ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
61
2003
611
Dronsch Strecker VogelDie Alternative des Allmächtigen - Gottes Herrschaft und menschliches Handeln in der Bergpredigt
61
2003
Reinhard Feldmeier
znt6110034
34 ZNT 11 (6. Jg. 2003) 1. Vorab: Die Thesen Die uns von den Herausgebern der ZNT vorgegebene Fragstellung lautete: Ist die Bergpredigt politisches Programm oder lebensferne Utopie? Auf den ersten Blick scheint dies auch die zentrale Frage im Blick auf das Verständnis der großen Rede zu sein. Kann denn der Mensch überhaupt so handeln? Kann er ganz auf Begierde und Vergeltung verzichten, kann er sich ohne Gegenwehr schlagen lassen, kann er selbst die Feinde lieben und ohne Vorsorge leben? Widerspricht dies nicht allem, was die Natur des auf Selbsterhaltung angelegten Lebewesens Mensch ausmacht? Videtur quod: Lebensferne Utopie. Sed contra: Müssen nicht im Zeitalter der Massenvernichtungswaffen gerade solche nur auf Selbsterhaltung ausgerichteten Verhaltensweisen verändert werden, wenn die Menschheit überleben will? Und findet sich eine Anleitung dazu nicht gerade in der Bergpredigt? Also doch: Politisches Programm? Erfüllbar oder nicht erfüllbar - das scheint in der Tat bei der Auslegung des so umstrittenen Textes die Frage schlechthin zu sein: Tertium non datur. Die Unausweichlichkeit dieser Alternative soll hier bestritten werden. Denn diese Frage nach der Erfüllbarkeit bzw. Unerfüllbarkeit, welche heute so selbstverständlich die Auseinandersetzung mit der Bergpredigt bestimmt, stellt - das ist die erste These meines Beitrages - eine moralisierende Engführung dar, welche den Zugang zu dieser großen Rede mehr verstellt denn erschließt. Vielmehr geht es, das ist die zweite hier vertretene These, in der Bergpredigt darum, durch die Orientierung an Gottes Wesen (5,45.48) diese Welt als Gottes Welt erfahrbar zu machen und die Gegenwart so gleichnisfähig zu machen für die kommende Gottesherrschaft. Das ist die schon aufgrund des Kontextes und dann auch im Text selbst immer wieder zur Geltung zu bringende Voraussetzung aller Handlungsanweisungen. Das bedarf der Erläuterung. 2. Die Veränderung der Perspektive Es wurde in der Exegese immer wieder beobachtet, dass das Matthäusevangelium, dessen Christus mit der Bergpredigt gleichsam seine Antrittsvorlesung hält, auf die Frage der Erfüllbarkeit in keiner Weise eingeht. Man hat die Selbstverständlichkeit, mit der das Evangelium das Handeln nach seinen Forderungen voraussetzt, verschieden zu erklären versucht: Traditionsgeschichtlich etwa mit dem angeblich optimistischeren s c hrift g e l e hrt-jü di s c h e n Menschenbild, das Matthäus teile, oder religionssoziologisch als Ausdruck einer perfektionistischen Sektentheologie. 1 Ohne bestreiten zu wollen, dass solche Erklärungen einige particula veri enthalten können, so bleibt doch ihr Mangel, dass sie meinen erklären zu müssen, warum der Evangelist diese Frage nicht stellt, obgleich - das wird vorausgesetzt - sie hätte gestellt werden müssen. Das aber ist fraglich. Nicht nur für Matthäus, auch für die gesamte Alte Kirche hat unsere Frage der Erfüllbarkeit »faktisch nicht existiert«. 