ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
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1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
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2001
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Dronsch Strecker VogelBeobachtungen zur Magie im Neuen Testament
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2001
Melissa Aubin
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Die neutestamentliche Forschung hat sich, vielleicht um nicht theologisch in Verlegenheit zu geraten angesichts der Stigmatisierung von Magie in der modernen westlichen Kultur, erst vor kurzer Zeit den Texten der Evangelien und Briefe kritisch zugewandt, in denen Magie vorkommt. Das Fehlen kritischer Beachtung in der Forschung ist durchaus bemerkenswert, denn die neutestamentlichen Autoren waren sich sehr wohl im Klaren über den weitverbreiteten Gebrauch von Magie in der antiken Gesellschaft, und sie scheuten eine Diskussion über dieses Phänomen nicht. Morton Smith und Susan Garrett haben im Anschluß an breitere theoretische Überlegungen zur Bedeutung von Magie zwei in den USA weit beachtete Analysen zum Problem der Magie im NT vorgelegt, die mittlerweile zu den einschlägigen Standardwerken gezählt werden. Der vorliegende Beitrag untersucht den Wandel von Smiths eher inhaltsbezogenem Blickwinkel zu Garretts funktionalistischer Position und diskutiert die veränderten Grundlagen und Voraussetzungen bezüglich Magie und die daraus resultierenden unterschiedlichen Interpretationen. Der Beitrag weist dann nach vorn auf neue, durch Garretts Untersuchungen eröffnete Deutungsmöglichkeiten von Magie auf dem Hintergrund einiger Beispiele aus neutestamentlicher Zeit. 1. Magie im Neuen Testament: Stufen eines Deutungswandels 1.1. Inhaltsbezogene Definitionen und das Werk Morton Smiths Morton Smiths Buch »Jesus the Magician« aus dem Jahr 1971 führt ältere Untersuchungen durch Deißmann und Samain weiter, die bereits sachliche und sprachliche Übereinstimmungen zwischen Erzählungen in den Evangelien und Texten über magische Praxis in griechisch-römischer Literatur herausgearbeitet haben. 2 Smith geht jedoch über die Feststellung bloßer »Parallelen« hinaus und behauptet, der historische Jesus selbst sei ein Magier gewese. Smith verläßt sich bei seiner Suche nach historischen Anhaltspunkten in erster Linie auf formkritische Beobachtungen und konzentriert sich auf solche Traditionen, in denen Jesus Dinge tut, die antike Magier nach dem Ausweis griechisch römischer literarischer und papyrologischer Zeugnisse ebenfalls getan hätten. Smith behauptet gleichzeitig, die Evangelisten hätten immer wieder Spuren magischer Qualität bei den Darstellungen der Taten Jesu zu tilgen versucht, doch hätten solche Traditionen, angefüllt mit magischen Elementen auf allen Ebenen, nicht in Gänze rehabilitiert werden können. Ein oft zitiertes Beispiel ist die offensichtliche Eliminierung des Gebrauchs von Speichel oder der Berührung bei Heilungen in der markinischen Vorlage durch Matthäus. Matthäus und Lukas lassen ferner die Erzählungen von der Heilung des Taubstummen (Mk 7,31-37) und des Blinden bei Betsaida (Mk 8,22-26) aus, beides Geschichten, deren körperbetonte Heilungsmittel stark an Riten erinnern, die Smith in den griechischen magischen Papyri (PGM) gefunden hatte. Selbst die Erzählungen, in denen Jesus sich weigerte, magische Handlungen vorzunehmen, waren für Smith Beweise für seine These. Solche Texte seien rein apologetisch und dienten als Waffe gegen Zeitgenossen, die sich noch an den »Magier Jesus« erinnerten, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Die Erzählung von der Versuchung Jesu in der Wüste (Mk 1,12f.; Mt 4,1-11; Lk 4,1-13), in der sich Jesus weigert, durch die Luft zu fliegen oder Steine in Brot zu verwandeln (beides nach Smith magische Praktiken), gehört in Smiths Augen in diese Kategorie. Freilich kollidiert Smiths These von der fortschreitenden Eliminierung magischer Züge im Jesusbild mit den reichhaltigen Belegstellen, die er für seinen »magischen Jesus« anführen kann, denn die Brotvermehrung, Sturmstillung und andere »magische« Praktiken wurden von den Evangelisten in den Erzählungen belassen. Matthäus fügte sogar eine Erzählung über Magier hinzu (Mt 2,1-12), und Lukas berichtet, daß die Zum Thema Melissa Aubin Beobachtungen zur Magie im Neuen Testament 1 16 ZNT 7 (4. Jg. 2001) ZNT 7 (4. Jg. 2001) 17 Melissa Aubin Beobachtungen zur Magie im Neuen Testament Melissa Aubin Melissa Aubin ist Associate Professor für Religionsgeschichte des Mittelmeerraums an der Theologischen Fakultät der Florida State University. maubin@mailer.fsu.edu Jünger Magier ihrer Zeit überboten. Zentrale Elemente der Überlieferung wie Jesu Taufe, Verklärung und Abschiedsmahl, sind aufgrund Smiths zum Teil recht gewaltsamer Parallelisierungen