eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 1/1

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
61
1998
11 Dronsch Strecker Vogel

Jesus und seine galiläische Lebenswelt

61
1998
Eric M. Meyers
znt110027
Eric M. Meyers Jesus und seine galiläische Lebenswelt 1 Im folgenden möchte ich einen, im wahrsten Sinn des Wortes, handgreiflichen Einblick in eine Region vermitteln, in der ich nunmehr seit fast dreißig Jahren archäologisch tätig bin und in der vieles von dem seinen Anfang nahm, das uns Theologen und Religionswissenschaftler so sehr beschäftigt. Die Archäologie Galiläas hat gerade in den letzten Jahren eine wahre Explosion an Interesse verzeichnen können. Eine Flut neuer Ausgrabungen verändert auf dramatische Weise die sachlichen Grundlagen für archäologische Interpretationen praktisch von Minute zu Minute. Ältere Arbeiten zum Regionalismus in Galiläa Ich nehme an, meine Tätigkeiten zuerst in Obergaliläa und seit neuester Zeit in Untergaliläa haben einen kleinen Anteil daran, daß sich in letzter Zeit so großes Interesse an diesen beiden Regionen entzündet hat. Ich möchte daher zunächst mit einer Einführung und Überprüfung einiger meiner früheren Überlegungen zum Regionalismus in Galiläa beginnen und diese dann in den weiteren Kontext neuerer Forschung zu Galiläa, zu Jesus, über den zwischen-regionalen Handel und die Mobilität in Galiläa und darüber hinaus stellen. Eine der wichtigsten Einsichten, die wir während der ersten Dekade unserer Arbeit in Obergaliläa gewonnen haben, war, daß die speziellen geographischen Bedingungen dieser Region eine beträchtliche Rolle bei der Ausformung der dortigen Kultur in römisch-byzantinischer Zeit gespielt haben. Es stellte sich früh heraus, daß Reste des 1. Jahrhunderts u. Z. an den meisten Orten nur spärlich erhalten waren, und daß wir Alternativorte auswählen mußten, um zu gesicherten Ergebnissen zu gelangen. Die Erkenntnis der enormen natürlichen Unterschiede zwischen Ober- und Untergaliläa, ja sogar innerhalb des nordöstlichen Obergaliläa entlang des Grabenbruches ermöglichte es, eine Theorie zum Ausmaß und Profil der Hellenisierung des täglichen Lebens zu formulie- ZNT 1 (1998) ren, von der weite Teile durch die Forschung in der Folgezeit bestätigt wurden. 2 Einige Aspekte dieser Überlegungen, besonders zum Handel mit Gebrauchskeramik und der Verbreitung diesbezüglicher Typen, mußten freilich aufgrund neuer Grabungen und naturwissenschaftlicher Untersuchungen an der Ware (Neutronenaktivierungs- Analyse, petrographische Untersuchungen etc.) revidiert werden. 3 Das Fehlen von Städten ist eines der bemerkenswertesten Merkmale Obergaliläas. Bis in byzantinische Zeit wird die Region als »Tetrakomia« bezeichnet, mit der Implikation, daß dort wenigstens vier größere Dörfer lagen, auf die die regionale Wirtschaft und Politik bezogen waren. 4 Auch der Golan war frei von Städten in römischer Zeit, und die Ähnlichkeit vieler Aspekte der materiellen Alltagskultur zwischen Golan und Obergaliläa resultiert genau aus diesem Fehlen von Städten. In einer Zeit, in der römische Politik, und Propaganda durch ihre größeren Städte, wahrgenommen wurden, waren solche Landstriche, die noch nicht von der Urbanisierung berührt waren, signifikante Ausnahmen. 5 Es ist somit deutlich, daß einige Bewohner von Oberbeziehungsweise Untergaliläa ihren Handel über diese heidnischen Städte abwickelten, die um Obergaliläa herum lagen und dadurch sowohl die lokale Wirtschaft als auch den Handel beeinflußten. Die wichtigste der palästinischen Städte dieser Region war Tyrus, dessen Einfluß in hervorragender Weise durch die Münzen belegt wird, die in ganz Galiläa, vor allem aber in Obergaliläa, gefunden wurden, darüber hinaus aber auch Akko/ Ptolemais, beide an der phönizischen Küste gelegen. 6 Die selbständige Stadt Caesarea Philippi in der nordöstlichen Ecke Obergaliläas ist ein weiterer wichtiger Berührungspunkt mit einem urbanen Zentrum. Um Mißverständnisse zu vermeiden, ist sofort zu betonen, daß aus der Existenz solcher Städte im Osten, vor allem der Dekapolis oder der phönizischen Küste, nicht folgt, daß diese nur diejenigen Formen hellenistisch-römischer Kultur zur Schau trugen oder 27 28 PALAS TINA IM 15. REGIERUNGSJAHR DES TIBERIUS Q._ __ 10 ......_20.._ __ JO_.....,«l __ ~ .......__.6flkm ~ AOmisdle PrtNinl unter ~ PONTIUS PII.ATUS ffi HEROOES ANTIPAS ~ ~S PHIUPPUS § LYSANIAS" ABIUNE ® Haupl-unl Groest- • Sddledor Dekapob · ..... A , , 1 11 1 l. '·- ' ·- .. .. J-'· 1 1 1 1 I , PHILADELPHIA _____ " ·• .. (., •Bona r: : / ,. ZNT 1 (1998) repräsentierten, die im Gegensatz standen zur einheimischen semitischen Stadt- und Dorfkultur. Im Gegenteil, Bowersock hat erst vor Kurzem wieder in überzeugender Weise dargelegt, daß derartige städtische Zentren ihrerseits einheimische Kultur widerspiegeln, die Ausdrucksformen hellenistisch-römischer Zivilisation also den deutlichen semitischen Grundton in Bereichen wie Kult, Architektur und Sprache nicht verdecken konnten. Demnach braucht Hellenismus nicht als kulturelle Bewegung verstanden zu werden, die einheimische Religionen bedrohte, sondern der Hellenismus gab ihnen einen neuen Rahmen, in dem sie sich ausdrücken konnten. 7 Weder das Fehlen noch das Vorhandensein von Städten in Teilen Galiläas oder der Peripherie braucht also den Grad widerzuspiegeln, bis zu welchem einheimische Kultur zum Ausdrucksmittel für hellenistische Kultur geworden ist, weil letztere oft als Rahmen diente, um lokale semitische Kultur zu bewahren und weiterzuentwickeln. Durch die relative Isolation Obergaliläas von den urbanen Zentren wurde die Region also keinesfalls immun gegen die damalige wirtschaftliche und kulturelle Wirklichkeit, obwohl die dortigen Bewohner vielleicht gerade noch von den augenfälligsten Verführungen hellenistischen Lebens wie Theater und heidnischen Statuen bewahrt wurden. Importierte Feinkeramik ist regelmäßig bei Ausgrabungen anzutreffen, die regionale Währung schloß selbstverständlich tyrische Münzen ein und Luxusgüter wie Schmuck und Glaswaren wurden zweifellos von außerhalb der Region importiert. Die Küchenware bezog man vom Töpferzentrum Kfar Hananiah an der Grenze zwischen Ober- und Untergaliläa, ungefähr 12 Meilen von Meiran entfernt (mod. Kafr 'Inan, Grid Ref.: 189 258), oder von lokalen Wanderhändlern, die diese Ware mit sich führten. Mit anderen Worten erwies sich Obergaliläa als nicht so isoliert wie ich zunächst annahm, aber die folgenden Charakteristika der Region sollten festgehalten werden: 8 1. Die Verzierungen an öffentlichen und großen privaten Gebäuden zeigen zwar deutlich hellenistischen Stil, vermeiden aber allzu große ikonographische Exzesse, vor allem Tier- und Menschendarstellungen in der mittel- und spät- ZNT 1 (1998) römischen Zeit (das 1. Jh. ist sehr schlecht erhalten). Bildliche Mosaike sind praktisch unbekannt, die Hauptausnahme ist lediglich die späte Synagoge in Meroth. 