2 Und dies nicht etwa, weil man deren Forderungen nicht erst genommen hätte; trotz der klaren Einsicht in die Schwere des hier Reinhard Feldmeier Die Alternative des Allmächtigen - Gottes Herrschaft und menschliches Handeln in der Bergpredigt »Vielmehr geht es, (...) , in der Bergpredigt darum, durch die Orientierung an Gottes Wesen (5,45.48) diese Welt als Gottes Welt erfahrbar zu machen und die Gegenwart so gleichnisfähig zu machen für die kommende Gottesherrschaft« 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 34 ZNT 11 (6. Jg. 2003) 35 Reinhard Feldmeier Die Alternative des Allmächtigen - Gottes Herrschaft und menschliches Handeln in der Bergpredigt Gebotenen sah man in den Weisungen der Bergpredigt nicht in erster Linie ein auferlegtes Joch, das Übermenschliches abverlange, sondern - wer Ohren hat, zu hören, der höre! - eine Gabe! 3 Die Selbstverständlichkeit, mit der noch Martin Luther in seiner Obrigkeitsschrift alle Versuche, die Erfüllung der Weisungen Jesu durch die Unterscheidung von praecepta und consilia zu umgehen, ablehnt, 4 mag als weiterer Hinweis dafür gelten, dass die Problematisierung der Erfüllbarkeit so selbstverständlich nicht ist, wie sie uns erscheint. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Frage in der heute üblichen Form neuzeitlich ist und aus der einseitigen Konzentration auf das (mehr oder weniger autonom gedachte) Subjekt resultiert, das sich durch die Bergpredigt mit einer heteronomen Zumutung konfrontiert sieht, einer Zumutung, die schnell als gegen die ureigensten Interessen gerichtet und daher als Überforderung erscheint. So verschwindet der Kontext der Heilsansage; aus dem Evangelium wird Ethik. Damit ist die Frage nach der Erfüllbarkeit der Bergpredigt nicht erledigt. Aber die Einsicht in die Fragwürdigkeit unserer Fragestellungen warnt davor, die große Rede auf das Prokrustesbett unserer neuzeitlichen Subjektorientierung zu spannen. Das mag den Blick frei machen für den Versuch, diese Rede einmal nicht in erster Linie aus dem Blickwinkel des mit ihr konfrontierten Menschen und seiner Möglichkeiten zu sehen, sondern aus dem Gesamtzusammenhang des Evangeliums, und das heißt, aus dem Zusammenhang der von Jesus in machtvollen Taten vergegenwärtigten Herrschaft Gottes. 5 Zugespitzt: Aus der Perspektive der göttlichen Macht, der ›Allmacht‹. 3. Allmacht und Bergpredigt Ein solcher Blickwinkel mag befremden. Nicht nur, weil es in der Bergpredigt ja um das Tun des Menschen geht. Dazu später. Befremden mag ein solcher Zugang aber auch, weil er dem Wesen der Bergpredigt zu widersprechen scheint. Während diese im Namen der Liebe gerade den Verzicht auf Selbstsicherung, Selbstbehauptung und Vergeltung fordert und damit Machtausübung jeder Art ablehnt, steht die Rede von der göttlichen ›Allmacht‹ im Verdacht, religiöse Überhöhung von Übermacht und Gewalt auf Kosten der Liebe zu sein. Beispielhaft für diese Kritik ist ein Interview von Dorothee Sölle in einem jüngst erschienenen Buch für den Religionsunterricht. Die Allmacht Gottes sei, so die streitbare Theologin dort, »für eine Projektion ihrer Erfinder zu halten, sie waren alle Männer. Allmacht muss man nur ins Lateinische übersetzen, als ›Omnipotenz‹, dann hört man schon, wer sie erfunden haben muss und dass die Liebe und Allgüte Gottes ganz dahinter verschwindet«. 6 »... die Einsicht in die Fragwürdigkeit unserer Fragestellungen warnt davor, die große Rede auf das Prokrustesbett unserer neuzeitlichen Subjektorientierung zu spannen« Reinhard Feldmeier Prof. Dr. Reinhard Feldmeier, Jahrgang 1952, studierte Ev. Theologie in Neuendettelsau, München und Tübingen. Promotion 1986 in Tübingen und Habilitation 1991 ebenfalls in Tübingen. 