eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 2/3

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
61
1999
23 Dronsch Strecker Vogel

Ein Gleichnis in der Rockmusik - Bruce Springsteen »My Father’s House« und Lk 15,11-32. Ein rezeptionsästhetischer Versuch

61
1999
Uwe Böhm
Gerd Buschmann
znt230053
Uwe Böhm/ Gerd Buschmann Ein Gleichnis in der Rockmusik - Bruce Springsteen »My Father's House« und Lk 15,11-32. Ein rezeptionsästhetischer Versuch* » We learned more from a three minute record than we ever learned in school.« (Bruce Springsteen, »No surrender«) Im ersten Heft der ZNT hat Michael Meyer- Blanck »Jesus Christus in der Bibeldidaktik« erfreulich unorthodox und hoffentlich programmatisch für diesen »Brückenschlag zwischen wissenschaftlicher Textauslegung und kirchlicher-schulischer Praxis« (Editorial) »zwischen Exegese und Videoclip« verortet und eine »lebensgeschichtliche, erfahrungs bezogene Christologie im Unterricht« 1 plädiert. Die anzustrebende »doppelseitige Erschließung von Erfahrung und Historie« und »Suche nach Sinn und Bedeutung vollzieht sich über das Spiel mit Sinn und Bedeutung.« 2 Entdekkung geschieht allenthalben durch Verfremdung, die Distanzierung vom Traditionellen ermöglicht und miteinplant. Demnach lohnt es sich, das Thema Jesus Christus nicht nur in der Reihenfolge >Von der Exegese zur Lebenswelt< zu behandeln, sondern auch in umgekehrter Reihenfolge, wie M. Meyer- Blanck empfiehlt. Rockmusik 3 ist zum einen Inbegriff von Lebenswelten4 Jugendlicher, zum anderen spiegelt sie latent oder offen existentielle und religiöse Fragen und Botschaften 5, wie Michael Meyer- Blanck an Madonna »Like a Prayer« (unter Verweis auf Andreas Mertin) und an Marla Glen »Like a Believer« (unter Verweis auf Gotthard Fermor) gezeigt hat. Insofern bietet sich die Rockmusik in besonderer Weise zu einer Umkehrung der Reihenfolge und Exegese und Lebenswelt an. Michael Meyer- Blanck hat den schulischen Religionsunterricht und den kirchlichen Konfirmandenunterricht didaktisch-methodisch im Blick. 6 Ein gegenseitiges Wahrnehmen und Zusammenwirken von Gemeinde und Schule sei verbesserungsfähig. In dieser Zusammenarbeit religionspädagogischer Handlungsfelder fehlt die kirchliche Jugendarbeit, denn gerade dort finden sich authentische Lebensweltäußerungen der Jugendlichen und Vorerfahrungen sowohl konzeptionell in der Kooperation von Jugendarbeit und Schule 7 als auch methodisch in der Behandlung von Popmusik. Denn im Bereich der kirchlichen Jugend- 53 arbeit werden religiöse Elemente der Rock- und Popmusik seit langem vielfältig rezipiert und aufbereitet. Auch der künstlerische Umgang mit Rock- und Popmusik findet sich seit Beginn der SOer Jahre in der kirchlichen Jugendarbeit wieder. Einschränkend gilt allerdings auch, daß Rockmusik und Rockkultur nicht einfach verzweckt für pädagogische Ziele in den Unterricht hinein genommen werden dürfen, sondern nur im Dialog mit den Jugendlichen dort thematisiert werden können. Wenn wir den Ausgang von der Rockmusik wählen darf deren Ausdruck nicht durch pädagogisch definiertes Hören beschränkt werden im Sinne einer einseitigen Instrumentalisierung als »passendes Lied zum Thema«. Im Mittelpunkt muß zunächst der Titel an sich und die Verständigung über die Funktion dieser Musik für das Leben der Rezipienten stehen. Im ersten Schritt haben das Musikhören, das freie Gespräch über Musik, Interpret, Inhalt und Assoziationen und die darauf aufbauende Verständigung absolute Priorität; einseitiger und (ästhetisch-moralisch) wertender Lehrervortrag sind zu vermeiden8; denn es geht um eine Aneignungs-, nicht um eine Vermittlungs-Hermeneutik: »Eine Hermeneutik der Aneignung fragt nach der Bedeutung, die Theologie und Religion für die Ausformung eines lebensweltlichen Alltagsglaubens (... ) gewinnen.« 9 Die erst im zweiten Schritt einsetzende Korrelation 10 von Lebenswelt und Bibeltext, der Vergleich von »My Father's House« mit Lk 15,11-32, geschieht nicht einseitig im Sinne von Problem und Lösung, sondern reziprok im Sinne gegenseitiger Verschränkung und Brechung als »Spiel mit Sinn und Bedeutung.« Es kann also Korrelation nicht mißverstanden werden im Sinne flacher Übertragungen und analoger Parallelismen, sondern im Sinne der dialogischen und reziproken Begegnung in der Zwiesprache, auch und gerade in der Frage, der Anfrage, der Kritik, selbst der Anklage und Herausforderung. Schon lange wird die Musik des großen Rock- »Messias« Bruce Springsteen 11 (in den USA) aus theologischer Perspektive und in ihren religiösen und biblischen Dimensionen wahrgenommen. Aus den oben genannten Gründen ist es auch ZNT3 (2.Jg. 1999) Gerd Buschmann Gerd Buschmann, Jahrgang 1958, 1987-1996 Berufsschulpfarrer der Ev. Kirche von Westfalen, Ausbildungslehrer in der Sek. II, 1994 Promotion im Fach Neues Testament an der Universität Hamburg bei Professor Dr. Henning Paulsen (t), seit 1996 Akad. Rat für Ev. Theologie / Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. durchaus plausibel, einen älteren Titel zu bearbeiten, der nicht so unmittelbar die aktuelle Rock- Lebenswelt von Jugendlichen trifft, und doch grundsätzlich ihre Lebenswelt zu spiegeln vermag. Der sich als nicht-religiös bezeichnende 12 Bruce Springsteen, der in den 70er und 80er J ahren als Singer / Songwriter schnell als neuer Bob Dylan gefeiert wurde und nicht erst mit seinem Album »Born in den U. S. A.