mit Texten der griechischen magischen Papyri (PGM) und der Kritik früher Opponenten wie Celsus als derart magisch anzusehen, daß das magische Grundsubstrat nicht übergangen werden darf, ohne die Essenz der entstehenden Jesusbewegung zu zersetzen. Für Smith steht fest, daß Jesus letztlich wegen seiner aufsehenerregenden Taten als Magier (und nicht als Lehrer, Gesetzesgelehrter oder Prophet) am Kreuz hingerichtet wurde (vgl. Joh 11,47-50). Daher, so Smith, hatte das frühe Christentum auch nach dem Tod Jesu weiterhin auf berechtigte Magievorwürfe zu reagieren, wie man ihnen in Kelsos’ »Wahrer Geschichte« und mancher rabbinischer Haggada begegnet. Obwohl Smith auf eine eigene Definition von Magie verzichtet, bietet seine Methode doch einen Einblick in sein Magieverständnis. Magie ist, was andere als Magie bezeichnet haben. Der zentrale Bezugspunkt bei Smiths Bemühungen, einzelne Züge im Evangelienmaterial als »magisch« zu erweisen, sind Erzählungen und Riten der zeitgenössischen griechisch-römischen Umwelt, die in der Fachliteratur als magisch firmieren. Solche Zeugnisse reichen für Smith aus, um die Existenz einer »Kaste« von Magiern in der spätantiken Gesellschaft zu postulieren, die auch »Gottessöhne«, Magoi, oder »göttliche Männer« heißen. Je nach Aktivität oder sozialem Status hätte jeder »Magier« (auch Jesus) einer dieser drei, bei Smith freilich nicht deutlich unterschiedenen Gruppen zugewiesen werden können. Wichtig ist für Smith, daß in der Literatur immer ein gewisses Spektrum an Handlungen mit dem Titel »Magier« verbunden ist, die beschreibbar sind und es zulassen, daß der Titel auch auf andere Personen anwendbar ist. Das Publikum, das jemanden mittels einer dieser Bezeichnungen als »Magier« benennt, berichtet also eher auf der Basis einer phänomenologischen Definition seiner Aktivität, als daß es subjektiv benennt. Smiths Magiebegriff ist somit inhaltlich geprägt. Smiths inhaltsbezogene, »substantialistische« Sicht von Magie ist zu einem guten Teil von Erwin Ramsdell Goodenoughs (1892-1965) monumentaler Untersuchung jüdischer Symbole in der griechisch-römischen Welt beeinflußt. 3 Goodenough sah enge Bezüge zwischen den Hymnen und Beschwörungen der griechischen magischen Papyri zum volkstümlichen Judentum und späthellenistischen Synkretismus und unterschied dieses »magische« Judentum strikt vom orthodoxen Judentum der religiösen Antike. Letztlich geht die vom Inhalt des Begriffs »Magie« geprägte wissenschaftliche Tradition jedoch auf das epochale Werk The Golden Bough von Sir James George Frazer (1854-1941) zurück, das die ethnologische Forschung vor und nach dem Zweiten Weltkrieg dominierte und auch heute noch außerhalb akademischer Studien eine gewisse Rolle spielt. 4 Frazers dreiteilige Unterscheidung zwischen Magie, Religion und Wissenschaft, zusammen mit späteren Ausarbeitungen durch Goode, 5 der Religion und Magie in eine sukzessive Abfolge brachte, beförderten die Ansicht, daß »Magie« leicht von »echter Religion« zu trennen sei und letztlich ein Phänomen kultureller und religiöser Dekadenz darstelle. Oft wird dabei behauptet, daß Magie dazu diene, konkrete Ziele für Einzelpersonen zu erreichen, während Religion langfristige, gemeinschaftsbezogene Absichten verfolge; daß Magie gewaltsam-zwingend und manipulativ sei, während Religion auf ernsthaft bittenden Gebeten beruhe; daß Magie professionelle Fähigkeiten erfordere, während Religion nicht institutionell vermittelt sei; daß Magie a-sozial sei, während Religion positive Auswirkungen auf die Gesellschaft besitze. Diese Unterscheidungen lassen sich heute jedoch nicht mehr aufrechterhalten. Verschiedene neuere Untersuchungen zur antiken Religion und Magie haben gezeigt, daß oft genug typisch »mechanische« Verrichtungen (ex opere operato), die traditionellerweiser nur der Magie zugewiesen wurden, in gleichem Maße auch im Zentrum eigentlich als »religiös« angesehener Zeremonien (ex opere operantis) stehen. Auch bezüglich der Ausdrucksformen läßt sich beobachten, daß sich die Terminologie magischer Papyri oft nicht unterscheiden läßt von Bekenntnissen »religiöser« Art. Ferner hat sich herausgestellt, daß sich auch Magie kollektive soziale Ziele zu eigen machen kann, die man bisher nur im Bereich der Religion vermutet hat. So hat beispielsweise Harold Remus in seiner Kritik der inhaltsbezogenen Definition von Magie betont, daß es keine durchweg gültige Unterscheidung zwischen Zauberspruch und Gebet gebe (euche / epode), da beide in ähnlichen Umständen ähnliche Formeln und Zwecke beinhalten. 6 Auch Swartz hat zeigen können, wie Begriffe und Symbole der »traditionellen« rabbinischen Religiosität und Kultur, wie etwa kurze Anekdoten (historiola) für magische Praktiken eingesetzt werden konnten, und wie bestimmte Ziele von Magie (wie etwa Zaubersprüche zum Auswendiglernen) kanonisiert und im Zusammenhang von rabbinscher Gelehrsamkeit eingesetzt werden konnten. 