Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa)
vvaa
2366-0597
2941-0789
Francke Verlag Tübingen
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2018
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Fischer Heilmann Wagner KöhlmoosForum Exegese und Hochschuldidaktik: VvAa Verstehen von Anfang an Jg. 3 - 2018 | Heft 2 www.francke.de VvAa - 2018 | Heft 2 Bibelkunde Herausgegeben von Stefan Fischer, Jan Heilmann und Thomas Wagner in Zusammenarbeit mit Melanie Köhlmoos Jg. 3 - 2018 | Heft 2 Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an ISBN978-3-7720-8669-4 Editorial Hauptbeiträge Lukas Bormann Nur ein einziges Buch. Bibelkunde als hochschuldidaktische Herausforderung in den modularisierten Studiengängen der Ev. Theologie Matthias Hopf Bibelkenntnis statt Bibelkunde. Erwägungen zum Umgang mit biblischen Texten in der Integrationsphase des Pfarramts-/ Masterstudiums Thomas Wagner Bibelkunde als E-Learning-Kurs. Eine Projektskizze Carl Henrich / Sarah Krebs / Jennifer Schaaf / Jessica Schaaf Bibelkunde als Studieninhalt. Ein Interview mit Studierenden in Pfarr- und Lehramtsstudiengängen sowie in den Religionswissenschaften Lehr-/ Lernbeispiele Florian Oepping Speeddating - Speedhating. Ein innovatives Lehrbeispiel zu den zwölf kleinen Propheten Nils Neumann „… denn eine Volksmenge war an dem Ort“ ( Joh 5,13). Das Johannesevangelium in der Großgruppe erschließen Frontend Nathanael Lüke www.bibelwissenschaft.de. Das wissenschaftliche Portal der Deutschen Bibelgesellschaft Rezensionen Interview mit … Martin Rösel Inhalt Editorial Stefan Fischer / Jan Heilmann / Thomas Wagner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Hauptbeiträge Lukas Bormann Nur ein einziges Buch Bibelkunde als hochschuldidaktische Herausforderung in den modularisierten Studiengängen der Ev. Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Matthias Hopf Bibel kenntnis statt Bibel kunde Erwägungen zum Umgang mit biblischen Texten in der Integrationsphase des Pfarramts-/ Masterstudiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Thomas Wagner Bibelkunde als E-Learning-Kurs Eine Projektskizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Carl Henrich / Sarah Krebs / Jennifer Schaaf / Jessica Schaaf Bibelkunde als Studieninhalt Ein Interview mit Studierenden in Pfarr- und Lehramtsstudiengängen sowie in den Religionswissenschaften . . . . . . . 67 Lehr-/ Lernbeispiele Florian Oepping Speeddating - Speedhating Ein innovatives Lehrbeispiel zu den zwölf kleinen Propheten. . . . . . . . . 77 Nils Neumann „… denn eine Volksmenge war an dem Ort“ ( Joh 5 , 13 ) Das Johannesevangelium in der Großgruppe erschließen . . . . . . . . . . . . 85 Frontend Nathanael Lüke www.bibelwissenschaft.de Das wissenschaftliche Portal der Deutschen Bibelgesellschaft . . . . . . . . 99 Rezensionen Thomas Hieke / Benedict Schöning: Methoden alttestamentlicher Exegese rezensiert von Carolin Neuber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Lukas Bormann: Theologie des Neuen Testaments. Grundlinien und wichtigste Ergebnisse der internationalen Forschung, Basiswissen Theologie und Religionswissenschaft rezensiert von Susanne Luther . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Interview mit … Martin Rösel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 - 2018, Heft 2 Editorial Stefan Fischer / Jan Heilmann / Thomas Wagner Die Bibelkunde stellt für Studierende und Lehrende eine Hürde dar und zwar nicht nur zu Beginn des Studiums, sondern auch in der Integrationsphase. Das Studium keiner anderen Disziplin der Theologie enthält einen vergleichbaren Bereich, der sich fast ausschließlich auf inhaltsbezogenes Wissen (i. e. Inhalt und Struktur biblischer Texte) bezieht. Für Studierende steht Bibelkunde wohl vor allem für das Auswendiglernen und Hersagen von Bibelstellen; die größte Herausforderung für die Lehrenden lässt sich an der vielfach zu hörenden Klage ablesen, dass die Studierenden wegen der veränderten Sozialisationsbedingungen und der häufig in Elternhaus, Schule und Kirche zu kurz gekommenen Auseinandersetzung mit biblischen Erzähltraditionen nur noch rudimentäre Vorkenntnisse hätten. Zugleich gibt es eine Reihe von meist evangelikal sozialisierten Studierenden, die sich in der Erzählwelt der biblischen Texte sehr gut auskennen, jedoch Mühe mit einer hermeneutisch-kritischen Reflexion haben. Generell wird die Zeit, die für die Bibelkunde zur Verfügung steht, angesichts der Menge des Stoffes, stets als zu knapp angesehen. Und dies geschieht, obwohl sie an den einzelnen Fakultäten und in verschiedenen Studiengängen sehr unterschiedlich bemessen ist. Wenn Bibelkunde nicht integriert unterrichtet wird, umfasst sie im Minimum eine zweistündige, einsemestrige Veranstaltung für Altes und Neues Testament zusammen. Mit der Bibelkunde sind verschiedene hochschuldidaktische Herausforderungen verbunden, die in diesem Heft aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet werden: 1 . Heterogenität im Hinblick auf das Vorwissen sowie im Hinblick auf verschiedene Lerntypen; 2 . damit verbunden ist die Frage nach den richtigen Lernmedien und deren Ausgestaltung; 3 . motivationale Herausforderungen, das Lernen von häufig als ‚dröge‘ empfundenen 4 Stefan Fischer / Jan Heilmann / Thomas Wagner Inhalten interessant aufzuarbeiten, darzubieten sowie die Relevanz der Inhalte für das Studium und die spätere Berufspraxis deutlich zu machen; 4 . Vernetzung des primär inhaltsbezogenen Wissens mit weiteren Inhalten des Faches sowie mit hermeneutischen Grundkompetenzen. 5 . Damit verbunden ist die Herausforderung, wie genau man die Lernziele der Bibelkunde (kompetenzorientiert) bestimmt und sinnvoll prüft. 6 . Außerdem stellt sich die Frage, ob Bibelkunde in einer eigenen Lehrveranstaltung oder integriert unterrichtet wird bzw. wie hoch der Anteil zwischen Selbstudium und Instruktion anzusetzen ist. 7 . Zudem werden an manchen Studienorten unterstützend Tutorien angeboten. Diese müssen didaktisch sinnvoll an die Veranstaltungen zurückgebunden werden. Auch wenn das Budget für Fachlehrveranstaltungen begrenzt ist, so eröffnet das integrierte Lernen von Anfang an doch große Möglichkeiten, Wissenstiefe durch Vernetzung zu erreichen. Wie schon bei den Heften zum Proseminar und Biblischen Sprachen muss auch hier wieder beklagt werden, dass die fundamentalen Kenntisse zumeist nicht auf professoraler Ebene unterrichtet werden, als ob die Vermittlung der biblischen Stoffe keiner theologischen Reflexion bedürfe, da nur Inhalte vermittelt würden. Obwohl bereits dieses sachlich nicht zu halten ist, da die Komplexität von biblisch-theologischen Themen eine tiefe geistige Durchdringung erfordert und jede Vermittlung theologisch gefärbt ist, so erscheint diese dann, wenn Bibelkunde insbesondere im Verbund mit Einleitungswissenschaft unterrichtet wird, um so dringlicher. Die Beiträge dieses Heftes adressieren diese Problematiken. Lukas Bormann geht der Frage nach, in welcher Form, in welchem Format und mit welchem Ziel Bibelkunde in modularisierten Studiengängen unterrichtet werden soll. Ausgehend von einem instruktiven Überblick über den derzeitigen Stand von Bibelkunde an deutschen Universitäten, der auf einer Durchsicht der jeweils aktuellen Regularien basiert, stellt Bormann die Geschichte des Lehrgegenstandes dar, die seit ihrem Beginn mit einer apologetischen Tendenz der Bibelkunde verbunden war. Er spricht sich vehement gegen eine Bibelkunde aus, die nicht zugleich Fragen der Einleitungswissenschaft aufnimmt. Bormann führte zudem eine qualitative Befragung von Studierenden und Alumni durch, um ein genaueres Bild der Lehr-/ Lern-Wirklichkeit in der Bibelkunde, jenseit der Normativität von Studien- und Prüfungsordnungen, zu erhalten - ein Ansatz, der zukünftig in der fachbezogenen Hochschuldidaktik weiter ausgebaut werden sollte. Matthias Hopf stellt Erwägungen zum Umgang mit Bibelkunde in der Integrationsphase des Pfarramts- und Masterstudiums an. Dabei beleuchtet er zunächst die formalen, sachlichen und lernmedialen Voraussetzungen, analysiert in einem zweiten Schritt die Situation am Beginn der Intgegrationsphase und skizziert zuletzt einen eigenen Ansatz, wie den Herausforderungen des Editorial 5 Bibelkundestudiums in der Integrationsphase begegnet werden könnte. Dabei schreibt er motivationalen Aspekten, der eigenen Lektüre biblischer Texte und der Aktivierung zu eigener Arbeit eine besondere Rolle zu. Thomas Wagner stellt ein mehrfach evaluiertes, digitales Lehr-/ Lern-Konzept vor, mit dessen Hilfe Bibelkunde an der Bergischen Universität Wuppertal vermittelt wird. Ausgehend von einer Übersicht des Angebots lernmedialer Hilfsmittel für das Studium der Bibelkunde, stellt er Überlegungen zu Umfang, Nachhaltigkeit und Prüfungsformen an und reflektiert damit die didaktische Ausgangssituation. Anschließend beschreibt er Aufbau und Didaktik des verwendeten E-Learning-Kurses, wobei er am Schluss kurz auf die weitere Entwicklung elektronisch gestützter Formate für das bibelkundliche Lernen blickt. Der vierte Hauptbeitrag nimmt die Studierendenperspektive in den Blick. In einem Interview mit vier Studierenden der Goethe-Universität Frankfurt fragen wir nach Lernprozessen in theologischen und religionswissenschaftlichen Studiengängen. Sarah Krebs , Jennifer und Jessica Schaaf sowie Carl Henrich gewähren uns Einblicke in ihre Wahrnehmung und Erfahrung mit selbstgesteuertem und angeleitetem Erlernen biblischer Inhalte. Florian Oepping demonstriert in seinem Lehr-/ Lern-Beispiel eine Methode, bei der Bibelkunde in Anlehnung an Speed-Dating gelernt und vertieft wird. Als Beispiel dienen ihm die zwölf kleinen Propheten, von denen die Studierenden je einen ‚eigenen‘ Propheten vorstellen. Es handelt sich um ein interaktives Format für eine Sitzung, bei dem Studierende selbst zu Experten ausgewählter biblischer Texte werden und sich in einer spezifischen Sitzordnung gegenseitig austauschen. Nils Neumann gibt einen Einblick, wie Bibelkunde in großen und heterogenen Lerngruppen unterrichtet werden kann. Er beschreibt zunächst seinen didaktischen Ansatz, Bibelkunde in einem interaktiven Vorlesungsformat mit den Studierenden zu erarbeiten. Konkret stellt er die Umsetzung dieses Ansatzes exemplarisch am Johannesevanglium dar. In der seit dem letzten Heft neuen Kategorie Frontend stellt Nathanael Lüke das wissenschaftliche Bibelportal der Deutschen Bibelgesellschaft vor. Hier sind nicht nur eine Bibelkunde, sondern verschiedene Lexika, Bibelübersetzungen und neuerdings auch eine Zeitschrift zu finden. Susanne Luther bespricht die Theologie des Neuen Testaments. Grundlinien und wichtigste Ergebnisse der internationalen Forschung , welche Lukas Bormann kürzlich vorlegte, und Carolin Neuber rezensiert das 2017 in der Reihe Theologie kompakt erschienene Lehrbuch Methoden alttestamentlicher Exegese von Thomas Hieke und Benedict Schöning. Ein Interview mit Martin Rösel beschließt diese Ausgabe. Der aufmerksame Leser wird die teileweise divergierenden Ansichten in den Beiträgen bemerken, die die Diversität der aktuellen Diskussion widerspiegeln. 6 Stefan Fischer / Jan Heilmann / Thomas Wagner Sie sind Ansichten der jeweiligen Autoren und nicht der Herausgeber. Gerade wegen ihrer Diversität empfehlen wir Sie als gewinnbringende Lektüre. Anregungen und Rückmeldungen sind wie immer willkommen unter info@ vvaa.de. Stefan Fischer, Wien, Jan Heilmann, Dresden, und Thomas Wagner, Wuppertal Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 - 2018, Heft 2 Nur ein einziges Buch Bibelkunde als hochschuldidaktische Herausforderung in den modularisierten Studiengängen der Ev. Theologie Lukas Bormann Abstract | The paper deals with teaching and learning in “Bibelkunde”, which means in the German theological studies the teaching of basic knowledge about the contents and structures of the biblical books with respect to chapter and verses. The author gives an overview over current teaching instructions of German Universities (module descriptions, examination regulations) and presents the results of a qualitative interview of students and alumni. The paper states that teaching the Bible as part of an academic training in Theology necessarily has to address basic results of the critical research in the Bible. 1 Inhalt und Aufbau der Bibel als Gegenstand universitärer Lehre ‚Nur ein einziges Buch! ‘, das war die Reaktion eines Professors für Pädagogische Psychologie, als ich mit ihm über eine Lehrveranstaltung in Bibelkunde ins Gespräch kam. Die übliche Antwort des Theologen, dass es sich in Wahrheit um eine ganze Bibliothek handele, die historische, kulturelle und religionsgeschichtliche Sachverhalte reflektiere, die sich über einen Zeitraum von etwa 1500 Jahren mit mehrfachen grundlegenden Veränderungen im Weltbild und in den anthropologischen Grundannahmen und schließlich im Übergang vom Alten Orient über das persische Reich hin zum Hellenismus erstrecke, war eine wohlfeile Apologie im Rahmen eines universitären Flurgesprächs, die aber letztlich auf das Verdikt ‚nur ein einziges Buch! ‘ nicht völlig zutreffend reagierte. 8 Lukas Bormann Der Hinweis auf die Bibliothek und das Anführen des umfangreichen Wissens, das erst ein Verständnis der über einen langen Zeitraum entstandenen verschiedenen biblischen Bücher eröffnet, hat zwar die wissenschaftliche Theologie verteidigt, nicht aber die Lehrveranstaltung Bibelkunde, in der die genannten Sachverhalte nicht unmittelbar Gegenstand sind, da sie in den Bereich der Einleitungswissenschaften fallen. Bibelkunde nach der in der deutschen Theologie vorherrschenden klassischen Definition umfasst: Inhalt und Aufbau der Bibel nach Kapitel- und Versgruppen geordnet auf der Basis einer deutschen Bibelübersetzung, bzw. in der vollständigen Definition der vom Evangelisch-theologischen Fakultätentag verabschiedeten Bibelkundeordnung: „Gesamtüberblick über Inhalt und Aufbau der biblischen Bücher anhand des deutschen Textes, wobei in der Regel die Kenntnis der Inhalte nach Kapiteln bzw. Kapitelgruppen erwartet wird. Die örtlichen Prüfungsbestimmungen können vorsehen, dass ergänzend grundlegende biblische Themen und Motive durch das Alte und das Neue Testament hindurch verfolgt werden. Es besteht die Möglichkeit, Schwerpunkte zu vereinbaren. Bei Schwerpunkten sind differenziertere Kenntnisse erforderlich.“ 1 Diese Inhalte setzen weder die Kenntnis der Quellensprachen Hebräisch, Aramäisch und Griechisch, noch der Geschichte Israels oder des frühen Christentums und auch keine einleitungswissenschaftlichen Grundkenntnisse über die Abfassungsverhältnisse der biblischen Bücher voraus. Der Fakultätentag ergänzt aber als Nr. 3 einen Hinweis auf die nicht obligatorische Berücksichtigung der Einleitungswissenschaften: „Die örtlichen Prüfungsordnungen können vorsehen, dass grundlegende Einleitungskenntnisse einbezogen werden können, soweit sie für das Verständnis einzelner biblischer Schriften oder des altbzw. neutestamentlichen Kanons wesentlich sind.“ 2 Es lassen sich auf dieser Basis bereits zwei Verständnisse von Bibelkunde idealtypisch unterscheiden: Auf der einen Seite steht eine Bibelkunde, die sich ausschließlich auf Inhalt und Aufbau der Bibel konzentriert, sozusagen eine ‚reine‘ Bibelkunde, und auf der anderen Seite eine Bibelkunde, die Wissen über die Abfassungsverhältnisse der biblischen Schriften, d. h. Einleitungswissen, miteinbezieht, nennen wir sie eine wissenschaftlich verantwortete Bibelkunde. Das letztere Verständnis dürfte ausdrücklich oder unausgesprochen im akademischen Unterricht vorherrschen. Man ist sich dabei zwar bewusst, dass die genannten Kenntnisse nicht unmittelbar Lehr- und Prüfungsgegenstand der 1 Richtlinien zur Prüfung in Bibelkunde (Biblicum) des Evangelisch-theologischen Fakultätentags vom 8 . Oktober 2011 , Nr. 2 , in: Beintker, Ausbildung, 109 - 111 . 2 Richtlinien zur Prüfung in Bibelkunde (Biblicum) des Evangelisch-theologischen Fakultätentags vom 8 . Oktober 2011 , Nr. 3 , in: Beintker, Ausbildung, 109 - 111 . Nur ein einziges Buch 9 Bibelkunde sein können, sieht aber die Notwendigkeit, dass Lehre in Bibelkunde zumindest die Entstehungszeit und die Abfassungsverhältnisse eines biblischen Buches zu skizzieren hat, bevor man sich mit seinen Inhalten befasst. Damit ist das hochschuldidaktische Grundproblem universitärer Lehre in Bibelkunde benannt: Der Erwerb von Kenntnissen über Inhalt und Aufbau der biblischen Bücher auf der Grundlage einer deutschen Bibelübersetzung berührt und überschneidet sich mit Grundannahmen zu einleitungswissenschaftlichen Fragen über die Entstehung der biblischen Bücher. Insofern ist es notwendig, die Frage zu stellen und zu beantworten, wie sich eine wissenschaftlich verantwortete Bibelkunde im obengenannten Sinn und Einleitungswissenschaft sinnvoll zueinander verhalten. Blickt man kurz auf gängige Studien- und Prüfungsordnungen, wird deutlich, dass es hier unterschiedliche Ansätze gibt. 3 Manche Ordnungen, mehrheitlich aus dem Bereich der Pfarramtsstudiengänge, ziehen eine klare Grenze zwischen bibelkundlichem Wissen und Einleitungswissenschaften, andere reflektieren das Verhältnis der beiden Wissensbereiche oder setzen weitere Akzente. Insgesamt wird man sagen können, dass bibelkundliche Lehrveranstaltungen, die in ein umfassenderes und gestuftes exegetisches Curriculum aus Methodenseminar, Einführung und exegetischem Hauptseminar bzw. Basismodul und Ausbaubzw. Vertiefungsmodul eingebunden sind, und das betrifft in der Regel die Studiengänge für das Pfarramt und großenteils für das gymnasiale Lehramt, in den Studienordnungen eine klarere Grenze zwischen Einleitungswissenschaft und Bibelkunde ziehen, als das in denjenigen Studiengängen der Fall ist, in denen für Lehre in den Fächern Altes und Neues Testament nur ein begrenzter Stunden- 3 Dr. Johanna Conrad stellte eine umfangreiche Übersicht der im Jahr 2018 gültigen Studien- und Prüfungsordnungen zusammen, die sich auf Bibelkunde beziehen. Auf dieser Übersicht beruhen die diesbezüglichen Äußerungen in diesem Beitrag. Lukas Bormann, * 1962, Dr. theol., ist Professor für Neues Testament an der Philipps-Universität Marburg (Schwerpunkt: Sozial- und Literaturgeschichte des frühen Christentums). Promoviert wurde er 1993 mit einer Arbeit über Philippi an der Universität Frankfurt a. M., wo er 2000 mit einer Arbeit über Religion, Recht und Gerechtigkeit im Lukasevangelium habilitierte. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Sozial- und Literaturgeschichte des frühen Christentums, der Rezeptionsgeschichte des AT im NT und in der Forschungsgeschichte der neutestamentlichen Wissenschaft. Er ist Autor der Bibelkunde: Altes und Neues Testament , die in der Reihe UTB basics erschienen ist. 10 Lukas Bormann anteil zur Verfügung steht wie überwiegend in den durch Bachelorstudiengänge abgebildeten Lehramtsstudiengängen und Nebenfächern bzw. Exportmodulen. Hier wird Bibelkunde oftmals gar nicht als eigene Lehrveranstaltung angeboten, sondern der Erwerb bibelkundlichen Wissens als Teilbereich der Lehre etwa in einem bibelwissenschaftlichen Modul genannt. Ob sich das auch genauso in der tatsächlich durchgeführten Lehre auswirkt oder ob nicht gar das Gegenteil der Fall ist, dass nämlich bibelkundliche Lehrveranstaltungen für Pfarramtsstudiengänge und für das gymnasiale Lehramt de facto sehr viel mehr einleitungswissenschaftliches Wissen und quellensprachliche Hinweise einfließen lassen, sollte zumindest bedacht werden. Die Erfahrungen des Autors dieses Artikels weisen jedenfalls in die Richtung, dass bibelkundliche Lehrveranstaltungen an Fakultäten doch eher umfangreicher auf das erwartete, gewünschte und zu erwerbende Wissen in den exegetischen Fächern verweisen oder auch reagieren als dies in den Studiengängen der Fall ist, in denen Bibelkunde etwa 50 % der Lehre im Alten und Neuen Testament umfasst. Angesichts dieser Problematik ist auch auf den Sachverhalt hinzuweisen, dass die zunehmend präskriptive Definition und strukturelle Durchdringung der Lehrveranstaltungen im Modulsystem (Modulbeschreibung, Leistungsbzw. ECTS -Punkte, Workload usw.) unter Umständen zu einem Auseinanderdriften von Modulbeschreibung und Lehrwirklichkeit führt. Die hochschuldidaktische Grundproblematik der Lehre in Bibelkunde, das Verhältnis von Einleitungswissenschaften und Inhaltskenntnis der Bibel, differenziert sich weiter aus, wenn man die sehr unterschiedlichen Verhältnisse im Alten Testament und im Neuen Testament in die Betrachtung miteinbezieht. Während die Einleitungsfragen im Neuen Testament einen Entstehungszeitraum der Schriften von ca. 60 bis 90 Jahren (vom Markusevangelium ca. 69 / 70 n. Chr. bis Pastoralbriefe um 120 - 150 n. Chr.) und einen erzählten Zeitraum von ca. 4 v. Chr. bis 64 n. Chr. (Tod des Herodes des Großen bis Haft des Paulus in Rom) zu reflektieren haben, 4 reicht die erzählte Zeit der alttestamentlichen Schriften von der Schöpfung (nach biblischer Chronologie im Jahr 3761 v. Chr.) bis in die Zeit der Perserherrschaft vor 331 v. Chr. und ihre Entstehung erstreckt sich über ‚ca. 800 Jahre‘, unter Einbeziehung der deuterokanonischen Schriften über einen noch etwas längeren Zeitraum; von den nicht mehr konsensual zu beschreibenden einleitungswissenschaftlichen Problemen des Alten Testaments ganz zu schweigen. 5 Als vorläufige Schlussfolgerung dieser Überlegungen wird man festhalten können, dass der vermeintlich intellektuell wenig herausfordernde Lerngegen- 4 Vgl. Öhler, Geschichte, 16 f. 5 Jeremias, Theologie, 2 . Nur ein einziges Buch 11 stand Inhalt und Aufbau der Bibel insbesondere dann erfolgreich gelehrt und gelernt werden kann, wenn er zugleich einleitungswissenschaftliches Grundwissen berücksichtigt. Lehre in Bibelkunde soll demnach einerseits das kritische Bibelverständnis der wissenschaftlichen Exegese voraussetzen und in die bibelkundliche Lehre einfließen lassen und andererseits die Studierenden auf die kritische wissenschaftliche und demnach ergebnisoffene Analyse der biblischen Schriften in der neutestamentlichen und alttestamentlichen Wissenschaft vorbereiten. Folgt man dieser Überlegung zum Verhältnis von Einleitungswissenschaft und Bibelkunde, dann sollte auch die mancherorts durch den Bologna-Prozess ermöglichte Praxis der Anerkennung von Studienleistungen in Bibelkunde, die in Bibelschulen und propädeutischen Bibelseminaren erbracht wurden, neu überdacht werden. Wenn in diesen Einrichtungen die Lehre in Bibelkunde als Vorverständnis für das Alte Testament unkritisch die faktuale Richtigkeit der biblischen Grunderzählung, d. h. mehr oder weniger das Motto „Und die Bibel hat doch recht! “ 6 , zugrunde legt und im Falle des Neuen Testaments dem Narrativ der Kirchenväter folgt, das die Verfasserschaft von Jüngern und Apostelbegleitern für die vier Evangelien annimmt und Fragen zur Abhängigkeit dieser Schriften oder zur Pseudepigraphie der Briefliteratur gar nicht erst stellt, dann können derartige Bibelkunden nicht als Teil eines wissenschaftlichen Studiums anerkannt werden. Studierende, die auf dieser Grundlage an der weiterführenden universitären Lehre teilnehmen, bereiten nicht nur der kritischen Lehre Schwierigkeiten, sondern ihnen steht zudem das verfestigte unkritische Fürwahrhalten vermeintlich historischer biblischer Sachverhalte der Ausbildung eines angemessenen hermeneutischen Reflexionsvermögens dauerhaft im Weg, das für das Studium der Ev. Theologie unerlässlich ist. 2 Zur Geschichte des Lehrgegenstandes Um zu verstehen, wie es zu diesen bis heute letztlich unreflektierten Überschneidungen von Bibelkunde im Sinne von Inhalt und Aufbau biblischer Schriften und dem wissenschaftlich verantworteten Wissen über diese Schriften kommen konnte, ist ein kurzer Blick auf die Geschichte der Bibelkunde im deutschsprachigen Raum sinnvoll. Grimms Wörterbuch kennt zwar den Begriff bibelfest , nicht aber die Bezeichnung Bibelkunde. Die ersten Lehrbücher für Bibelkunde entstanden Anfang des 19 . Jahrhunderts als Präparationsbücher für Lehrer an christlichen und jü- 6 Keller, Bibel. 12 Lukas Bormann dischen Volksschulen. 7 Sie sollten sich ein strukturiertes Wissen über die Bibel erarbeiten, um auf dieser Grundlage ihren Unterricht erteilen zu können. Dabei wurde die Bibel als Grundorientierung in Völker- und Staatskunde, aber auch Biologie und Sittenkunde verstanden. 8 In der Mitte des 19 . Jahrhunderts entstehen die ersten Lehrwerke für das Gymnasium und zwar für den Unterricht sowohl an christlichen, als auch an jüdischen höheren Schulen. 9 Die Integration von Bibelkunde in den Religionsunterricht dieser Schulen war nicht zuletzt einer apologetischen Tendenz geschuldet, die den in Friedrich Schleiermachers ( 1768 - 1834 ) Reden an die Verächter der Religion genannten Vorbehalten begegnen wollte. 10 Zunächst stellten die insbesondere von Hermann Samuel Reimarus ( 1694 - 1768 ) vertretene Vernunftreligion und die dieser zugrundeliegende Sachkritik der biblischen Aussagen den Gehalt der Bibel infrage. Im 19 . Jahrhundert wurde dann Schritt für Schritt der faktuale Gehalt der biblischen Schriften weiter destruiert. Die biblische Chronologie wurde durch archäologische Funde im Alten Orient infrage gestellt, die Vorstellung von der Erschaffung der Welt an einem Tag durch die Geologie, die synchrone Schöpfung aller Arten durch die Evolutionstheorie und die Offenbarungsqualität der Bibel durch altorientalische Texte, die als Parallelen oder gar Vorlagen aufgefasst werden konnten ( Bibel-Babel- Streit ). Die apologetische Tendenz der Bibelkunde im Schulunterricht führte dazu, dass die Darstellung von Inhalt und Aufbau biblischer Schriften immer auch ein Reflex auf die Situation der in Deutschland konfessionell verfassten Religionen war. So ist es kein Zufall, dass die erste Bibelkunde, die im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek verzeichnet ist, auf den Rabbiner Ludwig Philippson ( 1811 - 1889 ) zurückgeht, der zugleich der Autor einer Schrift mit dem Titel Reden wider den Unglauben gerichtet an alle denkenden Israeliten ist. 11 Der Gymnasiallehrer Eduard Krähe notiert im Vorwort seiner Bibelkunde aus dem Jahr 1877 , dass er die wachsende „Gleichgültigkeit der Gebildeten, die offene Feindschaft der Massen gegen alle Religion“ bekämpfen und den „gebildeten 7 Vgl. Weikard, Bibelkunde, III: Das Buch sei „für den (katholischen; L. B. ) Volkslehrer bestimmt“. Jacobson, Leitfaden, 2 : Zur Vorbereitung für den jüdischen Religionslehrer „für alle Klassen der Elementarschule“. 8 Weikard, Bibelkunde, befasst sich auf ca. 60 Seiten mit Inhalt und Aufbau der Bibel und erläutert auf den weiteren 440 Seiten seiner Bibelkunde u. a.: Biblische Erd- und Länderkunde, Beschäftigungen, Wohnungen, Kleidung, Nahrungsmittel, Familienverhältnisse der ‚biblischen Völker‘ u. v. m. 9 Kraehe, Bibelkunde, III: Lehrstoff für die „oberen Classen höherer Lehranstalten“; Levy, Bibelkunde, 4 : für jüdische Religionsschulen, die „von Zöglingen höherer Unterrichtsanstalten besucht“ werden. 10 Schleiermacher, Religion. 11 Philippson, Katechismus; Philippson, Reden. Nur ein einziges Buch 13 Theile unseres Volkes“ wieder zum „Träger von wahrer deutscher Frömmigkeit“ machen wolle. 12 Bibelkunde ist in ihrer Entstehung als schulisches Lehrfach der Aufgabe verpflichtet, die Religionen, die sich auf die Bibel berufen, in ihren verschiedenen konfessionellen Prägungen zu verteidigen. Es ist mit dem Wesen jeglicher Apologie verbunden, dass diese, wenn sie wirkungsvoll sein möchte, sich auf die Argumente der Angreifer einlassen muss, sodass diesem Gestus eine historisch-aufklärende wie auch assimilierende Tendenz zu eigen ist. 13 Die universitäre Lehre in Bibelkunde setzt später ein. Erste Überblicke und Lehrvorlagen erscheinen in der ersten Hälfte des 20 . Jahrhunderts, etwa die 1933 erschienene und bis 1983 aufgelegte Bibelkunde des Missionswissenschaftlers Martin Schlunck ( 1874 - 1956 ). 14 Die Bibelkunde des Göttinger Systematikers Otto Weber ( 1902 - 1966 ) aus dem Jahr 1949 steht hingegen unter dem Einfluss der barthianischen Bibelorthodoxie der Nachkriegszeit und ist aus einer systematisch-theologischen Perspektive konzipiert. 15 Die Überschriften zu den einzelnen Kapiteln stellen theologische Begriffe, die heilsgeschichtlich interpretiert werden, in den Mittelpunkt (‚Schöpfung und Sünde‘, ‚Israel‘, ‚Theokratie‘ usw.) und verbinden mit ihnen eine Auswahl passend erscheinender Bibeltexte als ‚Lesestoff‘. Daneben entstehen auch Lehrbücher, die die Berührung mit der theologischen Wissenschaft meiden, so erläutert der Pfarrer und Bonner Privatdozent für das Alte Testament Martin Thilo ( 1876 - 1950 ) das Verhältnis seiner Bibelkunde zu den exegetischen Wissenschaften mit den Worten: „Ich habe deswegen bei meiner Arbeit jeden Übergriff in die Fragen der theologischen Bibelwissenschaft strengstens vermieden und mich damit scharf von den Versuchen derer geschieden, die eine mit Urteilen aus dem Wissenschaftsgebiete durchsetzte Bibelkunde bieten möchten.“ 16 Rudolf Knopf ( 1874 - 1920 ), Professor für neutestamentliche Wissenschaft in Bonn, integrierte in den Titel seiner Einführung in das Neue Testament auch den Begriff Bibelkunde. Diese Bezeichnung trifft aber nur auf die eingestreuten knappen Skizzen über Inhalt und Aufbau der neutestamentlichen Schriften zu, die Knopf in seine historischen Ausführungen zu den Abfassungsverhältnissen (‚Veranlassung‘, ‚Eigenart‘, ‚Echtheit‘, ‚Ort‘) der jeweiligen Schriften oder Schrif- 12 Kraehe, Bibelkunde, VII. 13 Vgl. die Beiträge zur Konferenz Religious Knowledge and Position Taking in the 19th Century. The Case of Educational Media, Frankfurt 22.-23. Mai 2018 , bes. von Kogman, Knowledge, und Salzer, Knowledge. 14 Schlunk, Merkstoff. 15 Weber, Grundriß. 16 Thilo, Bibelkunde, Vorwort, o. S. 14 Lukas Bormann tengruppen integriert. 17 Der Erlanger Alttestamentler Georg Fohrer ( 1915 - 2002 ) ist wohl einer der ersten akademischen Lehrer des Alten Testaments, der für seine Vorlesung zur Einführung in das Alte Testament Bibelkenntnis nicht nur voraussetzte, sondern sie explizit zu deren Gegenstand machte. 18 Die einzelnen Kapitel beginnen mit Inhaltsübersichten der behandelten biblischen Bücher. 19 Diese bibelkundlichen Ausführungen Fohrers sind auf seine kritische Analyse der biblischen Bücher ausgerichtet. Seine Bibelkunde setzt demnach ein umfassendes, wissenschaftlich verantwortetes kritisches Bild von der Entstehung der alttestamentlichen Schriften und der biblischen Grunderzählung voraus. Das gilt grundsätzlich auch für die Bibelkunden der Gegenwart, die aus dem akademischen Unterricht erwachsen sind. 20 Bisweilen führen die sachlich unvermeidlichen Überschneidungen zwischen Bibelkunde und Einleitungswissenschaft dazu, dass Fachkollegen bei der Auswahl des Lehrbuchs für Bibelkunde berücksichtigen müssen, welche hermeneutischen und literaturgeschichtlichen Perspektiven diese vertreten und ob diese wiederum „die eigenen Schwerpunkte in der Lehre am besten repräsentieren“ 21 . Die Lehre in Bibelkunde hat demnach bewusstzumachen und offen zu legen, in welchem Maße die Aussagen über Inhalt und Aufbau der alt- und neutestamentlichen Schriften an ein Vorverständnis gebunden sind und woher dieses seine Deutungskonstanten bezieht. 