2. Griechische Inschriften sind fast unbekannt in jüdischen Fundstellen der römischen Periode, was auf Aramäisch und Hebräisch als dominierende Sprachen weist. 3. Schließlich fehlen die bekannteren Merkmale städtischen Lebens wie Aquädukte, Bäder, Statuen, Nymphäen, Wandmalereien, Tempel und Theater praktisch völlig in der Tetrakomia. Man kann Obergaliläa und Teile des Golan also mit gutem Grund trotz unleugbarem hellenistischen Einflusses als konservativ, ländlich, semitisch und überwiegend jüdisch bezeichnen. Der Grad, bis zu welchem man es als »isoliert« zu betrachten hat, verdient sicherlich im Licht der beträchtlichen Funde importierter Waren weitere Diskussion. Hier aber ist Vorsicht angebracht, wie vielleicht ein Beispiel aus unseren Tagen nahelegen mag: Noch die am weitesten rechts stehenden jüdisch-orthodoxen Gruppen mögen sehr wohl manche Aspekte städtischer Kultur verachten und sogar den Staat Israel ablehnen, und trotzdem wie selbstverständlich das teuerste importierte Porzellan verwenden, sich mit den feinsten importierten Textilien kleiden oder Schmuck aus aller Herren Länder tragen. Obwohl ich keineswegs suggerieren möchte, daß Jesu Wirken sehr viel mit Obergaliläa zu tun hatte, macht sein Auftreten in Tyros und Sidon (Q 10,13f.) und seine Wanderungen in »ganz Galiläa« und an anderen Orten nahe bei Obergaliläa vielleicht doch wahrscheinlich, daß er bei der einen oder anderen Gelegenheit diese Region durchzog. Ja, man kann sich sogar vorstellen, daß die Erwähnungen von Tyros und Sidon sich auf Teile Obergaliläas beziehen, die, wie wir schon bemerkt haben, intensiven Handel mit Tyros trieben, das gerade einmal 36 Meilen Luftlinie von Sepphoris in Untergaliläa entfernt ist. Nicht umsonst sagt Markus, daß Jesus nur die Grenzen von Tyros (7,24.31 ), das Dorf Caesarea Philippi (8,27) und das Gebiet von Gadara (5,1) besucht habe, wobei er vielleicht absichtlich die urbanen Zentren vermieden hat. 29 Untergaliläa und Regionalismus Mit gutem Grund wandte man sich in letzter Zeit verstärkt Untergaliläa als der Region zu, die den Hintergrund von Jesu Wirken bildet. Obwohl diese Region näher an Griechenstädten liegt und von ihnen geradezu umschlossen ist (wie z.B. Akko/ Ptolemais, Bet-Shean/ Scythopolis, wo Juden als Minderheit bereits seit einiger Zeit lebten), bestand die Bevölkerung Untergaliläas vor dem ersten Aufstand bis zum Bar-Kochba-Krieg ebenfalls überwiegend aus Juden. Zweifellos waren die jüdisch-herodianischen Städte Sepphoris und Tiberias die wichtigsten urbanen Zentren Galiläas, wobei das Gebiet von Sepphoris eine Fläche von mindestens 60 Hektar mit etwa 18 000 Bewohnern umfaßte, und Tiberias ungefähr 80 Hektar mit einer Bevölkerung von 24000 Menschen umschloß. Mit Josephus verweist Hoehner auf Tarichaeae (Magdala, Grid Ref.: 198 247) und Gaba (Grid Ref.: 163 224) als zwei weitere größere Städte in der Region, aber sie sind viel kleiner, jeweils unter 20 Hektar und mit einer Bevölkerung von ca. 3000 Menschen. Nimmt man an, daß in Galiläa etwa 200 Dörfer existiert haben mit ungefähr jeweils 500 Einwohnern, was vernünftig scheint, dann läßt sich die Bevölkerung auf etwa 150000 bis 175000 Menschen schätzen, wobei die große Mehrheit in Dörfern statt in Städten wohnte, nicht weit von den 200 000 Personen, von denen Hoehner spricht. 9 Doch sind, wie Jonathan Reed bei seiner zurückhaltenden Schätzung der Bevölkerung Kapernaums auf ca. 1700 Personen jüngst gewarnt hat, genaue Werte aufgrund begrenzter Grabungen immer noch sehr problematisch. 10 Daher ist es nur als eine krasse Vereinfachung zu bezeichnen, wenn man meint, daß neuere Grabungen und Arbeiten in Galiläa den Eindruck bestätigen, daß signifikante städtische Einflüsse auf J esu frühes Leben und Lehren existiert hätten. Nimmt man etwa Crossans Modell, wonach ein städtisch geprägtes Galiläa das passende Setting für die Verbreitung kynischer Ideen (einer bestimmten mediterranen Philosophie, die ländliche Bevölkerungskreise befähigte, mit den Ungerechtigkeiten des Lebens zurechtzukommen), darstellte, dann müssen wir sagen, daß sich dies durch nichts bestätigen läßt, was wir in beiden Galiläas untersucht haben. 11 Im Gegenteil, trotz einiger 30 Eric M. Meyers Prof. Dr. Eric M. Meyers lehrt als Professor of Religion and Archaeology an der Duke University in Durham/ North Carolina. Seine fast 30jährige Ausgrabungstätigkeit an mehreren Orten in Galiläa (zuletzt in Sepphoris) und umfangreiche Forschungen zur Geschichte und Kultur dieser Region in hellenistisch-römischer Zeit sind wegweisend. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher und Artikel in den Bereichen Bibelwissenschaft und Judaistik und Editor-in-Chief der grundlegenden Oxford Encyclopedia of Archaeology in the N ear East (1997). Zwei Gastprofessuren führten in 1995 und 1997 auch nach Deutschland. wichtiger Einflüsse römischer Stadtkultur auf die galiläische Gesellschaft vor 70 u. Z., wie sie sich am deutlichsten in Sepphoris und Tiberias zeigt, läßt sich ein derartiges Setting nur an Orten wie Skythopolis, Ptolemais oder in der Dekapolis antreffen. Im Falle Galiläas traten diese Veränderungen erst nach 70 auf, und zwar nur in Untergaliläa und lange nach J esu Wirken. Man kann nicht behaupten (geschweige denn aus der Archäologie erschließen), daß Städte oder Dörfer zur Zeit Jesu bar jeder Kultur und Gelehrsamkeit waren.Ja, man kann nicht einmal behaupten, daß die Griechenstädte völlig »griechisch« in ihrem kulturellen Profil waren, »orientalisch« oder »nahöstlich« trifft den Sachverhalt wohl viel besser. Wie mein Kollege und Freund Sean Freyne, mir zu diesem Punkt mitteilte: »Meiner Meinung nach ist es unrealistisch anzunehmen, daß große geographische Nähe zu einem städtischen Zentrum zugleich bedeutet, daß die Bevöl- ZNT 1 (1998) kerung als ganze zwangsläufig mit den realen oder vermeintlichen Werten und Ansichten dieser Zentren erfüllt würde. Man sollte vielmehr danach fragen, mit welchem Zweck bestimmte Kreise der Bevölkerung diese Werte und Ansichten übernahmen und warum sie die überkommenen verlassen haben.