7 Derartige Untersuchungen verdeutlichen eine wachsende Tendenz, die traditionelle, an Abgrenzung interessierte, inhaltsbezogene Definition von Magi e zu hinterfragen. 1.2. Magie als gesellschaftlich konstruierte Kategorie Im Zuge der neueren Forschung haben sich funktionale Modelle aus dem Bereich soziologischer und anthropologischer Theorien als fruchtbarer erwiesen, in denen Etiketten wie »Magie« als wichtige Elemente gesellschaftlicher Identitätsbestimmung und Kontrolle verstanden und nicht mehr vom Inhalt her definiert werden. In der Perspektive dieser Forschungsrichtung ist es nunmehr unmöglich, Magie und Religion in unterschiedliche sozio-kulturelle Kategorien einzuteilen. Vielmehr ist »Magie« ein situationsspezifischer Terminus zur Bezeichnung sozialer Abweichung, der stets abhängig vom gesellschaftlichen Kontext ist und vielfältige qualitative Bedeutungen besitzen kann. Peter Brown, David Aune, Susan Garrett und Jonathan Z. Smith haben solche Modelle aufgegriffen und zeigen dementsprechend, wie »Magie« und »Religion« in ganz ähnlicher Weise wie die Begriffe »Häresie« und »Orthodoxie« verwendet werden. 8 Sie vertreten eine universelle Definition von Magie im Sinne einer Form religiös abweichenden Verhaltens, bei denen individuelle oder gesellschaftliche Ziele erreicht werden sollen, die normalerweise durch die dominante religiöse Institution nicht gedeckt werden. Sieht man genauer hin, dann zeigt sich nämlich, daß bereits die einschlägige, im Zusammenhang mit Magie begegnende Terminologie in positiver und negativer Schattierung verwendet werden kann und allein schon daher einen funktionalistischen und keinen substantialistischen Zugang erfordert, zumal ja hinzukommt, daß bereits die Wahl des Begriffs »Magie« ein Resultat des gesellschaftlichen Kontextes dessen sein kann, der ihn verwendet bzw. auf den er angewandt wird. So hat etwa Kolenkow betont, daß Magievorwürfe in der Antike oft in feindseligen Kontexten auftreten, wie z.B. Vorwürfe politischer Subversion, Hexerei und Neid, um Magievorwürfe gegen Wundertäter wie Apollonius von Tyana oder Apuleius von Madaura zu untermauern. 9 Ähnlich hat auch Ricks herausgearbeitet, daß in rabbinischen Texten stets das als »magisch« gebrandmarkt wird, was von der rabbinischen Interpretation der israelitischen Gesellschaft und ihrer Werte und Handlungen abweicht. 10 Freilich bleiben noch einige wichtige Fragen offen. Wenn wir Magie als eine verortende und relationale Kategorie verstehen, wie verändert diese Erkenntnis unsere akademische Sprache? Nicht ohne Grund befaßten sich daher viele Autoren mit der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des heutigen Gebrauch des Begriffs »Magie«, dessen Voreingenommenheit und Vorurteilslastigkeit in den Quellen belegt ist. Die Untersuchung der antiken Begriffe, die wir mit »Magie« übersetzen, führte also nicht zuletzt auch zur willkommenen Besinnung über den Einsatz analytischer Termini, die in dieser Studie verwendet werden. Doch zurück zu den Texten. Wenn man sich die semantische Breite spätantiker Begriffe betrachtet, die üblicherweise mit »Magie« übersetzt werden, 18 ZNT 7 (4. Jg. 2001) Zum Thema wird rasch deutlich, daß deren philologische Bedeutungsnuancen nicht von den sozialen Kontexten geschieden werden können, in denen sie verwendet werden. Indem sie das Verhältnis zwischen Benennendem und Benanntem beschreiben, verdeutlichen Magievorwürfe den Umgang von Gruppen untereinander und bringen die Tatsache zu Bewußtsein, daß man im Prozeß der Benennung sowohl sich selbst als auch den anderen definiert. In den griechisch und lateinisch sprechenden Teilen der Mittelmeerwelt wurden die Wörter magos / magus mit einer Vielzahl von Konnotationen verwendet, um eine ganze Schar an Dingen von der »ehrbaren« persischen Religion über offensichtliche Scharlatanerie hin zur skandalbeladenen Hexerei zu bezeichnen. In etymologischer Hinsicht stammen der Begriff magos / magus und ihre Derivate magikos / magicus und mageia / magia vom Eigennamen Magos / Magus, der einen medischen Stamm 11 bzw. seine persischen Priester, 12 Traumdeuter und Zeremonienmeister bezeichnet. Vermutlich wurden Magoi um 540 v. Chr. in der griechischen Welt bekannt, als griechische Städte in Kleinasien an Kyros fielen, obwohl unser erster literarischer Beleg mindestens ein Jahrhundert später anzusetzen ist. 13 Politische Vorurteile und ein sich entwickelnder Rationalismus prägten freilich später den Begriff in nicht unerheblicher Weise. Magoi/ magi wurden von griechischen und römischen Autoren, die sich in der geistigen Distanz gegen die Kulturen am östlichen Rand des Reiches einig waren, fälschlicherweise als Scharlatane abgewertet. 