« 1984 zu einem »Megastar« wurde, ist in jüngerer Zeit popmusikalisch uninteressierten, aber an theologisch-ethischen Fragestellungen interessierter Zeitgenossen durch seine Filmmusik zu dem die Todesstrafe problematisierenden Film »Dead Man Walking« aufgefallen. Der aus armen, katholischen, italo-irischen Einwandererfamilie stammende, 1949 im Arbeiterstaat New Jersey geborene Springsteen verkörpert die Ängste und Hoffnungen des Jedermann aus der Arbeiterklasse, protestierte gegen den Vietnamkrieg und engagiert sich für Außenseiter und Unterpriviligierte. Mit präzisen Beobachtungen und in oft religiösen Vokabeln und Bildern, die seine katholische Klosterschul-Erziehung spiegeln, zeichnet er authentisch und real in Skizzen von Outcasts der Gesellschaft ein düste- ZNT3 (2.Jg.1999) Uwe Böhm Uwe Böhm, geb. 1963 in Ludwigsburg; Studium des Lehramts für Realschulen; Diplomaufbaustudiengang Erziehungswissenschaft; bis 1996 Realschullehrer und Lehrbeauftragter für Ev. Religionslehre am Staatlichen Seminar für schulpraktische Ausbildung; seit 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der PH Ludwigsburg in der Abteilung Ev. Theologie / Religionspädagogik (Schwerpunkte: Popmusik- und Symboldidaktik; Kooperation zwischen Jugendarbeit und Schule; Religionspädagogik in Europa; Ökumenisches Lernen; Interkonfessionelle Kooperation). res Gesellschaftsbild und Ende des »American Dream«, jedoch nicht ohne jede Hoffnung und stets im Spannungsfeld von Lebenswillen und Resignation, so kann Bruce Springsteen formulieren: »Rock'n'Roll handelt niemals davon aufzugeben.«13 »Taken as a whole, the music of Bruce Springsteen is nothing less than a modern-day theological epic, ... , in which Springsteen assimilates and reinterpretes, in terms suitable for his listeners, many of the essential ideas of the Hebrew-Christian tradition.« 14 Im September 1982 veröffentlichte Bruce Springsteen das auf einem Kassettenrecorder in seiner Wohnung aufgenommene Album Nebraska. Es erinnerte in seiner rohen Tonqualität, der primitiven Gitarre- und Mundharmonika-Begleitung sowie den archetypischen Sujets an die Folk- Balladen Woody Guthries und des frühen Bob Dylan. Den rauhen, tiefen Gesang des näher zu betrachtenden Songs »My Father's House«, im 6/ 8-Takt komponiert, begleitet Springsteen mit einem einfachen Akkordwechsel und einem 16tel- Westerngitarren-Pattern. Folgende Akkordfolge liegt allen Versen zugrunde: Tonika-Subdominante-Tonika-Dominate-Tonika. Durch den Ein- 54 satz des Sehellenkranzes in Strophe 3 bis 5 und zwei Mundharmonika-Soli nach dem 3. und 4. Vers verändert Springsteen das Strophen-Arrangement sparsam. Die Musik darf offensichtlich vom wichtigen Text(inhalt) nicht ablenken. »Religiöse Sehnsucht nach Versöhnung bestimmt die Ballade My Fathers's Hause ... Zunächst träumt er, daß er als Kind auf dem Weg nach Hause vor dem Teufel davonlaufen muß, der ihm dicht auf den Fersen ist. Im Traum läuft er, bis er das Haus seines Vaters sieht, das >hart und hell, in der Nacht leuchtet, und er sich schließlich in den Armen des Vaters wiederfindet. Erwacht, wünscht er sich, daß niemals wieder etwas zwischen den Vater und ihn kommen möge, und er fährt zum Haus des Vaters. Eine unbekannte Frau sagt ihm jedoch durch die angekettete Tür, daß sein Vater nicht mehr dort wohne, sie ihn sogar gar nicht kennt. Es kann keine Versöhnung geben. Das Lied endet mit den Zeilen, daß das Haus seines Vaters hart und hell leuchtet. Es steht wie ein Leuchtturm, der ihn in der Nacht ruft. Kalt und einsam ruft es ihn immer wieder und scheint über den dunklen Highway, wo die Sünden ungesühnt liegen.« 15 Bruce Springsteen, »My Father's House«, CD »Nebrasca« 1982 CBS 7464-38358-2 Last night I dreamed that I was a child out where the pines grow wild and tall I was trying to make it home through the forest before the darkness falls 5 I heard the wind rustling through the trees and ghostly voices rose from the fields I ran with my heart pounding down that broken path with the devil snappin' at my heels I broke through the trees and there in the night 16 10 my father' s house stood shining hard and bright the branches and brambles tore my clothes and scratched myarms but I ran till I feil shaking in his arms I awoke and I imagined the hard things that pulled us apart will never again sir tear us from each other's hearts 15 I got dressed and to that house I did ride from out on the road 17 I could see its windows shining in light I walked up the steps and stood on the porch a woman I didn't recognize came and spoke to me through a chained door 20 I told her my story and who I'd come for she said »I'm sorry son but no one by that name lives here any more« My father's house shines hard and bright it stands like a beacon calling me in the night calling and calling so cold and alone 25 shining cross this dark highway where our sins lie unatoned 55 Uwe Böhm/ Gerd Buschmann Ein Gleichnis in der Rockmusik Übersetzung: Letzte Nacht träumte ich, ich sei ein Kind draußen, wo die Tannen wild und in die Höhe wachsen versuchte ich, durch den Wald hindurch nach Hause zu gelangen bevor die Dunkelheit hereinbricht 5 Ich hörte den Wind durch die Bäume rauschen und Geisterstimmen aus den Feldern kommen Ich rannte mit klopfendem Herzen den kaputten Pfad hinunter wobei der Teufel mir in die Versen schnappte Ich brach durch die Bäume und da in der Nacht 10 stand das Haus meines Vaters schwer und hell erleuchtet die Zweige und das Gestrüpp zerrissen meine Kleider und schürften meine Arme aber ich rannte, bis ich mich in seinen Armen gewiegt fühlte Ich erwachte und stellte mir die schweren Dinge vor, die uns trennten werde nie wieder, Sir, uns