eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 5/9

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
121
2002
59 Dronsch Strecker Vogel

Wenn der liebe Gott ›böse‹ wird - Überlegungen zum Zorn Gottes im Neuen Testament

121
2002
Volker A. Lehnert
znt590015
Volker A. Lehnert Wenn der liebe Gott >böse< wird - Überlegungen zum Zorn Gottes im Neuen Testament Der Zorn Gottes gehört nicht unbedingt zu den brandaktuellen Themen neutestamentlicher Exegese. Gleichwohl beschäftigt die Theodizeefrage seit jeher nicht nur die christlichen Gemüter. 1 Sowohl das eschatologische Problem im Spannungsfeld zwischen Allversöhnung und doppeltem Gerichtsausgang, 2 als auch die Frage nach den sogenannten >dunklen Seiten Gottes< 3 regen immer wieder neu zur theologischen Reflexion an. Exegetisch steht dabei insbesondere der Begriff des Zornes Gottes zur Disposition. Die folgenden Ausführungen bieten sowohl einen Überblick über die wesentlichen Eckpunkte der theologischen Diskussion 4 als auch einen Versuch, Aspekte zum psychologischen und didaktischen Ertrag der Rede vom Zorn Gottes zu formulieren. 1. Die irrationalen Launen der altorientalischen Götter Die neutestamentlichen Autoren reden nicht voraussetzungslos von Gottes Zorn. Bereits der alte Orient kannte zürnende Götter. Auslöser für deren Zorn konnten u.a. menschliche Sünden sein, auch unbewusst begangene. 5 In einer akkadischen Gebetsbeschwörung an einen ungenannten Gott ist zu lesen: »Lass ab von dem (so) hoch gestiegenen Zorn Deines Herzens ... Sind meiner Übertretungen auch viele löse meine Schuld! « 6 Erkannt hat der Beter den göttlichen Zorn an seiner gegenwärtigen Erkrankung. Viele andere Manifestationen sind denkbar. Der Zorn des westsemitischen Gottes Hadad beispielsweise wirkte sich in Hunger und Schlaflosigkeit7 aus. Meist aber beschreibt der alte Orient göttlichen Zorn als irrationale Götterlaune, die zu Naturkatastrophen und zu Vernichtungen führt. In Ägypten etwa brach immer wieder der Zorn der Göttin Hathor aus. Da dieser durch Musik und Weintrinken besänftigt werden konnte, gehörte zum Kult dieser Göttin ein Fest der Trunken- ZNT 9 (5. Jg. 2002) heit. 8 Nach einer babylonischen Überlieferung hatten die Götter einst ihre eigene Arbeit an die Menschen delegiert und erzürnten nun, weil diese bei deren Verrichtung zu viel Lärm produzierten. Wurde ein Götzenbild gestohlen, galt dies als Zeichen dafür, dass die entsprechende Gottheit die Stadt verlassen und ihren Schutz zurückgezogen hatte. Als Folge erwartete man das freie Spiel der Dämonen. 9 Der hethitische Mythos vom Wettergott Telipinu stellt die Gottheit sogar als mit infantilen Regungen ausgestattet dar. Telipinu zieht sich zornig aus dem aktiven Götterleben zurück, um zu schlafen. Infolgedessen kommt es auf der Erde zu Naturkatastrophen. Die übrigen Götter senden eine Biene aus, ihn zu suchen. Als diese ihn sticht, steigert sich sein Zorn. Durch eine göttliche Beschwörung wird er besänftigt, durch eine menschliche werden er und mit ihm die ganze Natur von seinem Groll befreit.10 Den Menschen kam also ein gewisser Einfluss auf Götter zu. Zur Beschwichtigung ihres Zornes dienten Gebete, Rituale, Opfer, Orakel u.ä. In Babylonien kannte man die Möglichkeit, dass sich göttlicher Zorn auf ein Tier stellvertretend als Ersatz für den Menschen ergießen konnte. Der Mensch wurde auf diese Weise auch ohne Reue bewahrt. 11 In dieser doppelten Auffassung des Zornes Gottes als Strafe für Sünden bzw. als irrationaler Götterlaune, spiegelt sich die Ambivalenz menschlicher Unheilserfahrungen wieder. Einerseits gibt es immanent erkennbare und nachvollziehbare Kausalitäten zwischen Fehlverhalten (Schuld) und negativer Konsequenz (etwa Krankheit), anderseits aber geht diese Logik nie ganz auf. Ihre oft fehlende oder doch zumindest nicht immer erkennbare Systematik führt zur Integration von Absurditätserfahrungen in den Weltenwurf, die sich wiederspiegelt in den schillernden Persönlichkeiten unterschiedlichster Göttergestalten, die in dem einen Fall begründet, im anderen Falle aber völlig willkürlich zürnen können. 15 2. Die Eiferheiligkeit des Gottes Israels Auch die Bibel Israels weicht dieser Ambivalenz der Wirklichkeit nicht aus. Texte wie etwa Ps 37, Ps 73 oder Hiob bewegen genau diese Frage. Und doch spricht Israel anders von Gott als seine Nachbarn. Selbstverständlich ist auch Jahwe frei zu tun, was er will. Er vermag ,aufzubauen und niederzureißen< (vgl. Jer 45,4), er vermag zu >töten und lebendig zu machen< (vgl. 1Sam 2,6), allein, sein Handeln unterliegt einer inneren Prämisse, der Gerechtigkeit (hebr.: sedaqa).12 Jahwe ist frei, aber nicht willkürlich. Schon gar nicht ist er manipulierbar: »Die Abhängigkeit der Götter von menschlichen oder gar tierischen Helfern, ihre Beeinflussbarkeit durch Magie, ihre Endlichkeit, mangelnde Allwissenheit, ihr Mithineingerissensein in irdische Katastrophen, ihre Machtlosigkeit gegenüber den eigenen zügellosen Eigenschaften haben in der alttestamentlichen Gotteserkenntnis keine Parallelen.« 13 E. Otto hat versucht, den Zorn Gottes in der hebräischen Bibel als einen integralen Bestandteil spezifisch israelitischer Überwindung der neuassyrischen Staatsideologie zu verstehen. Galt im Alten Orient Krieg als konstitutive Aufgabe des Staatsmonarchen, um das in Gestalt der Völker repräsentierte Chaos zu überwinden, so tritt in Israel an die Stelle des Chaoskämpfers »der sich selbst überwindende Gott, der in der Dialektik von Zorn und Liebe seinen Zorn überwindet«. 14 Letztlich würde damit der göttliche Zorn als eine Art antidualistische Integration des Chaos in Gott hinein im Zuge einer spezifisch israelitischen Entwicklung zum Monotheismus 15 aufgefasst. Aber was heißt das für die Frage nach dem Zorn Gottes? Zürnen konnten die alten Götter ja auch bereits. Besteht der Unterschied zu Jahwe lediglich in ihrem missglückten bzw. fehlenden Selbstüberwindungsversuch? Wie spricht nun Israel vom Zorn Gottes? Zunächst: Zorn ist keine negative Eigenschaft Gottes, keine Schwäche, die immer mal wieder durchbricht. Gottes Zorn ist immer ein ,aktuelles Geschehen" ein spezifisches Handeln Gottes. 