22 Die universitäre Lehre der Bibelkunde sollte sich jedenfalls der kritischen und ergebnisoffenen Wissenschaft verpflichtet fühlen und sowohl die apologetischen Anteile der eigenen Fachgeschichte, als auch die frömmigkeitsgeschichtlich verengten Bibelverständnisse als „Gegenhorizont“ 23 reflektieren. Für den akademischen Unterricht unangemessen und auch für die Vorbereitung des Theologiestudiums eher hinderlich als hilfreich sind Bibelkunden, die darauf beharren, dass Moses den Pentateuch verfasst hat, 24 oder den Jünger Matthäus als Verfasser des Evangeliums vorstellen und bibelkundliches Wissen als Evangelienharmonien präsentieren, 25 ausführlich 17 Knopf, Einführung, 72 - 85 : z. B. zu den Paulusbriefen. 18 Fohrer, Altes Testament. 19 Z. B. Fohrer, Altes Testament, 15 - 31 : I. Der Inhalt des Pentateuchs und des Buches Josua , dann 31 - 65 : II. Die Entstehung des Pentateuchs und des Buches Josua . 20 Neben der Bibelkunde des Verfassers dieses Beitrags sind folgende Lehrbücher der jüngeren Zeit zu nennen: Augustin/ Kegler, Bibelkunde; Bienert, Bibelkunde; Bull, Bibelkunde; Merkel, Bibelkunde; Oeming, Bibelkunde; Rösel, Bibelkunde; Wick, Bibelkunde. 21 Hieke, Sammel-Rez., 68 . 22 Zu Fundamentalkategorien als Deutungskonstanten s. Bormann, Kulturwissenschaft, 178 - 181 . 23 Bormann, Kulturwissenschaft, 180 . 24 Möller, Bibelkunde, 15 f. 25 Ockert, Überblick, 108 - 135 . Nur ein einziges Buch 15 die Inspiration der Schrift und die innere Einstellung des Lesers thematisieren, 26 die historische Kritik pauschal infrage stellen und vermeintlich pluralistisch ‚Gleiches Recht für alle! ‘, nämlich auch für diejenigen, die wissenschaftliche Zugänge ablehnen, fordern. 27 Einfach gesprochen: Bibelkunde an der Universität muss einleitungswissenschaftliche Fragen berücksichtigen und die bibelkundlichen Inhalte auf die wissenschaftliche Exegese und die hermeneutischen Anforderungen der wissenschaftlichen Theologie ausrichten. 3 Bibelkunde heute: Eine Bestandsaufnahme In den Studienordnungen spiegelt sich die Notwendigkeit, einleitungswissenschaftliche Kenntnisse mit der Lehre von Inhalt und Aufbau der Bibel zu verbinden, insofern wider, als Bibelkunde nicht selten in Lehrveranstaltungen zur Einführung in das Alte Testament oder Neue Testament integriert ist. Das gilt überwiegend für Module der Bachelor- und Lehramtsstudiengänge z. B. in Bamberg und Münster (Grundbzw. Basismodul Biblische Theologie), Hamburg (Einführung in das theologische Studium), Rostock (Grundlagen Theologie und Religionsgeschichte) oder Dresden (Einführung in die Biblische Literatur). Auch dort, wo für Pfarramtsstudierende und das gymnasiale Lehramt eigenständige Bibelkundeveranstaltungen angeboten werden, erwähnen einige Modulbeschreibungen und Prüfungsordnungen über die Vorgabe des Fakultätentages hinaus einleitungswissenschaftliche Kenntnisse, die in der Lehrveranstaltung bzw. im Kontext des jeweiligen Moduls mitbehandelt oder in der Prüfung verlangt werden, z. B. in Göttingen (geschichtlicher Hintergrund, Kenntnisse der Einleitungswissenschaft), Jena (Entstehung und Zusammengehörigkeit biblischer Textcorpora), Kiel (auktoriale und chronologische Grunddaten der Schriften, deren Abhängigkeiten voneinander), Tübingen (Grundkenntnisse zur Entstehung der neutestamentlichen Texte), Münster (Überblick über die Entstehung der altbzw. neutestamentlichen Schriften und ihrer Kanonisierung), Berlin (Entstehungsbedingungen und Abfassungszweck der alttestamentlichen und neutestamentlichen Schriften, grundlegende Einleitungskenntnisse), Hamburg (erste Kenntnisse über die Einleitungsfragen zu den Schriften [Entstehung, Verfasser]). Aber natürlich orientieren sich zahlreiche Ordnungen und Modulbeschreibungen am Paradigma der ‚reinen‘ Bibelkunde, die ausschließlich Inhalt und Aufbau nach Kapitel und Versgruppen geordnet als Lehrgegenstand nennen. 26 Holder, Bibelkunde, 8 f.; Stibs, Kursbuch, 7 f. 27 Dreytza/ Hopp, Geschichte, 18 . 16 Lukas Bormann Das gilt für die Ordnungen der Universitäten Bochum, Bonn, Erlangen, Frankfurt, Greifswald, Halle, Leipzig, Mainz, Marburg, München, Neuendettelsau und Rostock. Ob und inwieweit diese Ordnungen die Lehr- und Prüfungswirklichkeit widerspiegeln, lässt sich natürlich nicht so ohne weiteres beantworten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Ordnungen in einem unterschiedlichen Maße der Vorgabe des Bologna-Prozesses folgen und Studien- und Prüfungsordnungen kompetenzorientiert formulieren. Dort, wo das geschieht, werden überwiegend traditionelle Kompetenzen genannt, wie etwa die Fähigkeit, biblische Geschichten erzählen (Mainz), bestimmte Themen und Sachstränge durch die ganze Bibel verfolgen (Wuppertal/ Bethel, Mainz, Neuendettelsau, Würzburg), Textabschnitte paraphrasierend wiedergeben (Frankfurt, Halle, Rostock) oder gar einige biblische Texte auswendig aufsagen zu können (Bonn, Frankfurt, Mainz, Rostock). Bisweilen wird aber doch der Blick auf hermeneutische Kompetenzen erweitert, wie etwa die Wahrnehmung der Vielfalt biblischer Texte (Wuppertal/ Bethel), das Differenzierungsvermögen in Hinblick auf unterschiedliche Funktionen und Kontexte biblischer Aussagen ( Jena), die Wahrnehmung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten biblischer Theologien (Würzburg), oder die Fähigkeit, biblische Aussagen mit unterschiedlichen Akzentsetzungen begründet miteinander ins Gespräch zu bringen (Neuendettelsau). Die kursorische Durchsicht der Modulbeschreibungen sowie Studien- und Prüfungsordnungen an deutschen Universitäten, die sich auf Bibelkunde oder bibelkundliche Kenntnisse beziehen, ergibt demnach, dass neben Inhalt und Aufbau der alt- und neutestamentlichen Schriften noch weitere Inhalte mit dem Lehrgegenstand Bibelkunde verbunden sind: a) einleitungswissenschaftliche Kenntnisse, b) thematische Querschnitte durch das Alte und Neue Testament, c) auswendiges Aufsagen, d) elementare hermeneutische Kompetenzen wie der Vergleich und die Wahrnehmung von Unterschieden. 4 Qualitative Befragung von Studierenden und Alumni Studien- und Prüfungsordnungen sowie Modulbeschreibungen sind zwar rechtsverbindliche Texte, sie geben aber dennoch nur einen Teil der Lehr-/ Lern-Wirklichkeit im Fach Bibelkunde wieder. Deswegen sollen als empirischer Gegenhorizont zu dem Bild, das diese Texte von der Lehre in Bibelkunde entwerfen, die Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Studierenden, Examinierten und Vikarinnen herangezogen werden. In einer 90 -minütigen Diskussion haben unter der Leitung einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin eine Vikarin, eine examinierte Theologin und vier Studierende in Marburg sowie ein Hochschullehrer, der Autor dieses Beitrags, zu vorbereiteten Fragen ein Ge- Nur ein einziges Buch 17 spräch geführt. 28 Dieses wurde von einer studentischen Hilfskraft protokolliert. Im Folgenden werden die Inhalte des Gesprächs vorläufig ausgewertet. Es wird jedoch nicht der Anspruch erhoben, dass die Ergebnisse repräsentativ sind. Die Lehrveranstaltungen zur Bibelkunde, die die Gesprächsteilnehmer belegt hatten, fanden an den Universitäten Erlangen, Göttingen, Marburg und Neuendettelsau statt. Es waren sowohl Gesprächsteilnehmer mit einer positiven Haltung zur Bibelkunde, als auch Studierende mit eher negativen Erfahrungen wie z. B. der Wiederholung der Bibelkundeprüfung vertreten. Insgesamt spiegelten sich in den Anschauungen der Teilnehmer eine hohe Vielfalt und kontroverse Diversität der Sichtweisen wider. Die Vielfalt der Positionen und Erfahrungen unterstreicht jedenfalls, so viel sei vorweggenommen, die hohe Individualität von Lehr-/ Lern-Prozessen und insbesondere die Bedeutung des subjektorientierten und selbstgesteuerten Lernens in der Ev. Theologie. 29 Dem Gespräch wurden acht Fragen, die vom Team des Lehrstuhls für Neues Testament in Marburg formuliert wurden, zugrunde gelegt. Im Folgenden wird eine strukturierte Zusammenfassung der verschiedenen Aussagen unter vier Aspekten geboten. 1. Studienvoraussetzungen und Erfahrungen mit Bibelkunde: Die Gesprächsteilnehmer wiesen mehrfach auf die Diskrepanz zwischen der Selbsteinschätzung der eigenen Vorkenntnisse und dem im Studium geforderten bibelkundlichen Wissen hin. Die Vorkenntnisse beruhten nicht auf persönlicher Bibellese. Ebenso wenig habe die Institution Familie, Eltern oder Großeltern, eine Rolle gespielt. Als Vermittler bibelkundlichen Wissens wurden mehrfach Kindergottesdienst, Jugendarbeit und Religionsunterricht angeführt. Diese hätten das Gefühl vermittelt, dass man recht gut wisse, was in der Bibel stehe. Die universitäre Auseinandersetzung mit der Bibel sei allerdings so andersartig gewesen, dass sowohl Erwartungen geweckt, als auch Widerstände aufgebaut worden seien. Unter den Erwartungen werden vor allem die Einführung in die Exegese und Kompetenzgewinn in der Auseinandersetzung mit schwierigen Texten genannt, in denen z. B. Frauenfeindlichkeit verbreitet und Gewalt verherrlicht werde. Widerstände rief die Forderung hervor, im eigenständigen Lernen die Verbindung von Textinhalt mit stichwortartigen Inhaltsbeschreibungen sowie mit den Zahlen für Kapitel und Versgruppen herzustellen und auswendig zu lernen. Insbesondere das Auswendiglernen 28 Ich danke für die Teilnahme Felix Gräsche, Jolanda Gräßel-Farnbauer, Lina Henze, Lena Hopfe, Theresa Noack und Carina Schmidt-Marburger, für die Gesprächsleitung Dr. Johanna Conrad und für die Protokollierung Hannah Siemon. 29 Schwab, Faden, 424 ; Bormann/ Einenkel, Lernen, 79 f.; Schwenk, Relevanz, 58 ; Künzel/ Wegschneider, Faszination, 59 - 61 . 18 Lukas Bormann von zahlenorientierten Gliederungen der biblischen Bücher wurde als problematisch und wenig effektiv empfunden. 2. Vorschläge für die Lehre in Bibelkunde: Wichtiger als ein nach Kapitel- und Versgruppen geordnetes bibelkundliches Wissen sei es jedenfalls, neue Perspektiven im Umgang mit schwierigen Abschnitten der Bibel und in der Auseinandersetzung mit unbekannten biblischen Passagen zu gewinnen. Man erwarte sich eine Navigationsfähigkeit durch religiöse Traditionen und damit auch durch alt- und neutestamentliche Texte und Themen. Das könne durch eine Orientierung an inhaltlichem Wissen, am Erzählfaden und an narrativen Zusammenhängen erreicht werden. Die Frage nach dem Was sollte wichtiger sein als die nach dem Wo der biblischen Inhalte. Überraschend ausführlich wurde thematisiert, dass Mitstudierende, die an Bibelschulen bereits als sehr gut wahrgenommene Bibelkenntnisse erworben hätten, als Belastung erlebt würden. Universitäre Bibelkunde solle auch dazu befähigen, im Umgang mit vermeintlich bibelfesten und als theologisch konservativ wahrgenommenen Kommilitonen einen eigenen Standpunkt zu behaupten. Diese würden nicht selten als diskriminierend empfundene theologische Positionen vertreten, die einem historisch-kritischen Verständnis der Bibel nicht standhalten würden. Deswegen solle Bibelkunde nicht auf das Auswendiglernen ausgerichtet sein, sondern auf historisch-kritische Exegese. Die dadurch ermöglichten Verknüpfungen von Bibelkenntnis und wissenschaftlicher Exegese würden dann auch Erfolgserlebnisse vermitteln. 3. Zum Umfang der Lehrveranstaltung: Die meisten Teilnehmer hatten Bibelkunde in Lehrveranstaltungen mit je zwei Semesterwochenstunden für Altes und Neues Testament belegt. Positive sowie auch frustrierende Lehr-/ Lern-Erfahrungen wurden gleichermaßen benannt. Da Bibelkunde sich als sehr relevant für das Studium erweise, wurden umfangreichere bzw. studienbegleitende Lehrformate diskutiert und es wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, bibelkundliches Wissen mit exegetischen Inhalten zu verknüpfen. 4. Relevanz für Studium und Beruf: Manche Teilnehmer brachten vor, dass bibelkundliches Wissen eigentlich nur in den exegetischen Lehrveranstaltungen anklinge. Die Praktische Theologie erfordere wenig bibelkundliches Wissen, erst in der Homiletik seien exegetische Kenntnisse wieder gefragt. In der Systematischen Theologie würde gelegentlich ‚über die Texte regelrecht hinübergebürstet‘, insgesamt seien bibelkundliche Bezüge dort selten. Selbst in den exegetischen Fächern wende man sich oft inhaltlich sehr spezifischen Themen zu, ohne dass der Makrokontext der intensiv behandelten ausgewählten Texte angemessen zur Sprache komme. Als ‚praktisch‘ besonders hilfreich werden bibelkundliche und exegetische Kenntnisse für die Diskussion mit streng bibelorientiert argumentierenden Nur ein einziges Buch 19 Menschen empfunden. Mit bibelkundlichem und exegetischem Wissen könne man dem Druck von Gesprächspartnern, die ihre konservativen Sichtweisen mit Bibelstellen begründeten, besser begegnen. Dies gelte auf ähnliche Weise auch für die Gemeindepraxis, in der bibelkundliche Kompetenz eingefordert werde und es im Gespräch oft wichtig sei, bibelkundliches Wissen spontan und passend einsetzen zu können. Zusammenfassend sind unter den Ergebnissen der qualitativen Befragung folgende Gesichtspunkte hervorzuheben: Studierende möchten bibelkundliches Wissen in Beziehung zu einleitungswissenschaftlichen und hermeneutischen Fragen setzen. Im weiteren Studium spielt das bibelkundliche Wissen selbst in den exegetischen Fächern eher eine nachgeordnete Rolle. Die Beherrschung der Ordnung der biblischen Bücher nach Kapitel und Versgruppen wird in Studium und Beruf manchmal als hilfreich empfunden, bisweilen aber auch als eine Zahlenorientierung wahrgenommen, die schwer zugänglich und nicht bleibend erlernbar ist. 5 Hochschuldidaktischer Ausblick Die Geschichte des Faches Bibelkunde zeigt, dass es zumindest zwei Wurzeln hat. Zum einen entstand Bibelkunde als Schulfach, für das bibelkundliche Lehrbücher als Unterstützung der Lehrenden abgefasst wurden. In der Konzeptionsentwicklung des Schulfachs wurde Bibelkunde sehr bald mit apologetischen Aufgaben verbunden. Bibelkunde sollte an höheren Schulen durch historisch zuverlässiges Wissen und rationale Reflexion Interesse und Sympathie mit der christlichen sowie der jüdischen Religion in ihren jeweiligen konfessionellen Prägungen wecken. Zum anderen wurde Bibelkunde als Teil der klassischen Einführungsvorlesungen in das Alte und das Neue Testament nach und nach in die universitäre Lehre integriert. Bibelkunde diente hier einer strukturierten und an den einleitungswissenschaftlichen Fragen ausgerichteten Erschließung der Quellen für den akademischen Unterricht. Während die Modulbeschreibungen und Studien- und Prüfungsordnungen nicht auf die apologetische Tradition des Faches Bibelkunde eingehen, wurde in der qualitativen Befragung deutlich, dass bibelkundliches Wissen sehr wohl unter dem Gesichtspunkt der Auseinandersetzung um Deutungen biblischer Texte für Gegenwartsfragen bedeutsam ist. Dies wurde allerdings weniger auf die Verteidigung der verfassten Konfessionen gegenüber religionskritischen Infragestellungen bezogen, sondern vielmehr als eine Möglichkeit gesehen, die individuellen religiösen Überzeugungen gegenüber biblizistischen Heraus- 20 Lukas Bormann forderungen behaupten zu können. In diesem Sinne ist die Kenntnis der biblischen Schriften und ihrer Aussagen ein Lerngegenstand, der für einen Teil der Studierenden hohe identitätsbildende Funktion hat, somit im Kernbereich theologischer Identität angesiedelt ist und in der Auseinandersetzung um theologische, sozialethische und politische Geltungsansprüche eine wichtige Rolle spielt. Diese fachspezifischen Gesichtspunkte lassen Bibelkunde nicht als ein Fach wie jedes andere erscheinen. Die Hochschuldidaktik hat sich mit den besonderen identitätsbildenden sowie kontroverstheologischen Funktionen zu befassen und diese disziplinär eigenwillige Lehr-/ Lern-Tradition zu berücksichtigen. Zu dieser Lehr-/ Lern-Tradition gehört auch die Überschneidung von Bibelkunde und Einleitungswissenschaften. Die Thematisierung des vorausgesetzten und stichwortartig rekapitulierten Einleitungswissens, das sich in der Regel als Infragestellung der sich dem einfachen Bibellesen erschließenden faktualen und narrativen Grundstruktur der Bibel von der Schöpfung bis zur Endzeit erweist, ist eine zentrale Anforderung an eine gute Bibelkunde. Insofern kann Bibelkunde auch nicht auf die Thematisierung grundlegender hermeneutischer Grundprinzipien verzichten. Die Schriften des Alten und Neuen Testaments sind zunächst und vor allem geschichtlich bedingte Schriften, die als Produkte menschlichen Kulturschaffens über keinen exklusiven supranaturalen Wissensvorsprung verfügen. Daraus ist zu folgern, dass eine ‚reine‘ Bibelkunde als Teil des akademischen Unterrichts nicht zu rechtfertigen ist. Jede Bibelkunde hat grundlegende einleitungswissenschaftliche und elementare hermeneutischen Grundentscheidungen als ihre Voraussetzungen zu bestimmen und transparent zu machen. Die hochschuldidaktische Kernfrage der akademischen Lehre von Bibelkunde als Inhalt und Aufbau der Bibel lautet demnach: Wie werden die Beziehungen der Bibelkunde zur Einleitungswissenschaft und zur Hermeneutik wahrgenommen, erläutert und diskutiert? In welcher Weise auf der Basis einer Klärung dieser Frage die narrativen Zusammenhänge hervorgehoben, Einzelerzählungen ausgewählt und Akzentuierungen im Stoff vorgenommen werden, ist demgegenüber zweitrangig, gleichwohl aber alles andere als unwichtig. Jeder Lehrende in der Bibelkunde wird sich bereits bei der Behandlung der ersten Kapitel der Genesis entscheiden müssen, in welcher Weise er die Unterscheidung von priesterschriftlichen und nicht-priesterschriftlichen Texten bzw. die Annahmen der verschiedenen Ursprungshypothesen in seine bibelkundliche Lehrveranstaltung einfließen lässt. 30 Er kann sie aber nicht ignorieren oder durch eine vereinfachte narrative Harmonisierung ersetzen. Diese Überschneidung von Bibelkunde und Einleitungswissenschaft berechtigt überhaupt erst dazu, Bibelkunde als akademische Lehrveranstaltung zu 30 Bormann, Bibelkunde, 40 . Nur ein einziges Buch 21 bezeichnen und in Studien- und Prüfungsordnungen zu integrieren. Passagen in Prüfungsordnungen, die das Auswendiglernen biblischer Texte im Wortlaut verlangen, stellen demgegenüber einen Rückschritt dar, der an die Wurzeln des Faches im Religionsunterricht der Volksschule im 19 . Jahrhundert erinnert. Wird diese Überschneidung mit der Einleitungswissenschaft berücksichtigt, dann kann Bibelkunde als eigenständige Lehrveranstaltung angeboten werden. Es ist allerdings zu beachten, dass angesichts des Umfangs des Stoffes in einer zweistündigen Lehrveranstaltung für Altes bzw. Neues Testament die der Bibelkunde vorausgesetzten und mitgeteilten einleitungswissenschaftlichen Entscheidungen nicht selbst diskursiv und kritisch erschlossen werden können, sondern nur mit einer eher geringen reflexiven Tiefe mitgeteilt und exemplarisch plausibel gemacht werden können. Hier besteht dann die Gefahr, dass die eingebrachten einleitungswissenschaftlichen Entscheidungen, wo sie über unmittelbare Evidenzen und Plausibilitäten hinausgehen, als dezisionistisch gesetzt wahrgenommen werden. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint eine Verbindung von bibelkundlichen und einleitungswissenschaftlichen Fragen in einer vierstündigen Einführungsvorlesung nach dem Vorbild, das in Georg Fohrers Einführung vorliegt, als die adäquate Lösung für Bachelorstudiengänge bzw. für das Lehramtsstudium ohne Kenntnisse der biblischen Sprachen. Dort können Bibelkunde und Einleitungswissenschaft miteinander verbunden gelehrt und geprüft werden. In Studiengängen, in denen die Kenntnis der biblischen Sprachen vorausgesetzt wird, stellen sich angesichts der fachlichen Spezialisierung getrennte Lehrveranstaltungen als angemessener dar. In diesen Studiengängen sollten demnach Bibelkunde und Einleitungswissenschaft getrennt gelehrt werden, wobei aber die Forderung, auch der Bibelkunde elementare einleitungswissenschaftliche Entscheidungen zugrunde zu legen, aufrecht erhalten bleibt. In der Praxis wird es dann gelegentlich zu Spannungen und Widersprüchen zwischen den in der Bibelkunde vertretenen Sichtweisen und den weit komplexeren Erörterungen in den Einleitungswissenschaften kommen, die aber hochschuldidaktisch gesehen als eine produktive Herausforderung für den akademischen Unterricht bewertet werden können. Literatur Augustin, Matthias/ Kegler, Jürgen: Bibelkunde des Alten Testaments. Ein Arbeitsbuch, Gütersloh 3 2010. Beintker, Michael/ Wöller, Michael: Theologische Ausbildung in der EKD . 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Several didactic suggestions for successful teaching and for conveying this textual familiarity are made. 1 Die Voraussetzungen Zunächst sind die Rahmenbedingungen für die Bibelkunde in der Integrationsphase etwas näher zu beleuchten. Dabei soll es zunächst um die formalen Voraussetzungen der Bibelkunde in der Integrationsphase gehen, dann um die faktischen Notwendigkeiten und schließlich um die vorliegenden Lernmaterialien. 26 Matthias Hopf 1.1 Die formalen Rahmenbedingungen: Was müsste gewusst werden? Tatsächlich sind innerhalb des modularisierten Studiums durch die Studien- Rahmenordnung 1 seminaristische Veranstaltungen vorgesehen, wie auch immer diese im Detail aussehen oder heißen mögen (‚Repetitorien‘, ‚Integrationsseminare‘ o. ä.). Die Bibelkunde hat dabei als eigenständige Veranstaltung in dieser Schlussphase formal keinen Raum. Sowohl die EKD -Rahmenordnung für die theologische Zwischenprüfung 2 , als auch die örtlichen Studienordnungen verorten die Bibelkunde seit Mitte/ Ende der 1990 er im Grundstudium. Dort ist sie mit einem durchaus ansehnlichen Kontingent an Leistungspunkten ( LP ) ausgestattet - meist zwischen 8 und 12 LP . Punkte für Prüfungen sowie die vorlaufenden Veranstaltungen sind hier jeweils zusammengezählt. 8 LP erhält man in Bochum, Erlangen, Frankfurt, Göttingen, Greifswald, Jena, Mainz und Münster. 10 LP werden in Bonn, Halle, Leipzig und Rostock vergeben, wobei in Bonn 5 LP auf ein ‚angeleitetes Selbststudium‘ entfallen - m. E. ein durchaus vielversprechender Ansatz, den man auch stärker in der Integrationsphase erwägen sollte. Mit 12 LP versehen ist die Bibelkunde schließlich in Hamburg, Heidelberg, Kiel, München, Neuendettelsau, Tübingen und Wuppertal/ Bethel. Ausnahmen von diesem Spektrum bilden nur Marburg mit 6 LP am unteren Ende sowie Berlin mit 13 LP am oberen Ende (sofern man die explizite Bibelkunde sowie die Grundkurse zusammenzählt). 3 Gleichwohl zeigt sich an dieser Spannbreite, dass der Bibelkunde an den verschiedenen Orten offensichtlich ein je unterschiedlich großer Stellenwert zukommt. Auch darüber, was inhaltlich zu verlangen ist, dürften die Meinungen von Ort zu Ort sehr auseinander gehen. Das schlägt sich bspw. darin nieder, dass der Umfang der Prüfungen erheblich variiert: Es existiert nahezu alles zwischen kurzen mündlichen Prüfungen und essayistischen Klausuren. 4 Diese Varianz liegt aber bereits in der relativen Vagheit der Rahmenvorgaben begründet. Der Evangelische Fakultätentag hat in seiner Richtlinie von 2011 prinzipiell nur den „Gesamtüberblick über Inhalt und Aufbau der biblischen Bücher“ als Gegenstand der Prüfung vorgegeben, wenngleich in den örtlichen Prüfungsordnungen „ergänzend grundlegende biblische Themen und Motive“ 1 Vgl. Nr. 6 in der Ordnung (Rat der EKD, Studiengang). Inwieweit und in welcher Form solche Veranstaltungen an den jeweiligen Standorten angeboten werden, müsste separat untersucht werden. 2 Vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 8 der ZP-Rahmenordnung (Rat der EKD, Zwischenprüfung). 3 Diese Daten wurden im Frühjahr 2018 den Websites der jeweiligen Ausbildungsstätten entnommen. 4 Vgl. dazu auch die Linksammlung zu den Prüfungsvorgaben der Fakultäten und Hochschulen (soweit sie online auffindbar sind) am Ende dieses Beitrags. Bibelkenntnis statt Bibelkunde 27 als zusätzliche Inhalte vorgesehen sein können. 5 Dies lässt einen großen Interpretationsspielraum zu, der an den verschiedenen Ausbildungsorten sehr unterschiedlich genutzt wird. Daneben wird durch die Rahmenrichtlinien des Fakultätentags die Setzung von individuellen Schwerpunkten ermöglicht. Explizit ist dies nach meiner Durchsicht zwar nur selten in den Prüfungsordnungen zu finden, faktisch allerdings dürften durch mündliche Absprachen o. ä. nahezu überall gewisse Schwerpunktsetzungen existieren. Eine Ausnahme im Reigen der Prüfungsordnungen bilden wiederum Bonn sowie Wuppertal, die jeweils sehr detaillierte Schwerpunktsetzungen vornehmen. Dort werden klare Vorgaben für die Kenntnis bestimmter Textbereiche gemacht. Zudem ist ein Kanon auswendig zu beherrschender Bibelstellen fixiert. Ob man dies befürwortet oder nicht, Fakt ist, dass dieser vorgegebene Textbestand einem ‚gefühlten Kanon‘ von erwartbarem Examenswissen ziemlich nahe kommen dürfte, selbst wenn dies in Ermangelung klarer Vorgaben innerhalb der landeskirchlichen und universitären Prüfungsordnungen für das Erste Examen/ Diplom nicht wirklich verifizierbar ist. Wer sich aber in den durch Bonn und Wuppertal umrissenen Textbereichen auskennt und die genannten Stellen präsent hat, sollte m. E. gute Voraussetzungen für jegliches Examen mitbringen. Jedenfalls dürfte es in aller Regel in der Bibelkunde primär um die Gliederungen der wichtigeren biblischen Bücher sowie um eine Reihe inhaltlich zentraler Stellen gehen, was ’mal mehr und ’mal weniger mit Elementen der Theologie des AT / NT und/ oder Einleitungswissen garniert ist. 5 Vgl. Evang.-theol. Fakultätentag, Richtlinien. Matthias Hopf, * 1976, Dr. theol., ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für alttestamentliche Wissenschaft und altorientalische Religionsgeschichte an der Universität Zürich. Promoviert wurde er 2014 mit einer Arbeit über das Hohelied an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau. In dieser Zeit konnte er in insgesamt neun Integrationsseminaren/ Repetitorien sowie vielen weiteren Hochschulveranstaltungen umfangreiche Lehrerfahrungen im Umgang mit Examenskandidatinnen und -kandidaten sammeln. 28 Matthias Hopf 1.2 Die sachlichen Notwendigkeiten: Was ist sinnvoll zu wissen? Die Frage ist jedoch ohnehin, ob der von den Rahmenrichtlinien verlangte ‚Gesamtüberblick‘ für die Integrationsphase so überhaupt erstrebenswert ist. Zumindest wird das Wissen um den bloßen Aufriss biblischer Bücher sowie um bestimmte Bibelstellen alleine m. E. nur bedingt weiterhelfen. 6 Wichtiger scheint mir, ‚Wissensnetze‘ inhaltlicher Prägung aufzubauen - bspw. zu bestimmten Motiven oder Topoi die zentralen Stellen und die wesentlichen Inhalte derselben parat zu haben. Das kommt natürlich wiederum einem Kanon von auswendig zu lernenden Passagen recht nahe. Doch geht es dabei weniger um das bloße Wissen der Stellen als vielmehr um eine inhaltliche Durchdringung. Mit anderen Worten: Die Bibelkunde muss für das Examen mit anderen Wissensbereichen (nicht nur) der exegetischen Fächer verknüpft werden - ob diese nun jeweils eher motivgeschichtlicher, gattungskritischer, literarkritischer, religionsgeschichtlicher oder anderer Natur sind. Um die Theologie des AT oder Einleitungswissen wirklich zu beherrschen, werden also gedankliche Querverbindungen zum jeweiligen bibelkundlichen Textmaterial benötigt. Das jedoch zielt weniger auf ein herkömmliches Bibelkundewissen, als vielmehr auf eine Bibel kenntnis . 7 Damit soll nicht in Abrede gestellt sein, dass man in der Prüfungssituation bei der Nennung einer Bibelstelle grob wissen sollte, in welchem Kontext diese zu verorten ist. Doch selbst so ein ‚Aufriss-Wissen‘ scheint mir für das Examen eher inhaltlich ausgerichtet sein zu müssen als geleitet von der Frage nach mehr oder weniger abstrakten und auswendig gewussten Gliederungen. Kurzum: Es ist entscheidend, dass das ‚Skelett‘ eher abstrakten bibelkundlichen Wissens für das Examen mit inhaltlichem Leben gefüllt wird. Es geht nach meinem Dafürhalten in der Integrationsphase mithin im Wortsinne um die Integration der verschiedenen Wissensstränge zu einem großen Wissensnetz. 6 Die Problematik des Hiatus zwischen universitären Anforderungen und kirchlichen Erwartungshaltungen bzgl. der Fähigkeiten zukünftiger Pfarrerinnen und Pfarrer wäre hier noch ein zusätzliches weites Feld. Expliziert werden die Anforderungen der Praxis nur in sehr wenigen Bibelkunde-Prüfungsordnungen wie jenen von Bonn und Wuppertal/ Bethel. 7 Eine solche kontext-verbindende Textkenntnis bzw. der Aufbau eines solchen Wissens- Netzes würde auch der von Gerstenmaier/ Mandl, Wissenserwerb, 875 und 879 , skizzierten Forderung nach Einbindung von Wissen in multiple Kontexte und Perspektiven entsprechen. Bibelkenntnis statt Bibelkunde 29 1.3 Das Lehr-/ Lernmaterial: Welche Hilfsmittel gibt es? An diesem Punkt weist ein Trend auf dem Markt der Bibelkunde-Bücher m. E. in die richtige Richtung: Die Lehrwerke stellen den ‚klassischen‘ Übersichten über die einzelnen Bücher zunehmend thematisch ausgerichtete Abschnitte zur Seite. Dies fällt von Werk zu Werk unterschiedlich aus. Für das AT bspw. stellt die Bibelkunde von Matthias Augustin und Jürgen Kegler eine solche inhaltliche Orientierung in Form tabellarischer Übersichten bereit. 8 Hinzu kommen innerhalb der Buchbeschreibungen „Arbeitsvorschläge“, die weitere thematische Querverbindungen eröffnen. Manfred Oeming beschreitet ebenfalls den letzteren Weg, indem er an die Vorstellung der Bücher einen Hauptteil B mit 90 Arbeitsfragen anschließt. 9 Didaktisch nachteilig erscheint allerdings in beiden Fällen, dass die Musterantworten sofort im Anschluss an die Fragestellung dargeboten werden, was kaum förderlich für die eigenständige Erarbeitung der jeweiligen Problemstellungen sein dürfte - insofern erscheint die Titulierung der Bereiche als „Fragen“ eher als frag würdig . Deutlich umfangreicher in der Darstellung schließlich sind die „Thema-Kapitel“ bei Martin Rösel, die entsprechend auch größere inhaltliche Substanz aufweisen und nicht alleine motivliche Aspekte behandeln, sondern ein sehr breites Spektrum exegetisch interessanter Fragestellungen abdecken. 10 Im NT zeigt sich ein vergleichbares Bild: Insbesondere die Bibelkunde von David Bienert enthält einen sehr umfänglichen „Querschnitts“-Teil, der u. a. wichtige Personen und theologische Themen des NT vorstellt. 11 Hinzu kommen verschiedene Arbeitsfragen (wobei erneut das Problem der sofortigen Beantwortung derselben vorliegt), die z. T. ebenfalls größere Bögen schlagen. Klaus- Michael Bull bietet in seiner Bibelkunde einen seitenmäßig recht breiten, inhaltlich aber etwas schmaleren Abschnitt zu ntl. Themen. 12 Ansonsten verfolgt Bull eine etwas andere Strategie, da er weniger auf Arbeitsfragen setzt, sondern lieber in gut leserlichem nacherzählenden Stil die jeweiligen Bücher beschreibt, 8 Vgl. Augustin/ Kegler, Bibelkunde, 341 - 403 . Damit sind knapp 15 % des Gesamtumfangs den thematischen Übersichten gewidmet. Das inzwischen bei Gütersloh aus dem Programm genommene Werk ist per print-on-demand beim Fromm-Verlag erhältlich. 