aus unseren Herzen reißen 15 Ich zog mich an und fuhr zu diesem Haus von der Straße aus konnte ich sehen, daß seine Fenster hell erleuchtet waren Ich stieg die Stufen empor und stand auf der Veranda eine Frau kam, die ich nicht kannte, und sprach zu mir durch eine mit einer Kette verschlossene Tür 20 Ich erzählte ihr meine Geschichte und wessentwegen ich gekommen sei. Sie sagte »tut mir leid, mein Sohn, aber niemand mit solch einem Namen wohnt hier mehr« Das Haus meines Vaters leuchtet schwer und hell Es steht wie ein Leuchtturm, der mich ruft in der Nacht der ruft und ruft, so kalt und einsam 25 der herüberscheint auf diese dunkle Straße auf der unsere Sünden ungesühnt liegengeblieben sind Die beschriebene Situation dürfte der Biographie jedes Jugendlichen vertraut sein: zunächst der Traum zurück in die Kindheit, die Angst auf dem Heimweg zu Einbruch der Dunkelheit, das Pochen des Herzens beim Rennen, die Sehnsucht nach der Geborgenheit (vielleicht auch der Strafe: »shaking«) in den sicheren Armen des Vaters (Z. 12), dann aber auch die (post)pubertären Konflikte, Spannungen und Trennungen hinsichtlich des Elternhauses, das harte Erwachen aus dem Kindertraum, der Wunsch nach Aussöhnung und das tragische Erkennen, daß es ein »zu spät« für die Versöhnung gibt (Z. 13; 26): »our sins lie unatoned.« »In the music of Bruce Springsteen, there ist ... a version of the fall of man and his loss of Eden. However, Springsteen tells the story not in the traditional terms found in the Bible, but in terms of what happens between parents and children (and especially fathers and sons) in all generations.«18 Das spiegelt typische, lebensweltliche Erfahrungen Jugendlicher und junger Erwachsener, über die es gilt, vermittelt über den Song, selbständig und ohne Bezug zum biblischen Text ZNT3 (2.Jg.1999) Thomas Bickelhaupt, Verlorener Sohn, 1992 Eiltempera auf Papier, 30 cm x 42 cm ins Gespräch zu kommen. Dazu eignet sich diese zu Hause aufgenommene Unplugged-Version, da sie authentisch, echt und ehrlich ist. Sie verzichtet auf synthetische Klänge, bleibt durchsichtig und bricht ohne Nachspiel mit »unatoned« ab. Erst dann geschieht die Korrelation mit dem Bibeltext: Die Anlehnung an das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32) ist unübersehbar, allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, daß im Text Springsteens der barmherzige Vater fehlt. Jetzt wären Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Song und Gleichnis herauszuarbeiten und die Tragfähigkeit eines Glaubens an den barmherzigen Vater lebensweltlich kritisch zu überprüfen. Bruce Springsteen formuliert die Lebensangst als menschliche Lebensbedingung, protestierend schreit er »die Angst und Frustration . . . vieler junger Menschen laut heraus. Es sind Menschen, die kriminell geworden sind, die ihre Arbeit verloren haben, die in verfallenen Häusern leben müssen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden« 19 : ein Leben ohne Verheißung ZNT 3 (2.Jg. 1999) und Hoffnung. Zugleich begegnet das Licht als ein Symbol für das Göttliche. Es symbolisiert die in vielen seiner Titel angesprochene Sehnsucht nach Versöhnung und Erlösung, den Glauben an die letztgültige Versöhnung des verlorenen Sohnes mit dem barmherzigen Vater: My father's house shines hard and bright / it standslike a beacon calling me in the night / calling and calling so cold and alone / shining cross this dark highway / where our sins lie unatoned.« In rezeptionsästhetischer Perspektive erhellt die Korrelation mit der Springsteen-Ballade die Parabel in Lk 15,11-32 20 nicht nur didaktisch, sondern auch exegetisch. Zunächst fällt auf, daß Springsteen ganz aus dem Blickwinkel des jüngeren Sohnes erzählt (Lk 15,11-24); der ältere Sohn und der zweite Teil der Parabel begegnen nicht (Lk 15,25-32); die »Zweigipfeligkeit« 21 entfällt. Lautet der Titel also traditionell zu Recht »Parabel vom verlorenen Sohn« (Harnisch), während Bultmann empfiehlt »Parabel von den verlorenen Söhnen« 22 und Rau »Von einem Mann, der zwei Söhne hatte«? Exegetisch begründen läßt sich das einerseits mit der seit Julius Wellhausen 23 gelegentlich geäußerten, aber unwahrscheinlichen Vermutung eines sekundären Zusatzes von Lk 15, 25-32; dagegen spricht nicht nur die Erwähnung des älteren Sohnes schon in Lk 15, 11 (der Hörer weiß, daß der Ältere noch eine Rolle spielen wird), die stilistische und sprachliche Einheitlichkeit beider Teile, die Parabel-typische Darstellung zweier gegensätzlicher Typen 2 4, sondern auch die historisch-situative Verortung der (lukanischen) 25 Parabel in J esu Auseinandersetzung mit den Pharisäern von der zweiten Hälfte der Parabel her. 26 Rau nimmt entgegen dem Trend der Gleichnisforschung die von Jülicher und Jeremias gestellte Frage nach der historischen Situation, in der die Gleichnisse Jesu ihre Wirkung erzielten, wieder auf und sieht die Pointe und historische Verortung des Gleichnisses von dem »Mann, der zwei Söhne hatte« im zweiten Teil des Textes in J esu Versuch, pharisäische Kritiker zur Freude an der Umkehr der Sünder und zur Mahlgemeinschaft einzuladen. Andererseits erscheint die Perspektive vom jüngeren Sohn aus entgegen einer exegetischen Betonung der Zweigipfeligkeit und der historisch-situativen Verortung der Parabel vom zweiten Textteil her (vgl. jüngst wieder: Rau) gleichermaßen aus didaktisch-alltagsweltlicher wie Gleichnis-theoretischer Sicht (vgl. u. a.: Harnisch) sinnvoll. Die Bewegungsrichtung der Gleichnisse, ins- 56 besondere der Parabeln, hat einen grundsätzlich alltagsweltlichen Bezug: »sie setzt bei der Lebenswelt der Hörer und gewohnten Erfahrungen ein. Sie holt die Adressaten bei ihrem Alltag ab uns stiftet so zunächst einmal Zustimmung. Im Zuge des Erzählvorgangs kommt es aber dann zu überraschenden Wendungen, die das Gewohnte in neuem Licht erscheinen lassen und den Blick öffnen für neue Möglichkeiten.