eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 1/2

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
121
1998
12 Dronsch Strecker Vogel

Brautwerbung in Samarien? Von der moralischen zur metaphorischen Interpretation von Joh 4

121
1998
Mirjam Zimmermann
Ruben Zimmermann
znt120040
Mirjam Zimmermann/ Ruben Zimmermann Brautwerbung in Samarien? Von der moralischen zur metaphorischen Interpretation von Joh 4 für Prof Dr. Jörg Thierfelder zum 60. Geburtstag Die Szene ist bekannt, aber merkwürdig: Jesus trifft am Brunnen auf eine samaritanische Frau. Sie sprechen über Wasser, über lebendiges Wasser, das Jesus allein geben kann. Doch als die Frau dieses Wasser haben will, wechselt er abrupt das Thema. Scheinbar unmotiviert fordert Jesus die Samaritanerin auf, ihren Mann zu holen. Sie habe keinen Mann, versichert die Frau. Dann die vielsagende Antwort Jesu: »Wahr hast du geredet. Fünf Männer hast du gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann«. Der ganze Abschnitt über die Männerbeziehungen der Samaritanerin Qoh 4,16-19) hat den Exegeten immer wieder Anlaß gegeben, über die moralischen Entgleisungen oder gar das ausschweifende Sexualleben der samaritanischen Frau zu spekulieren: »Durch das Eheleben der von Begierde zu Genuß taumelnden Frau (wird) nicht nur die Unruhe, sondern auch die Verirrung des Lebenstriebes gekennzeichnet«. 1 Andere Interpreten sprechen von einer »moralischen Verkommenheit«, vom »Elend mit all seinem Schmutz« oder charakterisieren die Frau als ein »in gesetzloser Rohheit dahin lebendes Weib«. 2 Besonders hartnäckig wird die zitierte Bemerkung über die gegenwärtige Beziehung (V. 18) auf ein »uneheliches«, »nicht legales Verhältnis« (Link) bzw. eine »wilde Ehe« (Becker) oder »offenbaren Ehebruch« (de Boor) gedeutet, zumindest gilt es als Konsens, daß sie mit ihrem jetzigen Gefährten »sündhaft« (Schnackenburg) zusammenlebt. 3 Und was ist der Grund für diese moralische Entlarvung durchJ esus? Die Antwort von B. Weiss gibt im wesentlichen noch heute den exegetischen Main-Stream wieder: »Es gibt aber kein anderes Mittel, geistliches Bedürfnis zu wecken, als die Erregung des Schuldgefühls. Darum bringt Jesus durch die Aufforderung an das Weib, ihren Mann zu rufen, ihre Ehegeschichte zur Sprache, die durch ungezügelte Sinneslust, wohl auch durch 40 manche schwere Verfehlungen, wie noch gegenwärtig durch ihr direkt unsittliches buhlerisches Verhalten ihr Gewissen belastet (4,16-18).« 4 Die durch Jesu Allwissenheit entlarvte Lügnerin und Sünderin wird dann aber in ihrem Schuldbewußtsein zur Christuserkenntnis und zum Christusbekenntnis fähig. Von einem Schuldbekenntnis der Samaritanerin erfahren wir allerdings im Text ebensowenig wie von einer Anklage durch Jesus. Jede moralische Komponente ist der ganzen Szene offensichtlich fremd. So legt sich die Vermutung nahe, daß bei der genannten Deutung Moralvorstellungen der bürgerlichen Eheinstitution des 19. Jh.s und steile Bekehrungstheologie eine verführerische Liaison eingegangen sind. Im folgenden soll hingegen gezeigt werden, daß es inJoh 4, 16-19 wie im gesamten Kapitel in metaphorischer Sprechweise um eine ganz andere Liebesbeziehung geht. Bevor diese am Text erläutert wird (2.) soll zunächst die methodische Zugangsweise skizziert werden, nach der Joh 4 als >emotive lnteraktionsmetapher< zu verstehen ist (1.). 1. Methodische Zugangsweise Wenn wir Joh 4 als >metaphorischen< Text verstehen wollen, ist zunächst die Frage gestellt, was überhaupt eine »Metapher« ist. 5 Der in der rhetorischen Tradition wurzelnden Substitutions- oder Vergleichstheorie (d .h. Metapher als verkürzter Vergleich) wurde schon Mitte des Jahrhunderts durch die grundlegenden linguistischen Arbeiten von I. A. Richards und M. Black die sogenannte Interaktionstheorie gegenübergestellt, die im folgenden aufgenommen wird. Versucht man die Metapher sprachlich zu fassen, ist es hilfreich, die drei grundlegenden Sprachebenen der Syntax, Semantik und Pragmatik zu unterscheiden. ZNT 2 (1998) 1.1 Syntax der Metapher: Welche formale Struktur kennzeichnet die Metapher? Es ist das Verdienst der Vertreter der Interaktionstheorie, eine abstrakte Betrachtung der Metapher als ein einziges Wort oder Lexem abgewiesen zu haben. » Eine Metapher ist folglich nie ein einfaches Wort, immer ein wenn auch kleines - Stück Text.« 6 Dieser Text zeigt in seiner Tiefenstruktur mindestens zwei Teile, die man immer wieder mit verschiedenen Begriffen zu definieren versuchte und die hier bildspendender und bildempfangender Bereich 7 genannt werden sollen. Erst die Wechselwirkung, die >Interaktion, dieser beiden Teile, machen zusammen die Metapher aus. 1.2 Semantik der Metapher: Welche Bedeutungs- und Sinnprobleme zeigt die Metapher? Es fällt auf, daß die metaphorische Relation zwischen dem Bildspender und Bildempfänger zunächst als Spannung wahrgenommen wird. Die >eigentlich, lexikalisch an einzelne Zeichen gebundenen Bedeutungsspektren lassen sich nicht in gewohnter Weise miteinander verbinden. Im Sinnfindungsprozeß nimmt der Hörer/ Leser eine semantische Störung wahr. Gleichwohl ist jedoch eine Bedeutung, eben ein metaphorischer Sinn zu erheben. Diesen Vorgang hat H. Weinrich als »Konterdetermination«8 bezeichnet. Die Sinnbezirke werden in neuer Weise miteinander kombiniert, allerdings bleibt die ursprüngliche Bedeutung der Metaphernteile transparent. Maßgeblich für den Reiz wie auch für den Erfolg einer Metapher innerhalb einer Sprachgemeinschaft ist die Verwurzelung in der Metapherntradition. So wie ein Einzelwort bzw. Lexem im >Wortfeld, verankert bleibt, ist eine Einzelmetapher in den Zusammenhang ihres Bildfeldes 9 gestellt. Zum besseren Verständnis von J oh 4 wird man nach eventuellen Vorkommen eines ähnlich strukturierten Bildfeldes in Vor- und Umfeldtexten suchen, wobei die zentrale Bedeutung des Alten Testament für das gesamte JohEv auch hier zu berücksichtigen ist. 10 ZNT 2 (1998) Mirtam Zinimerrnann / Ruban Zimmermann Brautwarbung in Samarien? 