eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 1/2

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
121
1998
12 Dronsch Strecker Vogel

Die Texte von Qumran - Zum gegenwärtigen Stand ihrer Erforschung

121
1998
Uwe Gleßmer
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Uwe Gleßmer Die Texte von Oumran - Zum gegenwärtigen Stand ihrer Erforschung 1. Vorbemerkungen Über die Qumrantexte zu schreiben, ist schon aberwitzig. Denn einerseits ist in diesem Bereich die Abfolge von Publikationen so extrem hoch, daß weniger vom Stand als vielmehr von der Bewegung in ihrer Erforschung zu berichten ist1. Zum anderen werden wohl Erwartungshaltungen geweckt wie: Nun wird endlich einmal erklärt, was wirklich dran ist an diesem Material. Durch die spektakulären Berichterstattungen richten sich die Vorerwartungen auch auf Fragen wie: Liegt Verdächtiges in der Weise in der Luft, wie es der Spiegel im ersten Heft dieses Jahres formuliert hat: » Im Lichte der Qumran-Texte erweist sich manche Lehrmeinung als überholt, manches Bibel-Wort wirkt wie ein Plagiat« ? 2 1.1 Warum ist Wissen über Qumran wichtig für ein Bibelverständnis? samtperspektive, obwohl es sich im Medium der Thematik anböte, gegenwärtige Probleme der ,Kulturbegegnung, analog zu reflektieren. b) Ein Ziel der biblischen Fächer angesichts gegenwärtiger Vielfalt muß es m. E. sein, Erklärungsmodelle anzubieten: Wie ist es dazu gekommen, daß die späteren Religionen in einem z. T. feindlichen bis mörderischen Nebeneinander existieren, obwohl sie textlich z. T. auf gemeinsame Grundlagen zurückgreifen? Differenziert und kritisch die eigene Tradition in komplexen Zusammenhängen betrachten zu können, setzt u. a. Wissen voraus, wie die Trennungsgeschichte von Juden und Christen bedingt ist. Und da liegt vieles im Argen. Das Stichwort »christlicher Antijudaismus« deutet eine Hauptschwierigkeit an, die mit der Kritik an Fehlentwicklungen verbunden ist. Dafür gilt es, die eigene Tradition und auch Bibel als etwas historisch Gewachsenes zu begreifen. Auf solche Fragen ist einzugehen, obwohl es Sensationshascherei ist, die sie hauptsächlich stimu- 2. liert. Diese Methode funktioniert jedoch, und das macht nachdenklich. Die Aufnahmebereitschaft Die Oumran-Bibliothek: eine Dokumentation von jüdischer Vielfalt liegt an Komponenten, die nicht nur Modeerscheinungen bilden, sondern durch Defizite theologischer Ausbildung mit zu verantworten sind: a) durch Abgrenzung der Bibel-Disziplinen, b) durch deren Zielsetzungen. a) Wer Theologie studiert, muß im Examen Wissen vorweisen über die biblischen Fächer, die traditionell als AT und NT abgekürzt werden. Genauso plakativ, wie sich diese Namen halten, bleibt z.T. das Denken über den Zusammenhang beider. ,Das AT< wird in der Regel höchstens bis in die Zeit der examensrelevanten Namen > Esra und N ehemia< im 5. oder 4. Jh. vuZ bedacht. Dann kommt ein großer Sprung, und es geht mit ,dem NT< weiter. Wie sich jedoch in den Jahrhunderten dazwischen religiöse und politische Umbruchsituationen vollzogen haben, bleibt am Rande der Ge- 2 Hier liegt die große Bedeutung der Qumran- Bibliothek. Denn die Reste von über 800 Handschriften zeigen, wie bereits im Judentum des 2./ 1. Jh. vuZ eine immense Bandbreite der um Bibel und ihre Auslegung gesammelten Materialien existiert. Ja, es wird hier geradezu Bibel im Wachstumsstadium greifbar, wie sie unter Bedingungen dieser Zeit in Gruppen und ihren Konflikten genutzt wird. Da die Vielfalt der ganzen Bibliothek hier nicht annähernd erschöpfend dargestellt werden kann, möchte ich diese wenigstens am Bibel-Bezug akzentuieren. Daran lassen sich zugleich beispielhaft Entwicklungslinien darstellen. ZNT 2 (1998) 2.1 Die Vielfalt biblischer Textüberlieferungen Die abenteuerlichen Fundgeschichten der Texte sind vielfach ausgebreitet worden. Wichtig sei hier der Befund, daß in elf Handschriftenhöhlen, die zwischen 1946/ 7 und 1956 nahe der Ruine Qumran beim Toten Meer entdeckt wurden, jedes vierte Manuskript eine Bibelhandschrift darstellt. - Am längsten und mit der größten Aufmerksamkeit beachtet worden ist unter den Bibelhandschriften die große Jesaja-Rolle aus Höhle 1. lQJesa: Die Benennungen von Qumrantexten, wie 1QJesa für diese Rolle, beinhaltet den Verweis auf die Höhle, dann das Q für Qumran, danach eine Inhaltsbeschreibung wie hier Jes(aja), die ggf. von einem hochgestellten Buchstaben gefolgt wird, der Mehrfachkopien unterscheidet. Aus Höhle 1 etwa sind noch Fragmente einer zweiten Rolle 1QJes 6 erhalten, aus Höhle 4 dagegen 18 Kopien: 4QJ esa bis 4QJes' sowie aus Höhle 5 eine weitere: SQJes; zusammen 21 Kopien. - Vor allem nicht-biblische Handschriften, die nicht durch einen bekannten Text näherbestimmt sind, werden oft nur mit fortlaufender Zählung innerhalb einer Höhle benannt, etwa SQJes = SQ3. 3 Die Rolle 1QJ esa ist aufgrund ihrer Aufbewahrung in einem Tonkrug nahezu vollständig erhalten und illustriert plastisch, was bereits inJer 32,14 vorausgesetzt wird: » Nimm diese Urkunden ... und tu sie in ein Tongefäß, damit sie auf lange erhalten bleiben«. Die 734 cm lange Jesaja-Rolle wurde nach Analyse des Ledermaterials ebenso wie gemäß der paläographischen Datierung anhand des Schrifttyps in der zweiten Hälfte des 2. Jh. vuZ abgeschrieben, hat also in dem Tonkrug über zwei Jahrtausende überdauert. Sie stellt so einen Text dar, der um 1000 Jahre älter ist, als es die späteren Abschriften sind, die den gedruckten Hebräischen Bibeln zugrundeliegen. Diesen Befund kann man auf verschiedene Weise betrachten. Der Text ist über Jahrhunderte hinweg treu überliefert worden. In diesem Sinne ist die enorme Kontinuität herausgestellt worden 4 • Sieht man es so, ist verständlich, warum das Standardwerk von E. Würtwein »Der Text des Alten Testaments« nur geringen Gebrauch von qumranischen Textzeugen macht. Sie unterstreichen nur Annahmen über Alter und Qualität der Überlieferung, fügen aber wenig neue Einsichten hinzu. Seit 1997 ist auch in deutsch ein Werk heranzuziehen, ZNT 2 (1998) das neue Standards setzt: »Der Text der Hebräischen Bibel« von E. Tov. Es läßt neben dem durch lQJesa geprägten harmonisierenden Blick auch spannungsvollere Befunde zum Tragen kommen. Danach ist nicht nur die Kontinuitätsperspektive wichtig, sondern zusätzlich eine Vielzahl von kleineren und größeren Differenzen. Eine Quelle der kleinen Abweichungen bildet der hebräische Text selbst. Er ist in seinen Konsonanten ohne zusätzliche Vokalzeichen z.T. mehrdeutig. Diese Situation ist mithilfe der Fassungen aus Qumran an vielen Stellen gut vor Augen zu führen. Abb.: Ausschnitt aus lQJesa Ein Beispiel bietet Jes 40,6. Nach den christlichen Übersetzungen berichtet hier ein prophetisches Ich von seiner Berufung: »Ich fragte: Was soll ich verkünden? « Dieses entspricht einer Deutung der hebräischen Konsonanten, wie sie in der griechischen Übersetzung (= Septuaginta; im folgenden: LXX) gegeben und in lQJesa durch Hilfskonsonanten zum Ausdruck gebracht wird (im Kästchen A). Dagegen hat der später zum Standard gewordene rnasoretische Text (=MT) eine andere grammatische Deutung vorgenommen (3. Person Singular), die von Buber / Rosenzweig übersetzt ist: »Es spricht zurück: Was soll ich rufen? « - Durch Hinzufügung von Vokalzeichen will der MT eine Bedeutung der Konsonanten ein für allemal festlegen. Mit besonderen Kontrollmechanismen der Überlieferung (Masora) sind Handschriften dieser Art überprüft, die vom Ende des 1. Jt. uZ vorliegen. Zusätzlich sind sie so ausgestaltet worden, daß durch Zeichen, die die Vortragsweise festlegen, das Wort Gottes immer gleich erklingen soll. Das erscheint den Tradenten dieser Phase besonders wichtig, zumal die meisten Hörer das Hebräische nicht mehr direkt verstehen. - Daß durch solche Entscheidungen andere Deutungen verworfen werden, liegt in der Natur des Bestrebens, Eindeutigkeit und einen Identität stiftenden Text herzustellen. Ein solcher Anfang eines Textes ist nicht verfügbar, sondern stellt eine Bemühung von Menschen dar, keinerlei andere 3 Uwe Gleßmer Uwe Gleßmer, Jahrgang 1951, seit 1982 Pastor der Nordelbischen Kirche. 