16 Eine klassische Zorngeschichte liegt vor in der Erzählung vom ,goldenen Kalb, (Ex 32-34). Der Götzendienst wird hier interpretiert als völlig unangemessene Reaktion des Volkes auf Jahwes Wohltat der Herausführung aus Ägypten. Die soeben im ExuJus erfahrem: Präsenz Gottes wird 16 substituiert durch die Produktion eines eigenen Gottesbildes. Der Mensch erschafft sich seinen Gott wider besseren Wissens selbst. Die Freiheit dazu hat er eben erst durch das ihm immer schon vorgeordnete Handeln Gottes empfangen. Wird Gott als ,Gott< abgesetzt, wird die Folge für den Menschen negativ sein, denn wer sein Woher leugnet, der verleugnet sich letztlich im negativen Sinne selber. Genau dies bringt die Rede vom zornigen Jahwe zum Ausdruck: »Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und sie vertilge ... « (Ex 32,10). Erst als Mose in die priesterliche Bresche springt, Fürbitte tut und an Jahwes Barmherzigkeit appelliert, lässt dieser sich umstimmen. Man könnte diese Erzählung gleichsam als Illustration der späteren Gerichtsprophetie ansehen, mittels derer Israel seine Geschichte rückblickend deutet.17 Eine gewisse Dynamik im Verhalten Gottes ist zwar auch hier erkennbar, aber der Auslöser für seinen Zorn lag eindeutig im Fehlverhalten des Volkes, nicht in göttlicher Willkür. Auch die Gerichtsprophetie selbst spricht durchaus in orientalischer Manier vom Zorn Gottes: Gott verteilt Schläge (Jes 9,7-10,4), wenn sein Zorn ungestüm und mit elementarer Gewalt ausbricht 18 (Jer 23,19; 30,23; 4,4; 7,20). InJer 50,25 erscheint Gott sogar als eine Art ,Waffenlagerbesitzer,. Sein Zorn gilt den Völkern (Am 1,1-2,3), kann sich aber genauso gegen das eigene Volk wenden (Am 2,3-16). Deuterojesaja interpretiert das Exil als Vollzug des Zornes (42,25; 47,6), sein Ende entsprechend als Vergebung (40,1-11). Das Grundmotiv für die Erregung des Zornes Jahwes lässt sich als Verletzung seiner Eiferheiligkeit beschreiben.19 Gerhard von Rad hat die gesamte Kultgeschichte Israels als »Kampf um die Gültigkeit des ersten Gebotes« auf dem Hintergrund des orientalischen Polytheismus (vgl. Jes 43,10; 45,5f.) interpretiert, in dem Jahwe exklusive Anerkennung durch sein Volk fordert. 20 Gerät sein bisweilen metaphorisch als Liebesbeziehung dargestelltes Verhältnis zu Israel (vgl. Hos) in eine ,Krise" zeigt er sich in gewissem Sinne bei aller Problematik dieses anthropomorphen Attributs als ,eifernd,: »Als Eifernder ist Jahwe personenhaft bis zur höchsten Intention«. 21 Von der Wüstenzeit, in der das Lager ständig als von der Macht des göttlichen Zornes bedroht galt (vgl. Lev 10,6; Num 1,53; 17,11; Jos 9,20 u.ö.), 22 bis zur Esragemeinde, die »unter der Glut des Zornes ZNT 9 (5. Jg. 2002) Volker A. Lehnert Dr. Volker A. Lehnert, Jahrgang 1960, verheiratet, drei Kinder. Studium der Ev. Theologie in Wuppertal und Bonn, Promotion 1999 in Wuppertal mit einer Studie zur neutestamentlichen Textpragmatik am Beispiel vonJes 6,9f. bei Markus und Lukas. Von 1988 bis 2001 Pfarrer in Neuss. Vortragstätigkeit im Bereich der theologischen Erwachsenenbildung. Diverse Veröffentlichungen zu unterschiedlichen Themenbereichen (www.lehnert-neuss.de). Seit 2001 Ausbildungsdezernent der EKiR. Jahwes« 23 (Esr 10,14) stand, weiß Israel um diesen Eifer Gottes. Insofern könnte man Gottes Zorn als Kehrseite seiner Liebe beschreiben, die zutage tritt, wenn Israel diese Liebe zurückweist, sei es durch Verfehlungen einzelner (Ex 4,14; Num 12,9; Dtn 29,18ff.; 2Sam 6,7 u.ö.), sei es durch Verletzung des Bundesrechtes durch das Volk (Num 25,3; 32,10; Dtn 29,25ff.). 24 Israels Rede vom Zorn Gottes meint daher etwas wesenhaft anderes als die altorientalischen Mythen. Die Sprachbilder und die anthropomorphen Metaphern sind zwar verwandt, das Wesen des Zornes aber trägt einen anderen Akzent: Die mehr oder weniger willkürliche irrationale Götterlaune wird in gewissem Sinne zu einem mehr oder weniger rationalem Eifer, »Ausdruck seiner [Jahwes sie.] Heiligkeit und Gerechtigkeit«. 25 3. Der Zorn Gottes im Neuen Testament Die neutestamentliche Rede vom Zorn Gottes knüpft prinzipiell an die skizzierte alttestamentliche Linie an, nimmt aber zugleich apokalyptisch gefärbte eschatologische Traditionen aus der sogenannten zwischentestamentlichen Literatur auf. 26 ZNT 9 (5. Jg. 2002) Vollcer A. Lehnert Wenn der liebe Gott >böse< wird 3.1. Zorn als negative menschliche Eigenschaft Im Neuen Testament erscheinen zwei griechische Begriffe für Zorn: thymos und arge. 27 Beide Vokabeln bezeichnen im Profangriechischen eine affektive Gemütsbewegung, sowohl von Menschen, als auch von Göttern. Orge kann darüber hinaus aber auch für die gerechte strafende Haltung eines Richters stehen (Demosth Or 24,118), ein semantischer Akzent, der vordergründig eine gewisse Affinität zum alttestamentlichen Verständnis des Zornes Gottes zu besitzen scheint, die aber hinsichtlich der engen Korrelation der Gerechtigkeit Jahwes mit seiner Liebe sogleich zu relativieren ist, denn die israelitische Sedaqa Jahwes, Erwählungsgerechtigkeit Gottes inklusive seiner letztlich liebenden Eiferheiligkeit, und abendländische Justitia, Rechtsprechung inklusive >neutraler< Bestrafung, sind nicht dasselbe. 28 In der Stoa gilt der Zorn als verwerflichste Eigenschaft des Menschen. Götter galten als affektlos. 