1.3 Pragmatik/ Wirkungsästhetik der Metapher: Welche Wirkung wird auf die Hörer/ innen erzielt? Wurde die leserzentrierte Erzählstruktur des Joh- Ev vielfach nachgewiesen 11, so kann eine Ausrichtung am sogenannten ,impliziten Leser" dem fiktiven Gegenüber des Autors, auch für Joh 4 angenommen werden. Dies ist für eine metaphorische Lesart des Kapitels insofern relevant, als es sich bei der Metapher um eine Sprachbildung handelt, die eine hohe Deutungsaktivität der Leser/ innen voraussetzt. Nur wenn ein Leser oder eine Rezipientin auch den Wechsel von gestörter und neuer Sinnfindung nachvollzieht, d.h. die Spannungen zwischen einzelnen Sinnbezirken konstruktiv auflöst, kann er/ sie die Bildrede verstehen. Dieser Verstehensvorgang läßt sich insbesondere mit kognitivistischen Theorien als mehrdimensionaler Verarbeitungsprozeß erklären: bei der Entschlüsselung einer uneigentlichen Rede konstruiert ein/ e Hörer/ in mentale Bilder (Depiktionen), die Wissensbestände aktivieren und in konzeptuelle Vorgänge eingebettet bleiben. Neben einem solchen Erkenntnisprozeß werden je nach Anschaulichkeitsgrad der Bildrede emotionale Wirkungen hervorgerufen. Die bildhafte Vorstellung fungiert dabei als Affekt, als Möglichkeit, einem bestimmten Gefühl Ausdruck zu verleihen. Kognitive und affektive Wirkungen erfüllen eine appellative Funktion: Die Metapher intendiert ein bestimmtes Ziel, will also die Leser/ innen zu etwas anregen, von etwas überzeugen. Eine solche >rezeptionsästhetische Exegese, mahnt jedoch zugleich auch die Grenzen historischer Rekonstruierbarkeit an. Die Deutungsoffenheit der metaphorischen Rede verbietet die Rekonstruktion einer allgemeingültigen Auslegungswahrheit, als könne man dem Leser begrifflich aufdiktieren, was die Bildrede bewußt offenlassen will. So kann es im folgenden nur darum gehen, die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie innertextliche Zusammenhänge und der Vergleich mit Umfeldtexten, einen (schon historischen) Verstehensvorgang vorstrukturieren und wahrscheinlich machen können. 41 Mirjam Zimmermann Dr. Mirjam Zimmermann, Jahrgang 1969, Studium der Germanistik und Theologie, Promotion 1997 an der theologischen Fakultät der Universität Heidelberg, derzeit im Referendariat. 2. Joh 4 als emotive Kontextmetapher 2.1. Die narrative Grundstruktur von J oh 4: Brautszene am Brunnen Die Erzählung J oh 4 gestaltet die Begegnung von Jesus mit der Samaritanerin als ein Treffen zwischen Mann und Frau ohne weitere Zuhörer. Die Analyse des narrativen Verlaufs zeigt eine Wellenbewegung der feinfühligen Annäherung und Zurückweisung zwischen den beiden Protagonisten, die die Geschlechterdimension der Beziehung zusätzlich hervorhebt. 12 Auf der Grundlage jüdischer Gesellschaftsnormen 13 ruft eine solche Szene ausdrücklich das Erstaunen der Jünger hervor (4,27). Es war nicht üblich, daß ein jüdischer Mann in der Öffentlichkeit alleine mit einer fremden Frau sprach, es sei denn innerhalb geprägter Begegnungsformen, wie z.B. dem Hochzeitsritus. Schon häufiger wurde gezeigt, daß die Perikope literarisch dem typischen Erzählmuster einer »Brautwerbung am Brunnen« 14 folgt. Robert Alter hat für eine solche Verlobungsszene, wie sie etwa in Gen 24; 29; Ex 2 (vgl. ISam 9) berichtet wird, fünf charakteristische Elemente herausgearbeitet, die im folgenden direkt auf Joh 4, der Begegnung am Jakobs(! )-Brunnen, zu beziehen sind 15 : 42 1. Bräutigam oder Bote reist in ein fremdes Land 2 B. trifft am Brunnen auf eine junge Frau (na ·ara) 3. Einer der Antagonisten schöpft Wasser vom Brunnen 4. Die junge Frau eilt nach Hause, um die Nachricht von dem Fremden zu bringen 5. Der Bräutigam wird eingeladen, Verlobung (mit Verlobungsmahl) wird im Haus der Braut arrangiert Jesus kommt nach Samarien Uoh 4,3-5) Jesus trifft am Jakobsbrunnen die samarit. Frau Uoh 4,6-7) Wasserschöpfen ist Thema inJoh4,7-15 Samariterin geht ins Dorf um über Jesus zu berichten (4,28-30.39-42) Essen wird inJoh4, 31-34 thematisiert, Jesus bleibt in Sychar Qoh 4,40) Neben diesen Grundentsprechungen sind noch weitere parallele Einzelheiten zu den entsprechenden atl. Texten auffällig. 16 Ferner deuten einzelne semantische Ambiguitäten/ Doppeldeutigkeiten auf das Gewicht der Geschlechterrelation innerhalb der Erzählung hin. So ist der Begriff sygchraomai ( 4, 9) mit sexuellen Konnotationen behaftet. Auch die Anrede der Frau an Jesus (kyrie, 4, 11.15.19) ist insofern doppeldeutig, als Kyrios gerade die Bezeichnung für den Eheherrn bzw. Bräutigam war 17 und im Gang des Evangeliums noch nicht als Hoheitstitel eingeführt ist. Schließlich bestätigt auch die Einbettung in den weiteren Kontext, daß inJoh 4 die Mann-Frau-Relation im Hintergrund steht. Da das ganze Kapitel 4 viele Verbindungslinien (Kohärenzmerkmale) mit J oh 3,22-36 aufweist (s. u.), ist anzunehmen, daß die in Joh 3,28f. explizit formulierte Brautmetapher für die Leser/ innen auch in J oh 4 präsent sein wird. Durch den Hinweis der Rückkehr nach Kana in Joh 4,46 umschließt das Thema der Hochzeit schließlich die gesamten Kapitel 2 bis 4. Fazit: Daß innerhalb der literarischen Gestaltung der Szene in J oh 4 die Geschlechterrelation ein besonderes Gewicht erhält und wahrscheinlich auf die typische Erzählstruktur einer >Brautwerbung am Brunnen, anspielt, kann kaum bestritten werden und wird in der Forschung inzwischen auch vielfach anerkannt. 18 Jetzt gibt es allerdings auch deutliche Abweichungen zum klassischen Typus der Brauterzählung: Zunächst wird natürlich deutlich, daß es faktisch keine Verlobung zwischen Jesus und der Samaritanerin im eigentlichen Sinn gibt. Wichtige Elemen- ZNT 2 (1998) te des klassischen Erzähltypus fehlen oder werden bewußt verändert: Die Samaritanerin ist keine Jungfrau mehr (wie z.B. Rebekka in Gen 24,16), über das Wasserschöpfen und Trinken (3. Element) wird nur gesprochen, keiner der beiden Akteure stillt im eigentlichen Sinn seinen Durst. Ferner fehlt das Verlobungsmahl, statt dessen wird von einer Essensverweigerung Jesu gesprochen. Unterschiedliche Erklärungsmuster wurden herangezogen, um diese Spannungen zu lösen. Einerseits wurde die Geschlechterdimension der Erzählung ganz auf die psychologische Ebene zwischenmenschlicher Relation reduziert, andererseits wurden die Störungen als narrative Parodisierung oder Ironisierung der Brautszene interpretiert, die jedes fleischliche Mißverständnis der Leser/ innen im Blick auf den ,fleischgewordenen Logos, (Joh 1,14) ausräumen wollen. 19 Nicht selten wurde das Gewicht auch auf die moralischen Entgleisungen der Frau gelegt, die als Kontrastfolie für den christologischen Hoheitserweis dienen sollten (s.o.). Derartige Erklärungsmuster haben gemeinsam, daß sie die Mann-Frau-Relation und ihre konkrete Thematisierung in Joh 4,16-19 vollständig auf der Ebene des primären Textsinns verstehen wollen. Es fällt allerdings auf, daß das ganze Kapitel und insbesondere die RedenJesu von Elementen >uneigentlicher Sprechweise, durchzogen sind. Wenn aber die Rede von Wasser, Anbetung, Essen und Ernte unangezweifelt einen Sinnüberschuß impliziert, warum sollte dann nicht auch die Geschlechterbeziehung figurativ verwendet sein? Im folgenden soll nun die These erläutert werden, daß die in Joh 4 sichtbaren semantischen und narrativen Spannungen als M etaphernsignale zu verstehen sind, die darauf hindeuten, daß die Mann-Frau-Dimension hier im Rahmen einer Kontextmetapher bewußt eingesetzt wird. Konkret bedeutet das: 1. die Spannungen, die aus der Erwartung der Leser/ Hörer im Blick auf eine Brauterzählung resultieren, sollen durch neue Kohärenzbildung gelöst werden. 