1988 Promotion; 1996 Habilitation. Privatdozent in Hamburg; 1996 bis 1998 Lehrstuhlvertretung »Altes Testament« in Frankfurt. Mitarbeiter im internationalen Herausgeberteam der offiziellen Edition der Qumran-Schriften (DJD). Texte mehr für den Gebrauch zuzulassen und abweichende zu beseitigen. Diese Bemühung setzt Jahrhunderte früher wohl bald nach der Zerstörung des Herodianischen Tempels ein. 5 Das Problem mit »biblischen Urtexten« wird an weiteren Qumrantexten noch viel deutlicher. Es zeigt sich insbesondere, daß größere Unterschiede für eine erhebliche Zahl von biblischen Büchern soweit gehen, daß von unterschiedlichen hebräischen Textausgaben zu sprechen ist. Damit tritt ein Sachverhalt ins Bewußtsein, der zum Beispiel am ]eremia-Buch ganz deutlich ist. Es gibt von Jer nicht nur eine Fassung, sondern bereits altkirchlichen Schriftstellern war bekannt, daß die griechische Fassung beträchtlich kürzer ist als die hebräische. - Ebenso wie bei antiken Bewertungen dieses Sachverhalts gehen jedoch auch moderne Meinungen auseinander. Bei Zählungen, wieviel kürzer die LXX ist, liegen die Angaben zwischen 1/ 6 bis 1/ 8. Dabei wird die statistische Basis jeweils danach gewählt, ob stärker Abweichung oder deren sachliche Geringfügkeit herausgestellt werden soll. Auch daran wird deutlich, daß es interessenfreie Argumentation kaum gibt. Mein Interesse an diesem Beispiel liegt darin herauszustellen, daß es mehrere Optionen bei der Festlegung der Auswahl des Kanons gab: für die Hebräische Bibel ist die Wahl anders ausgefallen, 4 als in griechischen Bibelhandschriften. Für Christen sind zumindest zweigleisig Texte zu berücksichtigen: einerseits aufgrund der Bibeltradition, die das Mittelalter über die westliche Kirche dominiert hat, andererseits die hebräische Auswahl, die erst seit Humanismus und Reformationszeit wieder besondere Wertschätzung erfahren hat. Um die sich wandelnden Bibelverständnisse im Spannungsfeld von zeitbedingtem, lutherischem Kriterium hebraea veritas und einer supra-naturalen Vorstellung von H eiliger Schrift anzusprechen, bietet sich Jer besonders an. Denn durch Qumran ist bezeugt, daß die kürzere Fassung nicht das Produkt erst der griechischen Übersetzer ist. Zwei der sechs Handschriften ( 4QJ er 6·d) enthalten dieselbe charakteristische Kürze wie LXX. Sie führen vor Augen, daß bereits zwei hebräische Ausgaben existiert und auch bei der Auswahl für den MT Menschen einer Version den Vorzug gegeben haben. Was an Jer sichtbar wird, ist kein Einzelfall. Vielmehr zeigen zahlreiche andere Textfassungen ähnliche Phänomene, für die E. Ulrich die Bezeichnung Pluriformity gewählt hat 6 • Sie prägt das Erscheinungsbild mit und nötigt dazu, sie in existierende Bilder von der Überlieferung des Bibeltextes zu integrieren. Ulrich möchte auf dem Hintergrund amerikanischer Frömmigkeitstraditionen vor allem dafür werben, die Lebendigkeit des Überlieferungsprozesses als etwas Positives zu begreifen. Akzente können jedoch auch anders gesetzt werden, wie etwa bei H. Stegemann: » Bislang wurden einzelne Werke der hebräischen Bibel nämlich einige Prophetenbücher und insbesondere der Psalter gelegentlich noch als erst im 2. oder gar 1. Jh. v.Chr. fertiggestellt betrachtet. Jetzt gibt es erstmals Handschriften mit dem gleichen Text wie in der Biblia Hebraica, die eindeutig älter sind als solch späte Daten« 7• Die Kritik, daß z. T. ohne Rücksicht auf die Textbezeugung aus Qumran noch vielfältig Rekonstruktionen und Spätdatierungsvorschläge vorgenommen werden, trifft sicher Richtiges 8 • Um realistische Einschätzungen zu gewinnen, helfen jedoch generalisierende Datierungen wenig. Sicher sind am MT in der Spätzeit noch Eingriffe vorgenommen worden, wie besonders an Alters- und Zeitangaben in den Mosebüchern deutlich wird, die auf Bearbeitung bis weit in das 2. Jh. vuZ ver- ZNT 2 (1998) weisen 9. Ähnliches zeigt auch das Beispiel von J es 19,18f: Hier wird von fünf Städten im Lande Ägypten sowie der Errichtung eines Altares berichtet. Die eine benannte Stadt wird im MT mit einer Art Schandnamen versehen: »Stadt der Vernichtung«. Die griechische Übersetzung setzt hier »Stadt der Gerechtigkeit« (ähnlichJes 1,26) voraus. Daß es sich in MT um eine absichtliche Entstellung für die »Sonnenstadt« (im ägyptischen Gau Heliopolis) handelt, legt 1QJ esa nahe, denn dort wird nicht das Wort heres wie MT gelesen, sondern es ist die ältere Textfassung cheres »(Stadt der) Sonnenglut« überliefert. - An dieser Stelle ist nicht eine einfache Textverderbnis Anlaß für die Differenz im MT, sondern es handelt sich wohl um einen Reflex der Verdrängung des Jerusalemer Hochpriesters Onias IV. im 2. Jh. vuZ 10 . Dieser hat Jes 19,18 als Weissagung für seinen Exilsort und die Errichtung eines Tempels nach Jerusalemer Vorbild verstand·en, was ihm jedoch die Textänderung im MT streitig macht. Dieses Beispiel weist schon auf die Konfliktsituationen um den Jerusalemer Tempel im 2. Jh. vuZ hin, die der Qumran-Bibliothek zeitlich und sachlich vorausliegen. Auch hier gibt es diverse Deutungsmöglichkeiten, um die es unten gehen soll. Zuvor ist jedoch auf den zweiten, oben genannten Textbereich der Psalmen einzugehen. Denn auch hier ist es so, daß z.T. unter extrem geringfügiger Rücksichtnahme auf Qumran-Quellen etwa »Die Komposition des Psalters« zu rekonstruieren versucht wurde. Auch Stegemanns Angabe, es gäbe aus dem 2. Jh. vuZ bereits Fassungen wie MT, verleitet zum Ignorieren des Qumran-Befunds. 1997 hat P. Flint die Ergebnisse so dargestellt, daß zwar im Bereich der Psalmen 1-89 ein hoher Grad an Übereinstimmung festzustellen ist, daß dagegen im Bereich der Psalmen 90ff. die Mehrzahl der Texte keine Anordnung bieten, wie sie im MT vorliegt. Insgesamt ergibt sich, daß es verschiedene Bearbeitungsstufen des Psalters gibt, die sich in zwei Richtungen (Ila-Qumran) und (IIb-MT) auseinanderentwickelt haben 11 . - Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, daß etwa von Donner gute Argumente für eine Spätdatierung von Ps 110 beigebracht worden sind 12. Wenn es richtig sein sollte, daß dieser Text erst zur Legitimation des Hochpriestertums »nach der Weise Melchisedeks« in die Sammlung aufgenommen wurde, so wäre nicht zufällig, daß dieser Psalm in keiner der 36 Handschriften aus Qumran bezeugt ZNT 2 (1998) ist 13 • Sondern es ergäbe sich wie oben beiJes 19,18: die Fassung des MT enthielte in der Ausgabe IIb eine Stellungnahme zugunsten derer, die die Kontrolle am Tempel ab der Hasmonäerzeit übernommen haben. Es wird in diesen Elementen erkennbar, wie Bibeltexte und ihre spätesten Ausgestaltungen historisch bedingt sind. Sie dienen dazu, »Meinung zu machen«, - oder wie man bei Erzähltexten sagen würde, im Interesse einer späteren Erzählzeit die frühere erzählte Zeit aufzubereiten. - Genau diesen Effekt könnte die Differenz der alt-hebräischen Handschrift (4QpalaeoExodm = 4Q22) bezeugen, die hier als letztes Beispiel dienen soll. Die Fassung von 4Q22 hat ihre nächste Parallele im hebräischen Text der Samaritaner. Dort ist ebenfalls der Abschnitt über den Räucheraltar (Ex 30, 1-10 MT) zwischen Ex 26,35.36 gegeben, was vielfach als ursprünglich angesehen wird. Diese Variante erscheint als geringfügig, denn sie betrifft nur die Position, während der Wortlaut nicht markant abweicht. Allerdings gewinnt bei genauerem Hinsehen die Positionierung des Abschnittes im MT Bedeutung, wenn dort der jährliche Sühnritus in Ex 30,10 direkt vor die Erhebung des Lösegelds (Ex 30,llff) plaziert wird. Damit ergibt sich für das folgende ein Kon-text, der im Sinne einer jährlichen Tempelabgabe verwendet werden kann. Die ältere Abgabenregelung war jedoch die, daß nur beim Eintritt in die Gemeinde des Jerusalemer Tempels, bei der Musterung der 20-Jährigen, ein Geldbetrag zu entrichten war. Aus rabbinischen Quellen liegt die Annahme nahe, daß dieser Brauch in hasmonäischer Zeit in eine reguläre jährliche Kopfsteuer umgewandelt worden ist 14 . Eine solche Abgabenänderung scheint auch 4QOrdinancesa (= 4Q159) zu bezeugen. Dort wird diese Regelung zur Zahlung eines Halb-Schekels zitiert und im Blick auf einen einmaligen Vorgang erklärt. Konflikte werden zwar nicht genannt; für die ältere Regelung erscheint jedoch Erklärungsbedarf. Die hier vorgestellte.n Beispiele von kleineren und größeren Abweichungen der Bibeltexte machen deutlich, daß sie in Wechselbeziehung zu historischen Kontexten gewachsen sind. Das muß nicht in dem Sinne verstanden werden, daß sie zu etwas ganz anderem gemacht wurden, als was sie zuvor darstellten. Vielmehr liegt mir daran zu verdeutlichen, wie ähnlich den Jahrhunderten davor - Vielfalt allmählich entsteht. Vor Konfliktsituationen unterliegen solche Unterschiede auch keinem Vereinheitlichungsdruck. Das aus 4Q159 ange- 5 führte Beispiel der Abgaben könnte jedoch erste Tendenzen von Auseinandersetzungen andeuten, die in zahlreichen Bibel-auslegenden Texten aus dem 1. Jh. vuZ dann ausdrücklich vorausgesetzt werden. 