9 Vgl. Oeming, Bibelkunde, 73 - 110 . Diese rund 40 Seiten entsprechen ca. einem Drittel des Gesamt-umfangs. 10 Vgl. Rösel, Bibelkunde, 119 - 197 . Das stellt wie bei Oeming ca. ein Drittel des Gesamtumfangs dar. Allerdings ist der Teil mit knapp 80 Seiten deutlich breiter angelegt. In der elektronischen Fassung der Bibelkunde von Rösel/ Bull kommt noch weiteres Fragenmaterial hinzu. 11 Vgl. Bienert, Bibelkunde, 249 - 319 . Das entspricht gut 20 % des Gesamtumfangs. 12 Vgl. Bull, Bibelkunde, 160 - 199 . Das stellt knapp 20 % des Gesamtumfangs dar. Hinzu kommt allerdings noch ein gut sechsseitiges Glossar ( 200 - 206 ), was bei Bienert leider fehlt. 30 Matthias Hopf was v. a. ‚Schmöker-Fans‘ zugutekommen dürfte. Es fragt sich allerdings, inwieweit ein solcher Ansatz wirklich zur studentischen Eigenarbeit und -lektüre beiträgt - zur Notwendigkeit dessen weiter unten noch mehr. Kurz erwähnt sei noch die Bibelkunde von Lukas Bormann, 13 die in ihrer gesamtbiblischen Anlage die Tradition älterer Werke wie z. B. jenes von Claus Westermann fortführt. 14 Notgedrungen geht dies jedoch mit einer erheblichen Reduktion auf wesentliche Elemente wie Gliederungen und wenige inhaltliche Aspekte einher, weswegen buchübergreifende thematische Überblicke o. ä. hier kaum vorkommen. 15 An diesem Überblick zeigt sich: Prinzipiell ist die ‚Marktlage‘ im Bereich der Bibelkunde-Werke äußerst erfreulich, da auch hinsichtlich der Ausführlichkeit von knappem (Oeming) bzw. mittlerem Umfang (Rösel bzw. Bull) bis hin zu sehr ausführlichen Bänden (Augustin/ Kegler bzw. Bienert) nahezu alles vorhanden ist.Hinzu kommen computergestützte Formate, wobei v. a. die Elektronische Bibelkunde von Rösel zu nennen ist sowie die Online-Beigaben zur Bibelkunde von Bormann, 16 da sonstige elektronische Angebote von ausreichender Qualität bis dato eher Mangelware sind. 17 Zu erwähnen sind schließlich auch die bibelkundlichen Abrisse in den verschiedenen Einleitungen, die vermutlich die literarischen Hauptbezugsgrößen 13 Vgl. Bormann, Bibelkunde sowie die Online-Beigaben zu dem Buch unter der URL https: / / bibelkunde.utb.de/ startseite/ . 14 Vgl. Westermann, Abriß; diese wird nach einer Überarbeitung durch Ahuis nach wie vor fortgeführt als Westermann/ Ahuis, Bibelkunde. 15 Dies gilt in noch stärkerem Umfang für Wick, Bibelkunde, dessen ntl. Bibelkunde weitestgehend aus Tabellen besteht, die nur durch knappe Erläuterungstexte zu den einzelnen Büchern ergänzt werden. Hier sind in der Integrationsphase m. E. die älteren Werke von Helmut Merkel und Klaus Berger vorzuziehen. Merkel, Bibelkunde, 256 - 266 , enthält immerhin 11 Seiten mit Fragen, die wohl überlegt und im positiven Sinne spielerisch gestaltet sind. Preuß/ Berger, Bibelkunde, 475 - 527 , bietet zwar rund 50 gesamtbiblisch ausgerichtete Seiten mit Stichwort-Verweisen, Arbeitsfragen etc. (knapp 10 % des Gesamtumfangs dieses zweibändigen Werks), die in ihrer tabellarischen Anlage aber wenig lesefreundlich sind. Zudem wäre es schön, wenn hier über die bloßen Stellenangaben hinaus etwas mehr Hintergrundinformationen dargestellt würden. Entsprechend scheinen mir - insbesondere aufgrund des Fehlens breiter thematischer Überblicke - die in dieser Anmerkung genannten Lehrbücher für die Integrationsphase weniger empfehlenswert zu sein. 16 Vgl. Bormann, UTB Bibelkunde. 17 An der Bergischen Universität Wuppertal wird ein elektronischer Moodle-Kurs verwendet. Zu Zielsetzung und Konzept vgl. den Beitrag zur Bibelkunde als eLearning-Modul in diesem Heft. Ansonsten sei noch das Online-Angebot von Axel Wiemer, Bibelkunde, erwähnt, das jedoch eher als unterhaltsames Quiz für zwischendurch anzusehen ist. Wie groß der Lerneffekt desselben ist, scheint mir fraglich. Bibelkenntnis statt Bibelkunde 31 für das Lernen auf das Examen darstellen. Allerdings sind diese in ihrer ’mal größeren, ’mal geringeren Ausführlichkeit unter didaktischen Gesichtspunkten nicht immer optimal angelegt. Nicht selten schwanken sie zwischen den Extremen bloßer tabellarischer Übersichten 18 oder übermäßiger Detailfülle an textanalytischen oder literargeschichtlichen Beobachtungen. 19 Ein Hauptproblem aller dieser Werke scheint mir jedoch zu sein, dass sie umfassend enzyklopädisch angelegt sind und bestenfalls durch die Breite der Darstellung gewisse Priorisierungen vornehmen. Auch wenn das natürlich in der Sache und im Genre selbst begründet liegt, suggeriert diese Anlage doch, dass alles ‚gewusst werden muss‘ - was meiner Einschätzung nach für das Examen so kaum zutreffen dürfte. 20 Einzig die thematisch orientierten Abschnitte der Bibelkunde-Lehrwerke schaffen hier eine gewisse Abhilfe, da sie das bibelkundliche Wissen strukturieren und systematisieren. Gerade dieser Trend ist m. E. höchst begrüßenswert v. a. im Hinblick auf die Verwendbarkeit der Lehrwerke im Rahmen der Examensvorbereitung. 2 Die Situation zu Beginn der Integrationsphase-- einige Problemanzeigen Nach der Darstellung der Rahmenbedingungen ist nun auf einige Beschwernisse hinzuweisen, unter denen die Bibelkunde im Studium insgesamt, wie auch insbesondere in der Integrationsphase zu leiden hat. Diese Problemanzeigen beruhen auf Beobachtungen in meiner eigenen Lehre sowie auf dem Austausch mit Kollegeninnen und Kollegen. Nahezu ein Allgemeinplatz ist es, dass die Bibelkunde unter Studierenden äußerst unbeliebt ist, nicht zuletzt weil sie als reines Auswendiglern-Fach gilt, bei dem sich der inhaltliche Nutzen nur einem Teil der Studierenden wirklich erschließt. Das liegt freilich auch daran, dass trotz bisweilen geringer Vorkennt- 18 So z. B. im Bereich des AT bei Schmitt, Arbeitsbuch, oder im Grunde auch bei Gertz u. a., Grundinformation. Während bei Römer u. a., Einleitung, zwar ebenfalls die Tabellen stark dominieren, sind selbige übersichtlicher und v. a. auch noch durch einige hilfreiche Erläuterungen ergänzt, was bei Gertz u. a. deutlicher knapper ausfällt. Im NT ist dies tendenziell bei Schnelle, Einleitung, der Fall. 19 Vgl. für das AT v. a. Zenger/ Frevel, Einleitung; im NT wären bspw. Ebner/ Schreiber, Einleitung, und Pokorný/ Heckel, Einleitung, zu nennen, aber auch Carson/ Moo, Einleitung, neigt in diese Richtung 20 In aller Regel bestehen ja doch ausgesprochene oder meist unausgesprochene Rahmenangaben bzgl. der prüfungsrelevanten Text- und Themenbereiche, selbst wenn dies manche Prüferinnen und Prüfer nicht zugeben wollen oder nicht gerne sehen. 32 Matthias Hopf nisse 21 der wohl sinnvollste und wichtigste Teil der Arbeit gerne ausgelassen wird: die eigentliche Bibellektüre. Man mag dies als die studientechnischen Auswirkungen der Krise des protestantischen Schriftprinzips bezeichnen 22 oder nicht - Fakt ist jedenfalls: In Ermangelung der Primärtext-Lektüre bleiben die (meist in Tabellenform) gelernten Gliederungen abstrakt und ohne inhaltliche Füllung. Das hat jedoch meist zur Folge, dass die Aneignung des Wissens nicht nachhaltig ist. Das einzige, was nachhaltig zurückbleibt, ist häufig eine Abneigung gegenüber der Bibelkunde selbst. Tatsächlich scheint mir nämlich in Examensveranstaltungen eine enorm hohe Motivierung seitens der Lehrperson nötig zu sein, bis Studierende sich wirklich mit den Primärtexten auseinandersetzen. Ungeliebt ist das Fach jedoch in aller Regel nicht nur bei Studierenden, sondern auch unter Dozierenden. Sind die exegetischen Fächer mehrfach besetzt, wird die Bibelkunde gerne als ‚Schwarzer Peter‘ zwischen den Lehrstühlen hin- und hergeschoben. Oder aber die Vermittlung wird per Outsourcing an Lehrbeauftragte vergeben. Dieser Umstand markiert die Diskrepanz zwischen der unhinterfragten Wichtigkeit, biblische Texte zu kennen einerseits und dem faktischen Stellenwert des Faches Bibelkunde innerhalb der Lehre andererseits. Diese Differenz, die auch Studierende bemerken, trägt sicherlich nicht zum Lehr-/ Lern-Erfolg bei. Als eigener Lernbereich spielt Bibelkunde im Hauptstudium eine klar untergeordnete Rolle. Im Idealfall wäre hier der Punkt, an dem das ‚Skelett‘ bibelkundlichen Wissens zumindest ausgewählt und anhand der individuellen Schwerpunktsetzungen mit ‚Fleisch‘ gefüllt wird. 23 Faktisch wird ein bibelkundliches Wissen in der Lehre aber vermutlich einfach stillschweigend voraus- 21 Die Ausnahme bilden i. d. R. Studierende mit einer eher evangelikal geprägten Sozialisation. Vgl. zu den geringer werdenden biblischen Vorkenntnissen auch die luzide Darstellung des Problemkomplexes bei Stein, Chance, 110 f.; dazu die Ausführungen bei Fischer/ Wagner, Verstehen, 8 , inkl. dem interessanten Hinweis auf die Kompetenzerwartung „Kenntnis grundlegender biblischer Geschichten“ innerhalb des österreichischen Lehramtsstudiums (vgl. Fischer/ Wagner, Verstehen, 8 Anm. 17 ). 22 Es scheint, dass Schlag, Ausbildung, 53 , in diese Richtung denkt, wenn er nicht ohne kritischen Unterton feststellt, dass im Pfarramt „nicht mehr in erster Linie eine besondere Gelehrtheit gefragt oder gar eine explizite biblisch-theologische Inhaltlichkeit erwünscht zu sein scheint, sondern eher eine lebenskundige Dialogfähigkeit, nicht selten gar eine Art spirituelle Inszenierungsfunktion gefragt ist.“ Zum Schriftprinzip insgesamt vgl. u. a. Lauster, Prinzip (v. a. seine luzide Darstellung der gegenwärtigen Diskussion, 401 - 439 ). 23 Angesichts der Gesamtfülle der abzuarbeitenden Module im Hauptstudium ist dieses ausgewählte Arbeiten ohnehin nicht selten wirklich äußerst exemplarisch. Viele Studierende belegen nur das eine notwendige Hauptseminar pro Fach (nur selten sind Aufbaumodule so flexibel angelegt, dass auch mehrere Hauptseminare bspw. statt einer vertiefenden Vorlesung eingebracht werden können). Bibelkenntnis statt Bibelkunde 33 gesetzt und nicht mehr separat thematisiert - was im Sinne eines kontinuierlichen Lernens und Vertiefens eigentlich fatal ist. 24 Letztlich müsste ja nun das Wissen um abstrakte Rahmendaten einer lebendigen Anschauung weichen. Es ist jedoch zu fragen, wie viele Bibelstellen aus einer für eine Veranstaltung zu lesenden Sekundärliteratur wirklich nachgeschlagen werden. 25 Interessant und vermutlich aufschlussreich wäre im Übrigen eine belastbare empirische Studie zum Umgang mit der Bibel im Theologiestudium, die nicht nur der Quantität desselben, sondern auch den Kontexten, den Motivationen dazu etc. nachgeht. Entsprechend stellt sich die Situation beim Eintritt in die Integrationsphase meiner Erfahrung nach häufig wie folgt dar: Wenn Studierende in Repetitorien oder vergleichbare Veranstaltungen kommen, ist leider nur ein begrenztes Vorwissen vorhanden, auf dem aufgebaut werden kann - das gilt für alle Wissensbereiche, in besonderem Maße jedoch für die Bibelkunde. Hier rächt sich vielleicht auch, dass das Biblicum in aller Regel vor geraumer Zeit abgelegt wurde und das Hauptstudium das Wissen selbst im Idealfall nur exemplarisch vertieft. In der Integrationsphase müssten nun die mehr oder weniger großen Lücken geschlossen werden. Es ist vor diesem Hintergrund durchaus verständlich, dass die Studierenden hoffen, in der Examensveranstaltung ein beherrschbares ‚kanonisches Wissen‘ vermittelt zu bekommen - selbst wenn das in dieser Form kaum möglich ist. Erschwerend kommt hinzu, dass hinter der Hoffnung nicht selten auch die Angst steht vor der Unüberschaubarkeit des Faches, vor der Menge der Inhalte, vor den alten Sprachen etc. Kurz: Es bestehen erhebliche Unsicherheiten aufgrund der mangelnden Vertrautheit mit dem Stoff. Das liegt natürlich mitunter daran, dass meiner Erfahrung nach in Examensveranstaltungen i. d. R. weniger das obere Drittel im Leistungsspektrum zu finden ist. Diese Studierenden ziehen es meist vor, eigenständig zu lernen. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies in der 24 Die Ausführungen von Huebenthal, Zauber, 26 - 28 , über konstante und über einen langen Zeitraum hinweg entwickelte exegetische Fähigkeiten können hier analog angewandt werden, selbst wenn ich die konkreten didaktischen Umsetzungen Huebenthals jenseits ihrer Problemanzeigen so nicht teilen würde. Vgl. dazu aber auch die Forderung nach Anwendung von Wissen bei Gerstenmaier/ Mandl, Wissenserwerb, 867 . 25 Das wird freilich durch ein nicht selten zu beobachtendes Übermaß an Eifer im Angeben von Vergleichsstellen in der Literatur nicht gerade erleichtert. Eine sinnvolle Reduktion auf wirklich wichtige Stellen wäre hier vielleicht zielführender. Allerdings liegt diese Problematik wohl schlicht im Genre-Unterschied zwischen Lehr-Literatur und Forschungs- Literatur begründet. Gerade in Hauptseminaren muss ja zwangsläufig mit letzterer gearbeitet werden. 34 Matthias Hopf weiteren Implementierung des modularisierten Studiums durch verpflichtende Veranstaltungsformate verändern wird. 26 Interessanterweise führt die beschriebene Unsicherheit bei den Studierenden meist dazu, das Heil in der Sekundärliteratur zu suchen - weil viele wohl meinen, dort die nötigen Zusammenfassungen zu finden, die alles bewältigbarer machen. 27 Die Auseinandersetzung mit den Primärtexten kommt demgegenüber recht kurz. Inwieweit hierbei auch der Nachhall einer Bibelkundeabneigung eine Rolle spielt, darüber kann nur spekuliert werden. Um die Hauptprobleme zusammenzufassen: Die Bibelkunde bzw. der gesamte Umgang mit biblischen Texten leidet unter einem enorm schlechten Image. Damit korreliert der faktisch geringe Stellenwert der Bibelkunde bei Lehrenden wie Studierenden. Das letzte Element im Teufelskreis ist dann die große Abstraktheit bzw. mangelnde Lebendigkeit der bibelkundlichen Inhalte, was das bestehende Image zementiert und Unsicherheiten nicht zuletzt angesichts der großen Stoffmenge hervorbringt. 3 Wege zu einer Stärkung der Bibelkenntnis Wie ist diesem Problemkomplex zu begegnen? Meiner Lehrerfahrung nach muss sehr basal angesetzt werden: bei den Befindlichkeiten der Studierenden. Zunächst muss eventuellen Ängsten und Überforderungsgefühlen begegnet werden, um die Studierenden dann sachlich strukturiert anzuleiten, ihr Glück durch verstärkte Bibellektüre und anwendungsorientierten Umgang mit den Texten selbst in die Hand zu nehmen. Diese vier Schritte möchte ich im Folgenden kurz erläutern. 3.1 Abbau von Abneigungen und Ängsten Zunächst ist es m. E. essentiell, Ängste und Abneigungen gegenüber der Bibelkunde und damit auch gegenüber dem Umgang mit biblischen Texten abzubauen. Hierzu ist in der Examensphase insbesondere einer zu abstrakten Behandlung der biblischen Passagen entgegenzuwirken. Es hilft bspw. kaum jemandem, wenn Bibelstellen einfach genannt werden. Sie sollten nach Möglichkeit auch 26 Es ist jedoch durchaus denkbar, dass die in der Studien-Rahmenordnung geforderten seminaristischen Veranstaltungen (vgl. Rat der EKD, Studiengang, Nr. 6 ) nach dem Vorbild des angeleiteten Selbststudiums modelliert werden, wie es z. B. in Bonn in Teilen schon vorgesehen ist. In diesem Fall würde sich wohl nicht viel zur gegenwärtigen Situation verändern. 27 Vgl. dazu auch die Beobachtungen von Huebenthal, Zauber, 21 . Bibelkenntnis statt Bibelkunde 35 textlich wahrgenommen werden. Ein Problem ist dabei, dass Lehrende die zentralen Stellen in aller Regel gut kennen und entsprechend in einer gewissen Betriebsblindheit vergessen, dass das bei Studierenden vielleicht nicht der Fall ist. 28 Darum muss auch die akademische Lehre in der Integrationsphase immer einen starken Zug zu konkreten Texten aufweisen 29 - dazu gleich noch mehr. Es scheint mir zudem wichtig, den Zugang zu den biblischen Texten möglichst niedrigschwellig zu gestalten. 30 Dazu kann man erwägen, punktuell auch eher spielerische Elemente in die Lehre zu integrieren, sofern es mit dem eigenen Lehrstil zu vereinbaren ist. Der Vorteil solcher - vielleicht auf den ersten Blick ‚albern‘ anmutenden - Methoden ist schlicht, dass dadurch zentralen Einsichten konstruktivistischer Modelle zum Wissenserwerb Rechnung getragen wird. Diese Modelle haben anhand verschiedener Untersuchungen gezeigt, dass Lernen insbesondere dann gelingt, wenn folgende Rahmenbedingungen stimmen: a) authentische und situierte Anwendung von Lösungsansätzen auf konkrete Problemstellungen, b) Anwendung des Wissens in multiplen Kontexten und c) aus multiplen Perspektiven sowie schließlich d) Einbindung des Wissens in soziale Kontexte. 31 In je unterschiedlicher Ausprägung sind diese Rahmenbedingungen gerade bei Methodenelementen wie Quiz- oder Memory-Spielen, ‚Lernliedern‘, symbol-, bild- oder schaubildgestützten Lernmaterialen etc. in hohem Maße gegeben. 32 28 Vgl. auch die Problemanzeige zum exegetischen Methodenrepertoire bei Huebenthal, Zauber, 27 f. 29 Es ließe sich natürlich ebenso fragen, inwieweit schon in den Bibelkundeveranstaltungen im Grundstudium stärker auf die Texte selbst einzugehen wäre und nicht nur auf die abstrakten Meta-Angaben, aus denen die Bibelkunde meist besteht. 30 Ähnlich auch Stein, Chance, 112 . 31 Vgl. Gerstenmaier/ Mandl, Wissenserwerb, 879 , sowie den Beitrag insgesamt. 32 Der eine oder die andere mag dennoch einwenden, dass spielerisches Arbeiten in der universitären Ausbildung nichts verloren hat, weil das nicht deren Niveau entspreche. Schlag, Ausbildung, würde solche Methoden wohl als „zu stark strukturierte und programmatisch auf ‚Outcome‘ setzende Ausbildungskonzepte“ ( 57 ) ablehnen. Dabei wird gar nicht in Abrede gestellt, dass „sich religiöse Erschließungsvorgänge […] immer auch ‚von sich aus‘ ereignen“ ( 55 ); vgl. dazu bspw. nur die dezidiert individuelle Prägung des Wissenserwerbs nach Gerstenmaier/ Mandl, Wissenserwerb, 874 f. In der Tat kann ich als Lehrperson bestenfalls möglichst gute Rahmenbedingungen für Lehr-/ Lern-Prozesse herstellen, wozu meiner Erfahrung nach spielerische Methoden aber hervorragend geeignet sind. Zudem ist m. E. bereits dann viel gewonnen, wenn sich auch nur eine Studentin/ ein Student durch eine ‚alberne‘ Methode im Examen an den spielerisch erlernten Stoff erinnert. 36 Matthias Hopf Im Übrigen gehören digitale Lernformen wie die Elektronische Bibelkunde ebenfalls hierher - selbst wenn noch ein stärkerer Ausbau von Smartphone- und Tablet-Angeboten wünschenswert wäre. Die Nutzung von IT -Medien dürfte nämlich den Rezeptions- und Lerngewohnheiten der heutigen Studierenden deutlich stärker entsprechen. Darauf ist gleich noch einmal zurückzukommen. 3.2 Betonung der Beherrschbarkeit Zum Abbau von Ängsten und Abneigungen ist es m. E. weiterhin hilfreich, die Beherrschbarkeit des Stoffes stärker herauszustellen. Das heißt allerdings auch, Beispielstellen - etwa für Gattungsformulare o. ä. - nicht unbedingt enzyklopädisch und vollständig anzugeben, 33 da eine übergroße Zahl von Bibelstellen eher abschreckend wirkt. Luzider und einprägsamer ist, bspw. ein Gattungsformular an einem konkreten Text zu behandeln, oder besser noch, es selbständig erarbeiten zu lassen. Dies gilt analog für andere Themenbereiche. Die Beherrschbarkeit kann zudem durch die Präsentation von Strategien zur Deduktion vermittelt werden. Indem ‚Anker- oder Scharnierstellen‘, die im Idealfall auch textlich behandelt wurden, als Ausgangspunkt verwendet werden, kann über die narrative oder argumentative Abfolge viel erschlossen werden. Auch dies läuft letztlich auf eine sinnvolle Reduktion auf das Wesentliche hinaus. Ein Vorteil eines solchen Vorgehens ist aber nicht nur die gesteigerte Beherrschbarkeit. Dadurch, dass für eine erfolgreiche Anwendung solcher Deduktionen auch ein inhaltlicher Überblick nötig ist, aktivieren diese Strategien Studierende darin, sich mit den textlichen Stoffen näher zu beschäftigen. Hier einige Beispiele für diese ‚Ankerstellen-Deduktion‘: Ausgehend von der Erzählung vom Linsengericht in Gen 25 , der Himmelsleiter-Episode in Gen 28 und der Jabboq-Perikope in Gen 32 kann nahezu der gesamte Jakobzyklus nachvollzogen werden, sofern man den Handlungsverlauf grundlegend kennt: Das ‚Linsengericht‘ schließt unmittelbar an die Geburtsgeschichte an. Gen 28 ist die logische Folge aus der Flucht vor Esau nach dem Segens-Betrug in Gen 27 . (Quer dazu liegt freilich der ‚Isaak-Exkurs‘ in Gen 26 .) Es folgt der längere Abschnitt über den Aufstieg zu Reichtum bei Laban in Haran. Der nächste ‚Ankerpunkt‘ ist dann die Jabboq-Perikope in Gen 32 , welche auf den Abschied von Laban (Gen 31 ) folgt und paradigmatisch für die Rückkehr zum Bruder steht, 33 Erwägenswert wäre ohnehin u. U. der Versuch, eine stärkere Kanonisierung des im Examen Erwartbaren anzustreben, wie dies in manchen Landeskirchen und an einigen Ausbildungsorten der Fall ist. Vgl. dazu bspw. die Vorgaben für die Bibelkundeprüfungen in Bonn und Wuppertal/ Bethel. Selbst für Abiturprüfungen wurden inzwischen ja weit reichende deutschlandweite Standards eingeführt. Bibelkenntnis statt Bibelkunde 37 inkl. der Angst vor der Begegnung (ersten Kapitelhälfte von Gen 32 ) und dem Wiedersehen in Gen 33 . In ähnlicher Weise könnte man das Buch Exodus mit den Kern-Stellen Ex 3 f.; 7 ; 14 ; 20 ; 21 - 24 und 32 f. weitgehend umreißen: Vor der Gottes-Vorstellung am Sinai (Ex 3 f.) wird die Kindheit und ‚Jugend‘ von Mose beschrieben. Relativ kurz nach dieser theologisch zentralen Stelle beginnt in Kapitel 7 die Plagenerzählung, die sich weitestgehend bis zum Auszug erstreckt. Dieser wird durch die nächste ‚Ankerstelle‘ des Schilfmeerdurchzugs in Ex 14 abgeschlossen. Es folgt die erste Wüstenwanderung bis zur Ankunft am Sinai, wo der Dekalog (Ex 20 ) und das Bundesbuch (Ex 21 - 24 ) gegeben werden. Schließlich teilt die Episode zum Goldenen Kalb (Ex 32 f.) die Planung und den Bau der Stiftshütte in zwei Hälften. Als Beispiel für das Neue Testament könnte man den Römerbrief anbringen: Durch die Kenntnis von Röm 4 ; 5 sowie 9 - 11 ist m. E. bereits die grundlegende argumentative Struktur des Briefs in weiten Teilen erfassbar. So schließt die bekannte Stelle über Abraham den ersten längeren Gedankengang des Briefes ab, während die folgende Passage über Adam und Christus in Röm 5 den nächsten eröffnet. Dieser wiederum reicht bis kurz vor den prägnanten Israel-Zyklus in Röm 9 - 11 , worauf sich die Paränese ab Röm 12 anschließt. Dass derartige Zusammenfassungen holzschnittartig sind, liegt in der Natur der Sache. Dennoch ist mit einer solchen Ankerstellen-Methodik eine Orientierung in einem mehrere Kapitel umfassenden Textbereich relativ leicht zu bewerkstelligen. 3.3 Stärkung der Bibellektüre Wie zum Schluss des letzten Abschnitts deutlich wurde, ist eines der wichtigsten Ziele ohnehin die Verstärkung der eigenen Bibellektüre - gerade wenn man Alexander Deegs Ausführungen zum Pastor legens ernstnimmt. 34 Meiner Erfahrung nach kann die Lektüre schon durch verschiedene kleinere Teilelemente unterstützt werden. Ein Baustein war in meinen Veranstaltungen die Einführung von Listen mit einem überschaubaren Korpus an Leseempfehlungen, die bewusst nicht enzyklopädisch, sondern exemplarisch-paradigmatisch angelegt sind. 35 Für den kleinen Teilbereich ‚prophetische Rede-Gattungen‘ deckt bspw. folgende Liste schon das Wichtigste ab: 34 Vgl. Deeg, Pastor, insbesondere 424 , wo er die Bibellektüre im Anschluss an Roland Barthes zum obersten Bildungsziel erklärt, wenngleich ihm dabei das gesamte Theologiestudium vom ersten Semester an vor Augen steht und nicht nur die Integrationsphase. 35 Hier hilft es vielleicht, sich selbst daran zu erinnern, dass die Adressaten/ -innen nicht die Fachkollegen/ -innen sind, die ein solches Vorgehen womöglich als unvollständig be- 38 Matthias Hopf • Am 3 , 10 - 11 (prophetisches Gerichtswort) • Am 5 , 4 (prophetischer Mahnspruch) • Jes 40 , 27 - 31 (Disputationswort) • Jes 41 , 8 - 13 (prophetische Heilszusage; Erzväter bei Jesaja) • Jes 1 , 4 (prophetisches Wehewort) Diese insgesamt 15 Verse sind innerhalb kürzester Zeit les- und erfassbar, was erneut v. a. den niederschwelligen Zugang zu den Texten befördert. Gleichzeitig nehmen Studierende in der Lektüre wesentliche Passagen des corpus propheticum im Primärtext wahr. Faktisch ist eine solche Liste substanziell nichts anderes als die entsprechende Aufzählung in den einschlägigen Lehrwerken, aus denen die Studierenden sich die angegebenen Stellen ebenfalls entnehmen könnten. Meine Erfahrung ist jedoch, dass alleine die Überschrift Lese-Empfehlung kombiniert mit einer kurzen nachfolgenden inhaltlichen Charakterisierung viel bewirkt. Noch niederschwelliger wäre ein elektronisches Angebot vergleichbar mit der Elektronischen Bibelkunde . 36 Entscheidend wäre, dass durch einen einfachen Klick die jeweiligen Stellen im Primärtext auf den Bildschirm geholt werden können. Im Idealfall und für heutige Studierende vermutlich besonders attraktiv wäre eine technische Lösung innerhalb einer Smartphone-/ Tablet-App. Ein solches Produkt wird derzeit von Martin Rösel für den Markt vorbereitet. 37 Eine Gefahr sei bezüglich elektronischer Angebote aber noch benannt: Das Lesen an Bildschirmen scheint einigen Untersuchungen zufolge zu einer gewissen Oberflächlichkeit zu neigen. 38 Andererseits gibt es Hinweise, dass für Lesen von Papier einfach mehr Zeit investiert wird, während Bildschirm-Lesen schneller abgeschlossen wird. 39 Das könnte schlicht auf unterschiedliche Lesegewohnmängeln würden, sondern Studierende, die im Gegenteil höchst dankbar über derartige Zuspitzungen sind. 36 Vgl. Rösel/ Bull, Elektronische Bibelkunde. Leider ist bei diesem Produkt aus der Bibel- Digital-Reihe m. E. die Lesefreundlichkeit aufgrund der Verwendung der mfChi-Engine nicht allzu hoch. 37 Das sonstige Angebot ist gegenwärtig relativ überschaubar bis nahezu nicht-existent! Alternativ zu einer Tablet-/ Smartphone-Portierung wäre auch ein Wiki-Format erwägenswert, das von mehreren Dozierenden gemeinsam aufgebaut werden könnte und in der technischen Handhabung einfacher wäre als HTML. Zudem ist dieses Format den Studierenden über ihren Umgang mit Wikipedia vertraut. Vgl. dazu auch Heilmann, E-Learning, v. a. 86 - 95 . Vorteil eines solchen Formats wäre schließlich noch, dass es weitgehend plattformunabhängig wäre. 38 Vgl. die Forschungsüberblicke und Untersuchungen bei Mangen u. a., Reading, und Ackerman/ Goldsmith, Regulation. 39 Vgl. Ackerman/ Goldsmith, Regulation; aufgegriffen auch von Mangen u. a., Reading, 66 , wo explizit das Desiderat weiterer Untersuchung zum Einfluss von Studierzeiten formuliert wird. Bibelkenntnis statt Bibelkunde 39 heiten von Papier bzw. Bildschirm hinweisen. Entsprechend müsste dafür Sorge getragen werden, dass auch in elektronischen Lernsettings ein ‚verweilendes Lesen‘ gewährleistet ist, bspw. durch beigefügte Arbeitsaufgaben. Damit sind wir allerdings schon beim nächsten Aspekt. 3.4 Aktivierung zur Eigenarbeit Alles Beschriebene zielt letztlich auf den didaktisch wichtigsten Punkt ab: die stärkere Aktivierung der Studierenden zur Eigenarbeit. Diese Erkenntnis steht m. E. auch im Hintergrund, wenn in Examensveranstaltungen landauf, landab so gerne auf die Methodik des Entwurfs von Klausurgliederungen o. ä. zurückgegriffen wird: Indem Studierende daran gehen, das Material eigenständig zu bearbeiten, stärken sie ihre eigenen Kompetenzen. 40 Nur wäre derartiges Arbeiten gezielt auf Primärtexte zu richten. Hier gilt mithin analog, was Rydryck/ Schneider für das Sprachenlernen benannt haben: „Erwerb und Erweiterung von Sprachkompetenz kann nicht ohne konkreten Sprachgebrauch erzielt werden.“ 41 Im Bereich der Bibelkunde kann das etwa heißen, selbstständig Grob-Gliederungen biblischer Bücher anhand von deutschen Übersetzungen anzufertigen und diese erst in einem zweiten Schritt mit jenen in einschlägigen Bibelkundewerken abzugleichen und/ oder die verschiedenen Gliederungsvorschläge der Studierenden in der Veranstaltung zu diskutieren. 42 Ähnliches gilt für einen Bereich, der gerade für das Examen noch wichtiger ist als die Frage nach den Aufrissen der Bücher: themenbzw. sachbezogene Zusammenstellungen von Bibelstellen. Derartige Darstellungen sind verstärkt in den Lehrwerken zu finden (s. o.). Entsprechend könnte man bspw. die Arbeitsaufgabe stellen, zentrale Bibelstellen zum Motiv ‚Segen‘, zu wichtigen Stationen der Geschichte Israels, zum Abendmahl u. v. m. zusammenzusuchen - ob anhand von Querverweisen in deutschen Übersetzungen, vermittels (Computer-) Konkordanzen, theologischen Wörterbüchern oder anderer Sekundärliteratur. Je näher die Studierenden dabei freilich an den biblischen Texten arbeiten, desto besser. 43 40 Vgl. dazu auch die Ausführungen bei Gerstenmaier/ Mandl, Wissenserwerb, 867 f. 41 Rydryck/ Schneider, Übersetzen, 82 ; ähnlich auch Köhlmoos, Fontes, 36 f. 42 Denkbar wäre auch, im Falle zentraler Einzeltexte die von Hoegen-Rohls, Schritt, beschriebene Methode der Verssegmentierung einzusetzen. 43 Falls verstärkt auf Sekundärliteratur zurückgegriffen werden sollte, müsste sichergestellt sein, dass auch die Primärtexte wahrgenommen werden - bspw. dadurch, dass in der Aufgabenstellung die Erstellung eines Textblattes wichtiger biblischer Texte mitverlangt wird. 40 Matthias Hopf Als eine weitere Aktivierungsform hat sich in meinen Integrationsseminaren die Anfertigung von Kurzexegesen durch jeweils ein bis drei Studierende in Vorbereitung auf die jeweils nächste Sitzung enorm bewährt. Dabei habe ich darauf geachtet, dass die zu exegesierenden Texte a) zum Thema der jeweiligen Sitzung passen, 44 b) möglichst zentrale Passagen dieses Themenbereichs darstellen, c) einen Umfang von ca. 4 - 7 Versen haben und d) im Idealfall schon einmal Inhalt einer Examensklausur waren. 45 Die zu erstellende Kurzexegese soll alle exegetischen Methoden abdecken, soweit sie sinnvoll anwendbar sind. Sie ist allerdings nach Möglichkeit unter Examensbedingungen anzufertigen, also mit beschränkten Hilfsmitteln (entsprechend der gültigen Prüfungsordnung) sowie unter Zeitdruck. Zudem gebe ich vor, dass die Ergebnisse auf eine DIN -A 4 -Seite passen und innerhalb von zehn Minuten den Kommilitoninnen und Kommilitonen vorgestellt werden müssen. Im Anschluss an diese Präsentation in der Seminarsitzung folgen eine Aussprache im Plenum 46 sowie einige Kommentare und Tipps von meiner Seite. 47 Die Erfahrung zeigt, dass dadurch erstens die (im Hauptstudium leider oft etwas vernachlässigte) Kompetenz der klassischen Exegese geschult wird. Durch diese Methode wird dabei insbesondere deutlich, wie Exegesen in unterschiedlichen biblischen Textbereichen im Hinblick auf das Vorgehen, den Umfang wie den Inhalt sinnvoll durchgeführt werden können. Zweitens lernen die Studierenden sowohl anhand der eigenen Kurzexegese wie auch der von anderen zentrale Texte intensiv kennen. Durch die Exegese gewinnt Bibelkunde also erheblich an Tiefe und Lebendigkeit 48 und es entstehen in der Auseinander- 44 So habe ich etwa Dtn 30 , 15 - 18 im Bereich ‚Dtn/ DtrG‘ verwendet oder Jes 6 , 8 - 10 im Bereich ‚Prophetie - Jesaja‘, um nur zwei Beispiele zu nennen. 45 Dies ist meist der Fall, wenn die Punkte a bis c erfüllt sind. Zum Hintergrund sei zudem auf Folgendes verwiesen: In den Examensklausuren der für die meisten meiner Studierenden zuständigen Evang.-Luth. Kirche in Bayern werden gegenwärtig Übersetzung und Exegese eines bestimmten biblischen Textes sowie eine essayistische Ausarbeitung zu einem passenden Thema verlangt. 