eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 4/8

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
121
2001
48 Dronsch Strecker Vogel

Töpfe, Texte, Theorien - Archäologie und Neues Testament

121
2001
Holger Tiedemann
znt480048
»Wie wundervoll sind diese Wesen, Die, was nicht deutbar, dennoch deuten, Was nie geschrieben wurde, lesen, Verworrenes beherrschend binden, Und Wege noch im Ewig-Dunkeln finden.« Hugo von Hofmannsthal, Der Tor und der Tod Am Anfang der christlichen Archäologie steht der Legende nach eine Frau: die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, Helena (ca. 250-329). Das Finderglück der Kaisermutter schien keine Grenzen zu kennen. Als Mark Twain 1867 in das Heilige Land reiste, hielt er in seinem Reisetagebuch anerkennend-süffisant über die ›heilige Helene‹ fest: »Sie bereiste ganz Palästina und hatte stets Glück. Wann immer die gute alte Enthusiastin einen Gegenstand in ihrer Bibel, Altes oder Neues Testament, erwähnt fand, zog sie los, suchte nach dem Gegenstand und machte nicht halt, bis sie ihn gefunden hatte. Wenn es Adam war, fand sie Adam; wenn es die Arche war, fand sie diese; wenn es Goliath oder Josua war, fand sie diese.« 1 Berühmtheit erlangte ›die gute alte Enthusiastin‹ vor allem durch die Auffindung des Kreuzes Christi. Die gegen Ende des vierten Jahrhunderts wuchernde Helena-Legende gibt ihre durchaus Bedenken erweckende ›archäologische Methode‹ wie folgt wieder: Eine Version läßt sie das Kreuz finden aufgrund mysteriöser Träume. Eine andere berichtet davon, wie sie durch die energische Befragung eines Juden das ›Versteck‹ des Kreuzes in Erfahrung bringt. Doch die Grabung an der angegebenen Stelle fördert nicht ein, sondern drei Kreuze zu Tage. Um nun das wahre Kreuz Christi zu identifizieren, läßt Helena einen Leichnam herbeischaffen. Nacheinander werden die Kreuze auf den Toten gelegt. Bei Kreuz Nummer 1 und 2 - offensichtlich die Kreuze der ›Schächer‹ - tut sich nichts. Bei dritten Kreuz jedoch erwacht der Tote zum Leben. Kein Zweifel: Dieses muß das Kreuz Christi sein. Die moderne Archäologie hat derartige Praktiken weit hinter sich gelassen. Gleichwohl hat sie ein Element der Helena-Legende nie ganz abgestreift: Die ans Magische grenzende Zuversicht, es sei möglich mit Hilfe archäologischer Funde Vergangenes für die Gegenwart wieder ›auferstehen‹ zu lassen. Gerade die Biblische Archäologie bietet eine Fülle von Beispielen für Hals-über-Kopf- Sprünge über den ›garstigen Graben der Geschichte‹ (Lessing). Legitimerweise kann man Knochen, Scherben und Krüge etc. benutzen, um Vergangenheit anschaulich werden zu lassen. Etwas anderes ist es, mit Hilfe ihrer Ansprüche der Gegenwart zu formulieren. Dann tritt Archäologie in die Dienste gegenwärtiger (Symbol-)Politik. Dies tut der Interpretation von Knochen, Krügen und Scherben meistens nicht gut - und der Politik auch nicht. Überflüssig zu sagen, daß es der Interpretation biblischer Schriften ebenfalls nicht förderlich ist. Selbst höchst versierten Archäologen fällt es gelegentlich schwer, beide Gebrauchsweisen der Archäologie voneinander zu unterscheiden. Nur ein Beispiel 2 : Als Yigael Yadin, einer der großen Archäologen dieses Jahrhunderts, in der Judäischen Wüste die Höhlen der Rebellen um Bar Kochba sowie ihre Papyri entdeckte, lud er die gesamte israelische Regierung ein, sich in der Residenz des Präsidenten Ben Zvi einzufinden. Niemand der Geladenen kannte den Grund der Zusammenkunft. Schließlich ergriff Yadin das Wort: »Exzellenz, Herr Präsident des Staates Israel. Ich habe die Ehre, ihnen Briefe zu präsentieren, die der letzte Präsident des Staates Israel verschickte: Bar Kochba.« Der garstige Graben der Geschichte war übersprungen. Ben Zvi und Bar Kochba waren vom Archäologen mit großer rhetorischer Geste zusammengeschweißt zu einer überzeitlichen ›Schicksalsgemeinschaft‹. Dabei spielte es keine Rolle, daß der eine - Bar Kochba - weder ›Präsident‹ war, noch einem ›Staat Israel‹ hätte vorstehen können. Den gab es zu Bar Kochbas Zeiten bereits seit Jahrhunderten nicht mehr. Der andere - Ben Zvi - wird sich vielleicht mit Stolz an seinen ›Amtsvorgänger‹ erinnern lassen haben. Doch ob er sich auch gerne als Repräsentant einer Gruppe von Rebellen verstanden hat? Hermeneutik und Vermittlung Holger Tiedemann Töpfe, Texte, Theorien - Archäologie und Neues Testament 48 ZNT 8 (4. Jg. 2001) ZNT 8 (4. Jg. 2001) 49 Holger Tiedemann Töpfe, Texte, Theorien - Archäologie und Neues Testament Holger Tiedemann Dr. Holger Tiedemann, Jahrgang 1966. Studium der Evangelischen Theologie und Pädagogik in Hamburg. 1998 Promotion im Neuen Testament mit einer Arbeit zum paulinischen Sexualverständnis (Die Erfahrung des Fleisches. Paulus und die Last der Lust, Stuttgart 1998). Zahlreiche Veröffentlichungen in den Bereichen neutestamentliche Geschlechtergeschichte und Kulturanthropologie. Zur Zeit Referent für Grundsatzfragen von Studium und Lehre der Behörde für Wissenschaft und Forschung Hamburg. tiedemann.h@t-online.de Die Beispiele für einen solchen ideologischen Gebrauch von Archäologie ließen sich beliebig vermehren, egal ob es sich bei den Ausgräbern um Juden, Christen, Muslime oder Atheisten handelte. Obwohl Archäologen gerne stolz sind auf die ›harten Arte-Fakte‹, die sie in den Händen halten, und sich nicht selten mokieren über die subjektive Interpretenwillkür von Text-Wissenschaftlern - das interesselose Wohlgefallen, welches sie gelegentlich aufs Panier hoben, war oft so uninteressiert nicht. ›Biblische Archäologie‹? Die letzten zwanzig Jahre haben der archäologischen Forschung zum Neuen Testament eine neue Blüte beschert. Stand sie zuvor nicht selten (und nicht ganz ohne eigene Schuld 3 ) unter Konservativismus- oder gar Fundamentalismusverdacht, so scheint es ihr nun gelungen zu sein, dieses Image abzustreifen. An erster Stelle zu nennen sind hier natürlich Arbeiten, die im Rahmen der (regionalen) ›Galiläa-Archäologie‹ 4 entstanden sind. Doch auch die ›Metropolen-Archäologie‹ außerhalb Palästinas 5 hat unser Verständnis der Welt des Neuen Testaments erheblich erweitert. Etwas überraschend ist daher vielleicht, wenn ich demgegenüber feststelle: Eine ›Archäologie des Neuen Testaments‹ als wissenschaftliche Disziplin hat sich dennoch bisher nicht konstituiert. Es fehlt an