2.2 Die Träger der Überlieferungen und die Deutung der Ruine Qumran Sind bisher hauptsächlich die biblischen Texte im engeren Sinn herangezogen, so sollen im folgenden weitere Inhalte zur Sprache kommen. Bei der Ausweitung der Perspektive ist es jedoch notwendig, den ideologischen und geographischen Standort derjenigen zu beschreiben, die als Träger für diese Texte verantwortlich sind. Und hier fängt sofort der moderne Meinungsstreit an, so daß man sich leicht im Kreis bewegt. Wenn etwa die in mehreren Texten auftauchende Bezeichnung einer Gestalt als »Lehrer der Gerechtigkeit« zum Schlüssel gemacht wird, um auf eine bestimmte historische Persönlichkeit zurückzuschließen, entstehen Denkgebäude, die einen Deutungshintergrund an die Texte herantragen. Einen solchen Weg haben 1991 M. Baighent / R. Leigh mit ihrem Bestseller »Verschlußsache Jesus« beschritten, den sie auf die Thesen von R. Eisenman aufgebaut haben, daß der Herrenbruder Jakobus, der Gerechte, hier ins Spiel zu bringen sei. Allerdings ist diese Hypothese, die eine Datierung vieler Handschriften in das 1. Jh. uZ voraussetzt, inzwischen durch weitere C-14-Tests als unhaltbar widerlegt. Nicht von der Seriosität, jedoch vom Ansatz her vergleichbar sind auch Annahmen, die den » Lehrer der Gerechtigkeit« mit einer Persönlichkeit des 2. Jh. vuZ identifizieren. Dabei handelt es sich um die in der (deutschen) Literatur verbreitete Vorstellung, es handele sich um eine Bezeichnung für den bis 152 vuZ amtierenden Hochpriester, der damals durch den Makkabäer Jonathan aus seinem Amt verdrängt wurde. Bei dieser Hypothese ergibt sich kein Widerspruch aus der Datierung der Texte, die eine Konfliktsituation zum »Frevelpriester« artikulieren; jedoch sind diese erst ab den 70er Jahren des l. Jh. vuZ formuliert worden. Zudem scheint die Besiedelung in Qumran erst um die Wende vom 2. zum 1. Jh. vuZ intensiv erfolgt zu sein. So müßte für die seit der Verdrängung aus dem Tempelamt vorangehende Konfliktepoche er- 6 klärt werden, wie und wo die Gefolgschaft samt Lehrer existiert hätte. Antike Berichte über Essener 1 Jh. uZ Ausgrabungen in »Qumran« 1952ff l 947ff Textfunde in den Höhlen von »Qumran« Hier bieten Garcia Martinez und van der Woude mit der sog. Groningen-Hypothese einen Ausweg, der mehr Freiraum für Entwicklungslinien läßt. Sie schlagen vor, die Bezeichnung von Lehrer und Frevelpriester nicht auf nur eine Konfrontation zu beziehen. Die Tradenten der Texte hätten sie vielmehr wechselnd auf mehrere historische Situationen angewandt. Die Argumentation mit dem Exilsort zeigt auf jeden Fall, daß in die Gesamttheorie auch Vorstellungen über die Ruinen von Qumran einbezogen sind, die im näheren Umfeld zu den 11 Höhlen liegen. - Diese Siedlung erst jetzt in die Darstellung einzuführen, ist insofern angemessen, als auch ihre Ausgrabung erst ab 1952 (bis 1958) unternommen wurde, nachdem viele große Texte bereits publiziert waren. In der Folgezeit sind dann zusammen mit dem archäologischen Befund der Siedlung zahlreiche Elemente aus gefundenen Texten und aus antiken Nachrichten zu einem komplexen Argumentationsgeflecht verdichtet worden. Danach hätte eine mönchsartige Gemeinschaft, die von den antiken Autoren (mit dem nicht-eindeutig erklärbaren Namen) Essener oder Essäer genannt wird 15 , an diesem Ort gelebt und die in den Höhlen gefundenen Texte produziert. Eine solche Gesamtschau der Essener-These findet sich nicht nur in Touristen-Prospekten. »Die Qumran-Essener« hat J. Maier 1995-96 weiterhin die deutsche Textausgabe »Die Texte vom Toten Meer« betitelt. Die Identifikation mit den Essenern ist in den ZNT 2 (1998) letzten Jahren zunehmend und aus verschiedenen Richtungen in Frage gestellt worden. Mir scheint zwar, daß diese These noch immer Nützliches zur Erklärung leistet, doch sind auch zahlreiche kritische Punkte nicht von der Hand zu weisen. Vor allem wird zu recht kritisiert, daß die oben genannten drei Bereiche: antike Nachrichten, Textfunde und archäologischer Befund viel zu selbstverständlich miteinander identifiziert werden. Dabei werden Unsicherheiten in Maximaldeutungen leicht »übermalt« und nicht etwa markiert. 1996 hat F. Rohrhirsch das Schlußkapitel seiner methodologischen Arbeit treffend überschrieben: » Vieles wird >gewußt<, weniges begründet« 16 • Diesen Vorgang zeigt etwa der Ausstellungkatalog zur 50- J ahrfeier der Auffindung der Qumrantexte 1997. Dort wird bis in die Ortswahl hinein erklärt, daß gerade dieser Platz in der Wüste als Bezugspunkt zu verstehen sei, auf den sich das aus Jes 40,3 abgeleitete Rückzugsideal beziehe 17 • - In der ältesten Kopie der Gemeinderegel findet sich jedoch bereits eine Zitation von Jes 40,3 18 • Wenn die Datierung dieser Fassung durch J. T. Milik in die Mitte des 2. Jh. vuZ richtig sein sollte 19 , so läge sie zeitlich vor der entscheidenden Besiedelungsphase Qumrans. Dann sind diese Prophetenworte kaum allein auf diesen Ort beziehbar. Aus den antiken Berichten geht zudem kein einheitliches Bild hervor, zumal auch J osephus ausdrücklich von zwei Arten von Essenern berichtet: die einen leben ehelos, andere heiraten. Vor allem aber sind bei Philo und Josephus die Essener so vorgestellt, daß sie in einer Vielzahl von kleineren Gemeinschaften leben und nicht konzentriert an einem Ort. Nur in dem einen Kurzbericht, den Plinius der Ältere gibt, ist überhaupt von einer Örtlichkeit am Toten Meer die Rede. Dabei bleibt jedoch fraglich, wie die Details in der Zuordnung zur Stadt Engedi genau aufzulösen sind 20 • Vor allem mahnt zur Vorsicht, daß die jüngeren Berichterstattungen aus dem 1. Jh. uZ stammen und damit aus einem beträchtlichen zeitlichen Abstand zu den meisten Dokumenten geschrieben sind, deren Abfassung weitgehend bis in die Mitte des 1.Jh. vuZ abgeschlossen gewesen zu sein scheint. - Josephus nennt besonders drei Richtungen im Judentum und benutzt dafür das griechische Wort hairesis, was aufgrund der späteren Konflikte mit Häresien vielfach auch rückschauend zur unsachgemäßen Benennung »Sekte« für ZNT 2 (1998) die Jahrhunderte früheren Essener geführt hat. J osephus beabsichtigt jedoch einen Vergleich der prägenden Kräfte mit Philosophenschulen und nennt als unterschiedliche Konzepte die der Essener, Sadduzäer und Pharisäer. Doch müssen diese Benennungen keineswegs mit den mehr als 100 Jahre zuvor existierenden Gruppen ganz gleichbedeutend gewesen sein. Wichtig ist zudem, daß die antiken Berichte alle eine Außenperspektive darstellen. J osephus etwa rechnet sich selbst der Mehrheitsgruppe der Pharisäer zu. Stegemann hat bei einer detaillierten Verteidigung der Essener-These darauf hingewiesen, daß die Zahl von 4000 Mitgliedern der Essener erstaunlich hoch ist-verglichen mit 6000 Pharisäern. Auch von daher scheidet Qumran als ,der< Wohnort der Essener aus. Es muß sich vielmehr um eine breite Bewegung handeln, die durch ihre Organisationsform und Gemeinschaftsvorstellung charakterisiert ist, die gegenüber einer anderen Tempel-Theologie eigenes Profil zeigt. Insofern stimmen Angaben aus J osephus und aus Qumrantexten miteinander überein. Es wird in der Gemeinderegel ( = 1QS; publiziert 1951) nicht nur die Struktur einer Gruppe beschrieben, sondern auch deren inhaltliche Zielsetzung und Funktion in Analogie zum Tempel dargestellt nämlich: »für das Land zu sühnen ... und darzubringen einen angenehmen Opfergeruch, und ein Haus/ Tempel der Vollkommenheit und Wahrheit in Israel, um den Bund nach den ewigen Gesetzen aufzurichten. Und sie sollen wohlgefällig sein, zu sühnen für das Land ... « (lQS 8,6-11). Wenn etwas variierend Organisationsformen in verschiedenen Qumrantexten beschrieben werden, so ist trotzdem gemeinsam, daß Menschen in Gruppen von mindestens 10 Mitgliedern zusammenkommen. Die lokalen Zusammenkünfte lassen damit auch an pharisäische Genossenschaften und Synagogen-Vereine denken 21 . Die Frage, welche Bedeutung die Siedlung von Qumran gehabt hat, bleibt bei dieser Aufnahme der Essener-These noch unbefriedigend gelöst. Deshalb hat es durchaus Sinn, weiter darüber nachzudenken, welche Funktion sich aus dem archäologischen Befund ergibt. Dabei sind u. a. folgende Elemente zu erklären: 1. eine auffällig gut ausgebaute Wasserversorgung; 2. ein Raum mit besonderen Einrichtungsgegenständen (Tische oder 7 Bänke); 3. Tintenfässser; 4. ein Raum, mit einer großen Anzahl (> 700) gleichartiger Keramikschalen; 5. geschützt beerdigte Tierknochen; 6. Werkstätten (u. a. zum Töpfern); 7. Friedhofskomplexe mit über 1100 Gräbern, in denen außer wenigen Frauen - Männer bestattet sind. Auffälig ist dabei neben der Nord-Südrichtung der Bestattung die Altersstruktur: es handelt sich hauptsächlich um im Alter von 30-40 Jahren Verstorbene 22 • Als Deutung der Befunde werden z.Z. verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen auch solche, die keinerlei Verbindungen zu den Textfunden in den Höhlen sehen. 23 Während diese Positionen sich deutlich von der Essenerthese absetzen wollen, versuchen die nächsten beiden eine Deutung in Fortführung der vor allem auf den Ausgräber de Vaux zurückgehenden Interpretation der Siedlung 24 : - J.