46 Oft handelt es sich dabei nur um Rückfragen der Kommilitoninnen und Kommilitonen. Eine echte exegetische Diskussion im Plenum entsteht meiner Erfahrung nach nur in Ausnahmefällen. Über ein Semester hinweg ist aber zu beobachten, dass die Diskursfreude tendenziell zunimmt, was auf eine zunehmende ‚Sattelfestigkeit‘ hindeutet. 47 Ggf. weise ich darauf hin, welche Arbeitsschritte im Hinblick auf diesen speziellen Text kürzer gefasst werden sollten bzw. welche zentralen Aspekte noch gefehlt haben. Ich versuche dadurch auch zu zeigen, dass eine Exegese von Text zu Text je unterschiedlich ausfallen wird, damit die Studierenden eine gewisse Flexibilität im Umgang mit den Methodenschritten erlernen. 48 Dies wirkt letztlich auch einer „Sterilität der Exegese“ (Lauster, Prinzip, 464 ) entgegen. Bibelkenntnis statt Bibelkunde 41 setzung mit den bearbeiteten zentralen Texten wichtige Orientierungs- und Ankerpunkte für die Aneignung weiterer biblischer/ bibelkundlicher Inhalte. Drittens ist schließlich nicht zu vernachlässigen, dass in dieser Arbeitsform zur selbständigen Erarbeitung auch die eigenständige Darstellung eingeübt wird. Dieses Auf-den-Punkt-Bringen biblisch-exegetischer Sachverhalte mit eigenen Worten fällt Studierenden erfahrungsgemäß nicht immer leicht. Entsprechend muss die Wiedergabe sowohl der biblischen Inhalte, wie auch der exegetischen Erkenntnisse dazu schlicht trainiert werden. Das Ziel dieser Aktivierung der Eigenarbeit muss letztlich sein, den Kompetenzüberschritt vom bibelkundlichen Wissen mindestens zu den Taxonomiestufen des Verstehens und Anwendens 49 zu vollziehen bzw. zu festigen. Idealiter sollte dieser Kompetenzüberschritt zumindest exemplarisch für Teilbereiche des AT bzw. NT natürlich schon im Hauptstudium erfolgt sein. 50 Wie aber oben bereits beschrieben, ist das leider nicht immer der Fall, weil die nötige Praxis fehlt. Und selbst unter optimalen Bedingungen steht in der Integrationsphase immer noch eines an: die im Hauptstudium an ausgewählten Textpassagen erworbenen Kompetenzen auf das gesamte Korpus des AT / NT auszudehnen 51 - oder zumindest auf die examensrelevanten Bereiche, die je nach Prüfungsordnung und -gepflogenheiten variieren. Um dies zu erreichen, ist es nötig, das bibelkundliche Wissen, wie weiter oben ausgeführt, mit anderen Teilbereichen der exegetischen Fächer zu vernetzen. 52 Einige Beispiele hierfür wurden bereits vorgestellt, wenn von themenbezogener Bibelkunde bzw. den Kurzexegesen die Rede war. Im besten Fall sollte dabei aber auch eine ‚hermeneutische Tiefenschärfe‘ im Umgang mit zentralen biblischen Stellen angestrebt werden. Als Beispiel hierfür möchte ich zum Schluss noch kurz eine Anwendungsmöglichkeit präsentieren: Ein Kernproblem für die Frage nach den Pentateuch- Theorien - meiner Erfahrung nach ein Angstthema bei Studierendenden - ist 49 Vgl. die Zusammenfassung der Taxonomiestufen bei Bloom u. a., Taxonomie, 217 - 223 . 50 Ebenso sollte im Idealfall auch schon im vorherigen Studium die Haltung eingeübt worden sein, die Deeg, Pastor, 424 , wie folgt beschreibt: „Das Studium der Theologie müsste zum Lesen in seinen verschiedensten Formen motivieren, zu lebenslanger Neugier, zum historisch-philologischen Eros genauso wie zum literarisch-stilistischen.“ Dies sollte die bleibende Aufgabe allen Lehrens sein: die Studierenden zu einer solchen Haltung zu verlocken. 51 Vgl. dazu auch das Plädoyer zugunsten realistischerer Erwartungshaltungen im Verlauf des Studiums bei Huebenthal, Zauber, 26 - 28 . 52 Dies würde auch einem Verstehen des Nutzens der einzelnen exegetischen Methodenschritte zugutekommen, wie es Wagner, Proseminar, 64 , eigentlich für das Proseminar anmahnt - meiner Wahrnehmung nach ist dies aber nahezu analog auf die Integrationsphase übertragbar. 42 Matthias Hopf bekanntlich der Übergang vom Buch Genesis zum Buch Exodus. 53 Zentrale Aspekte der Modellbildungen können wunderbar mit Studierenden erarbeitet und diskutiert werden, wenn man sich die insgesamt neun Rückverweise auf die Erzväter im Buch Exodus vornimmt (Ex 2 , 24 ; 3 , 6 . 15 . 16 ; 4 , 5 ; 6 , 3 . 8 ; 32 , 13 ; 33 , 1 ). Ein Arbeitsauftrag hierzu (ob für die Sitzung selbst oder eher für die Heimarbeit) könnte so aussehen, dass sich die Studierenden in einer ersten eigenständigen Wahrnehmung der Bibelstellen in ihren Kontexten an einer diachronen Verhältnisbestimmung versuchen. Leitfragen könnten sein: In welchem größeren Textbereich befindet sich die Stelle? Wie eng bzw. lose sind die Stellen in ihren Kontext eingebunden? Gibt es stilistische Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten zwischen den neun Stellen? Dann könnten die eigenen Ergebnisse unter Zuhilfenahme einschlägiger (Kommentar-)Literatur 54 mit den üblichen kompositionsgeschichtlichen Zuordnungen abgeglichen werden. Nach Sammlung von Argumenten der literarischen Zuordnung müsste abschließend - und nun sicherlich innerhalb einer seminaristischen Sitzung - diskutiert werden, was für oder was gegen eine frühe literarische Brücke zwischen Gen und Ex spricht. Wichtig ist in einer solchen Diskussion aber weniger, eine ‚mehrheitskonforme‘ oder persönliche Meinung zu etablieren, sondern das Für und Wider zu diskutieren, um die Studierenden stärker mit den Formen und Denkwegen des fachlichen Diskurses vertraut zu machen. In jedem Fall kennen die Studierenden im Anschluss die zentralen ‚Brücken-Stellen‘ zwischen Gen und Ex textlich und haben sich auch zu diesen die beschriebene ‚hermeneutische Tiefenschärfe‘ erarbeitet. Ein Grundproblem dieses Vorgehens sei aber noch benannt: Leider kommt in Repetitorien o. ä. aus Zeitgründen derart intensives Arbeiten oft zu kurz. Eigentlich lässt die Stoffmenge in aller Regel kaum zu, so lange bei so wenigen Bibelstellen zu verweilen. Dennoch ist prinzipiell auch in der Integrationsphase das intensive exemplarische Arbeiten dem enzyklopädischen, aber oberflächlichen Besprechen vorzuziehen. Der Grund ist simpel: Die Aneignung zusätzlicher Wissensbereiche als Grundlage für das Examen in Form der Lektüre von Lehrwerken können Studierende gut in Eigenarbeit leisten, angeleitete Einübung in Verstehen, Anwenden und Analysieren 55 aber erheblich schwerer. 53 Analoge Beispiele aus dem ntl. Bereich ließen sich mit Leichtigkeit anbringen, man denke etwa nur an das Synoptische Problem. 54 Einen schönen Überblick über wichtige Argumente bietet in diesem Fall bspw. auch Pietsch, Abschied. 55 Vgl. dazu nochmals die Zusammenfassung der Taxonomiestufen bei Bloom u. a., Taxonomie, 217 - 223 . Bibelkenntnis statt Bibelkunde 43 4 Das Ziel: Bibelkenntnis Insgesamt gilt also: Der Umgang, oder genauer die intensive Auseinandersetzung mit konkreten biblischen Texten (durchaus auch gestützt durch Sekundärliteratur) trägt viel mehr aus für das Verständnis exegetischer Probleme als das bloße Lesen der üblichen Lehrwerke (ob der Bibelkunde, der Einleitungswissenschaft o. ä.) und ein darauf aufbauendes Lernen, das nur auf Wissen und nicht auf Wissensanwendung setzt. Das heißt jedoch auch, dass die Studierenden selbst in der Integrationsphase nicht allein gelassen werden dürfen. Das beschriebene Arbeiten am Text muss einen eigenen Platz innerhalb der vom modularisierten Studium vorgesehenen Integrationsveranstaltungen haben. Erste Schritte auf diesem Weg sind die Vermittlung positiver und niederschwelliger Zugänge zu den biblischen Texten sowie das Aufzeigen, dass der Stoff beherrschbar ist. Erst dadurch werden die Studierenden m. E. frei, sich intensiv mit den Primärtexten auseinanderzusetzen, weil sie die Hemmnisse von Angst und Überforderung ablegen können. Diese ersten Schritte müssen dann aber in intensivere Bibellektüre, in ein Vertraut-Werden mit zentralen Passagen münden sowie ein Verstehen, wie diese zentralen Stellen mit den exegetischen Fragestellungen zusammenhängen und wie die exegetischen Methoden darauf reagieren. Nur dann dürfte das eigentliche Ziel erreicht werden, die Studierenden umfassend und gut auf das Examen vorzubereiten. Meiner Ansicht sollte das Examen in den biblischen Fächern nämlich nicht einfach nur aus 60 % Bibel kunde bestehen, sondern wirkliche Bibel kenntnis abprüfen. Anhang Im Folgenden findet sich eine Liste mit Links zu den Prüfungsordnungen, Richtlinien bzw. Merkblättern für Bibelkunde an den verschiedenen Ausbildungsorten, soweit eine Recherche in den öffentlich zugänglichen Bereichen der jeweiligen Websites sie zu Tage fördern konnte. 56 • Bochum: http: / / www.ev.rub.de/ mam/ karle/ downloads/ ordnung_zum_biblicum.pdf 56 Diese Suche war ergebnislos bei den Universitäten Berlin, Greifswald, Halle, Hamburg, Heidelberg, Kiel, Leipzig, Marburg, Münster. Das schließt nicht aus, dass nicht doch irgendwo die Unterlagen zu finden sind - evtl. etwas versteckter bzw. in einem Passwortgeschützten Bereich (etwa Moodle o. ä.). Nur war die intensive Suche in den öffentlichen Bereichen nicht von Erfolg gekrönt. 44 Matthias Hopf • Bonn: https: / / www.ev-theol.uni-bonn.de/ studium/ ordnungen/ po_bibelkunde_ 2013 _amtbek_ 1310 .pdf • Erlangen: https: / / www.zuv.fau.de/ universitaet/ organisation/ recht/ studiensatzungen/ THEOL/ StPO_Evangelische-Theologie_NEU.pdf • Frankfurt: https: / / www.uni-frankfurt.de/ 47995038/ bibelkunde_anmeldung_ merkblatt_2014.pdf • Göttingen: 57 http: / / www.theologie-studieren.de/ damfiles/ default/ theologiestudieren/ theologie-studieren/ themen/ mittendrin/ Bisherige-Pruefungsbestimmungen-von-2005-1fc6f00157d8ee3eb5e8d351b1e07fcf.pdf • Jena: http: / / www.theologie.uni-jena.de/ thefakmedia/ Studium/ Formulare/ Bibelkunde/ Bibelkundepr%C3%BCfungsordnung+der+Theologischen+Fakult%C3%A4t.pdf • Mainz: http: / / www.ev.theologie.uni-mainz.de/ Dateien/ PO_Bibelkundepruefung.pdf • München: http: / / www.evtheol.uni-muenchen.de/ studium_alt/ pruefungen/ pruefungsord/ biblicum_ordnung.pdf • Neuendettelsau: http: / / augustana.de/ fileadmin/ user_upload/ dokumente/ ordnungen/ Bibelkundepruefung2017.pdf • Rostock AT : https: / / www.theologie.uni-rostock.de/ fileadmin/ uni-rostock/ Alle_THF/ THF/ Studium/ Studiengaenge/ Magisterstudiengang_Evangelische_ Theologie__Pfarramt_/ Bibelkunde_Merkblatt.pdf • Rostock NT : https: / / www.theologie.uni-rostock.de/ fileadmin/ uni-rostock/ Alle_THF/ THF/ Studium/ Studiengaenge/ Diplomstudiengang__auslaufend_/ Hinweise_Bibelkundepruefung_2016_NT.pdf • Tübingen: http: / / www.uni-tuebingen.de/ index.php? eID=tx_securedownloads&p=37415&u=0&g=0&t=1523616166&hash=3d9aa507a7003f50c4b50 48016e206fe93e06582&file=/ fileadmin/ Uni_Tuebingen/ Fakultaeten/ Evang- Theol/ downloads/ pruefungsordnungen/ ab_WS10-11_Pruefungsordnungen/ 1._Theol._Dienstpruefung/ BibelkundepruefungRichtlinien_Beschluss_ Sitzung_FV_29-11-2011.pdf • Wuppertal/ Bethel: https: / / www.kiho-wb.de/ wp-content/ uploads/ 2015/ 01/ Bibelkundepr%C3%BCfung-aktuell.pdf 57 Unterlagen der Föderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen. 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He bases his considerations on experiences with an e-learning course that was introduced in 2006, steadily evaluated and re-worked in several stages until its fourth version from 2016. Finally, he sheds light on further developments for the next version of this course. 1 Einführung Der Einsatz digitaler Medien im akademischen Unterricht stellt eine maßgebliche Veränderung des universitären Lehrens und Lernens dar. Motivationen unterschiedlicher Art führten Lehrende in den vergangenen Jahren vermehrt dazu, digitale Konzepte zur Vermittlung vor allem von Grundwissen und Kernkompetenzen zu entwickeln. 1 Damit reagieren sie auf Entwicklungen, die zu einer stärkeren Liberalisierung des Bildungswesens führen sollen. 1 Für die Bibelwissenschaften vgl. die Beiträge zum Thema im Sammelband Giercke-Ungermann/ Huebenthal, Orks. 50 Thomas Wagner Innerhalb der deutsch-sprachigen Exegese bildeten ISATEX 2 und WIBILEX 3 erste Projekte, das Internet als Zugang zu digitalisierten Inhalten und deren Vorteilen gegenüber analogen Formaten für den akademischen Unterricht sowie für die Forschung zu erschließen. Dabei waren anfänglich zwei Aspekte wesentlich, die diese beiden Formate maßgeblich prägten: Zum einen wurde das Internet als Möglichkeit der Ausbildung von (sozialen) Netzwerken erkannt ( ISATEX ), das gerade jüngeren Forschenden und Lehrenden die Chance bieten sollte, in den Austausch mit Gleichgesinnten zu treten. Zum anderen traten die Vorteile einer digitalen Präsentation von Inhalten in den Vordergrund, da digitale Texte aufgrund der Verkürzung redaktioneller Prozesse schneller zugänglich sind und Herausgeber zugleich eine höhere Unabhängigkeit von Verlagen unter gleichzeitiger Beibehaltung von Lektoraten und der damit einhergehenden wissenschaftlichen Prüfung der eingereichten Texte erzielen können. Dieses wirkt sich auch auf die Fortschreibung/ Veränderung der Texte zu späteren Zeitpunkten aus, da Überarbeitungen jederzeit möglich und aktualisierte Fassungen zeitnah verfügbar sind. Zugleich stellt eine digitale Plattform mit der Option zur Verlinkung eine Vereinfachung der Nutzung eines Lexikons dar. Querverweisen oder Rekursen auf Texte kann durch Hyperlinks einfacher nachgegangen werden. 4 Im Bereich der Vermittlung der Bibelkunde entstand ein digitales Konzept im Vergleich zu anderen Bereichen exegetischer Lehre erst spät und zunächst nur als CD -Version. Ausgehend von den Lehrbüchern Bibelkunde des Alten Testaments. Die kanonischen und apokryphen Schriften des Rostocker Alttestamentlers Matin Rösel und Bibelkunde des Neuen Testaments. Die kanonischen Schriften und 2 Das ISATEX (Internet-Informations-Stelle für Alt-Testamentliche Exegese und die wissenschaftliche Erforschung des Alten Testaments), derzeit aufzufinden unter: http: / / www. zis.uni-mainz.de/ 206.php; letzter Aufruf: 11 . 06 . 2018 . Dieses Projekt wurde von Andreas Wagner/ Bern und Johannes F. Diehl/ Frankfurt ins Leben gerufen und diente in seiner Anfangsausrichtung der Vernetzung von am Alten Testament Forschenden, wobei der Fokus auf dem wissenschaftlichen Nachwuchs liegt, der noch nicht vollständig in die Fachkreise alttestamentlicher Forschung integriert ist. 3 Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (http: / / www.bibelwissenschaft.de/ wibilex/ ) wurde von Michaela Bauks/ Koblenz-Landau und Klaus Koenen/ Köln bezogen auf einen schnellen Zugang von redaktionell gesichertem Wissen über das Alte Testament begründet. Sie wollten damit einer undifferenzierten Nutzung nicht-redigierter Wikis, die sich hinsichtlich biblischer Aspekte in unterschiedlichem Umfang im Internet auffinden lassen, entgegenwirken. Mittlerweile verfügt das Lexikon auch über einen neutestamentlichen Teil und dient für den akademischen Unterricht als Erstreferenz zu Schlagwörtern und Themen. 4 WIBILEX stellt mittlerweile im Kontext der von der Deutschen Bibelgesellschaft angebotenen Seite (www.bibelwissenschaft.de) einen integralen Anteil dar, zu dem auch unterschiedliche Bibelübersetzungen, eine Bibelkunde sowie eine (kurze) Einleitung zu den biblischen Büchern gehören. Weiter zum Portal der Deutschen Bibelgesellschaft vgl. den Beitrag von Nathanael Lüke in der Rubrik Frontend dieser Ausgabe. Bibelkunde als E-Learning-Kurs 51 die Apostolischen Väter von Klaus-Michael Bull/ Rostock entwickelten die beiden Autoren zusammen mit der Deutschen Bibelgesellschaft eine CD -Version, in der neben den Inhalten der beiden Bücher auch ca. 1 . 000 Übungsfragen zur Bibelkunde angeboten werden. 5 Diese CD -Fassung bildet in verkürzter Fassung die Grundlage des bibelkundlichen Teils des Internetportals www.bibelwissenschaften.de. 6 Mit der bevorstehenden Veröffentlichung einer App als Ergänzung zu Buch und CD wird das gesamte Spektrum der von Rösel und Bull konzipierten Didaktik zum Erlernen der Bibelkunde sichtbar werden. Daher sind die folgenden Ausführungen zu Gegenstand der Bibelkunde, möglicher in den Lehrbüchern angezeigter Lernwege und den daraus ableitbaren Konsequenzen für einen E-Learning-Kurs vorläufiger Natur. 2 Projektgrundlagen: Bibelkunde lernen-- nur wie? Die Notwendigkeit, Bibelkunde zu erlernen, setzte nicht erst mit der zunehmenden Unkenntnis biblischer Texte zu Beginn des 21 . Jahrhunderts ein, sondern wurde bereits in den 1860 er Jahren von Robert Kübel erkannt. In seinem 1870 erschienenen zweibändigen Werk zur Bibelkunde verbindet er die Inhalte der biblischen Schriften mit Erklärungen der Texte sowie mit Einleitungen zu den 5 Die von der Deutschen Bibelgesellschaft angebotene Elektronische Bibelkunde wird durch ein Update ergänzt, mit dem eine verbesserte Lernzielkontrolle erreicht wird. Dieses wird unter https: / / www.die-bibel.de/ service/ support/ support-fuer-konkrete-produkte/ hilfebei-der-reihe-bibeldigital/ bibelkunde/ bereitgestellt. Problematisch erweist sich jedoch, dass das Angebot nur auf das MS Windows-System ausgelegt ist. Für Linux und macOS ist keine Version verfügbar. 6 https: / / www.bibelwissenschaft.de/ bibelkunde/ . Letzter Zugriff: 15 . 06 . 2018 . Die Fragen wurden hier jedoch nicht eingeschlossen. Diese werden zukünftig Grundlage der derzeit entstehenden App zur Bibelkunde sein. Thomas Wagner, * 1971, PD Dr. theol., ist Akademischer Rat am Seminar Ev. Theologie und Studiendekan der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften der Bergischen Universität Wuppertal. Neben seinen Forschungen zum Alten Testament in den Bereichen Prophetie und Anthropologie setzt er sich mit hochschuldidaktischen Fragestellungen auseinander. U. a. ist er Mitglied des Projekts BU: NDLE und des Forum Digitalisierung und Mediendidaktik in der Lehrerbildung der Bergischen Universität Wuppertal. 52 Thomas Wagner Büchern. Diese Kombination, die über eine reine Bibelkunde hinausgeht, wurde von seinem Werk an zum Standard für Bibelkundebücher jeglichen Umfangs. In der Folge erschien mit dem Werk von Hermann Faulhaber eine sich an ein nicht-wissenschaftliches Publikum wendende Darstellung biblischer Schriften einschließlich der Behandlung von Einleitungsfragen. Als auf das wissenschaftliche Studium ausgerichtete Darstellung erschien in den 1930 er Jahren das ebenfalls zweibändige Werk Bibelkunde des Alten Testaments von Otto Weber, das neben dem Werk von Martin Schlunk, Merkstoff zur Bibelkunde ( 1934 ), grundlegend bis in die 1960 er hinein blieb. Die Bedeutung des Werkes Webers wird schon dadurch sichtbar, dass Schlunk es nach dem Tod Webers weiter edierte, so dass es in Neuauflagen zugänglich blieb. In seinem Konzept folgt Weber der Tradition von Kübel und kombiniert den Inhalt biblischer Bücher mit einer Einleitung in die Schriften des Alten Testaments. Weber äußert sich in der Einleitung zum ersten Band seiner Bibelkunde über den Zweck seines Werkes: „Zielsetzung und innere Absicht dieses Buches muß sich aus dem Inhalt selber ergeben. Es soll aber eines betont werden: es konnte nicht als Aufgabe angesehen werden, die alttestamentliche Forschung direkt irgendwie zu fördern. […] Dennoch ist seine bescheidene Hoffnung, der alttestamentlichen Wissenschaft dadurch zu dienen, daß es den Unterricht im Alten Testament fördern möchte. Das konnte aber nicht durch bloß technisch-äußerliche Hilfeleistung erreicht werden. Denn die weitverbreitete Ratlosigkeit der Sache gegenüber verhindert auch die Erwerbung einer Kenntnis des Äußerlichen.“ 7 Weber spricht im Vorwort zu seiner Bibelkunde ein markantes Problem an: Die Gehalte der biblischen Schriften erschließen sich erst dann, wenn man sie versteht. Ein einfaches Erlernen äußerer Strukturen besitzt für den Einzelnen 7 Weber, Bibelkunde 1 , 5 . Die bereits von Weber angezeigt Tendenz verstärkte sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten merklich. Neuber, Online-Lernplattformen, 91 f., merkt an, dass Studierenden ein „kritisch-produktiver Umgang mit biblischen Texten meist fremd“ (Neuber, Online-Lernplattformen, 92 ) ist. Eine reine Vermittlung von Inhalten verstärkt die Tendenz, da die Texte „häufig aus dem subjektiven Empfinden heraus interpretiert und ‚ausgelegt‘“ (Neuber, Online-Lernplattformen, 92 ) werden. Zugleich zeigt Huebenthal, Kompetenz, 69 - 71 , an, dass auch die methodischen Fähigkeiten der Studierenden von „Erwerb und […] Vernetzung von Fachwissen rund um die Bibel“ (Huebenthal, Kompetenz, 70 ) abhängig sind. Die von Huebenthal, Kompetenz, 70 , genannten Zielsetzungen für das Bachelorstudium, ( 1 ) die Ausbildung der Kompetenzen, biblische Texte exegetisch-methodisch erschließend zu können, und ( 2 ) sie in ihren jeweiligen historischen und literarischen Kontexten einordnen zu können, können nur im Wechselspiel zwischen den einzelnen Anforderungen erfolgen. Eine Reduktion innerhalb einer Lehrveranstaltung auf einen Bereich verlegt die Vernetzung der Wissensfelder auf die durch die Studierenden im Nachgang an die Lehrveranstaltung zu leistende Reflexion erworbenen Wissens. Auf diese Weise finde keine Sicherung des Erlernten bezüglich der Wissensvernetzung statt. Bibelkunde als E-Learning-Kurs 53 keinen Mehrwert. Er zielt mit seinem Werk auf eine Kombination von Einleitungs- und Bibelkundewissen, die sich gegenseitig ergänzen und so den Lernprozess befördern. Diese von ihm aufgezeigte Reziprozität wird in den verschiedenen aktuellen Lehrwerken graduell variierend berücksichtigt. Das von Claus Westermann zunächst unter dem Titel Abriß der Bibelkunde ( 1962 ) verfasste Werk, 2008 neu unter dem Titel Calwer Bibelkunde aufgelegt, bietet neben tabellarischen und schematischen Überblicken zu den einzelnen biblischen Schriften auch eine Darstellung der Inhalte. Diesen werden quellen- und redaktionskritische Einsichten historisch-kritischer Exegese zugrunde gelegt, die von Studierenden direkt mit den Inhalten mitgelernt werden sollen. So wird die Neuere Urkundenhypothese für den Pentateuch vorausgesetzt und einzelne Texte werden direkt den Quellenschriften zugewiesen. Das Buch Jesaja wird von Anfang an als aus drei Teilen bestehendes Buch geschildert, ohne dass nach der Einheit des Buches gefragt wird. Ebenso werden die Evangelien Markus, Matthäus und Lukas direkt im synoptischen Vergleich eingeführt und dann einzeln im Vergleich zu den jeweils anderen beiden Evangelien beschrieben. Einer solchen Kombination von Textinhalt und literarturwissenschaftlicher Hypothesenbildung folgt auch Helmut Merkel in seinem Werk Bibelkunde des Neuen Testaments, der das NT mit dem Markusevangelium beginnen lässt. Bei ihm ist über die Darstellung der Inhalte hinaus ein erster Ansatz für eine Didaktik des Selbststudiums zu erkennen, in dem er die die Bücher beschreibenden Kapitel mit Arbeitsaufträgen einleitet. Allerdings folgen auf diese dann sofort die (Muster-)Lösungen, so dass Nutzer tendentiell die Arbeitsaufträge als Fragestellungen lesen und sofort die von ihm gegebenen Antworten mit diesen verbinden. Ähnlich sind auch die von in den Bibelkundeentwürfen von Horst Preuß/ Klaus Berger und Matthias Augustin/ Jürgen Kegler angebotenen Fragen zur Bibelkunde konzipiert. Auch in diesen Werken werden die Antworten auf die (hier Kontroll-)Fragen direkt im Anschluss abgedruckt. Nachdem Weber Fachwissenschaft und Inhalte biblischer Schriften als gemeinsam zu lernende Aspekte kennzeichnete, bildete sich seit den 1970 er Jahren zunehmend ein Trend zur eigenständigen Erschließung von biblischen Schriften in unterschiedlichen Formen heraus. Diesem folgt in breitem Maße das von Martin Rösel und Klaus-Michael Bull entwickelte Werk zur Bibelkunde, das mittlerweile ein verschiedene Medien umfassendes Programm darstellt. Neben dem zweibändigen Printband bieten sie mittlerweile eine elektronische Bibelkunde sowie deren verkürzte Version als bibelkundlichen Anteil des von der Deutschen Bibelgesellschaft betriebenen Portals www.bibelwissenschaft.de an. 54 Thomas Wagner Rösel/ Bull verstehen ihr Werk als „Hilfestellung bei der Lektüre in der Bibel“ 8 und damit als Verstehenshilfe . Die Gliederung der Bücher und damit die Bereitstellung von auf eine Prüfung vorbereitenden Inhalten bietet ihr Werk zwar auch, ist aber nicht primärer Zweck des Buches. Dies verschiebt sich jedoch im Laufe der Publikationsdauer, da die Printfassung ab der 8 . Auflage 2013 die von Dirk Schwiderski erstellten Lernübersichten enthält, die auf das Memorieren biblischer Stoffe angelegt sind. Ebenso zielen die in die Elektronische Bibelkunde integrierten 1 . 000 Fragen zur Bibelkunde (Fragen sowie Lückentexte) 9 auf das Erlernen von Inhalten biblischer Bücher ab. Auch in diesem Format bleiben die Autoren ihrem Grundsatz treu, die biblischen Bücher zunächst als kohärente Schriften zu behandeln. Im zweiten Teil des jeweiligen Buches geben sie dann in den Thema-Kapiteln Auskunft zur wissenschaftlichen Forschung und stellen jeweils Forschungsgegenstand und opinio communis dar. Auf diese Weise können Studierende sich Hintergrundwissen zum Gelesenen erschließen und mit Themen der Einleitungswissenschaft verbinden. Dieses zunächst vordigitale Konzept, das auf flexibilisierten Lesegewohnheiten aufbaut und aufgrund der Querverweise zu einem häufigen Blättern im Buch einlädt, wird in der Elektronischen Bibelkunde durch Verlinkung in das Glossar mit gesonderem Darstellungbereich in der Ausgabemaske einfach zugänglich. Das Memorieren biblischer Inhalte wird auf diese Weise von einem reinen Erlernen in ein Verstehen von Text und Inhalt überführt. 10 Dieser von Rösel/ Bull angestrengte Lernprozess bietet der Leserin/ dem Leser die Chance, eine eigenständige Bibellektüre durch dieses Werk zu begleiten und in dieser entstehende potentielle Fragen beantwortet zu bekommen. Dadurch, dass die beiden Autoren Hinweise auf zu lesende Texte weitgehend vermeiden, umgehen sie das in verschiedenen Studienordnungen angelegte Problem der Bildung eines ‚Kanons im Kanon‘. 8 Rösel, Bibelkunde, V. 9 Die Fragensammlung wird zukünftig als App verfügbar sein. Dazu siehe das Interview mit Martin Rösel in diesem Band. 10 Zur Relevanz von Verknüpfungen von Lehrinhalten unterschiedlicher Ebenen im individuellen Lernprozess vgl. Kultusministerkonferenz, Bildung, 46 : „Besondere Chancen liegen in den Möglichkeiten, die Studierenden mittels digitaler Technologie intensiv und interaktiv in Lehr-Lern-Prozesse einzubinden. Die Möglichkeiten digitaler Instrumente können insbesondere beim forschenden Lernen genutzt werden und sich gewinnbringend im Prozess von der Entwicklung einer Fragestellung über die Methodik der Erkenntnissuche bis zur Aufbereitung und Präsentation von Ergebnissen auswirken.“ Rösel/ Bull bieten den Studierenden mit den Verlinkungen in das von ihnen erstellte Glossar eine qualitätsgesicherte Resource zur weiteren eigenständigen Arbeit an. Damit reagieren sie auf ein sich Lernenden häufig stellendes Problem, nämlich dass sie den Gehalt der (im WWW) aufgefundenen Informationen nicht bewerten, d. h. nicht verifizieren können. Qualitätssicherung gehört zu den maßgeblichen Aufgaben der Lehrenden, die digitale Lehrangebote unterbreiten. Vgl. dazu Kultusministerkonferenz, Bildung, 47 f. Bibelkunde als E-Learning-Kurs 55 Die gesamte Schrift ist Gegenstand der Theologie und soll von Studierenden insgesamt wahrgenommen werden. 3 Impulse zur Konzeption des Projekts Der exemplarische Gang durch die Entwicklung von Bibelkundeprüfungen innerhalb des Theologiestudiums sowie von Konzepten zum Erlernen von Prüfungsinhalten weist wesentliche Aspekte auf, die für die Planung eines Kurses relevant sind. Die drei folgenden Fragen sind dabei zu bedenken: • Welchen Umfang soll der zu erlerndende Inhalt besitzen? • Wie stellt das Lernangebot sicher, dass Wissen nachhaltig erworben werden kann? • Welche Prüfungsformen resultieren aus dem Kursangebot? 3.1 Umfang des Kursinhalts Der Anspruch an das bibelkundliche Wissen von Studierenden der Diplomrespektive Pfarramtsstudiengänge ist den Ordnungen zur Bibelkunde der prüfenden Fakultäten zu entnehmen. Die Ordnungen sehen im Alten Testament ein Überblickswissen über alle alttestamentlichen Schriften, im Neuen Testament eine Kapitelübersicht vor. Zudem erwarten Prüfende, dass Studierende Kernstellen benennen und damit thematische Querschnitte durch die biblischen Schriften erstellen können. Damit erwerben Studierende in der Studieneingangsphase eine breite Kenntnis über die Strukturen biblischer Bücher, die es ihnen ermöglicht, die in späteren Veranstaltungen behandelten Texte/ Textabschnitte in ihre Kontexte einzuordnen. Zudem werden Themenquerschnitte erwartet, die voraussetzen, dass Studierende die Position eines Textes zum Thema wahrnehmen und kennen. Welche Themen dies sind, wird in den Prüfungsordnungen nicht erläutert. Bei der Erstellung eines Kurses, der zur Vorbereitung auf die Bibelkundeprüfung im Rahmen des Diplom-/ Pfarramtsstudiums dienen soll, ist ein entsprechender Umfang demnach festzulegen. Dieser für die Bibelkundeprüfungen an Fakultäten/ Fachbereichen im Rahmen der Diplom-/ Pfarramtsstudiengänge vorgesehene Umfang lässt sich kaum auf die Inhalte der BA -Studiengänge übertragen, sofern das Studienziel nicht das höhere Lehramt (Sek. II ) ist. Bei der Planung der Studiengänge wurden unterschiedliche Modelle konzipiert, die in Kombination mit dem weiteren fachwissenschaftlichen Angebot versuchen, die in EKD -Text 126 Zur Weiterentwicklung von Lehramtsstudiengängen Evangelische Religionslehre formulierten Zielsetzungen in einen Lehr-/ Lern-Prozess umzusetzen: 56 Thomas Wagner „Die spezifischen Bedingungen des Studiums und die konkreten Anforderungen des Berufsfeldes der Lehramtsstudierenden machen es notwendig, dass die wissenschaftliche Lehre sich stärker konzentriert auf grundlegende Strukturen, Probleme und Schlüsselfragen, wie etwa Exemplarität und Kontextualität sowie zentrale methodische Verfahren der Erkenntnisgewinnung. Zwar ist die wissenschaftliche Fachsystematik anders strukturiert als die curriculare Systematik des Schulfachs Evangelische Religionslehre, dennoch sollte der Blick auf das, was künftige Lehrkräfte an ihren Schulen unterrichten werden, bei der Auswahl und der Profilierung der Studieninhalte mit berücksichtigt werden.“ 11 Diese Zielsetzung bringt es mit sich, dass die Inhalte der Bibelkunde auf die weiteren Lehr-/ Lern-Prozesse des jeweiligen Studiengangs abgestimmt werden müssen. Hier bildeten sich im Laufe der vergangenen Jahre zwei unterschiedliche Modelle an den einzelnen Studienorten aus: Entweder wird Bibelkunde als gesonderte Veranstaltung im Rahmen eines Teilmoduls und dann als Grundlage des Studiums der biblischen Fächer vermittelt, oder sie wird als ein Teil einer Einleitungsveranstaltung in die biblischen Fächer exemplarisch abgedeckt. Bringt die erste Variante, die konzeptuell an die pfarramtlichen Bibelkundeprüfung angelehnt ist, die Behandlung eines höheren Textumfangs mit sich, nimmt die zweite Variante das bereits von Otto Weber formulierte Anliegen auf, äußere Gestalt und Deutung, also Textinhalt und seine (historisch-kritische) Interpretation miteinander zu verbinden. Die an Semesterkursen ausgerichtete Struktur der BA -Studiengänge und der durch diese auf maximal 14 Semesterwochen limitierten Zeitumfang bringen es mit sich, dass der bibelkundliche Anteil dieser Veranstaltungen auf das Grundlegende beschränkt bleibt. Eine Themenorientierung scheint hier nötig, wobei sich jedoch die Frage stellt, ob nur einzelne, für ein Thema relevante Texte/ Textabschnitte erlernt werden sollen oder das gesamte biblische Buch, in dem sie erscheinen und dessen literarischer Kontext für eine Deutung relevant ist. Auf diese Weise würden nicht einzelne Aussagen, sondern Argumentationswege und pointierte Positionen zu Themen Gegenstand der Bibelkunde werden. Dies gilt dann aber nicht nur für die Endtextebene, sondern auch für die in den Einleitungsveranstaltungen im Rahmen diachroner Textwahrnehmung aufgewiesenen Vorstufen des Textes. Die Kombination mit der Einleitungswissenschaft ermöglicht es also auch, auf rekonstruierte Prätexte (Quellen etc.) zu verweisen und ihre Position zu Themen zu benennen. 