« 12 So verschieden Untergaliläa auch von Obergaliläa gewesen sein mag, in vielerlei Hinsicht ähnelten sie sich sehr. Ich habe bereits auf die Tendenz hingewiesen, den »urbanen« Charakter Untergaliläas besonders aufgrund von Sepphoris und Tiberias zu überschätzen. Herodes Antipas, der von 4 vor unserer Zeit bis 39 nach der Zeitenwende als Tetrarch über Galiläa und Peräa herrschte, veranlaßte in den ersten vier Jahrzehnten des ersten Jahrhunderts den Wiederaufbau und die Erneuerung von Sepphoris, von wo aus er zuerst Galiläa seit 2 v. verwaltete, und befahl die Gründung der Stadt Tiberias zwischen 17 und 23 n. Abgesehen davon, daß Antipas Tiberias über einem jüdischen Friedhof errichten ließ (Josephus, Ant. 18,38), Herodias heiratete (Josephus, Ant. 18,109-136) und Tierdarstellungen in seiner dortigen Residenz in Auftrag gab (Josephus, Vita 65-66 ), respektierte er doch die religiösen Gefühle seiner jüdischen Untertanen. Vor allem hinsichtlich des Bilderverbots scheint es, Antipas habe dafür gesorgt, daß Galiläa während der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts weitgehend anikonisch blieb. Bisher wurden keine Statuen von Augustus oder Tiberius gefunden. Es sind auch keine Spuren von Herrscherverehrung bekannt, und keine Darstellungen des hellenistisch-römischen Pantheons wurden gezeigt. Ferner blieben die Münzen des Antipas anikonisch, trugen keinerlei figürliche Darstellungen von Menschen oder Tieren. 13 Insgesamt läßt sich daraus schließen, daß der Tetrarch eine bemerkenswerte Sensibilität jüdischen religiösen Ansichten gegenüber an den Tag legte oder zumindest aus purem Opportunismus die jüdischen Gesetze beachtete, um effektiver zu herrschen. Andererseits sorgte Antipas nicht generell für Gerechtigkeit in Galiläa (Josephus, Ant. 18,106-108), und die Hinrichtung Johannes des Täufers war skandalös. Man wundert sich, wie es Jesus vermochte, nicht in Konflikt mit Antipas zu geraten. Am wichtigsten aber ist, daß Antipas darauf bedacht war, die religiösen Kreise unter den Juden Galiläas nicht durch Münzbilder zu verletzen und es unterließ, ZNT 1 (1998) wie sein Vater heidnische Sitten an Orten wie Caesarea oder Samaria/ Sebaste zu fördern. In der markinischen Perikope Mk 12,13-17 spiegelt sich zweifellos, wie heikel das Thema Steuermünze und Ikonographie tatsächlich war, wobei Jesus bewußt zu vermeiden scheint, in eine unangenehme Situation hineingezogen zu werden, aus der es kaum ein Entrinnen gibt. 14 Hinsichtlich der archäologischen Befunde in Sepphoris, die in die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung datieren, wurde bisher noch nichts gefunden, was sich als heidnischer Tempel interpretieren ließ, keine Altäre oder Statuen und keine relevanten Inschriften. Im Gegenteil, wir stießen auf Ritualbäder in Häusern und andere Gegenstände des täglichen Lebens, alle nicht-figural und recht unspektakulär. Sollte es zutreffen, daß Galiläa jüdischer Halacha zur Zeit J esu aufgeschlossen gegenüberstand, und die Grabungen in Sepphoris und anderswo bestätigen dies aufs Stärkste, dann können wir die Behauptung zahlreicher Forscher verneinen, die immer noch der Sicht anhängen, daß Galiläa überwiegend bäuerlich und ländlich und die Leute eher »einfach« waren. Weil die Jesusbewegung in dieser Umwelt verwurzelt sei, behauptet man, fänden sich auch keine Erwähnungen irgendwelcher städtischer Zentren wie Sepphoris oder Tiberias im NT. Sobald Juden auf Heiden treffen, fährt man dementsprechend fort, ereigneten sich diese Begegnungen vermutlich in Städten und waren stets mit Spannungen belastet. Ihre Feindseligkeit würde aus dem Gegensatz von Stadt und Dorf resultieren, wobei man sich die Stadt in der Regel als Unterdrücker durch Steuern und Landerwerb vorstellt. Da die Urbanisierung Untergaliläas mit Sepphoris und Tiberias in Verbindung gebracht werden kann, kann das auffällige Schweigen des NT über sie erklärt werden, wenn wir alle unsere Quellen zu Galiläa nutzen, um die Jesusbewegung zu erklären. Obwohl nicht ohne geographische Details oder Informationen, fehlt den Evangelien sicherlich die Breite und Genauigkeit der Angaben, die uns Josephus, die Rabbinen und heidnische Schriftsteller wie Strabon und Plinius zu Galiläa überliefern. Wie wir bereits bemerkt haben, bewegte sich Jesus frei in ganz Galiläa auf dem Weg zu verschiedenen Stadtgebieten, wenn auch nicht zu ihren Zentren. 31 Falls die neutestamentlichen Angaben zutreffen, könnte Jesus sehr wohl die nördlichen Ränder Obergaliläas besucht haben, die an Akko/ Ptolemais, Sidon und Tyros grenzen. Wäre Markus kurz vor oder nach dem ersten Aufstand gegen Rom geschrieben, wäre es unwahrscheinlich, daß Jesus so ungehindert herumgezogen sein könnte, da die jüdisch-heidnischen Beziehungen damals besonders in den hellenistischen Städten äußerst angespannt waren Qosephus, Bellum 2,457-465). Aber warum werden die jüdischen Städte Sepphoris und Tiberias in den Evangelien übergangen ? 15 Angesichts der großen Bedeutung dieser Zentren für das kulturelle und wirtschaftliche Leben Galiläas können sie nicht einfach übersehen worden sein. Mißerfolg auf Seiten Jesu oder unfreundliche Aufnahme in den herodianischen Städten hätte sich zweifellos in einer Art von Verfluchung niedergeschlagen, wie wir sie im Fall von Kapernaum, Chorazin und Bet- Saida überliefert haben. Ein Grund für Jesu Besuche in heidnischen Städten war es, zu den Juden zu predigen, die dort ansässig waren, das heißt zu den »verlorenen Schafen des Hauses Israel« (Mt 10,6; 15,24). Tyros, Gerasa und Skythopolis besaßen alle beträchtliche jüdische Bevölkerungsanteile wie auch viele andere heidnische Städte. Somit erscheint es sinnvoll anzunehmen, daß Jesu galiläische Wirksamkeit kaum Sepphoris und Tiberias ausgelassen haben wird. Insoweit als beide herodianischen Städte das sich wandelnde Profil Galiläas am Ende des zweiten Tempels verkörpern, das heißt den Umbruch von der dorfzentrierten agrarischen hin zur städtischen Gesellschaft, dessen Bevölkerung nun auch Mitglieder der »retainer class« umfaßte, scheint das Schweigen des NT zu Sepphoris und Tiberias seine Bedeutung zu besitzen. Wir müssen jedoch betonen, daß diese jüdischen Städte nicht wie ihre heidnischen Gegenüber im ersten Jahrhundert waren: Sepphoris schlug seine ersten Münzen erst im Jahre 66, Tiberias nicht vor 100 nach der Zeitenwende. Erst zu diesem späteren Datum begannen beide Städte, größeren wirtschaftlichen Einfluß auszuüben, da bisher kaum Münzen von Herodes Antipas in Judäa gefunden wurden. Anscheinend übte seine Wirtschaft keine große Wirkung außerhalb einer recht begrenzten Region aus. Relative Unabhängigkeit und ein verändertes Profil der Städte sind daher eher später als früher plausibel, als Kriegsflüchtlinge vom Süden nordwärts 32 zogen und römische Soldaten ihnen folgten, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. 