theoretischen Grundlegungen ebenso wie an Institutionen und Journalen, die sich der systematisierenden Konstituierung der Disziplin zuwenden würden. Woran liegt das? Blickt man zurück auf die archäologische Erforschung der Welt von Altem und Neuem Testament in diesem Jahrhundert, ergibt sich ein seltsames Mißverhältnis: Viel unbefangener machten Alttestamentler, Orientalisten und Judaisten von der Archäologie Gebrauch als Neutestamentler. Zwar nannte sich die Disziplin, die Archäologie und Textwissenschaft miteinander ins Gespräch zu bringen versuchte, ›Biblische Archäologie‹ (Biblical Archaeology) - doch obwohl diese Fachwissenschaft dem Namen nach das Neue Testament umfaßte, kam es de facto allenfalls am Rande vor. In William Devers Lexikon-Artikel ›Biblical Archaeology‹ heißt es lapidar gegen Schluß: »In diesem Zusammenhang ist wenig zu sagen über Archäologie und neutestamentliche Studien. Biblische Archäologie war fast ausschließlich die Domäne von Forschern, die sich der Hebräischen Bibel zugewandt haben.« 6 Die langandauernde ›archäologische Abstinenz‹ der Neutestamentler - insbesondere in Deutschland - ist erklärungsbedürftig. 7 Ein Grund ist sicher, daß der von ihnen zu betrachtende Zeitabschnitt vergleichsweise klein ist. Doch dieser Hinweis erklärt nicht alles, denn dem kleinen Zeitabschnitt steht immerhin eine beträchtliche geographische Ausweitung gegenüber: Neutestamentler können sich nicht nur auf Syrien und Palästina beschränken - sie müßten auch nach Rom, Korinth, Philippi etc. schauen, um ihrer Textbasis zu entsprechen. Entscheidender jedoch scheint mir zu sein, daß die neutestamentliche Forschung viel stärker ereignis- und ideengeschichtlichen Paradigmen verhaftet blieb, als dies bei der alttestamentlichen der Fall war. 8 Was sich über archäologische Funde erschließen läßt, fällt zumeist in den Bereich des Alltags. Auch alltägliche Gepflogenheiten unterliegen ›Moden‹, einem historischen Wandel. Doch dieser vollzieht sich meistens sehr viel langsamer und unauffälliger als Veränderungen im Bereich der Ereignis- und Ideengeschichte. Kaiser, Prokuratoren, Hohepriester kommen und gehen - zäher hingegen ist das Leben von Öllämpchen, Weinpressen und Wasserkrügen. Christen und Christinnen haben erst sehr spät angefangen, diesen Dingen ihren ›Stempel‹ (das Kreuz, einen Fisch, einen Anker etc.) aufzudrükken. Mit den Mitteln der Archäologie eine christliche Kultur in der Anfangszeit der neuen Religion zu bestimmen, gelingt nicht. 9 Das Christentum verschwindet in dieser Hinsicht im Gesamt einer mediterranen, jüdisch-hellenistisch-römischen Welt. Daraus hat man lange den Schluß gezogen: Dann bräuchte sich neutestamentliche Exegese auch nicht um die Archäologie zu kümmern. Neutestamentler interessierte, was die frühen Christen und Christinnen vom Rest der Welt unterschied. Erst in jüngerer Zeit wird deutlich, daß es zum Verstehen des Neuen Testaments mindestens so hilfreich ist, zu sehen, was sie mit ihren Zeitgenossen verband. Daß die ›Biblische Archäologie‹ das Neue Testament - wenn überhaupt - eher am Rande verhandelte, ist das eine Problem, was sich mit dieser Disziplin aus neutestamentlicher Sicht verbindet. Das andere ist, daß sie sich mit einem bestimmten theologischen Programm verband, welches den Angehörigen der Zunft heute eher Stirnrunzeln bereitet. Die Biblische Archäologie konstituiert sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Es ist die Gründungszeit der archäologischen Gesellschaften in Europa und den USA, die sich die Erforschung des ›Heiligen Landes‹ zur Aufgabe gemacht haben. Eine von ihnen - die 1870 in New York gegründete Palestine Exploration Society - wußte bereits ehe der Spaten zur Hand genommen wurde, was am Ende einer Grabung herauszukommen hatte: »Was immer die biblische Geschichte in bezug auf Zeit, Ort und Umstände als tatsächlich erweist, ist eine Zurückweisung des Unglaubens.« 10 In diesem Programm spiegelt sich eine ganz neue Konstellation in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung wider: Theologie und Kirche machen nun via ›Biblischer Archäologie‹ Gebrauch von Prinzipien und Ansätzen, denen sie zuvor ausgesprochen kritisch gegenüberstanden. Fortan will man kirchlicherseits die ›atheistischen Geistesströmungen‹ Positivismus und Materialismus mit ihren eigenen Mitteln schlagen. Die ›Unwahrheit des Unglaubens‹ zeigt sich nicht mehr, weil sich dem Christen ›im Glauben‹ Wahrheiten erschlossen haben. Sondern: Der Ungläubige zeigt sich uniformiert in bezug auf das, was Biblische Archäologen herausgefunden haben. Die vermeintlich positivistische Wissenschaft Archäologie zeigt, was gewesen ist. Die Zielsetzung der Palestine Exploration Society wirkt heute naiv. Wesentlich verfeinert wurde das Programm der Biblischen Archäologie durch den amerikanischen Orientalisten William F. Albright, der sie in vielerlei Hinsicht revolutioniert und bereichert hat. Seither gehören Datierungen aufgrund der Analyse von Siedlungsschichten (Stratigraphie) und der Beschaffenheit von Keramikfunden zum täglichen Handwerkszeug der Biblischen Archäologen. Doch auch Albrights archäologische Forschung stand weitgehend im Dienste seiner theologischen Anschauungen. Pointiert formuliert: Er grub, um zu zeigen, daß die alttestamentlichen Autoren im wesentlichen zuverlässig berichteten über die Erzväter, den Exodus und die Landnahme (die Welt des Neuen Testaments kommt auch bei ihm nur am Rande vor). Sein Schüler G.E. Wright brachte das Programm auf den Punkt: »Der biblische Glaube hängt vollkommen davon ab, ob die zentralen Ereignisse (z.B. die Berufung Abrahams, die Verheißung des Landes Kanaans, die Eroberung durch Josua etc.) tatsächlich stattgefunden haben.« 11 Mit einem solchen Credo wird es sehr schwierig, Biblische Archäologie als das zu betreiben, was sie sein möchte: eine kritische Wissenschaft. Hier ist immer schon vorentschieden über das, was im Idealfall erst am Ende einer Untersuchung herauskommen soll: historische Erkenntnis. Die Biblische Archäologie geriet in den siebziger Jahren in eine schwere Krise. William Dever u.a. machten daher den Vorschlag, Namen, Aufgaben und Methoden der Disziplin neu zu bestimmen. Es entstand die ›syro-palästinische Archäologie‹. Diese legte nicht nur das theologische Programm der Albright-Schule ad acta, sie intensivierte auch den interdisziplinären Dialog. Fortan hatten Anthropologen, Soziologen und Klimaforscher etc. ein gewichtiges Wort bei der archäologischen Urteilsfindung mitzureden. Gleichwohl: Neutestamentler werden sich nur zögerlich unter das Dach der neuen Disziplin ›syro-palästinische Archäologie‹ begeben können. Aus einem einfachen Grund: Was ist mit Rom? Korinth? Philippi? 