14 Besonders Persien blieb Roms mächtigster Gegner während der gesamten Kaiserzeit, und daher unterlagen Magi der tiefsitzenden Abneigung spätantiker Autoren, die auf früheren griechischen Kritikern aufbauten, 15 vor allem Herodot. 16 Noch Plinius und Plutarch, um ihre schärfsten Kritiker zu nennen, verleumdeten die Magi als betrügerisch. 17 Im Laufe der Zeit prägten diese Wertungen den Bedeutungsgehalt der Termini magos / magus und ihrer Verwandten derart, daß die ursprünglich neutrale Bezeichnung persischer Priester zugleich für religiöse outsider und sogar ausgesprochene Gauner verwendet werden konnte. 18 Einige beanspruchten (oder bekamen gegen ihren Willen) das Etikett magos / magus beigelegt, obwohl sie keine wirkliche Verbindung zu Persien besaßen. 19 In der griechischen Literatur bezeichnete man solche Personen auch gern als goetai, ihre Praxis als goeteia, ein wenig schmeichelhafter Begriff, der soviel bedeutet wie Schwindler oder Zauberer. Obwohl Platon der goeteia im Symposion (202e) ein bestimmtes Maß an Glaubwürdigkeit zuzugestehen bereit ist, sind doch fast alle übrigen Verwendungen des Begriffs abwertend. 20 Der zweifelhafte Tenor von magos / magus ist unmittelbar, 21 in rechtlichen Texten fast immer negativ. 22 Immer wieder mußten Personen, die von ihren Anhängern als »göttlicher Mensch« (theios aner) verehrt wurden (wie etwa Apollonios von Tyana oder Apuleius von Madaura), ihre zahlreichen Kritiker und Neider davon überzeugen, daß sie weder magi noch goeteis waren. 23 Philostratus beeilt sich sicher nicht ohne Grund zu zeigen, daß Apollonius als kompetenter Philosoph selbstverständlich nicht davor zurückschreckte, sein okkultes Wissen zu vermehren, ohne aber je Magie parktiziert zu haben. 24 Interessanterweise verteidigt auch Eusebius Jesus gegen den Vorwurf des Betrugs und der Magie. 25 Letztendlich scheint also die Verbindung mit den verdächtigen östlichen Rändern der römischen Welt die Bedeutung von magos / magus in negativer Weise eingefärbt und ein geographisches Moment in die distanzierende Klassifikation eingebracht zu haben. Zum Teil ist daher die griechische und lateinische Terminologie (wie letztlich auch die englische und deutsche) verknüpft mit dem ideologisch motivierten Versuch, westlich-mediterrane Kultur von denen des suspekten (oder romantisierten) Orients zu distanzieren. In diesem Sinne kann man mit Jonathan Z. Smith sagen: Magie verortet religiöse Abweichung gleichzeitig an die territoriale als auch die ideologische Peripherie des herrschenden Weltbildes. Durch den Stempel »geographischer« Distanz werden nicht nur die realiter geographisch »Anderen« zu Fremden, sondern auch die »Eingeborenen« mit religiös abweichenden Verhalten zu Fremden in der eigenen Heimat. 1.3. Gesellschaftlich konstruierte Magie und das Neue Testament : das Werk von Susan Garrett Susan Garretts Buch »The Demise of the Devil« machte erstmals die funktionalistische Definition von Magie für die Interpretation des Neuen Testaments fruchtbar, vor allem hinsichtlich der Apostelgeschichte. Im Gegensatz zu eher objektivierenden ZNT 7 (4. Jg. 2001) 19 Melissa Aubin Beobachtungen zur Magie im Neuen Testament Fragen wie »Waren Christen Magier? « oder »Praktizierte Jesus Magie? «, wie sie etwa Smiths formkritische Studien beinhalten, bemühte sich Garrett zu verstehen, wie Magie in der lukanischen Erzählung als kulturspezifische Bezeichnung für religiöse Abweichung fungierte und wie die Verwendung des Begriffs durch den Erzähler die Wahrnehmung und Erfahrung derer formte, die die Erzählung lasen. Garrett vermutete, daß die »magischen« Handlungen, die Lukas auf der irdischen Ebene der Jesusgeschichte in Szene setzte, in die übergreifende Story des Konfliktes zwischen kosmischen Mächten auf einer übernatürlichen Ebene eingebunden sind. Entscheidend für Garretts Argumentation ist, daß die Begrifflichkeit des Satanischen, Dämonischen und Magischen in der Gedankenwelt der lukanischen Leserschaft grundsätzlich austauschbar ist. Garrett zufolge hätten die christlichen Leser der Apostelgeschichte aufgrund ihrer Verwurzelung in der Bildwelt des zeitgenössischen Judentums jegliche magische Handlung von Gruppenfremden automatisch mit dem Satanischen und Bösen assoziiert. Lukas setzt diese Interpretationstrategie auf Seiten seiner Leser bewußt ein, um den Unterschied zwischen den augenscheinlich »magischen« Handlungen von Gruppenfremden und -zugehörigen auf der Basis ihrer jeweils bösen oder guten Herkunft zu bewerten. Garrett begründet ihre Sicht in detaillierten Analysen von Texten aus dem Lukasevangelium (Lk 4,1-13; 11,14-23; 10,17-20) und der Apostelgeschichte (Apg 8,4-25; 13,4-12; 19,8-20). In der Evangelientradition wird Jesu Kampf gegen die magischen bzw. satanischen Mächte zuerst in der Versuchung in der Wüste thematisiert (Lk 4,1-13), wo sich Jesus und der Heilige Geist weigern, sich der Autorität Satans zu unterwerfen. Jesu großer Erfolg beim Austreiben unreiner