29 Seneca wertet den Zorn in seiner Schrift »De Ira« 30 als die negativste aller menschlichen Leidenschaften, »am meisten von allen widerwärtig und tollwütig« (I.1) und Herr über die anderen (XXXVI.6). Zorn dient allein der Vernichtung (V.2) und hat in sich »nichts Nützliches« (IX.1). Richterliche Strafgewalt hat mit Zorn nichts zu tun. Gestraft werden soll »nicht ohne Züchtigung, sondern ohne Zorn« (XV.1) und »mit klarer Überlegung« (XV.3). Interessant ist Senecas Verweis auf eine Argumentationslinie Platons, die das richterliche Urteil dezidiert vom Zorn abkoppeln will: Der Weise, wenn er zürnt, verzichtet auf seine Strafgewalt und delegiert sie auf einen Besonnenen (XII.4-6). Zorn ist etwas irrational ,Hervorbrechendes" »was die Vernunft überrennt« (III.4). Man muss sich seiner »enthalten« (XXXIV.1) und ihn mit Hilfe der Vernunft zu »überwinden« (XII.1) suchen. Nicht allein zu mäßigen ist er, sondern »völlig [zu] entfernen« (XLII.l). Die aus der aristotelischen Affektenlehre stammende Überzeugung, dass Zorn, gezielt eingesetzt, von Nutzen sein könnte (Metriopathie), verwirft Seneca gänzlich. In der Bewertung des menschlichen Zornes finden sich sowohl Konvergenzen als auch Differenzen zwischen israelitischen, stoischen und neutestamentlichen Traditionen. Konvergent ist die prinzipiell negative Wertung von Zorn (Lev 19,18; De Ira I.1; Gal 5,20; vgl. lQS 5,25), different ist 17 der Grad dieser Negativität. In Gen 4,7 zieht der Grimm Kains die Sünde gleichsam an, ist aber selbst noch nicht Sünde. Diese »lauert vor der Tür« und soll beherrscht werden. Eine vergleichbare Aussage findet sich in Eph 4,26a: »Zürnt ihr, so sündigt nicht«. Hatte Aristoteles dem Zorn als einer Art vitalem Kraftreservoir auch positive Seiten abgewinnen können, so wertet Seneca ihn ausschließlich negativ und empfiehlt: »Wirksamstes Gegenmittel bei Zorn ist Aufschub ... heftig ist sein erster Ungestüm; er lässt nach, wenn er verhält« (XXIX.1; vgl. Xl.4). Der Autor des Eph dagegen rät im Anschluss an Ps 4,5 eine rasche Bearbeitung: »Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen« (4,26b). 3.2. Zorn als eschatologisches Handeln Gottes Es ist unmittelbar einsichtig, dass die Synchronisation der anthropomorphen Rede vom Zorn Gottes (Ex, Propheten) mit der ethischen Bewertung des Zornes aus anthropologischer Perspektive (Weisheit, Stoa) eine nicht unerhebliche Herausforderung für das junge Christentum darstellte. Cicero richtet sich philosophisch gegen ein affektives Verständnis des göttlichen Zornes (Off. III 28,102 und 29,104). In Ovid, Metam. VIII 279, dagegen spiegelt sich ein Stück Volksglauben wieder, der den Göttern recht unbefangen Zorn zuschreiben konnte. In der rabbinischen Literatur erscheint der Zorn Gottes gelegentlich in Gestalt eines Engels. 31 Mit Ausnahme von Offb spiegelt sich dieses Problem im Neuen Testament u.a. wieder in einer gewissen Zurückhaltung, thymos aufgrund seiner affektiven Konnotation mit Gott zu verbinden, 32 obwohl die Septuaginta thymos synonym zu arge gebraucht. 33 Betrachten wir die wesentlichen Belege. 3.2.1 Gegenwärtiger Zorn? »Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles gottlose Wesen ... « (Röm 1,18ff.). Über diesen Paulustext ist eine heftige Diskussion entbrannt und zwar über zwei Fragen: erstens, ob die präsentische Verbform >wird offenbart< möglicherweise futurisch zu verstehen ist und zweitens, wie sich die beiden Offenbarungen in V.17 (Of- 18 fenbarung der Gerechtigkeit) und V.18 (Offenbarung des Zornes) zueinander verhalten. H.-J. Eckstein 34 hat die Forschungsgeschichte zu dieser Frage referiert und bilanziert: Die Identifikation der Zornesoffenbarung mit den immanenten, in der Heidenwelt real sich vollziehenden Konsequenzen des >Dahingegebenseins< (Bultmann, Käsemann, vgl. Röm 1,24ff.) wird mehrheitlich abgelehnt. Die Relation der beiden Offenbarungen (V.17 und 18) zueinander wird kontrovers beschrieben: Die Zornoffenbarung sei der Gerechtigkeitsoffenbarung heilsgeschichtlich vorgeordnet (Lietzmann), die Zornoffenbarung ereigne sich im Nachgang der eschatologischen Wende in Christus in der Verkündigung (Wilckens), die Zornoffenbarung sei die Kehrseite der Verkündigung (Schlier), so dass in Wahrheit lediglich von einer Offenbarung mit >zwei Aspekten< (Barth, Cranfield) zu sprechen ist. G. Bornkamm hat in seinem klassischen Aufsatz »Die Offenbarung des Zornes Gottes Röm 1-3« 35 unter Heranziehung stoischen und hellenistisch-jüdischen Vergleichsmaterial die Zornoffenbarung als Implikat der Gerechtigkeitsoffenbarung zu verstehen versucht, die im >eschatologischen Jetzt< zusammenfallen. Die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes bringt die Ungerechtigkeit der Welt allererst an den Tag. Ganz anders H.-J. Eckstein. Er möchte das Präsens in V.18 eindeutig futurisch verstehen. Seine Argumente: 1. Orge wird von Paulus nur in Röm 13,4f. im immanenten Sinne gebraucht und dort in spezifisch profangriechischer Bedeutung von >Strafe< als Kompetenz der Staatsgewalt. 2. Paulus steht in apokalyptischer Tradition36 und denkt über den Zorn Gottes genau in diesem Sinne (Röm 2,5.8; 3,5; 9,22; 1Thess 5,9). 3. Der Ausdruck >vom Himmel her< hat in der Apokalyptik eschatologisch-futurische Bedeutung (vgl. äthHen 1,4.7; Testlsaak 5,13). 4. Das Präsens wird häufiger futurisch gebraucht (lKor 3,13; Lk 17,30 u.ö.). 5. Röm 1,18 gibt eine Überzeugung wieder, die Paulus mit seinen judenchristlichen Lesern teilt. 6. Die präsentisch formulierte Dahingabe an die Unmoral gehört in den jüdischen Topos der >adäquaten Vergeltung<. 37 7. Unmittelbarer Kontext ist Röm 2,5: » ... du häufst dir selbst Zorn an auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes ... «. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Alternative »präsentisch-futurisch« antikem Denken gerecht ZNT 9 (5. Jg. 2002) zu werden vermag. Nach den alttestamentlichen Belegen und nach den Qumranschriften kann sich der Zorn Gottes nämlich durchaus auch in innergeschichtlichen Ereignissen vollziehen, wie etwa im babylonischen Exil (CD 1,5f; vgl. Klgl 1,12; 2,21f.; u.ö.). Aufschlussreich ist CD V,16f.: »Denn schon längst hat Gott ihre Werke heimgesucht, und sein Zorn entbrannte gegen ihre Taten; denn es ist ein uneinsichtiges Volk. Sie sind ein Volk, an dem guter Rat verloren ist, weil es keine Einsicht unter ihnen gibt«, eine Diagnose, die durchaus an Röm 1,21 erinnert: »... ihr unverständiges Herz ist verfinstert«. Sich innergeschichtlich vollziehender Zorn wird u.a. belegt in Num 11,1; Dtn 29,26; Jos 7,1; Ri 2,14 u.ö.; CD 3,8; 4Q301 3,4f.; 4Q334 l,I,5 u.ö., aber auch in der Anspielung auf die Zerstörung Jerusalems in Lk 21,23. 38 Ein zweiter Gesichtspunkt könnte das altorientalische Motiv des >Weggang Gottes< sein. In Babylonien kannte man den Rückzug des Schutzes Gottes, eine Art passives Gericht, 39 das auch in Ex 32,34 und 33,2f. belegt ist, als Gott sein persönliches Geleit Israels zurücknimmt und einen Engel gleichsam als Ersatz einsetzt: »Ich selbst will nicht mit dir hinaufziehen ... «. 