50 ZNT 8 (4. Jg. 2001) Hermeneutik und Vermittlung Der Vorschlag, aus der Biblischen Archäologie eine ›syro-palästinische‹ zu machen, konnte nur Alttestamentlern in den Sinn kommen. Die Neutestamentler gingen bei der von Dever u.a initiierten Reform weitgehend leer aus. Abhilfe könnte der Begriff der ›frühchristlichen Archäologie‹ versprechen. Doch auch hier gibt es Probleme. Das erste Problem ist, daß die Kunsthistoriker schneller waren als die Neutestamentler. Sie haben den Begriff bereits belegt und zwar für die Zeit vom 3. bis zum 7. Jhdt., 12 also eine Zeit, die viel später anhebt als die Zeit der neutestamentlichen Autoren. Das zweite Problem hängt mit dem ersten zusammen: Begeben wir uns auf die Spurensuche nach den archäologischen Relikten der Christinnen und Christen des neutestamentlichen Zeitalters, 13 fragt sich zunächst: Woran könnten wir sie gegebenenfalls erkennen? Um jüdische Siedlungen, Gebäude, Friedhöfe etc. in der Zeit, die hier interessiert, zu identifizieren verfügen wir über sogenannte ›Ethnizitäts-Marker‹. Werden sie nicht zu mechanisch gehandhabt, erlauben sie halbwegs zuverlässige Aussagen. Hierzu zählen größere Vorkommen von Steingefäßen, 14 die Abwesenheit von Schweineknochen an einem Fundort, Ritualbäder (miqwaoth) und Gebeinkästen (Ossuarien), in welchen die Knochen von Toten zur Zweitbestattung niedergelegt wurden. Kommen dann noch bestimmte graphische Zeichen hinzu (hebräischaramäische Inschriften, der siebenarmige Leuchter [Menorah] etc.) können wir halbwegs begründet davon ausgehen: Hier wohnten Jüdinnen und Juden. Über solche ›Marker‹ und Zeichen verfügen Christinnen und Christen erst seit dem 3. Jhdt. Zwar erzählt Henryk Sienkiewicz in seinem Roman ›Quo Vadis? ‹ davon, wie die Christin Lydia zur Zeit Neros einen Fisch in den Sand malt, um sich als Christin zu erkennen zu geben. Doch der Wind hat solche real oder literarisch in den Sand gemalten Fische verweht. Das Bemühen, anhand materieller Relikte eine ›christliche Alltagswelt‹ der Zeit von 4 vor - 150 nach Chr. zu profilieren, war vergeblich. Das heißt natürlich nicht, es hätte eine solche Alltagswelt nicht gegeben. Nur dies: Ihre Ausdruckformen werden für den Archäologen in dieser frühen Zeit nicht clare et distincte greifbar. Erinnerungslandschaften Wer schon einmal nach Israel gereist ist, wird sich möglicherweise zum Widerspruch gereizt fühlen. Wurde ihm oder ihr denn nicht der Abendmahlssaal gezeigt, in welchem Jesus und die Jünger ›in der Nacht da er verraten ward‹ speisten? Waren nicht unter dem Dach der Grabeskirche gleich mehrere christlich höchstbedeutsame Stätten versammelt - der Salbungsstein, der Ort der Kreuzigung sowie das Grab Christi? Was ist mit der Geburtsgrotte in Bethlehem und dem ›Haus des Petrus‹ in Kapernaum? Haben hier nicht Christen und Christinnen ihre Spuren hinterlassen? Das schon. Doch diese Spuren führen kaum weiter zurück als in die Zeit Konstantins. Dem Kaiser, seiner Mutter und seinen Nachfolgern verdanken wir es, daß aus Palästina das ›Heilige Land‹ wurde. Nun, 300 Jahre nach dem Tode Jesu, verwandelt sich die römische Provinz in eine christliche ›Erinnerungslandschaft‹ 15 , in der verehrungswürdige Orte wie Pilze aus dem Boden schießen. Literaturgeschichtlich geht damit ein Novum einher: Ab jetzt verfügen wir über PilgerInnen-Tagebücher, die ausführlich über das, was den Reisenden vor Ort gezeigt wurde, Auskunft geben. Auch vor dem 4. Jhdt. reisten Christen nach Palästina - doch nicht, um ›auf den Spuren Jesu zu wandeln‹. Es ging nicht darum, sich in frommer Versenkung der Magie von Räumen und Ruinen hinzugeben, sondern um angesichts mancher Ungereimtheit in den biblischen Schriften Erkundigungen vor Ort einzuholen, um sich Handschriften biblischer Texte zu besorgen (so z.B. Origenes). Eine offene Frage ist es, wie sich die Erinnerungslandschaft des 4. Jhdts. zu der ›Landschaft Jesu‹ im 1. Jhdts. verhält. Sehr folgenreich wurden in diesem Zusammenhang die Thesen der franziskanischen Archäologen Bellarmino Bagatti und Emmanuele Testa. Sie meinten zeigen zu können, daß sich in der Erinnerungslandschaft des 4. Jhdts. viele Räume, Gebäude und Relikte aufspüren ließen, die tatsächlich in Zusammenhang mit Jesu Weg und Wirken gestanden hätten. Noch heute prägen ihre Thesen (fast alle) Israel-Reiseführer. Ihre Thesen sind allerdings mit einer schweren Hypothek belastet: Sie setzen voraus, es habe in Palästina vom 1. bis zum 4. Jhdt. kontinuierlich Judenchristen gegeben, die die Erinnerung an die Orte und Wege Jesu im wesentlichen zutreffend bewahrt hätten. ZNT 8 (4. Jg. 2001) 51 Holger Tiedemann Töpfe, Texte, Theorien - Archäologie und Neues Testament Das Problem ist, daß wir über solche sich der Denkmalspflege hingebenden Judenchristen nichts wissen. Alles, was Bagatti und Testa als Relikte dieser Judenchristen meinten identifizieren zu können, ließ sich auf weniger gewagte Weise auch anders interpretieren. 16 Insbesondere für Jerusalem stellt sich das Problem, daß es nach der Niederschlagung des Bar-Kochba-Aufstandes (135) durch die Römer Juden - und mit ihnen Judenchristen - verboten ist, Jerusalem bzw. Aelia Capitolina, wie die Stadt nun heißt, zu betreten. Sollte es tatsächlich die von Bagatti und Testa postulierten Judenchristen gegeben haben - nach 135 wird ihnen die Pflege Jerusalemer Ortstraditionen verunmöglicht. Bis auf weiteres wird man sagen müssen: Das kulturelle Gedächtnis der Christinnen und Christen der ersten beiden Jahrhunderte war im Wesentlichen ein ortloses Gedächtnis. Etwas dogmatisch gesprochen: Es konzentrierte sich auf einen Ort, der sich archäologischer Verifizierung entzieht und der im Abendmahl vergegenwärtigt wurde: den Leib Christi. Erst im 4. Jhdt. entdeckten Christinnen und Christen »den Wert des Steins wieder.