« 27 Das (therapeutische28) Identifikationsangebot mit dem Verlorenen scheint schon immer ein wesentlicher Rezeptionsfaktor der Parabel gewesen zu sein; hier läßt sich auch didaktisch und alltagsweltlich am ehesten anknüpfen, zumal viele Jugendliche den Konflikt mit und das »Abhauen« aus dem Elternhaus inkl. der Probleme eines selbständig-organisierten Lebens, der Schuldgefühle und des bleibenden Bedürfnisses nach Akzeptanz durch das Elternhaus im Alltag existentiell durchleben. Beide Teile der Parabel »handeln von einer problematischen Vater-Sohn-Beziehung.« 29 Rockmusik kann dabei gleichermaßen Movens, Ausdruck und Spiegel solcher Erfahrungen sein. Kurz: Selbst wenn das Gleichnis (auf lukanischer Redaktionsstufe) zu Menschen gesagt ist, die dem älteren Bruder gleichen 30 , so wird es offenbar vielfältig rezipiert von Menschen, die sich im jüngeren Bruder wiedererkennen (und also die Verkündigung der Frohbotschaft an die Armen zentral ist) der in der ursprünglichen Parabel auch im Mittelpunkt gestanden haben dürfte (Harnisch). Die Lage des jüngeren Sohnes ist in der ursprünglichen Parabel trotz klimaktischer Darstellung ganz realistisch und alltagsweltlich gezeichnet; schließlich treibt ihn nicht das schlechte Gewissen, sondern der Hunger als Überlebensmaxime nach Hause. Die Parabel erscheint bis zum Eingreifen des Vaters (Lk 15,206-24) realistisch-alltagsweltlich und nicht außergewöhnlich; die erzählte Welt orientiert sich an den wirklichen Lebensverhältnissen. 31 Erst der Schlußakt »zerbricht das Erwartungsmuster der direkt und indirekt Beteiligten. Denn auf das Entgegenkommen des Vaters ist der Sohn so wenig gefaßt wie der Rezipient des Erzählten. Was dem Ankömmling widerfährt, markiert den Drehpunkt einer Kehre, die ... über den Horizont des wirklich Vorstellbaren hinausschwingt.«32 Als »die neue Unübersichtlichkeit« als derzeitiges Resümee der Forschungsgeschichte der Gleichnis-Auslegung »schließlich führt die mit Recht postulierte Offenheit, Unersetzlichkeit und 57 Thomas Bickelhaupt, Zwischen Schweinen, 1992 Eiltempera auf Papier, 30 cm x 42 cm Vielschichtigkeit der Gleichnisse dazu, daß jede einzelne Auslegung bestenfalls eine Näherung an den Sinn des Textes darstellt, ihn aber nicht ein für allemal >festlegen< kann.« 33 Die hermeneutisch-mataphorische Gleichnisauslegung (Ernst Fuchs, Paul Ricoeur, Dan Otto Via, Eberhard Jüngel, Hans Weder, Wolfgang Harnisch u. a.) hat entgegen der historisch-kontextualisierenden, ursprungsgeschichtlich-situativen Auslegung (Adolf Jülicher, Charles Harold Dodd, Joachim Jeremias, Eta Linnemann, Eckhard Rau u. a.) gezeigt, daß die Gleichnisse unabhängig von Komplexität (im Sinne von klarer Sach- und Bildhälfte und eindeutigem tertium comparationis) das Ziel von Gleichnisauslegung sein kann, sondern die Betonen der Komplexität des Narrativen. »Vorausgesetzt wird dabei, daß Gleichnisse dramatische Erzählungen sind, die zunächst einmal unabhängig von ihrer Entstehungssituation und sogar der Person des Erzählers verstanden werden können.« 34 Konkret auf Lk 15 bezogen beantwortet die metaphorische Gleichnisdeutung entgegen der hi- ZNT3 (2.Jg.1999) storisch-situativen die Frage, welchem der beiden Söhne der Rang der dramatischen Hauptfigur zukommt eindeutig zugunsten des jüngeren: »Wie D.O. Via geltend gemacht hat, ist letztere (= Geschichte des jüngeren) >kräftiger entwickelt als die Geschichte des älteren<, und auch >die Behandlung des Themas ... legt den Nachdruck ... auf die Erlösung des verlorenen Sohnes.< Aus diesen Beobachtungen ergibt sich, daß dem älteren trotz der Schlußstellung seines Auftritts nur eine dramatische Nebenrolle zugewiesen wird. Er fungiert als Kontrastfigur ... « 35 Hat schon das Fehlen des älteren Sohnes als einer der drei Hauptakteure in Lk 15,11-32 in der Adaptation (sie! ) Springsteen dazu geführt, daß sich die spezifisch theologische Zielsetzung der Parabel (Auseinandersetzung mit den Pharisäern) (sie! ) zugunsten einer allgemein anthropologischen Fragestellung (Identifikation mit dem verlorenen Sohn) 36 verlagert hat, so wird das noch dadurch verstärkt, daß auch der zweite Hauptakteur der Parabel, der Vater, nicht begegnet. Das fällt auf gegenüber der exegetischen Position, »daß weder der jüngere noch der ältere Bruder die eigentlich beherrschende Figur des Gleichnisses ist, wenn auch zu sagen ist, daß das ganze Gleichnis aus der Perspektive des jüngeren Bruders erzählt ist und daß sich im älteren Bruder der Adressat des Gleichnisses verbirgt bzw. verrät. Beherrschend ist die Figur des Vaters, dessen Handeln die Mitte des Geschehens ausmacht.« 37 Hier scheint sich die eigentliche Pointe in Springsteens Ballade zu finden: der gütig-vergebende Vater, dessen Kennzeichen sein »Entgegenkommen« ist, fehlt; der verlorene Mensch ist auf sich allein zurückgeworfen, das verlassene Vaterhaus kann den Wunsch nach Geborgenheit, Akzeptanz und Vergebung der Sünden nicht befriedigen: »where our sins lie unatoned.« Die Pointe der biblischen Erzählung, die erst durch das erstaunliche Verhalten des Vater zur außergewöhnlichen Familiengeschichte wird, fehlt bei Springsteen; hier gilt also nicht: »M. E. verteilt sich der Höhepunkt des Gleichnisses nicht auf zwei >Gipfel" sondern liegt im Zentrum der Geschichte, nämlich beim Vater und dem von ihm veranstalteten Fest.