16 Bezüglich des Ausmaßes, in welchem Galiläa, vor allem aber Untergaliläa, von Auswärtigen besucht wurde, dreht sich das Bild nun um. Einerseits kann man vor allem aufgrund schriftlicher Quellen zum Schluß kommen, daß Galiläa zur Zeit Jesu relativ gut erreichbar und offen für Fremde war, so daß sogar Haushaltskeramik aus Kfar Hananiah nicht nur in beiden Galiläas und im Golan gehandelt wurde, sondern auch in Akko/ Ptolemais und Caesarea Philippi (Banias). Gleichzeitig aber stellte Adan-Bayewitz fest, daß fast keine solche Ware nach Süden über den Nazareth-Kamm hinaus transportiert wurde.17 Wir sollten jedoch auch nach den Keramikdaten bezüglich der Situation nach 70 fragen, und was die Bedeutung dieser Daten ist in bezug auf den sogenannten Stadt-Land-Gegensatz. Hinsichtlich des letzten Punktes belegen die Daten sicherlich eine Kontinuität positiver Interaktion zwischen Stadt und Land in der frührömischen Periode. Theorien, die nahelegen, daß städtische Zentren das Umland lediglich ausbeuten, müssen allein schon aufgrund der archäologischen Daten nachdrücklich zurückgewiesen werden. Ferner zeigen die Befunde auch, daß das ländliche Galiläa zu dieser Zeit nicht ausschließlich agrarisch geprägt war. Da dieselben Keramikbefunde hinsichtlich der Herkunft für die gesamte römische und bis in die frühe byzantinische Periode gelten, dürfen wir unsere Schlüsse nicht auf die frührömische Periode allein beschränken. Das heißt, daß ländliche Siedlungen wie Kfar Hanania weiterhin die Bedürfnisse sowohl der städtischen Zentren als auch der Landstädte während der gesamten römischen Periode befriedigten, obwohl Galiläa mehr und mehr urbanisiert wurde und sich dort während des 2. und 3. Jh. n. ständig mehr Heiden ansiedelten. Meiner Ansicht nach, und in partieller Übereinstimmung mit anderen, ist das Schweigen des NT hinsichtlich der herodianisch-jüdischen Städte bewußt und künstlich. Es verlangt wohl zuviel Leichtgläubigkeit, sich irgendeine Art von Jesu Wirksamkeit vorzustellen, ohne daß er in Kontakt mit der Bevölkerung entweder von Tiberias oder Sepphoris gekommen ist. 18 Ob es deren Politik oder deren wirtschaftliche Rolle war, die Jesus hinterfragte, bleibt noch zu sehen. ZNT 1 (1998) Zuvor müssen wir aber prüfen, was die Archäologie Galiläas zur Beantwortung einer solchen Frage überhaupt beitragen kann. Stimmt das Bild, das man über Galiläa und die Galiläer aufgrund schriftlicher Quellen erstellen kann, mit demjenigen überein, das sich aufgrund der Archäologie ergibt? Betreffen die archäologischen Realien wie Gefäße und Münzen tatsächlich auch die symbolische Welt einer Kultur? Können diese Realien in einen Dialog gebracht werden mit den gesicherten Angaben aus schriftlichen Quellen? Kehren wir dazu zurück zur Frage nach dem Ausmaß, in welchem Untergaliläa fremden Einflüssen gegenüber offen oder verschlossen war und erinnern wir uns an unsere Beobachtung, daß Obergaliläa isolierter war als Untergaliläa. Nichtsdestoweniger wurde im Obergaliläa des 2. Jh. u.Z. ein römischer Tempel in Cadasa (Tel Qedesh, Grid Ref.: 200 279) errichtet, der der eindrucksvollste in ganz Israel überhaupt ist. Unweit nordwestlich davon fand man einen weiteren Tempel im Südlibanon, der Apollo und Diana geweiht und von einem Ring ländlich-heidnischer Dörfer umgeben war. Die »jüdische Demarkationslinie« in Obergaliläa verläuft also unmittelbar nördlich von Sasa, Baram und Qazyon; nördlich davon wurden keine jüdischen Reste gefunden. Den entscheidenden städtischen Einfluß in dieser Region, besonders im Norden (bei Meiron, Gush Halav und Kirbet Shema') übte Tyros aus. Wenn wir uns etwas nach Westen oder Südwesten bewegen, finden sich keine Synagogenreste in Obergaliläa westlich von Peqi'in-Rama, oder westlich einer Linie durch Rama, Ibillin und Tiv'on in Untergaliläa. Die südliche Grenze, sowohl gemäß dem Architekturals auch dem Keramikmaterial, bildet der Nazareth- Kamm. Die Gebiete westlich dieser Linie fielen in den kulturellen und wirtschaftlichen Umkreis von Akko/ Ptolemais. Die Lage auf der Ostseite ist komplizierter und schlechter publiziert, jedenfalls was jüdische Reste angeht, da viele von ihnen in Transjordanien liegen. Die westlichste Grenze der Dekapolis und zugleich die südwestliche Grenze U ntergaliläas markiert Bet-Shean / Skythopolis, eine Stadt mit einer großen jüdischen Gemeinde. Während es üblich ist anzunehmen, daß die Städte der Dekapolis ein Band heidnischer Städte darstellten, die das Ausmaß und die Ausbreitung jüdischer Kultur beschränkten, sind solche Vermutungen, wie ich schon gesagt habe, ziemlich verfehlt. ZNT 1 (1998) Die orientalischen Städte der Dekapolis und andere heidnische Städte sollten nicht nur als Lieferanten hellenistisch-römischer Kultur verstanden werden, sondern eher als östliche Städte mit hellenistischen Elementen, die oft die Ausdrucksfähigkeit semitischer Religion und semitischen Lebens erleichterten, eingeschlossen das Judentum. Jüdische Reste aus römischer Zeit sind wohlbekannt aus Gerasa (Jerash), Gadara (Umm Qeis), Abila und möglicherweise Capitolias (Beit Ras), alle in der Dekapolis. Darüber hinaus kennen wir eine signifikante jüdische Bevölkerung in Moab aus frührömischer Zeit, wie sie nun durch verschiedene Dokumente aus Höhlen am Toten Meer ans Licht gekommen ist. 19 Diese Funde ergänzen die bereits aus J osephus u. a. bekannte Bedeutung der einflußreichen hellenistisch-jüdischen Bank- und Handelsfamilie der Tobiaden in Iraq al-Amir unweit südlich von Philadelphia (Amman). Mein Doktorand Eric Lapp arbeitet gerade an einer Untersuchung über die Herstellungsorte und Handelswege römischer und byzantinischer Lampen. 20 Durch die Anwendung von Petrographie, Röntgentexperimenten und Neutronenaktivierung haben seine vorläufigen Studien bereits gezeigt, daß ein viel größerer wirtschaftlicher Austausch zwischen jüdischen Regionen und Orten und den Städten der Dekapolis bestand als früher angenommen.21 So fand man beispielsweise die vielerorts in Judäa vorhandenen keilförmigen, sogenannten »herodianischen« Lampenschnauzen auch in allen gerade erwähnten Dekapolisstädten inklusive Pella. Entsprechend sind auch andere Lampentypen des ersten Jahrhunderts von angeblich jüdischer Herkunft, wie die »Darom- Lampe« und ihre Imitate, in transjordanischen Dekapolisstädten gefunden worden. Zur Zeit läßt sich die Tragweite dieser wichtigen Arbeit noch gar nicht abschätzen. Man kann nur sagen, daß die östlichen heidnischen Städte viel offener waren für Kontakte mit jüdischen Händlern, als man sich das bisher vorstellen konnte, falls die sogenannte »herodianische« und »Damm-Lampe« tatsächlich jüdischer Herkunft sein sollten. Als logische Folgerung daraus könnte man behaupten, daß Kontakte zwischen Untergaliläa (mehr als Obergaliläa) und einigen Dekapolisstädten weit größer waren als wir früher dachten. Solche Kontakte könnten in der Tat dazu beitragen, 33 das Eindringen der Jesusbewegung in diese Region zu erklären (vgl. Mk 5,1-20), was nicht erst eine spätere markinische Perspektive widerspiegeln müßte. 