-B. Humbert hat vorgeschlagen, den Ort als Kultzentrum zu deuten, an dem Essener nach einer Separierung vom Tempel Opfer dargebracht und sich versammelt haben. - Von H. Stegemann wird die Ruine verstanden als »aufwendige Schriftrollenmanufaktur ... dafür gedacht, die zahlreichen essenischen Ortsgemeinden im ganzen Land mit den für Studium, religiöse Praxis und fromme Erbauung erforderlichen Handschriften zu versorgen« 25 • Die letztere These hat nicht nur den Vorteil, daß sie für den räumlichen Zusammenhang zwischen der Siedlung und den Handschriftenhöhlen eine Lösung anbietet, sie ist auch bemüht, die Menge der Mehrfachabschriften nachvollziehbar zu machen (etwa die 36 Psalmen- und 21 ]es-Handschriften). Allerdings bleibt eine entscheidende Frage künftig noch zu klären: Ist die vermutete Methode des Gerbens mit den Salzen des Toten Meeres tatsächlich so praktiziert worden? Auch wenn einzelne Elemente eine Deutung außerhalb der Lederproduktion finden sollten, bleibt doch als stärkstes Indiz für Schriftenherstellung am Ort der bisher analogielose Fund von vier (vielleicht sechs) Tintenfässern. Offenbleiben kann, ob eine neue Tonscherbe, die 1996 gefunden wurde und möglicherweise einen Bezug auf »die Einung« erkennen läßt, die ihm zugeschriebene Last als definitiver Beweis für die Zusammengehörigkeit von Texten und Ruine tragen kann 26 • Trotz dieser Einschränkung bleibt 8 die Verbindung zwischen Rollen und Ruine sowie die Identifikation der Trägerorganisationen mit den Essenern bei Philo und Josephus als wahrscheinlich vorauszusetzten. Festzuhalten bleibt, daß die jüngere Diskussion über die Sicht als einem mönchischen Studienzentrum hinausgeführt hat: Stegemann hat u.a. auf die wirtschaftliche Basis dieser Einrichtung und ihre Investitionskosten verwiesen. Das ist nicht unvereinbar mit der Lage an Handelswegen. Qumran mag durch die Besonderheiten der Region wie die Vorkommen von Salz, Asphalt/ Teer und Balsam-Produktion durchaus wirtschaftliche Bedeutsamkeit gehabt haben. Möglicherweise hängen damit Teile des >industriellen Komplexes< in der Siedlung zusammen. Aber auch zu Deutungen der Texte als Bibliothek des Tempels muß keineswegs eine unüberbrückbare Spannung gesehen werden. Neben der ganz markanten >Bibel-Orientierung< ist jedoch zu klären, welche Textelemente nicht in ein tempel-nahes Bild passen. 2.3 Teile älterer Tempelüberlieferung in Qumrantexten Eine Klassifizierung als >Bibel-Orientierung< ist so allgemein, daß sie auf den ersten Blick wenig zu helfen scheint. Gemeint sind damit Texte, die in verschiedenen Graden Bibeltext direkt oder indirekt verwenden. Die Unterscheidung ist zwar nicht immer eindeutig durchzuführen, doch sind Unterkategorien gut erkennbar-etwa Auszüge aus Bibeltexten, wie sie in Gebetsriemen (Tefillin) und Türpfosten (Mezuzot) sowie in Lektionen von Einzelabschnitten benutzt werden. Eine Anzahl von Handschriften sind Paraphrasen, die Bekanntes zusammenstellen und mit neuen Elementen kombinieren. Auf diese Weise wird z.B. in einer Rolle (4QRP = Reworked Pentateuch) als Einheit erstmalig all das greifbar, was aus einem >Fünfer-Gefäß< (penta-teuchos) zusammenwuchs und (später) als Fünferbuch im Sinne von ,die Tora< angesehen wurde. Außerdem finden sich einige griechische und aramäische Übersetzungen undbibel-ähnliche Erzählungen, die sich um biblische Gestalten ranken. Mit dieser Gruppe von Texten verwandt ist diejenige, die als Apokryphen und Pseudepigraphen bezeichnet werden 27 • Vor einer späteren Festlegung von Kanongrenzen ist die Zugehörigkeit zum biblischen Überlieferungsbereich jedoch unproblematisiert zu denken. ZNT 2 (1998) Im NT wird etwa im Judasbrief V. 14 die Weissagung der endzeitlichen Erscheinung Gottes und seines himmlischen Hofstaats als Prophetie Henochs zitiert (lHen 1,Sf.). Dieses Buch war über Jahrhunderte nur noch von der äthiopischen Kirche in ihrem AT überliefert worden, doch zeigt Qumran, daß der aramäische Text auf alte jüdische Überlieferung zurückgeht. Dieses ist ähnlich bei weiteren Texten dieser Gruppe der Fall, die z.T. nur in der LXX überliefert und aufgrund des hebraea veritas seinerzeit ausgeschieden wurden (etwa Tobit, Sirach, Ps 151). In eine Textkategorie mit deutlichem Bibel-Bezug sind auch Kommentare / Auslegungen aufzunehmen, auch wenn diese z.T. mit Deutungen versehen sind, die bereits mit dem Problem der Abgrenzung vom Tempel zusammenhängen. Deutlich ist auf jeden Fall, daß sie die Probleme im Medium der Bibel zu verarbeiten suchen. Eine solche Kategorienbildung will wenigstens mengenmäßig die Bibel-Orientierung vor Augen führen: Die Hälfte der Gesamtbibliothek besteht aus entsprechendem Material, bei dem ein Bibel- Bezug klar zu erkennen ist! - Eine zweite Kategorie gruppiert Texte, die einen >weniger deutlichen (bzw. indirekten) Bibel-Bezug, aufweisen. Diese weiteren Handschriften machen nochmals etwa 1/ 4 des Bestandes aus, so daß 3/ 4 aller Dokumente durch einen engeren oder weiteren Bibel-Bezug charakterisiert sind. Welche Untergruppen gehören zur zweiten Kategorie? Diskussions bedürftig bleiben die fünf gewählten Rubriken, obwohl sie versuchen, möglichst formal-ausweisbare Einteilungen vorzunehmen. Dieses ist bei liturgischen Texten noch relativ leicht (wobei Parallelen zu synagogalem Gut in den letzten Jahren zunehmend herausgearbeitet worden sind 28 ). Ähnlich sind kalendarische Ordnungen als Listen formal deutlich auszumachen (und auch hier bestehen zu synagogalen Inschriften der Priesterordnungen Verbindungen 29 ). Schwieriger wird es schon in all den Texten, die eine Orientierung erkennen lassen, die unscharf als >endzeitlich, benannt werden kann. Sie beinhalten damit eine Komponente, die in Wechselbeziehung zum Selbstverständnis der Träger zu stehen scheint. Denn diese verstehen ihre eigene Zeit als »die letzten Tage« oder zumindest als deren absehbaren Anfang und Orientierungsrahmen. Eschatologische Weisheitstexte ist eine Sammelüberschrift für Material, das z. T. gar nicht fern von den Apo- ZNT 2 (1998) Oumran die fundierte Einführung James.C. VanderKam Einführung in die Qumranforschung [ljffl Vandenhoeck BIii &Ruprecht James C. VanderKam Einführung in die Qumranforschung Geschichte und Bedeutung der Schriften vom Toten Meer. Übersetzt von Markus Müller. UTB 1998. 1998. 232 Seiten mit 4 Abbildungen, kart. DM 39,80 / öS 291,- / SFr 37,- ISBN 3-8252-1998-4 Die Schriftrollen vom Toten Meer sind auch gut 50 Jahre nach ihrer Entdeckung geheimnisumwittert. Ob zu Recht oder Unrecht darüber kann man sich mit dem Buch von James C. VanderKam ein eigenes Urteil bilden. Diese verständlich geschriebene und fundierte Einführung stellt beispielhafte Texte vor, ordnet sie in die Geschichte der frühjüdischen Literatur und Theologie ein und demonstriert so ihre tatsächliche Bedeutung für das Verständnis des Alten und Neuen Testaments. Die Schriftrollen öffnen ein Fenster zu der lebendigen und stets um ihre Identität ringende Vielfalt des Judentums vom 2. Jh. v. Chr. bis zur Zeitenwende. Sie erlauben einen Blick in die Überlieferungs- und Textgeschichte des Alten Testaments und geben Einblick in die geistige und religiöse jüdische Welt der damaligen Zeit. Weitere Informationen: Vandenhoeck 8 Ruprecht, Theologie, 37070 Göttingen V&R Vandenhoeck &Ruprecht 9 kryphen und Pseudepigraphen bzw. liturgischen Texten steht. Ein endzeitlicher Tenor findet sich auch in den Ordnungen / Regeln, wenn dort Einung mit den »himmlischen Gotteskindern« vorweggenommen und entsprechende Vorkehrungen für Heiligung und Reinheit getroffen werden. Schließlich stellt eine fünfte Gruppe vor ein Benennungsproblem, weil sie sowohl Ordnungen als auch eschatologische Perspektiven mehr in einem grundsätzlich wirkenden Rahmen zu regeln versucht. Die Texte sind deshalb als (Eschatologische) Lehr(? / )-Grundlagen-Texte zusammengefaßt. Als ein dritter Komplex sind schließlich Texte zu nennen, die >keinen deutlichen Bibel-Bezug< enthalten. Darunter fallen sowohl einige astronomisch-astrologische Texte und das berühmte Schatzverzeichnis der Kupferrolle sowie weitere dokumentarische Texte. Sie machen jedoch zusammen nur etwa 20 Handschriften aus. (Ca. 200 Handschriften bleiben unerfaßt, weil sie aus nicht identifizierbarem Text bestehen). 