute eine anonyme Prosaversion und diejenige von Jean Wauquelin vorliegen. Weitere doppelte oder sogar mehrfache Prosaversionen liegen z. B. vor von: Bertrand du Guesclin, Cleomadés/ Clamadés, Fierabras, Jourdain de Blaves, Geste des Lorrains, Renaut de Montauban, Florimont (3 Mises en prose), Roman de Troies (5 Mises en prose) usw. Anders als bei Doutrepont achten die Herausgeber des neuen Répertoire streng darauf, dass die verschiedenen Versionen säuberlich getrennt bleiben und nirgends vermischt werden. Oder mit anderen Worten: Jede Version wird als eigenes Werk betrachtet und so behandelt, wie man auch jede Kopie eines Textes, einer Handschrift, etc. behandeln müsste. - Ein weiteres dorniges Problem ist die Frage des Verhältnisses zur gereimten Vorlage: Wo haben wir es noch mit einer Mise en prose zu tun, und ab welchem Punkt liegt eine eigentliche Neubearbeitung des Stoffes vor? So sind z. B. die Prosaversionen des Châtelain de Coucy, des Perceval (inkl. Fortsetzungen), des Gérard de Nevers, von Cligès und Erec usw. sehr nahe an der gereimten Vorlage und können auch bei der Anwendung strenger Kriterien als Mises en prose angesehen werden. Texte wie Jean d’Avennes, Baladin, Gérard de Besprechungen - Comptes rendus 341 Roussillon oder der Myreur des histors dagegen unterhalten nur eine lockere Bindung an die gereimte Vorlage und müssten eigentlich als Neubearbeitungen eines gegebenen Stoffes bezeichnet werden. Wenn man in jedem einzelnen Fall dem Problem auf den Grund gehen will, kommt man aber direkt in Teufels Küche. Deshalb haben die Herausgeber wohl das einzig Vernünftige getan: Sie wenden eine sehr weite Konzeption der Mise en prose an, fangen so alle Übergänge auf und entziehen sich damit jeder akademischen Diskussion über Grenzziehungen und Zuordnungen. Wie bereits erwähnt, umfasst das Répertoire 78 Einträge oder «Artikel». Diese sind von sehr unterschiedlicher Länge, grosso modo zwischen 3 und 20 Seiten), was v.a. von zwei Faktoren abhängt: 1. der Zahl der überlieferten Manuskripte und der Vielfalt ihrer Beziehungen zu einander, und 2. dem bescheidenen oder umfassenderen Forschungsstand bezüglich des betreffenden Textes; dass dabei auch die Veranlagung des Autors des Artikels eine Rolle spielt, seine Neigung zur Kürze oder sein Hang zur ausholenden Darstellung, versteht sich von selbst. Was ist nun dieses Répertoire eigentlich? Eine wissenschaftliche Studie ist es sicher nicht, denn dazu fehlt ihm eine durchgängige Leitlinie. Es ist vielmehr eine Art Enzyklopädie der Mises en prose und somit verwandt mit einem Nachschlagewerk. Und Nachschlagewerke lassen sich nun mal nur sehr schwer rezensieren: Man kann ihre Grundprinzipien, ihre Leitlinien darstellen, aber man kann kaum auf die Inhalte der einzelnen Beiträge eingehen, wenn man nicht jeden einzelnen Artikel im Detail analysieren will. So sind wir bis hierher verfahren, und wir werden dieser Darstellungsart auch für den Rest dieser Besprechung treu bleiben. Die 78 Beiträge sind im Prinzip alle gleich aufgebaut, was aber noch lange nicht zu einer einheitlichen Darstellung führt. Die jeweils zu behandelnde Materie ist von viel zu unterschiedlichem Umfang, was unweigerlich zu strukturellen Abweichungen im Artikelaufbau führt. Das fängt schon damit an, dass die Titel der Werke oft nicht identisch mit denen bei Doutrepont sind und den Leser manchmal zu mühsamen Identifikationsversuchen zwingen. Dann spielen die (alten) Kataloge als Zeugnisse für jeden Text eine wichtige Rolle, und die Anzahl der Belege kann jeweils sehr unterschiedlich ausfallen. Zudem gibt es in der Sekundärliteratur oft Ungenauigkeiten und Widersprüche, die ausgeräumt werden müssen - alles Faktoren, die eben doch zu einer Individualisierung jedes einzelnen Eintrags beitragen. Und dann spielt auch die Frage eine wichtige Rolle, ob eine Prosafassung später gedruckt wurde oder nicht, was die Informationsbasis oft um ein Vielfaches erweitert. Gerade die frühen Drucke sind eminent wichtige Zeugen für das frühe Schicksal einer Mise en prose. Zudem muss festgehalten werden, dass der Übergang von der (handschriftlichen) Kopie zum Druck in der Regel keine Zäsur in der Überlieferungstradition darstellt: Kopien und Drucke bilden vielmehr in der Regel ein Kontinuum. Die (im Prinzip) einheitliche Grundstruktur der Beiträge präsentiert sich folgendermaßen in vier Sektionen: 1. Autor, Widmung/ Auftraggeber, Datierung, Verweise auf die Darstellung bei Doutrepont, Zeugnisse, Organisation des Textes. Sofern vorhanden, wird der Prolog wiedergegeben. 