« 17 Die Wirklichkeit der Töpfe - die Wirklichkeit der Texte Als 1994 die Tel-Dan-Inschrift entdeckt wurde, war dies der Auslöser für eine (noch andauernde) Kontroverse innerhalb der alttestamentlichen Forschung von ungewöhnlicher Schärfe. Die Brisanz des Fundes ergab sich dadurch, daß auf der Inschrift ein ›Haus Davids‹ erwähnt wird. Wenige Jahre zuvor hatten Alttestamentler im Umkreis der ›Kopenhagener Schule‹ bestritten, daß es jemals einen König David gegeben habe. War die Tel-Dan- Inschrift der Beweis, daß es sich bei dem biblischen Monarchen doch um eine reale Person gehandelt haben muß? Handelt es sich bei dem ›Haus Davids‹ aus Tel Dan wirklich um die gleiche Institution, wie sie in den Samuel- und Königsbüchern erkennbar wird? Oder war die Tel-Dan-Inschrift schlicht eine Fälschung? Die heftige Debatte 18 müßte an dieser Stelle nicht weiter interessieren, wenn sie nicht ein Grundsatzproblem berühren würde, das sich gleichermaßen auch für die neutestamentliche Forschung stellt: Ist es möglich, die Welt der Steine, Töpfe und Knochen in Beziehung zu setzen zu den biblischen Schriften? Oder handelt es sich bei den Welten, die von Archäologen und Textwissenschaftlern ›ergraben‹ werden, um grundsätzlich verschiedene? Ansätze, in denen beide Disziplinen strikt getrennt gehalten werden, hat Christian Frevel ›Distinktionsmodelle‹ genannt. 19 Für Distinktionsmodelle wird gegenwärtig vor allem aus drei Gründen plädiert: aus ideologiekritischen sowie aus literatur- und wissenschaftstheoretischen. Das Argument der Ideologiekritik verbindet sich häufig mit literaturtheoretischen Überlegungen. Verwiesen wird darauf, daß die biblischen Texte gar nicht intendieren, historische Berichte zu sein. »Die Texte spiegeln überhaupt nicht Religion wider. Sie sind vielmehr geordnete und interpretierte Sammlungen einer verlorenen Vergangenheit.« 20 Wenn also nach der realen Geschichte hinter einem biblischen Text gefragt wird, überfrachtet man ihn mit einer Fragestellung, die nicht die seine ist. Wir befragen ›Predigten‹ (Thompson) auf die Lebensumstände eines ›Predigers‹ hin und verfehlen damit zwangsläufig ihre Intention. Ideologiekritisch gewendet lautet das Argument: Biblische Texte arbeiten an der Konstituierung eines kollektiven bzw. kulturellen Gedächtnisses, das nicht festhält, ›was gewesen ist‹, sondern: Hier wird über eine fingierte Vergangenheit einschärft, wie sich eine Gemeinschaft verstehen soll. Konsequenz dieser Position: Wer eine Geschichte Israels oder Palästinas schreiben will, muß dafür die Bibel aus der Hand legen und sich auf die Interpretation archäologischer Befunde beschränken. In anderer Weise hat Ferdinand Rohrhirsch 21 für eine strikte Trennung von Textwissenschaft und Archäologie plädiert. Sein Argument entstammt einer von Heidegger und Popper inspirierten Wissenschaftstheorie: Archäologie und Textwissenschaft kommen jeweils aufgrund eigener Methoden und Gegenstandsbereiche zu Geltungsbegründungen. Werden beide Disziplinen verknüpft, fehlt ein übergeordnetes theoretisches Gerüst, das diese archäologisch-textwissenschaftlichen Mischaussagen zustimmungsfähig machen könnte. Radikale Konsequenz dieser Position: Ergebnisse einer Fachwissenschaft sind nicht in eine andere übertragbar, denn: »Die Prämisse der ›einen‹ Wirklichkeit kann von den Fachwissenschaften nicht 52 ZNT 8 (4. Jg. 2001) Hermeneutik und Vermittlung vorausgesetzt werden (im Sinne methodisch verfügbarer Erkenntnis und Erkenntniskorrektur), weil Aspekte der Wirklichkeit von den Fachwissenschaften zuerst erarbeitet werden. Der Rekurs auf die ›eine‹ Wirklichkeit ist der Rekurs auf eine Hypothese, die sich erfahrungswissenschaftlicher Prüfbarkeit entzieht.« 22 Beide Einwände weisen auf Probleme hin, die eine Archäologie des Neuen Testaments sehr ernstnehmen muß. Gleichwohl möchte ich ihnen nicht in letzter Konsequenz folgen. Archäologie und Textwissenschaft müssen in der Tat sehr lange getrennte Wege gehen - das gilt für die Homer- Forschung ebenso wie für das Alte oder Neue Testament. Sie werden sogar für die jeweils andere Disziplin interessanter, gelingt es ihnen, wirklich getrennte Wege zu gehen! Erst dann fängt die eine Disziplin an etwas zu sagen, was für die andere wirklich neu und stimulierend ist. Doch können wir m.E. nicht von vornherein ausschließen, daß sich ihre Wege gelegentlich auch kreuzen. In der archäologischen und textwissenschaftlichen Praxis haben sich vielfältige Möglichkeiten der Bezugnahme ergeben, die vom Ergebnis her dagegen sprechen, einem radikalen Distinktionsmodell zu folgen. Ich möchte im folgenden drei Möglichkeiten einer solchen Bezugnahme unterscheiden: a) Personal-identifizierende Bezugnahme Vergleichweise selten stoßen Archäologen auf Funde, die sich identifizierend in Beziehung setzen lassen zum Personal des Neuen Testaments. Sieht man einmal von den römischen Kaisern und den Herodianern ab, gibt es - bisher - nur zwei Fälle, wo dies gelungen ist. 23 Der erste hier zu nennende Fund ist die ›Gallio- Inschrift‹ 24 , gefunden zwischen 1885 und 1910 in Delphi. In Apg 18,12ff. ist zu lesen, wie Paulus in Korinth von Juden angezeigt wird und sich vor dem Prokonsul Gallio verantworten muß. Der Fund aus Delphi, ein Brief des Kaiser Claudius an eben jenen Prokonsul (oder seinen Vorgänger), berechtigt nicht nur zu der Annahme, daß es sich bei dem in der Apg erwähnten Gallio um eine historische Person handelt, er zeigt auch, daß der Autor der Apg hier zutreffende historische Informationen besitzt (Gallio war Prokonsul in Achaia). Mehr noch: Die Inschrift könnte auch eine Datierung der Korinth-Aufenthaltes des Paulus ermöglichen: Sie gibt zu verstehen, daß Claudius inzwischen zum 26. Mal zum Imperator ausgerufen ist und zum fünften Mal im Range eines Konsuls steht. Das führt in die Zeit zwischen ca. 50-52. Vorsichtiger formuliert: Die Inschrift erlaubt eine Datierung, wie sie sich der Autor der Apg gedacht hat. Denn daß der Autor der Apg zutreffend über den Namen des Prokonsuls der Achaia in der Zeit zwischen 50 und 52 informiert ist, muß noch nicht heißen, daß er ebenso richtig den Aufenthalt des Paulus in Korinth mit diesem Prokonsul in Verbindung bringt. Die aus der Apg und der Gallio- Inschrift zu gewinnende Vermutung paßt allerdings zu dem, was wir aus den Paulus-Briefen erhellen können, so daß wir den Zweifel hier nicht zu weit treiben brauchen: Paulus wird zwischen ca. 50-52 in Korinth gewesen sein. Der