3. Besonderheiten der Überlieferungen in Qumrantexten Das Interesse der oben gegebenen Kategorien richtet sich darauf, nicht zu schnell eine Trennung durchzuführen, die das Bibliotheksmaterial einfach der ,Sekte von Qumran< zuschriebe und von >dem< normativen Judentum abtrennt. Für die überwältigende Menge von Handschriften läßt sich eine Trennung (zumal mangels Vergleichsmaterial für das 2./ 1. Jh. vuZ) nicht begründen. - Es sind jedoch vor allem in den Kommentaren/ Auslegungen, (eschatologischen) Lehr(? / )-Grundlagen-Texten sowie in Ordnungen/ Regeln Elemente erkennbar, die das besondere Profil der Träger zum Ausdruck bringen, wie es ähnlich in den jüngeren antiken Beschreibungen über die Eigenart von Essenern berichtet wird. Dabei handelt es sich jedoch nur um ca. 80 der Handschriften, also ungefähr um 1/ 10 der Bibliothek. Diese Vergleichsebene ist wegen der Zählung von Handschriften in Mehrfachkopien problematisch. Von Interesse wären Zahlen für verschiedene literarische Werke. Doch auch diese Ebene muß äußerst umstritten bleiben. » Höchstens etwa 40 Werke aus den Qumran-Funden sind von den Essenern selbst verfaßt worden« 30 , gibt z.B. H. 10 Stegemann an. In dem Projekt von D. Dimant, in Texte zu scheiden, die »Community-Terminology« (CT), und diejenigen, die nicht solchen Sprachgebrauch (NCT) enthalten, kommt es zu anderen Zahlen. Sie gelangt zu einem Verhältnis von ungefähr 115 mit CT gegenüber 70 NCT-Werken, wobei die biblischen Texte im engeren Sinne nicht mitgezählt werden 31 . Über zahlreiche Zuweisungen ist zu diskutieren. Wieweit sind Gebete und kalendarische Texte als Besonderheiten einer Gemeinschaft formal und inhaltlich erkennbar? Was könnte über die antiken Berichte hinaus als essenisches Kennzeichen gelten? Einen Ansatzpunkt zu finden, der nicht im Zirkel argumentiert, scheint kaum möglich zu sein. Eine Unschärfe beim Zählen von Handschriften-Mengen ist deshalb z. Z. einer Übergenauigkeit vorzuziehen - und ist von einem weiteren Aspekt her zu erklären. 3.1 Das Wachstum von Ordnungen und Regeln in Qumrantexten Texte, die in Frage kommen, um sie für die organisatorischen Besonderheiten der Träger auszuwerten, sind inzwischen auch in Parallelversionen zugänglich. Allerdings ist dadurch nicht nur die Bezeugung besser geworden, sondern z. T. nötigen diese neuen Texte auch dazu, ein komplexeres Bild zu entwerfen, wie sich Ideale und Organisationsformen sowie entsprechende Texte entwickelt haben. Charakteristisch bleibt zwar die Abkehr von Lebensformen, die nicht als dem Bund Gottes entsprechend gewertet werden. Statt dessen wird ein Weg der besonderen, freiwilligen Unterwerfung unter eine gemeinschaftliche Disziplin und deren Art der Frömmigkeitsübungen und Hierarchie beschritten32. Nicht mehr so deutlich erkennbar sind jedoch Elemente, mit denen moderne Autorinnen argumentiert haben: die priesterliche Orientierung und der Hintergrund einer Opposition gegen einen zur Macht gekommenen nicht-zadokidischen Hochpriester 33 . Aus den jetzt verfügbaren literarisch älteren Fassungen der Gemeinderegel zeigt sich im Vergleich zu der jüngeren Version in lQS 5,2.9 eine deutliche Differenz. Erst im späteren Stadium werden besondere Leitungsfunktionen Priesternzugeschrieben, die als »Söhne Zadoks« und als hervorgehobene »Bewahrer des Bundes« benannt sind. Erkennbar sind dabei jedoch wie auch in keinem ZNT 2 (1998) anderen Qumrantext keinerlei Ansprüche durch herkunftsmäßige Rechte, wie sie für den Trennungskonflikt z.T. vorausgesetzt wurden. Vielmehr handelt es sich eher um einen interpretierenden Rückgriff auf Ez 44,15, wie er auch an anderer Stelle in Qumranschriften bezeugt ist. Er wird für diejenigen zu einer Symboltitulatur gewählt, die den Dienst treu versehen, »als die Söhne Israels von mir abirrten« 34 . Ebenso verfestigt sich erst in einem längeren Prozeß der Sprachgebrauch vom Vorgang des Sich-Einens zur Benennung als Einung. Deren Mitglieder werden in der jüngeren Fassung in Aufnahme von Jes 56,4.6 als »Festhaltende am Bund« den zuvorgenannten Bewahrern zugeordnet. Gemeinsame Funktion bleibt es, sich von den »Männern des Unrechts« zu unterscheiden. Interessanterweise ist in der ältesten Fassung 4QSe (=4Q259) noch nicht (wie im durch einen Hilfskonsonanten erweiterten Text 1QS 9,14) von »Söhnen (des! ) Zadok«, sondern von »Söhnen der Gerechtigkeit« in einem symbolischen Sinn die Rede 35 . Für sie gilt es, einerseits den »Rat der Tora zu verbergen inmitten der Männer des Unrechts«, aber andererseits »zurechtzuweisen mit Wissen, Wahrheit und gerechtem Urteil«. Bereits in den älteren Fassungen geht es ausdrücklich um eine deutlich erkennbare Übergangszeit, für die sich die Mitglieder zusammengeschlossen haben (4QSd 2 iii 3ff. / / 1Q 9,19ff.): » ... daß jeder vollkommen umgehe mit (4) seinem Nächsten in allem, was ihnen offenbar ist. - Das ist die Zeit der Wegbereitung zur Wüste! - Und um sie zu lehren all das, was sich ergibt zum Praktizieren [leer! ] in dieser (5) Zeit, und um sich abzusondern von jedermann, der nicht seinen Wandel von jeglichem Unrecht ferngehalten hat. [leer]« 36 • Mit einem solchen Ausblick schließen die »Bestimmungen für den Weg des Maskil (Unterweiser)«. Diese Personengruppe übernimmt Gemeinschaftsverantwortung für das Lehren bzw. Verständigmachen. Von den Ps 1 artikulierten zwei Möglichkeiten, im Rat der Gerechten oder Frevler zu sitzen, unterscheidet sich 1QS in zwei Nuancen. Es geht um die Zeitperspektive für das Ende der Wüstenzeit und um aktives Bemühen um Belehrung. Beide Elemente sind jedoch nicht Erfindungen der Gemeinderegel. Vorgeprägt ist der Typos der Wü- ZNT 2 (1998) stenzeit als befristete Bewährungszeit ebenso wie das aus Jes 40,3 übernommene Bild der Wegbereitung. In den späteren Teilen des Jesajabuches (57,14; 62,10) sowie in Mal 3,1.16.23 hat es eme weitere endzeitliche Auslegung erfahren: »Siehe, ich sende meinen Boten, daß er mir den Weg bereite, und plötzlich kommt dann in seinen Tempel der Herr, nach dem ihr euch sehnt und der Engel seines Bundes ... (16) Also redeten die Gottesfürchtigen untereinander ... Und ein Gedenkbuch wurde von ihm geschrieben für jene, die den Herrn fürchten ... (23) Siehe, ich sende euch den Propheten Elija, ehe mein Tag kommt ... «. In denjenigen Texten, die die essenischen Organisationsformen beschreiben, spielt das Aufschreiben der Eintrittwilligen eine ganz wichtige Rolle. Ebenso ist die Gewißheit ausgedrückt, daß es Sinn hat, sich zusammenzuschließen, um an den Prinzipien des Bundes festzuhalten und andere auf dem Weg zu unterweisen. - Und auch in diesem Bestreben folgt man dem Vorbild, das in Dan 11,32ff. von der Bedrängnis durch den fremden Frevelkönig Antiochus IV. handelt: »Jene, die geneigt sind, am Bunde zu freveln, bringt er durch Schmeicheleien zum Abfall, doch die Schar derer, die ihren Gott erkennen, wird stark und handelt. Die Einsichtigen (Maskilim) des Volkes bringen viele zur Besinnung ... Aber auch von den Einsichtigen kommen einige zu Fall; indessen sollen sie so geläutert, gesichtet und gereinigt werden ... « Stärker als die Bedrängnis ist in jedem Fall die Hoffnung, denn sie kann sich ähnlich wie in Mal auf die Hilfe der himmlischen Mächte stützen, wie es in dem berühmten Auferstehungstext Dan 12, 1- 3 für die Endzeit angesagt ist: »In jener Zeit erhebt sich Michael, ... der einsteht für die Söhne seines Volkes; es ist eine Zeit der Bedrängnis ... ; zu jener Zeit wird dein Volk gerettet, alle, die sich im Buche verzeichnet finden. Viele von denen, die in der Erde schlafen, werden aufwachen ... Da werden die Einsichtigen (Maskzlim) leuchten, ... und die, welche viele zur Gerechtigkeit geführt, wie die Sterne in alle Ewigkeit.« Eine solche Praxis der Belehrung bildet anscheinend auch den Hintergrund von 1QS (aus der Zeit um 100 vuZ). Dabei lassen die älteren Fassungen noch deutlicher erkennen, daß es sich um Ordnungen handelt, die einem einsichtig-machenden 11 Maskil als Handlungsanleitung dienen. Wieweit diese Funktion als exklusive Laien-, Leviten- oder Priesteraufgabe zu sehen ist, darüber gehen die Meinungen auseinander 37 • Die Differenzen spiegeln den Befund, daß es in den Texten im Blick auf Gemeindefunktionen von verschiedenen Aufsehern ebenfalls Unterschiede gibt. Im Damaskus Dokument (=CD) etwa wird, nachdem zuvor in 12,21 allgemein von der Maskil-Funktion die Rede war, folgende lokale Situation in 13,2f. für denkbar gehalten: »Und an einem Ort von zehn soll nicht fehlen ein priesterlicher Mann, beschlagen im Buch HHGW/ J, nach seiner Weisung richten sie sich alle. [leer] Und ist er nicht erfahren in all diesen Dingen und einer von den Leviten ist erfahren in ihnen, dann ergehe die (Los-)Entscheidung für Ein- und Ausgang auf sein Geheiß hinsichtlich aller Mitglieder des Lagers.