2. Die bildempfangenden Bereiche, wie z.B. Wasserthematik, Anbetung, und vor allem Fragen nach J esu Person werden durch die semantische Interaktion mit dem Bildspender >Mann-Frau- Relation, sinnvoll erhellt. 3. Die Brautmetapher wird in ihrer interaktionel- ZNT 2 (1998) Ruben Zimmermann Dipl. Diakoniewissenschafder Ruben Zimmermann, Jahrgang 1968, nach Vikariat in der Badischen Landeskirche derzeit Arbeit an einer Dissertation im Neuen Testament zum Thema ,Metaphorische Christologie<. Seit Wintersemester 1997/ 98 gemeinsamer Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Zeitschriftenpublikationen in den Bereichen Biblische Exegese, Ethik und Praktische Theologie. len Dynamik gerade zum im Sinne der Erzählstruktur notwendigen Bindeglied der unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte vonJoh 4. Die These soll im folgenden exemplarisch untersucht werden. 2.2. Bildspendender Bereich: Was sagt der Text über die samaritanische Frau und ihre Männer? Die Frage nach der geschlechtlichen Identität der Samaritanerin und ihren Männerbeziehungen lenkt den Blick noch einmal zurück auf den eingangs zitierten Abschnitt}oh 4,16-19, in denen diese Dimension dominiert. Wie erwähnt wird die gegenwärtige Beziehung der Frau als eine »wilde Ehe« gedeutet, da nach rabbinischem Eherecht höchstens drei Ehen möglich gewesen seien (Yeb 64b; Nid 64a). Hier scheinen jedoch Vorstellungen bürgerlicher Ehemoral unserer Zeit in die neutestamentliche Zeit hineinprojiziert. Wie vorsichtig man bei der Beurteilung derart zeit- und gesellschaftsabhängiger historischer Phänomene wie der Mann-Frau-Relation sein muß, hat uns der franzö- 43 sische Philosoph M. Foucault in seinem Spätwerk »Sexualität und Wahrheit« eingeschärft. 20 Nach jüdischer Eherechtsauffassung gab es kein »uneheliches Zusammenleben« zwischen Mann und Frau im modernen Sinn. Nach dem Mischna-Traktat Qid 1,1 und der talmudischen Diskussion ist die körperliche Gemeinschaft Ausdruck rechtsverbindlicher Eheschließung. 21 Wer mit einem Mann zusammenlebte, mußte auch rechtlich als dessen Frau gelten. Bestenfalls kann man eine gewisse Hierarchie der gesellschaftlichen und religiösen Wertschätzung unterschiedlicher Ehen konstatieren, wie an der Beurteilung etwa von Mischehen oder Ehen ohne Ketubba (Vertrag) abgelesen werden kann (vgl. ShemR 32,2; PesK 5,11). Im Blick auf die Deutung von J oh 4, 16-19 wird u. E. zu wenig berücksichtigt, daß die Verwendung des gleichen Verbs (echein) keine qualitative Differenz zwischen den zurückliegenden Männer- Beziehungen und der jetzigen Liaison erkennen läßt. Daraus ergeben sich zwei Deutungsvarianten: Entweder es handelt sich bei allen Männerbeziehungen der Samaritanerin jeweils um legale Ehen, die durch Scheidung oder Tod beendet wurden. Daß Mehrfachehen auch für Frauen denkbar waren, wird durch Tob 3,8 und Mk 12,18-27par deutlich. Die Formulierung pantes gar eschon auten (Mt 22,18) in Fassung der >Sadduzäerfrage< zeigt ferner eine gewisse sprachliche Nähe zu Joh 4,18. Die Bestreitung Jesu (dein jetziger Mann ist nicht dein Mann) müßte dann sofort auf eine uneigentliche Tiefendimension schließen lassen, um nicht widersinnig zu sein. Die Aussagen der Frau in Joh 4,29.39 wären dann im Sinne der Verkündigungstätigkeit des Messias (4,25: anaggelei hemin hapanta), ohne moralische Wertung zu deuten. Oder aber der narrativ deutlich herausgehobene Satz »Ich habe keinen Mann« (4,17) würde nicht nur als Lüge verstanden, sondern anzeigen, daß die Frau wirklich keinen Mann hat und noch nie einen hatte. Das Selbstbekenntnis der Frau in J oh 4,29 und 39 würde dann auf einen problematischen Lebenswandel im Blick auf Männer ( denn nur über diese Dimension erfahren wir etwas) hindeuten. Ohne rechtliche Regelungen müßten ihre Männerbeziehungen im Kontext jüdischer Ehemoral als hurerisch eingestuft werden. Vielleicht bleibt der Text hier bewußt in der Schwebe. Die für beide Möglichkeiten gültige 44 Pointe könnte in der Tat der herausgehobene Satz »Ich habe keinen Mann« (4,17) sein. Denn Jesus wiederholt nicht nur wörtlich (mit veränderter Syntax) diese Aussage, sondern deklariert sie als richtig (kalos), sogar als >Wahrheit, (alethes). Mit Vers 18 (»der ist nicht dein Mann«), der dann sinngemäß auch für die vorgängigen Verbindungen gilt, wird diese Aussage konkretisiert: keine dieser Beziehungen, ob legal oder hurerisch, verdient die intime Bezeichnung »Dein Mann«. Auf dieses Ziel schient der Dialogabschnitt letztlich zuzulaufen. Die Charakterisierung der Frau erfährt durch die in Joh 4,7-9 mehrfach betonte Zugehörigkeit zu den Samaritanern eine zusätzliche Pointe. Nach rabbinischer Überlieferung galten die Samaritanerinnen als unrein von Geburt an 22 , Ehen mit Samaritanerinnen waren für Juden verboten (Qid 4,3). Fazit: Es geht hier folglich nicht um die Werbung einer Jungfrau entsprechend dem jüdischen Brautritus. Vielmehr bemüht sich Jesus um eine Frau, die schon mehrere Ehen oder Männerbeziehungen hinter sich hat und als Samaritanerin grundsätzlich als unrein angesehen werden muß. Gleichwohl wird die Aussage, sie habe keinen Mann, als >wahr, in den Raum gestellt, und deutet auf einen tieferliegenden Sinn. Die >Werbung< um eine solche Frau muß dann aber aufhorchen lassen. Liegt vielleicht darin gerade der Reiz der metaphorischen Verbindung? 2.3. Interaktion der unterschiedlichen semantischen Felder sowie Verankerung im Bildfeld Die Metapher zeichnet sich nun gerade dadurch aus, daß eigentlich nicht ursprünglich aufeinander bezogene Bereiche miteinander in Verbindung gebracht werden. Hatte man mit der Einbettung von V. 16-19 in den Kontext immer schon Schwierigkeiten gehabt, so werden durch die metaphorische Deutung gerade die Relationen dieses Abschnitts mit dem Kontext ins Zentrum des Interesses gesetzt. Im folgenden ist demnach die Mann-Frau- Relation (V. 16-19) zur Wasserthematik (4,1-15) und zur Frage nach der rechten Anbetung (4,20-26) in Beziehung zu setzen. Dabei gilt es, eine möglicherweise vorgängige Kombination dieser Motivkomplexe im Alten Testament und Frühjudentum (Bildfeldtradition) wahrzunehmen. ZNT 2 (1998) Wasser- ]oh 4,1-15: Wasser ist weithin als Liebessymbol der damaligen Zeit bekannt. Ist für den Rezipienten der Perikope das Brautszenario erzählerisch erkennbar, werden beim Hörer/ Leser auch beim ,Wasser< und ,Durst< diese Bedeutungsspektren aktiviert. Anklänge bis hinein in sprachliche Ähnlichkeiten finden sich gerade auch in der biblischen Tradition: In Cant 4,12.15 wird die Geliebte und Braut als ,Quelle< (V.12) und ,Brunnen lebendigen Wassers< (V.15) bezeichnet. In Prov 5, 15-18 wird die alleinige sexuelle Gemeinschaft mit der Ehefrau im Bild des Wassertrinkens aus der eigenen Quelle (he pege sou) beschrieben, um damit zugleich die Verführungen durch die ,fremde Frau< abzuweisen. Wird die enge metaphorische Verbindung von Wasser- und Beziehungsdimension mittlerweile allgemein anerkannt 23 , so wird jedoch selten die Verbindung der Mann-Frau-Relation zum nachfolgenden Gesprächsgang über die Anbetung gesehen. Nach Eslinger fühlt sich die Frau in ihren sexuellen Begierden ertappt und lenkt nun das Gespräch bewußt auf religiöse Themen. 