Geister und in der Lehre bestätigen nur die Wirkungslosigkeit der Macht Satans. Die lukanische Version der Beelzebul-Kontroverse (Lk 11,14-23) beantwortet die Frage nach der Herkunft der Kraft, mit der Jesus über die unreinen Geister gebietet. Im Licht von Jes 53,12 gelesen mag die Episode nach Garrett auch auf Jesu Passion hinweisen, wenn »der Starke« endgültig bezwungen wird. Der dritte von Garrett behandelte Text ist Lk 10,17-20, in dem die Siebzig von ihrer Mission zurückkehren und von Jesu Vision des »Falls Satans aus dem Himmel« erfahren (Lk 10,18). Auch dieser Text, behauptet Garrett, stellt wieder eine Verbindung zwischen der Niederlage des Teufels und Jesu Tod bzw. seiner Auferstehung und Himmelfahrt dar. Jesu Verheißung, auf Schlangen und Skorpione zu treten und Macht über die Gegner zu besitzen, ist nichts anderes als das Versprechen »magischer« Kraft: die Siebzig erhalten die Macht über die Macht des Bösen, die erst Magie möglich macht. Weil die Macht Satans sich in Magie auswirkt, bringt die Entmachtung Satans das Ende der Magie, sobald er durch Jesus gebunden ist. Besonders deutlich wird dieser Grundsatz in der Apostelgeschichte, der sich Garrett im zweiten Teil ihres Buches widmet. Lukas demonstriert die Machtlosigkeit des Teufels und der Magie in der Ära nach der Auferstehung vor allem dadurch, daß die Apostel gegen Magie von Außenstehenden ankämpfen und sie überwinden. In der ersten Episode werden Philippus’ Zeichen (semeia) den Zaubertricks (mageiai) Simons gegenübergestellt (Apg 8,4- 24). Simon selbst sieht die christlichen Zeichen als Magie und konvertiert, doch zeigt sich Simons Unverständnis darin, daß er dafür zu zahlen bereit ist, die christlichen Zeichen zu erlernen. Lukas zeichnet die Techniken des Magiers und des Evangelisten bewußt in ähnlicher Weise, um zu akzentuieren, daß der magischen Kraft des Scharlatans Simon die überlegene Macht fehlt, die von Gott stammt. Die zweite Episode zielt in eine ähnliche Richtung (Apg 13,4-12). Hier versucht der Magier und Falschprophet Bar-Jesus, die Konversion des Prokonsuls durch Paulus zu verhindern. Der offensichtlich »magische« Gegenfluch des Paulus blendet und entmachtet Bar-Jesus und beweist dadurch, daß es nicht auf die blanke Magie ankommt, sondern allein auf die Autorität hinter ihr. Indem Paulus mit seiner von Gott stammenden Macht die Machtlosigkeit Bar-Jesu entlarvt, unterstreicht auch diese Geschichte das erzählerische Anliegen des Lukas, wonach die Niederlage Satans auch die Niederlage der »Magie« nach sich zieht, die er sanktioniert. In der dritten Geschichte (Apg 19,8-20: Paulus und die sieben Söhne des Skeuas), erscheint Paulus in Morton Smiths Sinne als am »magischsten«, indem er Wunder vollbringt und sogar Fetzen seines Gewandes hergibt, um andere zu heilen und Geister zu bezwingen. Die sieben Söhne des Skeuas versuchen selbst, im Namen Jesu zu heilen, scheitern aber kläglich. Vielmehr überwältigt der böse Geist 20 ZNT 7 (4. Jg. 2001) Zum Thema ihres Klienten die Wanderexorzisten und erklärt, er kenne zwar Jesus und Paulus, sie jedoch seien ihm unbekannt. Wiederum schlägt Lukas Kapital aus der äußeren Ähnlichkeit zwischen christlichen Zeichen und den übernatürlichen Handlungen anderer und wendet sie pointiert ins Gegenteil: wenn auch eine äußere Ähnlichkeit besteht, so ist die Quelle der jeweiligen Krafttaten doch eine ganz verschiedene. In der Frage der Herkunft der Kraft gibt es für Lukas auch nicht die geringste Entsprechung. So ist das Ende der Geschichte nur konsequent: Aufgrund des Scheitern der Söhne des Skeuas tragen die Einwohner von Ephesus ihre magischen Utensilien zusammen und verbrennen sie öffentlich. So wird die Machtlosigkeit der satanischen Mächte auch öffentlich negiert, und das Wort des Herrn wuchs »mit Macht«. Für Garrett fungiert »Magie« also ganz im Sinne der neueren Forschung als verortende, relationale Kategorie, die der Unterscheidung zwischen der mit diesem Begriff bezeichneten Gruppe und dem Bezeichner dient. Insofern ist der Magievorwurf also stets eine »Erfindung« des Autors der Geschichte, in der er vorkommt. Garretts Definition ist jedoch nicht allein ein bloßes Werturteil, da sie immer noch Umstände und Verhaltensweisen erkennt, die auch sie als »typisch« für spätantike Magier anführt (wie z.B. daß Simon Magus für Handlungen bezahlen will), die die Kategorie »Magie« über die rein relationale Ebene hinausheben. Dennoch unterscheidet sich Garretts Bewertung signifikant von der Morton Smiths, weil sie verständlich machen kann, warum christliche Autoren der zweiten und dritten Generation ihrerseits den Vorwurf der Magie aktiv gegen andere erheben und nicht nur lediglich auf das antworten, was andere zu Recht oder zu Unrecht gegen sie richteten, wie Smith uns glauben machen wollte. Ein letzter Gedanke sei noch angefügt. 