zweite hier zu nennende Fund wurde 1961 in Cäsaräa entdeckt: die Pilatus-Inschrift 25 . Hierbei handelt es sich um die Weihinschrift eines Theaters zu Ehren des Kaisers Tiberius, gestiftet von ›Pontius Pilatus, Praefekt von Judäa‹. Datiert wird diese Inschrift meist in die Zeit zwischen 26 und 37 nach Chr. Der Stifter ist nicht nur aus dem Neuen Testament bekannt, sondern wird auch bei Tacitus (Ann. 15,44), Josephus (Bell Jud. 2,177.169) und Philo (Ad Gaium 299) erwähnt. Zwar nennen Philo, Josephus und Tacitus Pilatus einen ›Prokurator‹, Matthäus bezeichnet ihn als ›Hegemon‹ (Mt 27,11.14) und die Inschrift aus Cäsaräa gibt sein Amt als das eines ›Praefekten‹ wieder. Doch man kann nicht ernsthaft daran zweifeln, daß es sich um die gleiche Person handelt. Gleichwohl, und hierin ist den Distinktionsmodellen recht zu geben: Mit dem ›inschriftlichen Gallio bzw. Pilatus‹ verbinden sich andere lebensweltliche Bezüge als mit ihren Pendants aus dem Neuen Testament. Ihre Funktionen, die Intentionen mit denen sie jeweils charakterisiert werden, sind verschiedene. Doch die ›Hypothese der einen historischen Wirklichkeit‹ (Rohrhirsch), die das eine Mal von einem Inschriften-Meißler, das andere Mal von den Evangelisten beleuchtet würde, hat in diesen Fällen enorm viel Plausibilität für sich. b) Illustrierende Bezugnahme Die meisten archäologischen Funde aus dem neutestamentlichen Zeitalter lassen sich illustrierend in Beziehung setzen zu der im Text aufscheinenden ZNT 8 (4. Jg. 2001) 53 Holger Tiedemann Töpfe, Texte, Theorien - Archäologie und Neues Testament Welt. Das heißt: Sie lassen sich nicht direkt in Verbindung bringen mit bestimmten Personen, Gruppen oder Ereignissen, über die wir aus dem Neuen Testament wissen, wohl aber informieren sie über Alltagsgepflogenheiten, Berufsleben, Praktiken gesellschaftlicher Interaktion oder Konfrontation. Zwei prominente Beispiele: Aus dem Neuen Testament wissen wir, daß Jesu Wirken sich zunächst auf die Gegend um den See Genezareth konzentrierte. Das Neue Testament berichtet von seinen Seefahrten und daß einige seiner Jünger Fischer waren. 26 Bis 1986 wußte man nicht, wie ein Fischerboot in der Zeit des 1. Jhdts. aussah. Alle Darstellungen des ›wunderbaren Fischfangs‹ etc. stammen aus viel späteren Zeiten. Eine Trockenperiode in Israel ließ den Wasserpegel des See Genezareths soweit absinken, daß im Schlamm die Umrisse eine Bootes sichtbar wurden. Mit großem konservatorischen Aufwand wurde der Fund gehoben. Das Boot mißt 8,2 m in der Länge und 2,3 m in der Breite: Platz genug für ca. 15 Personen. Die Radio-Carbon-14-Methode erlaubte eine Datierung zwischen 100 vor und 70 nach Chr. Auch wenn das Boot schon bald das ›Jesus-Boot‹ getauft wurde - der Fund gestattet keine personalidentifizierende Bezugnahme. Er illustriert lediglich, wie die im Neuen Testament erwähnten Boote ausgesehen haben könnten. Das zweite hier zu nennende Beispiel ist ähnlicher Natur: Aus dem Neuen Testament und anderen Schriften wissen wir von einem grausamen Phänomen, von dem lange nur viel spätere bildliche Darstellungen existierten, ohne daß bekannt war, wie es tatsächlich im 1. Jhdt. praktiziert wurde: die Kreuzigung. 27 1968 wurde in einem Vorort von Jerusalem (Giv’at ha Mivtar) ein Grab entdeckt. In ihm ein Ossuar mit der Aufschrift ›Jehohanan bar HGQWL‹. In dem Ossuar befanden sich die Knochen eines Mannes, dessen rechter Hackenknochen noch von einem 11,5 cm langen Nagel durchbohrt war. Eine anatomische Untersuchung des Skelettes ließ Rückschlüsse zu auf die Position des Gekreuzigten, der vermutlich mit ausgebreiteten (durchnagelten) Armen an einem T- Balken hing, die Hüfte verdreht und die Beine angewinkelt. Möglicherweise saß er auf einem Brett (sedecula), durch welches seine Peiniger versuchten, Jehohanans Leidenszeit zu verlängern. Der Fund erlaubt nicht den Rückschluß, auf diese Weise sei Jesus gekreuzigt worden. Er führt nur grausig vor Augen, welcher Techniken man sich bei dieser Folterung bedienen konnte. Auch wenn die archäologisch erschlossene und die textwissenschaftlich rekonstruierte Kreuzigung nicht identifizierend in Beziehung zu setzen sind, so lassen sich doch beide Kreuzigungen als Ausdruck einer - brutalen - gesellschaftlichen Praktik verstehen. c) Kontrastierende Bezugnahme In der Welt der Literatur werden nicht selten normative Welten oder Gegenwelten entworfen. Normative Welten beschreiben, was nach Ansicht einer Majorität idealer Weise der Fall zu sein hat. Entspricht eine Wirklichkeit dieser literarischen Welt nicht, folgt in den Texten oft die Strafe auf den Fuß. Der Entwurf von Gegenwelten basiert auf einem etwas anderen Prinzip: Hier entwirft eine Minorität eine ›andere Welt‹ gegenüber herrschenden Prinzipien: In der Welt ist es so - doch bei JHWH , im ›Königreich Gottes‹ oder ›in Christus‹ ist es anders. Eine heillose Verwirrung entsteht, wenn man diese literarischen Welten als Abbild eines Alltags nimmt, wie er tagtäglich gelebt wird. Dann wird die Archäologie - zu Recht - Einspruch erheben. Der klassische Fall einer solchen Verwechslung liegt vor, wenn etwa aus dem 2. Gebot abgeleitet wird: ›Ein Jude ist, wer keine (Gottes-)Bilder macht‹ (vgl. Ex 20,4 und Dtn 5,8). Dieser normativen Behauptung im Gewand einer empirischen Beobachtung setzt die Archäologie eine Fülle von Funden entgegen, die sich durch den schlichten Satz zusammenfassen läßt: »In Israel gab es Bilder.« 28 Hinzuzufügen ist: Nicht nur in Israel gab es Bilder, sondern auch in den römischen Provinzen Judaea und Syria Palaestina. Die figürlichen Darstellungen auf Mosaiken in Synagogen des 4.