« »Gegenstand dieser Gleichnisrede ist die ganz und gar ungewöhnliche, unverdiente Zuwendung eines Vaters zu seinem deklassierten Sohn.« 38 Hier fehlt der liebevolle, entgegeneilende, immer da-seiende, schranken- und vorbehaltlos vergebende, barmherzige Vater, der das Scheitern seines Sohnes nicht verdammt. »Der ZNT 3 (2.Jg. 1999) Thomas Bickelhaupt, Heimkehr, 1992 Eiltempera auf Papier, 30 cm x 42 cm Kuß kommt vor dem Bekenntnis der Schuld! Der Vater erkennt in der Rückkehr die Umkehr. Das ist das überwältigende Entgegenkommen, das unerwartete Zuvorkommen des Vaters. Das bedeutet, daß der entscheidende Schritt, ... , sich in der Initiative des Vaters vollzieht.« 39 Mit dem Fehlen des Vaters reiht sich Springsteen ein in die für das 20. Jhdt. typische Rezeption der Parabel: das Interesse gilt besonders dem verlorengegangenen Sohn. »Und in der Literatur des 20. Jahrhunderts, die sich des Themas annahm, erscheint der Vater außer bei A. Gide überhaupt nicht mehr. Da ist kein Vater, der aus der Verlorenheit erlöst.« 40 (vgl. F. Kafka, Heimkehr/ R. M. Rilke, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge). In der nicht-theologischen Rezeptionsgeschichte zeigt sich einmal mehr: entgegen dem für die historisch-situative Gleichnis- Exegese und Theologie so zentralen Bezug auf den älteren Bruder, findet die Identifikation wesentlich mit dem Verlorenen statt; auch die Darstellungen der Kunst geben fast ausschließlich die 58 Heimkehr des Verlorenen bzw. seinen Empfang beim Vater wieder und symbolisieren damit die grenzenlose Sehnsucht nach einem Vaterhaus (vgl. Dürer, Rembrandt, Rodin, Chagall, Gitterle). Der wesentliche Verstehenshorizont von SchülerInnen ist die Identifikationsgestalt des verlorenen Sohnes, im Gegensatz zur historisch-situativ erhobenen Konfliktsituation der Verkündigung der Parabel durch Jesus. Didaktisch gilt es (mit Springsteen) bei der menschlichen Situationsbeschreibung anzusetzen. Es gibt insofern »nicht bloß exegetische, sondern auch unterrichtspraktische Gründe, von dem kontextualisierenden bzw. ursprungsgeschichtlichen Ansatz von Jeremias und Linnemann abzurücken . . . Sie haben überdies den großen Nachteil, das Gleichnis in der Vergangenheit festzuhalten ... Auf diesem Hintergrund gewinnt das Verständnis der Gleichnisse als >autonome Gebilde, die ihre Botschaft in sich selber tragen und immer wieder neu zur Sprache bringen« (Theissen) unmittelbar unterrichtspraktische Relevanz.« 41 Gleichnisse beziehen sich auf elementare Erfahrungen, eine Unterscheidung von »damals« und »heute« ist nur bedingt nötig, sie erlauben eine direkte Begegnung und Auseinandersetzung. Neben diesen gewichtigen Unterschieden finden sich aber auch Gemeinsamkeiten zwischen Parabel und Ballade: Die Welt »draußen« (vgl. Lk 15,14-17) ist dunkel (Z. 4), teuflisch (Z. 8) und verletzend (Z. 11), der Sohn sehnt sich nach der Geborgenheit in den Armen des Vaters (Lk 15,20b) (z. 12), er erkennt seine Schuld und will sie dem Vater bekennen (Lk 15,18-20a.21) (Z. 13 ff); prinzipiell ist es im Hause des Vaters »hell« (Z. 16 / 22), jedoch es ist im Gegensatz zu Lk 15 verschlossen (Z. 19) und der Vater wohnt nicht mehr dort (Z. 21), sondern auf der »anderen Seite« (Z. 25): kein offenes Vaterhaus, kein Vater, der seinem Sohn entgegenkommt! Die Ballade verharrt in der Traurigkeit, im Gegensatz zu Lk 15: »Das Gleichnis hat seine Einheit zuletzt darin, daß es zur Einladung an den Tisch der Freude des Vaters wird: ,Du müßtest jubeln und dich freuen. Denn dieser dein Bruder war tot und ist lebendig geworden, er war verloren und ist gefunden worden< (Luk. 15, 32). So könnte das Gleichnis die Überschrift tragen: Die Freude des Vaters. Freude ist das Stichwort, das unser Gleichnis mit den beiden vorhergehenden Gleichnissen in Luk. 15 verbindet.« 42 Bei Springsteen fehlt das, was die Pointe der Parabel erst ausmacht und was die Ballade heuristisch wertvoll 59 Uwe Böhm/ Gerd Buschmann Ein Gleichnis in der Rockrnusil< macht: »das Fest der Heimkehr als eine Idylle, die der harten Realität hohnspricht. Aber auf diese Kontrastrelation von verwirktem und wunderbar ermöglichtem Dasein will die narrative Fiktion gerade hinaus ... Die erzählte Welt ist nicht eindimensional auf die Sphäre des Wirklichen bezogen.«43 Gerade im Vergleich zur realistisch-desillusionierenden Ballade Springsteens zeigt die biblische Parabel ihren Mehrwert: der Umschwung und Aufschwung durch den unerwarteten, überschwenglichen Empfang des Vaters durchbricht das Alltagsweltliche und Faktische und mutet surrealistisch das Irreale zu. Indem sie im Kontexteiner von Leistung und Recht, Tun und Ergehen bestimmten Ordnung des Wirklichen auf dem überraschenden Ende einer idyllischen Festgesellschaft beharrt, verwandelt sie »das, was aus der Sicht der alltäglichen Lebensverhältnisse als normalerweise unerschwingliche Ausnahme erscheinen muß, zur ,Regel<.« Die Parabel sagt Hoffnung zu: »Wie die Anweisung des Vaters in der Erzählung dem Entfremdeten Einlaß gewährt, teilt sich die Erzählung selbst als ein Wort mit, das Hoffnung einräumt .... « 44 ,: -Gewidmet den Söhnen: Niklas Buschmann, geb. 22.10.1998 / Simeon Böhm, geb. 30.11.1998. Anmerkungen 1 Michael Meyer-Blanck, Zwischen Exegese und Videoclip - Jesus Christus in der Bibeldidaktik, in: ZNT 1 (1998) 65-77: 65. 