11 Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hg.), Lehramtsstudiengänge, 11 . Bibelkunde als E-Learning-Kurs 57 3.2 Nachhaltigkeit des Lernprozesses Neben der Kenntnis von Inhalten biblischer Schriften, die Studierende im Rahmen von Prüfungen reproduzieren sollen, muss es Ziel des Bibelkundelernens sein, eine detaillierte Orientierung über die Inhalte biblischer Texte/ Textabschnitte zu besitzen. Diese Orientierung sollte sowohl Themen, Inhalte einzelner Texte und ihre spezifische Position sowie Strukturen von biblischen Büchern umfassen. Es geht also darum, dauerhaft zu wissen, was ein ‚Autor‘ in seinem Buch zu einem Thema mit seiner spezifischen Intention vermitteln will. Um dieses aussagen zu können, sind von Text zu Text unterschiedliche Spezifika zu benennen, die Studierende dauerhaft behalten sollen. Die an den landeskirchlichen Ordnungen ausgerichteten Überprüfungen von bibelkundlichem Wissen, die an den Fakultäten/ Fachbereichen und Seminaren/ Instituten i. d. R. auf Stufe 1 der Bloom’schen Taxonomie angesiedelt sind 12 und damit auf eine reine Reproduktion erlernten Wissens zielen, können nur dann einen nachhaltigen Lernerfolg aufweisen, wenn das Erlernte in späteren Studien- und Arbeitsprozessen angewendet wird und in einer exegetischen oder beruflichen Praxis Bedeutung gewinnt. Eine Verbindung der bibelkundlichen Inhalte mit der wissenschaftlichen Theoriebildung sowie der eigenen exegetischen, d. h. philologischen Praxis an Texten/ Textabschnitten führt zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den Inhalten biblischer Schriften sowie einem spezifischen Textwissen, von dem aus theologisch relevante Themen des Alten und Neuen Testaments mit ihren schriftenrespektive text-/ textabschnittsspezifischen Positionen erschlossen werden können. Erst in einer derart vertieften exegetischen Praxis kann das Erlernen der Bibelkunde nachhaltig werden, d. h. können die Wissensgehalte dauerhaft präsent bleiben. Als eine geeignete Form, derartige Arbeits- und Lernfortschritte zu dokumentieren und damit verfügbar werden zu lassen, kann eine Abwandlung eines Forschungstagebuches dienen. 13 Studierende können sich im Laufe ihres Studiums eine themenorientierte Konkordanz erstellen, in der sie zu den einzelnen Stichwörtern Stellen, historische und literarische Kontexte sowie Textform und Bedeutung des Stichworts im Kontext notieren. 14 Um Studierenden die Breite der in den biblischen Schriften erscheinenden (theologisch relevanten) Themen vor Augen zu führen und eine Beschränkung auf bereits bekannte theologische Aussagen zu vermeiden, kann eine Zusammenstellung von Stichwörtern helfen, ihre Wahrnehmung zu lenken. Neben der eigenständigen Strukturierung 12 Vgl. Bloom, Taxonomy. 13 Zur Form Forschungstagebuch vgl. Friebertshäuser, Anregungen. 14 Die Zusammenstellung kann noch um wesentliche wissenschaftliche Positionen zum Thema/ zum Text/ Textabschnitt ergänzt werden. 58 Thomas Wagner biblischer Texte dient diese Methode dazu, dass Studierende bibelkundliches Wissen im Laufe des Studiums aus der eigenen exegetischen Praxis heraus erwerben und aktiv ins Gespräch bringen können. 3.3 Bibelkunde prüfen-- aber wie? Die Forderung der Verbindung von bibelkundlichen Inhalten mit der wissenschaftlichen Behandlung alt- und neutestamentlicher Schriften führt von den bisherigen Prüfungsformen Klausur/ mündliche Prüfung weg. Wenn im Lernprozess die eigene Textarbeit im Vordergrund steht und ein Überblick über Strukturen und Themen biblischer Bücher in Form einer individuellen Auseinandersetzung mit den Texten/ Textabschnitten erarbeitet wird, dann kann dies nicht mehr Gegenstand nur einer einzelnen Prüfung sein. Vielmehr scheint es ratsam, in einem ersten Schritt die Inhalte biblischer Schriften integriert in eine Einleitungsveranstaltung zum Alten Testament und seiner wissenschaftlichen Erforschung abzufragen und Bibelkenntnis bezogen auf die von der Dozentin/ dem Dozenten gewählten Form der Auseinandersetzung mit den Gehalten der wissenschaftlichen Forschung an Altem und Neuem Testament anzupassen. Derartige Einleitungsveranstaltungen können unterschiedliche Taxonomiestufen ansteuern, abhängig davon, ob sie deskriptiv Inhalte biblischer Schriften und Forschungsgeschichte darstellen wollen, oder ob in ihnen die Methodik historisch-kritischer Exegese vermittelt wird, so dass auch eine Anwendung der Methodik Lernziel ist. 15 Abhängig von der angesteuerten Taxonomiestufe ist die Prüfungsform zu variieren. Dabei sind mit Blick auf die bibelkundlichen Inhalte alle Formen, die eine Nutzung von Hilfsmitteln - abgesehen von Bibelausgaben/ Wörterbüchern - zulassen, kaum tauglich. Die Bibelkunde umfasst immer zu reproduzierendes Wissen. Während diese intergrierte Prüfung am Anfang des Studiums steht, ist bei einer Anlehnung des Bibelkundelernens an ein Forschungstagebuch eine Auswertung im Rahmen eines Abschlusskolloquiums nötig. In diesem Kolloquium können Studierende ihr gesammeltes und reflektiertes Wissen über die Struktur biblischer Schriften, die Position des einzelnen Textes im Kontext seines Buches und im Diskurs biblischer Schriften darlegen. 16 Während theologische Examina 15 Zur Planung von Lehrveranstaltungen und Prüfungsformen bietet sich der an der Bergischen Universität Wuppertal entwickelte Elektronische Lehrveranstaltungsplaner (eLP) an. Dieser ist abrufbar unter https: / / www.elp.uni-wuppertal.de. Diese sowohl für Präsenzals auch für E-Learning-Veranstaltungen anwendbare Plattform wird im Themenheft E- Learning in den Bibelwissenschaften , VvAa 2 ( 2019 ), näher vorgestellt werden. 16 Zur Integration von unterschiedlichen Wissensbereichen in der Bibelkunde vgl. Hopf, Bibel kenntnisse , 34-42. Bibelkunde als E-Learning-Kurs 59 der Landeskirchen ein solches Wissen im Rahmen mündlicher Examensprüfungen abfragen, fehlt bei BA - und MA -/ ME d-Studiengängen eine solche, nach der Integration von Wissensfeldern fragende Prüfungsform in den Bibelwissenschaften oftmals. Hier könnte ein abschließendes Kolloquium zu einer derartigen Konzeption des Erwerbs von Bibelkundewissen eine adäquate Form sein. 4 Zur Umsetzung: Bibelkunde als E-Learning-Kurs Erstmals praktisch umgesetzt wurden die voranstehenden Überlegungen zu Umfang und Form bibelkundlichen Lernens mit dem seit 2006 an der Bergischen Universität im Rahmen des Studiengangs Kombinatorischer Bachelor Ev. Theologie , angebotenen E-Learning-Kurs. Seit Einführung des E-Learning-Angebots wird Bibelkunde ausschließlich in dieser Form unterrichtet. Basis des Kurses ist die Lernplattform Moodle, durch die sichergestellt wird, dass der Kurs nur eingeschriebenen Studierenden der Universität zugänglich ist. Dies hat seinen Grund zuvorderst in der Studiengangsplanung, da die Inhalte der Bibelkunde auf die weiteren Veranstaltungen hin abgestimmt sind und damit nicht überuniversitär oder im Rahmen anderer Bildungsangebote eingesetzt werden können. 17 Kursinhalte und Lernprozesse werden seit 2006 einem ständigen Evaluationsprozess unterzogen. Aktuell wird die vierte Version des Kurses angeboten. Ursprünglich war der Kurs als Ergänzung zu den Einleitungsvorlesungen in das Alte und das Neue Testament konzipiert. Diese Bindung wurde aufgrund personaler Resourcen zunächst aufgegeben; die Bibelkunde wurde seit 2009 als eigenständiges Teilmodul des Moduls 1 Altes Testament und des Moduls 2 Neues Testament angeboten und in Form einer Abschlussklausur geprüft. In den Klausuren wurden wesentlich Aufrisse biblischer Bücher erfragt. Diese Praxis erwies sich bezogen auf das Wuppertaler Studierendenklientel als ungerecht, da Studierende mit hoher Kenntnis biblischer Erzählungen, die in freikirchlichen Gemeinden des Umfeldes aufwuchsen, benachteiligt waren. Sie konnten ihr Wissen kaum einsetzen und wurden auf die Reproduktion von vor- 17 Zu den Veränderungen der Studienrahmenbedingungen seit dem sog. Bologna-Reformprozess vgl. Heilmann/ Wick, Exegese, 107 . Neben der durch ein Online-Angebot einsetzenden zeitlichen Flexibilität ist der Workload für die Planung der Vermittlung von Bibelkunde ein entscheidender Faktor. Wissen, das in einer Lehrveranstaltung frontal vermittelt wird, muss von Studierenden im Nachgang der Sitzungen noch erworben werden. Der Prozess der Vermittlung wird im Selbststudium direkt mit dem Erwerb verbunden. Da die Fachliteratur jedoch die jeweils spezifische Ausrichtung auf die Rahmenbedingungen des vor Ort angebotenen Studiengangs nicht leisten kann, ist die Schaffung von spezifischem Lehrmaterial nötig. 60 Thomas Wagner gegebenen Strukturen biblischer Bücher reduziert. Mit der Neukonzpetion des Kurses wurde die Prüfungsform Klausur zugunsten einer mündlichen Prüfung aufgegeben. Die Studienordnung deckt beide Prüfungsformen ab. Seit 2013 wurde die Verbindung zur Einleitung in das jeweilige Testament wieder aufgenommen. Jedoch zeigten die Evaluationen der ersten Phase, dass die Studierenden die Integration von Inhalten biblischer Schriften und fachwissenschaftlicher Analyse der Texte nicht leisten konnten, so dass das bibelkundliche Wissen neben dem fachwissenschaftlichen Wissen wahrgenommen, die beiden Wissensfelder jedoch nicht miteinander verbunden wurden. In der dritten Fassung des Kurses wurden die Darstellungen zu den Gehalten biblischer Texte/ Textabschnitte und Themen mit Erläuterungen zu wichtigen Hintergrundinformationen durch Verlinkung in das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de) versehen. Diese Verlinkungen wurden in der vierten Fassung des Kurses wieder aufgehoben, da die statistische Auswertung des Kurses aufwies, dass die Verlinkungen von den Nutzerinnen und Nutzern kaum wahrgenommen wurden. Derzeit wird für die fünfte Fassung ein eigenständiges Glossar vorbereitet, da die durch WIBILEX verfügbaren Informationen zum Teil so umfangreich sind, dass Studierende die Beiträge wenn überhaupt, dann nur in Ansätzen rezipieren. Mit der vierten Fassung des Kurses wurde eine Konkordanz wichtiger biblischer Themen/ Personen/ Stichwörter eingeführt, die Studierenden in Form einer Excel-Tabelle die Möglichkeit gibt, sich eigenständig im Laufe des Kurses und im weiteren Studium einen Überblick über die zu einzelnen Themen relevanten Stellen, ihre historischen sowie literarischen Kontexte, Textformen und evtl. zum Textgebrauch (auch in der Rezeption der Texte) zu schaffen. Die Excel-Tabelle bietet den Vorteil, dass die Notizen strukturiert aufgenommen und dargestellt sowie die Daten zeichengenau durchsucht werden können. Das Excel-Sheet kann im Laufe des Studiums oder der späteren Berufspraxis fortgeschrieben werden, so dass Studierende über ein sich ständig erweiterendes Medium der eigenen Arbeit am biblischen Text verfügen. Die folgende Darstellung des Kurses bezieht sich auf die vierte Version. Für die Planung des Kurses wurden zunächst die folgenden didaktischen Leitlinien formuliert: • Die Studierenden sollen biblische Texte/ Textabschnitte in ihren literarischen Kontexten wiedergeben können. • Die Studierenden sollen bei Angaben von Textstellen in weiteren Lehrveranstaltungen oder in Publikationen wissen, welche Inhalte mit ihnen zu verbinden sind. Bibelkunde als E-Learning-Kurs 61 • Die Studierenden sollen zu den wichtigen biblischen Themen zentrale Texte mit der in ihnen vertretenen Position kennen. • Die Studierenden sollen ausgewählte biblische Texte in Übersetzung gelesen haben. • Die Studierenden sollen die beiden Kurse (Altes und Neues Testament) innerhalb eines Studienjahres abschließen können. Aufgrund der pro Kurs geplanten 3 LP beträgt der Workload jeweils 90 Arbeitsstunden. Den Leitlinien folgend, enthält der E-Learning-Kurs verschiedene Elemente, die so miteinander verbunden sind, dass die Studierenden in den zur Verfügung stehenden Zeiteinheiten die Inhalte des Alten und des Neuen Testaments erlernen können. Der alttestamentliche Kurs umfasst zehn, der neutestamentliche weitere sechs Einheiten. In der jeweiligen Einleitung werden Textzeugen, Entstehung der jeweiligen Schriftensammlung und die Prozesse ihrer Kanonisierung erläutert, so dass die Studierenden einen Einblick in das Wachstum biblischer Schriften erhalten. Mit der Einleitung wird ein Überblick geboten, da die einzelnen, für eine historisch-kritische Auslegung der Texte/ Textabschnitte relevanten Aspekte in der parallel zum Kurs stattfindenden Einleitungsveranstaltung grundlegend erläutert werden. Die folgenden, auf die einzelnen Schriften bezogenen Einheiten sind durchweg gleichartig strukturiert. Zu jedem Buch findet sich zunächst ein Überblick, der aus einer detaillierten Gliederung des Buches besteht. Daran schließt sich die Darstellung des Inhalts an. Den Inhalt erschließen sich die Studierenden in zwei Formen: Einzelne Texte/ Textabschnitte werden als Leseaufgabe gekennzeichnet; die weiteren Texte/ Textabschnitte werden summarisch dargelegt. In den Summarien werden jeweils die theologisch relevanten Themen, die wichtigen handelnden Personen respektive die entscheidenden Stichwörter genannt. Dies ist für ein weiteres Element des Kurses, die Konkordanz zur Bibelkunde, die als Excel-Tabelle zum Download vorbereitet in den Moodle-Kurs integriert ist, 18 wichtig, damit sich die Studierenden auf diese Weise einen Überblick über die zu relevanten Themen zu befragenden Textstellen schaffen können. Ergänzt wird die Lektüre durch programmierte Tests, die den Studierenden nach jeder Einheit zur Verfügung stehen. Diese können sie uneingeschränkt wiederholen. Die Tests bestehen jeweils aus bis zu 20 Fragen und sind zeitlich limitiert ( multiple choice mit jeweils 20 Sekunden Bearbeitungszeit pro Frage), so dass kein Test länger als 7 Minuten dauert. Grundlage für die Testgestaltung ist ein Fragepool. In diesem sind die Fragen den einzelnen Einheiten zugeordnet. 18 Zur Nutzung der Lernplattform Moodle vgl. Höbarth, Lernen, und Benner u. a., Moodle. 62 Thomas Wagner Die Tests umfassen jeweils per Zufallsgenerator ausgewählte Fragen zur absolvierten Einheit, nehmen von Einheit zu Einheit zunehmend aber auch Fragen aus vorhergehenden Einheiten auf. So dienen die Tests zugleich der Wissensvertiefung, da bereits Erlerntes wieder abgefragt wird. Dieses Verfahren setzt zwingend voraus, dass Studierende die Einheiten in ihrer geplanten Reihenfolge absolvieren. Abgeschlossen werden die beiden Kurse durch jeweils 20 -minütige Kolloquien, in denen Überblickswissen, genauere Inhalte der zu lesenden Texte sowie Querschnittsthemen abgefragt werden. Zum Kolloquium bringen die Studierenden ihre Excel-Sheets mit, so dass die/ der Prüfende einen Eindruck über die Arbeitsintensität der/ des Studierenden erhält. Die Evaluationen der seit WiSe 2016 in dieser Fassung angebotenen Kurse sowie die Dokumentation der Prüfungsleistungen zeigen, dass die Studierenden vor allem die Lektüre der zu lesenden Texte vernachlässigen und stattdessen auf Zusammenfassungen dieser Texte in anderen Bibelkundewerken zurückgreifen. Um diesen Umgang mit dem Lesestoff zu verändern, wird seit WiSe 2017 ein Tutorium zur Bibelkunde angeboten, in dem die Tutorin/ der Tutor die für den Kurs grundlegenden biblischen Texte mit den Studierenden liest und bezogen auf die in der Konkordanz aufgelisteten Themen hin betrachtet. 19 Seit Einführung des Tutoriums verbesserte sich die Textkenntnis markant. Dies wirkt sich auch auf die Nutzung der Konkordanz aus. Die gemeinsamen Eintragungen 19 Für das Tutorium wurde eine Liste aller zu lesenden Texte erstellt, die mit den Leseaufgaben des Kurses übereinstimmt. Innerhalb des Tutoriums können die Texte allerdings nur in Auswahl gelesen werden. Die Auswahl der Texte erfolgte bezogen auf die weiteren Lehrveranstaltungen des Seminars, d. h., dass Texte, die regelmäßig Gegenstand von Lehrveranstaltung sind, in der Bibelkunde auf jeden Fall wahrgenommen werden sollten, so dass die Lehrenden in späteren Veranstaltungen auf ein Vorwissen von Studierenden zurückgreifen können. Für das AT sind folgende Texte vorgesehen: Gen 1 , 1 - 2 , 4 a; 2 , 4 b- 3 , 24 ; 11 , 1 - 9 ; 12 , 10 - 20 ; 20 , 1 - 18 ; 28 , 10 - 22 ; 35 , 1 - 15 ; 49 , 1 - 28 ; Ex 20 ; 34 , 11 - 28 ; Lev 18 ; Num 6 , 24 - 26 ; 10 , 35 f.; 20 , 4 - 9 ; 1 Sam 2 , 1 - 11 ; 8 - 12 ; 28 ; 2 Sam 7 ; 2 Kön 2 ; Jes 42 , 1 - 4 ; 48 , 1 - 6 ; 50 , 4 - 11 ; 52 , 13 - 53 , 12 ; Jona 1 - 4 ; Spr 10 - 12 ; 31 , 10 - 31 ; Hld 1 - 8 ; 1 Chr 17 ; für das NT sind folgende Texte in Kursreihenfolge (Synoptische Evangelien, johanneische Schriften, paulinische Schriften, Deuteropaulinen und Pastoralbriefe, katholische Briefe) angezeigt: Mk 1 , 1 - 15 ; 2 , 1 - 3 , 6 ; 4 , 1 - 32 ; 9 , 2 - 13 ; 11 f.; 13 ; 14 - 16 ; Mt 1 f.; 5 - 7 ; 8 , 1 - 9 , 37 ; 10 ; 13 ; 18 ; 22 ; 24 f.; 28 ; Lk 1 f.; 6 , 20 - 49 ; 9 , 1 - 50 ; 21 , 5 - 37 ; 22 , 1 - 38 ; 24 ; Apg 2 ; 7 , 1 - 53 ; 8 ; 13 , 1 - 14 , 31 ; 15 , 1 - 35 ; 16 ; 17 , 16 - 34 ; 20 , 17 - 38 ; 22 , 1 - 21 ; 24 , 1 - 26 , 32 ; Joh 1 ; Offb 1 , 4 - 8 ; 6 , 1 - 8 , 1 ; 11 , 1 - 14 ; 15 , 1 - 16 , 21 ; 19 , 11 - 22 , 5 ; Röm 1 , 1 - 15 ; 1 , 16 - 3 , 20 ; 4 ; 6 ; 9 f.; 11 ; 1 Kor 1 , 1 - 9 ; 5 , 1 - 13 ; 6 , 12 - 20 ; 7 , 1 - 40 ; 12 ; 13 ; 15 ; 2 Kor 3 , 1 - 5 , 11 ; 10 - 13 ; Gal 4 , 21 - 31 ; Phil 2 , 5 - 11 ; 3 , 1 - 4 , 1 ; Phlm 1 - 25 ; 2 Thess 2 , 1 - 12 ; Kol 1 , 15 - 20 ; 3 , 5 - 4 , 6 ; Eph 2 , 1 - 3 , 21 ; 4 , 25 - 5 , 20 ; 1 Tim 3 , 1 - 13 ; 2 Tim 2 , 1 - 13 ; 4 , 1 - 8 ; Tit 2 ; Hebr 1 , 1 - 13 , 25 . Weitere kürzere Textpassagen sind in deutscher Übersetzung in die summarischen Darstellungen eingefügt, wenn durch sie die spezifischen Argumentationsstrukturen erläutert werden können. Bibelkunde als E-Learning-Kurs 63 in die Konkordanz scheinen Studierenden Hemmungen vor dem Umgang mit der Zusammenstellung zu nehmen. Eingeleitet wird der E-Learning-Kurs in jedem Semester mit einer zweistündigen Einleitungsveranstaltung in der ersten Semesterwoche. Diese dient dazu, Studierenden den Aufbau des Kurses, die Nutzung seiner Elemente sowie den Zusammenhang zwischen Einleitungsvorlesung, Bibelkundekurs und Tutorium zu erläutern. Neben der Einführungsveranstaltung steht den Studierenden für den weiteren Verlauf des Kurses ein Nachrichtenforum zur Verfügung, über das sie Kursadministration und -leitung jederzeit erreichen können. Die Prüfungstermine und die Dokumentation der Prüfungsergebnisse werden ebenfalls über die Moodle-Plattform gesteuert. 5 Geplante Entwicklung Die aktuelle Version des Kurses bildet erneut eine Zwischenstufe dar, die im nächsten Schritt modifiziert werden wird. Neben dem Glossar zu wichtigen Begriffen bietet vor allem die Vernetzung der Studierenden Potential, den Lernerfolg durch den Kurs weiter zu erhöhen. Neuere Trends in der digitalen Lehre zeigen, dass vor allem die sog. ‚Gamification‘ 20 von Lehrinhalten bei Studierenden zu einer weiteren Auseinandersetzung führt, da erworbenes Wissen angewendet und vertieft wird. Eine Gamification wirkt vor allem motivational, 21 da den Studierenden der Lernprozess nicht mehr als ein solcher erscheint. Im Bereich der Bibelkunde bietet sich dafür ein Quizformat an. 22 Grundlage ist eine Sammlung von Fragen zur Bibelkunde, auf die Studierende entweder einzeln zugreifen können, um über die erreichte Punktzahl in eine Scoreliste eingetragen zu werden und damit gegen alle Teilnehmenden zu spielen, oder die die Bildung einer geschlossenen Gruppe ermöglicht, in der die Mitglieder gegeneinander antreten. 23 Als Mittel zur weiteren Steigerung der Motivation erweisen sich 20 Zur Gamification vgl. Deterding u. a., Gamification. 21 Zur Bedeutung des Motivationalen für den Lernprozess vgl. Artelt u. a., Learners. Zudem vgl. Giercke-Ungermann, Lernen, 71 : „Die Integration von gamifizierten Verfahren ist nun eine Möglichkeit, Lernumgebungen attraktiv zu gestalten, um dadurch die Lernmotivation der Studierenden zu fördern und so Lernprozesse der Studierenden zu unterstützen.“ 22 Erste Planungen zu einem solchen Modul legte bereits Jan Heilmann vor, der grundlegende Perspektiven aufzeigt. Ihm danke ich herzlich für einen vertieften Einblick in seine Überlegungen. 23 Das Bedürfnis nach sozialer Interaktion in Lernprozessen wird von Deci/ Ryan, Motivation, reflektiert. Zichermann/ Cunningham, Gamification, 36 , führen die Relevanz öffentlicher Anerkennung durch das Erstellen von ‚Scorelists‘ aus. 64 Thomas Wagner Achievements (Erfolge) und Badges (Trophäen), 24 die Studierende für ihre Leistungen in den einzelnen Spielszenarien erlangen können. Anders als die bisher im Kurs eingesetzte Fragensammlung, die auf eine reine Überprüfung vorhandenen Wissens zielt, ist innerhalb einer Gamification-Struktur die Erstellung eines Plots nötig, der wiederum voraussetzt, dass Fragen klassifiziert werden. Dabei werden Fragenformate sowie Schwierigkeitsgrade unterschieden, so dass der motivationale Anreiz bei den Studierenden erhöht und der Spielcharakter verstärkt werden kann. Da digitale Endgeräte von ihren Nutzern unterschiedlich eingesetzt werden und für Spielszenarien zumeist Smartphones oder Tablets verwendet werden, erscheint es sinnvoll, die Daten für eine Gamification direkt für mobile Endgeräte zu produzieren. Technisch lässt sich dies über eine App oder eine auf mobile Endgeräte optimierte Website erreichen. Da Lernplattformen i. d. R. bereits über eine Optimierung auf mobile Endgeräte verfügen, scheint dies bei einem vergleichweise kleinen Nutzerkreis die in Aufbau und Pflege günstigere Option zu sein. Literatur Artelt, Cordula u. a.: Learners für Life: Student Approaches to Learning, Results from Pisa 2000, Paris 2003. Augustin, Matthias/ Kegler, Jürgen: Bibelkunde des Alten Testaments. Ein Arbeitsbuch, Gütersloh 2 2000. Benner Jürgen u. a.: Moodle kompakt: schneller und effizienter Einstieg in die Praxis, Bodenheim 2011. Berger, Klaus: Bibelkunde des Alten und Neuen Testaments. 2. 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Bibelkunde als E-Learning-Kurs 65 Ev. Kirche in Deutschland (Hg.), Rahmenordnung für den Studiengang Evangelische Theologie (Pfarramt/ Diplom/ Magister Theologiae) vom 26./ 27. März 2009, https: / / www.kirchenrecht-ekd.de/ document/ 10479. Letzter Zugriff: 15. 06. 2018. Faulhaber, Hermann: Bibelkunde zum Religionsunterricht und für Bibelleser überhaupt erster und zweiter Theil, Stuttgart 1884. Friebertshäuser, Barbara: Anregungen zum Studieren mit einem Forschungstagebuch, https: / / www.uni-frankfurt.de/ 60356661/ BF-Anregung-Forschungstagebuch.pdf, letzter Zugriff: 09. 07. 2018. Giercke-Ungermann, Annett: Lernen in gamifizierten Lernumgebungen: Eine etwas andere Veranstaltung zur ‚Einführung in die Biblische Theologie‘, in: Giercke-Ungermann, Annett/ Huebenthal, Sandra (Hg.): Orks in der Gelehrtenwerkstatt? Bibelwissenschaftliche Lehrformate und Lernumgebungen neu modelliert (Theologie und Hochschuldidaktik 7), Berlin 2016, 69-90. 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Einführung In den Prüfungsordnungen verschiedener Studiengänge ist Bibelkunde als ein verpflichtender Bestandteil des Studiums vorgesehen. Veranstaltungen, die auf die Prüfungen vorbereiten sollen, werden meist polyvalent, d. h. bezogen auf alle Prüfungsordnungen hin angeboten. Während durch Lehrende vielfach die Lernvoraussetzungen der Studierenden aufgrund regionaler Voraussetzungen stark differierender Vorkenntnisse zur Planung der Lehrveranstaltungen hinterfragt werden, ist die divergierende Zielsetzung der Studierenden in den einzelnen Studiengängen nur selten ein Kriterium für die Auswahl der Lehrgehalte. Die Installation von religionswissenschaftlichen Studiengängen, die im Gegensatz zu den auf das Pfarr- und Lehramt ausgelegten theologischen Studiengängen nicht auf ein konkretes Berufsziel bezogen sind, führt dazu, dass Wissen über christlich-theologische Themen und religiöse Phänomene im weiteren Kon- 68 Carl Henrich / Sarah Krebs / Jennifer Schaaf / Jessica Schaaf text einer universalen Geistes- und Kulturgeschichte wahrgenommen werden. Bezogen auf derartige Kontexte stellt sich den Lehrenden die Frage nach der Relevanz der Lehrinhalte. Während die Prüfungsordnungen der einzelnen Landeskirchen für das Biblicum und die sich oftmals an diesen Ordnungen orientierenden Prüfungen in den Lehramtsstudiengängen einen umfassenden Überblick über die biblischen Schriften vorsehen, sind die Prüfungsinhalte in den religionswissenschaftlichen Studiengängen stärker divergent. Hier bietet sich die Möglichkeit einer Fokussierung vor allem auf Textbereiche an, die wirkungsgeschichtlich bedeutsam wurden. Blickt man von einer derartigen religions- (und evtl. auch theologiegeschichtlichen) Pespektive auf die Verwendung biblischer Texte innerhalb der christlichen Theologie, so stellt man fest, dass es auch hier eine Auswahl an Texten gibt, die für die kirchliche und schulische Praxis von besonderer Bedeutung sind. Diese Perspektive wird teilweise in den Prüfungsordnungen der Landeskirchen gespiegelt, indem Textbereiche benannt werden, die einen besonderen Schwerpunkt in der Prüfung bilden bzw. die auswendig gelernt werden sollen. Auf diese Weise bildet sich ein Kanon im Kanon heraus, der notwendigerweise zu Schwerpunktsetzungen in den Bibelkundeveranstaltungen führt. Während persönliche Zugänge, Beobachtungen zu Vorkenntnissen von Studierenden früherer Jahrgänge, Prüfungsordnungen sowie Erfahrungen eigener Berufspraxis in Pfarr- und Schulamt Lehrende oftmals zu Schwerpunktsetzungen führen, sind Eingangstests zur Abbildung von Vorkenntnissen und eine Einbindung von Lernzielen von Studierenden, die sich häufig an den Vorstellungen der späteren Berufspraxis orientieren, unüblich. Mit dem folgenden Interview, in dem sich Sarah Krebs, Jennifer Schaaf, Jessica Schaaf und Carl Henrich, vier Studierende der Goethe-Universität Frankfurt am Main, zu ihren Erfahrungen und Zielsetzungen beim Erlernen der Bibelkunde äußern, soll die Perspektive einer beruflich orientierten Zielsetzung in der Planung von polyvalenten Lehrveranstaltungen zur Vorbereitung auf das Biblicum resp. die Bibelkundeprüfung durch Statements von Studierenden unterschiedlicher Studiengänge gestärkt werden. 1. Erzählen Sie uns etwas über ihre religiöse Sozialisation. Welche Bedeutung hatten biblische Erzählungen in ihrem Elternhaus? Kamen Sie im Laufe Ihrer Kindheit/ Jugend auch in anderen Umfeldern in Kontakt mit biblischen Texten? Welcher Art war Ihr Vorwissen, als Sie Ihr Studium an der Uni Frankfurt begannen? Jes.S.: Ich kann für uns beide sprechen, da wir ja aus demselben Elternhaus stammen. Wir besaßen zu Hause eine Kinderbibel, aus der wir Geschichten vorgelesen bekamen und in der wir selber blättern konnten. Wir waren auch Bibelkunde als Studieninhalt 69 in einem kath.-ev. Kindergarten, also einem ökumenischen mit Kindergottesdiensten und ähnlichem. Ansonsten wurden wir aber sehr frei erzogen, mussten am Sonntag nicht in die Kirche gehen und konnten uns selbst entscheiden, ob wir am Konfirmandenunterricht teilnehmen wollten oder nicht. Jen.S. (ergänzt): In engeren Kontakt kam ich mit dem Christentum dann erst durch meinen damaligen Freund, der sehr gläubig war. Dadurch hat sich dieser lose Kontakt dann bei mir gefestigt. C. H.: Eine Kinderbibel hatten wir auch zu Hause, aber das ist ja selbstverständlich, wenn der Vater Pfarrer ist. Ich bin im Religiösen aufgewachsen; wir haben abends immer gebetet, Kindergottesdienste gestaltet, Jungscharkreise geführt. Das haben wir alles als Familie zusammen gemacht. Später bin ich dann in die Kinder- und Jugendbetreuung eingestiegen, als ich noch in meinem Heimatort lebte. Ich bin einfach in das kirchliche Leben hereingewachsen. S. K.: Ich bin selbst katholisch getauft. Größtenteils bin ich bei meiner Tante aufgewachsen, die sich um mich kümmerte, wenn meine Eltern arbeiteten. Meine Familie stammt aus Polen und ist streng katholisch. Bei ihnen habe ich unter hohem religiösem Einfluss gelebt. Für sie ist die Bibel unwiderlegbar und das Fundament, auf dem der Alltag aufbaut. Deshalb habe ich als Kind auch viel in der Bibel lesen müssen. Ich war dann auch selber Messdienerin, halb freiwillig, halb unfreiwillig, und hatte daran dann aber viel Spaß. Ich könnte mich jetzt als Religionswissenschaftlerin nicht hinstellen und Menschen anderer Religionnen ihren Glauben absprechen, denn ich selber glaube an keinen christlichen Gott. 2. Mit welchen Erwartungen/ Befürchtungen sind Sie in Ihre Bibelkundeveranstaltung gestartet? C. H.: Ich fang vielleicht mal an. Es ist eine große Herausforderung am Anfang des Studiums, wenn man sieht, was für ein dicker Schinken die Bibel ist und was es alles zu lernen gibt. Aber ich denke, es ist einfach wichtig, sich dem in den Sarah Krebs, * 1997, Studium der Vergleichenden Religionswissenschaften und der Ethnologie, Uni Frankfurt, 4 . Semester Carl Henrich, * 1995 Studium der Ev. Theologie mit dem Ziel Pfarramt, Uni Frankfurt, 4. Fachsemester Jessica Schaaf, * 1995 , Studium des Unterrichtsfach Ev. Theologie für Lehramt an Grundschulen, Uni Frankfurt, 2. Semester Jennifer Schaaf, 1999, Studium des Unterrichtsfach Ev. Theologie für Lehramt an Grundschulen, Uni Frankfurt, 2. Semester 70 Carl Henrich / Sarah Krebs / Jennifer Schaaf / Jessica Schaaf ersten Semestern zu stellen. Wie der Bäcker den Mürbeteig herstellen können muss, um Kuchen zu backen, so braucht der Theologe die Bibel, um wirklich arbeiten zu können. Deshalb habe ich mir auch das Ziel gesetzt, gewissenhaft daran zu arbeiten. Eine Veranstaltung besuchte ich nicht. Im Pfarramtsstudium muss ich meinen Lernweg selber gestalten und mich auf die Prüfung vorbereiten. Jen.S.: Ich finde eine solche Grundlage auch wichtig. Ich fand es gut, dass ich die wichtigsten Bibelstellen schon kannte. Gleichnisse zum Beispiel hat man schon im Kopf, weil man die einfach schon häufig hörte. Es ist wichtig, Vergleiche zu Texten zu ziehen, Parallelen kennenzulernen und zu wissen, wo die Texte vielleicht anders stehen, um zu anderen Auslegungen zu kommen. Es ist gut, das so im Kopf zu haben und aus der Veranstaltung dafür Hilfestellungen zu erhalten. Dabei ist die Bibelkunde im Lehramtsstudium nicht so vertiefend konzipiert, sondern dient allein als Backgroundwissen, um im Unterricht reagieren zu können. S. K.: Ich habe keine Bibelkundeveranstaltung belegt, da ich die Texte schon recht gut kannte und ich mich auf andere Bereiche konzentrieren wollte. In meinem Studium ist das alles fakultativ gestaltet, so dass ich die Bibelkunde umgehen konnte. Ich konnte zwischen den vergleichenden Religionswissenschaften und spezifischen, also Christentum, Judentum und Islam wählen. Ich habe mich für die vergleichenden Religionswissenschaften entschieden, so dass sich mir die Frage nie stellte. 