24 Metaphorische Interaktion ermöglicht u. E. allerdings gerade auch hier eine intertextuelle Bezogenheit: Frage der rechten Anbetung- ]oh 4,20-26: In Joh 4,20-26 ist die Frage nach der rechten Anbetung schon terminologisch durch das erschlagende Übergewicht des Lexems proskyneo ktl. (l0mal in V.20-24) ins Zentrum gerückt. Hier steht zweifellos der religiöse Konflikt zwischen Juden und Samaritanern im Hintergrund. 25 Die Samaritaner lehnten den J erusalemer Tempelkult ab, da Jerusalem im Pentateuch, für sie die einzig gültige Schrift, nicht benannt werde und richteten einen Tempel auf dem Berg Garizim unweit von Sichern ein. Die Juden betrachteten die Samaritaner aufgrund ihrer ethnologischen Herkunft (Kuthäer) und Zusammensetzung als kultisch unrein und bezeichneten sie im Anschluß an II Kön 17,29-41 pejorativ als »Löwenproselyten« (vgl. Jos Ant 9,277-282; Sanh 10,1; bQid 75a-76a etc.), d.h. Heiden, die nur aus Furcht vor Jhwhs Strafmaß zur Verehrung des Landesgottes veranlaßt wurden. Der Garizimkult galt für Juden deshalb als Götzenkult. In unserem Zusammenhang interessiert die Schlüsselstelle II Kön 17,29-41 besonders, weil dort einerseits fünf(! ) Fremdvölker erwähnt werden, die in Samarien eingefallen waren, und ande- ZNT 2 (1998) Mi,·iarn Zimmermann/ Rub1m Zimmermann Brautwerbung in Sanwrien? rerseits der Vorwurf samaritanischen Götzendienstes in frühjüdischer Zeit unter Bezug auf diese Stelle begründet wurde (vgl. Jos Ant 9,288-291; bSan 636). Bei der Frage vorgängiger metaphorischer Zuordnung von Mann-Frau-Relation und Gottesbeziehung stoßen wir auf ein geprägtes Bildfeld von Hurerei und Götzendienst, das sich sogar bis in lexikalische Phänomene verfestigt hat (znh: Hurerei und Götzendienst betreiben). Im Blick auf unseren Untersuchungsgegenstand ist auffällig, daß in Ez 16,46-55 und verstärkt dann in Ez 23 (Ohola) das personifizierte Samaria (neben Jerusalem) als untreue und hurerische Frau charakterisiert wird, um damit die zerbrochene Gottesbeziehung durch Fremdgötterkult zu beschreiben. Ez steht hierbei in einer breit bezeugten Tradition, die vor allem in Hos und J er ihren Niederschlag gefunden hat. Im positiven Gegenzug zum Hurenbild wird die Brautmetapher dann vor allem als Bild für die Zeit des erinnerten Glücks sowie des verheißenen Heils verwendet (Hos 2,17; 11,1; Jer 2,lf.; Ez 16,43.60). Ein charakteristisches Motiv der prophetischen Metaphorik liegt darin, die Verheißung der Vergebung (vgl. 16,53ff) im Bild der Wiederannahme der geschiedenen/ untreuen »Frau der Jugend« (vgl. Prov 5,18) zum Teil als neue Hochzeit und Brautzeit zu beschreiben (Hos 3,1; Jer 3,lff. u.a.). Auch in frühjüdischer Zeit ist das Bildfeld Ehebruch/ Hurerei und Götzendienst weit verbreitet. 26 Der Bildkomplex> Wasser- Braut/ Ehe - Gottesbeziehung/ Götzendienst<: In unserem Zusammenhang interessiert dann vor allem eine bereits traditionell bekannte metaphorische Verbindung der drei Themenkomplexe Wasser, Ehe und Gottesbeziehung. Inmitten der von Braut- und Ehebildern bestimmten Kapitel Jer 2 und 3 erscheint folgender Satz als Gottesrede: »Mich die lebendige Quelle verlassen sie« (Jer 2,13, vgl. Ps 35,l0LXX). Ähnliche Verknüpfungen von Wasser- und Brautmetaphorik im Blick auf die Gottesverehrung zeigen sich auch in frühjüdischen Schriften, wie z.B. in der Damaskusschrift (CD): Hier ist die Tora ein »Brunnen lebendigen Wassers« (B XIX,34, vgl. ferner III,16; VI,4). Vielfach wird gerade im Kontext dieser Stellen von der Verunreinigung durch sexuelle Vergehen gesprochen (z.B. III,16f.: »Er öffnete ihnen und sie gruben einen Brunnen für 45 viel Wasser (! ), doch seine Verächter blieben nicht leben. Sie verunreinigten sich durch Mannesvergehen und durch Blutungsverunreinigungen« 27 ; ähnlich V,2; V,6f.: »Ferner verunreinigen sie das Heiligtum, weil sie nicht gemäß der Tara [absondern] und mit einer schlafen, die ihren Blutfluß sieht.« (vgl. Befleckung durch Dirnen CD VII, 1, vgl. VII, 7-8). Es ist bezeichnend, daß hier explizit auch die Frauen einbezogen werden (vgl. CD V, 9f.: »Das Recht der verbotenen Sexualbeziehungen ist zwar im Blick auf Männer geschrieben, doch die Frauen sind wie sie«). Ferner wird im Umfeld dieser Stellen die Einehe ausdrücklich betont (IV, 20-V,2). Die Abweichung vom Brunnen des Lebenswassers geht pikanterweise bis zum Auftreten der Messiasse Aarons und Israels (CD B XIX, 33-XX,1). Fazit: Es zeigt sich, daß die metaphorische Verbindung von Wasser - Mann-Frau-Relation und Gottesverehrung in der Bildfeldtradition geläufig ist und somit auch die Sprachbildung in J oh 4 erhellen kann. Ihre Pointe zielt auf die Frage der rechten und das meint exklusiv intimen Gottesbeziehung und wird häufig vom verfehlten Ideal aus formuliert. Die Verbindung der Abschnitte Joh 4,7-15; 16-19 und 20-26 legen eine entsprechend theologische Zuspitzung nahe. 2.4. Neue Kohärenzbildung (]oh 3,22-4,42): Brautmetapher als Integral von Wasser, Anbetungsort und M essiasbekenntnis Die thematischen Spannungen und Brüche der unterschiedlichen Abschnitte in J oh 4 können durch metaphorische Kohärenzbildung überbrückt werden: Die durch metaphorische Interaktion der unterschiedlichen Bereiche aktivierte theologische Dimension zielt auf die Exklusivität der Gottesbeziehung, die vor dem Hintergrund konkurrierender Alternativen (Brunnenwasser, andere Männer, Anbetungsorte) betont wird. In Konkretion am Text könnte die Zuordnung der Gottesverehrung (V. 20ff.) zu den Männerbeziehungen der Frau eine sehr einfache immer wieder versuchte - Gleichung ergeben: Die samaritanische Frau hat mit fünf Männern gehurt. Auch der Garizimkult, auf den V. 20-24 anspielen, wird aufgrund der fünf Fremdvölker im Kontext von II Kön 17 als Götzendienst betrachtet. Hieraus wurde gefolgert, daß die Frau als Repräsentantin der Samaritaner steht und ihre Hurerei mit Göt- 46 zendienst identifiziert wird. Die Brautwerbung diente dann im Sinne alttestamentlicher Prophetenmetaphorik dazu, die treulos gewordene Frau der Jugendzeit, d. h. Samaria, wiederanzunehmen und den Ehebund aufs Neue zu bekräftigen. Eine derartige >Metaphorisierung, verkennt jedoch wichtige Akzentuierungen der Erzählung: 1. Die Samaritanerin muß nicht unbedingt als Hure gesehen werden. 