«38 Die Funktion für die Gemeinschaft wird als das Wichtigere und erst nachgeordnet die Herkunft angesehen. Nur dann ist die jährliche Auf- und Abstiegsmöglichkeit innerhalb der Gemeindehierarchie sinnvoll, die an Verständnisfähigkeit und Verhalten zur Tora orientiert ist. 3.2 Die Abgrenzung vom Tempel und die hasmonäischen Priesterkönige Lokale Ortsgemeinden sind parallel zum Zweiten Tempel bereits in den Chronikbüchern vorausgesetzt. Dort wirken zur Belehrung in der Tora Priester und Leviten in Städten (2Chr 17,7ff.), dezentral werden Richter und Schreiber eingesetzt (19,5.11). Speziell Leviten werden hoch gewertet und als Anleiter und Aufseher geschildert (2Chr 34,13). Nach 2Chr 30,22 lobt König Hiskija diese als M askilim. Das Bild, das Chr vermittelt, will diese untere Schicht von Funktionären des Tempelstaates auf der lokalen Ebene als wichtiges Bindeglied herausstellen: für die Ausprägung gemeinsamer Tora-Beobachtung, Abgaben, hymnische Einstimmung auf und Feier gemeinsamer Wallfahrtsfeste am Heiligtum. Ihre loyale Stellung zum König - und umgekehrt wird nicht nur im Interesse rückschauender Verherrlichung herausgestellt. Die Endfassung von Chr in der Mitte des 2.Jh. vuZ scheint vielmehr neuer Konzeptbildung verpflichtet. 12 Mit dem Ende der Fremdherrschaft und dem Beginn einer Unabhängigkeit des judäischen Tempelstaates unter Leitung der Hochpriester scheinen sich endzeitliche Erwartungen verbunden zu haben. Möglicherweise hat diese Entwicklung zumindest vorübergehend die verschiedenen Gruppen aus der Zeit des makkabäischen Aufstands geeint. 142 vuZ wird schließlich Simon »für immer als Fürst und Hoherpriester« von einer Volksversammlung einhellig gewählt. - So zumindest sieht es lMakk 14. Der Zielpunkt dieser Schrift liegt jedoch in einer Tendenzdarstellung, die auf den Nachfolger Johannes Hyrkan I. (134-104) hinausläuft, der später von J osephus sogar als mit drei Ämtern begnadet gerühmt wird: als Prophet, König und Hochpriester 39 . Die Umbruchsituation der damit einsetzenden Entwicklung kann nicht stark genug herausgestellt werden. Aus diesem Anfang ergibt sich die Dynastie von Hochpriestern (von Josephus als Hasmonäer benannt), die an das Ideal staatlicher Selbständigkeit der David-Salomo-Zeit anknüpfen. Sie verstehen sich zunehmend als Herrscher und Feldherren, um das Territorium entsprechend auszudehnen. Die Annahme des Königtitels (spätestens für Aristobul I. 104/ 103 vuZ durch Münzen dokumentiert) entspricht der Logik dieser Sicht. Damit existiert nach ca. 500 Jahren wieder ein selbständiges Königtum in Jerusalem - und zugleich ein Streitpunkt, ob die Ämter des Hochpriesters und Königs in einer Person vereinigt sein sollten. Dieser Konflikt weitet sich vor allem unter Alexander Jannäus (103-76 vuZ) zu einem Bürgerkrieg aus. Auch unter den Qumrantexten finden sich Texte, die mit dem hasmonäischen Aufstieg in Zusammenhang stehen könnten. Ein einzelner Text wird sogar als »Lobrede auf König Jonathan« (4Q448) gedeutet, also auf den oben mit gräzisiertem Namen angeführten Jannäus 40 . Diese Sicht ist jedoch keinesfalls sicher. In 4QTestimonia dagegen ist das Nebeneinander von prophetischem, priesterlichem und herrscherlichem Amt Inhalt. Hier scheint der Akzent auf Trennung der Ämter zu liegen und damit auf inhaltlicher Opposition gegen Ansprüche der Hasmonäer. Besonders schwierig bleibt ein weiteres Dokument einzuordnen, das eine Aufstellung von Verhaltensweisen als allein Tora-gerecht herausstellt (4QMMT): eine Wir-Gruppe hat ein Schreiben an eine Ihr-Gruppe und an eine herausgehobene Per- ZNT 2 (1998) son adressiert, die mit »Du und Dein Volk Israel« angeredet wird. Bei letzterer muß es sich um eine autoritative Funktion handeln. - In der Deutung dieses Textes herrscht Einigkeit darüber, daß nur einer der Hasmonäerfürsten Adressat sein kann. Doch sowohl hinsichtlich der Wir- und Ihr-Gruppen als auch für die Frage, welcher der Hasmonäer als Empfänger zu denken ist, gehen die Vorschläge bisher weit auseinander von Jonathan (ab 152 vuZ) bis zu Jannäus (103-76). Bei den Gruppen- Konstellationen stehen die drei bekannten Größen zur Diskussion: Pharisäer, Sadduzäer und Essener41. Zeitlich an die spätere Hasmonäer-Zeit zu denken, in der die Hochpriester bereits Könige sind, legt sich vor allem deshalb nahe, weil auf die Vorbilder der Könige verwiesen wird. Ihr Ergehen wird in einer Weise vor Augen gestellt, die nur einleuchtet, wenn der Angesprochene sich in dieser Linie sieht. Vor allem ist es der Vergleich mit David, der als Voraussetzung hat, daß der Adressat diesem Ideal entsprechen könnte. Trotz dieser positiven Möglichkeit handelt es sich jedoch um eine Alternative, die dem Gegenüber in der Zitatenkombination von Dtn 30, 1-6 und Dtn 4,30 nur eine Wahl läßt: endzeitlicher Segen oder Fluch. Die sechs Abschriften aus herodianischer Zeit zeigen, daß lange ein großes Interesse daran bestanden hat. Dabei ist möglicherweise für Tradenten nicht mehr entscheidend, wer den Brief abgesandt hat und wer genau der Empfänger war. Aus der Rückschau bleibt das Faktum wichtig: der Angesprochene hat trotz ausdrücklicher Vermahnung keine Umkehr vollzogen. Damit bietet sich eine Lösung für die Spannung, in der sich Tradenten befinden, die sich vom Hochpriester, seiner Amtsführung und damit in wesentlichen Teilen vom Tempel getrennt haben, und die zugleich an Schriftgehorsam als Norm festhalten. Für den Fluch über Nicht-Umkehrwillige, der beim Bundesritual (lQS 2) entsprechend Dtn 29,18f. gesprochen wird, bietet 4QMMT eine aus der Schrift begründete Rechtfertigung im Blick auf die Tempelrepräsentanten. J osephus berichtet, nach Simon hätten die hasmonäischen Herrscher in Koalitionen mit Pharisäern und Sadduzäern mehrfach die Frontengewechselt. Über deren Machtpolitik sei es schließlich zu einer Bürgerkriegssituation unter Jannäus mit Tausenden von Toten sowie brutalen Massen- ZNT 2 (1998) hinrichtungen gekommen. Dieser tiefe Einschnitt zeigt, daß es in nach-makkabäischer Zeit keineswegs eine problemlose Anknüpfung an das Ideal der David-Salomo-Zeit gegeben hat, bei der der eine Tempel in Jerusalem die Identität des Volkes garantiert hätte. So will es zwar hasmonäische Tempelpropaganda, wenn sie mit 2Makk in der ägyptischen Diaspora für das neue Chanukka-Fest wirbt. Die Konkurrenz des Onias-Heiligtums in Ägypten (vgl. obenJes 19,18) zeigt jedoch die anhaltende Konfliktsituation, die auch im Lande bis ins 1.Jh. vuZ weiterwirkt und sich noch extrem verschärft hat 42 . 3.3 Endzeiterwartungen und kalendarische Konflikte Durch die grob skizzierten Auseinandersetzungen werden endzeitliche Erwartungen weiter konturiert. Zahlreiche Texte zeigen den Weg an, der für die Trägergruppen von Qumran prägend gewesen sein muß. Sie knüpfen an ältere Bilder an, wie eine solche Zeit der Bedrängnis durch Schriftforschung und Unterweisung der Bundes-Treuen zu überstehen ist. Wie die Maskzlim in Dan so bilden Unterweiser den Kern der eigenständigen Versammlungen, in denen zum Ausharren anhand der Schrift angeleitet wird. Ihren Ausgangspunkt hat die neue Bewegung zwar in einer zeitweisen Überbrückung der Naherwartung und von einer >inneren Emigration< aus genommen. Sie wandelt sich im Laufe der Zeit jedoch unter Relektüre biblischer Tempelkritik und Prophetentexte. Die organisatorische Abtrennung bildet die Entsprechung zu einer Theologie, die einen »Tempel aus Menschen« als Brücke zwischen Gegenwart und Zukunft sieht 43 . Biblische Texte bilden in dieser Zeit Instrumente der Auseinandersetzung. Sie können entweder so akzentuiert werden, daß sie real erfahrbare positive Erfüllung von Verheißung hervorheben (so lMakk 14,4.8 der Rückgriff auf Mi 4,4) oder aber deren noch ausstehendes Potential. Die Bibliotheksmaterialien sind mehrheitlich dem letzteren Weg verpflichtet4 4, wie etwa die Seligpreisungen in 4Q525 45 . Ähnlich knüpfen die Texte wie 4Q521, die endzeitliche Veränderung der Verhältnisse artikulieren, an solche Bilder an, die mit Ps 146,7f. den jetzt Schwachen Hoffnung zusprechen. Von einer mehr assoziativen Weise endzeitlichmessianischer Zitatenkombination in den themati- 13 sehen Pesher-Auslegungen aus der Spätphase des 2.Jh. scheint der Weg zu einer Gattung der fortlaufenden Pesher-Auslegungen im 1. Jh. vuZ geführt zu haben. Prophetentexte (und Psalmen) werden systematisch auf die Endzeit bezogen, in deren Rahmen die Ausleger sich und ihre Konflikte mit den Herrschenden zu begreifen suchen. Gerade diese Texte sind es, die den unüberbrückbaren Gegensatz zu Frevelpriester und anderen Gestalten im Machtpoker verschlüsselt benennen. Der archäologische Befund, daß die Hauptbesiedelungsphase Qumrans um 100 vuZ anhebt, fällt zeitlich mit diesem deutlicheren Gegensatz zu Tempelrepräsentanten zusammen. Wie stellt sich aber der Riß der Bürgerkriegszeit für lokale Gemeinden dar, die durch Schreiber, Richter und Amtleute mit dem Tempel verbunden waren? Deren Vorprägung anhand der Schrifttradition stellt notwendig vor die Alternative, eigene Wege der Ausbildung zu gehen, um einer ideologischen Vereinnahmung zu entgehen. - Versucht man die Siedlung Qumran auf diesem Hintergrund als tempel-unabhängigen Ausbildungsort für Gemeindefunktionäre zu verstehen, so ergeben sich m. E. die besten Erklärungsmöglichkeiten