-6. Jhdts. legen ein beredtes Zeugnis dafür ab, daß unser aus normativen Textwelten gewonnenes Bild vom Judentum kaum die ganze Lebenswirklichkeit dieser Religion widerspiegelt. Ein anderes Beispiel, diesmal aus dem Bereich der Galiläa-Archäologie: Würden wir Josephus Glauben schenken, hätte selbst das kleinste Dorf in Galiläa im 1. Jhdt. 15.000 Einwohner besessen (Bell. Jud. 3,43). Die Lebenswelt Jesu wäre damit eine der bevölkerungsreichsten Gegenden des römischen Reiches! Die Archäologie hat der Glaubhaftigkeit dieser Angaben des Josephus jeden Bo- 54 ZNT 8 (4. Jg. 2001) Hermeneutik und Vermittlung den entzogen. Nach sorgfältigen topographischen und ethnoarchäologischen Berechnungen kommt etwa Jonathan Reed 29 für die größten Städte Galiläas - Sepphoris und Tiberias - auf ca. 8-12.000 Einwohner; für Kapernaum setzt er höchstens 1.700 und für Nazareth etwa 400 Einwohner an. Die Angaben des Josephus sind also nichts anderes als eine maßloses Übertreibung. Abermals gilt: Das Galiläa des Josephus ist nicht das der Archäologen - beide intendieren mit ihren Darlegungen Verschiedenes. Doch gäbe es keinen gemeinsamen Bezugspunkt (hier: die geographische Größe ›Galiläa‹), müßte es uns verwehrt bleiben, beide Darstellungen kontrastierend (das heißt hier auch: korrigierend) in Beziehung zu setzen. Der (über-) kritische Anspruch des radikalen Distinktionsmodell würde auf diese Weise implizit zur unkritischen Akzeptanz von Textwelten führen. Ein Distinktionsmodell mit der Option der Kooperation Eben habe ich von archäologischer und textwissenschaftlicher Praxis her (also von bereits erzielten Erkenntnisgewinnen) dafür argumentiert, von radikalen Distinktionsmodellen besser Abstand zu nehmen. Folgt man Humescher Erkenntnistheorie (»From Is there is no Ought« / »Vom Sein gibt es keinen Weg zum Sollen«), ist das kein sehr starkes Argument. Daher möchte ich ihm ein zweites, quasi semiotisches Argument an die Seite stellen. Das radikale Distinktionsmodell lebt von Vorannahmen, die problematischer sind, als es zunächst den Anschein hat. Ihm zugrunde liegt die Annahme von der Eigenständigkeit archäologischer und textwissenschaftlicher Methoden und Gegenstandsbereiche. Doch es fragt sich: Worin unterscheiden sich eigentlich Textwissenschaft und Archäologie? Natürlich durch die Techniken, derer sie sich bei der Interpretation von Vergangenheit bedienen. Radio-Carbon 14 etwa nützt dem Neutestamentler wenig, wenn er die literarischen Schichten z.B. des Johannesevangeliums bestimmen will. Und die 2-Quellen-Theorie wird der aufgeschlossene Archäologe interessiert zur Kenntnis nehmen, bei seiner Arbeit jedoch kaum als hilfreich empfinden. Abseits dieser technischen Aspekte werden vor allem drei Kriterien zur Unterscheidung der Disziplinen ins Feld geführt: a) Archäologie habe sich am Paradigma der Naturwissenschaft zu orientieren, Textwissenschaft an dem einer Geisteswissenschaft; b) die Methode impliziert zugleich eine Aussage über den Gegenstandsbereich: Archäologie habe es mit ›Realien‹ zu tun, Textwissenschaft hingegen mit ›Geistesphänomenen‹; c) der Gegenstandsbereich führt zugleich zu Thesen über den jeweils erhellten Aspekte von Wirklichkeit: Textwissenschaft analysiere die Deutungen von Wirklichkeit, welche schreibende Eliten produziert hätten (und von solchen Eliten tradiert wurden), Archäologie hingegen entdecke Alltagswelten, Praktiken, die oftmals den elitären Weltdeutungen widerstreben (›Volksfrömmigkeit‹). a) Naturwissenschaft versus Geisteswissenschaft Die Biblische Archäologie wandelte sich in den siebziger Jahren zur syro-palästinischen unter dem Einfluß der prozessualen Archäologie. 30 Deren grundlegende Einsicht war es, daß archäologische Funde keinen unmittelbaren Zugang zur Vergangenheit eröffnen, sondern: Ihre gegenwärtige Gestalt ist das Resultat von verformenden Prozessen verschiedenster Natur (Aussortieren, Recyceln, Wegwerfen, Erosion, chemische Prozesse etc.), welche es zu analysieren gilt. Mit diesem Neuansatz ging der Versuch einher, aus einer interpretierenden Wissenschaft eine erklärende zu machen. Was die Archäologen nun ergruben, wurde immer seltener erklärt durch den Einfluß ›großer Persönlichkeiten‹ (die z.B. Reiche gründeten oder imposante Bauwerke errichteten) oder durch die Prägekraft suggestiver ›Ideen‹. Mit Hilfe von Statistik, Geographie, Klimaforschung etc. versuchte man, prinzipiell wiederholbare Reaktionen des Menschen auf eine sich wandelnde Umwelt, Gesetzmäßigkeiten des historischen Wandels zu beschreiben. Abseits des ›hermeneutischen Zirkels‹ sollte ein Verständnis der Vergangenheit eröffnet werden. Nicht das ›Vorverständnis‹ des Archäologen sollte diesen Zugang ermöglichen, sondern eine naturwissenschaftlich inspirierte Datenerhebung. Das Versprechen ließ sich nicht einhalten. Zu hoch war der Preis für den Versuch der prozessualen Archäologie, das interpretierte und interpretierende Subjekt an den Rand des Prozesses historischen Verstehens zu drängen. An diesem Punkt setzt die sogenannte postprozessuale Archäologie ZNT 8 (4. Jg. 2001) 55 Holger Tiedemann Töpfe, Texte, Theorien - Archäologie und Neues Testament an. Programmatisch betitelt ihr Begründer Ian Hodder seine Einführung in die Archäologie »Reading the Past.« 31 Eingezogen ist damit die Demarkationslinie von ›materieller Welt‹ und ›Text‹, denn beide, so Hodder, sind letztlich nichts anderes als Zeichen oder Symbole, 32 die nur lesend interpretiert oder interpretiert gelesen werden können. Zwar kann sich Archäologie in größerem Ausmaß natur- und sozialwissenschaflicher Techniken bedienen als eine Textwissenschaft. Doch sofern sie eine historische Wissenschaft ist, entkommt sie den Fallstricken des (Miß-)Verstehens nicht. b) Realien versus Ideen Die Konsequenz dieses Neuansatzes wird deutlich, wenn man dem gegenüberstellt, was Hans Jörg Nissen in seinem RGG-Artikel ›Archäologie‹ lapidar konstatiert: »Für Perioden, aus denen schriftliche Zeugnisse vorliegen, ergänzt die A(rchäologie) deren Aussagen, wobei sie häufig objektivere Angaben liefert, da Texte meist mit einer bestimmten Absicht verfasst sind.« 33 Die von Nissen angesinnte Unterscheidung - hier, in der materiellen Welt, interesseloses Produzieren, da, in der Textwelt, absichtsvolles Verfassen - läßt sich aus postprozessualer Perspektive nicht aufrechterhalten. Gerade die Palästina-Archäologie zeigt, daß nicht nur Inschriften und Monumente, sondern selbst Steingefäße höchst absichtsvoll verfertigt werden - nämlich um es ihren jüdischen Benutzern zu ermöglichen, der Reinheits-Halacha zu entsprechen. Hier wie auch andernorts ist die materielle Welt Trägerin von ›Ideen‹, die der Archäologe nur um den Preis, seinen Gegenstand zu verfehlen, ausblenden kann. Wenn es häufig heißt, Archäologen würden sich ›stummen‹ 34 Gegenständen zuwenden, Textwissenschaftler hingegen ›sprechenden‹, so ist auch diese Entgegensetzung zu problematisieren, denn z.B. das erwähnte Steingefäß ist Träger einer Botschaft, die etwa für eine jüdische Frau im ersten Jahrhundert klar verständlich ist. Sie weiß, daß sie mit dem Gefäß auch während ihrer Menstruationsphase hantieren kann, ohne daß es zu einer rituellen Verunreinigung kommt. Das Steingefäß ›spricht‹ zu ihr wie die Anweisung eines literarisch fixierten Imperativs. 