22 Vielmehr ist Jesu Auftreten in solchen Regionen viel eher durch die Annahme substantieller jüdischer Gemeinden zu erklären. Auch dann wäre ich aber noch vorsichtig, um nicht zu viel aus archäologischen Überresten herauszulesen. Adan-Bayewitz stellte zurecht heraus, daß einiges an Kfar Hananiah-Keramik, die eigentlich in erster Linie von Juden hergestellt und vermarktet wurde, auch an Orten gefunden wurde, deren ethnische Zusammensetzung nichtjüdisch war, wie zum Beispiel Tel Anafa (heidnisch, Grid Ref.: 210 286), 23 Tabgha (christlich? , Grid Ref.: 201 252), Kapernaum (gemischt, Grid Ref.: 204 254) oder heidnische Städte wie Akko/ Ptolemais und Hippos/ Susita (Grid Ref.: 211 242). 24 Auch das Vorhandensein herodianischer Lampen an einigen Orten muß nicht allein schon für die Anwesenheit jüdischer Bewohner sprechen. Die Gründung der beiden städtischen Zentren Sepphoris und Tiberias 4 v. und etwa 18 n. u. Z. hatte sicherlich einen bedeutenden Einfluß auf das alltägliche Leben. Zahlreiche Dörfer, Höfe und Güter hatten nun für die N ahrungsmittelversorgung der wachsenden Stadtbevölkerung zu sorgen, und auf dem fruchtbaren Umland, das bisher unabhängigen Bauern die Selbstversorgung ermöglicht hat, wurden nun Produkte in viel größerem Maßstab zum Verkauf angebaut. Einige Erzeugnisse wurden auch in die Stadt gebracht, um daraus Wein, Olivenöl, Mehl oder anderes herzustellen. Die Städte entwickelten sich so zu Zentren der Nachfrage und des Verbrauchs, wie es etwa durch Funde von Keramik aus Kfar Hananiah deutlich wird, sowie einige Baumaterialien wie Marmor, und Steingefäße, die in Reina (Grid Ref.: 179 236) nahe Sepphoris ca. 4 km südöstlich von N azareth hergestellt wurden. In ganz Galiläa gibt es keinen Ort, der mehr als 25 km Luftlinie von einem der beiden urbanen Zentren entfernt liegt. Auch wenn einige der Kleinstädte und Dörfer in Teilen Galiläas ihre Distanz zu manchen der heidnischen Städte real und im übertragenen Sinne aufrechterhielten, scheint es viel unwahrscheinlicher, daß sie in vergleichbarer Isolation von Sepphoris und Tiberias ver- 34 harrten, die auf deren Bevölkerung zur Nahrungsmittel- und Gebrauchsgüterproduktion und als Arbeitskräfte zurückgriffen. Hinsichtlich des galiläischen Regionalismus können wir also zusammenfassen, daß Untergaliläa im Licht neuerer archäologischer Ergebnisse weniger isoliert war als Obergaliläa, und vermutlich in bescheidenem Maße weniger konservativ und (soweit es die Epigraphik nahelegt) eher der griechischen Sprache gegenüber aufgeschlossen, insofern also mehr »hellenisiert« war. Das heißt, Untergaliläa zeigt mehr Aspekte hellenistisch-römischer Urbanisierung und war weniger ländlich, wenn man die offensichtliche Bedeutung der beiden Städte Sepphoris und Tiberias betrachtet. Obwohl keine der Städte im NT erwähnt wird, hat Reeds Untersuchung zur Logienquelle Q deren breite Vertrautheit mit Elementen jüdischen Stadtlebens in Galiläa gezeigt, und sogar das Markusevangelium spiegelt das Wissen um den beträchtlichen Handel und Verkehr zwischen Stadt und Land und zwischen Galiläa und den heidnischen Städten. 25 Abgesehen davon, daß die Existenz römischer Straßen in Untergaliläa die Mobilität erleichterte, stellte allein schon die physische Gestalt Untergaliläas mit seinen drei natürlichen Ost-West-Kreuzungen einen selbstverständlichen Kontaktpunkt dar. Sepphoris Zum Abschluß möchte ich noch einige generelle Bemerkungen über die zur Zeit laufenden Grabungen in Sepphoris anfügen, an denen ich von Beginn an teilgenommen habe. 26 Generell ist der Erhaltungszustand der frührömischen Anlagen des ersten Jahrhunderts, wie allzu oft in Israel, nur sehr schlecht, da die Stadt während der etwa 426 Jahre dauernden römischen Herrschaft von Pompeius 63 v. bis zum Erdbeben von 363 n. ständig umgebaut wurde. Dabei wurden ältere Reste oft bis auf den gewachsenen Fels abgetragen. Eine weitere Neuorientierung der Stadt, zumindest auf dem Westhügel, ereignete sich noch nach 363. Nach den Angaben des Josephus wurde Sepphoris von den Römern nach dem Tod des Herodes im sogenannten »Krieg des Varus, als viele der Einwohner in die Sklaverei verkauft worden sind« ZNT 1 (1998) (Bellum 2,68; Ant. 17,289) erobert. Obwohl diese Nachricht recht unzweideutig und verläßlich erscheint, wurde bisher noch keine eindeutige Zerstörungsschicht identifiziert, die mit diesem Ereignis in Verbindung gebracht werden könnte. Josephus (Ant. 18,27) spricht weiterhin eindeutig von größeren Erneuerungs- und Wiederaufbaumaßnahmen unter Antipas (4 v. bis 39 n.). Vermutlich erhielt die Stadt zu dieser Zeit ihren Ehrennamen »Zierde ganz Galiläas«, nachdem sie zu Ehren des Augustus offiziell in Autocratoris umbenannt und neu befestigt worden war (Bell um 2, 117 f. ). Dabei bezieht sich der Begriff »Zierde« anscheinend eher auf die uneinnehmbare Befestigung der Stadt, und weniger auf ihre äußerliche Pracht. Erstaunlicherweise überliefert Josephus keine weiteren Nachrichten über die Ereignisse während der Regierung des Antipas, und wir müssen uns der Archäologie zuwenden, um diese Lücke zu schließen. Neueste Grabungsergebnisse, die aber noch systematisch ausgewertet werden müssen, legen nahe, daß die Befestigungen auf der Akropolis, die in ihrem Kern bereits auf die Wende vom 2. zum 1. Jh. v. u. Z. zurückgehen dürften, unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges gegen Rom systematisch geräumt und zugeschüttet bzw. umgebaut worden sind. Dies würde sich gut in das bekannte Bild der Stadt zur Zeit des ersten Krieges einfügen. Immerhin unterstützten die Einwohner damals Vespasian, übergaben ihm die Stadt und ließen Münzen zu seinen Ehren schlagen, die die Aufschrift »Eirenopolis« (Stadt des Friedens) trugen und Vespasian als Friedensstifter bezeichneten (Bellum 3,30-34). Josephus deutet freilich an einigen Stellen an, daß diese prorömische Position nicht ohne Schwierigkeiten durchgehalten wurde (Bellum 2,574; 2,629; 2,635-654). 