2. Der Text berichtet explizit von sechs Männerbeziehungen, die nicht mit den fünf Fremdvölkern korrelieren. 3. Der Bildbereich des Wassers wird vernachlässigt. 4. Die Samaritanerin kommt gerade zum (eigenen) Brunnen bzw. bittet Jesus um lebendiges Wasser. Im Bildfeld ist hingegen vom Verlassen des lebendigen Wassers Qer 2,13), oder dem Abweichen vom Brunnen (CD) die Rede, nur das ist dann Götzendienst. 5. Schließlich wird explizit erwähnt, daß der Garizimkult der Samaritaner der Vergangenheit angehört (4,20). Wenn also im Blick auf die Frage nach der rechten Anbetung die Alternative Jerusalem - Garizim gar nicht mehr zur Debatte steht, stellt sich die Frage, wer durch die in der Metapher zugespitzte Exklusivität der Gottesverehrung als >Konkurrent< abgewiesen werden soll. Wen betet die Samaritanerin eigentlich an? Joh 4,22 gibt die Antwort, daß die Samaritaner, für die die Frau steht, jemanden anbeten, den sie nicht kennen Qoh 4, 22 o ouk oidate). Diese Formulierung ist allerdings zuvor im Mund von Johannes dem Täufer belegt: »Ich taufe mit Wasser, aber er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennt.« (on hymeis ouk oidate, 1,26! ). Ja, Johannes selbst bekennt seine anfängliche Unkenntnis: »Auch ich kannte ihn nicht, aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst, und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem heiligen Geist tauft« Qoh 1,33). Erst die Geistbegabung läßt Jesu Identität und Vorordnung vor Johannes erkennen. Hier fügt sich allerdings folgende Frage an: Könnte die durch die Metapher akzentuierte Konkurrenzbeziehung innerhalb der Gottesbeziehung auf den Autoritätskonflikt zwischenJ esus und Johannes aus der Perspektive ihrer ZNT 2 (1998) Jünger anspielen? Eine solche Deutung legt sich aus der Fülle von Kohärenzmerkmalen zwischen Joh 4 und Joh 3,22-36 28 nahe, die die Vermutung zulassen, daß die Begegnung mit der Samaritanerin eine narrative Ausgestaltung der zuvor entfalteten Themen ist. Dabei wird ein bewußter Perspektivenwechsel vollzogen: Berichtet J oh 3 zunächst aus der Perspektive des Johannes, geht es in J oh 4 um Jesusbzw. Jüngerperspektive. Im folgenden soll exemplarisch die neue metaphorische Kohärenzbildung vor dem Hintergrund dieser Vermutung untersucht werden: Sensibel für die theologische Topographie des Evangelisten wird der Blick auf Joh 3,22 gelenkt. Der Taufort des Johannes wird detailliert auf Ainon eggys tau Saleim lokalisiert. Die geographische Bestimmung dieses Orts ist umstritten. 29 Im Kontext interessiert vor allem die Lokalisation in Samarien, da dort bis heute 'Ainun unweit von Salim bei Sichern liegt. Da das Taufelement für Johannes offenbar eine Rolle spielt (vgl. Joh 1,26.33) und auch hier die explizite Erwähnung reichen Wasservorkommens betont wird Qoh 3,23), ist ferner die bereits von N. Krieger 30 in den 50er Jahren vorgeschlagene Deutungsvariante zu bedenken, nach der Ainon die transkribierte Fassung des aramäischen Plural von »Quelle« darstellt. Salim steht dann entsprechend für Shalom. Im Blick auf die Relationsbestimmung von Jesus und Johannes hieße das, daß Johannes an der »Quelle nahe zum Frieden« tauft. Weniger spekulativ ist hingegen die Kontrastierung des wasserreichen Tauforts des Johannes mit der Ortsbestimmung, d.h. konkret Herkunft Jesu in 3,27.34 (vom Himmel), die die Messiasfrage und Brautmetapher in Joh 3 umschließt. In ähnlicher Weise wird auch die Ortsfrage inJ oh 4,20ff. als Frage nach dem rechten Ort der Anbetung Qoh 4,20ff.) aufgegriffen und bewußt relativiert. Nicht mehr der Ort, sondern die Art der Anbetung (in Geist und Wahrheit) ist entscheidend. Wird hier explizit von Jerusalem und dem Berg Garizim gesprochen, so kann man implizit auch den wasserreichen Taufort des Johannes mitdenken. Dies lenkt den Blick noch einmal auf die Bedeutung des Wassers: Joh 3,23 macht deutlich, daß Wasser zugleich in enger Verbindung zu dem in den einführenden Versen Joh 3,22-26 und Joh 4,lf. genannten Thema der Taufe steht. Offenbar ist in 3,25 auch ein Streit zwischen Johannesjüngern und Jesus bzw. J esusjüngern über die Taufe ZNT 2 (1998) angedeutet. 31 Die ausführliche Thematisierung des Wassers inJoh 4,1-15 kann deshalb kaum von diesem Aspekt absehen. Kann der Gang der Frau zum Brunnen traditionell zunächst als Suche nach der Tora verstanden werden (vgl. CD), weckt Jesus den Durst nach lebendigem Wasser. Wenn die Frau jetzt um dieses Wasser bittet (V. 15), könnte man hier im metaphorischen Kontext ein Taufbegehren der Samaritanerin erkennen. Die Reaktion J esu wertet die Bitte der Frau allerdings als Mißverständnis. Sie hat noch nicht begriffen, daß Jesus nicht (mehr) mit Wasser, sondern mit Geist tauft Qoh 1,26.32f.; vgl. 4,2) und das verheißene »Trinken des Wassers« (vgl. Joh 7,37) eine Teilhabe an Jesus darstellt, wie sie gerade durch die Brautmetaphorik impliziert ist.Jesus lenkt deshalb folgerichtig das Gespräch auf das Thema der Mann-Frau- Relation. War durch den Erzähltypus >Begegnung am Brunnen< bereits das Brautthema implizit angesprochen, allerdings nicht zu der erwarteten Nähe der Protagonisten vorgedrungen, so erfolgt im jetzt folgenden Erzählabschnitt (4,16-20) eine explizite Verhandlung der Geschlechterdimension, die zweifellos hier wie die anderen Themen des Kapitels >Uneigentliche< Tiefenstrukturen erkennen läßt. Wenn man anerkennt, daß die fünf vergangenen Männer-Beziehungen der Frau eine Anspielung auf die fünf Fremdgötter nach II Kön 17 sind, 32 dann ist auch der jetzige Mann der Samaritanerin symbolisch zu deuten. Entscheidend ist jeweils, daß die Frau den Mann, den sie suchte, offenbar bislang nicht fand. Für ihre jetzige Beziehung gilt: »und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann« - oder wie das Lexem aner auch zuläßt 32 : nicht dein Bräutigam. Die Negativformulierung sowie der Terminus echein verbindet Joh 4,18 unmittelbar mit J oh 3,28f.: Nur wer die Braut hat, ist der Bräutigam, sagt dort Johannes und expliziert damit seine Abgrenzungsformel »Ich bin nicht der Christus« die bereits aus J oh 1,20 bekannt ist. Oder umgekehrt formuliert: nur wer den Bräutigam/ Mann hat, ist auch Braut des Messias. Dies ist die Frau offenbar noch nicht. Sie hält sich an einen, der nicht »ihr Mann« ist, und der im Blick auf Joh 3,29 und den gesamten Kontext vielleicht mit dem ,Freund des Bräutigams< identifiziert werden darf. Vor allem mißversteht sie wie schon zuvor - Jesu uneigentliche Rede: statt den Hinweis auf den Messiasbräutigam wahrzunehmen, folgert sie nur auf ,einen Propheten<. Erst der Geistbesitz klärt 47 die Frage der Anbetung (V. 4,20ff.) wie auch die Frage nach dem Messias. Wie eng diese Anbetungsform mit der Messiasgegenwart in Verbindung steht, beweist die Frau durch ihre Reaktion: »Ich weiß, daß der Messias kommt.