1992-1995 Professor für Biblische Theologie an der Universität Koblenz und von 1995-2002 an der Universität Bayreuth. Seit Frühjahr 2002 ist Herr Feldmeier Professor für Neues Testament in Göttingen. Forschungsschwerpunkte: Geschichte und Theologie des Neuen Testaments, Inkulturation des Frühchristentums in die hellenistische Welt, Katholische Briefe und Aposteltraditionen, Religionsgeschichte der späteren Antike (v.a. Plutarch). Diverse Veröffentlichungen (www.gwdg.de/ ~utvt/ ger/ reinhardfeldmeier.htm). 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 35 36 ZNT 11 (6. Jg. 2003) Kontroverse Nun handelt es sich bei dieser pauschalen Kritik am Allmachtsgedanken um ein Klischee, das durch Wiederholung nicht an Wahrheit gewinnt. ›Allmacht‹ muss nicht ins Lateinische zurückübersetzt werden, sondern stammt aus dem Griechischen, und da ist der Begriff Pantokrator nicht Ausdruck männlicher Potenzversessenheit, sondern wurde von den Frommen des Frühjudentums gebildet oder zumindest geprägt. 7 Seinen Sitz im Leben hat dieses Prädikat dort vor allem in der Gebetssprache; angesichts eigener Ohnmacht und Bedrängtheit, gegen die ungerechten und unbarmherzigen Mächte dieser Welt wird die überlegene Macht des gerechten und barmherzigen Gottes bekannt und angerufen. 8 Das bleibt auch im NT so: Mit den Worten »Abba, Vater, alles ist dir möglich« eröffnet der Gottessohn in seiner tiefsten Anfechtung in Gethsemani (Mk 14,36) die Bitte darum, dass Gott den ihn und sein Werk vernichtenden Mächten Einhalt gebiete. Auf den insgesamt neunmal als Pantokrator angerufenen Gott richtet sich in der Johannesapokalypse die Hoffnung der Bedrängten auf Erlösung. Wo ›der Mächtige Großes tut‹, wo er ›Gewalt übt mit seinem Arm‹ und ›die Mächtigen von Thron stürzt‹ (so das Magnifikat Marias in Lk 1,49ff.), ist dies im Judentum wie im Christentum Grund zur Freude und zum Lobpreis. Pointiert gesagt: Es sind die Ohnmächtigen, die Gewalt leiden, die zum Allmächtigen rufen, und es sind die Frevler, die Gewalt üben, die in ihrem Herzen sprechen: Es ist kein Gott. Von daher wäre noch einmal neu zu bedenken, warum gerade der machtfixierte 9 Mensch der Neuzeit so ein bemerkenswertes Interesse an Gottes Ohnmacht hat. Das kann jetzt hier nicht weiter verfolgt werden. 10 In jedem Fall legt eine unvoreingenommene Prüfung der biblischen Zeugnisse es nahe, die Frage der göttlichen (All-)Macht jenseits von Klischees und pauschalen Verdächtigungen zu bedenken. Mit diesen Überlegungen haben wir uns nur scheinbar von der Bergpredigt entfernt. Denn der Bergprediger setzt wie im ganzen Evangelium so auch in der Bergpredigt Gottes Macht voraus, wobei dieser Aspekt redaktionell verstärkt wird. 11 Der Gott, dessen Thron der Himmel und dessen Fußschemel die Erde ist (Mt 5,34f.), lässt seine Sonne aufgehen und Regen fallen (Mt 5,45); er versorgt und erhält seine Schöpfung bis hin zu den Lilien auf dem Feld und den Vögeln unter dem Himmel (Mt 6,26ff.). Ganze zehnmal wird Gott in der Bergpredigt als der ›himmlische Vater‹ bzw. als der ›Vater in den Himmeln‹ prädiziert - auch dies eine weitgehend redaktionelle Hervorhebung der göttlichen Überlegenheit. Zu diesem Himmelsherrn darf und soll man um das tägliche Brot bitten (Mt 