40 Eine gewisse Affinität des Rückzuges Gottes mit seinem ,Dahingeben< in Röm 1,24ff. fällt auf. So sind die gegenwärtigen Implikationen der menschlichen Gottesverachtung zwar nicht mit dem eschatologisch-apokalyptischen Vollzug des Zornes Gottes zu identifizieren, aber eben sachlich auch nicht von diesem zu trennen. Eher ließe sich der immanente Zorn Gottes als >Vorwehe, des künftigen Zornes beschreiben (vgl. Röm 8,22; lThess 5,3: Mk 13,8; Mt 24,8): »So bedeutet schon Gottes >Nichteinmischung< ein Gericht über die sich selbst überlassene Menschheit«. 41 Vom gegenwärtigen Zorn (vgl. 3.2.3) spricht schließlich die heftig umstrittene Stelle lThess 2,16. Übersetzt werden kann hier entweder »es ist aber auf sie der Zorn endgültig gekommen« oder »der ganze Zorn ist schon über sie gekommen«. 42 Der griechische Aorist schließt die futurische, das >endültig< die zeitgeschichtliche 43 Deutung aus. Da hier der Adressat des Zornes die >Juden< bzw. die >Judäer< (2,14) sind, steht der Vers in Widerspruch zur paulinischen Hoffnung für Israel in Röm 9-11. Will man sich nicht Stuhlmachers These einer paulinischen Selbstkorrektur von lThess 2,16 in Röm 2,1-11 anschließen, 44 bietet sich Haackers Erklärung als die plausibelste an. Er ZNT 9 (5. Jg. 2002) Volker A. Lehnert Wenn der liebe Gott >böse« wird schlägt vor, den Satz bereits mit gr. pantote, dem nach Nestle-Aland-Druckbild letzten Wort des vorhergehenden Satzes, beginnen zu lassen. Dann lautet er: »Jedesmal hat sie aber schließlich [statt >endgültig, Vf.J der Zorn ereilt«. 45 Im Hintergrund stünde dann eine deuteronomistische Deutung der Geschichte Israels durch Paulus, während er sich in Röm 11,3-8 auf lKön 19,10.14 bezieht. 46 3.2.2 Der kommende Zorn Der Tag des Zorns ist ein geläufiger alttestamentlicher Topos (Ps 110,5; Ez 22,24; Zeph 2,3 u.ö.). Die Vorstellung vom künftigen Zorn begegnet innerhalb des Judentums und des Judenchristentums in unterschiedlichen Traditionskreisen. Für die Qumrangemeinde richtet sich der Zorn Gottes gegen den Götzendienst (lQS 2,11-17), gegen den Widerstand der Offenbarung gegenüber (5,12) und gegen die Missachtung der Gebote (CD 2,21). Die ,Rache seines Zornes< ereilt alle ,Söhne der Finsternis< (1QM 3,6). lQH 15,17 findet sich sogar der Gedanke einer Prädestination zum Zorn. Der Zorn führt zu »ewiger Vernichtung« (lQS 2,15), in »ewiger Schmach» und »Schande der Vernichtung in finsterem Feuer« (lQS 4,12-15). Ein vernichtendes Feuergericht als Modus des künftigen Zorns kündigt auch Johannes der Täufer an (Mt 3,1-12 par). Das Bild des Feuergerichtes stammt aus der prophetischen Tradition und umfasst drei Vorstellungskreise: Erntefeuer (Jes 5,24; Nah 1,10), Waldbrand (Jes 10,18f.; Jer 21,14) und Metallschmelze (Jes 1,24ff.). 47 Hier geht es um das Gericht der Gehenna (vgl. 23,33; Hiob 20,26; Jes 34,10 u.ö.). 48 Originär täuferisch dürfte die Verbindung von Feuer und Taufe zur Metapher der Feuertaufe (3,11) sein. Umstritten ist die Frage, inwieweit das apokalyptische Äonenschema für Johannes zu veranschlagen ist. Letztlich geht es ihm wohl nicht um die Ansage eines kosmischen Weltendes, sondern um die Umkehr 49 seiner Zuhörer. Unheilsankündigungen und Negativprognosen haben als Spielart paradoxer lntervention 50 stimulierenden Charakter. Ein schönes Beispiel für den provokativen Charakter von Gerichtsankündigungen bietet das Jonabuch. 51 Jona kündigt den Untergang Ninives an, 19 ohne explizites Umkehrangebot. Dennoch tun die Niniviten Buße und hoffen gegen alle Hoffnung. Sie wenden dadurch Gottes Zorn ab. Gott zieht sich dadurch Jonas Zorn zu. Die Wirkung der Jonapredigt entfaltet sich antithetisch zur Intention des Jona. Eine hellenistisch-jüdische Auslegung hat die Illokution des Gerichtswortes erspürt: » ... ich war mir bewusst, (dass) nicht um der Zerstörung willen die Katastrophe angedroht wurde, (sondern) zur Bewahrung« (PsPhilon 41,161). 52 Auch Cicero kennt die Pragmatik von Unheilsprognosen, die um ihrer eigenen Abwendung willen ergehen. 53 Deutlich wird dies in der lukanischen Version der Täuferpredigt. Nach der radikalen Gerichtsankündigung: »Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt ... « (Lk 3,9) fragt die Menge: »Was sollen wir denn tun? « (3,10). Auf den lokutionären Akt der indikativischen Gerichtsankündigung folgt der perlokutionäre Akt der Veränderungsbereitschaft der Rezipienten. Die Illokution des Wortes und damit der Rede vom Zorn Gottes besteht also nicht in der Ansage der Vernichtung, sondern in der Veränderung der Hörenden, ihrer Umkehr. 54 Da seine Hörer auf der Erzählebene aus Heiden (V.14) und Juden (V.8) bestehen, gilt die Zornankündigung beiden. Ein Vergleich mit einem Midrasch zum Hohenlied zeigt die spezifische Zuspitzung einer alten israelitischen Tradition durch Johannes: »Das Stroh, die Spreu und die Stoppeln stritten einmal miteinander, ein jedes behauptete: Meinetwegen ist das Feld besät worden. >Wartet bis zu der Zeit" sprach der Weizen, ,dass ihr auf die Tenne kommt, da wird sich's zeigen, wer von euch recht hat< ... Ebenso streiten sich auch die Völker der Welt, ein jedes behauptet: Wir sind Israel, und um unsertwillen ist die Welt erschaffen worden. Wartet, bis der von Gott (bestimmte) Tag kommt, sprechen die Israeliten zu ihnen, dann wird sich's entscheiden, um wessenwillen die Welt erschaffen worden ist« (Schir ha-Schirim r 7,3). 55 Aus dem hier vorausgesetzten Gegensatz Israel - Völkerwelt wird bei Johannes eine Scheidung, die jetzt quer durch lsrael 56 geht, darin liegt die besondere Provokation dieses Textes. Ausgerechnet die Frommen werden »aus aller selbstsicheren Sattheit aufgeschreckt«. 57 Ob Beckers Charakterisierung der Täuferbotschaft als »eindeutig anthropologisch« ihrem Gesamthorizont gerecht wird, bleibt fraglich. 20 Mindestens assoziativ hängt an der zeitgenössischen ,Zornerwartung< wohl doch etwas mehr, wie ein Blick in die Apokalyptik zeigt. In äthHen 91,7-9 und AssMos 10,3-7 bezieht sich der Zorn Gottes auf heidnischen Bilderdienst. Dan 7,26f.; 8,19; 12,2; Zeph 2,2f.; äthHen 62,12; 91,14-17; 4Esra 7,33ff.; syrBar 85,12-15 und andere Texte 58 belegen die Erwartung eines endzeitlichen Zorngerichtes (vgl. Röm 2,5), ein Gedanke, der in Offb breit entfalten wird, und der auch im Hintergrund von Röm 2,5 steht. Gottes Zorn erscheint hier gleichsam als eine Art ,Konto<, auf dem sich zorneswürdiges menschliches Verhalten ansammelt: »Das aber heißt, dass sich hinter der schützenden Barriere der Langmut Gottes die erklärte Feindschaft Gottes gegen das Böse ... [Zorn] gleichsam anstaut, um am ,Tag des Zorns< loszubrechen. Paulus verwendet hier die Metapher der Vermögensbildung, die sonst immer positiv für das Ansammeln von Verdiensten o.