35 c) Eliten versus Volk Unser Wissen um die Träger literarischer Traditionsprozesse (oder auch um die von ihnen ausgeübten Zensurpraktiken) verführt leicht dazu, den ›Text‹ der Welt der Bildung, des Geistes und der Orthodoxie zuzuschlagen, materielle Relikte jedoch - vor allem, wenn sie in Spannung zu den Texten stehen - unteren Schichten (der ›Volksfrömmigkeit‹). Doch solche Zuweisungen erweisen sich ebenfalls als problematisch, wenn man sich etwa die mythologischen Motive und Tierkreiszeichen, die auf Mosaiken in sechs Synagogen der byzantinischen Zeit entdeckt wurden, vergegenwärtigt. 36 Nichts berechtigt zu dem Schluß, die Nutzer dieser Gebäude seien den Unterschichten zuzurechnen. Auch können wir sie kaum ohne weiteres als Synkretisten oder Heterodoxe ansprechen. In literarischen Texten aufscheinende Maßstäbe späterer Orthodoxie dürfen nicht in frühere Zeiten hineinprojiziert werden - so wie auch die ›Normen‹ materieller Artefakte des 4.-6. Jhdts. eben nur für ihre Zeit aussagekräftig sind. Materielle Relikte vermögen ebenso Produkte von Unter- oder Oberschichten, Orthodoxie oder Heterodoxie zu sein wie Texte. Selbst das aus dem Bereich der Literatur bekannte Phänomen der Zensur findet sich im materiellen Bereich: Nicht selten sind die figürlichen Teile der Mosaike später zerstört worden. Mit anderen Worten: Auch soziographische Entgegensetzungen erlauben es nicht, Archäologie und Textwissenschaft auseinanderzureißen. Archäologie des Neuen Testaments? Eine Archäologie des Neuen Testaments wird bis auf weiteres nichts anderes sein können als eine Archäologie antik-mediterraner Gesellschaften, fokussiert auf die im Neuen Testament erzählte Zeit, den hier erzählten Raum sowie auf die Zeit und den Raum der Erzähler. Ihr Fokus impliziert gegenwärtig nicht, sie sei in der Lage, eine christliche Lebenswelt zu konturieren. Bis auf weiteres und gegenwärtig, denn: Es ist natürlich nicht auszuschließen, daß sich eines Tages anhand neuer archäologischer Funde ›Marker‹ bestimmen lassen, die plausibel als ›christlich‹ zu interpretieren sind. Einhergeht mit der Fokussierung, daß eine Ar- 56 ZNT 8 (4. Jg. 2001) Hermeneutik und Vermittlung chäologie des Neuen Testaments der Versuchung zu widerstehen hat, Fundlücken der ersten beiden Jahrhunderte durch Funde späterer Zeit beheben zu lassen. Die Eigenständigkeit der Disziplin ›Archäologie des neuen Testaments‹ besteht nicht darin, daß sie der ›interpretierten Welt‹ des Neuen Testaments eine ›reale‹ entgegensetzt, sondern darin, daß sie der mit Hilfe von graphischen Zeichen interpretierten Welt des Neuen Testaments ergänzend, illustrierend und korrigierend die Analyse einer durch materielle Artefakte interpretierten Welt an die Seite stellt. Über eine mögliche Koinzidenz ist dabei so wenig vorentschieden wie über die prinzipielle Unvereinbarkeit der jeweils gewonnenen Einsichten. Die ›Hypothese der einen Welt‹ - so uneinholbar sie für eine jede Wissenschaft ist - muß dabei sowohl von Textwissenschaft wie auch der Archäologie vorausgesetzt werden. Das heißt nicht, dieser interdisziplinäre Dialog sei dazu verpflichtet, zu gleichen Aussagen zu kommen. Nur dies: Ohne die Hypothese der ›einen Welt‹ bliebe unerfindlich, warum sich Aussagen über textlich entworfene und tagtäglich gelebte Welten korrigieren können sollten. Besser, man enträt dieser Möglichkeit nicht zu schnell. Anmerkungen 1 M. Twain, Die Arglosen im Ausland, Frankfurt a.M./ Leipzig 1997, 612. 2 Vgl. A. Elon, Politics and Archaeology, in: N.A. Silberman/ D.B. Small (Hgg.), The Archaeology of Israel. Constructing the Past - Interpreting the Present, Sheffield 1997, 34-47: 40. 3 Vgl. die Beispiele bei R.E. Oster, Use, Misuse and Neglect of Archaeological Evidence in Some Modern Works on 1 Corinthians, ZNW 83 (1983), 52-73; H. Koester, Archäologie und Paulus in Thessalonike, in: L. Bormann u.a. (Hgg.), Religious Propaganda and Missionary Competition in the New Testament (= FS D. Georgi), Leiden 1994, 393-404. 4 Vgl. die Beiträge von E. Meyers (z.B. Jesus und seine galiläische Lebenswelt, ZNT 1 (1998), 27-39), J. Strange, S. Freyne und R. Horsley. - Seinen Blick auf die Nachbarschaft Galiläas - nämlich Samarien - hat J. Zangenberg gerichtet (Samareia. Antike Quellen zur Geschichte und Kultur der Samaritaner in deutscher Übersetzung, Tübingen 1994; ders., Frühes Christentum in Samarien, Tübingen 1998). 5 Zu Rom: P. Lampe, Die stadtrömischen Christen in den ersten beiden Jahrhunderten, Tübingen 2 1989; zu Philippi: P. Pilhofer, Philippi, Bde. 1-2, Tübingen 1995/ 1998. 6 W. Dever, Art. Biblical Archaeology, in: E.M. Meyers (Hg.), The Oxford Encyclopedia of Archaeology in the Near East Vol. 1, New York/ Oxford 1997, 315-319: 319 (meine Übersetzung). - Die Beispiele ließen sich vermehren: Unter dem Stichwort ›Bibelwissenschaft‹ gibt es in der TRE (Bd 6, Berlin/ New York 1980, 316-345) zwar einen 30 Seiten langen Unterabschnitt ›Altes Testament. Archäologie‹. Mit Blick auf das Neue Testament scheinen die Herausgeber gemeint zu haben, auf einen solchen verzichten zu können. - J. Laughlins Einführung Archaeology and the Bible (London/ New York 2000) bricht bereits - anders als es der Titel verspricht - im Jahre 550 vor Chr. ab. 7 Vergl. W. Klaiber, Archäologie und Neues Testament, ZNW 72 (1981), 195-215; P. Pilhofer/ T. Witulski, Archäologie und Neues Testament: Von der Palästinawissenschaft zur lokalgeschichtlichen Methode, in: S. Alkier/ R. Brucker (Hgg.), Exegese und Methodendiskussion, Tübingen 1998, 237-255: 240: »Verglichen mit der benachbarten Disziplinen Altes Testament und Kirchengeschichte erscheint das Neue Testament mithin geradezu als archäologiefreie Zone (…): mehr als 2.000 Jahre Archäologie und Altes Testament, beinahe 2.000 Jahre Archäologie und Kirchengeschichte - dazwischen 100 Jahre archäologiefreie Zone, das Neue Testament …« Vgl. hier auch die Hinweise auf die Ausnahmen von der Regel: Gustaf Dalman, Adolf Deissmann und Joachim Jeremias (ebd., 383-242). 