27 Zwischen dem ersten und zweiten Krieg gegen Rom ließ sich die Priesterfamilie Jedaja in Sepphoris nieder. Doch Stuart Miller hat zu Recht darauf hingewiesen, daß bereits vor dem ersten Aufstand eine starke priesterliche Komponente in der Stadt anwesend war. 28 Zweifellos bestand die überwiegende Mehrheit der Bewohnerschaft vor der Herrschaft Hadrians (117-138 n.) aus Juden. Noch zu Zeiten Trajans wurden Münzen von den jüdischen Autoritäten geschlagen, die die Aufschrift »der Kaiser gab« trugen. Während der Herrschaft Trajans wurde die alte Stadtverwaltung ZNT 1 (1998) aufgelöst, eine heidnische Regierung eingesetzt und die Stadt in Diocaesarea (»Stadt des Zeus und des Kaisers«) umbenannt. Anscheinend wurde auch ein Tempel der kapitolinischen Trias errichtet, da Münzen von Antoninus Pius (138-161 n.) das Bild eines derartigen Heiligtums tragen. Überhaupt ändern sich die Münzbilder drastisch. Statt der traditionellen jüdischen Motive wie Lorbeerkranz, Palme, Krummstab, Kornähren tauchen nun heidnische Themen und Symbole auf. 29 Dieser Wandel zeigt deutlich die veränderten kulturellen Bedingungen unter den Bewohnern von Sepphoris während des 2. Jh. n. Chr. Im Gegensatz zur Politik der indirekten Kontrolle des Landes durch Klientelherrscher wie Herodes oder seinen Sohn Antipas waren die Römer nach dem ersten, vor allem aber nach dem zweiten Aufstand entschlossen, die unruhige Provinz nun unter direkte Herrschaft zu stellen. Dies versuchten sie, vor allem durch ein System expandierender Urbanisation und Kolonisierung durch die örtliche Verwaltung und das Militär durchzusetzen. Wo sich bereits starke Zellen heidnischer Bevölkerung befanden, so z.B. in Caesarea Maritima, Scythopolis, Ptolemais und Samaria/ Sebaste, wurde die militärische Präsenz verstärkt. Noch unmittelbar nach der ersten Revolte befanden sich nur etwa 10000 römische Soldaten in Judäa, bestehend aus der zehnten Legion und sechs bis zwölf Auxiliareinheiten. Die sechste Legion traf erst um 120 in Galiläa ein, und 1000 Soldaten wurden in Legio/ Kfar Otnai (Grid Ref.: 167 220) stationiert. Bis 135, nach dem Bar Kochba-Krieg, war diese Zahl auf 15 000 angestiegen. 30 Ausgehend von der archäologischen Arbeit vor Ort scheint es, daß das Theater zwischen 70 und 120 n. u. Z. erbaut wurde, aber auch wenn sich beweisen ließe, daß es bereits Antipas erbaut hätte, 31 können wir nicht unterschlagen, daß in Sepphoris kein Gymnasion existierte, daß dutzende Ritualbäder sowohl in den Häusern der Reicheren als auch in einfacheren Wohneinheiten gefunden wurden und daß die sprachlichen Daten aus Inschriften in späteren Synagogen und einigen früheren Gräbern eine Vorliebe für Aramäisch oder Hebräisch andeuten, obwohl das Material mit abnehmenden Alter dazu neigt, stärker zweisprachig (das heißt: Aramäisch oder Hebräisch und Griechisch) oder völlig Griechisch zu werden. Der Großteil der Haushaltskeramik stammte aus Kfar 35 Hananiah, doch daneben ex1st1eren auch em1ge Gefäße aus lokaler Produktion und zahlreiche fremde Importwaren von außerhalb Israels. Viel Glas scheint aus lokaler oder regionaler Herstellung zu stammen. Daher stützt die Geschichte und Archäologie von Sepphoris stark die These, daß die Stadt zur Zeit Jesu überwiegend jüdisch und hinsichtlich Sprache und religiöser Praxis traditionell orientiert war. Vermutlich auch noch durch die gesamte Antike hindurch besaß Sepphoris eine jüdische Bevölkerungsmehrheit. Die Stadt zeigte zwar ein urbanes Profil, war aber dennoch kein städtisches Zentrum von der Größe der heidnischen Städte. Sepphoris war mit anderen Orten und Dörfern Galiläas durch Handel und die Erfordernisse eines wachsenden Bevölkerungszentrums verbunden, es war in gewisser Weise aristokratisch wegen ihrer dort wohnenden Priester- und Oberschichtfamilien und der prorömischen Stellung während des Krieges. Vielleicht war Sepphoris zwar ein unangenehmer, aber nicht unvertrauter Ort für Jesus während seiner Wanderungen durch Galiläa. Jesu relative Meidung der Stadt Sepphoris könnte, sofern wir das Schweigen des NT etwas enger fassen dürfen, mit dem Wunsch in Verbindung stehen, einem Zusammenstoß mit Antipas, den lokalen Autoritäten oder einfach der Oberschicht aus dem Weg zu gehen, die wohl nicht besonders von seiner Botschaft angetan gewesen sein dürften. Das entstehende galiläische Stadtethos wird nicht umsonst mit der Geschichte vom Bankett des Antipas und der Enthauptung des Johannes bei Markus (6,17-29) in negativen Farben dargestellt. Ergebnis Ob wir ausgehen vom galiläischen Regionalismus, der Archäologie, oder ob wir uns den Evangelien oder Josephus zuwenden, es scheint mir unausweichlich anzunehmen, daß Jesu galiläischer Kontext zuerst und zuvorderst sowohl dem Inhalt als auch der Wirkung nach jüdisch war. Trotz der ersten Anfänge einer sich entwickelnden galiläischen Stadtkultur war deren Einfluß im ersten J ahrhundert noch recht bescheiden, wenn man sie mit der Urbanität heidnischer Städte wie z.B. Bet Shean vergleicht, wo eine jüdische Minorität lebte und wo offensichtlich eine heidnische Oberschicht den 36 herodianischen Klientelkönig Antipas halbwegs tolerierte. Ferner habe ich dafür plädiert, das Phänomen des Hellenismus nicht so sehr als gewaltsam eindringende Kraft zu begreifen, der daran gelegen war, einheimische Kulturen auszulöschen, sondern wir müssen vielmehr anerkennen, daß der Hellenismus in vielerlei Hinsicht einheimische, jüdische wie auch heidnische Kulturen erst in die Lage versetzte, das jeweilige Eigenprofil deutlicher und wirkungsvoller zum Ausdruck zu bringen. Insofern bedeutet das Vorhandensein von Elementen hellenistisch-römischer Kultur nicht Anbiederung, Selbstverleugnung oder traumatischen Umbruch, sondern lediglich einen Weg, lokale Kultur in neuer und oft aufregender Weise zur Geltung zu bringen. Die dramatischste Manifestation dieser Verbindung scheint sich in Galiläa freilich nicht vor dem zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung ereignet zu haben, besonders in Sepphoris, wo Patriarch Jehudas literarische Aktivitäten offensichtlich neben den bunten Szenen eines Dionysosmosaiks stattgefunden haben. Angesichts dieses galiläischen Umfelds kann ich mir keine mediterrane (sprich: hellenistische oder griechisch-römische) Tradition vorstellen, in der kynische Philosophie jüdische Gelehrsamkeit und Frömmigkeit ersetzt haben könnte. Meiner Meinung nach hat Crossan 32 das Ethos Galiläas mit dem der autonomen Städte der Region, oder vielleicht gar mit dem der Städte im Westen verwechselt. Der religiöse und ethnische Charakter dieser Städte war, trotz teils bedeutender jüdischer