2 A.a.O., 68: >»to play with meaning, überlagert >the quest for meaning< unter Verweis auf James W Fowler. »Es ist diese spielerische, ästhetisch gebrochen auf religiöse Inhalte anspielende, bisweilen ironisierende Art und Weise, mit religiösen Inhalten umzugehen, die Jugendliche aus der Werbung und aus Videoclips kennen.« - Vgl. auch: Horst Albrecht, Die Religion der Massenmedien, Stuttgart 1993, 145: »Religion in den Massenmedien läßt sich ... als Religion des Spiels begreifen« unter Verweis auf Johan Huizinga, Homo ludens. Versuch einer Bestimmung des Spielelementes der Kultur, Frankfurt/ M. 1951. 3 Der Begriff wird z. T. gleichbedeutend mit Popmusik verwandt, z. T. davon unterschieden. Popmusik ist, anders als die populäre Musik von Volksliedern -, an industrielle Produktion, Warencharakter, leichte Aneignung und weitestgehende Verbreitung gekoppelt. Rockmusik legt innerhalb der Popmusik Wert auf authentische Ausdrucksformen in der Tradition des afro-amerikanischen Rhythm & Blues. »Rock existierte und existiert zuallererst immer als ZNT 3 (2.Jg. 1999) ,underground" als ungewohnte, provozierende Musik, die bei Erwachsenen Befremden und Ablehnung hervorruft ... Pop ist ... eine Musik der Erwachsenen für die Jugend, und nicht, ... , eine Musik der Jugend für sich selbst.« (Martin E. Musch-Hinnerich, »We Don't Need No Education«. Rockmusik, Jugend und Pädagogik, in: Bistum Limburg (hg.), Information für Religionslehrerinnen 1990, 23-27: 23 f.) Dieser idealistischen Unterscheidung zufolge wäre Pop mit Kommerz und Rock mit Authentizität und Ehrlichkeit verknüpft. Zur Definition vgl. ferner: Reinhard Flender & Hermann Rauhe, Popmusik. Aspekte ihrer Geschichte, Funktionen, Wirkung und Ästhetik, Darmstadt 1989, 17; Peter Bubmann & Rolf Tischer, Spielarten populärer religiöser Musik, in: dies. (hgg.), Pop & Religion. Auf dem Weg zu einer neuen Volksfrömmigkeit? , 16-28: 20; Bernward Halbscheffel & Tibor Kneif, Sachlexikon Rockmusik. Instrumente, Stile, Techniken, Industrie und Geschichte, Reinbek 1992; Bernd Schwarze, Die Religion der Rock- und Popmusik. Analysen und Interpretationen, Praktische Theologie heute 28, Stuttgart 1997, 17: »Der Begriff Rockmusik wird oft zur Benennung eher harter und ,authentischer< Musik in der Tradition des Rhythm & Blues verwendet. Von Popmusik sprechen manche oft in polemischer Absicht zur Betonung des Unterhaltungs- und Zerstreuungsaspekts einiger Richtungen . .. Meines Erachtens lassen sich die begrifflichen Unklarheiten beim gegenwärtigen Stand der Dinge nicht lösen.« 4 Zum Begriff »Lebenswelt« in dogmatischer Perspektive vgl.: Wilfried Härle, Dogmatik, Berlin/ New York 1995, 168-192: »Die gegenwärtige Lebenswelt als Kontext des christlichen Glaubens.« - Zu einer Lebenswelt-orientierten Religionspädagogik vgl. u. a.: Gerd Buschmann, Unterwegs zu einer Lebenswelt-orientierten Religionspädagogik oder: was aus religiösen Elementen in Musik-Videos zu lernen wäre«, EvEsz 50 (1998), 188-203. - Zum Begriff der Lebenswelt in der Soziologie vgl.: Werner Bergmann, Lebenswelt, Lebenswelt des Alltags oder Alltagswelt? Ein grundbegriffliches Problem »alltagstheoretischer« Ansätze, KZS 33 (1981), 50-72. 5 Eine tiefergreifende theologische Auseinandersetzung mit Rockmusik findet sich im deutschsprachigen Raum verstärkt erst seit Beginn der 90er Jahre, wofür exemplarisch folgende Titel stehen mögen: Peter Bubmann & Rolf Tischer (hg.), Pop & Popreligion. Auf dem Weg zu einer neuen Volksfrömmigkeit? , Stuttgart 1992; Horst Albrecht, Die Religion der Massenmedien, Stuttgart 1993; Andrew Greeley, Religion in der Popkultur. Musik, Film und Roman, Graz 1993 (Originaltitel: God in Popular Culture, Chicago 1998); Ilse Kögler, Die Sehnsucht nach mehr. Rockmusik, Jugend und Religion, Graz 1994; Rolf Siedler, Fee! it in Your Body. Sinnlichkeit, Lebensgefühl und Moral in der Rockmusik, Mainz 1995; Bernd Schwarze, Die Religion der Rock- und Popmusik. Analysen und Interpretationen, Prakti- ZNT 3 (2.Jg. 1999) sehe Theologie heute 28, Stuttgart 1997 (vgl. dazu die Rezensionen von: Peter Bubmann, ThLZ 123 (1998), 800f.; Gerd Buschmann, PTh 33 (1998), 313- 316) / Hubert Treml, Spiritualität und Rockmusik. Spurensuche nach einer Spiritualität der Subjekte. Anregungen für die Religionspädagogik aus dem Bereich der Rockmusik, Ostfildern 1997, Zeitzeichen 3. 6 Meyer-Blanck, Exegese, 69f. 7 Vgl. Uwe Böhm, Jugendarbeit und Schule, Religionspädagogische Perspektiven 27, Essen 1996; Uwe Böhm & Martin Weingardt (hg.), Lebensräume öffnen. Neue Schritte zum kreativen Miteinander von Jugendarbeit - Schule - Gemeinde, Stuttgart 5 1998; Uwe Böhm & Martin Weingardt, Kooperation von Lehrern und Jugendarbeitern in Württemberg. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: ru - Ökumenische Zeitschrift für den Religionsunterricht 27 (1997), 145-149: 148 f. 8 Vgl. Gerd Buschmann, Rock, Pop, and all that DJ- Culture - Thesen zu Popularmusik, Religon und Kirche aus religionspädagogischer Perspektive, PTh 33 (1998), 41-54: 53f.; Siedler, Body, 309f.; Vgl. auch Gerd Buschmann, Hurthige Kritik und Feiste Anmerkungen. Eine konstruktive Polemik zu jüngsten Darstellungen von Popmusik und Religion in medien praktisch, Medien praktisch 22 (1998), 45- 47. 9 Klaus Goßmann & Norbert Mette, Lebensweltliche Erfahrung und religiöse Deutung. Ein religionspädagogischhermeneutischer Zugang, in: Comenius-Institut; Gottfried Adam/ Klaus Goßmann (hg.), Religion in der Lebensgeschichte. Interpretative Zugänge am Beispiel der Margret E., Gütersloh 1993, 163- 175: 164, vgl. 167: »Was ergibt sich, wenn man von der Lebenssituation ausgeht und von hier aus den Zugriff zur herkömmlichen Theologie vollzieht? «; Ulrich Becker & Christoph Th. Scheilke (hg.), Aneignung und Vermittlung. Beiträge zur Theorie und Praxis einer religionspädagogischen Hermeneutik, FS Klaus Goßmann, Gütersloh 1995. 