3. Welche Bedeutung hatten Berichte von älteren Studierenden für Sie am Anfang Ihres Studiums und besonders vor der Bibelkundeveranstaltung? C. H.: Bei uns aufs Pfarramt zielenden Theologiestudierenden sind die Sprachen und die Bibelkundeprüfung die großen Hürden am Anfang des Studiums. Von ihnen wird meistens nur Schlechtes berichtet. Deshalb haben wir auch mit ein paar Kommilitonen aus dem Hebräisch-Kurs eine kleine Lerngruppe für die Bibelkunde gegründet, um uns gegenseitig zu unterstützen. Jes.S.: Im Lehramt steht an der Uni Frankfurt keine reine Bibelkundeprüfung an. Sie ist Teil der Einführungsveranstaltung. Und da zu dem Semester, in dem ich die Veranstaltung belegte, das Konzept der Klausur verändert wurde, weg von einem Abfragen von bibelkundlichen Inhalten hin zu einem Essay, konnte uns keiner vorher sagen, was auf uns zukommt. So ein reines Auswendiglernen halte ich für die Grundschule auch nicht für sinnvoll, da ich immer nachlesen kann, worum es gut. Ich muss halt nur grob wissen, wo ich was finde. Jen.S. (ergänzt): Und ich hätte mich vor Rückfragen bei älteren Studierenden auch gescheut. Grundsätzlich sind Vorerfahrungen anderer ja immer sehr subjektiv geprägt. Ich wollte lieber meine eigenen Erfahrungen sammeln. Bibelkunde als Studieninhalt 71 4. Welche Erwartungen an die Veranstaltung hatten Sie, als sie sich für eine Vorbereitung der Prüfung durch den angebotenen Kurs entschieden? Jen.S.: Dadurch, dass es eine Einführungsveranstaltung war, in deren Rahmen die Bibelkunde unterrichtet wurde, hatte ich hohe Erwartungen. Mit ihr sind die Grundlagen für das weitere Studium gelegt worden. Ich bin mit mehr Wissen aus der Veranstaltung gegangen, als ich es vorher besaß. 5. Welche alternativen Lernwege haben Sie sich geschaffen, wenn keine Veranstaltung zur Vorbereitung auf die Bibelkundeprüfung angeboten wurde? C. H.: Zum Wintersemester wird bei uns immer eine Informationsveranstaltung angeboten, in der man erfährt, wie man Bibelkunde lernen kann. Und es gibt zwei, drei Begleitwerke, die man zur Vorbereitung nutzen kann. Außerdem war es für meine Lerngruppe eine große Unterstützung, dass die zuständige Professorin sich mit uns traf, ihre Erwartungen benannte, Hinweise gab, was wichtig zu lernen ist und wie wir beim Lernen vorgehen können. Ich denke, ich spreche da im Namen aller Theologiestuierenden auf Magister/ Pfarramt, dass wir gerne mehr Begleitung hätten. Erwartungshaltungen zu klären, wäre uns eine große Hilfe. Einem begleitenden Tutorium, das viele gerne hätten, stehe ich eher kritisch gegenüber. Man könnte sich zu schnell dazu verleiten lassen, die Texte nicht selber zu lesen. Jes.S.: Was mir in der Vorbereitung sehr half, waren die Dialoge über die Texte. Einfach nur den Inhalt zu kennen, ist ja das eine. Ein Verstehen des Textes ist etwas Anderes. Das ergibt sich erst im Austausch. 6. Welche Bedeutung haben die biblischen Schriften für Ihr Studium? Warum beschäftigen Sie sich überhaupt mit diesen Texten? Jes.S.: Was ich sehr spannend fand, und darauf hat unsere Veranstaltung aufgebaut, war der Vergleich von Gleichnissen und Psalmen. Hier war mir besonders wichtig, einen Blick auf die kritischen Stimmen und deren Textgebrauch zu werfen. Oftmals werden ja in Deutungen einfach Aspekte aus Texten ausgespart, so dass die Kritik begründet erscheint. Ich wollte kritikfähig gegenüber Kritikern werden. Jen.S.: Die Textvergleiche zwischen mehrfach überlieferten Texten waren für mich sehr eindrücklich. Da wurde mir bewusst, wie wichtig die Kontextualisierung für die Deutung des Textes ist. S. K.: Abgesehen von einzelnen Textstellen finde ich ein fundiertes bibelkundliches Wissen sehr wichtig. Mir ist es in der Oberstufe mehrfach begegnet, dass ich von Lehrenden auf Rückfragen die Antwort bekam, wir würden im Schulunterricht nicht so tief in die Texte einsteigen. Ich hatte immer den Eindruck, 72 Carl Henrich / Sarah Krebs / Jennifer Schaaf / Jessica Schaaf dass die Lehrenden eigentlich nicht mehr wussten, als das, was sie uns gerade vermittelt hatten. Das hat mich in meinen Lernprozessen häufig behindert und hier würde ich mir eine bessere Ausbildung der Lehrenden wünschen. 7. Wenn ich Sie jetzt konkret nach einem Text frage, z. B. nach Hos 14 , was kommt Ihnen dann in den Kopf ? Jes.S.: Oh je, ich glaube, der Text kam in der Veranstaltung nicht vor. C. H.: Ich glaube, es ist wichtiger, grob zu wissen, was Hosea für eine Geschichte ist, als zu wissen, was in dem einzelnen Kaptiel steht. Wenn man irgendwie merkt: Das erinnert mich an Hosea, dann kann man mal schnell in der Bibel nachschlagen. Die hat man als Theologiestudent eh überall herumliegen oder man nutzt eine App. Es gibt aber manche Stellen, z. B. Gen 22 , die Opferung Isaaks, die kommen so oft vor, dass man wissen muss, wo der Text steht. Bei anderen Texten halte ich das für zu viel; da muss man nur grob wissen, wo man sie suchen muss. Die wichtigen biblischen Texte behandelt man ja außerhalb des Bibelkundelernens in anderen Veranstaltungen. In ihnen muss man die Texte intensiv lesen. Da prägen sich Stellen und Inhalte einfach ein. 8. Blicken wir mal auf die Zeit nach Ihrem Studium voraus. Welches Berufsziel verfolgen Sie? Welche Bedeutung besitzen biblische Texte bezogen auf ihre vermutliche spätere berufliche Praxis? Jes.S.: Ich finde es für den Grundschulunterricht wichtig, ein breites Spektrum abzudecken und biblische Geschichten in ihrer ganzen Breite anzubieten. Die Schülerinnen und Schülern sollen aus den Erzählungen Verhaltens- und Handlungsoptionen ableiten können. Dieses ist m. E. der wichtigste Vermittlungsschritt in der Grundschule. Für Kinder ist eine Übertragung aus einer Geschichte in die eigene Lebenswelt oftmals ein gutes Mittel, zum eigenen Umgang mit anderen Menschen zu finden. Zu Lernen, was in der Bibel steht und wie die Erzählungen unser Leben bestimmen, hilft uns auch, die Schriften anderer Religionen zu verstehen. So können Kinder auch verstehen, woher Gedanken kommen. S. K.: Ich finde es aus religionswissenschaftlicher Perspektive sehr schön, was du sagst, und würde mir wünschen, dass viele Lehrerinnen und Lehrer so denken. Es ist in einer pluralen Gesellschaft wichtig, auf die Textgrundlagen aller Religionen zu gucken, um von einer in unserer Gesellschaft teilweisen schon sehr starken Christozentrik weg zu kommen. Lernende, die anderen Religionen enstammen, können mit so einem Zugang wenig anfangen. Im Umgang mit einer religiös diversen Lerngruppe erscheint es mir wichtig, die Geschichte der einzelnen Religionen und das Zustandekommen ihrer Vorstellungen zu ver- Bibelkunde als Studieninhalt 73 stehen. Aus diesem Wissen können wir dann über die Unterschiede, die sich ja auf unseren täglichen Umgang miteinander auswirken, ins Gespräch kommen. C. H.: Ich muss zwar sagen, dass es mir wichtig ist, im Umgang mit anderen Religionen Vergleiche ziehen zu können, da wir aber als Christentum ein anderes Verständnis vom Alten Testament als Judentum und Islam besitzen gibt es Vieles, was uns trennt. Wir betrachten das Alte Testament vom Kreuzestod und der Auferstehung aus ganz anders, nämlich hin zur Verheißung unseres Messias. Darum ist es zwar wichtig, Gemeinsamkeiten zu zeigen, aber die Unterschiede nicht aus den Augen zu verlieren. Wir gehören nunmal nicht alle derselben Religion an und glauben sehr verschieden. Das muss man offenlegen. Dieser Einheitsbrei, wir hätten uns alle lieb, funktioniert so nicht immer. Er ist m. E. eines der großen Probleme, die unsere Gesellschaft derzeit hat. Wir verfallen zurzeit immer in Extreme: Entweder Christentum, Judentum und Islam sind gleich oder wir wollen nichts mit den anderen zu tun haben, da nur unserer der richtige Weg ist. Ich denke, man muss immer klar machen, dass beide Extreme nicht funktionieren. Gemeinsamkeiten und Unterschiede müssen kenntlich gemacht werden. Jes.S.: Ja, das ist genau das, was wichtig ist. Was haben wir gemein und was trennt uns voneinander. S. K.: Vielleicht sollten wir dann auch bedenken, wie wir die Unterschiede fruchtbar machen. Ich finde es wichtig, dass es nicht diese beiden extremen Pole gibt. Uns muss auch bewusst sein, dass es auch innerhalb der Religionen Pluralismus gibt. Sollte die Wahrheitsfrage in unserer ja auch religiös pluralen Gesellschaft eigentlich noch solch ein Gewicht besitzen? Mir scheint die daraus resultierende Koexistenz ein Problem zu sein und die Wahrheitsfrage ist der ‚Brocken‘, der da im Weg steht. C. H.: Das Lernen der Bibelkunde hat meine Perspektive eigentlich nicht verändert. Ich stelle vielmehr fest, dass ich Texte, die ich beim Lernen neu entdecke, immer in einer christlichen Perspektive, d. h. bezogen auf Christus lese. Das kommt einfach automatisch. Im Studium ist das vielleicht nicht immer so, aber in der religiösen Praxis ist das so. Mir ist es wichtig, eine christliche Identität auszuprägen und anderen dabei zu helfen, eine solche zu finden. S. K.: Ich habe mein Forschungspraktikum während des Studiums bei den Zeugen Jehovas absolviert und in der Gemeinde sehr aufgeschlossene Menschen angetroffen. Sie besaßen ein großes Wissen über die Inhalte biblischer Texte. Jüngeren Menschen scheinen solche kleineren Gruppierungen mit einer festen Bildungstradition auch hinsichtlich biblischer Inhalte anzusprechen. Mir stellt sich die Frage, warum das so ist. C. H.: Den Gruppendruck in solchen Gemeinschaften darf man nicht unterschätzen. Was ich beobachte, ist ein eklektischer Umgang mit biblischen Schriften 74 Carl Henrich / Sarah Krebs / Jennifer Schaaf / Jessica Schaaf eigentlich in allen religiösen Kreisen. Und der beginnt schon in der Bibelkunde, weil es halt Texte gibt, die wichtiger als andere sind. 9. Haben sich Ihre Zielsetzungen für Ihre spätere berufliche Praxis durch die Auseinandersetzung mit den biblischen Schriften verändert? Jes.S.: Ich habe gemerkt, dass es schwieriger sein wird, die Texte, die wir derzeit im Studium besprechen, im Unterricht zu verarbeiten. Ich würde mich da eher an ‚Klassiker‘ halten, die Kinder schon von zu Hause kennen. Gerade bei kleinen Kindern ist das wichtig, die Texte auch mit Blick auf mögliche Deutungen durch die Kinder auszusuchen. Bibelkunde bietet mir einen Pool an Texten, aus dem ich dann später gut auswählen kann. 10. Wie sähe denn ihr Kanon an Texten aus, den Sie für wichtig halten und wie würde dann eine Prüfung aussehen, die dem entspricht? S. K.: Unter ein paar religionswissenschaftlichen Studierenden gab es ein Brainstorming zur Frage, was uns wichtig ist, wenn es um heilige Schriften geht. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es eine Basic -kundigkeit geben sollte, damit Menschen bewusst wird, wie Religion unseren Alltag prägt. Dabei finde ich es auch wichtig, auf Randgruppen und deren Texttraditionen zu gucken, um einen Alltagskanon zu kennen und mit ihm so vorurteilsfrei wie möglich umgehen zu können. Dieser ‚Kanon aus den Kanons‘ müsste dann aber schon innerhalb einer Einleitungsveranstaltung in das Studium einfließen, damit man eine Orientierung bekommt. Danach sollte man in der Lage sein, sich einen Schwerpunkt auszusuchen um sich dort weiter einzuarbeiten. C. H.: Eine Bibelkundeprüfung für das Lehramt würde sich auf die prominenten Erzählungen, also auf den ‚Kanon im Kanon‘ beziehen; fürs Pfarramt finde ich es wichtig, einen Überblick über alle Schriften zu besitzen. Man sollte schon grob zu jedem Buch wissen, was seine Inhalte sind, um dann nach Interesse Themen vertiefen zu können. Dann kann man von dort aus seinen Fokus im Studium legen. Jes.S.: Im Rückblick auf das, was ich für die Bibelkunde gelernt habe und was Umfang der Prüfung war, fällt mir im weiteren Studium auf, dass in der Kirchengeschichte oder der Systematischen Theologie immer wieder auf Texte zurückgegriffen wird, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Hier scheint es dann so etwas wie einen anderen ‚Kanon im Kanon‘ zu geben. Ich würde mir hier häufiger einen Blick aus der Wirkungsgeschichte auf die Inhalte der Bibelkunde wünschen. Aber damit wächst auch das Wissen, da ich nur Texte dann wahrnehme, wenn sie für mich relevant sind. So lerne ich mehr, da ich mir die Inhalte selber erschlossen habe. Das war in der Bibelkunde nicht so. Sie hat da je eher den Charakter des Bulimie -lernens. Die Prüfung am Anfang des Studiums Bibelkunde als Studieninhalt 75 kann dann aber nur Grundlinien abfragen, da sich spezifisches Wissen erst im Laufe der Bechäftigung mit den Texten ergibt. Für mich ist das ein lebenslanges Lernen. So bleibt die Auseinandersetzung mit der Theologie auch spannend. Das Interview führte Daniel Schmitz, Bergische Universität Wuppertal. Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 - 2018, Heft 2 Lehr-/ Lernbeispiele Speeddating-- Speedhating Ein innovatives Lehrbeispiel zu den zwölf kleinen Propheten Florian Oepping 1 Didaktische Herausforderungen und Ziele Neben den individuellen Herausforderungen, die jede Lehrveranstaltung mit sich bringt, steht der Fachbereich der Bibelwissenschaft auch generell vor großen Herausforderungen. Neben dem Bologna-Prozess und den generationsbedingten Veränderungen ist namentlich auch der gesamtgesellschaftliche Bedeutungsverlust der Bibel zu nennen. 1 Insbesondere Sandra Huebenthal wies darauf hin, dass auch bei Fachleuten wie Religionslehrerinnen und Religionslehrern, Pfarrerinnen und Pfarrern oder Theologiestudierenden ein positiver Zugang zur Bibel nicht mehr ohne Weiteres vorausgesetzt werden kann, da ihnen dieser nicht vermittelt wurde. 2 Sofern sie diesen Zugang selbst allerdings nicht haben, können sie diesen auch 1 Siehe für eine ausführliche Beschreibung dieser Herausforderungen Biggs, Teaching, 3 f., und Fischer/ Wagner, Verstehen von Anfang an, 3 - 17 , für den Bologna-Prozess sowie Ungermann/ Huebenthal, Orks in der Gelehrtenwerkstatt, 7 , für die Beschreibung der heutigen Generation. Eine negative Prognose für Kirche und Religion zieht z. B. die jüngste Jugendstudie Generation What? (http: / / www.generation-what.de/ #); letzter Zugriff: 7 . Juni 2018 . 2 Huebenthal, Vom Zauber der Schriftauslegung, 19 f., und Huebenthal, Exegetische Werkstatt, 180 f. 78 Florian Oepping nicht an ihre Schülerinnen und Schüler, Konfirmandinnen und Konfirmanden oder Gemeindemitglieder vermitteln. Der Bedeutungsverlust der Bibel nimmt dadurch mehr und mehr zu. Als eine der ersten Veranstaltungen, die Studierende in der Bibelwissenschaft besuchen, prägt die Bibelkunde-Übung deren Einstellung gegenüber der Bibel erheblich. Die Veranstaltung kann dazu beitragen, ebendiese Einstellung maßgeblich zu beeinflussen und im besten Fall die oben beschriebene Abwärtsspirale zu durchbrechen. Das folgende Lehrbeispiel versucht, sich diesen Herausforderungen durch Interaktivität und Dynamik zu stellen und hat zum Ziel, den Studierenden vor allem ein positives Bild über die Bibel zu vermitteln. 2 Einbettung in die Lehrveranstaltung Das Lehrbeispiel eignet sich für eine wöchentlich stattfindende, zwei Semesterwochenstunden umfassende Veranstaltung, deren Ziel es ist, die Grundkenntnisse über das Alte Testament für das weitere Theologiestudium zu vermitteln. Bei einer solchen Veranstaltung werden die biblischen Bücher so auf die wöchentlichen Sitzungen aufgeteilt, dass sich die Lesebelastung für die Studierenden in Grenzen hält. Das Buch der zwölf kleinen Propheten nimmt bei dieser Lehrveranstaltungskonzeption eine Sitzung ( 2 SWS ) in Anspruch. Der Vollständigkeit halber muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass es das Curriculum nicht an allen Universitäten zulässt, eine eigenständige Bibelkunde-Übung anzubieten. An manchen Hochschulen wird diese gemeinsam mit dem Grundkurs abgehalten, entweder als integrierte Übung oder lediglich als Grundkurs mit einem Fokus auf bibelkundliches Wissen. Dabei verfolgt die Veranstaltung höhere und weitere Lernziele als die einfache Vermittlung von bibelkundlichem Grundlagenwissen. In diesen Fällen eignet sich das Lehrbeispiel nicht, da sich die mit dieser Methode zu erreichenden (Lern-)Ziele nicht mit den Lernzielen eines Grundkurses decken. 3 Darstellung des Beispiels Der Name des Lehrbeispiels Speeddating - Speedhating ist bereits selbsterklärend. Während der Begriff ‚Speeddating‘ einen Einblick in die Methode gibt, lässt ‚Speedhating‘ auf die Inhalte der Konversationen schließen. Trotzdem gilt es, einige Punkte zu beachten. Im Folgenden wird daher die Vorbereitung der Stunde, ihre Durchführung sowie eine mögliche Auswertung besprochen. Speeddating-- Speedhating 79 3.1 Vorbereitung der Stunde Ein Erfolgsfaktor für die Gestaltung der Lehrveranstaltung ist eine sorgfältige Vorbereitung. Die Studierenden erhalten bereits in der Unterrichtsstunde vor der betreffenden Sitzung unterschiedliche Leseaufträge, die die zwölf kleinen Propheten abdecken. Dafür müssen die Studierenden auf die Prophetenbücher aufgeteilt werden. Die Gruppengröße spielt bei der Aufteilung eine entscheidende Rolle. Eine Gruppengröße von zwölf Studierenden wäre ideal, allerdings kaum realistisch. Je nach Größe ist es aber entweder möglich, direkt zwei Gruppen zu bilden und die Propheten doppelt zu verteilen, weitere Propheten ( Jesaja, Ezechiel, Jeremia) hinzuzunehmen oder aber Studierende zu Zweiergruppen zusammenzuschließen. Den Studierenden braucht im ersten Schritt nicht bereits die konkrete Methode bekannt gegeben werden. Es ist aber ratsam, anzukündigen, dass jeder von ihnen den ‚eigenen‘ Propheten vorstellen muss. Dadurch wissen sie, was von ihnen erwartet wird, und können sich besser auf die Unterrichtsstunde vorbereiten. 3 Um den Studierenden die Vorbereitung zu erleichtern, werden einige Leitfragen für die Lektüre zur Verfügung gestellt. 4 Die Fragen sollten einerseits so allgemein sein, dass alle Studierenden mit den gleichen Fragen arbeiten können. Andererseits sollten sie gleichzeitig die spezifischen Charakteristika jedes einzelnen Propheten im Blick haben. Die Studierenden sollten sich mit der Biografie ‚ihres‘ Propheten vertraut machen. Dies sollte der allgemeine Vorbereitungsauftrag sein, weitere Vorbereitungsfragen könnten folgendermaßen lauten: • Lässt sich eine Gliederung des Buches vornehmen? Gibt es ein Schema? • Wann ist der Prophet aufgetreten? Und wie sah die historische Situation zu dieser Zeit aus? • Woher stammt der Prophet? Wo verkündigte er? • Wie lautet die zentrale Botschaft des Propheten? • Welche (Fremd-)Völker verflucht der Prophet? Was droht er ihnen an? • Wie lautet die Heilsbotschaft des Propheten? • Hat der Prophet Visionen oder Gesichte? • Vollbringt der Prophet Zeichenhandlungen? • Gibt es entscheidende Fakten über den Propheten oder das biblische Buch, die bisher nicht abgedeckt sind? 3 Vgl. Biggs, Teaching, 140 . 4 Idealerweise wurden die Studierenden bereits vorher mit einer Lesetechnik vertraut gemacht, geeignet wäre beispielsweise die PQ 4 R-Methode (siehe Lange, Fachtexte, 31 f.). 80 Florian Oepping 3.2 Die Regeln Für einen reibungslosen Ablauf der Unterrichtsstunde ist die Sitzordnung elementar. Denn anders als bei einem normalen Speeddating, bei dem nur die Damen oder nur die Herren ihren Platz wechseln, müssen hier alle ‚Propheten‘ einmal mit einander gesprochen haben. Als eine der Regeln der Methode kann somit: ‚Jeder spricht mit jedem! ‘, bezeichnet werden. Damit der Wechsel problemlos funktioniert, muss ein Prophet an seinem Platz bleiben, die restlichen Propheten rücken im Uhrzeigersinn einen Platz auf. Entscheidend dafür ist jedoch, dass der feste Platz an einem der Endtische liegt (Tisch 1 / 12 oder 6 / 7 ), ansonsten funktioniert die Methode nicht. Spätestens nach dem siebten Wechsel käme es zu einem Durcheinander, da sich in einem solchen Fall bereits einander bekannte Propheten noch einmal gegenübersitzen würden. 1 . 1 2 3 4 5 6 12 11 10 9 8 7 2 . 11 1 2 3 4 5 12 10 9 8 7 6 3 . 10 11 1 2 3 4 12 9 8 7 6 5 4 . 9 10 11 1 2 3 12 8 7 6 5 4 5 . 8 9 10 11 1 2 12 7 6 5 4 3 Speeddating-- Speedhating 81 6 . 7 8 9 10 11 1 12 6 5 4 3 2 7 . 6 7 8 9 10 11 12 5 4 3 2 1 8 . 5 6 7 8 9 10 12 4 3 2 1 11 9 . 4 5 6 7 8 9 12 3 2 1 11 10 10 . 3 4 5 6 7 8 12 2 1 11 10 9 11 . 2 3 4 5 6 7 12 1 11 10 9 8 Abb. 1 Sitzordnung in den Spielrunden Ein entscheidender Vorteil der Methode ist ihre Interaktivität. Die Studierenden müssen in dieser Sitzung kommunikativ sein. Darin liegt allerdings auch eine Schwäche. Nicht allen Studierenden fällt es leicht, präzise und vor allem eloquent über ihren Propheten zu berichten. Gerade daran bemisst sich allerdings, wie die anderen Studierenden die einzelnen Beiträge und letztlich auch die Unterrichtsstunden insgesamt empfinden. Ein Glücksfall ist sicherlich, wenn 82 Florian Oepping Studierende von sich aus bereits mit der Methode ‚Storytelling‘ vertraut sind. 5 Neben der Geschichte des Propheten sollen vor allem seine Persönlichkeit, seine Botschaft und damit seine Absichten bzw. seine Ziele deutlich werden. 6 Ansonsten lässt sich bereits mit einer einfachen Regel die Qualität der Redebeiträge erheblich verbessern: Die Studierenden sollen nur Ich-Botschaften verwenden. Der Faktor Zeit ist sowohl für die Methode Speed dating als auch für eine auf 90 Minuten begrenzte Unterrichtsstunde entscheidend. Da sowohl für die Einführung, als auch die abschließende Auswertung ausreichend Zeit eingeplant werden muss, dürfen die einzelnen Gesprächszeiten nicht zu lang sein. Es empfiehlt sich, die Redezeit auf maximal fünf Minuten zu beschränken. Die Dozentin oder der Dozent muss auf die Einhaltung der Zeitvorgabe achten. Mit einem Gong oder einer Klingel kann den Studierenden ein Zeichen zum Platzwechsel gegeben werden. Bei fünf Minuten pro Paar verbleiben für Einführung und Auswertung noch 35 Minuten. Als letzte Regel sollte den Studierenden die Aufgabe mitgegeben werden, Notizen während des Speeddatings - Speedhatings anzufertigen (Wer passt zu euch? Wer verkündigt etwas vollkommen anderes? ). Diese werden ihnen für die abschließende Auswertung und ihre Nachbereitung hilfreich sein. 3.3 Die abschließende Auswertung Nach der Dürchführung des Speeddatings - Speedhatings sollte die verbleibende Zeit (ca. 15 - 20 Minuten) für eine Auswertung genutzt werden. Die Studierenden kommen dafür im Plenum zusammen. Die Dozentin oder der Dozent moderiert das Gespräch. Dabei können z. B. die oben aufgelisteten Vorbereitungsfragen besprochen werden. Allerdings wird dieses Auswertungsgespräch für die Studierenden nur von besonderem Gewinn sein, wenn bei den Fragen stets eine Gesamtperspektive eingenommen wird. Das Verhältnis der Propheten(bücher) untereinander, zu dem sich die Studierenden während des Speeddatings - Speedhatings bereits Notizen machen sollten, kann somit nochmals vertieft besprochen werden. Die Studierenden haben mit dieser Unterrichtseinheit nicht nur einen vertieften Einblick in ‚ihren‘ Propheten sowie Grundkenntnisse zu den anderen Propheten, sondern auch Erkenntnisse zum Gesamtaufbau des Zwölfprophetenbuches gewonnen. 5 Eine prägnante Einführung bietet z. B. Gálvez, Storytelling, 84 - 89 ; ausführlicher Herbst, Storytelling, 91 - 133 . 173 - 186 . 6 Siehe Gálvez, Storytelling, 28 - 33 . Speeddating-- Speedhating 83 4 Reflexion der Einheit anhand einer Evaluation Die Methode hat, wie jede andere Unterrichtsmethode auch, Stärken und Schwächen. In ihr bewahrheitet sich grundsätzlich die Lerntheorie von William Glasser. Dieser hat den prozentualen Faktor des Lernerfolges in Bezug auf die Art der Aufnahme bestimmt. Demnach behalten bzw. lernen die meisten Menschen … … 10 % von dem, was sie lesen. … 20 % von dem, was sie hören. … 30 % von dem, was sie sehen. … 50 % von dem, was sie sehen und hören. … 70 % von dem, über das sie mit anderen reden. … 80 % von dem, was sie in ihrem alltäglichen Leben nutzen und anwenden. … 95 % von dem, was sie einer anderen Person beibringen. Lernprozesse werden allerdings von weiteren Faktoren beeinflusst, sodass die Theorie nicht allzu wörtlich genommen werden sollte. 7 In der Tendenz scheint sie allerdings richtig zu sein. An der obigen Aufstellung lassen sich ebenfalls einige Stärken und Schwächen der Methode verdeutlichen. Selbsteinleuchtend ist, dass die Studierenden natürlich in erster Linie ihren eigenen Propheten einüben. Sie wiederholen ihre Vorstellung elf Mal. Und auch wenn die ersten Durchgänge noch neu sind und voneinander variieren, da sie erst eine passende Form finden müssen, wiederholt sich der eigene Redebeitrag letztlich nur noch. Dies kann leicht zu etwas Überdruss führen. Dies haben die Studierenden in der Evaluation der Lehrmethode auch angegeben. Darüber hinaus merkten sie an, dass sie, je nach Prophetenbuch, die Vorbereitung und Wiedergabe ihres Propheten unterschiedlich schwierig fanden. Dieses Gefühl entspricht logischerweise dem biblischen Befund und lässt sich nicht verändern. 8 Die sonstigen Rückmeldungen waren insgesamt positiv. Die Studierenden schätzen besonders die Interaktivität und Dynamik, lauschten mit großer Aufmerksamkeit ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen und stellten mit Begeisterung ‚ihren‘ Propheten vor. Die Methode verspricht somit vor allem eines: eine Menge Spaß! 7 Vgl. Biggs, Teaching, 63 f. 8 Zu fragen wäre, ob mit einer gezielten Zuordnung von schwierigeren Prophetenbüchern zu leistungsstärkeren Studierenden etwas gewonnen wäre. 84 Florian Oepping Literatur Biggs, John/ Tang, Catherine: Teaching for Quality Learning at University. What the Student Does, Berkshire 4 2011. Fischer, Stefan/ Wagner, Thomas: Verstehen von Anfang an - Exegese und Hochschuldidaktik, VvAa 1/ 1 (2016), 3-18. Gálvez, Christián: 30 Minuten Storytelling, Offenbach 4 2012. Giercke-Ungermann, Annett/ Huebenthal, Sandra (Hg.): Orks in der Gelehrtenwerkstatt? Bibelwissenschaftliche Lehrformate und Lernumgebungen neu modeliert (Theologie und Hochschuldidaktik 7), Münster 2016. Herbst, Dieter Georg: Storytelling, Konstanz/ München 3 2014. Huebenthal, Sandra: Exegetische Werkstatt oder ‚Es lohnt sich, früh aufzustehen und sich mit der Bibel zu beschäftigen‘, in: Auferkorte-Michaelis, Nicole (Hg.): Hochschuldidaktik für die Lehrpraxis. Interaktion und Innovation für Studium und Lehre an der Hochschule, Opladen 2010, 180-189. Huebenthal, Sandra: Vom Zauber der Schriftauslegung. Ein hochschuldidaktischer Blick auf die Exegese, VvAa 1/ 1 (2016), 19-38. Lange, Ulrike: Fachtexte. lesen - verstehen - wiedergeben, Paderborn 2013. Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 - 2018, Heft 2 „…-denn eine Volksmenge war an dem Ort“ (Joh 5 , 13 ) Das Johannesevangelium in der Großgruppe erschließen Nils Neumann „Why can’t people understand/ I got a short attention span? / Short attention span! “ Mit diesen Textzeilen eröffnen die Fizzy Bangers die legendäre Punk-Rock- Compilation Short Music for Short People (Fat Wreck, 1999 ), die auf einer CD 101 Songs von 101 Bands vereint. Jeder Beitrag dauert maximal eine Minute; die Fizzy Bangers benötigen für ihren Song gar nur 8 Sekunden. - Für diese Dauer reicht die Aufmerksamkeits-Spanne der meisten Hörerinnen und Hörer vermutlich aus. 1 Bibelkunde in der heterogenen Großgruppe Doch auf wie viel Aufmerksamkeit darf ich hoffen, wenn ich meinen Studierenden grundlegende Kenntnisse der biblischen Texte vermitteln möchte? An der Leibniz Universität Hannover gehört eine vierstündige Bibelkunde zum Pflichtprogramm aller Studierenden in den angebotenen BA -Studiengängen. Sie setzt sich aus je einer zweistündigen Veranstaltung zum Alten und zum Neuen Testament zusammen. In jedem Wintersemester immatrikulieren sich insgesamt etwa 120 Studierende in einem unserer Studiengänge und sind dann gehalten, sofort in ihrem ersten Semester beide Teile der Bibelkunde zu belegen. Diese Veranstaltungen sind folglich Großgruppen-Veranstaltungen; eine Aufteilung der Studierenden in mehrere kleinere Gruppen lassen die vorhandenen 86 Nils Neumann Ressourcen nicht zu. 1 Während der johanneische Jesus das Weite sucht, als eine große Menschenmenge zusammenströmt, nachdem er den Gelähmten geheilt hat ( Joh 5 , 13 ), muss ich mich nicht sorgen, dass sich an meiner Person als Lehrender eine Kontroverse entzünden könnte. Ich vollbringe schließlich keine Zeichen; aber ich nutze meine menschlichen Möglichkeiten, um die Studierenden mittels der Treffen in der Großgruppe in ihrem bibelkundlichen Lernprozess zu unterstützen und zu begleiten. Die Studien-Anfängerinnen und -Anfänger kommen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen an die Universität. Einige bringen aus dem Elternhaus, der Schule oder der Gemeinde mehr oder weniger umfangreiche Kenntnisse biblischer Inhalte mit; andere verfügen nur über vages Wissen zu den biblischen Stoffen. 2 Diese Heterogenität gilt es, in der didaktischen Konzeption der Veranstaltung zu berücksichtigen. Auch weil die Bibelkunde für die Studierenden einen erheblichen Teil ihrer Erstbegegnung mit akademischer Theologie ausmacht, empfinde ich es als lohnend, viel Energie in die Konzeption und Umsetzung der Bibelkunde zu investieren. Der Fokus bei der Festlegung meiner Lernziele liegt - wie es dem Charakter einer Bibelkunde entspricht - auf dem Erwerb inhaltlicher Kenntnisse: Die Studierenden sollen den Aufbau der Bibel und ihrer Teile kennen; sie sollen die Kompetenz besitzen, die einzelnen biblischen Schriften grob zu gliedern, und in der Lage sein, den Inhalt wichtiger Textpassagen mit eigenen Worten wiederzugeben. Zusätzlich sollen sie auffällige motivische Querverbindungen einer Aussage zu anderen biblischen Textstellen benennen können. Zwei konkrete didaktische Herausforderungen stellen sich durch die spezifische Konstellation in Hannover, dürften aber auch anderenorts ähnlich gelagert sein: Erstens muss ein Weg gefunden werden, der es den Studierenden trotz der unterschiedlichen Vorkenntnisse erlaubt, optimal von der Bibelkunde zu profitieren. Zweitens müssen die Veranstaltungen in der Großgruppe trotz der notwendig dominanten frontalen Anteile aktivierend gestaltet werden, so dass der Aufmerksamkeits-Pegel hoch bleibt und die Studierenden sich die behandelten Inhalte einprägen können. 1 Die Veranstaltung erhält dadurch den Charakter einer Vorlesung. Obwohl die didaktischen Schwierigkeiten, die dieses Format mit sich bringt, in den letzten Jahren gerade in den Geisteswissenschaften zunehmend diskutiert werden, machen Vorlesungen momentan immer noch einen erheblichen Teil des Grundstudiums in den verschiedenen universitären Studiengängen aus (vgl. Kerres/ Schmidt, Anatomie, 188 f.). 