für alle Befunde. Die große Menge an älterer Tempelüberlieferung wie auch der bereits zuvor praktizierte innere Zusammenschluß bildet die Voraussetzung. Durch zeitweilige Ausbildungsaufenthalte mit wechselnden Besetzungen aus unterschiedlichen lokalen Traditionen werden die Vielfalt von Texten und Schreiberhänden verständlich. Vor allem wäre auch die Altersstruktur der Verstorbenen mit ihrem Schwerpunkt von 30-40jährigen Männern gut zu erklären ebenso wie die ausgeprägten rituellen Tauchbäder, die zur Einübung in konkreten Umgang mit Heiligem wie Schriften und Zehntabgaben hinzugehören. Neben allem Sich-Neu-Organisieren der Essener, kommt vor allem Anknüpfung an Tempelüberlieferungen des 2. Jh. vuZ zum Ausdruck. Wie oben dargestellt bietet besonders Dan bereits Anknüpfungspunkte, wie ein in Schriften und Weisheit ausgebildeter junger Mann zu einem unterwiesenen Unterweiser wird (vgl. Dan 9,22 haskil): er lernt, wie die Bedrängniszeit aus J er 25, 11 als Dauer von 7x70 Jahren zu verstehen ist. Deren Zielpunkt wäre etwa um die Wende vom 2. zum 1.Jh. vuZ zu erwarten gewesen. Darauf werden auch spätere Maskzlim nach Dan hingewiesen ha- 14 ben, denn in zahlreichen Texten wird dieses Muster der 490 Jahre angewendet 46 . Z. T. tritt neben diese Angaben die Umrechnung in Jobelperioden bzw. in Sabbatjahre, die die Anknüpfung an Texte über die Fluchzeit und Sabbatruhe wie Lev 26,33-35.43 erlaubt. Je differenzierter die Versuche werden, Einsicht in die Zeitläufe mittels der Schrift zu gewinnen, desto mehr stellt sich die Frage, welche Gesamtperspektive von Weltzeit und Gottesherrschaft sowie welche zeitlich-kalendarische Basis zugrunde gelegt wird. Und gerade in dieser Frage sind offenbar die Wege zwischen Hasmonäern und ihren Opponenten auseinandergegangen. Nach einer unklaren nach-exilischen Entwicklung, wie Monate und Feste genauer mit astronomischen Sachverhalten in Verbindung zu sehen sind, und vor allem nach einem Eingriff in den Festkalender (Dan 7,25) am Anfang des Jh., hat Regelungsbedarf bestanden. - Die in 1Makk 14,27.43 erwähnte Zählung der Jahre Simons hat nicht nur Implikationen für den bürgerlichen Kalender, sondern legt auch nahe, daß Feste und Abgaben entsprechend terminiert wurden. Die Kalenderlisten aus Qumran, die Feste konkreten Terminen in einer Jahresstruktur mit 364 Tagen zuordnen, lassen erkennen, daß hier ein System vorausgesetzt wird, das auf dem wöchentlichen Wechsel der 24 Priesterordnungen aus 1 Chr 24 basiert 47 . Diese Ordnungen sind zwar nicht allein auf Qumran beschränkt, sondern werden auch in zahlreichen synagogalen Inschriften vorausgesetzt. Insofern steht zu vermuten, daß es sich um eine gemeinsame Wurzel des Zweiten Tempels handelt. Doch der Vergleich mit dem später normativen rabbinischen Festtagszyklus zeigt vor allem eine entscheidende Differenz. Dort sind die Festtage auf Mondmonate bezogen, die nicht zur Siebenerstruktur kompatibel sind. - Es muß also auch hier eine Auseinanderentwicklung stattgefunden haben; und dafür kommt am ehesten die hasmonäische Epoche in Frage. Äußerst umstritten bleibt z.Z., wie die Entwicklung verlaufen sein könnte. Sind die Essener in dieser Sache als Neuerer zugunsten eines nichtpraktikablen Ideals oder als Wahrer einer älteren Tradition einzuschätzen? Mir scheint das letztere der Fall zu sein, wobei mit regional abweichenden Traditionen im neuen hasmonäischen Herrschaftsbereich zu rechnen ist. Ein Beispiel bietet das auf ZNT 2 (1998) mesopotamisch-astronomisches Denken verweisende ,Meßgerät, aus Qumran 48 • Für jüdische Gesprächspartnerlnnen sehen die Voraussetzungen jedoch z.T. ganz anders aus, wobei es beiden Seiten an definitiven Belegen fehlt. Auf jeden Fall ist die Konsequenz einleuchtend, die S. Talmon herausgestellt hat: bei konkurrierenden Festzeiten kann es religiöse Gemeinschaft auf Dauer nicht geben 49 . Daß es trotzdem verschiedene Orientierungen etwa des Pesach-Festes auch noch im 1. Jh. uZ gegeben hat, ist einerseits auf der jüdischen Seite erkennbar. Erst Hillel I. findet eine Lösung für das Problem der Pesach-Schlachtung am Sabbat. Andererseits zeigt der spätere Osterstreit unter Christen, daß über Jahrhunderte verschiedene Termine möglich waren. Erklärbar werden diese Situationen (und das Schweigen biblischer Texte über genauere Datierungsgrundlagen), wenn eine Konkurrenz verschiedener Kalender in dieser Phase um die Zeitenwende berücksichtigt wird. 50 Ähnlich ist das Wochenfest wie in Qumran von einem Teil der Christen als wichtiges Grunddatum weitergedeutet worden, während im rabbinischen Judentum dieses Fest wohl aus Abgrenzungsgründen eher klein geschrieben wurde, wenn ihm im Unterschied zu Pesach und Laubhütten kein eigener Mischna-Traktat gewidmet ist. Auch wenn diese Beispiele nur andeuten können, wie Traditionslinien und Gruppen sich getrennt haben, so ist doch immerhin durch die ZNT 2 (1998) Qumrantexte deutlich, daß sich jüdische Vielfalt im politischen und religiösen Kontext entwickelt hat. Ähnliches wie für den Kalender wird erkennbar an der Vielfalt biblischer Texte und ihrer endzeitlichen Auslegung auf die eigene Gegenwart sowie am Bestreben, tempel-unabhängige Gemeinschaftsformen zu finden. Damit werden durch Quellen Aspekte erhellt, die den Hintergrund der jüdisch-christlichen Trennungsgeschichte entscheidend mitgeprägt haben. Daß sie künftig mehr in biblischen Wissenschaften herangezogen werden, ist sehr zu wünschen. Anmerkungen 1 Ausführlich A. Lange / H. Lichtenberger, Qumran, TRE 28 (1997) 45-79 mit Literatur, weitere Titel bei F. Garcfa Martinez / D. W. Parry, A Bibliography of thc Finds in the Desert of Judah 1970-1995. Arranged by Author with Subject and Citation Indexes, (StTDJ 19) Leiden/ New York/ Köln 1996. (Im folgenden wird bei der Serie StTDJ auf die Wiederholung der Orte verzichtet). Wöchentlich aktualisierte Daten und Aktuelles bietet die WEB-Seite des Orion-Institute, Jerusalem (http: / / orion.mscc.huji.ac.il). 2 W. Harenberg, Gab es Christen vor Jesus, Spiegel 2 (5.1.1995) 126-135: 132. 3 Hilfsmittel: E. Tov (with S.J. Pfann): The Dead Sea Scrolls on Microfiche. A Comprehensive Facsimile Edition of the Texts from the Judaean Desert. Edited by E. T. / S.J. P.: With a Printed Catalogue by Stephen A. Reed: Published under the Auspieces of the Israel Antiquities Authority, Leiden 1993 (2.Auflage des Companion Volumes: 1995). Deutsche Übersetzungen: J. Maier, Die Texte vom Toten Meer. Ed. I-III (UTE 1862. 1863.1916).- München 1995f und in einer preiswerten Ausgabe: M. Wise / M. Abegg / E. Cook, Die Schriftrollen von Qumran. Übersetzung und Kommentar. Mit bisher unveröffentlichten Texten, Augsburg 1997. Bibeltexte sind weitgehend in der offiziellen Publikationsreihe (DJD = Discoveries in the Judcan Desert) veröffentlicht, etwa die Jesaja-Texte aus 4Q in DJD XV (1997) 7-143 in der Bearbeitung durch P. W. Skehan (t) und E. Ulrichhier englisch: 4Qisa" bis 4Qisa'. 4 A. Schick, Faszination Qumran. Wissenschaftskrimi, Forscherstreit und wahre Bedeutung der Schriftrollen vom Toten Meer, Berneck 1998, lOf. 5 Die nachgetragenen Worte (Kästchen B) sind durch ein Versehen ausgelassen und fehlen auch in LXX sowie 1 Petr 1,24. 6 E. Ulrich, Pluriformity in the Biblical Text, Text Groups, and Questions of Canon.in: J. Trebolle Barrera / L. Vegas Montaner (hgg): The Madrid Qumran 15 Congress, (StTDJ XI) 1992, 23-41; ders., Multiple Literary Editions: Reflections toward a Theory of the History of the Biblical Text.in: D.W. Parry / S.D. Ricks (hgg): Current research and technological developments, (StTDJ 20) 1996, 78-105. H. Stegemann, Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus (Herder Spektrum 4126), Freiburg 4 1994, 125. Vgl. W. Zwickel, Dagons abgeschlagener Kopf (! Samuel V 3-4), VT 44 (1994) 239-249: 249, der ohne Rücksicht auf LXX und 4QSama vorschlägt, die diskutierte Passage »einer redaktionellen Bearbeitung in der zweiten Hälfte des 2. Jh.s v. Chr. zuzuschreiben«. Vgl. K. Koch, Sabbatstruktur der Geschichte. Die sogenannte Zehn-Wochen-Apokalypse (IHen 93,1-10 91,11-17) und das Ringen um die alttestamentlichen Chronologien im späten lsraelitentum, in: ders., Vor der Wende der Zeiten. Beiträge zur apokalyptischen Literatur(= ZAW 95 (1983) 403-430), 1996, 45-76, 67f. sowie U. Gleßmer, Explizite Aussagen über kalendarische Konflikte im Jubiläenbuch: Jub 6,22- 32.33-38, in: M. Albani / J. Frey / A. Lange (hgg.), Studien zum Jubiläenbuch, (TSAJ 65) Tübingen 1997, 127-164. 10 A. v.d. Kooij, Die alten Textzeugen des Jesajabuches, Fribourg 1981, 52ff. 11 Vgl. P. Flint, The Dead Sea Psalms Scrolls and the Book of Psalms, (StTDJ 17) 1997, 239. 12 H. Donner, Der verläßliche Prophet : Betrachtungen zu I Makk 14,4 lff und zu Ps 110, in: ders., Aufsätze zum Alten Testament aus vier Jahrzehnten, (BZAW 224) Berlin / New York 1994, 213-223. 