10 Das meint eine kritische Beibehaltung der in jüngster Zeit zunehmend in Frage gestellten Korrelationsdidaktik im Sinne unseres katholischen Kollegen Reinhold Boschki, Dialogisch-kreative Religionsdidaktik. Eine Weiterentwicklung der korrelativen Hermeneutik und Praxis, KatBI 123 (1998), 13-23 (dort weitere Lit.). 11 Zur biographischen und discographischen Erstinformation über den Interpreten vgl. Barry Graves & Siegfried Schmidt-Joos, Das neue Rock-Lexikon, Bd. 2, (überarbeitete und erweitere Neuausgabe) Reinbek 1990, 752-756; Frank Laufenberg & Ingrid Hake, Frank Laufenbergs Rock- und Poplexikon, Bd. 2, Düsseldorf/ Wien 1994, 14-26; Christian Graf, Rockmusik-Lexion Amerika, Australien, Karibik, Afrika, Bd. 2, Hamburg 1989, 922-926; Greeley, Popkultur, 146-150: Kurzbiographie Bruce Springsteen (von Ilse Kögler). - Zur theologischen Rezeption vgl.: George Y. Yamin, The Theology of 60 Bruce Springsteen,JRSt 16 (1988), 1-21: 3f.; Greely, Religion in der Popkultur, 47-58; 146-150. - Im deutschen Sprachraum u. a.: Ilse Kögler, Die Sehnsucht nach mehr. Graz 1994, 228 f.; Gerd Buschmann & Kathrin Küßner, Das Exodus-Motiv in zwei Beispielen der Pop-Musik. Fächerübergreifender Unterricht ev. Religion/ Englisch, rabs - Religionspädagogik an berufsbildenden Schulen 30 (1998), 78-82. 12 Vgl. Yamin, Theology, 19: »At this point, it should perhaps be noted that it is not part of the argument of this essay that the theological ,plot< of Springsteens music is in any way evident to Springsteen himself.« 13 Kögler, Sehnsucht, 229; vgl. Greely, Popkultur, 51: »Gewiß gibt es viel Verzweiflung in seinen Liedern, doch die dunklen Kräfte siegen nicht, sie werden zerstreut durch neue Hoffnungen.« 14 Yamin, Theology, 2. 15 Kögler, Sehnsucht, 229. 16 Nacht und Dunkelheit (vgl. Z. 1; 4; 9; 23; 25) spielen in der Musik Springsteens im Sinne Mircea Eliades häufig die Rolle von »geheilter Zeit«, in der sich das mysterium tremendum et fascinans ereignet, vgl. Yamin, Theology, 4 f. 17 Analog zu Nacht und Dunkelheit fungiert die Straße (Z. 3; 7; 15f.; 25) als »geheiligter Raum«: »there ist always a sense of self-empowerment and vitality for one who walks or rides the streets. As Springsteen sums up, When J'm out in the street / I walk the way I wanna walk / When J'm out in the street / I talk the way I wanna talk«, Yamin, Theology, 5. Dabei nimmt das häufig begegnende Automobil, z.B. der »pink Cadillac«, die Bedeutung eines religiösen Symbols ein. 18 Yamin, Theology, 7. »Banished thus from the fatherland by their own act of self-imposed exile, these >sons of the fathers< begin their journey away from home and away from >paradise<-destination unknown.« (a.a.O., 8). Yamin verweist insbesondere auf die »My Father's House« nahestehenden Titel »Adam Raised a Cain« und »Independence Day«. - Ein anderer Zugang zum Verhältnis »Vater und Sohn« bei Cat Stevens, »Father & Son«, LP »Tea for the Tillerman« 1970 und wieder auf »Greatest Hits« CD 842 309-2 Island Records 1975. - Spezifisch zur Parabel vom verlorenen Sohn sind musikalisch noch interessant: Reinhard Mey, »Zeugnistag« (Text und Melodie auf »Keine ruhige Minute ... «, Intercord 1979 INT 460.121) sowie der »Blues vom verlorenen Sohn« von Siegfried Macht, vgl. Siegfried Macht, Der Moral die Hintertür versperren. Gedicht und Blues vom verlorenen Sohn, in: Religion heute 1986 (Heft 4), 256-258. 19 Greeley, Popkultur, 52. 20 Zur Gesamtinterpretation vgl. die Lit.-Angaben bei: 61 Wolfgang Wiefel, Das Evangelium nach Lukas, Berlin 1988, ThHK 3, 284 f.; Wolfgang Harnisch, Die Gleichniserzählungen J esu. Eine hermeneutische Einführung, Göttingen 2 1990, 200-230; Eckhard Uwe Böhn11 / Gerd Busch1nann Ein Gleichnis in di~.- Rockmusik Rau, Reden in Vollmacht. Hintergrund, Form und Anliegen der Gleichnisse J esu, Göttingen 1990, FRLANT 149, 182-215. 21 Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen 10 1984, 130 f. Der Begriff stammt von Paul Fiebig, Die Gleichnisreden Jesu im Lichte der rabbinischen Gleichnisse des neutestamentlichen Zeitalters. Ein Beitrag zum Streit um die »Christusmythe« und eine Widerlegung der Gleichnistheorie Jülichers, Tübingen 1912, 27; 236. 22 Rudolf Buhmann, Die Geschichte der synoptischen Tradition, Göttingen 8 1970, FRLANT N. F. 12, 212. Vgl. auch den programmatischen Titel bei: F. Schnider, Die verlorenen Söhne. Strukturanalytische und historisch-kritische Untersuchungen zu Lukas 15, Fribourg/ Göttingen 1977, OBO 17. 23 Julius Wellhausen, Das Evangelium Lucae, 1904, 83 f.; Ernst Fuchs, Das Fest des Verlorenen, in: ders., Glaube und Erfahrung, Ges. Aufs. III, 1965, 402- 415: 407; J. T. Sanders, Tradition and Redaction in Luke XV.11-32, NTS 15 (1968f), 433-438. 24 Zugunsten der ursprünglichen Einheitlichkeit von Lk 15,11-32 vgl. u. a.: Bultmann, Geschichte, 212; Joachim Jeremias, Die Sprache des Lukasevangeliums. Redaktion und Tradition im Nicht-Markusstoff des dritten Evangeliums, Göttingen 1980, KEK.S, 248-255; Georg Eichholz, Gleichnisse der Evangelien. Form, Überlieferung, Auslegung, Neukirchen-Vluyn 3 1979, 216; Eberhard Jüngel, Paulus und Jesus. Eine Untersuchung zur Präzisierung der Frage nach dem Ursprung der Christologie, Tübingen 5 1979, HUT 2, 160-164; Harnisch, Gleichniserzählungen, 214; Eckhard Rau, Reden in Vollmacht. Hintergrund, Form und Anliegen der Gleichnisse Jesu, Göttingen 1990, FRLANT 149, 182f. (in 182 Anm. 2 weitere Lit.). 