2. Das Verorten von Magie in zeitgenössischen jüdischen Quellen Die Auseinandersetzung mit Magie im Alten Testament und der rabbinischen Literatur ist durch eine ebensolche Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Anderen geprägt, wie wir sie gerade kennengelernt haben. 26 Ausnahmslos wird Magie auf fremde und verunreinigende Einflüsse von außen zurückgeführt, während sich die Orthodoxen selbst als »Israel« definieren. So greift die Weisheit Salomos (2. Jh. v. Chr., aus Ägypten) ein altes deuteronomistisches Thema neu auf: »Darum bestrafst du die Sünder nach und nach; du mahnst sie und erinnerst sie an ihre Sünden, damit sie sich von ihrer Schlechtigkeit abwenden und an dich glauben, Herr.« (Weish 12,2-3). Traditionen über die nordöstlichen Feldzüge des Judas Makkabäus gegen die griechischen Seleukiden unter Gorgias (II Makk 12,32-45) sehen die Ursache des Todes der gefallenen Juden darin, daß sie der ausländischen Sitte gefolgt seien, Amulette zu tragen (»die heiligen Zeichen der Götzen von Jamnia«, II Makk 12,40). Dies aber, fügt der Autor explizit hinzu, »verbietet das Gesetz«. Auch in rabbinischen Texten wird Magie weithin als charakteristisches Verhalten von Außenstehenden wahrgenommen, sie wird verdammt als ein Überbleibsel der untergegangenen Kulturen des Landes und böswilliger Fremder, die noch jetzt das Land bewohnen. Trotz dieser Sicht, wonach Magie die Praxis der Fremden ist, konnte man Vorwürfe der Magie gegen Angehörige des eigenen Volkes richten, wenn man ihr Verhalten als Abweichung von rabbinischer Orthodoxie wahrnahm. Insofern wurden die der Magie Bezichtigten aus dem Zentrum rabbinischer Tradition gleichzeitig entlang zweier Linien ausgeschlossen: Sie wurden sozusagen »horizontal« in geographischer Hinsicht aus dem Gebiet des Judentums in die Welt außerhalb Israels ausgestoßen und zugleich »vertikal« marginalisiert, indem man sie aus der Beziehung zu Gott ausschloß, deren Gestaltung rabbinisch-orthodoxen Maximen folgte. Zwei Texte, die für die neutestamentliche Zeit von Belang sind, sollen dies zum Abschluß verdeutlichen. Einige Passagen der Mischna befassen sich mit der Person des Hexers (makhshef) und unterschieden, um dieses offensichtlich beunruhigende Phänomen zumindest unter begriffliche Kontrolle zu bekommen, zwischen Verhaltensweisen, die als unbedenklich galten, und anderen, denen ein strenges Verbot auferlegt war. Im Traktat Sanhedrin ist zu lesen, daß die Praxis der Hexerei (kishuf) das Überschreiten der Grenze zwischen Menschlichem und Göttlichem impliziert, die durch rabbinische Bestimmungen markiert war. In mSanh 7,7 werden Wahrsagerei und der Besitz ZNT 7 (4. Jg. 2001) 21 Melissa Aubin Beobachtungen zur Magie im Neuen Testament eines »Hausgeistes« (Handlungen, die bereits in Dtn 18,10f. untersagt sind) mit dem götzendienerischen Kult des Fremdgottes Moloch identifiziert: »Wer seine Nachkommen dem Moloch gibt (Lev 20,2), verdient Strafe nur, wenn er sie dem Moloch gegeben hat und sie durchs Feuer hat gehen lassen. […] Wer einen Hausgeist hat (Lev 20,27) - dies ist einer, der die Toten sprechen läßt aus den Achselhöhlen - und wer ein Wahrsager ist - dies ist einer, dessen Geist durch seinen Mund spricht - siehe, diese werden getötet durch Steinigen. Und der, der ihre Fälle untersucht, sei gewarnt (Lev 19,31; Dtn 18,10f.).« Die Passage greift in lebendiger Form biblische Bezüge zwischen Fremdheit/ Idolatrie und Magie auf, die noch Jahrhunderte später in talmudischen Auslegungen auftauchen. 27 Der Ausdruck »seine Nachkommen dem Moloch geben« setzt im übertragenen Sinn die Fremdheirat mit den Ammonitern mit dem Fremdkult des ammonitischen Gottes gleich und verdeutlicht die doppelte Sünde sozialer und religiöser Apostasie. Religiöses Abweichlertum wird illustriert durch die Vorstellung, seine Nachkommen durchs Feuer gehen zu lassen (Lev 18,21), eine Form der Verehrung Molochs, die regelmäßig in biblischen Texten begegnet (II Kön 16,3; 21,6; Jer 7,31; 19,5; 32,35). Durch den Bezug auf diese unglücklichen Vorläufer verortet die Mischna das Vergehen des Schuldigen in der biblischen Geschichte und grenzt ihn so aus. In einer rabbinischen Liste von rituell fragwürdigen Grenzfällen religiösen Verhaltens finden sich folgende Bestimmungen (sog. »Amoritischen Kapitel«): Dies sind die Wege des Amoriters (…): die, die ihr Kind zwischen den Gräbern umherzieht, der, der ein Polster unter seinen Schenkel bindet und einen roten Faden um seinen Finger, der, der Kiesel zählt und in das Meer oder einen Fluß wirft, der, der klatscht und schlägt und tanzt vor einer Flamme (…), der, der ein Stück Brot fallen läßt und dann sagt: »Gib es mir zurück, damit ich meinen Segen nicht verliere«. der, der ein Fenster mit Dornen zustopft, der, der ein Stück Eisen an das Bein eines Bettes mit einer Frau in Wehen bindet, der, der einen Tisch vor ihr deckt - aber es ist erlaubt, das Fenster mit Decken zuzustopfen oder mit Garben, und einen Becher mit Wasser vor sie hin zu stellen und eine Henne anzubinden, um ihr Gesellschaft zu leisten. 