13 Fragmente eines als llQMelchizedek (=11Q13; siehe Maier, Qumran-Essener, l.361ff) benannten Textes enthalten keinen Text von Ps 110, zeigen jedoch Interesse an diesem Symbolnamen vielleicht »Mein König ist Gerechtigkeit«; in Gen 14,18-20 begegnet Melchizedek als König von Salem und Priester des höchsten Gottes. Ihm liefert Abraham den Zehnten ab. Dieses Vorbild zu nutzen, muß auch für die Priesterkönige in hasmonäischer Zeit im 2. Jh. vuZ von großem Interesse gewesen sein. 14 P. Schäfer, Geschichte der Juden in der Antike, Darmstadt 1983, 81. 15 A. Adam/ C. Burchard, Antike Berichte über die Essener, Berlin 2 1972. Zur Ableitung des Namen wird vorgeschlagen, an das Wort 'ezah / »Rat« zu denken; möglich auch 'asah / »Werk, Tat« oder (ost-)aramäisch chase / »fromm sein« (das entsprechende hebräische Wort chasid hat Assidäern / »Frommen« den Namen gegeben, Philo deutet entsprechend die Bezeichnung Essäer). 16 F. Rohrhirsch, Wissenschaftstheorie und Qumran. Die Geltungsbegründungen von Aussagen in der Biblischen Archäologie am Beispiel von Chirbet Qumran und En Feschcha, Göttingen 1996, 298-329. 17 A. Roitman (ed.), A Day at Qumran. The Dead Sea Sect and lts Scrolls, Jerusalem 1997, 14. 18 Der zugrundeliegende Text Jcs 40,3 »In der Wüste bereitet den Weg des Herrn ... « ist zitiert in 1QS 8,13f und Mk 1,2f parr. 16 19 Vgl. S. Metso, The Textual Development of the Qumran Community Rule, (StTDJ 21) 1997. 20 Vgl. zu diesem Bericht bei H. Maaß, Qumran: Texte kontra Phantasien, Stuttgart 1994, 4lff. den Abschnitt »Plinius und die Folgen«. Ganz neu werden z.Z. Funde diskutiert, die der israelische Archäologe Y. Hirschfeld bei Engedi gemacht hat - und die von ihm ausschließlich mit den von Plinius erwähnten identifiziert werden. 21 Vgl. die Zusammenstellungen bei M. Klinghardt, Gemeinschaftsmahl und Mahlgemeinschaft, (TANZ 13) Tübingen 1996, 217-249; 251-267 sowie M. Weinfeld, The Organizational Pattern and the Penal Code of the Qumran Sect: A Comparison with Guilds and Religions Associations of the Hellenistic-Roman Period, (NTOA 2) Göttingen 1986. 22 Zu den Details der Friedhöfe siehe Rohrhirsch, Wissenschaftstheorie, 235ff und speziell die Angaben zur nicht genauen Nord-Südrichtung, sondern mit Neigung dieser Achse um 23° (ebd. 253f). Die Blickrichtung zum Osthorizont bei der Wintersonnenwende scheint auf astronomische Symbolik zurückzugehen. 23 R. Donceel / P. Donceel-Voute, The Archeology of Khirbet Qumran. in: Methods of Investigation of the Dead Sea Scrolls and the Khirbct Qumran Site, New York 1994, 1-38: 27ff; L. Cansdale, Qumran and 1he Essenes. A Re-Evaluation of the Evidence, (TSAJ 60) Tübingen 1997; N. Golb, Qumran. Wer schrieb die Schriftrollen vom Toten Meer? , Hamburg 1994, 64. 24 Grabungsnotizen von de Vaux sowie diverse Fotos in der Ausgabe von J.-B. Humbert / A. Chambon, Fouilles de Khirbet Qumran et de Ai'n Feshkha, (NTOA 1/ 1) Fribourg 1994; deutsch: F. Rohrhirsch / B. Hofmeir (hgg.), Die Ausgrabungen von Qumran und En Feschcha, (NTOA lA) Fribourg 1996. 25 Stegemann, Essener, 81. 26 Dazu F. M. Cross / E. Eshel, Ostraca from Khirbet Qumran, IEJ 47 (1997). 27 Sehr preiswert in Übersetzung jetzt bei E. Weidinger (hg.), Die Apokryphen. Verborgene Bücher der Bibel, Wien 1996. 28 Vgl. dazu die Arbeiten von E.G. Chazon, Prayers from Qumran and Their Historical Implications, DSD 1 (1994) 265-284; B. Nitzan, Qumran Prayer and Religious Poetry, (StTDJ 12) 1994 und M. Weinfeld., Prayer and Liturgical Practice in the Qumran Sect, in: D. Dimant / U. Rappaport (hgg.): The Dead Sea Scrolls. Forty Years of Research, (StTDJ 10) 1992, 241-258. 29 Diese habe ich in meiner Habilitationsschrift herausgestellt, die als »Die ideale Kultordnung: 24 Priesterordnungen in den Chronikbüchern, den kalendarischen Qumrantexten und in synagogalen Inschriften« (StTDJ 24) erscheint. 30 Stegemann, Essener, 148. 31 Vgl. D. Dimant, Qumran Manuscripts: Contents and Significance, in: D. Dimant / H. L. Schiffman (hgg.), Time to prcpare thc way in the wilderness, (StTDJ 16) 1995, 23-58: 25f.57. 32 Vgl. die Übereinstimmungen etwa P. R. Callaway, The ZNT 2 (1998) History of the Qumran Community: An Investigation, QSP.SS 3) Sheffield 1988, 78f. 33 Vgl. etwa bei Steudel, A.: Der Midrasch zur Eschatologie aus der Qumrangemeinde (4QMidrEschat' 6 ): Materielle Rekonstruktion, Textbestand, Gattung und traditionsgeschichtliche Einordnung des durch 4Q174 (»Florilegium«) und 4Q177 (»Catena A«) repräsentierten Werkes aus den Qumranfunden, (StTDJ 13) 1994, 164 Anm. 5. 34 Vgl. zu CD 4,3f. und die Deutung einer der wenigen anderen Söhne-Zadoks-Passagen in 4QFlor 1-2i17 mit einem Rückgriff auf Ez 37,23 bei G.J. Brooke, Exegesis at Qumran. 4QFlorilegium in its Jewish Context, QSOT.S Series 29) Sheffield 1985, 116ff. 35 Vgl. A.I. Baumgarten, The Zadokite Priests at Qumran: A Reconsideration, DSD 4 (1997) 137-156, 152 Anm. 41 sowie R. Kugler, A Note on 1QS 9: 14: The Sons of Righteousness or the Sons of Zadok? , DSD 3 (1996) 315-320. 36 Übersetzung von 4Q258 nach Maier, Qumran-Essener, 2.209 - Kursivierung U.G. 37 Vgl. zur Diskussion der über die Gemeinderegel hinausgehenden ca. 20 Belege der Bezeichnung Maskil bei Metso, Development, 136. 38 Maier, Qumran-Essencr, 1.27. 39 Vgl. E. Nodet, A Search for the Origins of Judaism. FromJoshua to the Mishnah, Sheffield 1997, 252. 40 Vgl. etwa bei M. Wise / M. Abegg / E. Cook, Schriftrollen, 44; das geht zurück auf E. und H. Eshel sowie A. Yardeni, A Qumran Composition Containing Part of Ps. 154 and a Prayer for the Welfare of King Jonathan and His Kingdom, IEJ 42 (1992) 192-229. 41 Vgl. Golb, Wer, 246ff. (Pharisäer); L.H. Schiffman, Pharisaic and Sadduccan Halakhah in thc Light of the Dead Sea Scrolls, DSD (1994) 285-299: 287 (Sadduzäer); Stcgemann, Essener, 148ff. (Essener). - Die großen Schwierigkeiten, aus den rückschauenden Überlieferungen der späteren Zeit des NT, des Philo und J osephus sowie der rabbinischen Literatur auf die Identität der Gruppen im 2./ 1.Jh. vuZ zurückzuschließen hat aufgewiesen G. Stemberger, Pharisäer, Sadduzäer, Essener, (SBS 144) Stuttgart 1991. 42 Vgl. jetzt auch: A.I. Baumgarten, The Flourishing of Jewish Sects in the Maccabean Era: An Interpretation, QSJ.Suppl 55) Leiden 1997. 43 Siehe dazu Steudel, Midrasch, 165ff. 44 Vgl. F. Garcfa Martfnez, Messianische Erwartungen in den Qumranschriften, JBTh 8 (1993) 171-208 sowie J.J. Collins, The Scepter and the Star: The Messias of the Dead Sea Scrolls and other Ancient Literature, New York 1995. - Zum weiteren Kontext G. S. Oegema, Der Gesalbte und sein Volk. Untersuchungen zum Konzeptualisierungsprozeß der messianischen Erwartungen von den Makkabäern bis Bar Koziba, (Schriften des Institutum Judaicum Delitzschianum 2) Göttingen 1994. 45 Maier, Qumran-Essener, 2.690. Die Seligpreisungen bei Jesus als »Plagiat« (vgl. oben bei Anm. 2) zu bezeichnen, ist ganz unsachgemäß, auch wenn die Frage von Inter- ZNT 2 (1998) esse ist, wie es zur gemeinsamen Verwendung dieser Textgattung kommt. 46 Dazu D. Dimant, Thc Seventy Wceks Chronology (Dan 9,24-27) in the Light of New Qumranic Texts, in: A.S. v.d. Woude (hg.), The Book of Daniel in the Light of New Findings, (BEThL 106) Louvain 1993, 57-76: 70 und Koch, Sabbatstruktur. 47 U. Gleßmer, Calendars in the Dead Sea Scrolls, in: P. W. Flint/ J.C. VanderKam (hgg.): The Dead Sea Scrolls aftcr Fifty Years. A Comprehensive Assessmcnt. Vol. II (im Druck). 48 M. Albani / U. Gleßmer, Un instrument de mesures astronomiques a Qumran, RB 104 (1997) 88-115. Zum Hintergrund der Henoch-Astronomie M. Albani, Astronomie und Schöpfungsglaube. Untersuchungen zum astronomischen Henochbuch, (WMANT 68) Neukirchen-Vluyn 1994. 49 S. Talmon, Kalender und Kalenderstreit in der Gemeinde von Qumran, in: ders., Gesellschaft und Literatur in der Hebräischen Bibel, GA 1, Neukirchen-Vluyn 1988, 152-189: 154. 50 Das Votum bei Maaß, Qumran, 190f. gegenüber den Versuchen, die widersprüchlichen Daten der Synoptiker und Joh zu harmonisieren, ist zwar in Ausrichtung gegenüber Simplifizierungen nachvollziehbar. Daß damit aber Deutungsversuche auf dem Hintergrund der konkurrierenden Kalender gänzlich obsolet seien und »Unkenntnis bezüglich des Qumran-Kalenders« zeigten, ist überzogen. - Sie müßten allerdings ein anderes Prozeßgeschehen als das nächtliche Schnellverfahren der Evangelien voraussetzen. Eine grandiose »Theologie des Lachens«. Karl-Josef Kuschel Lachen Gottes und der Menschen Kunst 208 Seiten, geb. 36,80 DM/ 269,- ÖS / 36,80 SFr ISBN 3-89308-294-8 Erzählerisch spannend, scharfsinnig und stets unterhaltsam enthüllt der Autor die abendländische Geschichte des Lachens. ATTEMPTO VERLAG Tübingen 17