Vox Romanica
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0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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2016
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Kristol De StefaniGeorg Kremnitz, Frankreichs Sprachen, Berlin (De Gruyter) 2015, 204 p. (Romanistische Arbeitshefte 60)
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Sabine Ehrhart
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Besprechungen - Comptes rendus 347 du Français Langue Étrangère ou Seconde. Sur le plan théorique, il invite à réfléchir à la possibilité - et à l’opportunité - d’inclure dans l’espace francophone ces pratiques francophiles, dont les rapports avec l’histoire des variétés de français hors de France (déjà en évolution même au-delà de l’Atlantique à l’époque étudiée dans ce volume) méritent d’être approfondis. Cristina Brancaglion H Georg Kremnitz, Frankreichs Sprachen, Berlin (De Gruyter) 2015, 204 p. (Romanistische Arbeitshefte 60) Georg Kremnitz legt mit dem 2015 in der Reihe der «Romanistischen Arbeitshefte» bei De Gruyter erschienenen Buch «Frankreichs Sprachen» ein Referenzwerk zur Sprachenlage in Frankreich vor, welches sicher über lange Jahre hinweg seine Aussagekraft behalten wird. Er zeigt darin die diachronische Fundierung der Sprachenvielfalt innerhalb des Hexagons und stellt die Beziehungen heraus, welche das Französische zu den Regionalsprachen des Landes im Laufe der Geschichte unterhielt. Besondere Tiefe erhält die Beschreibung dadurch, dass gegenwärtige Sprachkontaktsituationen durch nicht-territorialisierte Sprachen im europäischen Frankreich und andere zwischen dem Französischen und anderen einheimischen Sprachen in den Überseegebieten als ebenso bedeutsam angesehen und in derselben Ausführlichkeit dargestellt werden als die in der Geschichte verwurzelten. Auf der Grundlage dieser reichen Ausführungen erlaubt sich der Autor vorsichtige und wissenschaftlich abgesicherte Prognosen für die Zukunft der Frankophonie. Die 203 Seiten des in einem verständlichen Stil geschriebenen Buches sind zum Zweck der besseren Zugänglichkeit in zehn Kapitel untergliedert. Man kann sie entweder hintereinander lesen oder aber wie ein Nachschlagewerk konsultieren. Die Informationskapitel 1-7 enden jeweils mit Arbeitsaufgaben zur praktischen Anwendung und Festigung der besprochenen Inhalte. Im ersten Kapitel unterstreicht der Autor nach einer statistisch fundierten Einleitung in die Demografie Frankreichs die Bedeutung des Sprachenmanagements angesichts der Pluralität in der französischen Sprachenlandschaft: «Die Darstellung soll zeigen, dass die Sprachenfrage, in Frankreich wie in den allermeisten anderen Staaten, heute kein Randproblem ist, sondern einen erheblichen Teil der Wohnbevölkerung betrifft, wenn auch in unterschiedlichem Maße» (5). Durch das Kapitel 2 wird der Leser mit den wichtigen Etappen der Sprachengeschichte und Sprachenpolitik Frankreichs vertraut gemacht, mit einem Querverweis auf die grundlegenden Dokumente dazu, welche sich im Kapitel 9 wiederfinden. Sehr deutlich wird hierbei die Kluft zwischen der noch stark im monolingualen Habitus verhafteten offiziellen Sprachenpolitik und den Forderungen der verschiedenen Sprechergruppen, welche mehr Anerkennung ihrer Sprachen im kommunikativen Alltag fordern. Im darauffolgenden dritten Kapitel werden zentrale Begriffe der französischen Sprachpolitik eingeführt, wie Nation, Sprache und Dialekt und darauf aufbauend die international verwendeten sprachwissenschaftlichen Konzepte im Bereich der Zwei- und Mehrsprachigkeit. Hierbei legt der Autor besonderen Wert auf die soziolinguistisch bedeutsamen Unterscheidungen zwischen dominanter und dominierter Sprache, Regionalsprache und Minderheitensprache und die Abgrenzung von Außengruppen und Eigengruppen (Sprechergemeinschaften mit oder ohne Unterstützung von jenseits der Landesgrenze). Die Idee der Normalisierung einer