6,11) und überhaupt um alles, wessen man bedarf (Mt 6,8; 7,7ff.), und dieses Vertrauen schließt dann auch die Durchsetzung seiner Macht in der gefallenen Welt ein: Dein Reich komme (Mt 6,10). An dieser umfassenden Macht partizipiert dann auch der Auferstandene, wenn er seinen Jüngern kund tut: »Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden« (Mt 28,18). Die sich »Es sind die Ohnmächtigen, die Gewalt leiden, die zum Allmächtigen rufen, und es sind die Frevler, die Gewalt üben, die in ihrem Herzen sprechen: Es ist kein Gott. Von daher wäre noch einmal neu zu bedenken, warum gerade der machtfixierte Mensch der Neuzeit so ein bemerkenswertes Interesse an Gottes Ohnmacht hat« Azaria Mbatha, Die Bergpredigt 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 36 ZNT 11 (6. Jg. 2003) 37 Reinhard Feldmeier Die Alternative des Allmächtigen - Gottes Herrschaft und menschliches Handeln in der Bergpredigt daran anschließende Aufforderung zur Weltmission bezieht sich mit der Wendung »lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe« wieder auf Jesu Reden und hier - auf dem Berg! - wohl als erstes auf Jesu grundsätzliche Darstellung des Gotteswillens in der Bergpredigt zurück. Damit nicht genug: Auch den Glaubenden wird eine Teilhabe an der göttlichen Macht in Aussicht gestellt. In den Seligpreisungen, welche die Bergpredigt einleiten, wird den Armen im Geiste sowie den um der Gerechtigkeit willen Verfolgten das Himmelreich und den Sanftmütigen die Erde 12 verheißen (Mt 5,3.5.10), also die Partizipation an der göttlichen Macht über Himmel und Erde (vgl. auch Mt 19,28). Nun ist diese Zuweisung der Macht an den himmlischen Vater, den auferstandenen Gekreuzigten und die Sanftmütigen ja nicht ohne weiteres mit unserer Erfahrung der Wirklichkeit in Einklang zu bringen, welche lehrt, dass hier doch ganz andere Mächte den Ton angeben. Bei der Frage, wie sich denn diese göttliche Allmacht zu den Mächten dieser Welt verhält, wird deshalb gerne der eschatologische Vorbehalt geltend gemacht: Gottes Wille wird sich auf Erden erst noch so durchsetzen, so wie das jetzt schon im Himmel der Fall ist (Mt 6,10). Gewiss: Es ist sicher richtig, dass die biblische Vorstellung von der Allmacht proleptischen Charakter hat. Der bloße Verweis auf die Zukunft ist jedoch unzureichend, schon deshalb, weil die Aussage des Auferstandenen, dass ihm alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist, diese Macht eben nicht nur als eine rein zukünftige versteht, ganz zu schweigen von der Macht des himmlischen Vaters als Schöpfer und Erhalter, die der Bergprediger überall am Werk sieht. Der Zuspruch des Evangeliums beruht ja darauf, dass trotz des Bösen in der Welt Gott die Welt in Händen hält. Seine Herrschaft ist gegenwärtig im schöpferischen Wirken des Erhalters, und sie bricht an im befreienden Wirken des Erlösers. Dies aber nötigt dazu, im Machtbegriff selbst zu differenzieren, da ein mit dem Evangelium konformer Begriff der (All)Macht - darin ist den Kritikern wie D. Sölle recht zu geben - nicht die in der Welt dominierende Gewalt religiös überhöhen kann. Die Herrschaft Gottes muss etwas qualitativ anderes sein als die Machtausübung eines Herodes, Pilatus oder Tiberius. 