« So findet die bislang nur negativ formulierte Messiasfrage von Joh 3,28 nun in Joh 4,25f. ihr positives Pendant. Der Gesprächsgang steuert abschließend durch das jetzt folgende Selbstbekenntnis Jesu im Ego eimi- Satz auf seinen Höhepunkt zu. Es fällt auf, daß der Objektbereich anders als bei den folgenden Ego eimi-Worten hier bewußt offen bleibt. Dies könnte auf die bewußte Mehrdeutigkeit metaphorischer Rede hindeuten. Haben die einzelnen Erzählabschnitte jeweils offene Fragen provoziert (Wer ist das lebendige Wasser? Wer ist der eigentliche Mann? Wer soll wirklich angebetet werden? ), so liefert nun die mehrdeutige Selbstreferenz J esu auch eine polyvalente Antwort: Jesus ist sowohl das lebendige Wasser, als auch der wahre Mann und dadurch eben der Messias, genannt der Christas. War im Gespräch mit Jesus deutlich geworden, daß keine Männer bzw. keine bisherige Form der Anbetung wirklich befriedigen konnten, so hat die Samaritanerin durch das Selbstbekenntnis J esu in V 26 erkannt, daß Jesus, der ist, den sie suchte. Diesem Mann will sie auch weitere Jünger zuführen. Es verwundert dann nicht mehr, daß die Frau nach ihrer Christusbegegnung den Krug am Brunnen zurückläßt (4,28). Sie will den Menschen der Stadt kein (Tauf)wasser mehr bringen, sondern die Verkündigung reicht aus. Indem sie hingeht, die Menschen anspricht und zu Jesus führt (V. 28-30), erfüllt sie dann die zuvor auf den Mann bezogenen Aufforderungen Jesu (V. 16). So löst sich schließlich auch die Spannung inJoh 4,lf. Jesus tauft nicht (mehr), weil die Wassertaufe des Johannes überboten wird. Jesus gewinnt seine Jünger, indem er sich selbst als lebendiges Wasser anbietet und Gemeinschaft mit ihnen haben will. Erst durch die personale Gemeinschaft mit Jesus (4,40) und durch die Anbetung im ,Geist und Wahrheit, wird er als Bräutigam-Messias erkannt und erfahren(4,29 .39 > 4,42). Der stufenweise Hoheitserweis und die Christuserkenntnis des Kapitels finden somit auch im Bildbereich ihren Niederschlag. Brautmetaphorik überbietet die Wassermetaphorik! Und daß die metaphorische Verlobung und Teilhabe am Messiasbräutigam dann doch erreicht wird, be- 48 stätigt wenigstens implizit der Abschluß: Die Samaritaner glauben schließlich nicht wegen der Verkündigung der Frau an den Messias, sondern weil sie selbst Gemeinschaft mit ihm hatten (4,41). In J oh 4,40 erscheint gleich zweimal der johanneische Schlüsselbegriff meno (bleiben), der z.B. J oh 15 die enge leibliche Verbundenheit der Gläubigen und Jesus zum Ausdruck bringt. Jetzt wissen die Samaritaner, daß Jesus wahrhaft der Retter der Welt ist (o aletos o soter tau kosmou, V. 42) ist. 2.5 Pragmatik/ Wirkungsästhetik der Metapher (kognitiv, affektiv, persuasiv) Welche Wirkungen löst nun diese bildliche Rede in Joh 4 bei den Leser/ innen aus? in kognitiver Hinsicht fordert die stets verdeckt bleibende Kontextmetaphorisierung, daß der Leser die Zuordnung der Themenbereiche ,Wasser/ Taufe" ,Mann-Frau- Relation< und ,Gottesbeziehung überhaupt erst vollzieht und damit den tieferliegenden theologischen Sinn des Kapitels konstruiert. Diese Deutungsaufgabe stellt sich vor allem auch für die Kernmetapher >Jesus als Messias-Bräutigam<. Auch wenn durch das Brunnen-Setting, die narrativ-dialogische Gestaltung und die Thematisierung der Männerbeziehungen klare Hinweise auf diese Interpretationsmöglichkeit gegeben sind, bleibt es doch dem Leser überlassen, die konkrete Zuordnung zu vollziehen. Diese Deuteaktivität des Lesers wird jedoch möglich, da er den Verstehensschlüssel, den sogenannten >metaphorischen Code" schon inJoh 2,1-11 und 3,29 erhalten hat. Diese Erzählstrategie dient dem Zweck, den Leser in die interne Hermeneutik des Textes hineinzunehmen, denn er/ sie wird somit genötigt, den stufenweisen Verstehensprozeß der Samaritanerin, wer Jesus ist, selbst nachzuvollziehen. 34 Stehen anfangs Mißverständnisse und Negativformulierungen (V. 17; V.21), so können die Leser am Ende in das Bekenntnis der Samaritaner miteinstimmen: Wir wissen, daß er wahrhaft der Retter der Welt ist (V.42). Neben der Hoheitserkenntnis ermöglicht die Metapher des Messias-Bräutigams zugleich eine Versprachlichung für die im JohEv charakteristische Anteilhabe der Jünger an ihrem Herrn. Ein Leser, der sich in den metaphorischen Verstehensvorgang des Textes mit hineinnehmen läßt, bleibt allerdings kaum bei einem rein geistigen Nachvollzug der Bildersprache stehen. Bildverste- ZNT 2 (1998) hen vollzieht sich vielmehr als ein ganzheitlicher Prozeß, der in hohem Maße psychologische und emotionale Dimensionen mit einschließt. Eine solche >emotive< Wirkung der Metapher wird bei den hier eingebrachten Bildbereichen wie Wasser und Braut/ Ehe unmittelbar greifbar: Was im Blick auf den unstillbaren Durst nach Wasser oder die unerfüllte Suche zwischenmenschlichen Glücks explizit ausgeführt wird, ist unmittelbar auf die Jesus- Relation zu übertragen, ja findet hier erst Erfüllung. Die Frau sucht sehnsüchtig danach, ihren Durst zu stillen. Jesus verheißt Wasser, das ewiges Leben schenkt. Die Frau hat ,ihren Mann< vergebens gesucht- Jesus ist derjenige, der ihr Leben offenlegt. Das existenzumfassende und in gewisser Hinsicht erotische Verlangen, das durch die Bildbereiche wachgerufen wird, wird also metaphorisch auf die Person J esu ausgerichtet. Die kreative Potenz dieser Metaphorisierung liegt dann darin, daß eine durchJesu Person vermittelte einzigartige Gottesbeziehung spürbar nahegebracht wird. Schließlich erfüllt die Bildlichkeit des Textes eine persuasive Intention, d.h. der Text will Überzeugungsarbeit leisten. Folgt die ganze Szene bereits narrativ dem Erzähltypus einer Brautwerbung, so lassen Ernte- und Lohnmetaphorik inJoh 4,35ft. als geläufige Bilder der Mission kaum Zweifel, daß es in der gesamten Erzählung um Mission geht. Die Werbung des Bräutigams will insofern argumentativ hinsichtlich der Mission fruchtbar gemacht werden. Joh 4 wäre in diesem Sinn als Zeugnis einer frühen Samaritanermission zu lesen. DurchJesu Person und damit die Relativierung der Bedeutung des Anbetungsorts (Garizim oder Jerusalem) sahen offenbar urchristliche Kreise die Chance gegeben, die Samaritaner in den Verband des Juden(christen)tums zurückzuholen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das ,offensive Reinheitskonzept< Jesu Qoh 3,25). Was in der BegegnungJesu mit der samaritanischen Frau vorgeführt wird, gilt auch allgemein: während die Samaritaner aufgrund ihrer gemischten Bevölkerung von den Juden als kultisch unrein angesehen wurden, erfolgt durch Jesus nun eine Neubewertung der Reinheitsvorstellungen auf der Grundlage einer neuen Gottesbeziehung. Es deutet einiges darauf hin, daß die ähnlich motivierte Wasser-Taufe des Johannes gerade innerhalb des Samaritanerlandes bereits eine gewisse Wirkung erzielt hatte. Die Vorarbeiter in Samarien (alloi 4,37ff.) wären dann nicht die ZNT 2 (1998) Mirjam Zimmermann / Ruben z; mmerm.: mn Brnut.we1·bung in Sarmuien? aus Apg 8 >entlehnten< Hellenisten (Cullmann, Brown, Schnackenburg, u.a.), sondern der Täufer und seine Jünger. 