28 Auch hier fällt sofort die »Historisierung« der aufgezählten Verhaltensweisen auf. Im Alten Testament bezeichnet der Begriff »Amoriter« kanaanäische Stämme, die Mose und Josua besiegte. 29 Sie galten bereits im Alten Testament als typische Götzendiener. 30 Die Rabbinen beziehen dieses Siglum freilich nicht auf solche Praktiken, die von Nichtjuden ausgeführt werden, sondern auf Handlungen, die bekannt und ortsüblich waren. Seidel schlägt darüber hinaus vor, daß der Begriff »amoräisch« eine geschickte Anspielung auf das hebräische Wort für »römisch« sei (amori/ romai) 31 und fügt so ein weiteres Beispiel dafür hinzu, daß der Vorwurf der Magie bestimmte Handlungen mit geographischen Mitteln als fremd konstruiert. Das Gegenstück dieser Konstruktion ist das in spätantik-rabbinischer Literatur oft wiederkehrende Thema der Zusammengehörigkeit Israels, nachdrücklich verdeutlicht in Polarisierungen, die Israel als rechtschaffen, einig, einzigartig, engelsgleich und überlegen abgrenzen von den frevlerischen, uneinigen, tiergleichen und tieferstehenden Fremdvölkern. 32 Derartige Charakterisierungen dienten dazu, die jüdische Identität auf dem Hintergrund der multikulturellen spätantiken Gesellschaft zu konsolidieren. Indem die Rabbinen Israels Identität als vereinte, »subjective collectivity« porträtierten, entfernten sie die oft verwirrende Vielfalt an Lebensformen von ihren Grenzen, die sie den Römern, Nichtjuden, rituell Zweideutigen und Abtrünnigen (minim) zuschrieben. 3. Zusammenfassung Daher kann Magie sowohl im Neuen Testament als auch in der zeitgenössischen Literatur mit Recht bestimmt werden als Instrument zur Etikettierung (labeling device), durch das sozio-kulturelle Unterscheidungen angezeigt werden, und weniger als exakte Bezeichnung bestimmter, inhaltlich zu definierender Handlungen sui generis. Jesus kann durchaus Taten vollbracht haben, die die einen als Magie, die anderen als Wunder bezeichnet haben, doch reichen die wenigen quellenkritisch zudem umstrittenen Traditionen sicher nicht aus, um Jesus im Sinne Smiths vollends zum »Magier« zu erklären. Maßgeblich ist der Standpunkt des Betrachters. Da den kanonischen Evan- 22 ZNT 7 (4. Jg. 2001) Zum Thema gelien auch stets daran gelegen war, die frühen Gemeinden vor Verleumdung zu schützen und ihre Lehre als glaubwürdig darzustellen, werden (wie etwa bei Markus) dementsprechende Handlungen Jesu natürlich als ernstzunehmende Wunder dargestellt. Kaum ist das Christentum fester etabliert, verstärkt sich diese vorsichtig apologetische Haltung noch, so etwa in der Apostelgeschichte, wo prominente Vertreter frühchristlicher Gemeinden den Vorwurf der Magie ihrerseits gegen antichristliche Kritiker vorbringen und damit unter Beweis stellen, daß die beste Verteidigung gegen die Anklagen anderer immer noch ein beherzter Angriff auf die Gegner ist. Anders als ihre Rivalen diagnostizieren die Christen der Apostelgeschichte Magie stets bei anderen und beanspruchen sie nie für Ihresgleichen. Dadurch ziehen sie eine deutlich wahrnehmbare Grenze zwischen sich und den anderen in einer Welt, in der keine allgemein akzeptierten oder konsistenten Regeln existieren, mit denen man die Magie des einen vom Wunder des anderen unterscheiden kann. Anmerkungen 1 Übersetzt und leicht bearbeitet von Jürgen Zangenberg. 2 San Francisco 1971; A. Deißmann, Licht vom Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt, Tübingen 2 1923; J. Samain, L’accusation de magie contre le Christ dans les Evangiles, EThL 15 (1938), 449-490. 3 E.R. Goodenough, Jewish Symbols of the Greco-Roman Period, New York 1953-1986. 4 J.G. Frazer, The Golden Bough. A Study in Magic and Religion, London 3 1980 (Nachdruck der Ausgabe von 1913). 5 W.J. Goode, Magic and Religion. A Continuum, Ethnos 14 (1949), 172-182. 6 H. Remus, »Magic or Miracle«? Some Second Century Instances, The Second Century 2 (1982), 127-156. 7 M. Swartz, Scholastic Magic, Princeton 1996, 65f. 215f. 8 P. Brown, Sorcery, Demons, and the Rise of Christianity, in: M. Douglas (Hg.), Witchcraft. Confessions and Accusations, London 1970, 17-45; D.E. Aune, Magic in Early Christianity, ANRW II 23/ 2 (1980), 1510-1557; S. Garrett, The Demise of the Devil. Magic and the Demonic in Luke’s Writings, Minneapolis 1989; J.Z. Smith, Towards Interpreting Demonic Powers in Hellenistic and Roman Antiquity, ANRW II 16/ 1 (1978), 425-439. 9 A.B. Kolenkow, A Problem of Power. How Miracle Workers Counter Charges of Magic in the Hellenistic World, SBL.Seminar Papers 1 (1975), 105-110. 10 S.D. Ricks, The Magician as Outsider in the Hebrew Bible and New Testament, in: M. Meyer/ P. Mirecki (Hgg.), Ancient Magic and Ritual Power, Leiden 1995 (RGRW 129), 131-143. 