Sprache wird kritisch hinterfragt, gerade auch in Hinsicht auf den Gebrauch in der schriftlichen oder der mündlichen Kommunikation. Besprechungen - Comptes rendus 348 1 Sie findet sich aktuell noch unter der Adresse www.aplv-languesmodernes.org/ spip.php? article102. Das vierte Kapitel ist eine hervorragende Informationsquelle zu den autochthonen Sprachen im französischen Mutterland. Die wichtigsten Bewegungen werden hier in ihrer Dynamik dargestellt und für den interessierten Leser wird auf weiterführende Literatur verwiesen. Dabei überschreitet der Autor nur dann kurz Landesgrenzen, wenn zum besseren Verständnis der Sprache auch die Lage in den benachbarten Ländern hinzugezogen werden sollte. Nach dem Okzitanischen, Baskischen, Katalanischen und Bretonischen werden die germanischen Sprachen, das Korsische, das Flämische, das Frankoprovenzalische, die kleinen und heute verschwundenen ligurischen Sprachinseln und die in der nördlichen Hälfte des Hexagons angesiedelten langues d’oïl vorgestellt. Die Unterordnung der Sprachen des Elsass und von Lothringen unter den Titel «Das Deutsche» ist zwar aus historischer Sicht vertretbar (und das wird auch in den einleitenden Worten dazu angeführt), aber für heutige Leser u. U. etwas irritierend. Die grosse Anzahl an Grenzpendlern aus Lothringen, die in Deutschland (Saar) oder in Luxemburg arbeiten, hat in etwa seit der Jahrtausendwende zu einem gewissen Aufschwung der moselfränkischen Varietäten geführt. Diese Tendenz wird zu Ende des Abschnittes etwas vage als mögliche Zukunftsperspektive angekündigt, obwohl dies schon eine seit der Jahrtausendwende klar beobachtbare Tatsache ist. Die abschliessenden Bemerkungen zu diesem Kapitel liefern nochmals eine Synthese der beschriebenen Prozesse, wobei nach Intensität des Sprachenverlusts oder umgekehrt der Bewahrung und der Gründe dafür unterschieden wird. Eine einfach skizzierte Karte mit der geografischen Verteilung der Sprachen im französischen Mutterland rundet die Beschreibung ab (85, Abb. 1, Quelle: www.dglf.gouv.fr). Allerdings ist die Karte durch diese Angabe nicht mehr abrufbar und nur über Umwege erreichbar 1 . Es wäre sicherlich interessant gewesen, noch stärker auf digitale Quellen zu verweisen, weil diese die Beziehung zwischen Sprache und Raum in einer grösseren Komplexität und Aktualität darzustellen vermögen als ein Buch, welches nach der Drucklegung nicht mehr bearbeitet werden kann. Das fünfte Kapitel hat nach den historischen Ausführungen zur Landesgeschichte Frankreichs eine mehr der Zukunft zugewandte Ausrichtung. Es beschäftigt sich mit «Sprachen, die in Frankreich aufgrund von Migration gesprochen werden (oder wurden).» (87) Hier sind die Sprachen der Juden (mit Jiddisch, Judenspanisch und Hebräisch als Hauptvertretern), die Sprachen der Roma, das maghrebinische Arabisch, das Berberisch (Tamazight), das (West-) Armenische und die französische Gebärdensprache aufgeführt. Auch für Leser, die mit der Sprachensituation in Frankreich gut vertraut sind, finden sich hier noch interessante Informationen. Der Ausblick auf die Sprachen der Überseegebiete im sechsten Kapitel wird feinfühlig gehandhabt, indem die tatsächliche politische und verwaltungsmässige Lage beschrieben wird, ohne aber dabei die Forderungen und Ansichten der einheimischen Bevölkerungen ausser Acht zu lassen, welche oft mit mehr oder weniger Vehemenz nach mehr Autonomie oder nach Unabhängigkeit streben. Bei der Erwähnung des CAPES Créole (z. B. auf p. 122 für La Réunion) hätte hingegen noch stärker auf die problematische Verknüpfung zwischen den Kreolsprachen der unterschiedlichen Kontinente eingegangen werden können, welche dieses Schulfach vornimmt. In diesem wird nämlich weitestgehend eine Interkomprehension zwischen den französisch basierten Kreolsprachen der Antillen, von Guyana und La Réunion postuliert, welche nicht dem tatsächlichen Verständnis der Sprechergemeinschaften entspricht. Die Darstellung der frankophonen