ä. gebraucht wird.« 59 Recht deutlich greift Paulus in 1Thess 1,9f apokalyptische Traditionen auf: » ... und zu warten auf seinen Sohn vom Himmel, den er auferweckt hat von Toten, Jesus, der uns von dem zukünftigen Zorn errettet«. Angeredet werden hier Heiden, »die traditionell über ihre Ablehnung des Gottes Israels definiert sind«, 60 die sich aber durch Umkehr von den Göttern dem Gott Israels zugewendet haben. Der Ausblick auf Gottes Gericht gehört zu den konstitutiven Elementen der paulinischen Missionsverkündigung 61 (vgl. Röm 2,5; lKor 3,13), ebenso wie die Interpretation des auferweckten Christus als ,Retter< vor eben diesem Gericht, eine Linie, die er in Phil 3,20 ausziehen wird. 62 Das erwartete apokalyptische Endgericht, in dem der strafende Zorn Gottes über die Welt ergehen wird, wird die Glaubenden nicht treffen, jedenfalls nicht vernichtend: »Wird aber jemandes Werkverbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so, wie durchs Feuer hindurch« (lKor 3,15). Um das baldige Kommen Jesu wurde gebetet (lKor 16,22), wie nicht nur paulinische Texte belegen (Offb 22,20). Bereits um 140 v. Chr. findet sich folgende Erwartung: »Aber wenn der Zorn des großen Gottes für euch kommen wird, dann werdet ihr erkennen das Antlitz des großen Gottes. Alle Seelen der Menschen werden sehr stöhnen und gegen den weiten Himmel ihre Hände erheben und beginnen, den ZNT 9 (5. Jg. 2002) großen König als Helfer zu rufen und zu suchen einen Retter vom großen Zorn, wer er sei« (Sib III,556-561). 63 Spezifisch paulinisch ist demgegenüber die Identifikation des in der Zukunft Erwarteten mit dem in der Vergangenheit Auferweckten (vgl. 1Kor 15,20H.). Hatten die eschatologischen Konzepte der späteren Schriften wie Eph und Kol durch ihre primär ekklesiologische Prägung zu einem gewissen eschatologischen Optimismus 64 geführt (vgl. Kol 3,1-4; Eph 1,1-14), so startet Offb einen erneuten Versuch, die brüchige Realität, u.a. durch die Tyrannei Roms (Offb 13), und die durch Ablehnungserfahrung neu aufgebrochene Frage nach der Zukunft der augenscheinlich Nichtversöhnten (Offb 20,15), für die es ja durchaus im Sinne von Allversöhnung interpretierbare Ansätze in der urchristlichen Überlieferung gab (1Kor 15,28; Apg 3,21), mit der Verheißung zu synchronisieren. Hierbei leistet neben einer überfülle von alttestamentlichen und apokalyptischen Metaphern und Topoi 65 die Kategorie des Zornes Gottes wichtige Dienste, besonders in Kap. 15,1-16,21. Gottes Zorn vollendet sich in der Ausgießung von sieben Schalen über alle Welt. 66 Vorbild sind die ägyptischen Plagen: Die ersten vier Plagen richten sich gegen die Anhänger des Herrscherkultes, gegen die, die das Blut von Christen vergossen haben und gegen die, die den Namen Gottes lästern. Die fünfte Schale ergeht über den Sitz des Kaisers, die sechste ermöglicht den Königen des Ostens freie Wege (Parthergefahr). Die letzte Schale eröffnet das Gericht über Rom. Die mehrfache explizite Feststellung, dass die Menschen sich dennoch >nicht bekehrten< (16,9.11; vgl. V.21), zeigt die provokative Funktion der Darstellung der Zornesschilderung, von der eine missionarische Wirkung ausgehen soll (vgl. Jes 5,25; 9,11.16.18.20; 10,4 mit Am 4,6.9.10.11). 67 Offensichtlich dient die drastische Ausmalung der Bedrohung einem pädagogischen Ziel: der Umkehr (vgl. Offb 22,17). 3.2.3 Die Präsenz des kommenden Zorns Ein genuin johanneisches Gepräge trägt die Rede vom Zorn Gottes in Joh 3,36: »Wer an den Sohn ZNT 9 (5. Jg. 2002) Volker A. lehnert Wenn der liebe Gott >böse< wird glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm«. Dieser Vers der johanneischen Täuferpredigt ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Erstens: Wie in Joh 3,18 das Gericht, so wird hier der Vollzug des Zornes präsentisch formuliert (vgl. die präsentische Formulierung in Lk 3,9: »es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt«). Der Zorn ist nicht erst die Folge bzw. die Strafe des Unglaubens, sondern umgekehrt: Der Glaube rettet aus dem bereits jetzt für den Menschen wirksamen Zorn. Gericht und Rettung vollziehen sich in der gegenwärtigen Relation Christus gegenüber. Insofern sind sowohl das Kommen Jesu als auch die Entscheidung des Glaubens >eschatologisches Ereignis< (vgl. Joh 5,24), darin hatte Buhmann recht, 68 aber die eschatologische Verheißung geht nicht in diesem Ereignis auf (vgl. Joh 5,28f.), darin hatte er unrecht. 69 Futurische Eschatologie schimmert vor allem in der futurischen Formulierung »der wird das Leben nicht sehen« durch. Zweitens: Während in der Darstellung der Synoptiker Jesus auch als Repräsentant des gegenwärtigen Zornes Gottes agiert (Mk 3,5; 11,12-26; Mt 16,23; 21,12 u.ö.), 70 erscheint er hier als eine Art ,Schutzschild, vor dem Zorn Gottes (vgl. aber auch Joh 2,14ff.). Hat er nach Gal 3,13 den ,Fluch< gleichsam auf sich versammelt, damit der ,Segen Abrahams unter die Heiden komme< (3,14), 71 so eröffnet er hier den Glaubenden sozusagen einen ,Zorn-Gottes-freien< Raum, in den >einzutreten< (10,9) und in dem zu ,bleiben< (15,5) das ewige Leben verleiht und zur ,Seligkeit< führt. Drittens: Die Antithese zu ,glauben< bildet hier nicht etwa der ,Unglaube" sondern der ,Ungehorsam<. Ein Implikat des Glaubens besteht also auch hier in der Neuwerdung des Lebens (3,3) bis in die ethischen Vollzüge hinein (8,11), ein Indikator für die rhetorische Funktion der Rede vom Zorn als movens neuer Lebensgestaltung. 72 4. 