eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 2/4

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
121
1999
24 Dronsch Strecker Vogel

AG-ASS

121
1999
znt240065
Thema: Formgeschichte Auf der Tagung der AG-ASS (Arbeitsgemeinschaft neutestamentlicher Assistentinnen und Assistenten) vom 28.-30. 5. 1999 in Marburg haben die Teilnehmenden gemeinsame Probleme bei der universitären Vermittlung der Formgeschichte diskutiert. Die Ergebnisse der Diskussion geben wir mit folgenden Thesen einer breiteren Öffentlichkeit zu bedenken. 1. Derzeit besteht eine große Diskrepanz zwischen der »klassischen Formgeschichte« (begründet von Martin Dibelius und Rudolf Buhmann) und neueren Ansätzen, die an Einsichten moderner Literaturwissenschaft orientiert sind. Eine Sachdiskussion zwischen beiden Ansätzen findet kaum statt. 2. Diese Diskrepanz ist an folgenden Punkten besonders evident: 2.1. Synchron und diachron orientierte Ansätze stehen oft unvermittelt nebeneinander. Ist die Formgeschichte Teil der Rekonstruktion von Textentstehung oder gehört sie zur Analyse der Pragmatik von Texten? 2.2. Unklarheit besteht hinsichtlich des Gegenstandes der Formgeschichte. Geht es primär um die Feststellung mündlicher Überlieferung oder die Untersuchung literarischer Phänomene - oder um beides? 2.3. Das Gespräch zwischen Vertretern unterschiedlicher Ansätze wird erheblich erschwert durch tiefgreifende terminologische Differenzen. Was versteht man unter Form, Gattung, Textsorte? Was un- ZNT 4 (2.Jg. 1999) ter Tradition, Überlieferung, superstructure? 2.4. Ein weiterer Dissens besteht in der Frage nach den Kriterien für die Gattungsbestimmung. Sind dabei nur formale Aspekte von Texten maßgebend oder auch inhaltliche? Aus welchen Bereichen antiker Literatur sind Vergleichstexte sinnvoll heranzuziehen? 3. Nach unseren gemeinsamen Erfahrungen in der universitären Unterrichtspraxis ergeben sich folgende didaktische Schwierigkeiten: 3.1. In den gängigen Arbeitsbüchern wird Formgeschichte völlig unterschiedlich dargestellt, dementsprechend differieren auch die in Proseminaren vermittelten Inhalte. Sollen ,klassische, oder neuere Ansätze gelehrt werden oder beides? 3.2. Wir Lehrende sehen uns mit der Problematik konfrontiert, den skizzierten methodologischen Dissens an eine Studierendengeneration zu vermitteln und müssen uns häufig aus Gründen der Praktikabilität für die Einführung in nur eines der zur Zeit diskutierten formgeschichtlichen Paradigmata entscheiden. Ist das Proseminar zeitlich überfordert, wirkt sich das zwangsläufig auch auf seine Inhalte aus. Statt sich seiner eigentlichen Aufgabe stellen zu können, nämlich Studierende in eigenständige exegetische Arbeit einzuführen, kann das Proseminar die formgeschichtliche Aporie nur darstellen, aber nicht lösen. Insofern verschärft sich hinsichtlich der Formgeschichte ein Problem, das dem neutestamentlichen Proseminar aufgrund des generellen Methodenstreits in der Wissenschaft auch insgesamt zueigen ist. 3.3. Die dargestellte inhaltliche Diskrepanz führt zu großer Unsicherheit seitens der Studierenden. Unterschiedliche methodologische Grundkenntnisse belasten weiterführende Lehrveranstaltungen, Studienortwechsel bedeuten oft genug den Wechsel in ein anderes formgeschichtliches Paradigma. Besonders problematisch ist die Tatsache, daß Ergebnisse formgeschichtlicher Arbeit oft nicht einmal zwischen alttestamentlichen und neutestamentlichen Proseminaren kompatibel sind. 3.4. Im Verlauf mancher Erster Theologischer Examina werden diese Probleme dann in besonderer Weise relevant, wenn ein neutestamentlicher Text exegetisch zu analysieren ist und Prüfende sich an formgeschichtlichen Ansätzen orientieren, die in der wissenschaftlichen Diskussion umstritten bzw. im Proseminar nicht gelehrt worden sind. Die Arbeitsgemeinschaft bittet um Stellungnahmen zu diesem Thema: Christine Gerber, Gabriele Hagenow, Joachim Jeska, Karin Lehmeier, Markus Öhler, Florian Wilk, Jürgen Zangenberg Im Namen von: Elmar Bortlik, Klaus-Michael Bull, Casten Claussen, Eva Ebel, Werner Engel, Thomas Holtmann, Jürgen Kalms, Manfred Lang, Rita Müller-Fiberg, Christine Schlund, Lothar Triebe! , Manuel Vogel, Michael Wohlers Kontaktadressen: Dr. Markus Öhler, Institut für neutestamentliche Wissenschaft, Rooseveltplatz 10, A- 1090 Wien; Dr. Carsten Claußen, Institut für neutestamentliche Theologie, Schellingstr. 3/ V VG, D- 80799 München 65