pazifischen Inselwelt erwähnt die Eckpfeiler der sprachlichen und politischen Entwicklung von der Vergangenheit bis in die Gegenwart. Die Einschätzung der schulischen Förderung der Mehrsprachigkeit und damit der einheimischen Besprechungen - Comptes rendus 349 Sprachen oder zumindest einiger davon könnte eventuell etwas optimistischer ausfallen, wenn man die aktuelle Entwicklung mit Schulprojekten wie z. B. ECOLPOM betrachtet (I. Nocus/ J.Vernaudon/ M. Paia, L’école plurilingue en outre-mer. Apprendre plusieurs langues, plusieurs langues pour apprendre. Rennes 2014). Eine knappe Darstellung des im Indischen Ozean gelegenen neuen Départements Mayotte rundet die Ausführungen ab. Die einführende Karte auf p. 108 liefert wiederum eine sehr schematische Darstellung. Für den Leser wären weitere Detailkarten sicherlich ebenfalls von Interesse gewesen. Die im 7. Kapitel dargestellten ausgewählten Sprachen der Einwanderer im 20. und 21. Jahrhundert werden vor allem aufgrund von historischen Fakten beschrieben. In einigen Fällen leiten sich diese Ausführungen von Bewegungen wie den Pilgerströmen nach Santiago de Compostela oder der Französischen Revolution her und lassen daher weniger Platz für aktuelle Entwicklungen oder Zukunftsperspektiven. Italienisch, Spanisch, Deutsch, Polnisch, Portugiesisch sowie afrikanische, chinesische und südostasiatische Sprachen werden hier in kurzen Abschnitten aufgeführt. Von besonderem Interesse ist die abschliessende Diskussion um den Wert der Mehrsprachigkeit im achten Kapitel. Hierbei stellt der Autor die individuelle der kollektiven Sicht gegenüber und entwirft Szenarien einer Sprachenpolitik, welche die Vielfalt stärkt, ohne der französischen Sprache zu schaden. Die im neunten Kaptitel aufgeführte Liste Cerquiglini von 1999 kann als Rückgrat des gesamten Werkes verstanden werden. Daraus erklärt sich wohl auch, dass dem Englischen nur punktuell und zwischen den Zeilen Aufmerksamkeit geschenkt wird. Gerade im Sinne einer holistischen Sprachökologie wäre es jedoch sinnvoll, alle Akteure zu nennen, die von sprachenpolitischer Bedeutung sind, um bei einer Harmonisierung möglichst alle Einflussfaktoren zusammenzufassen. Gerade dadurch könnte das Französische geschützt oder sogar gestärkt werden. Der umfassende Charakter des Werkes bringt es natürlicherweise mit sich, dass manche Daten schon wieder etwas veraltet sind. Es ist völlig unmöglich, durch einen Autor alle Informationen hochaktuell und gleichzeitig mit wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit zu erfassen und wiederzugeben, auch wenn dieser sich auf ein aktives Netzwerk an Korrespondenten stützt. Bei der Aktualisierung der Angaben und beim Kartenmaterial hätten Hinweise auf mehr digitale Quellen und Medien Hilfestellung geben können. Ein Glossar der wichtigsten Begriffe hätte weiterhin die Auffindbarkeit der Termini erhöht, auch wenn die logische Gliederung der Kapitel die Suche durchaus erleichtert. Das besondere Verdienst von «Frankreichs Sprachen» ist es, dem deutschsprachigen Publikum die Sprachenlage Frankreichs nahe zu bringen, in einer verständlichen Weise und ohne die Komplexität der Lage zu reduzieren. Es wird jedem Leser einen Erkenntnisgewinn bringen, egal inwieweit dessen Vorwissen ausgebaut ist. Eine Übersetzung des Buches in andere europäische Sprachen (auch Französisch) würde sicherlich den sprachpolitischen Dialog auf unserem Kontinent weiter bereichern. Sabine Ehrhart H Claudine Fréchet (ed.), Dictionnaire des régionalismes de Rhône-Alpes, Paris (Honoré Champion) 2015, 1084 p. (Dictionnaires & Références 32) Le Dictionnaire des régionalismes de Rhône-Alpes (désormais DRRA) est le fruit d’un travail collectif dirigé par C. Fréchet initié au début des années 80, date à laquelle J.-B. Martin a entamé, dans le cadre de ses recherches à l’Institut Pierre Gardette de l’Université Catholique de Lyon, «un collectage systématique des régionalismes employés dans la région