8 Vgl. G. Theißen, Zur forschungsgeschichtlichen Einordnung der soziologischen Fragestellung, in: ders., Studien zur Soziologie des Urchristentums, Tübingen 2 1983, 3-34. 9 Vgl. A. Effenberger, Frühchristliche Kunst und Kultur. Von den Anfängen bis zum 7. Jahrhundert, Leipzig 1986, 11. 10 Zitiert nach O. Keel u.a., Orte und Landschaften der Bibel, Bd. 1, Zürich/ Göttingen 1984, 367. Hinzuweisen ist darauf, daß sich dieses Programm keineswegs alle archäologischen Gesellschaften zu eigen machten. 11 G.W. Wright, God Who Acts: Biblical Theology as Recital, London 1952, 126. 12 Vgl. neben der in Anm. 9 genannten Arbeit von Effenberger: J. Engemann, Deutung und Bedeutung frühchristlicher Bildwerke, Darmstadt 1997; G. Koch, Christliche Archäologie, in: ders./ W.A. Bienert, Kirchengeschichte I/ Christliche Archäologie, Stuttgart 1989, 79-124. Auch die Forschungsgeschichte von W.H.C. Frend, The Archaeology of Early Christianity, Minneapolis 1998, führt nicht in frühere Zeiten. 13 Der Begriff ›neutestamentliches Zeitalter‹ ist nicht sehr glücklich. Er lädt zu der irrigen Vorstellung ein, eine religiöse Minorität hätte stante pede einen epochalen Umbruch bewerkstelligt. Gemeint ist hier schlicht die ›Zeit der neutestamentlichen Erzähler‹ (also etwa 50-150 n.Chr.) plus die von ihnen ›erzählte Zeit‹ (also etwa 4 v. Chr.-70 n. Chr.). Aus pragmatischen Gründen ausgeklammert bleiben Stammbäume und apokalyptische Visionen. ZNT 8 (4. Jg. 2001) 57 Holger Tiedemann Töpfe, Texte, Theorien - Archäologie und Neues Testament 14 Steingefäße sind nach jüdischen Reinheitsgeboten - anders als andere Gefäße - gegen rituelle ›Unreinheit‹ (wie sie z.B. durch einen Kontakt mit Frauen in ihrer Menstruationsphase entstehen könnte) immun. Sie sind daher im Alltagsleben bequemer zu nutzen. Vgl. R. Deines, Jüdische Steingefäße und pharisäische Frömmigkeit, Tübingen 1993. 15 Vgl. M. Halbwachs, La Topographie légendaire des évangiles en Terre Sainte, Paris 1941. 16 Zu einer ausführlichen Widerlegung der Thesen von Bagatti und Testa vgl. J. Taylor, Christians and the Holy Places. The Myth of Jewish-Christian Origins, Oxford 1993. 17 R. Sennett, Fleisch und Stein. Berlin 1995, 185. - Früher als in Palästina scheint man in Rom dazu übergegangen sein, bestimmte Orte mit der Erinnerung an neutestamentliche Personen zu verbinden: Seit der Mitte des 3. Jahrhunderts wird in einer Anlage unter San Sebastiano an der Via Appia der Apostel Petrus und Paulus gedacht. - Eine christliche Formensprache in der Architektur begegnet erstmals mit der Kirche von Dura Europos am Euphrat (ca. 233-256). Epigraphisch wird das Christentum möglicherweise zum ersten Mal in der Aberkios- Inschrift (ca. 190-216 n. Chr.) greifbar (vgl. L.H. Kant, Earliest Christian Inscription, BR 2001, Heft 1). 18 Heißt es auf der einen Seite, die Kopenhagener Schule propagiere mit ihrem radikalen Ausblendung textlicher Überlieferung nichts anderes als ›postmodernen Hokuspokus‹ (W.G. Dever, Save Us from Postmodern Malarkey, BAR 26/ 2 (2000), 28-35; 68), so revanchiert man sich aus Kopenhagen mit Sätzen wie: »Historisch-kritische Wissenschaft basiert auf einer falschen Methodologie und führt zu falschen Schlußfolgerungen. Wir können daher 200 Jahre biblischer Wissenschaft ignorieren und sie dem Mülleimer übergeben« (N.P. Lemche, On the Problems of Reconstructing Pre-Hellenistic Israelite (Palestinian) History, The Journal of Hebrew Scriptures 3 (2000), 1-14: 6 [meine Übersetzung]). 19 C. Frevel, »Dies ist der Ort, von dem geschrieben steht …«. Zum Verhältnis von Bibelwissenschaft und Palästinaarchäologie, BN 47 (1989), 35-90: 43. Vom Distinktionsmodell unterscheidet Frevel das Affirmationsmodell (Archäologie wird eingesetzt, um den Bibeltext zu bestätigen), das Ancilla-Modell (Archäologie wird als ›Magd‹ der Bibelwissenschaft verstanden) und das Kooperationsmodell (Archäologie und Exegese sind jeweils eigenständige Wissenschaften, die sich gleichwohl durch Einzelanalysen korrelieren lassen). 20 T.L. Thompson, Das Alte Testament als theologische Disziplin, JBTh 10 (1995), 157-173: 164. 21 F. Rohrhirsch, Wissenschaftstheorie und Qumran, Freiburg/ Göttingen 1996. 22 Ebd., 88. 23 Ein dritter Fall könnte vorliegen bei dem 1990 in Jerusalem gefundenen ›Grab des Caiphas‹, Hoherpriester zur Zeit Jesu, im Neuen Testament und den rabbinischen Schriften häufig erwähnt. Ein Ossuar in der Höhle trägt die Aufschrift ›Joseph bar Caiaphas‹ - hierbei könnte es sich um einen Verwandten des Hohenpriesters handeln, der in der Passionsgeschichte eine so große Rolle spielt. 24 Vgl. G. Lüdemann, Paulus, der Heidenapostel, Bd. 1: Studien zur Chronologie, Göttingen 1980, 181ff. 25 Vgl. H.K. Bond, Pontius Pilatus in History and Interpretation, Cambridge 1998. 26 Die sozialgeschichtliche Bedeutsamkeit dieser Notizen wird in Erinnerung gerufen von K.C. Hanson, The Galilean Fishing Economy and the Jesus Tradition, Biblical Theology Bulletin 27 (1997), 99-111. Zum ›Galiläa- Boot‹ vgl. S. Wachsmann, The Sea of Galilee Boat, New York 2000. 27 Vgl. M. Hengel, Crucifixion in the Ancient World and the Folly of the Message of the Cross, Philadelphia 1977; J. Zias/ E. Sekels, The Crucified Man from Givat ha- Mivtar: A Reappraisel, IEJ 45 (1985), 22-27. 28 Vgl. S. Schroer, In Israel gab es Bilder, Göttingen 1987. 29 J.L. Reed, Archaeology and the Galilean Jesus, Harrisburg 2000, 62-99. 30 Zu den Konzeptionen von prozessualer und postprozessualer Archäologie vgl. die ausgezeichnete Darstellung von R. Bernbeck, Theorien in der Archäologie, Tübingen 1997, 35-84; 271-294. 31 Ian Hodder, Reading the Past, Cambridge 2 1991. 32 Ebd., 153f. 33 Archäologie (H.J. Nissen), RGG 1, Tübingen 4 1998, Sp. 708. 34 So z.B. R. de Vaux, On Right and Wrong Uses of Archaeology, in: J.A: Sanders (Hg.), Near Eastern Archaeology in the Twentieth Century, New York 1970, 64-80: 65. 35 Vgl. auch E.A. Knauf, From History to Interpretation, in: D. Edelman (Hg.), The Fabric of History, Sheffield 1991, 26-64: 41: »Tatsächlich schweigt das archäologische Zeugnis nicht mehr als die Torah für jemanden, der kein Hebräisch lesen kann« (meine Übersetzung). 36 Vgl. Z. Weiss, The Sepphoris Synagogue Mosaic, BAR 26/ 5,48-61 (2000); L.A. Roussin, Helios in the Synagogue. Did Some Ancient Jews Worship the Sun God? , BAR 27/ 2 (2001), 52-56. 58 ZNT 8 (4. Jg. 2001) Hermeneutik und Vermittlung