2. Quelle: Titel, metrische Form, Zahl der Verse, Zeugen, moderne Editionen. 3. Geschichte der Prosaversion: spätere Verbreitung, alte Drucke bis zum 18. Jh.; alte Übersetzungen. 4. Bibliographie: moderne Ausgaben, wissenschaftliche und kritische Analysen, Übersetzungen und zweisprachige Ausgaben; kritische, chronologisch organisierte Bibliographie. Vor allem dieser letzte Punkt ist nicht unproblematisch. Die chronologische Darstellung erlaubt es zwar, die Entwicklung des Interesses und des jeweiligen Kenntnisstandes relativ leicht nachzuverfolgen, hat aber gegenüber einer alphabetischen Auflistung der Beiträge, Titel usw. den großen Nachteil, dass sie den Benutzer oft massiv behindert. Besprechungen - Comptes rendus 342 5 Cf. Répertoire 2014: 15 s. 6 Cf. P.Wunderli (ed.): Raffaele da Verona, Aquilon de Bavière. Introduction, édition et commentaire par P.W., 3 vol., Tübingen 1982 und 2007; P.Wunderli, «Le fragment parisien de l’«Aquilon de Bavière», ZRPh. 96 (1980): 489-505; G. Holtus/ P.Wunderli, Franco-italien et épopée franco-italienne, Heidelberg 2005 (GRLMA 3/ 1-2/ 10), vor allem p. 165 s. Abgeschlossen wird diese «Enzyklopädie der Prosaumsetzung» durch eine Reihe von (äußerst nützlichen) Indices: Auf eine Liste der wichtigsten Standardreferenzen (u. a. Doutrepont, Woledge etc.) folgen: ein Verzeichnis der Titel, Autoren und Übersetzer (bis zum 16. Jh.), ein Inventar der «artisans» (Kopisten, Illustratoren, Buchbinder), ein Verzeichnis der Drucker, Buchhändler und alten Herausgeber, ein Verzeichnis der Widmungsempfänger, der Auftraggeber und der Besitzer bis ins 18. Jh. und schließlich ein Index der im einen oder andern Sinn relevanten Manuskripte. Was hier vorliegt, ist ein monumentales Werk, das großes Lob verdient, auch wenn die Herausgeber an zahlreichen Stellen eingestehen müssen, dass gewisse Editionen immer noch fehlen, dass gewisse Texte kaum oder nur spärlich untersucht sind und dass in der Regel die linguistischen Untersuchungen fehlen 5 . Das Répertoire hat somit nicht definitiven, sondern nur vorläufigen Charakter. Die Herausgeber und Autoren hatten auch nicht die Absicht, die festgestellten, bestehenden Lücken zu schließen. Vielmehr wollten sie den aktuellen Kenntnisstand dokumentieren und durch das Zusammentragen «des informations et des matériaux en grande partie originaux» die weitere Erforschung dieses Problemkreises anstoßen. Ich denke, das ist ihnen gelungen. Gleichwohl zum Schluss noch ein kritischer Wermutstropfen: Es ist mir unverständlich, warum in diesem Répertoire der franko-italienische Aquilon de Bavière nicht miteinbezogen wurde 6 . Zwar ist der Text nicht französisch, sondern eben franko-italienisch, aber mit einer außerordentlich starken französischen Basis, die die italienische Patina deutlich dominiert. Dann handelt es sich bei diesem Text um die einzige franko-italienische Mise en prose, die allerdings eine weite Definition dieses Begriffs voraussetzt, denn er setzt nicht einfach eine gereimte Vorlage um, sondern integriert einen Großteil des Stoffes der altfranzösischen Epen in einer monumentalen (neuen) Prosaversion, die auch in Frankreich auf Interesse gestoßen zu sein scheint. Diesem Text hätte ein zentraler Platz in der Gesamtdarstellung gebührt. Peter Wunderli H Cécile Barbet (ed.), Linguistique et stylistique des figures, Bruxelles (Peter Lang), 2014, 170 p. (Gramm-R. Études de linguistique française 27) La stylistique peut se définir comme l’ensemble des moyens que la linguistique met à la disposition du lecteur pour examiner un texte et en déduire le sens. C’est dire que la stylistique et la linguistique ont des liens très étroits. À cet effet, cet ouvrage, dirigé par Cécile Barbet, s’interroge sur les outils développés par la linguistique contemporaine susceptibles d’être utiles à la description et l’explication des figures de style. De ce fait, sept articles, qui optent pour un cadre théorique cognitif, sont mis à contribution. Jean-Marie Klinkenberg et Francis Édeline (groupe μ ), «La figure et la recatégorisation de l’expérience» (21-64), s’intéressent à la figure et la recatégorisation de l’expérience. Pour la sémiotique cognitive, la perception n’est pas extérieure au sens, c’est au contraire celle-ci qui la produit. Le sens émerge de l’expérience. Pour la sémiotique cognitive,