2 Zum Defizit vgl. Fischer/ Wagner, Verstehen, 8 . „…-denn eine Volksmenge war an dem Ort“ (Joh 5,13) 87 2 Zum Aufbau der Bibelkunde insgesamt In jeweils 14 Sitzungen zum Alten und Neuen Testament sollen die Studierenden eine grundlegende bibelkundliche Orientierung erwerben. Ich beginne mit je einer Sitzung zum Aufbau der beiden großen Kanon-Teile und behandle dann bei den folgenden Treffen die einzelnen Schriften grob nach ihrer kanonischen Reihenfolge in der Lutherbibel, bevor ich in der jeweils letzten Sitzung einen Gesamtblick auf Hauptthemen wie auch inhaltliche Vielfalt der alt- und neutestamentlichen Schriften werfe. Obwohl die Rahmenbedingungen in Hannover mit einer insgesamt vierstündigen Bibelkunde bereits ‚luxuriös‘ sind, kann die Vermittlung breiter bibelkundlicher Kenntnisse nur dann gelingen, wenn die Studierenden auch neben der Teilnahme an den Sitzungen aktiv werden und sich vieles in Eigenarbeit erschließen. 3 Um einen Anreiz zur eigenen Aktivität zu liefern, bietet es sich an, gerade am Anfang der akademischen Ausbildung gelegentlich die Relevanz der Beschäftigung mit der Bibel für das Theologiestudium zu thematisieren; 4 denn es hat sich gezeigt, dass diese Relevanz keineswegs mehr allen Studierenden selbstverständlich ist. Ich unterstütze die Studierenden dabei, ihr eigenes Engagement zu strukturieren, 5 indem ich in der ersten Sitzung einen ‚Syllabus‘ zur Veranstaltung (als Anhang im Folgenden abgedruckt) austeile und bespreche. In diesem Dokument habe ich neben dem Aufbau der Gesamtveranstaltung, Literaturhinweisen und Angaben zur Abschlussprüfung auch eine Reihe von Empfehlungen zusammengestellt, wie die zur Verfügung stehende Zeit für das Studium der Bibelkunde sich gewinnbringend nutzen lässt. Dazu empfehle ich die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen mithilfe eines Bibelkunde-Lehrbuchs; ich empfehle den Studierenden auch, sich von Beginn an die Gliederungen und wichtigen Inhalte der behandelten Schriften systematisch einzuprägen; vor allem aber empfehle ich ihnen nachdrücklich, selbstständig und ausgiebig in den biblischen Schriften zu lesen. Aus diesem Grund umfasst der Syllabus auch eine Liste mit je gut 3 Vgl. hierzu auch Fischer/ Wagner, Verstehen, 14 f.; Hübenthal, Zauber, 29 . 4 In ihrer Dissertation zeigt Rothenbusch, Studentische Gottesvorstellungen, 316 - 322 . 347 - 355 , dass bibelkundliches bzw. exegetisches und systematisch-theologisches Wissen einen entscheidenden Anteil daran hat, ob Studierende eine eigene theologische Position beziehen und diese kritisch reflektieren können. Dies wiederum ist eine Voraussetzung dafür, in der Praxis selbst theologische Kommunikationsprozesse anzuleiten. Zur Bedeutung der Bibelkunde für die weitere exegetische Ausbildung vgl. Hübenthal, Zauber, 30 f. 5 Nach Hattie, Visible Learning, 243 - 247 , ist der Lernerfolg der Studierenden in hohem Maße davon abhängig, ob es gelingt, Lernprozesse nachvollziehbar zu gestalten. Vgl. auch Hübenthal, Zauber, 25 . 88 Nils Neumann 100 Kapiteln aus dem Alten und Neuen Testament, die jede und jeder gelesen haben muss. Die auf der Liste genannten Kapitel kennzeichne ich explizit als Minimal-Anforderung. Für ihre Zusammenstellung waren mir zwei Kriterien leitend: Die Liste umfasst einerseits Texte, die als charakteristisch für die jeweilige Schrift gelten können; sie umfasst andererseits aber auch solche Texte, die innerbiblisch oder theologiegeschichtlich besonders stark rezipiert worden sind. 3 Umsetzung: Das Johannesevangelium erschließen Bei meiner Behandlung des Johannesevangeliums in einer 90 -minütigen Sitzung kann ich also voraussetzen, dass die Studierenden wichtige Texte der Schrift kurz zuvor gelesen haben. Ich kann wegen der Anlage der Gesamtveranstaltung außerdem davon ausgehen, dass sie in den vorherigen Wochen Kenntnisse der Tora ( AT ) und der synoptischen Evangelien ( NT ) erworben haben. Auf dieser Basis konzipiere ich die Sitzung als einen stark von frontalen Impulsen geprägten Unterricht, der dabei aber so beschaffen ist, dass die Aufmerksamkeit und das Mitdenken der Lernenden fortwährend angeregt und gefördert wird. Über die Online-Lernplattform der Hochschule habe ich der Gruppe bereits im Vorfeld bewusst kein Skript, wohl aber ein Handout zur Verfügung gestellt, auf dem die Folien meiner Präsentation abgedruckt sind und daneben Platz für eigene Notizen besteht. Dadurch gerät niemand in Versuchung, während der Sitzung nur meine ‚dürren‘ Worte von der Leinwand auf den eigenen Schreibblock zu übertragen. Meine Präsentation umfasst nur Stichpunkte zur thematischen Orientierung. Die Einzelheiten dazu trage ich mündlich vor und fordere die Studierenden auf, Essenzielles eigenständig zu notieren. Insbesondere lege ich darauf Wert, die Sequenzen meines Lehrvortrags mit noch stärker aktivierenden Lernformen abzuwechseln. 6 Diese dienen nicht nur dem Zweck, durch Methodenvielfalt die Aufmerksamkeit der Gruppe zu fördern, sondern sie bieten durch kurze Interaktionen mit dem Bibeltext, mit anderen Studierenden und mit dem Plenum die Gelegenheit zu entdeckendem Lernen. Hochschuldidaktisch zeigt sich deutlich die Nachhaltigkeit gerade der Lerninhalte, die durch eigene Entdeckungen erworben worden sind. 7 6 Das Hin und Her zwischen Lehrvortrag und Fragen an die Gruppe wird bisweilen als „Lernstopp-Methode“ bezeichnet (so Macke/ Hanke/ Viehmann, Hochschuldidaktik, 229 f.). Dies ist natürlich irreführend, weil die Fragen den Lernprozess gerade nicht stoppen, sondern befördern. 7 Vgl. Scheidler, Didaktische Wende, 89 f. „…-denn eine Volksmenge war an dem Ort“ (Joh 5,13) 89 Mit einer Reihe von didaktischen Methoden habe ich dabei gute Erfahrungen gemacht. 8 Im Folgenden zeige ich anhand einiger Beispiele auf, wie sich jeweils sehr kurze aktivierende Sequenzen dafür fruchtbar machen lassen, das Johannesevangelium in der Großgruppe bibelkundlich zu erschließen. Dabei ist auf eine angemessene Dosierung zu achten. Nicht jede Methode muss in jeder Sitzung untergebracht werden. Für den Einstieg ins Thema eignet sich etwa ein kurzes Brainstorming . Ich stelle den Studierenden die Frage: „Welche inhaltlichen Züge des Johannesevangeliums sind Ihnen bei Ihrer Lektüre besonders aufgefallen? “ Blitzlichtartig nennen Einzelne ihre Beobachtungen; diese kann ich dann im weiteren Verlauf der Sitzung aufgreifen. Ähnlich, aber etwas starrer, ist der Einstieg mittels einer Spontan-Umfrage : „Welche Eigenschaft Jesu haben Sie bei Ihrer Lektüre des Johannesevangeliums als besonders dominant empfunden? - a. Seine Menschlichkeit; b. Seine göttliche Qualität; c. Seine Art, kontroverse Reaktionen hervorzurufen.“ Ich frage die Einschätzungen ab, indem ich die Studierenden um Handzeichen bitte. Technisch ambitioniertere Lehrende mögen dazu auch elektronische Hilfsmittel wie z. B. (das an vielen Universitäten in die Lernplattform integrierte Tool) ArsNova verwenden. Die Antwort-Möglichkeiten habe ich so gewählt, dass keine eindeutig falschen Lösungen dabei sind. Über die Verteilung der Antworten erhalte ich eine Einschätzung darüber, welche Aspekte ich in meinem folgenden Vortrag besonders hervorheben kann. Die Verwendung einer Umfrage lässt sich ggf. zur Methode der Peer Instruction ausweiten, 9 durch die dann auch die inhaltliche Weiterarbeit ihre Struktur erhält. Nachdem ich der Gruppe eine Gliederungsmöglichkeit des Johannesevangeliums vorgestellt und ihr dadurch einen Überblick über den Gesamttext geben habe, steht eine vertiefende inhaltliche Erarbeitung an. Der erste Hauptteil des Johannesevangeliums (‚die öffentliche Wirksamkeit Jesu‘) lässt sich etwa von den Zeichen-Szenen her erschließen. Indem ich die Studierenden bitte, konkrete Textstellen zu bearbeiten, beziehe ich sie in die Denkbewegung mit ein; etwa in Form einer Aufgabe zur Einzelarbeit : „Lesen Sie Joh 2,11 und notieren Sie, welche Wirkung das Handeln Jesu nach sich zieht.“ 8 Genauere Erläuterungen zu diesen und anderen hochschuldidaktischen Methoden bieten Macke u. a., Hochschuldidaktik, 173 - 270 ; Jordan/ Rummler, Aktivierende Lehrformen, pass. 9 Vgl. zu dieser Methode Butchart u. a., Using Peer Instruction, pass. 90 Nils Neumann Noch aktivierender wirkt eine Partnerarbeit : „Lesen Sie je eine der beiden Stellen Joh 2,11 und Joh 6,14 und diskutieren Sie die Wirkung der Handlungen Jesu an diesen Stellen.“ Zeitintensiver, aber umso nachhaltiger ist die Schneeball- oder Pyramiden-Methode : Ich weise allen Studierenden - z. B. verteilt nach dem Wochentag, an dem sie geboren worden sind - eine der sieben Zeichen-Szenen des Johannesevangeliums zu. Nachdem sie diese in einem ersten Schritt genau gelesen haben, entdecken und benennen sie in den weiteren Arbeitsschritten zunächst zu zweit, dann zu viert und ggf. noch zu acht, welche gemeinsamen Züge die Szenen aufweisen. In jedem Fall müssen die Ergebnisse der Arbeitsphase kurz im Plenum gesichert werden, bevor ich sie in meinem Vortrag anschließend weiter vertiefen und strukturieren kann. Auf unterschiedlichen Ebenen werden dabei johanneische Besonderheiten sichtbar: in Hinblick auf die Sprache, die Handlungsschemata und die Christologie. Eine Brücke zum zweiten Hauptteil der Schrift (‚Jesu Offenbarung vor den Jüngern‘) lässt sich durch die Arbeit an den ‚Ich-Bin-Bildworten‘ schlagen. Methodisch bieten sich dafür ähnliche Herangehensweisen an. Erfreulich an der Konstellation in Hannover ist, dass die Studierenden kurz vorher in der Bibelkunde zum Alten Testament die Bücher der Tora kennen gelernt haben. Die pointierte Selbstvorstellung Gottes in Ex 3 ist ihnen damit geläufig und vor diesem Hintergrund können sie die christologische Brisanz des betonten ‚Ichbin‘-Jesu im Johannesevangelium umso besser ermessen bzw. diskutieren. Gegen Ende der Sitzung muss auch noch der dritte Hauptteil des Johannesevangeliums (‚Kreuzigung und Auferstehung Jesu‘) behandelt werden. Da die Studierenden sich nun bereits Charakteristika der johanneischen Jesuserzählung erschlossen haben, können Sie entscheidende Akzente hier auch umso besser wahrnehmen. Ich nutze dies als Gelegenheit, um nach dem Überblick direkt vom Schlussteil der Schrift zu einer die Sitzung abschließenden kurzen Diskussion überzuleiten: Diese geschieht in Murmelgruppen bzw. Bienenkörben , etwa mit der Fragestellung: „Inwieweit ist es theologisch bedeutsam, dass das Johannesevangelium die letzten Worte [alternativ: die Seitenwunde] Jesu am Kreuz betont? “ Oder: „Welchen inhaltlichen Akzent setzt das Johannesevangelium durch die Erzählung von der Begegnung zwischen Jesus und Thomas? “ „…-denn eine Volksmenge war an dem Ort“ (Joh 5,13) 91 In allen Phasen achte ich auf eine schlüssige Verknüpfung zwischen dem, was ich frontal erkläre bzw. auswerte, und den eigenen Entdeckungen der Studierenden. Deshalb führe ich auch am Ende noch einmal kurze Statements aus den Murmelgruppen zusammen. Somit habe ich jetzt wesentliche Texte der Schrift mit der Gruppe besprochen sowie charakteristische Züge identifiziert und diskutiert. In Hannover unterrichte ich die Bibelkunde nun zum zweiten Mal. Die Rückmeldungen der Studierenden und insbesondere die Prüfungsergebnisse lassen mich zuversichtlich in die Zukunft sehen. Sie zeigen, dass es nicht nur gelungen ist, die Aufmerksamkeit in den einzelnen Veranstaltungen aufrecht zu erhalten, sondern sie geben auch Anlass zu der Hoffnung, dass die Studierenden Kenntnisse erworben haben, auf die sie und wir Dozierende im weiteren Verlauf des Studiums zurückgreifen können. Literatur Butchart, Sam u. a.: Using Peer Instruction to Teach Philosophy, Logic and Critical Thinking, Teaching Philosophy 32 (2009), 1-40. Fischer, Stefan/ Wagner, Thomas, Verstehen von Anfang an - Exegese und Hochschuldidaktik, VvAa 1/ 1 (2016), 3-18. Hattie, John A. C.: Visible Learning. A Synthesis of over 800 Meta-Analyses Relating to Achievement, London/ New York 2009. Hübenthal, Sandra: Vom Zauber der Schriftauslegung. Ein hochschuldidaktischer Blick auf Exegese, VvAa 1/ 1 (2016), 19-38. Jordan, Petra/ Rummler, Monika: Aktivierende Lehrformen für große Lerngruppen: Techniken und Methoden, in: Rummler, Monika (Hg.): Vorlesungen innovativ gestalten. Neue Lernformen für große Lerngruppen, Weinheim 2014, 37-84. Kerres, Michael/ Schmidt, Andreas: Zur Anatomie von Bologna-Studiengängen. Eine empirische Analyse von Modulhandbüchern, in: Braun, Edith u. a. (Hg.), Disziplinäre Zugänge zur Hochschulforschung (die hochschule 2/ 2011), Halle-Wittenberg 2011, 173-191. Macke, Gerd u. a.: Hochschuldidaktik. Lehren - vortragen - prüfen - beraten, Weinheim 2 2012. Rothenbusch, Nina: Studentische Gottesvorstellungen. Empirische Untersuchungen zur Professionalisierung der Wahrnehmung (Beiträge zur Kinder- und Jugendtheologie 16), Kassel 2013. Scheidler, Monika: Didaktische Wende in theologischen Vorlesungen? Zum Zusammenhang zwischen Lehrkonzeptionen von Professoren und studentischen Lernleistungen, in: Scheidler, Monika/ Reis, Oliver (Hg.): Vom Lehren zum Lernen. Didaktische Wende in der Theologie? (Theologie und Hochschuldidaktik 1), Münster 2008, 65-90. 92 Nils Neumann Anhang: Syllabus zur Bibelkunde Themenplan Altes Testament • Der Aufbau der Hebräischen Bibel und des Alten Testaments • Genesis • Exodus • Leviticus, Numeri, Deuteronomium • Die Bücher Josua, Richter, Rut, Samuel- und Königebücher • Die Bücher der Chronik, Esra, Nehemia, Ester • Der Psalter • Hiob, Sprüche, Prediger und Hoheslied • Jesaja • Jeremia, Klagelieder • Ezechiel, Daniel • Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja, Maleachi • Die Spätschriften des Alten Testaments • Bündelung und Ausblick Neues Testament • Der Aufbau des Neuen Testaments • Das Markusevangelium • Das Matthäusevangelium • Das Lukasevangelium • Die Apostelgeschichte • Das Johannesevangelium • 1 . Thessalonicherbrief, Korintherbriefe • Philipper- und Philemonbrief, Galaterbrief • Der Römerbrief • Epheserbrief, Kolosserbrief, 2 . Thessalonicherbrief, die Briefe an Timotheus und Titus • Der Hebräerbrief • Die Briefe des Petrus, Jakobus und Judas • Die Johannesbriefe und die Johannesoffenbarung • Bündelung und Ausblick „…-denn eine Volksmenge war an dem Ort“ (Joh 5,13) 93 Literaturempfehlungen Bibelausgaben 10 Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, Stuttgart 2017. Gute Nachricht Bibel, Stuttgart 2015. Hoffnung für Alle. Die Bibel, Basel 2015. Neues Leben. Die Bibel, Holzgerlingen 2017. Bibelkunden in einem Band Bormann, Lukas: Bibelkunde. Altes und Neues Testament ( UTB basics 2674), Göttingen 5 2013. Westermann, Claus/ Ahius, Ferdinand: Calwer Bibelkunde. Altes Testament - Apokryphen - Neues Testament, Stuttgart 15 2008. Bibelkunden in zwei Bänden Augustin, Matthias/ Kegler, Jürgen: Bibelkunde des Alten Testaments. Ein Arbeitsbuch, Gütersloh 2 2000. Merkel, Helmut: Bibelkunde des Neuen Testaments. Ein Arbeitsbuch, Gütersloh 4 1992. Preuß, Horst Dietrich/ Berger, Klaus: Bibelkunde des Alten und Neuen Testaments, 2 Teile ( UTB 887/ 972), Tübingen 7/ 6 2003. Rösel, Martin: Bibelkunde des Alten Testaments. Die kanonischen und apokryphen Schriften, Neukirchen-Vluyn 9 2015. Bull, Klaus-Michael: Bibelkunde des Neuen Testaments. Die kanonischen Schriften und die Apostolischen Väter, Neukirchen-Vluyn 7 2011. Ziel des Moduls und Leistungsnachweise Die Bibelkunde vermittelt Studierenden einen Überblick • über den Aufbau der Bibel, • über die Struktur der biblischen Schriften und Schriftengruppen, • über wesentliche Inhalte der Schriften sowie • über wichtige motivische und thematische Zusammenhänge zwischen den einzelnen Schriften. Zu den Schwerpunkten der alttestamentlichen Bibelkunde zählen der Pentateuch (insbes. Genesis, Exodus), die prophetischen Schriften (insbes. Jesaja, Jere- 10 Da ich die Studierenden in der Bibelkunde dazu anregen möchte, längere Textpassagen eigenständig zu lesen, empfehle ich an dieser Stelle vor allem solche Bibeln, die nach dem leitenden Kriterium der leichten Lesbarkeit übersetzt sind. Für das weitere Studium der Exegese verlange ich dann die Verwendung einer zweisprachigen Ausgabe oder einer möglichst wörtlichen Übersetzung. 94 Nils Neumann mia) und die poetische Literatur (insbes. der Psalter). Zu den Schwerpunkten der neutestamentlichen Bibelkunde zählen die synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas), die Paulusbriefe (insbes. Römerbrief und Korintherbriefe) und auch die johanneische Literatur ( Johannesevangelium, Johannesbriefe und die Apokalypse). Das Modul besteht aus den beiden Lehrveranstaltungen Bibelkunde des Alten Testaments und Bibelkunde des Neuen Testaments . Der Abschluss des Moduls erfolgt durch eine benotete Prüfungsleistung in Form einer Klausur. Zudem können alle Studierenden eine unbenotete Studienleistung erbringen. Arbeitsaufwand Der Arbeitsumfang des Moduls entspricht 8 Leistungspunkten und damit einem Zeitaufwand von 240 Stunden. Auf den Besuch der Lehrveranstaltungen entfallen davon 56 Stunden, so dass für die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen, das Erstellen der Studienleistung und für die Klausurvorbereitung insgesamt noch 184 Stunden bleiben. Den weitaus umfangreichsten Teil des Moduls macht somit das Selbststudium aus. Bitte nutzen Sie Ihre Arbeitszeit kontinuierlich über den gesamten Verlauf des Semesters. Investieren Sie Ihre Zeit insbesondere für folgendes: • Lesen Sie möglichst große Teile der Bibel eigenständig in einer Übersetzung, die Ihnen zusagt. Mehrere gut verständliche Bibelübersetzungen führt die Literaturliste an. Eine Übersicht über die obligatorisch zu lesenden Textabschnitte finden Sie auf den folgenden Seiten. • Erschließen Sie sich die Inhalte der biblischen Schriften anschließend mithilfe der in der Lehrveranstaltung bereitgestellten Informationen. Dazu ist es hilfreich, wenn Sie flankierend eines der empfohlenen Lehrbücher zurate ziehen. • Prägen Sie sich den Aufbau der biblischen Schriften, wichtige Inhalte mit Kapitelangaben sowie übergreifende Themen und Motive der Bibel so ein, dass Sie diese Informationen bei Bedarf reproduzieren können. Material dazu erhalten Sie jeweils in den Lehrveranstaltungen. Studienleistung Sie können im Bereich der Bibelkunde eine Studienleistung erbringen. Dabei haben Sie die Wahl, ob Sie sich auf das Alte oder auf das Neue Testament konzentrieren wollen. Wählen Sie aus dem Bereich der betreffenden (alt- oder neutestamentlichen) Schriften drei aus und geben Sie auf je einer Seite den Inhalt der Schriften mit eigenen Worten wieder, nachdem Sie diese gelesen haben. „…-denn eine Volksmenge war an dem Ort“ (Joh 5,13) 95 Bündeln Sie am Ende des jeweiligen Texts das Thema der behandelten biblischen Schrift in einem einzigen Satz. Prüfungsleistung Die Prüfungsleistung besteht in einer 60 -minütigen Klausur. Diese umfasst Fragen aus den Bereichen AT und NT zu gleichen Teilen und gliedert sich in drei Abschnitte. Der erste Teil beinhaltet geschlossene Fragen, die sich stichwortartig beantworten lassen. Den zweiten Teil bilden halboffene Fragen, zu deren Beantwortung kurze Ausführungen in wenigen Sätzen erforderlich sind. Abgeschlossen wird die Prüfung von einer offenen Frage im dritten Teil, die von Ihnen verlangt, mit eigenen Worten den Inhalt eines bestimmten biblischen Textabschnitts wiederzugeben. Liste der obligatorischen Textabschnitte Der folgenden Liste können Sie die Textabschnitte entnehmen, deren Kenntnis in den Klausuraufgaben vorausgesetzt wird. Besonders wichtige Texte sind mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. Zu lesen ist jeweils das gesamte Kapitel, auch wenn die unten gewählte Themenangabe nur einen Teil daraus repräsentiert. Altes Testament *Gen 1-2: Die Schöpfung *Gen 3: Der Sündenfall *Gen 4: Kain und Abel *Gen 7-9: Die Sintflut Gen 11: Der Turmbau zu Babel *Gen 12: Abrams Berufung *Gen 15: Gottes Bund mit Abram Gen 19: Sodom und Gomorra *Gen 22: Abraham und Isaak Gen 27: Esau und Jakob Gen 37: Josefs Träume *Ex 3: Moses Berufung *Ex 12: Das Passa-Fest *Ex 14: Der Durchzug durchs Schilfmeer Ex 16: Die Speisung in der Wüste *Ex 19: Gottes Erscheinung am Sinai *Ex 20: Die zehn Gebote Ex 24: Der Bund am Sinai Ex 32: Das goldene Stierbild *Lev 16: Der große Versöhnungstag Lev 22: Die Makellosigkeit der Opfer Lev 25: Sabbatjahr und Erlassjahr *Num 6: Über Gelübde und der aaronitische Segen Num 21: Die eiserne Schlange *Dtn 5: Die zehn Gebote Dtn 14: Die Gabe des Zehnten 96 Nils Neumann *Dtn 28: Segen und Fluch *Jos 6: Die Eroberung Jerichos *Ri 13: Simsons Geburt Rut 4: Die Ehe von Rut und Boas * 1Sam 1-2: Samuels Geburt * 1Sam 3: Samuels Berufung 1Sam 8-10: Der Beginn des Königtums * 1Sam 17: David und Goliat 2Sam 5-6: David in Jerusalem * 2Sam 7: Natans Verheißung 2Sam 11-12: David und Batseba 1Kön 3: Salomos Weisheit 1Kön 18: Elia auf dem Karmel 1Kön 22: Ahab und der Prophet Micha 2Kön 2: Elia und Elisa * 2Kön 4: Elisas Wundertaten 2Kön 22-23: Josias Reform 1Chr 11: David erobert Jerusalem 2Chr 3: Der Tempelbau 2Chr 34: Josias Maßnahmen Esr 1: Rückkehr aus Gefangenschaft Neh 3: Der Aufbau der Stadtmauer Est 2: Ester wird Königin *Hi 1: Hiobs Unglück Hi 40-41: Gottes Rede *Hi 42: Gott rechtfertigt Hiob *Ps 8: Gottes Tun am Menschen *Ps 19: Gottes Herrlichkeit in der Schöpfung *Ps 23: Der gute Hirte Ps 91: Gottes Schutz Ps 103: Gottes Barmherzigkeit *Ps 104: Lob des Schöpfers *Ps 110: Der ewige König und Priester *Ps 139: Gottes Wissen und Gegenwart Ps 145: Gottes Güte Ps 150: Halleluja *Spr 1: Der Ruf der Weisheit *Spr 8: Das Wesen der Weisheit Koh 1: Die Begrenztheit des Menschen *Koh 3: Alles hat seine Zeit Hld 1: Liebe und Schönheit Jes 1: Gottes Anklage gegen das Volk *Jes 5: Der unfruchtbare Weinberg *Jes 6: Jesajas Berufung *Jes 9: Verheißung eines Retters Jes 25: Gottes Heil für die Völker Jes 40: Gottes Trost *Jes 53: Der leidende Gottesknecht Jes 54: Verheißung von Gottes Gnade Jes 58: Über das Fasten Jes 61: Die frohe Botschaft Jes 65: Gottes Handeln an seinem Volk *Jer 1: Jeremias Berufung Jer 7: Jeremias Tempelrede Jer 23: Wahre und falsche Prophetie *Jer 31: Der neue Bund Jer 33: Der Nachkomme Davids Klgl 3: Klage und Trost „…-denn eine Volksmenge war an dem Ort“ (Joh 5,13) 97 *Hes 1: Hesekiel schaut die Herrlichkeit des Herrn *Hes 34: Schlechte Hirten und guter Hirte Hes 36: Die Erneuerung Israels *Hes 37: Die Wiederbelebung Israels Dan 3: Die drei Männer im Feuerofen Dan 5: Belsazars Gastmahl Dan 6: Daniel in der Löwengrube *Dan 7: Die Vision vom Menschensohn *Hos 1: Hoseas Ehe *Joel 3: Die Ausgießung des heiligen Geistes Am 1-2: Gerichtsankündigungen Am 9: Gericht und Heil Jona 4: Jonas Unmut *Mi 4: Gottes Friedensreich *Mi 5: Der Herrscher aus Davids Geschlecht *Mi 6: Der rechte Gottesdienst Sach 9: Verheißung des Friedensreichs *Mal 3: Ankündigung des Gerichts Sir 24: Das Lob der Weisheit Neues Testament *Mt 1: Die Geburt Jesu *Mt 2: Die Weisen aus dem Morgenland *Mt 5-7: Die Bergpredigt Mt 14: Der sinkende Petrus u. m. Mt 20: Die Arbeiter im Weinberg *Mt 25: Das Gericht *Mt 28: Die Auferstehung *Mk 2: Die Heilung des Gelähmten u. m. Mk 4: Gleichnisse Jesu Mk 5: Der besessene Gerasener *Mk 6: Die Speisung der 5000 u. m. *Mk 8: Das Petrus-Bekenntnis u. m. *Mk 10: Der „reiche Jüngling“ u. m. Mk 11: Der verdorrte Feigenbaum *Mk 13: Jesu Endzeitrede Mk 14: Jesu Gefangennahme *Mk 15: Jesu Kreuzigung *Mk 16: Die Auferstehung *Lk 1: Die Ankündigung der Geburt Jesu *Lk 2: Jesu Geburt Lk 4: Jesu Predigt in Nazaret u. m. *Lk 7: Jesu Salbung durch die Sünderin u. m. *Lk 10: Der barmherzige Samariter u. m. *Lk 12: Der reiche Kornbauer u. m. *Lk 15: Vom Verlorenen Lk 16: Reicher Mann und armer Lazarus u. m. *Lk 19: Zachäus u. m. *Lk 24: Jesu Auferstehung und Himmelfahrt *Joh 1: Das Wort ward Fleisch *Joh 2: Die Hochzeit zu Kana 98 Nils Neumann *Joh 3: Jesus und Nikodemus Joh 4: Jesus und die Frau am Brunnen *Joh 10: Der gute Hirte Joh 11: Die Auferweckung des Lazarus Joh 13: Die Fußwaschung Joh 17: Das hohepriesterliche Gebet *Joh 19: Jesu Kreuzigung *Joh 20: Jesu Auferstehung *Joh 21: Der Schluss der Schrift *Apg 2: Pfingsten Apg 6: Die Diakone Apg 8: Der Kämmerer aus Äthiopien *Apg 9: Die Berufung des Saulus *Apg 10: Kornelius *Apg 15: Die Apostelversammlung Apg 16: Der Weg nach Europa *Apg 17: Paulus in Athen Apg 28: Paulus in Rom *Röm 1: Der Briefanfang *Röm 3: Die Schuld aller *Röm 4: Die Bedeutung Abrahams *Röm 7: Die Sünde Röm 8: Die Gewissheit des Heils *Röm 11: Israels Errettung Röm 12: Das Leben der Gemeinde 1Kor 1: Weisheit und Torheit 1Kor 3: Die Mitarbeiter Gottes * 1Kor 12: Viele Glieder, ein Leib * 1Kor 13: Von der Liebe 2Kor 5: Die Versöhnungsbotschaft *Gal 1: Die Berufung des Paulus *Gal 3: Gerechtigkeit aus Glauben Gal 4: Befreiung vom Gesetz Eph 4: Die Einheit der Gemeinde *Phil 1: Die Gefangenschaft des Paulus *Phil 2: Gegenseitige Achtung Phil 3: Das Ziel Kol 1: Christus, das Ebenbild Gottes * 1Thess 4: Die Auferstehung 1Tim 6: Verschiedene Mahnungen 2Tim 1: Treue zum Evangelium *Phlm: Der Philemonbrief 1Petr 2: Das Leben des Gottesvolks * 2Petr 3: Warten auf den Herrn * 1Joh 4: Gottes Liebe Hebr 1: Gott redet durch den Sohn *Hebr 7: Christus als Hoherpriester Hebr 8: Der neue Bund *Hebr 9-10: Das Opfer Christi Hebr 11: Die Wolke der Zeugen Hebr 12: Orientierung an Jesus Jak 1: Das Wort hören und tun *Jak 2: Glaube und Werke *Offb 4: Vor Gottes Thron *Offb 5: Das Lamm Offb 12: Die Frau und der Drache Offb 13: Die beiden Tiere Offb 17: Die Hure Babylon Offb 18: Der Untergang Babylons Offb 20: Das Gericht *Offb 21: Das neue Jerusalem Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 - 2018, Heft 2 Frontend www.bibelwissenschaft.de Das wissenschaftliche Portal der Deutschen Bibelgesellschaft Nathanael Lüke 1 Das Projekt Die Startseite des wissenschaftlichen Bibelportals der Deutschen Bibelgesellschaft stellt sich als Die Bibelseite fürs Bibelstudium vor: „bibelwissenschaft.de ist die erste Adresse für’s [sic! ] Online-Bibelstudium: wissenschaftlich fundiert und auf dem aktuellsten Stand.“ 1 Der Zugriff ist kostenfrei und ohne Registrierung 2 zugänglich. Sechs Rubriken stehen dem Nutzer zur Verfügung: Online-Bibeln , Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Das Wissenschaftlich-Religionspädagogische Lexikon im Internet (WiReLex), Die Bibel in der Kunst (BiKu)/ Bible in the Arts (BiA), die Bibelkunde von Rösel/ Bull sowie ein Online-Bibelkommentar ( OBK ). 1 http: / / www.bibelwissenschaft.de/ startseite/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 2 Eine Registrierung ist möglich, zurzeit aber nur für das Setzen von Lesezeichen und das Speichern von Notizen in der Rubrik Online-Bibeln notwendig. 100 Nathanael Lüke 2 Content Unter der Rubrik Online-Bibeln bietet die Deutsche Bibelgesellschaft Zugriff auf die Texte von BHS , LXX (ed. Rahlfs/ Hanhart) und NA 28 , allerdings ohne die kritischen Apparate, die für ein ‚wissenschaftliches Bibelportal‘ wünschenswert wären. Laut Aussage der Redaktion des Portals 3 gibt es zwar Überlegungen, derzeit aber keine konkreten Pläne, den Apparat von NA 28 online zu stellen. Neben einigen englischen Übersetzungen gibt es die Vulgata (ed. Weber/ Gryson), Menge, Gute Nachricht und Luther 1984 . Die Lutherbibel 2017 gibt es auf dem Portal nicht, der User wird auf eine weitere Seite der Deutschen Bibelgesellschaft verwiesen. 4 Die Rubrik Online-Bibeln ist das einzige Angebot des Portals, das auch für mobile Endgeräte optimiert angeboten wird, wobei die BHS mangels eines geeigneten Fonts zurzeit außen vor bleibt. 5 Die wohl bekannteste Rubrik des Portals ist WiBiLex , das 2007 online ging. Zur Zielgruppe gehören „Theologiestudierende, Pfarrerinnen und Pfarrer, Religionslehrerinnen und -lehrer sowie Theologiedozentinnen und -dozenten“ 6 . Die Autoren und Autorinnen sollen sich an dem theologischen Vorwissen von Studierenden in den mittleren Semestern orientieren. 7 Inhaltlich sind die Artikel auf die Vermittlung von Grundwissen, klassischer und neuerer Forschungspositionen fokussiert. Im Gegensatz zu kollaborativen Online-Nachschlagewerken wie Wikipedia werden die Artikel von einzelnen Autoren verfasst. Die Herausgeberschaft liegt für das AT bei Prof. Dr. Michaela Bauks (Koblenz) und Prof. Dr. Klaus Koenen (Köln), für das NT bei Prof. Dr. Stefan Alkier (Frankfurt). Es gibt weitere 23 Fachbzw. Mitherausgeberinnen und -geber. 8 In der Stichwortliste lassen sich zurzeit (nach eigener Zählung) 9 2798 Stichwörter zum Alten Testament und 254 zum Neuen Testament finden. 10 Diese starke Diskrepanz zwischen AT und NT besteht seit Beginn des Lexikons. In 3 An dieser Stelle danke ich Markus Hartmann, dem Teamleiter Digitale Medien, für das freundliche Gespräch. 4 http: / / www.die-bibel.de. Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 5 http: / / m.bibelwissenschaft.de. Letzter Zugriff: 22 . 07 . 18 . 