25 Harnisch, Gleichniserzählungen, 224-230 schreibt die situative Verortung der Parabel in der Auseinandersetzung mit den Pharisäern erst der lukanischen Redaktion zu: »Die Parabel wird funktionalisiert und dem Interesse einer persuasiven Strategie dienstbar gemacht« (228). Dazu begreift Harnisch Lk 15,24a.32b als redaktionell. (200 Anm. 70; 202; 209; 212; 214; 225; 228). 26 Vgl. Jeremias, Gleichnisse Jesu, 115f; Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu. Einführung und Auslegung. Kurzausgabe. Göttingen 1978, 76: »Wie bei allen doppelgipfeligen Parabeln liegt das Schwergewicht auf der zweiten Hälfte.«; Rau, Reden, 182-215. 27 Frauke Ruetz, Hartmut Rupp, Winfried Wallenwein, Gleichnisse Jesu. Sieben Bausteine zur UE Gleichnisse Kl. 5/ 6, entwurf. Religionspädagogische Mitteilungen 1 (1991), 43-57: 43. 28 Vgl. Christoph Kähler, Jesu Gleichnisse als Poesie und Therapie. Versuch eines integrativen Zugangs zum kommunikativen Aspekt von Gleichnissen J esu Tübingen 1995 WUNT 78; Wilfried Depnering, Transaktionsanalyse als Interpretationshilfe für biblische Texte. Das Gleichnis vom Verlorenen Sohn transaktionsanalytisch betrachtet, W zM 43 (1993 ), ZNT 3 (2.Jg. 1999) 335-346; H. Poensgen, Die Befreiung einer verlorenen Beziehung. Eine biblisch-homiletische Untersuchung zu Lk 15,11-32 unter besonderer Berücksichtigung familientherapeutischer Erkenntnisse, Frankfurt/ M. u. a. 1988, EHS 23. 330. 29 Harnisch, Gleichniserzählungen, 202. - Rau hingegen sieht den älteren Sohn eher unproblematisch als wirklichen Gerechten (Reden in Vollmacht, 197ff.), ohne zu sehen, »daß die Geschichte den älteren bewußt ,in ein schlechtes Licht, stellen will.« 30 Jeremias, Gleichnisse J esu, 130 f. und also die Rechtfertigung der Botschaft Jesu gegenüber Kritikern im Mittelpunkt steht. - Harnisch, Gleichniserzählungen, 215 kritisch: »Nun erscheint aber als zweifelhaft, ob sich einem Hörer, der von der überraschenden Peripetie der ersten Geschichte und ihrem festlichen Ausklang beeindruckt ist, die Gestalt des älteren Sohnes überhaupt noch als Identifikationsfigur anzubieten vermag.« 31 Vgl. Harnisch, Gleichniserzählungen, 202-205.217f. 32 Harnisch, Gleichniserzählungen, 219. 33 Christoph Kähler, Kennwort: Gleichnisse, GlL 13 (1998), 98-111: 110 f. - Die Dissertation von Hans Weder, Die Gleichnisse Jesu als Metaphern, Göttingen 3 1984, FRLANT 120, stellt ein forschungsgeschichtliches Resümee der Gleichnisforschung bis 1983 dar. - Eine knappe Forschungsgeschichte aus religionspädagogischer Perspektive bietet Hartmut Rupp, Gleichnisse im RU - Schön! Aber wie? , entwurf. Religionspädagogische Mitteilungen 1 (1991), 39-42. 34 Ruetz, Rupp, Wallenwein, Gleichnisse Jesu, 43. - Im Gegensatz dazu vgl. z.B. Rau, Reden in Vollmacht, 395: »Erst die konsequente Historisierung eröffnet den Zugang zu dem, was die Gleichnisse auch heute zu sagen haben.« 35 Harnisch, Gleichniserzählungen, 215 f. 36 Vgl. Siegfried Macht, Der Moral die Hintertür versperren. Gedicht und Blues vom verlorenen Sohn, in: Religion heute 1986 (Heft 4), 256-258. - Natürlich ist auch eine Identifikation mit dem älteren Sohn (oder dem Vater) möglich, was allerdings eher einen häuslich-fromm-(klein)bürgerlichen, und nicht einen rebellierenden Rezipienten voraussetzt, vgl. dazu Christa Spilling-Nöker, Möglichkeiten und Grenzen des biblischen Rollenspiels. Hier: Das ZNT 3 (2.Jg. 1999) Gleichnis vom verlorenen Sohn, Sekundarstufe II, in: Religion heute 1985 (Heft 1), 33-35). 37 Eichholz, Gleichnisse, 219. - Vgl. auch Rudolf Hoppe, Gleichnis und Situation. Zu den Gleichnissen vom guten Vater (Lk 15,11-32) und gütigen Hausherrn (Mt 20,1-15), BZ 28 (1984), 1-21. 38 Karl-Wilhelm Niebuhr, Kommunikationsebenen im Gleichnis vom verlorenen Sohn, ThLZ 116 (1991), 482-494: 487. - Den Sitz im Leben findet Niebuhr nicht in der Verkündigung an Außenstehende oder gar Gegner, sondern in der innerchrist! ichen Unterweisung zur Festigung der Gruppenidentität. 39 Eichholz, Gleichnisse, 208, Ähnlich Jüngel, Paulus und Jesus, 161 f.; Harnisch, Gleichniserzählungen, 205. - Rau, Reden in Vollmacht, 187 bezweifelt diese Deutung, daß das Gleichnis die Macht der zuvorkommenden Liebe verdeutlichen will; sie belaste eine erzähltechnisch begründete Einzelheit mit einem Gewicht, das sie nicht zu tragen vermag und stelle nicht in Rechnung, daß der Hörer, wenn er mit V. 20b-c konfrontiert wird, ja bereits weiß, was der Sohn sagen will: »Das Eingeständnis der Unwürdigkeit, Sohn genannt zu werden, ist die Voraussetzung dafür, daß die Barmherzigkeit des Vaters den Umkehrenden in seine alte Stellung wieder einsetzt.« (188) 40 Manfred Suermann, Das Gleichnis vom verlorenen Sohn in Kunstwerken der Vergangenheit und Gegenwart. Dargestellt an ausgewählten Beispielen mit didaktischen Anregungen zur U nterrichtsgestaltung, KatBl 106 (1981), 322-332: 322. 41 Hartmut Rupp, Erzählwege als Lernwege. Die Erzählstrategien der Gleichnisse Jesu als Hinweise für einen lebendigen Unterricht, GlL 13 (1998), 165- 180: 166. - Vgl. Ruetz, Rupp, Wallenwein, Gleichnisse Jesu, 43. 42 Eichholz, Gleichnisse, 213. - Die Einladung (der Pharisäer) zur Beteiligung an der Freude bildet auch nach Rau, Reden in Vollmacht, den situativen Kontext und die Pointe der Parabel: »Der zweite Teil zeigt, daß sich die Aufforderung zur Mitfreude vor allem an den älteren Sohn richtet.« (198; vgl. 207 u.ö.). 43 Harnisch, Gleichniserzählungen, 219. 44 Beide Zitate a.a.O., 223 f. 62