300 Jahre später Etwa um 311 n.Chr. erschien Lactanz' Schrift »De ira Dei«, 73 eine Polemik gegen heidnische Philosophie. Sprachen die Epikureer der Gottheit Affekte ab, so billigte die Stoa Gott zwar Güte, nicht aber Zorn zu, letzteres eine Ursache für mangelnde 21 Gottesfurcht. Für Lactanz kommen Gott Gnade, Zorn und Mitleid zu, wobei er Zorn immer als gerechten Zorn versteht. Nicht affektive Rachlust ist sein Auslöser, sondern der Kampf gegen die Sünde. In gewisser Weise erscheint Gott hier in der Rolle eines römischen dominus, ein eindrucksvoller Beleg für die Transformation biblischer Kategorien in römische. Zorn ist keine Leidenschaft Gottes, sondern eine direkte Funktion seines Richterseins, eher >Akt< als >Sein<. Das erinnert in verblüffender Weise an die oben skizzierte Deutung prophetischer Zornesworte als ,Handeln, (Westermann), wenn auch der Aspekt des Eiferns (v. Rad) zurücktritt. Es wäre sicherlich lohnend, einmal zu analysieren, inwieweit unsere heutigen hermeneutischen Vorentscheidungen immer noch von dieser römischen Linie beeinflusst sind. 5. Die Rede vom Zorn Gottes in theologischer, psychologischer und didaktischer Hinsicht Unser Durchgang durch die wesentlichen Aussagen über den Zorn Gottes zeigt ein Ringen der biblischen Autoren mit der Frage, wie die Realität des Bedrohlichen mit dem Glauben an die Existenz eines guten Gottes synchronisiert werden könnte. Gegenüber altorientalischen Vorstellungen von Chaosmächten, Dualismus oder Willkürgöttern integriert Israel den >Zorn< monotheistisch in seinen Glauben. Aus willkürlichem Götterzorn (Eigenschaft) wird die gerechtigkeitsgesteuerte Eiferheiligkeit Gottes (kontingentes Handeln), der Zorn wird zur »Außenseite von Gottes Gerechtigkeit«.74 Das Neue Testament bringt die Dialektik von präsentischem und futurisch-eschatologischem Zorn christologisch zur Geltung. Einerseits ereignet sich das Gerichtshandeln Gottes innergeschichtlich (lThess 2,16; Luk 21,23; Röm 1,18ff.), anderseits wird die arge in Gänze erst in Zukunft ausbrechen (Röm 2,5). Einerseits vollzieht Jesus in seinem Wirken auch Dimensionen des göttlichen Gerichtes (Mk 11,12-26; Mt 23), anderseits bewahrt er, gleichsam als >Schutzschild<, vor dem bereits in diesem Äon gegenwärtigen kommenden Zorn (Joh 3,36; lThess 1,9f.). Gott rettet in Jesus den Menschen vor seinem, Gottes eigenen Zorn. 22 Die Drastizität der apokalyptischen Ausmalung des eschatologischen Zornes in der Offenbarung kann rhetorisch als hyperbolisches Movens hinsichtlich der existentiellen Dringlichkeit der individuellen Glaubensfrage aufgefasst werden. Theologisch geht es um die Überwindung dessen, was Bonhoeffer als ,billige Gnade< bezeichnet hat. Psychologisch geht es um das Ernstnehmen Gottes als des Herrn in Zuspruch und Anspruch und damit um die Relativierung des menschlichen Selbstverständnisses innerhalb der existentiellen Kategorie des grundsätzlichen >Gegebenseins< des Lebens. 75 Didaktisch geht es um die Wiederentdeckung verbindlicher Verkündigung. Das Evangelium ist eben kein beliebiges Angebot auf dem Markt der weltanschaulichen Möglichkeiten, das ist es nur in religionssoziologischer und nicht in geistlicher Hinsicht, sondern das Evangelium ist die ultimative Zuwendung des Gottes Israels in Christus zur Welt. Bleiben zwei theologische Probleme. Erstens: Die Integration der Unheilserfahrungen in den Gottesbegriff vermag zwar partielle, je nach ethischer Überzeugung mehr oder weniger plausible Erklärungsmodelle für die Theodizeefrage bereitzustellen. Nicht das Chaos oder destruktive Antimächte ergreifen dann den Menschen, sondern Gottes zurechtrückende Gerechtigkeit (deuteronomistisch verstandener innergeschichtlicher Zorn Gottes). Was aber ist mit den aus menschlicher Perspektive bleibenden quälenden Absurditätserfahrungen (Satre), die auch bei höchster eschatologischer und monotheistischer Sensibilisierung keine plausible Rückführung auf die arge Gottes zulassen? Auch solche Erfahrungen kennt die Bibel (Hiob, Ps 37; 73; Lk 13,1-5). Ist Gott dann schwach (praktischer Atheismus), ungerecht (orientalische Gottheit), zurückgezogen (Ex 33,3; Röm 1,24ff.) oder im Sinne der trinitarischen Geschichte erst noch auf dem Weg zur Schechina, seiner Einwohnung in die Welt (Moltmann)? Psychologisch bedeutet das: In der Reflexion dieser Frage wird erfahrbar, dass christliche Hoffnung immer nur ein Hoffen >gegen alles Hoffen< sein kann (Röm 8,24f.) und christlicher Glaube Satres Glaubensdestruktion immer schon als seinen ureigensten Bestandteil zu integrieren vermag (vgl. Mk 15,34). Didaktisch bedeutet das, dass unsere Verkündigung und unser Lehren niemals das letzte Wort für sich in Anspruch ZNT 9 (5. Jg. 2002) nehmen kann, will sie es nicht Gott aus dem Mund nehmen. Allenfalls wird ihr das Vorletzte geschenkt. Das wäre dann wohl pneumatologisch vermittelte demütige Vollmacht. Zweitens: Das Neue Testament lässt die endgültige eschatologische Antwort auf dem Grad zwischen Allversöhnung (lKor 15,28; Apg 3,21) und doppeltem Gerichtsausgang (Mk 16,16; Offb 20,15) offen. Auch wenn der rhetorische Charakter der Gerichtstexte als provocatio richtig erfasst ist, so ist deren semantischer Gehalt damit noch lange nicht erledigt. Die Opfer wird Gott einst ins Recht setzen. Ob er allerdings ihre Mörder seine arge spüren lässt (Offb 16,3-6) oder ihnen die Chance nimmt, länger Mörder bleiben zu können (Lk 22,34), können wir nicht sagen und sollten gerade darin Gott die Ehre geben, wenn wir's denn mit dem Kyrie-Ruf ernst meinen. Für Paulus suspendiert die Erwartung des kommenden Zornes geradezu von eigenen Vollstreckungsgelüsten (Röm 12,19-21). Der psychologische Ertrag liegt in der Möglichkeit einer Delegation des menschlichen Rachebedürfnisses als einer geistlichen Alternative zu ihrer Verdrängung ins Unbewusste, vor der P. Trummer zu Recht warnt. 76 Didaktisch ist es ausgerechnet die fundamentale Rede vom Zorn Gottes, aber eben vom Zorn Gottes, die Fundamentalisten aller Religionen entschärfen könnte. Mit dem Zorn Gottes zu rechnen heißt eben, der Fähigkeit zur Selbstkritik (Mt 7,5; lPetr 4,17; vgl. Am 3,2) die Präferenz vor der Verurteilung anderer zu geben. Seine Verwirklichung selbst zu inszenieren, sei es in Kreuzzügen, sei es in islamistischem Terror, heißt, ihn mit dem abgespaltenen ,Schatten< (C.G. Jung) in sich selbst zu verwechseln. Der ,liebe Gott< wird eben nicht ,böse<, und er macht auch nicht böse. Ganz im Gegenteil, er überwindet das Böse mit Liebe (vgl. lJoh 4,16-18). Das aber meint er ernst. Seine Liebe ruft daher gelegentlich recht deutlich zur Raison. Spotten lässt Gott sich nicht (Gal 6,7). Genau daran will uns die Rede von Gottes Zorn erinnern. Anmerkungen 1 Vgl. hierzu u.a. H.