Minderheiten, eindeutig heidnisch, und die Umwelt war für jüdische Bewohner fremd und zuweilen gar feindlich. Antipas freilich tat wenig, seine jüdischen Untertanen herauszufordern und bemühte sich, Bilder auf seinen Münzen zu vermeiden oder gar heidnische Kultur zu propagieren. Im Grunde ertrug der galiläische Kontext zur Zeit Jesu noch, daß sowohl der beginnende Urbanismus als auch die bestimmende traditionell-galiläische Landkultur noch harmonisch nebeneinander existierten. Stadt und Land waren wirtschaftlich verknüpft, wie wir anhand der Keramik gezeigt haben, und sogar die jüdischen Ortschaften und die vier Großdörfer Obergaliläas waren mit den zwei herodianischen Städten Untergaliläas in regelmäßigem Kontakt, wie Keramik und Münzenbelege zeigen. ZNT 1 (1998) Der eindeutig jüdische Charakter der galiläischen Umwelt Jesu sollte freilich niemanden überraschen. Warum so viele Gelehrte die ländliche Umwelt Galiläas mit all ihren Ortschaften und Dörfern so dargestellt haben, als sei sie bar aller jüdischer Gelehrsamkeit und den alltäglichen Abläufen hellenistisch-römischer Lebensweise abhold, ist schwer verständlich. Ich überlasse es anderen im Fach Neues Testament, darüber intensiver nachzudenken. Aus dem Blickwinkel der Archäologie war uns schon lange das Gegenteil bekannt, gerade aufgrund angeblich »stummer Gefäße« und »schweigender Steine«. Wenn nun die gegenwärtige Generation mehr und mehr damit vertraut wird, archäologische Berichte zu lesen, wird vielleicht der einfachste Gegenstand, jedes Objekt, das zurückgelassen wird, wenn eine Kultur vergeht, mit derselben Autorität als historische Quelle ernstgenommen werden wie eines der anerkannten Worte Jesu. Betrachte ich die Ereignisse der vergangenen letzten Jahre, so scheint diese Zeit nicht mehr so fern von uns. Anmerkungen 1 Der Beitrag wurde gefördert durch The Endowment for Biblical Research. Die deutsche Überarbeitung der Fußnoten besorgte Dr. Jürgen Zangenberg. 2 Meine grundlegenden Artikel zu dieser Thematik sind: E. M. Meyers, Galilean Regionalism as a Factor in Historical Reconstruction, BASOR 221 (1976) 93-101; ders., The Cultural Setting of Galilee. The Case of Early Judaism, ANRW II 19/ 1 (1979) 686-701; ders., Galilean Regionalism. A Reappraisal, in: W. S. Green (hg.), Appraaches to Ancient Judaism V, Atlanta 1985, 115-131. 3 Die wichtigsten Forschungen auf diesem Gebiet stammen von D. Adan-Bayewitz, vgl. sein grundlegendes Werk Common Pottery in Roman Galilee. A Study of Local Trade, Ramat Gan 1993. Mein Schüler Eric C. Lapp hat diese Arbeit unter besonderer Berücksichtigung der Tonlampen im Rahmen seiner Dissertation fortgeführt, vgl. einstweilen seinen Artikel DCP Spectrametry, in: E. M. Meyers (hg.), The Oxford Encyclopedia of Archaeology in the N ear East II, Oxford und New York 1997 (im folgenden zitiert als OEANE), 117f. mit Bibliographie. 4 Vgl. M. Goodman, State and Society in Roman Galilee, A.D. 132-212, Totowa 1983, 125; S. Freyne, Galilee, Jesus and the Gospels. Literary Appraaches and Historie Investigations, Philadelphia 1988, 144. ZNT 1 (1998) 5 Hierzu vgl. allgemein F. Millar, The Roman Near East 31 BC-AD 337, Cambridge 1993. 6 Über den besonderen Einfluß der Stadt Tyras auf Obergaliläa siehe R. S. Hanson, Tyrian Influence in the Upper Galilee, Cambridge 1980 und meine Einführung in diesem Band. 7 G. Bowersock, Hellenism in Antiquity. Thomas Spencer J erame Lectures, Cambridge 1990, z.B. 7: Hellenism »was a medium not necessarily antithetical to local or indigenous traditions. On the contrary, it pravided a new and more eloquent way of giving voice to them«. Vgl. dazu meinen Aufsatz The Challenge of Hellenism for Early Judaism and Christianity, BA 55 (1992) 84-91. 8 Diese Beobachtungen basieren auf meiner früheren Arbeit in Khirbet Shema' (Grid Ref.: 191 264), Meiran (Grid Ref.: 191 265), Gush Halav (Grid Ref.: 191 270) und Nabratein (Grid Ref.: 197 267). Zu Khirbet Shema' siehe den gemeinsamen Abschlußbericht mit A. T. Kraabel, J. F. Strange, Ancient Synagogue Excavations at Khirbet Shema'. Durham 1976. Zu Meiran siehe J. F. Strange, C. L. Meyers, Excavations at Ancient Meiran, Cambridge 1981. Zu Gush Halav siehe E. M. Meyers, C. L. Meyers, Excavations at the Ancient Synagogue at Gush Halav, Winona Lake 1990. Zu Nabratein siehe E. M. Meyers, J. F. Strange, C. L. Meyers, Second Preliminary Report on the 1981 Excavations at en-Nabratein, Israel, BASOR 246 (1982) 35-54 und die dort zitierte Literatur. Zu Beobachtungen über den Galan siehe meinen Artikel mit J. F. Strange und D. E. Grah, The Meiran Excavation Praject. Archaeological Galilee and Golan, 1976, BASOR 230 (1976) 1-24. Vgl. auch die Zusammenfassung der Befunde bei S. Freyne, Galilee in the Hellenistic Thraugh Byzantine Periods, OEANE II, 370-376. Eine gänzlich andere Sicht Galiläas bietet R. A. Horsley, Galilee. History, Politics, People, Valley Forge 1995, dazu meine Kritik in An Archaeological Response to a New Testament Scholar, BASOR 297 (1995) 17-26. 9 H. W. Hoehner, Herad Antipas, Cambridge 1972, 52f. 10 J. Reed, The Population of Capernaum, Occasional Papers of the Institute for Antiquity and Christianity 24 (1992) hat die neue Literatur zu Bevölkerungsschätzungen gesammelt und kommentiert. Die Diskussion ist in seiner unveröffentlichten Dissertation Places in Early Christianity. Galilee, Archaeology, Urbanization and Q (Diss. Claremont University 1993) fortgeführt worden. Für die ganze Fragestellung sind M. Brashis Bemerkungen höchst relevant: The Population of Western Palestine in the Roman-Byzantine Period, BASOR 236 (1980) 1-10. 37 Siehe auch Broshis neuesten Beitrag Demography, OEANE II, 142-144. Ich schlage die obige Gesamtzahl in Anwendung von Broshis und Reeds Methode vor. Obwohl es Reed vermeidet, mit einer derartigen Zahl aufzuwarten, erscheint mir ein solcher Versuch für unsere Diskussion dennoch nützlich. 11 J. D. Crossan, The Historical Jesus. The Life of a Mediterranean Jewish Peasant, Garden City und Edinburgh 1992, dt. unter dem Titel Der historische Jesus, München 1994. 12 Persönliche Mitteilung. In diesem Zusammenhang vgl. Freynes Überlegungen in Urban Rural Relations in First Century Galilee. Some Suggestions from the Literary Sources, in: L. I. Levine (hg.), The Galilee in Late Antiquity, New York 1992, 75-94 (mit Literatur). 13 Vgl. dazu auch den Beitrag von G. Theißen, Das »schwankende Rohr« (Mt 11,7) und die Gründungsmünzen von Tiberias, in: ders., Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synoptischen Tradition, Freiburg/ CH u. a. 2 1992, 26-44. 