35 Der damit implizierte Autoritätskonflikt Jesus - Johannes wird aber ganz im Sinne vonJoh 3,29 gelöst: Die Freude von Sämann und Schnitter ist ebenso gleich wie die vom Bräutigam und seinem Freund (chara, 3,29 - 4,36). So wird der Täufer nicht um seine Bedeutung gebracht, sondern hat sie gerade dann gefunden, wenn seine Jünger dem wahren Bräutigam zulaufen.36 3. Ergebnis Wir haben eine uns allen bekannte Szene neu gelesen, mit einem teils abstrakten Methodenrepertoire interpretiert und sind in einer metaphorischen Lesart auf eine Liebesbeziehung gestoßen, in deren Horizont viele vordergründige Spannungen entschärft werden konnten. Ausgehend von der konstatierbaren erzählerischen Grundstruktur der Perikope als »Brautwerbung am Brunnen«, bietet sich die aus Joh 3,29 aufgenommene Kernmetapher ,Jesus als Messias- Bräutigam< als Integral an, das es vermag, die unterschiedlichen Sinnbezirke (Wasser, Ehe, Anbetung, Täuferkonflikt) konstruktiv zu verbinden. Die metaphorische Zuordnung dieser Bereiche ist bereits in alttestamentlich-prophetischer und frühjüdischer Zeit ein geprägtes Bildfeld, dessen theologische Zuspitzung in der Proklamation einer exklusiven Gottesbeziehung zu sehen ist. Das Brautbild wird dann neutestamentlich nicht nur konsequent mit J esu Person verknüpft, es scheint auch eng in den Umkreis von Johannes dem Täufer zu weisen (vgl. Mk 2,18-22), was der Gesamtkomplex Joh 3,22-4,42 bestätigt. Die Auseinandersetzungen der J ohannesjünger und J esusjünger und dabei erkennbare Rangstreitigkeiten um den jeweiligen Meister sollen hierbei konstruktiv durch eine enge Zuordnung, aber zugleich Unterordnung von Johannes unter Jesus gelöst werden. Joh 4 könnte vor diesem Hintergrund als narrativ gestaltete Missions>predigt< im Bild einer Brautwerbung vorrangig an johanneische Jüngerkreise, oder sogar an ,johanneische Samaritaner< gelesen werden. Die Unschärfe metaphorischer Rede wird in J oh 4 allerdings nicht durch definitorische Klarheit abgelöst. So wie die Messiasbekenntnisse im 49 Kapitel vorsichtig und unbestimmt bleiben (4,25f.29.39), so bleibt auch die Zuweisung der Bräutigamprädikation an Jesus dem/ der Leser/ in überlassen, der ja den metaphorischen Code bereits aus 2,1-11 und 3,29 kennt. Durch diese subtilen und emotiv kreativen Bildungsmechanismen der Metaphorisierung werden die Rezipienten allerdings auf kunstvolle Weise in den stufenweisen Erkenntnis-, Glaubens- und Liebesprozeß der Samaritanerin hineingezogen. Der Hinweis auf die Männerbeziehungen der Samaritanerin dient dann letztlich dem Zweck, den Leser/ innen die Exklusivität der Gottesbeziehung vor Augen zu führen, wie sie in der Begegnung mit dem Messiasbräutigam auf intime Weise ermöglicht wird. Anmerkungen R. Bultmann, Das Evangelium des Johannes(= KEK 4), Göttingen 16 1959, 138. 2 Zitate vonJ. Becker, Das Evangelium nach Johannes Bd. 1, Gütersloh/ Würzburg '1991 (1978), 204; W. de Boor, Das Evangelium des Johannes, 1. Teil: Kapitel 1-10 (Wuppertaler Studienbibel), Wuppertal 7 1980, 135f.; E. Hirsch, Das vierte Evangelium in seiner ursprünglichen Gestalt verdeutscht und erklärt, Tübingen 1936, 146. 3 Zitate von A. Link, >Was redest du mit ihr? < Eine Studie zur Exegese-, Redaktions- und Theologiegeschichte von Joh 4,1-42, Regensburg 1992, 269; Becker, Johannes, 204; de Boor, Johannes, 135; R. Schnackenburg, Das Johannesevangelium. Einleitung und Kommentar zu Kapitel 1-4 (HThK 4/ 1), Freiburg i.Br. u.a. 5 1992, 467. 4 B. Weiss, Das Johannesevangelium als einheitliches Werk. Geschichtlich erklärt, Berlin 1912, 79. Ähnlich neuerdings z.B. Schnackenburg Gohannesevangelium ), 467. Sehr viel vorsichtiger U. Wilckens, Das Evangelium nach Johannes (NTD 4), Göttingen 1998, 83. 5 Einen guten Überblick zum Diskussionsstand bis ca. 1980 gibt der Sammelband A. Haverkamp (hg.), Theorie der Metapher (WdF 389), Darmstadt 2 1996 (1983), der die wichtigsten Aufsätze zum Thema in dt. Übersetzung vereint. Zur neuesten Diskussion vgl. M.-C. Bertau, Sprachspiel Metapher. Denkweisen und kommunikative Funktion einer rhetorischen Figur, Opladen 1996; G. Frieling, Untersuchungen zur Theorie der Metapher. Das Metaphernverstehen als sprachlich-kognitiver Verarbeitungsprozeß, Osnabrück 1996; R. Schumacher, Metapher. Zur Theorie der ,frischen< Metapher, Basel 1997; C. Baldauf, Metapher und Kognition. Grundlagen einer neuen Theorie der Alltagsmetapher, Frankfurt a.M. u.a. 1997; W. Abraham, Zur Uneigentlichkeit der Sprache. Linguistik der Metapher, in: Ders., Linguistik der uneigentlichen Rede. Linguistische Analysen an den Rändern der Sprache, Tübingen 1998, Kap. 9, 227-270. 50 6 H. Weinrich, Sprache in Texten, Stuttgart 1976, 319. 7 So zuerst Weinrich, Sprache in Texten, 297. Andere Klassifizierungen sind Bildsphäre und Sachsphäre (Stählin), Thema und Rhema (Kallmeyer), tenor und vehicle (Richards),focus und frame oder principal subject und subsidiary subject (Black). 8 Weinrich; Sprache in Texten,.320, ebenso 311. 9 Vgl. H. Weinrich, Münze und Wort.Untersuchungen an einem Bildfeld, in: Romanica, FS Rohlfs, Halle 1958. Geringfügig verändert wieder in Weinrich, Sprache in Texten, 276-290, insb. 283ff. Der Begriff »Bildfeld« ist in Anlehnung an P. Claudels »champ de figures« entstanden. 70 Vgl. dazu neuerdings W. Kraus, Johannes und das Alte Testament. Überlegungen zum Umgang mit der Schrift im Johannesevangelium im Horizont Biblischer Theologie, ZNW 88 (1997) 1-13; im Blick auf Joh 4 vgl. J.-L. Ska, Jesus etla Samaritaine Gh 4). Utilite de I'Ancien Testament, NTR 118 (1996) 641-652. 11 Vgl. zur Rezeptionsästhetik in der Exegese J. Frey, Der implizite Leser und die biblischen Texte, ThBeitr 23 (1992) 266-290, für Joh J. L. Staley, The Print's First Kiss: A Rhetorical Investigation of the Implied Reader in the Fourth Gospel (SBL Diss. Ser. 82) Atlanta 1988, 95-102; konkretisiert an Sprechakten J. E. Botha, Jesus and the Samaritan Woman. A Speech Act Reading of John4: 1-42 (NT Suppl. Ser. 65) Leiden 1991; M. W. Stibbe, John as Storyteller (MSSNTS 73) Cambridge 1992. 12 Vgl. dazu ausführlich Staley, The Print's First Kiss; S. v. Tilborg, Imaginative Love in John, Leiden 1993, 177ff.; J.-A. A. Brant, Husband Hunting: Characterization and Narrative Art in the Gospel of John, Biblical Interpretation 4 (1996) 205-223. 