-G. Janssen, Gott - Freiheit - Leid. Das Theodizeeproblem in der Philosophie der Neuzeit, Darmstadt 2 1993; H. Häring, Das Problem des ZNT 9 (5. Jg. 2002) Bösen in der Theologie, Darmstadt 1985; Ch. Gestrich, Die Wiederkehr des Glanzes in der Welt. Die christliche Lehre von der Sünde und ihrer Vergebung in gegenwärtiger Verantwortung, Tübingen 2 1995, bes. 160-193. 2 Vgl. hierzu vor allem J. Moltmann, Das Kommen Gottes. Christliche Eschatologie, Gütersloh 1995. 3 Vgl. W. Dietrich/ Ch. Link, Die dunklen Seiten Gottes. 1: Willkür und Gewalt, 2: Allmacht und Ohrnacht, Neukirchen-Vluyn 2000. 4 Wir streifen im Folgenden überblicksartig die einschlägigen Belege ohne Anspruch auf Vollständigkeit. So wichtige Textkomplexe wie etwa Gen 6-9 oder die Differenzierung der Gerichtsprophetie müssen als Raumgründen ausgespart bleiben. 5 H. Ringgren, Die Religionen des Alten Orients (NTD- Erg. Sonderband), Göttingen 1979, 179. Hier und bei W. Beyerlin (Anm. 6) auch Quellen und Textsammlungen. 6 W. Beyerlin, Religionsgeschichtliches Textbuch zum Alten Testament (ATD-Erg. 1), Göttingen 2 1985, 133; W.G. Lambert, JNES 33 (1974), 267ff. und 281ff. 7 Ringgren, Religionen, 245. 8 Ringgren, Religionen, 22.40; C.J. Bleeker, Hathor and Thoth, Leiden 1973. 9 Ringgren, Religionen, 136.139.151. 10 Beyerlin, Textbuch, 181ff.; Ringgren, Religionen, 188. 11 Ringgren, Religionen, 144; Beyerlin, Textbuch, 196ff. 12 Vgl. außer den einschlägigen Lexikonartikeln bes. K. Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer (ThHK 6), Leipzig 1999, Exkurs 4 »Gerechtigkeit Gottes« bei Paulus, 39-42 und K. Berger, Theologiegeschichte des Urchristentums, Tübingen/ Basel 2 1995, 534-540. 13 C. Kühne, in: Beyerlin, Textbuch, 182. 14 E. Otto, Krieg und Frieden in der Hebräischen Bibel und im Alten Orient. Aspekte für eine Friedensordnung in der Moderne, Stuttgart/ Berlin/ Köln, 1999, 153. 15 Zum Monotheismus vgl. H.W. Schmidt, Alttestamentlicher Glaube in seiner Geschichte, Neukirchen-Vluyn 4 1982, 75-83; und neuerdings M. Albani, Der eine Gott und die himmlischen Heerscharen. Zur Begründung des Monotheismus bei Deuterojesaja im Horizont der Astralisierung des Gottesverständnisses im Alten Orient, Berlin 2000. 16 Vgl. hierzu besonders C. Westermann, Boten des Zorns. Der Begriff des Zornes Gottes in der Prophetie, in: ders., Erträge der Forschung am Alten Testament, Ges. Stud. III (ThB 73); München 1984, 96-106. 17 Westermann, Boten, 97ff. 18 Vgl. H.C. Hahn, Art. Zorn/ Zank, in: ThBLNT II, 2026. 19 Vgl. hierzu G. von Rad, Theologie des Alten Testaments I, München 7 1978, 216-222. 20 Rad, Theologie, 223; vgl. Anm.14. il Rad, Theologie, 220. 22 Rad, Theologie, 282. 23 Rad, Theologie, 344. 23 24 Vgl. Hahn, Zorn/ Zank, 2026. 25 Ebd. 26 Einen knappen Überblick bietet G. Stemberger, Geschichte der jüdischen Literatur. Eine Einführung, München 1977, 26-46. Grundlegend informieren K. Müller, Art. Apokalyptik, TRE III, 202-251; A. Strobel, Art. Apokalyptik IV, TRE III, 251-257und K. Erlemann, Endzeiterwartungen im frühen Christentum (UTB 1937), Tübingen/ Basel 1996. 27 Vgl. hierzu außer den einschlägigen Artikeln in ThWNT, K. Haacker/ C.H. Hahn/ H. Schönweiß/ E. Synofzik, Art. Zorn/ Zank, in: ThBLNT II, 2023-2030 und H.W. Hollander, Art. thymos, in: EWNT II, 396f; W. Pesch, Art. arge, in: EWNT II, 1293-1297. 28 Besonders im Gefolge der Satisfaktionstheologie Anselms von Canterbury (»Cur Deus Homo«) kam es zu einer Interpretation des biblischen Gerechtigkeitsbegriffes vom abendländischen Justitiabegriff her; vgl. auch Anm. 12. 29 Vgl. Hahn, Zorn/ Zank. 30 L. Annaeus Seneca, Philosophische Schriften, lat. und dt., Sonderausgabe, Bd.1, hg. v. M. Rosenbach, Darmstadt 1999, 95-311. Vgl. Ä. Baeumer, Die Bestie Mensch. Senecas Aggressionstheorie, ihre philosophischen Vorstufen und ihre literarischen Auswirkungen, in: Studien zur klassischen Philologie 4, Frankfurt/ Bern 1982. 31 Vgl. Billerbeck I, 115f. 32 Vgl. Hollander, thymos. 33 Schönweiß, aaO. 34 H.-J. Eckstein, ,Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbar werden< Exegetische Erwägungen zu Röm 1,18, ZNW 78 (1987), 74-89; vgl. Haacker, Römer, 45-56. 35 G. Bornkamm, Die Offenbarung des Zornes Gottes, in: ders., Studien zum Neuen Testament, München 1985, 136-160. 36 Der von der Bultmannschule vertretenen christologischen und existenzialen Reduktion apokalyptischer Traditionen durch Paulus (vgl. u.a. J. Baumgarten, Paulus und die Apokalyptik. Die Auslegung apokalyptischer Überlieferungen in den echten Paulusbriefen (WMANT 44), Neukirchen-Vluyn 1975) ist in neuerer Zeit heftig widersprochen worden etwa durch 0. Michel, Der Brief an die Römer (KEK 4), 5 1978, 95ff.; H.H. Schade, Apokalyptische Christologie bei Paulus, Göttingen 2 1997; vgl. die Arbeiten von P. Stuhlmacher, K. Berger, P. v. d. Osten-Sacken u.a. 37 Eckstein, Gottes Zorn, 87, dort auch Literatur, und 89. 38 W. Pesch, orge. 39 Vgl. Ringgren, Religionen, 151. 40 Vgl. Rad, Theologie, 298. 41 Haacker, Römer, 52. 42 E. Reinmuth, Der erste Brief an die Thessalonicher (NTD 8/ 2), Göttingen 1998, 130f. Zur neueren Diskussion vgl. G. Haufe, Der erste Brief des Paulus an die Thessalonicher (ThHK 12/ 1), Leipzig 1999, z.St. 24 43 Zu den diversen Versuchen vgl. Reinmuth, Thessalonicher, 130. 44 P. Stuhlmacher, Der Brief an die Römer (NTD 6), Göttingen 1989, 39 vgl. 148f.160ff. 45 Haacker, Art. Zorn/ Zank, ThBLNT II, 2030. 46 Berger, Theologiegeschichte, 485. 47 Vgl. hierzu J. Becker, Johannes der Täufer und Jesus von Nazareth (BSt 63), Neukirchen-Vluyn 1972, 28f. 48 J. Gnilka, Das Matthäusevangelium 1,1-13,58 (HThKNT, Sonderausgabe), Freiburg/ Basel/ Wien 2000, 72. 49 Für Mt vgl. bes. Gnilka, Matthäus, 68f. 50 Zum Begriff der paradoxen Intervention vgl. V.A. Lehnert, Die Provokation Israels. Die paradoxe Funktion von Jes 6,9-10 bei Markus und Lukas. Ein textpragmatischer Versuch im Kontext gegenwärtiger Rezeptionsästhetik und Lesetheorie (NTDH 25), Neukirchen-Vluyn 1999, 89ff., l00ff., 152ff. 51 Vgl. Lehnert, Provokation, 92-101; vgl. K. Koenen, Biblisch-theologische Überlegungen zum Jonabauch, ZNT 6 (2000), 31-39. 