14 Ich bin Professor Paul Corbey Finney dankbar für Hinweise zu dieser Perikope, vgl. dazu seinen Aufsatz: The Rabbi and the Coin Portrait (Mark 12.156, 16). Rigorism Manque, JLB 112 (1993) 629-644. 15 Tiberias wird nur in Joh 6, 1.23; 21, 1 erwähnt, freilich nicht als Wirkungsstätte Jesu, Sepphoris überhaupt nicht. 16 Die Thematik einer möglichen Berührung Jesu mit Sepphoris und Tiberias wurde jüngst in zwei Artikeln aufgegriffen, die anläßlich einer Ausstellung des North Carolina Museum of Art bei R. M. Nagy, C. L. Meyers, E. M. Meyers, Z. Weiss (hgg.), Sepphoris in Galilee. Crosscurrents of Culture, Winona Lake 1996 veröffentlicht worden sind: S. Freyne, Christianity in Sepphoris and Galilee, 67-73 und E. P. Sanders, Jesus' Relation to Sepphoris, 75-79. 17 Adan-Bayewitz, Pottery, 228-249 und Figure 11, 216f. 18 Sanders, Relation, 77 hält es für unwahrscheinlich, daß »Jesus carried out a substantive ministry in the cities of Galilee«. 19 Vgl. H. M. Cotton, J. C. Greenfield, Babatha's Patria. Mab-oza, Mab-oz 'Eglatain and Zoar, ZPE 107 (1995) 126-134. Die meisten einschlägigen Texte liegen vor bei N. Lewis, Y. Yadin, J. C. Greenfield (hgg.), The Documents from the Bar Kokhba Period in the Cave of Letters. Greek Papyri, Aramaic and Nabatean Signatures and Subscriptions, Jerusalem 1989 Qudean Desert Studies 2) (die Veröffentlichung der nabatäischen und aramäischen Dokumente steht noch aus); H. M. Cotton, A. Yardeni (hgg.), Ara- 38 maic, Hebrew and Greek Documentary Texts from Nahal Hever and Other Sites. With an Appendix Containing Alleged Qumran Texts (The Seiyal Collection II), Oxford 1997 (DJD 27). 20 Vgl. oben Anmerkung 3. 21 Siehe Decapolis (S. T. Parker), OEANE II, 127-130 und J. M. C. Bowsher, Architecture and Religion in the Decapolis. A Numismatic Survey, PEQ 119 (1987) 62-69: 62. 22 Den Kontakt bereits der Jesusbewegung mit heidnischen Regionen betonte jüngst auch D. Edwards, The Socio-Economic and Cultural Ethos of the Lower Galilee in the First Century. Implications for the NascentJesus Movement, in: Levine, Galilee, 53-73. Edwards bezieht sich dabei auf das Vorhandensein von Kfar Hananiah Keramik in heidnischen Städten und Ortschaften, kommt aber hinsichtlich des Kontaktes Jesu mit Sepphoris und Tiberias zu einem anderen Ergebnis als ich (ebd., 73). 23 Vgl. die nun beginnende Endpublikation der Grabungen durch S. C. Herbert (hgg.), Tel Anafa. Final Report on Ten Years of Excavation at a Hellenistic and Roman Settlement in Northern Israel, Ann Arbor 1994ff. Qournal of Roman Archaeology, Supplementary Series). Zur Bedeutung der Grabungen für das NT vgl. die Rezension von J. Zangenberg, im Druck für ZDPV 113 (1997). 24 Zur Verteilung der Kfar Hananiah-Ware vgl. Adan- Bayewitz, Pottery, 202-210. 25 Reed, Places, 4. Vgl. dazu G. Z. Pucci, Pottery and Trade in the Roman Period, in: P. Garnsey, K. Hopkins, C. R. Whittaker (hgg.), Trade in the Ancient Economy, Berkeley 1983, 105-117. 26 Die aktuellste Zusammenfassung der Besiedlungsgeschichte und Kultur von Sepphoris findet sich in Nagy, Sepphoris und Sepphoris (C. L. Meyers, E. M. Meyers), OEANE IV, 527-536. Über die sukzessiven Ergebnisse der bis 1997 andauernden Grabungen informieren z.B. die Notesand News in den aktuellen Ausgaben von IEJ. Die abschließende Publikation der Grabungen des Sepphoris Regional Project auf dem Westhügel der Stadt ist derzeit in Vorbereitung. 27 S. Miller, Hellenistic and Roman Sepphoris. The Historical Evidence, in: Nagy, Sepphoris, 21-27. 28 S. Miller, Studies in the History and Traditions Sepphoris, Leiden 1984 (SJLA 37) 63-102. 29 Y. Meshorer, Coins of Sepphoris, in: Nagy, Sepphoris, 195-200: 195-198. 30 Vgl. M. Mor, The Roman Army in Eretz-Israel in the Years 70-132, in: P. Freeman, D. Kennedy (hgg.), The Defence of the Roman and Byzantine East. Proceedings of a Colloquium Held at the University of ZNT 1 (1998) Sheffield in April 1986, Oxford 1985 (British Archaeology Reports International Series 297), 575-602 und Z. Safrai, The Roman Army in Galilee, in Levine, Galilee, 103-114: 103. 31 Davon geht m. E. zu Unrecht aus R. Batey, Jesus and the Theatre, NTS 30 (1984) 563-574 mit weitreichenden Rückschlüssen auf den Charakter der Verkündigung J esu. 32 Vgl. oben Anmerkung 11. TANZ - Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter Herausgegeben vonKlaus Berger, Franfois Vouga, Michael WolterundDieterZeller Stefan Alkier / Ralph Brucker (Hrsg.) Exegese und Methodendiskussion TANZ 23, 1998, 320 S., DM 96,-/ ÖS 701,-/ SFr 86,- ISBN 3-7720-1874-2 "Exegese und Methodendiskussion" bietet einen handbuchartigen Überblick über neue exegetische Ansätze. Die 14 Beiträge deutscher, österreichischer, schweizer und USamerikanischer Exegetlnnen teilen das interdisziplinäre Interesse, Exegese im Wissenschaftsdiskurs der Gegenwart zu betreiben. Semiotik, Rhetorik, Literaturwissenschaften, Geschichtswissenschaften, Konstruktivismus, Dekonstruktion, Feministische Theorie, Archäologie und Filmwissenschaft werden als Dialogpartner in Anspruch genommen und ihre Relevanz für die neutestamentliche Exegese aufgezeigt. Die Beiträge führen aber nicht nur in die Theorie des jeweiligen Ansatzes ein, sondern stellen die jeweilige Arbeitsweise an der Auslegung neutestamentlicher Texte und exegetischer Probleme vor. Zur eigenständigen Weiterarbeit anregende Kurzbibliographien runden die Beiträge ab. Bibelstellen-, Autoren- und Sachregister tragen dazu bei, daß "Exegese und Methodendiskussion" zu einem unverzichtbaren Werkzeug zeitgenössischer Exegese wird. Heinz-Martin Döpp Die Deutung der Zerstörung Jerusalems und des Zweiten Tempels im Jahre 70 in den ersten drei Jahrhunderten n.Chr. TANZ 24, 1998, XVI, 363 S., DM 96,-/ ÖS 701,-/ SFr 86,- ISBN 3-7720-1875-0 Im Jahr 70 n.Chr. wird der Tempel in Jerusalem durch die Römer zerstört. Eine Katastrophe für die jüdische Welt, weil ihr religiöses Zentrum in Schutt und Asche liegt. Was hat das zu bedeuten? Einbemerkenswertes Ereignis auch in den Augen (juden-) christlicher Autoren. Sie erleben, daß die Mehrheit der jüdischen Welt ihrer Botschaft von Jesus als dem Messias nicht folgt. Dirk Frickenschmidt Evangelium als Biographie Die vier Evangelien im Rahmen antiker Erzählkunst TANZ 22, 1997, XV, 549 S., DM 158,-/ ÖS 1153,-/ SFr 142,- ISBN 3-7720-1873-4 Die vier Evangelien nicht als grob gewebter Flickenteppich urchristlicher Glaubens- Überlieferungen gelesen, sondern als antike Biographien, die den Anspruch erheben, ein prägnantes und umfassendes Gesamtbild Jesu weiterzugeben. A. Francke Verlag Tübingen und Basel· Postfach 2560 · D-72015 Tübingen ZNT l (1998) 39