13 Vgl. z.B. Aboth 1,5: »Rabbi Jose 6. Johanan sagt: Unterhalte dich nicht viel mit einer Frau«; man soll auf der Straße nicht hinter einer Frau hergehen, sie nicht grüßen, nicht mit einer anderen Frau allein sein (TestR 3,10; bBer 61a; bQid 70a; diese und weitere Belege bei Strack-Billerbeck I, 299f.; II, 438). Anders R. G. Maccini, A Reassessment of the Wo man at the Weil in John 4 in Light of the Samaritan Context, JSNT 53 (1994) 35-46, der zeigen will, daß im samaritanischen Kontext andere Normen gelten. 14 Vgl. M.E. Boismard, Aenon, Pres de Salem, RB 80 (1973) 223-226, N. R. Bonneau, The Woman at the Weil. John 4 and Genesis 24, Bible Today 67 (1973) 1252-1259; H. Neyrey (S.J.), Jacob Traditions and the Interpretation ofJohn 4: 10-26, CBQ 41 (1979) 419-437; C.M. Carmichael, Marriage and the Samaritan Woman, NTS 41 (1980) 332-346; L. Eslinger. The Wooing of the Woman at the Well: Jesus, the Reader and Reader- Response Criticism, in: M. W. G. Stibbe (hg.), The Gospel of John as Literature. An Anthology of Twentieth-Century Perspectives, Leiden 1993, 165-182 (zuerst Literature and Theology 1 [1987],167-183); vgl. Brant, Husband Hunting, 205-223; D. A. Lee, The Story of the Woman at the Weil: A symbolic Reading Qohn 4: 1-42), ABR 41 (1993) 35-48; S.M. Schneiders, Une etude de cas: une inter- ZNT 2 (1998) pretation feministe de Jean 4,1-42, in: Lectio Divina (Editions du Cerf) 161 (1995) 297-328; Ska, Jesus et la Samaritaine, 642f. 15 Vgl. R. Alter, The Art of Biblical Narrative, London 1981, 52. Alter faßt »fixed constellations of predetermined motifs« zu stereotypen Erzählmustern (»typescenes«) zusammen, und verfolgt parallele Konstruktionen in der Umweltliteratur bis zu Homer. Die Rezeption für Joh 4 schon bei Staley, The Print's First Kiss, l00f.; Eslinger, Wooing, 167. 16 Vgl. dazu Eslinger, Wooing, 167. 17 Vgl. umfangreiche Belegstellen bereits bei W. Erdmann, Die Ehe im Alten Griechenland (Münchner Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 20) München 1934, 267ff. 18 Insbesondere innerhalb der angelsächsischen Exegese herrscht hier annähernd Einigkeit (vgl. Anm. 14). So zuletzt Brant, Husbgand Hunting, 211: »near consensus«. 19 Ironisch deutet z.B. P. D. Duke, lrony in the Fourth Gospel: The Shape and Function of a Literary Device (Ph. D. Diss. ), 1982; P. J. Cahill, The Johannine Logos as Center, CBQ 38 (1976) 54-72; als Parodie verstehenJoh 4 z.B. Staley, The Print's First Kiss, 98ff.; Brant, Husband Hunting: »Comic use of the betrothal type« (216). Brant disqualifiziert damit allerdings den Höhepunkt der Erzählung im christologischen Hoheitserweis als Ersatzhandlung und Notlösung, da die Annäherung auf Beziehungsebene scheitert. Gegen fleischliches Mißverständnis plädiert Eslinger, Wooing. 20 Vgl. M. Foucault, Sexualität und Wahrheit, Bd. 2: Der Gebrauch der Lüste; Bd. 3: Die Sorge um sich, 5 1997 (11986) (StW 717/ 718), Frankfurt a.M. (orig. Histoire de la sexualite 1984). 21 Nach Qid 1,1 konnte man eine Frau auf dreierlei Weise erwerben: 1. durch Brautpreis 2. durch Vertrag (ketubba); 3. durch Geschlechtsverkehr (vgl. auch bQid 96). Bis zu den augusteischen Ehegesetzen ist auch nach dem römischen Verständnis die Ehe ein faktisches Verhältnis verwirklichter Lebensgemeinschaft und kein Rechtsverhältnis; vgl. M. Kaiser, Das römische Privatrecht I (HAW Abt. X Teil III, 2) München 2 1971, § 73. 22 Vgl. Nid 4,1: »Die Töchter der Kuthäer gelten als Menstruierende von ihrer Wiege an« (vgl. tNid 5,1), zit. nach J. Zangenberg, SAMAPEIA. Antike Quellen zur Geschichte und Kultur der Samaritaner in deutscher Übersetzung(= TANZ 15) Tübingen/ Basel 1994, 137. 23 Vgl. dazu zuletzt L. P. Jones, The Symbol of water in the Gospel of John(= JSNT Suppl. Ser. 145), Sheffield 1997, inbesondere 89ff. 24 Eslinger, Wooing, 180. 25 Vgl. dazu allgemein A. D. Crown (hg.), The Samaritans, Tübingen 1989; F. Dexinger / R. Plummer (hgg.), Die Samaritaner, Darmstadt 1992; Art. Samaritaner (F. Dexinger) EKL 4 (1996) 47-48. 26 Vgl. Belege bei K. Berger, Die Gesetzesauslegung Jesu. Ihr historischer Hintergrund im Judentum und im Alten Testament (WMANT 40), Neukirchen/ Vluyn 1972, 307-326.508-575. ZNT 2 (1998) 27 Übersetzung wie auch im folgenden nach J. Maier, Die Qumran-Esscner: Die Texte vom Toten Meer, Bd. 1, München/ Basel 1995, 12.14. 28 Taufe: 3,22f.26 - 4,lf.; Ortsfrage: 3,22 - 4,20-21; Wasser: 3,23 - 4,6-16; Reinheit: 3,25 - 4, 9; Zeugnis: 3,26.28.32f. - 4,39; ,Gemeinde,wachstum: 3,26.30 - 4,39.41; Messiasfrage: 3,28-4,25.29.39; Brautbild: 3,29- 4 passim; Wahrheit: 3,33 - 4,17; 23f.42; Geist: 3,34 - 4,23f.; Vater: 3,35 - 4,23; ewiges Leben: 3,36-4,14. 29 Folgende Lösungen werden erwogen: 1. Scythopolis (Betshan) wird im 4. Jh. durch Eusebs Onomasticon (GCS 11, 40,1-4; 153,6-7) bezeugt; 2. Perea östlich des Jordans, wo Johannes nach Joh 1,28 wirkte; 3. in Samarien, wo bis heute 'Ainun unweit von Salim bei Sichern liegt (so zuerst W. F. Albright, HTR 17, 1924, 193-194). Zur Diskussion vgl. J. Zangenberg, Frühes Christentum in Samarien. Topographische und traditionsgeschichtliche Studien zu den Samarientexten im Johannesevangelium, Diss. Heidelberg 1995, 49-57. 30 N. Krieger, Fiktive Orte der Johannestaufe, ZNW 45 (1953/ 54) 121-123. 31 So bereits Buhmann, J ohanncs, 122. Vgl. zu dieser Deutung neuerdings wieder J. W. Pryor, John the Baptist and Jesus: Tradition and Text in John 3.25, JSNT 66 (1997) 15-26. 32 So z.B. B. Olsson, Structure and Meaning in the Fourth Gospel: A Text-Linguistic Analysis of John 2,1-11 and 4,1-42 (CB.NT 6) Lund 1974, 185ff. Selbst H. Thyen (Art. Johannesevangelium, TRE 17 [1988], 200-225, 203) neigt dieser Interpretation zu. 33 Vgl. im NT z.B. IIKor 11,2; Apk 21,2; vgl. Bauer/ Aland, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, Berlin - New York 1988, 131. 34 Vgl. in diesem Sinn auch Staley, the Print's First Kiss, 101: » N either here nor in the previous instances does the implied author explicitly state through the narrator or a character that Jesus is thc bridegroom. This infercnce is left for the implicd reader to draw for himself.« 35 Anders J. Neugebauer, Die Textbezüge von Joh 4,1-42 und die Geschichte der johanneischen Gruppe, ZNW 84 (1993) 135-141. 36 Diese Täuferdarstellung im vierten Evangelium charakterisiert K. Berger treffend als »Gratwanderung zwischen Herabsetzung des Täufers und seiner Indienstnahme für Jesus«, vgl. ders., Im Anfang war Johannes. Datierung und Theologie des vierten Evangeliums, Stuttgart 1997, 68. Ähnlich J. Ernst, Johannes der Täufer. Interpretation - Geschichte Wirkungsgeschichte (BZNW 53) Berlin/ New York 1989, 212ff.; M. Stowasser, Johannes der Täufer im vierten Evangelium. Eine Untersuchung zu seiner Bedeutung für die johanneische Gemeinde (ÖBS 12) Klosterneuburg 1992, 241. Vgl. ferner unseren Beitrag »Der Freund des Bräutigams Qoh 3,29) - Deflorations- oder Christuszeuge? «, ZNW 89 (1998) (im Erscheinen). 51