52 In F. Siegert (Hg.), Drei hellenistisch-jüdische Predigten (WUNT 20), Tübingen 1980, 9-48. 53 Cicero, Über die Wahrsagung. De divinatione, lat.-dt., hg. v. C. Schäublin, München/ Zürich 1991. 54 Zur Terminologie vgl. meine pragmatische Texttheorie in Lehnert, Provokation, 81-84. 55 Text nach Religionsgeschichtliches Textbuch zum Neuen Testament, hg. von K. Berger und C. Colpe, NTD-Textreihe 1, Göttingen 1987, 96. 56 Vgl. Berger, Theologiegeschichte, 35. Vgl. auch H. Schürmann, Das Lukasevangelium 1,1-9,50 (HThKNT Sonderausgabe), Freiburg/ Basel/ Wien 2000, 164. 57 E. Schweizer, Das Evangelium nach Matthäus (NTD 2), Göttingen 1981, 25. 58 Frühjüdische Belege bei E. Sjöberg/ G. Stählin, ThWNT V, 416. 59 Haacker, Römer, 61. 60 Reinmuth, Thessalonicher, 122. 61 M. Karrer,Jesus Christus im Neuen Testament (NTD- Erg. 11), Göttingen 1998, 48. Zu lThess 1,9f. vgl. auch J. Becker, Die Auferstehung der Toten im Urchristentum (SBS 82), Stuttgart 1976, 32-41. 62 Karrer, aaO, 51. Hier auch religionsgeschichtliches Vergleichsmaterial zum Retterbegriff; vgl. Berger, Theologiegeschichte, 72f., 404f. 63 Text nach: Religionsgeschichtliches Textbuch zum Neuen Testament, 289. 64 Berger, Theologiegeschichte, 599. 65 Alttestamentliche Stellen als Bildgeber für Offb u.a. bei Hollander, thymos; vgl. auch J. Frey, Die Bildersprache der Johannesapokalypse, ZThK 98 (2001), 161-185; sowie H. Raguse, Psychoanalyse und biblische Interpretation. Eine Auseinandersetzung mit Eugen Drewermanns Auslegung der Johannesapokalypse, Stuttgart/ Berlin/ Köln 1993. 66 Vgl. i.E. die Kommentare von E. Lohse (NTD), U.B. Müller (ÖTK) und J. Roloff (ZBK) z.St. Immer noch ZNT 9 (5. Jg. 2002) aufschlussreich ist E. Lohmeyer (HNT) 2 1953). Forschungsbericht: 0. Böcher, Die Johannesapokalypse (EdF 41), 1980. Neuere Literatur in U. Schnelle, Einleitung in das Neue Testament (UTB 1830), Göttingen 2 1996. 67 Berger, Theologiegeschichte, 599. Vgl. zur rhetorischen Funktion von Unheilsprognosen Lehnen, Provokation, 156ft. 68 R. Bultmann, Das Evangelium des Johannes (KEK 2), Göttingen 20 1978, 121. 69 Die literarkritische Scheidung von präsentischer und futurischer Eschatologie wird zugunsten einer dialektischen Zusammenschau der johanneischen Eschatologie immer seltener vertreten. Vgl. bes. J. Frey, Die johanneische Eschatologie I (1097), II (1998), III (2000). Zum Problem auch R. Schnackenburg, Das Johannesevangelium 1-4 (HThKNT Sonderausgabe), Freiburg/ Basel/ Wien 2000, 403f. und J. Gnilka, Theologie des Neuen Testaments, Freiburg/ Basel/ Wien 1999, 294-302. Zu den neueren Ansätzen in der Johannesforschung vgl. den aktuellen Forschungsbericht von K. Scholtissek, Eine Renaissance des Evangeliums nach Johannes, ThRv 97 (2001), 267-288. Oda Wischrneyer / Eve-Marie Becker (Hrsg.) Was ist ein Text? Neutestamentliche Entwürfe zur Theologie 1, 2001, 240 Seiten,€ 43,-/ SFr 77,- ISBN 3-7720-3151-X Neutestamentler sind Textwissenschaftler. Sie arbeiten daher mit allen zusammen, die mit Texten umgehen seien es Literaturwissenschaftler, Linguisten oder Vertreter anderer theologischer Disziplinen. Eine Frage verbindet alle Textwissenschaftler: Was ist überhaupt ein Text? Dieser Frage sind die Beiträge aus dem Ersten Erlanger Textkolloquium gewidmet: Neben profilierten Vertretern aus der Klassischen Philologie sowie der Sprach- und Literaturwissenschaften haben Professoren aus den theologischen Disziplinen Altes Testament (L. Schmidt), Neues Testament (0. Wischmeyer, F. Vouga), Kirchengeschichte (H. Chr. Brennecke, W. Wischmeyer) und Systematische Theologie (0. Bayer) einen "Text" aus ihrer Disziplin interpretiert und dazu eine "Text"-Definition aus ihrer Sicht vorgeschlagen. Dieser Band versteht sich als Appell zu einer Öffnung der Neutestamentlichen Textexegese für die transdisziplinäre Arbeit an Texten. 70 Hahn, Zorn/ Zank, 2028. Stellen auch in Pesch, orge. Die Gerichtsverkündigung J esu ist in neuerer Zeit wieder auf verstärktes Interesse gestoßen. Vgl. zu dieser umfangreichen Thematik bes. Ch. Riniker, Die GerichtsverkündigungJesu (EHS.T Bd 653), Bern u.a. 1999 als auch die übrigen Beiträge dieses Heftes. 71 Vgl. H. Conzelmann, Art. Zorn Gottes III, RGG 3. Aufl., Bd. 6, Sp. 1931f. 72 Zur johanneischen Ethik vgl. bes. W. Schrage, Ethik des Neuen Testaments (NTD 4), Göttingen 1982, 280ff.; P. Stuhlmacher, Biblische Theologie des Neuen Testaments Bd. II, Göttingen 1999, 249-264. 73 Das Folgende nach dem Artikel »De ira Dei« in: R. Nickel, Lexikon der antiken Literatur, Darmstadt 1999, 223. 74 Berger, Theologiegeschichte, 537. 75 Vgl. hierzu T. Rendtorff, Ethik, Grundelemente, Methodologie und Konkretionen einer ethischen Theologie, Bd. 1, Stuttgart/ Berlin/ Köln/ Mainz 1980, 32ff. 76 P. Trummer, ,Sanfter< Jesus - ,Zorniger< Gott? Wie wir uns selber in die Tasche lügen, Publik-Forum 22 (1987), 34.43f. Martin Stiewe/ Franc; : ois Vouga Die Bergpredigt und ihre Rezeption als kurze Darstellung des Christentums Neutestamentliche Entwürfe zur Theologie 2, 2001, XII, 294 Seiten, € 29,-/ SFr 55,- ISBN 3-7720-3152-8 Welche Relevanz hat das Evangelium für die heutigen Zuhörerinnen und Zuhörer? Und in welcher Gestalt kann es eine aktuelle Bedeutung haben? Diese Fragen werden anhand des zentralen Textes der Bergpredigt (Mt 5- 7) aufgenommen: Inwiefern kann die Bergpredigt als die programmatische Zusammenfassung einer befreienden und sinnvollen Nachricht gelesen werden? Wie ist die Bergpredigt in der Theologiegeschichte gelesen worden, um als der wesentliche Kern des Evangeliums verstanden zu werden? Die Antwort der Autoren folgt aus einem kontinuierlichen Dialog zwischen der exegetisch-theologischen Auslegung der Rede des matthäischen Jesus und einer Untersuchung der klassischen Texte, die sich mit der Bedeutung der Bergpredigt auseinandergesetzt haben. Damit die wichtigsten Quellen für Studium, Gemeinde und Schule zur Verfügung stehen, sind sie in Auszügen wiedergegeben. - A. Francke Verlag · Tübingen und Basel · PF 2560 · D-72015 Tübingen ZNT 9 (5. Jg. 2002) 25