6 http: / / www.bibelwissenschaft.de/ wibilex/ ueber-wibilex/ fuer-verfasserinnen/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 7 Vgl. http: / / www.bibelwissenschaft.de/ wibilex/ ueber-wibilex/ fuer-verfasserinnen/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 8 https: / / www.bibelwissenschaft.de/ wibilex/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 9 Dazu habe ich die Bezeichnung der Links im Quelltext der Seite ausgewertet. Zu beachten ist, dass auch Artikel wie beispielsweise ‚Goethe, Johann Wolfgang‘ als Artikel zum AT verzeichnet sind. 10 http: / / www.bibelwissenschaft.de/ wibilex/ das-bibellexikon/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . www.bibelwissenschaft.de 101 letzter Zeit sind zwar vermehrt neutestamentliche Artikel hinzugekommen. Die Lücken im NT sind aber dennoch groß: So gibt es zwar einen Artikel über J. W. Goethe 11 , aber noch keinen über Paulus. Das Lexikon WiReLex startete 2015 und bietet (nach eigener Zählung) 366 religionspädagogische und religionsdidaktische Artikel. WiReLex hat den Anspruch, eine „umfassende religionspädagogische und religionsdidaktische Enzyklopädie“ 12 zu werden. Die Zielgruppe sind die im Bereich der religiösen Bildung und Erziehung Tätigen. Die Hauptherausgeberinnen sind Prof. Dr. Mirjam Zimmermann (Siegen) und Prof. Dr. Heike Lindner (Köln). Die digitale peer-reviewed Zeitschrift BiKu widmet sich in bisher zwei Jahrgängen der Wirkungsgeschichte der Bibel in der Bildenden Kunst, Literatur und Musik. Die Beiträge werden als PDF veröffentlicht. Die Herausgeber sind Prof. Dr. Régis Burnet (Louvain-la-Neuve), Prof. Dr. Susanne Gillmayr-Bucher (Linz), Prof. Dr. Klaus Koenen (Köln) und Prof. Dr. Caroline Vander Stichele (Tilburg). Unter der Rubrik Bibelkunde finden sich die Texte aus der Bibelkunde von Martin Rösel ( AT ) und Klaus-Michael Bull ( NT ). Die in der CD -Rom-Ausgabe enthaltenen Zusatzmaterialien sind online nicht abrufbar. Die Bibelstellen sind mit Luther 1984 verlinkt, der Bibeltext wird in einem Pop-up-Fenster angezeigt. Leider gibt es keine Verlinkungen zu WiBiLex . Der Online-Bibelkommentar , gestartet 2010 , richtet sich mit seinen bisher 87 Beiträgen (eigene Zählung) ebenso wie WiReLex an in Schulen tätige Lehrkräfte und setzt sich zum Ziel, alle lehrplanrelevanten Bibelstellen zu kommentieren, zu diesen Bibelstellen Unterrichtsentwürfe bereitzustellen und die Rezeption der Bibelstellen in Kunst und Kultur nachzuzeichnen. Für die Beiträge ist hier, wie auch in den anderen Rubriken, ein Herausgeberkreis verantwortlich. Die Beiträge werden aber von Studierenden verfasst. Für das AT sind Prof. Dr. Maria Häusl (Dresden) und Prof. Dr. Ilse Müllner (Kassel), für das NT Prof. Dr. Paul-Gerhard Klumbies (Kassel) verantwortlich. Die Weiterentwicklung dieser Rubrik ist in den letzten Jahren ins Stocken geraten. Weil es inzwischen auf dem Portal die Zeitschrift BiKu gibt, erscheint die Kategorie Rezeptionsgeschichte im OBK etwas redundant. Die Unterrichtsentwürfe sind leider nicht zur schnellen Umsetzung in der Schule geeignet, weil keine Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt werden. Zwar wird im OBK auf WiBiLex verlinkt, nicht aber auf WiReLex , wobei v. a. auf die bibeldidaktischen Übersichtsartikel verwiesen werden sollte. Das Vorhaben, Kurzkommentare auf 11 http: / / www.bibelwissenschaft.de/ de/ stichwort/ 48937/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 12 http: / / www.bibelwissenschaft.de/ wirelex/ wirelex/ konzeption-von-wirelex/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 102 Nathanael Lüke dem aktuellen Stand der Forschung zu allen lehrplanrelevanten Bibelstellen zu bieten, sollte aber weiterverfolgt werden. Denn durch die Artikel wird es den Lehrkräften, deren theologische Ausbildung schon einige Zeit zurückliegt, ermöglicht, einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu erlangen. Zudem erhalten Studierende die Möglichkeit, ihre exegetischen Studienleistungen zu publizieren (s. u.). Die einzelnen Rubriken richten sich erkennbar an verschiedene Zielgruppen. Das einigende Band des Portals - für eine Bibelgesellschaft auch naheliegend - ist die Bibel. Eine zielorientierte Nutzung im akademischen Bereich wird durch Mängel in einigen Rubriken erschwert. So fehlt bei den wissenschaftlichen Bibelausgaben die Schlüsselfunktion des kritischen Apparates. Vielleicht könnte die Lizenz zur Nutzung einer digitalen Vollausgabe des NA zukünftig an den Kauf einer Buchausgabe gekoppelt werden. Bei WiBiLex fehlen noch wichtige Artikel zum Neuen Testament. An einigen Stellen, wie v. a. bei der nicht konsequenten Verlinkung der Inhalte des Portals untereinander, wirkt bibelwissenschaft.de noch nicht wie aus einem Guss. 13 Aus Sicht interessierter Nutzer wäre es sehr wünschenswert, wenn das noch im Ausbau befindliche Portal einen ständigen redaktionellen Abstimmungsprozess durchliefe, um die Inhalte aufeinander bezogen zu halten. Nach dieser Kritik soll aber betont werden, dass die Einrichtung und Entwicklung dieses Portals durch die Deutsche Bibelgesellschaft sehr zu begrüßen ist: Durch das Herausgeberprinzip wird die wissenschaftliche Qualität der Beiträge gesichert, die Inhalte sind bequem, kostenfrei und ohne Zugangsbeschränkung verfügbar. 3 Suchfunktionen Das Suchformular des Portals bietet die Möglichkeit, gezielt einzelne Rubriken - bis auf BiKu - in die Suche einzubeziehen bzw. auszuschließen. Die Suchfunktion ist (erwartbar) nicht so mächtig wie eine externe Suchmaschine, mit der das Portal auch durchsucht werden kann. Ein Beispiel: Wenn man in der Rubrik WiBiLex nach ‚Joseph‘ statt ‚Josef ‘ sucht, erscheint der Artikel ‚Josef/ Josefsgeschichte‘ 14 erst an 21 . Stelle. Bei google.de zeigt die Anfrage ‚joseph site: bibelwissenschaft.de‘ den gesuchten Artikel an erster Stelle. Mit einer externen Suchmaschine werden auch die Beiträge in BiKu angezeigt. Die Redaktion arbeitet nach eigener Aussage daran, die Suchfunktion zu verbessern. 13 Die Deutsche Bibelgesellschaft habe die engere Verzahnung der Rubriken vorgesehen. 14 http: / / www.bibelwissenschaft.de/ stichwort/ 22800/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . www.bibelwissenschaft.de 103 Für Internet Explorer und Firefox werden für die Bibelstellen-Suche und für die Stichwortsuche unter WiBiLex Browsererweiterungen angeboten. 15 Wenn man mit der WiBiLex -Browsererweiterung nach ‚Joseph‘ sucht, werden keine Treffer angezeigt. 4 Hilfefunktionen Das Portal ist übersichtlich gestaltet, weswegen das Fehlen einer Hilfefunktion kaum auffällt. Benötigt man aber technischen Support, erhält man über Service - Technische Hilfe zwar die Aussage: „Wir helfen Ihnen gerne weiter.“ 16 Eine Kontaktadresse ist jedoch nur im Impressum hinterlegt. 17 5 Datenexport Das Portal ist für die Online-Nutzung konzipiert. Seit letztem Jahr können auch alle Artikel von WiBiLex und WiReLex als PDF heruntergeladen werden. Wenn die Artikel Bilder enthalten, werden diese in kleiner Auflösung eingebettet. In BiKu werden die Beiträge ausschließlich als PDF veröffentlicht. Die Artikel in WiBiLex und WiReLex dürfen „für Zwecke des Unterrichts und der Weiterbildung in schulischen, kirchlichen und universitären Einrichtungen sowie gemeinnützigen Institutionen“ 18 unter Beibehaltung der Quellenangabe verwendet werden. 6 User Exchange Ein Austausch über das Portal unter Benutzern oder zwischen Nutzern und Autoren ist nicht vorgesehen. Die Deutsche Bibelgesellschaft ist aktiv in Social- 15 http: / / www.bibelwissenschaft.de/ online-bibeln/ browser-tools/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 16 https: / / www.bibelwissenschaft.de/ meta-navigation/ service/ technische-hilfe/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 17 https: / / www.bibelwissenschaft.de/ meta-navigation/ rechtliches/ impressum/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 18 http: / / www.bibelwissenschaft.de/ wibilex/ ueber-wibilex/ rechtliche-hinweise/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 ; ebenso: http: / / www.bibelwissenschaft.de/ wirelex/ wirelex/ rechtlichehinweise/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 104 Nathanael Lüke Media-Kanälen vertreten (Facebook, 19 Instagram 20 , Twitter 21 ), das Portal spielt dort aber so gut wie keine Rolle. Ein Austausch über Inhalte des Portals findet in den Auftritten der Bibelgesellschaft in den sozialen Medien nicht statt. 7 Einsatzmöglichkeiten im akademischen Unterricht Den Studierenden kann WiBiLex zur Vor- und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen empfohlen werden. Die Artikel bieten Grundwissen und Literaturverweise und eignen sich als Einstieg in die selbständige Erarbeitung eines Themas. Die Bibelkunde hat ihre Vorteile gegenüber einem gedruckten Buch in der Verlinkung von Bibeltexten und Übersichten. Die Benutzerfreundlichkeit würde noch vergrößert werden, wenn auf die entsprechenden Artikel von WiBiLex verlinkt werden würde. Für die Hauptseminare bietet sich die Überlegung an, ob den Studierenden ein exegetischer Beitrag für den OBK als Studienleistung anerkannt werden kann. Die Aussicht, dass die eigene Seminararbeit auch anderen zugutekommen könnte, fördert sicherlich die Motivation. Für eine Auswahl der noch offenen Bibelstellen, zu inhaltlichen Ansprüchen und dem Stylesheet sind die Herausgeber anzufragen. 19 https: / / de-de.facebook.com/ bibelgesellschaft/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 20 https: / / www.instagram.com/ bibelgesellschaft/ . Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . 21 https: / / twitter.com/ bibel_aktuell? lang=de. Letzter Zugriff: 19 . 07 . 18 . Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 - 2018, Heft 2 Rezensionen Thomas Hieke / Benedict Schöning: Methoden alttestamentlicher Exegese Darmstadt 2017 (Theologie kompakt), 172 Seiten, ISBN 978-3-534-26877-1, € 19,95 (kartoniert), ISBN 978-3-534-74233-2, € 15,99 (e-Book/ PDF ) rezensiert von Carolin Neuber 1 Zum Buch Mit dem schmalen Taschenbuch liegt eine kompakte Einführung in die Methoden alttestamentlicher Exegese vor, die sich in vielem an die vorliegenden Methodenbücher anschließt und doch wohltuend davon abhebt. Noch immer sind Einführungen in die Methodik der Bibelauslegung vor allem von der historischkritischen Erschließung der Texte geprägt, grundgelegt durch die „Klassiker“ von G. Fohrer u. a. oder O. H. Steck; alternative Zugänge zur Bibel werden dann an die diachronen Methodenschritte ‚angehängt‘, so etwa bei S. Kreuzer u. a. oder U. Becker. Auf der anderen Seite stehen z. B. H. Utzschneider/ S. A. Nitsche mit ihrem konsequent literaturwissenschaftlichen Zugang. Dabei ist der Diskurs der letzten Jahrzehnte um die Weiterentwicklung exegetischer Methodik nicht allein in einem Gegen- oder Nacheinander historischer und textzentrierter bzw. synchroner Methoden aufzulösen. Entsprechend werden die Zugangswege in der hier vorliegenden Einführung von T. Hieke/ B. Schöning integriert und sinnvoll miteinander verflochten. Sie bietet die einzelnen Methodenschritte zusammengefasst nach Arbeitsschritten zur Textsicherung, zur Text-individualität (differenziert nach Struktur- und Inhaltsseite), zur Texttypik und schließlich zum Kontext (vom unmittelbaren literarischen Kontext über den biblischen Kanon 106 rezensiert von Carolin Neuber bis zur Kontextualisierung des Textes in seine vermutete Entstehungszeit und bis zu seiner Rezeption. Ohne etwa die narrative Bibelauslegung als eigenen methodischen Ansatz aufzustellen, werden dort etablierte Beobachtungen (z. B. Personenkonstellationen) in die grundlegende Analyse aller Texte einbezogen, wobei an Beispielen gezeigt wird, dass sie etwa auch bei Psalmen wichtige Ergebnisse liefern. Insgesamt verbindet die Einführung ‚klassische‘ historisch-kritische Methodenschritte (z. B. Text-, Literar-, Motiv-, Traditions-, Gattungskritik) mit synchronen Betrachtungsweisen (z. B. Komposition, Zeit-/ Raumstrukturen, Handlungs- und Wirkgehalt) in einer klugen, auch für den exegetisch unerfahrenen Leser durch entsprechende Hinweise nachvollziehbaren Anordnung, die von den für den Einzeltext charakteristischen Beobachtungen über seine mit anderen Texten gemeinsamen Merkmale zu seinem Kontext fortschreitet. Anfängliche Überlegungen zu Grundlagen exegetischer Arbeit (Text, Methode, Wissenschaftlichkeit) und praktische Tipps zur Erstellung einer Exegese sowie Hinweise für eine zusammenfassende Interpretation eines biblischen Textes am Ende des Buches vervollständigen die Einführung. Es ist lediglich anzufragen, ob die literarkritische Fragestellung vor der Erarbeitung von Struktur und Komposition des Textes nicht zu früh angesetzt ist. Es wird zwar auf die Gefahr hingewiesen, „dass man für die weitere Analyse voreilig etwas weglässt, was sich auf der Ebene der Strukturanalyse als wesentlicher Textbestandteil herausstellen könnte“ ( 46 ). Aber erst die (im vorliegenden Buch anschließende) tiefgehende Textanalyse gibt m. E. ausreichend Argumente für oder gegen die literarkritische Abgrenzung von Textteilen, was jedoch nicht mehr thematisiert wird. Allerdings führt die Zurechnung der Literarkritik zu der der eigentlichen Untersuchung vorausgehenden Textsicherung (gemeinsam mit Textkritik und Abgrenzung) zu einer durchaus ‚stimmigen‘ Einteilung des exegetischen Vorgehens in größere Abschnitte, wie oben gesehen. Somit versammelt die Einführung die nach aktuellem Stand der Exegese gängigen Methoden in einer schlüssigen Darbietung, die - gerade von Neulingen - Schritt für Schritt nachvollzogen werden kann, in der aber auch einzelne Arbeitsschritte gezielt nachgeschlagen werden können. 2 Zur Didaktik Das als „Lernbuch“ ( 7 ) konzipierte Einführungsbuch ist in seiner Anlage und in vielen Details auf das eigene Tätigwerden der Lernenden ausgerichtet, somit handlungs- und kompetenzorientiert, was schon die vorangestellte „Gebrauchsanleitung“ ( 9 ) deutlich macht. Dabei eignet es sich sowohl zum Selbststudium als auch als Begleitlektüre für eine entsprechende Lehrveranstaltung. Der Austausch mit Lehrenden oder anderen Lernenden wird ausdrücklich empfohlen, Rezensionen 107 jedoch nicht eigens z. B. durch entsprechende Aufgaben ins didaktische Konzept aufgenommen. Als Zielgruppe sind Studierende theologischer Studiengänge in der Einstiegsphase und im Übrigen alle an einem methodengeleiteten Verständnis biblischer Schriften Interessierte angesprochen. Eine Kenntnis biblischer Ursprachen wird dabei bewusst nicht vorausgesetzt, alle Analyseschritte sind an deutschen Übersetzungen leistbar. Dennoch wird die Verwendung von Übersetzungen zu Beginn kritisch reflektiert und die Verwendung der Ursprachen bisweilen angeregt. Jeder Abschnitt beginnt mit einem Überblick, der Ziel und Zweck, aber auch das Verbindende oder die Eigenart der folgenden Arbeitsschritte einführt und die Lesenden somit durch den oben besprochenen Aufbau des Buches geleitet. Die einzelnen Methodenschritte werden nach einem gleichbleibenden Schema behandelt: Vorangestellte Leitfragen machen die Fragestellung des jeweiligen Analyseschritts transparent; eine Beschreibung differenziert Vorgehensweise und Kriterien; teilweise werden Hilfsmittel und weiterführende Literatur genannt, die für die eigene Untersuchung konsultiert werden können; an Beispielen wird der jeweilige Methodenschritt konkret und anschaulich gemacht. Für den Lernprozess sind die Beispiele besonders wertvoll, weil sie nicht nur die Anwendung der Methode illustrieren, sondern über das Sammeln von Beobachtungen hinaus auch deren Auswertung und Deutung (‚was bewirkt dieses Merkmal des Textes? ‘) vorführen - dies vermisst man sonst oft allzu sehr. Jeweils am Ende laden kurze ‚Wissens-Checks‘ dazu ein, Verständnis und Lernfortschritt zu überprüfen. Elementarisierung der Lerninhalte und Aufteilung in handhabbare Teilschritte sowie durchweg gut verständliche Formulierungen helfen beim ‚Dranbleiben‘. Die ansprechende Gestaltung erleichtert den Überblick über das Werk und strukturiert den Leseprozess. Dies gelingt hier noch deutlich besser als bei den o. g. ‚klassischen‘ Einführungen. Dazu zählen die farbige Gestaltung von Überschriften und die farbige Hervorhebung der Textbeispiele, Stichwortgliederung am Rand der Seite und farbig eingerahmte Kästen mit Erläuterungen von Fachbegriffen. Mehrere Grafiken und Tabellen veranschaulichen Sachverhalte und Analysen. Besonders hervorzuheben sind die Verweise auf Einträge im Wissenschaftlichen Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de), die den modernen Gegebenheiten ebenso Rechnung tragen wie der Hinweis auf Bibelsoftware. Auf der Homepage des Verlags können zwei Musterhausarbeiten als Anregung eingesehen werden. Hilfestellung für die Erstellung einer exegetischen Hausarbeit bieten aber bereits die jedem Methodenschritt beigegebenen Beispiele, deren schriftliche Ausformulierung explizit als Vorbild für eigene Arbeiten gelten kann. So erweist sich das Lernbuch als enger Begleiter auf dem Weg zu einer exegetischen Hausarbeit. Es ist als solcher allen Studierenden und an der alttestamentlichen Exegese Interessierten sehr zu empfehlen. Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa) Jahrgang 3 - 2018, Heft 2 Lukas Bormann: Theologie des Neuen Testaments. Grundlinien und wichtigste Ergebnisse der internationalen Forschung, Basiswissen Theologie und Religionswissenschaft, UTB 4838 Göttingen 2017, 424 Seiten, ISBN 978-3-8252-4838-3 rezensiert von Susanne Luther 1 Zum Buch Die Theologie des Neuen Testaments von Lukas Bormann geht vom Diskurs über die Eigenschaften Gottes in den neutestamentlichen Schriften vor dem vorgegebenen Reflexionshintergrund der ‚Schrift‘ - des Alten Testaments - aus und beschreibt das in den neutestamentlichen Schriften reflektierte Verhältnis von Gott, Welt und Mensch. Der besondere Fokus liegt auf den unterschiedlichen Darstellungsformen und den für die einzelnen Schriften charakteristischen Sprach- und Ausdrucksformen von Theologie. Der Aufbau der Theologie des Neuen Testaments erfolgt nicht anhand theologischer Topoi, sondern orientiert sich - auf einen Überblick über die Entwicklungsgeschichte der wissenschaftlichen Darstellung neutestamentlicher Theologie (Kap. 1 ) und einer grundlegenden Einführung in den Kontext des antiken Judentums (Kap. 2 ) folgend - an einer sachlichen Ordnung, die sich chronologisch an den neutestamentlichen Schriften und ihren Themen ausrichtet und die Gedankenwelt der neutestamentlichen Texte sowie der hinter den Texten stehenden zentralen Figuren ( Jesus, Paulus bzw. der Autoren der weiteren Schriften) in ihrem historischen Kontext analysiert. Einer einführenden Darstellung zur Welt und Umwelt Jesu sowie zu den Inhalten und Formen seiner Lehre und Verkündigung, die Aspekte der historischen Jesusforschung und die Frage der Authentizität der Jesusüberlieferung einschließt (Kap. 3 ) folgend, widmet der Autor drei Kapitel Paulus und seiner Rezeption: Unter den Überschriften Gott und Christus (Kap. 4 , Theologie, 110 rezensiert von Susanne Luther Christologie, Soteriologie, Pneumatologie, Ekklesiologie) und Mensch (Kap. 5 , Glaube, Rechtfertigung, Kreuzestheologie, Eschatologie, Ethik) werden unterschiedliche Aspekte der paulinischen Theologie behandelt, deren Zusammenhang durch den soteriologisch-eschatologischen Fokus hergestellt wird, die Rezeption der Paulustradition wird anhand der Theologie der Deuteropaulinen und Pastoralbriefe präsentiert (Kap. 6 ). Die fünf folgenden Kapitel behandeln die Jesustradition in der Logienquelle (Kap. 7 ), den vier kanonischen Evangelien und der Apostelgeschichte (Kap. 8 - 11 ) und betonen die narrative Darstellung theologischer Aspekte in diesen Schriften. Ein Kapitel zum Hebräerbrief und den katholischen Briefen (Kap. 12 ) und ein Kapitel zur Offenbarung des Johannes (Kap. 13 ) bilden die theologischen Aussagen der verbleibenden neutestamentlichen Schriften ab. Lukas Bormanns Entwurf einer Theologie des Neuen Testaments schließt sich an vorhergehende Entwürfe insofern an, als er nach einer Einheit oder einer gemeinsamen Mitte der unterschiedlichen Texte fragt, „gemeinsame Grundüberzeugungen oder Anliegen oder aber zumindest gemeisame Fragestellungen“ zu eruieren sucht, die die neutestamentlichen Schriften „trotz unterschiedlicher oder divergierender Antworten als Teil eines Gesprächs oder Diskurses erscheinen lassen“ ( 25 ); Bormann wählt die Eigenschaften Gottes, d. h. „die Spannung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit bzw. zwischen Recht und Liebe“ als diesen gemeinsamen Konvergenzpunkt. Sein Entwurf grenzt sich gegen vorhergehende Entwürfe - z. B. gegen ‚theologische‘ Theologien (Childs, Hahn, Stuhlmacher, Wilckens), ‚untheologische‘ Theologien (Räisänen, Theißen, Zeller) und ‚erzählende‘ Theologien (Dunn, Wright, Schnelle) ( 34 f.) - ab und erhält dadurch ein eigenständiges Profil, so dass „[d]er offene Begriff von Theologie, die Reflexion der Darstellungsform einer Theologie, die Orientierung an den Eigenschaften Gottes und die Analyse der gewählten Sprach- und Ausdrucksformen“ ( 12 ) als vier übergreifende Perspektiven gewählt werden. Bormann setzt einen besonderen Akzent durch die ausgewogene Darstellung neuerer Forschungsansätze und die kritische Auseinandersetzung mit internationalen Forschungsbeiträgen - insbesondere aus dem englischsprachigen Raum (z. B. Dunn, Bauckham, Wright) - durch die der Leser einen Überblick über den Stand der Debatte erhält, gezielt anhand der Angaben zur weiterführenden Literatur einzelne Positionen vertiefen und sich ein eigenes Urteil bilden kann. 2 Zur Didaktik und Methodik Nach den einleitenden Kapiteln zur Forschungsgeschichte, zum antiken Judentum und zu Jesus folgt der Aufbau des Buchs einer an der Entstehung der Rezensionen 111 Schriften orientierten chronologischen Reihung. Die einzelnen Kapitel weisen unterschiedliche Strukturen auf und werden gegenstandsbezogen anhand der in den behandelten neutestamentlichen Schriften thematisierten Aspekte aufgebaut. So erhält der Leser eine auf die vier übergreifenden Perspektiven der Gesamtdarstellung zugeschnittene Grundorientierung, die zentrale Aspekte der Theologie einzelner Schriften in einen gedanklichen Zusammenhang bringt. Jedem Kapitel ist eine Grafik vorangestellt, die je für sich wahrgenommen werden kann, aber auch in den Ausführungen des jeweiligen Kapitels aufgegriffen wird. Die Grafiken sollen zum Ausdruck bringen, „dass die Texte des Neuen Testaments in historischen Kontexten entstanden sind und in Rezeptionsprozessen überliefert wurden, die für ihr Verständnis bedeutsam sind“ ( 13 ). Die Darstellung im Fließtext wird wiederholt durch im Schriftbild grau unterlegte Zwischenresümees unterbrochen, die wichtige Aussagen des dargestellten Gedankengangs prägnant und nachdrücklich präsentieren und die Rezeption der fortlaufenden Darstellung erleichtern. Die ersten drei Kapitel enden zudem mit einem Abschnitt Ergebnis und Ausblick , der zentrale Aspekte rekapitulierend bündelt. Jedes Kapitel, in Kap. 12 sogar jeder Unterabschnitt, endet mit einem kurzen Literaturverzeichnis, das grundlegende und weiterführende Literatur zum Thema bietet und dadurch Impulse für mögliche thematische Vertiefungen setzt. Wiederholt werden Quellentexte in Übersetzung zitiert, die die Aussagen zur Theologie der jeweiligen Schrift im Wortlaut vermitteln und somit als Korrektiv der Interpretation und systematischen Darstellung durch den Autor fungieren; „[s]ie ermöglichen dem Leser ein eigenes Urteil darüber, ob und inwieweit diese Darstellung der Theologie des Neuen Testaments überzeugend und sachgerecht mit ihren Quellen umgeht - und welche Sinndimensionen der antiken Texte unberücksichtigt bleiben und zu eigener Quellenlektüre auffordern“ ( 14 ). Zentrale Begriffe werden sowohl in den Quellensprachen als auch in Umschrift geboten, sodass die Darstellung auch ohne Kenntnisse des Hebräischen und Griechischen verständlich ist. Damit wird aber zugleich betont, dass „die dargestellten Gedanken in Zusammenhängen stehen, die sich erst durch die Kenntnis der genannten Sprachen voll erschließen“ ( 14 ). Somit ist die Darstellung auch für Leser ohne Kenntnisse der antiken Sprachen verständlich, doch auch für fachkundige Leser bietet das Lehrbuch eine Vielzahl anregender Einblicke und Perspektiven zur Weiterarbeit. 3 Das Buch als Lehr- und Lernbuch Lukas Bormanns Theologie des Neuen Testaments bietet eine gut lesbare, klar verständliche und übersichtlich strukturierte Darstellung der zentralen theo- 112 rezensiert von Susanne Luther logischen Themen aller neutestamentlichen Schriften. Das Werk kommt seinem im Untertitel benannten Anspruch nach und verbindet eine Präsentation der Grundlinien neutestamentlicher Theologie mit der Vermittlung internationaler Forschungsergebnisse. Die differenzierte Darstellung zentraler Themen, textbezogener Einzelaspekte wie forschungsgeschichtlicher Zusammenhänge und die Einbindung verschiedener Forschungspositionen ermöglichen es, das Buch im Selbststudium als Gesamtlektüre zur Vorbereitung auf das Examen zu nutzen. Es ist aber auch in Auswahl als ergänzende Lektüre im Kontext unterschiedlicher thematischer Lehrveranstaltungen zu empfehlen. Die Darstellung forschungsgeschichtlicher Zusammenhänge und inhaltlicher Einzeldebatten dient der Aktivierung und Erweiterung bereits vorhandenen Wissens, die Literaturlisten zum Ende jeden Kapitels können zur eigenständigen Vertiefung einzelner Aspekte herangezogen werden, die Verweise auf Quellentexte regen zur individuellen Auseinandersetzung mit der Thematik sowie zur hermeneutischen Reflexion und zur eigenen Positionierung an. Interview mit-… Martin Rösel Steckbrief: Prof. Dr. Martin Rösel Alter: 56 Jahre Familiäres: verheiratet mit einer Lehrerin; 3 Kinder (29, 27 und 15 Jahre) Berufliches: Studium der Evangelischen Theologie in Bonn und Hamburg; Promotion und Habilitation an der Universität Hamburg; 1988-1993 Wiss. Mitarbeiter am Fachbereich Ev. Theologie der Universität Hamburg (Lehrstuhl Klaus Koch), seit 1993 Akademischer Rat/ Oberrat an der Universität Rostock Mitarbeit an verschiedenen Editions- und Übersetzungsprojekten: Biblia Hebraica Quinta, Septuaginta-Deutsch, Revision der Lutherbibel Weitere Forschungsinteressen: Gottesvorstellungen im Alten Testament, Apokalyptik Vorneweg - Blitzlicht - Lehre - Frust oder Lust? Meistens Lust, aber wenn ich gefrustet bin, weil eine Stunde schlecht lief, versuche ich, den Studis beim nächsten Mal wieder mehr Lust auf den Stoff zu machen. - Lehre oder Forschung? Das eine ohne das andere geht nicht - und wäre auch eintönig. - Lieber Erstsemester oder lieber Integrationsphase (früher Examensphase)? Beides hat seine Faszination. Am Anfang das Staunen (und Zweifeln), am Ende des Studiums im Idealfall ein sich abrundendes, umfassendes Bild. Am schönsten ist es, die Studis durch die Phasen des Studiums begleiten zu können. - Neues oder Bewährtes? 1.Thess 5,21 - Referate oder Gruppenarbeit? Gruppenarbeit. Bei Referaten muss ich oft an den armen Eutychus aus Apg 20,9 denken … Herr Rösel, welche Erfahrungen und/ oder Menschen haben Ihre Lehre nachhaltig geprägt bzw. beeinflusst? Ich habe in den 1980ern studiert, in der Zeit der übervollen Unis. Griechischkurs mit 180 Personen, Hauptseminar NT mit 60 etc. Beeindruckt haben mich Lehrer wie Klaus Koch, Wolfgang Grünberg und Henning Paulsen, die trotzdem ihr Fach 114 rezensiert von Susanne Luther mit Begeisterung vertreten haben und sich um persönliche Kontakte zu den Studis bemühten. Sie wollten wissen, was wir wie verstehen, weil es ihnen um die Sache ging. Das war nicht immer didaktisch toll, aber authentisch und enorm motivierend. Didaktisches habe ich vor allem bei meiner Frau gelernt, die Grundschullehrerin ist. Was ist das Grundparadigma Ihrer Lehre; also würden Sie sagen, dass es bei Ihnen eine Grundüberzeugung gibt, die sich durchzieht? Elementarisierung ohne Banalisierung, wenn ich es auf eine knappe Formel bringen soll. Es ist vergleichsweise einfach, zusätzliche Differenzierungsebenen nachzulegen, wenn erst einmal eine Basis des Verstehens gelegt ist. Andersherum ist es schwierig bis unmöglich. Welche Bedeutung hat die Kompetenzorientierung für Ihre Lehre? Theologie verlangt nach der Grundkompetenz der Sprachfähigkeit. Die Studis sollten nach meinem Eindruck authentisch auskunftsfähig über die Grundurkunde des christlichen Glaubens sein, dies sowohl in den unterschiedlichen Kontexten, in denen sie wirken werden, als auch zur Selbstvergewisserung. Davon leiten sich dann die anderen Kompetenzen ab. Oft wirkt es so, dass die Lehre an unseren Hochschulen eher stiefmütterlich im Gegensatz zur Forschung behandelt wird. Beschreiben Sie Ihren Weg Forschung und Lehre miteinander zu verknüpfen. Wo sehen Sie Potentiale für Synergieeffekte zwischen diesen beiden Bereichen? Ein konkretes Beispiel: Ich wähle gerne die Themen eigener Vortrags- oder Publikationsvorhaben als Seminarthema. Das zwingt mich dazu, die Dinge von Grund auf zu bedenken und gleichzeitig meine Überlegungen so zu formulieren, dass sie auch Studierenden verständlich sind. Deren Rückfragen entlarven in der Regel wunde Punkte. Begleitend zur Revision der Lutherbibel habe ich verschiedene interdisziplinäre Seminare mit Germanisten oder Übersetzungswissenschaftlern gemacht, diese haben unmittelbar für die Revision Frucht getragen. Aber ich gebe gerne zu, dass das nicht bei allen Themen möglich ist. Diese Ausgabe von Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an beschäftigt sich mit der Bibelkunde als Gegenstand akademischen Unterrichts. Sie haben sich diesem Thema mit Lehrbuch und Online-Kurs in zwei Fassungen gewidmet. Welche Zielgruppen hatten Sie vor Augen, als Sie diese unterschiedlichen Formate schufen, und welche Aspekte möchten Sie mit den unterschiedlichen Angeboten jeweils betonen? Das Buch ist entstanden, als ich in Rostock erstmals Bibelkunde für eine Studierendengruppe unterrichten musste, die nahezu kein kirchliches oder biblisches Grundwissen hatte. Die zu der Zeit gängigen Lehrbücher setzten aber durchgängig Hintergrundwissen aus einer kirchlichen Sozialisation voraus, so dass sie den Studis oft unverständlich waren. Und: Das Buch sollte auch thematisch Querschnitte bieten, damit deutlich wird, warum es sich lohnt, die biblischen Texte zu kennen. Daher die Thema-Kapitel im zweiten Teil des Buches. Interview mit-… Martin Rösel 115 Die CD und der Online-Kurs sind aus hochschuldidaktischen Projekten hervorgegangen und zielten auf neue Lesegewohnheiten durch das Internet. Sie reagieren auf Beobachtungen beim Umgang der Studis mit dem Buch: Wer liest schon die Verse nach, die in der Bibelkunde als wichtig angegeben sind, wer sucht z. B. Bethel oder Babylon im Atlas, wer macht sich klar, wann Alexander gegen die Perser siegte, wer holt den Duden, um terminus ad quem nachzuschlagen …? Mit den elektronischen Medien konnten die verschiedenen Materialien und Informationen leicht kombiniert werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Nutzerinnen und Nutzer (oft ohne es zu merken) mehr lernen, weil sie sich von Link zu Link weiterklicken. Eigentlich wollten sie nur Amos vorbereiten, aber am Ende sind sie in einem Thema/ Kapitel angekommen … Später kam dann noch die Lernzielkontrolle mit nahezu 1000 Fragen in verschiedenen Schwierigkeitsstufen dazu. Wer das ernsthaft durcharbeitet, kann eigentlich nicht mehr durch die Prüfung fallen. Diese Lernzielkontrolle wird es demnächst auch als App für die Generation Smartphone geben. Als Zielgruppe waren immer Studierende (Lehr- und Pfaramt) in Anfangssemestern im Blick. Es zeigte sich aber, dass die Materialen auch zum Wiederholen in höheren Semestern gerne benutzt werden. Viele nutzen offenbar Buch und elektronische Versionen parallel - eine interessante Erkenntnis, dass diese unterschiedlichen Zugänge komplementär sind. Zum Schluss: Was würden Sie den Kollegen und Kolleginnen mit Blick auf die eigene Lehre gerne mitgeben? Keine fertigen Konzepte, nur Beispiele für Kontrollfragen: Würde ich als Student meine morgige Einheit gut finden? Warum erreiche ich die Reihe hinten links nicht? Welches war die beste, welches die schwächste Stunde des Semesters? Kann ich nicht einfach die Studis fragen, mit welchen Konzepten sie gute, motivierende Erfahrungen gemacht haben? Forum Exegese und Hochschuldidaktik: VvAa Verstehen von Anfang an Jg. 3 - 2018 | Heft 2 www.francke.de VvAa - 2018 | Heft 2 Bibelkunde Herausgegeben von Stefan Fischer, Jan Heilmann und Thomas Wagner in Zusammenarbeit mit Melanie Köhlmoos Jg. 3 - 2018 | Heft 2 Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an ISBN978-3-7720-8669-4 Editorial Hauptbeiträge Lukas Bormann Nur ein einziges Buch. Bibelkunde als hochschuldidaktische Herausforderung in den modularisierten Studiengängen der Ev. Theologie Matthias Hopf Bibelkenntnis statt Bibelkunde. Erwägungen zum Umgang mit biblischen Texten in der Integrationsphase des Pfarramts-/ Masterstudiums Thomas Wagner Bibelkunde als E-Learning-Kurs. Eine Projektskizze Carl Henrich / Sarah Krebs / Jennifer Schaaf / Jessica Schaaf Bibelkunde als Studieninhalt. Ein Interview mit Studierenden in Pfarr- und Lehramtsstudiengängen sowie in den Religionswissenschaften Lehr-/ Lernbeispiele Florian Oepping Speeddating - Speedhating. Ein innovatives Lehrbeispiel zu den zwölf kleinen Propheten Nils Neumann „… denn eine Volksmenge war an dem Ort“ ( Joh 5,13). Das Johannesevangelium in der Großgruppe erschließen Frontend Nathanael Lüke www.bibelwissenschaft.de. Das wissenschaftliche Portal der Deutschen Bibelgesellschaft Rezensionen Interview mit … Martin Rösel