11 Herodot, 1,101; Strabo, 15,3,1. 12 In der Mitte des 5. Jh. v.Chr. erzählt Herodot, daß magoi als Traum- und Vorzeichendeuter fungierten und öffentliche und private Opfer als Mittler darbrachten (1,132). Herodots Skepsis gegenüber der Wirksamkeit der Riten der Magier (7,191) trug zu dem oft sarkastischen Ton bei, der dem Begriff magos seit dieser Zeit anhaftete. 13 Herodot, 1,101; Aristoteles, Fragmenta 36. 14 Zahlreiche Beispiele dieser Vorbehalte und ihrer Wirkung auf die Darstellung des Ostens bietet C. Edwards, The Politics of Immorality in Ancient Rome, New York 1993. 15 Vorbehalte gegen den »Osten« wurden in der republikanischen und kaiserzeitlichen Politik oft instrumentalisiert: Cornelius Hispallus verbannte die chaldäischen Astrologen aus Rom im Jahre 139 v. Chr. - offensichtlich auf der Grundlage, daß sie Magier waren (vgl. E. Tavenner, Studies in Magic from Latin Literature, New York 1916; J.E. Lowe, Magic in Greek and Latin Literature, Oxford 1929). Beide Autoren verzeichnen eine Serie staatlicher Zwangsmaßnahmen gegen Magier: im Jahre 33 v. Chr. werden Magier und Astrologen aus Rom vertrieben, zwanzig Jahre später ordnete Augustus an, alle Bücher okkulten Inhalts zu verbrennen. Im Jahr 16 n. Chr. wurden Magier und Astrologen aus Italien verbannt, was mit Edikten anderer Kaiser 69 und 89 n. Chr. erneuert wird. 16 Herodot, 1,140 beschuldigt Magoi der Inzucht, was wohl eine Übertreibung ist und eher auf die Hochschätzung der Arkandisziplin zurückgeht als auf tatsächliche Zustände. 17 Plinius d.Ä., Naturgeschichte, - 14-17; Plutarch, De Iside et Osiride 46f. 18 Heraklit 14; Sophokles, Oedipus tyrannus 3; Euripides, Orestes 1498; Platon, Rep 372e; Vettius Valens, Astrologus 74,14. 19 Apg 13,6-12; Josephus, Antiquitates 20,142; Philo von Byblos in Eusebius, Praeparatio Evangelica 1,10,52 (PG 21,90). 20 Josephus qualifiziert in Bellum 2,262f.; Antiquitates 20,92; 20,167f. Wundertäter mit diesem Begriff ab; vgl. auch Platon, Symposion 203d; Menon 80b; Gesetze 909a-e.932e; Aeschines 3,137; Kelsos in Origenes, Contra Celsum 1,71; 2,32.49; 8,41. 21 Origenes, In Numeri homilia 13,5 (PG 12, 672); Lukian, Menippus, 3-10; Tacitus, Annalen 2,27. 22 Das Zwölftafelgesetz (451/ 50 v.Chr.) verbot jedem ausdrücklich, die Früchte des Nachbarn durch Magie auf die eigenen Felder zu locken. Ein tatsächlicher Prozeß wegen Verletzung dieser Gesetze wurde vor Spurius Albinus im Jahre 157 v.Chr. gehalten (Plinius d.Ä., Naturgeschichte 18,41-43). Tacitus erwähnt einen Mann, der sich gegen Anschuldigungen zu Wehr setzen mußte, er ZNT 7 (4. Jg. 2001) 23 Melissa Aubin Beobachtungen zur Magie im Neuen Testament betreibe die »Riten der Magi« (Annalen 6,29). Kaiser Konstantin untersagt Rituale, die anderen schaden, erlaubt aber solche, die die Ernte bewahren (Codex Theodosianus 9,16,3); Gaius macht ähnliche Unterscheidungen (Digesten 50,16,232). Sogar »konstruktive« Magie wurde letztendlich verboten, und der Theurg, dessen Rituale weitgehend akzeptiert waren, behielt ein »wachsames Auge für die entgegegesetzten Meinungen der Kaiser« (Eunapius, Vitae 471). 23 Philostratus, Vita Apollonii 8,7,2f. 24 Vgl. Kolenkow, Problem. 25 Demonstratio Evangelica 3,103-134 (PG 22, 188-236). 26 Zusätzlich zu »Magiern« bringt die rabbinische Literatur die Idee der geographischen Fremdheit ins Blickfeld, wenn sie von Samaritanern spricht. Sie wurden viel öfter als »Kuthäer«, d.h. Nachkommen der fremdstämmigen Einwanderer aus dem östlichen Kutha, bezeichnet (vgl. yGit 1,4; bQid 75b; yQid 4,1; bYeb 24b; tTer 4,12; bHul 6a u.a) als mit ihrer biblischen Bezeichnung Shomronim (nur in GenR 81,3) (zu den Texten vgl. J. Zangenberg, S AMAPEIA. Antike Quellen zur Geschichte der Samaritaner in deutscher Übersetzung, Tübingen 1994 [TANZ 15], 96-106). Dies zeigt die Vorliebe der Rabbinen, sie als fernstehend zu kategorisieren. Siehe L. Schiffman, The Samaritans in Tannaitic Halakha, JQR 75 (1985), 323-350. 27 Nach bSanh 53a verdienen die, die »ihre Nachkommen dem Moloch« geben, die Todesstrafe und ihre Tat gilt als Hexerei. 28 TShab 6,1-5. 29 Amoriter als Volk aus der Frühzeit Israels werden erwähnt in tBM 2,12 (yBM 2,4; bBM 25b); bBer 54a; bKet 112a. 30 Vgl. Gen 15,16 (und entsprechend GenR 97,6), Ri 6,10; Jos 24,15; 1Kön 21,26; 2Kön 21,11). 31 J. Seidel, Charming Criminals. Classification of Magic in the Babylonian Talmud, in: Meyer, Magic, 161. 32 Vgl. MSanh 10,1; ExR 42,9; ySot 1,10; bShab 67a; yShab 6,9; LevR 4,6; PesRabbati 11,2; yNed 9,4; bQid 70a; ExR 15,6; Sifre Num 119; bHag 16a; bSanh 39ab; bMen 53ab; Sifre Dtn 97,344; yBer 7,18 im Gegensatz zu bQid 49b; mYeb 8,3 u.a; mToh 7,6; tToh 6,11; mKel 1,8; mPes 8,8; Pesiqta Rab Kahana 15,10. Die Völker werden als Hunde bezeichnet in MidTehillim 4,8 und 4,11; als Bären in bMeg 11a; bQid 72a; bAZ 2b; als Esel in bBer 25b. 24 ZNT 7 (4. Jg. 2001) Zum Thema