4. Differenzierungen im Machtbegriff Eine solche Differenzierung im Machtbegriff liegt in der Tat dem Evangelium zugrunde und wird dort - vorwiegend narrativ - expliziert: Die Macht über Himmel und Erde, die dem auferstandenen Gekreuzigten am Ende des Evangeliums von Gott »gegeben« ist (Mt 28,18), ist die Antithese zu jener Herrschaft über die »Königreiche des Kosmos«, welche am Anfang des Evangeliums dem Gottessohn vom Teufel angeboten wurde (4,8f. - ebenfalls auf dem Berg). Auf den Begriff gebracht wird der Gegensatz in der Auseinandersetzung Jesu mit den Machtphantasien seiner Jünger: ›Groß‹ sein und ›Erster‹ sein kommt im Machtbereich des Menschensohnes nur dem zu, der in dessen Nachfolge auch an dessen Dienst teilhat, an der Aufopferung für andere, die der sonst üblichen Gestalt der Macht in Form von Machtmissbrauch und Unterdrückung dezidiert entgegengesetzt wird (Mt 20,25-28). Das ›sanftmütige Königtum‹ Jesu (Mt 21,5) ist die Alternative zu einer Gewaltherrschaft, die bereits bei Jesu Geburt in Gestalt des Kindermörders Herodes ihr ›teuflisches‹ Gesicht gezeigt hatte (Mt 2,16-18) und die sein weiteres Leben bis hin zu seiner Hinrichtung durch die Machthaber überschattete, eine Gewaltherrschaft, welcher der Gottessohn bewusst nicht mit Gegengewalt begegnet (Mt 26,53). Diese Differenzierung im Blick auf den Machtgedanken spiegelt sich auch in der Bergpredigt. Der scheinbar selbstverständlichen menschlichen Selbstbehauptung auf Kosten der anderen, wie es etwa die Vordersätze der Antithesen zeigen, wird das Wirken des Gottes entgegengestellt, der seine Sonne aufgehen lässt über Böse und Gute und es regnen lässt über Gerechte und Ungerechte (5,45). So gründet die zentrale Forderung der Feindesliebe in der »Die Herrschaft Gottes muss etwas qualitativ anderes sein als die Machtausübung eines Herodes, Pilatus oder Tiberius« 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 37 38 ZNT 11 (6. Jg. 2003) Kontroverse Entsprechung zur göttlichen Güte, die trotz alles Bösen in dieser Welt diese als einen Raum des Lebens erhält. 13 Nur von dieser Voraussetzung her sind die antithetischen Forderungen Jesu verständlich. Der menschlichen Selbstbezogenheit, die in Gestalt von Geltungsdrang (6,1ff.) und Habsucht (6,19ff.) Gott und die Welt als Mittel der Selbstpotenzierung missbraucht, steht die schöpferische Lebensmacht gegenüber, die selbst die Lilien auf dem Feld und die Vögel unter dem Himmel mit Kleidung und Nahrung versorgt, eine Lebensmacht, die dann noch einmal gesteigert denen zugute kommt, denen Gott nicht nur Schöpfer und Erhalter, sondern himmlischer Vater ist (6,25ff.; 7,7ff.). Dem entspricht es auch, dass die Bergpredigt ganz ungewöhnlich häufig von Gott als ›deinem / eurem‹ Vater spricht (15 Mal, hinzu kommt noch die Vateranrede im zentralen Herrengebet). Dies ist eine vom Evangelisten bewusst eingesetzte redaktionelle Klammer, welche die unterschiedlichen Texte durch den Bezug zu dem gnädig zugewandten Gott miteinander verbindet. Nota bene: Die Bergpredigt spricht nicht von Gottes Ohnmacht. Im Gegenteil: Sie setzt durchweg Gottes (All-) Macht voraus, freilich als eine Macht, die als elterliche 14 Macht wesentlich anders ist als die Verfügungsgewalt des Herrn über den Sklaven, des Besitzers über seinen Besitz. Als Güte und Vorsorge des himmlischen Vaters 15 unterdrückt sie nicht, beutet sie nicht aus, sondern kommt im Gegenteil dem Gegenüber zugute, der Schöpfung als ganzer und seinen Kindern im besonderen (Mt 6,26-32; 7,7-11). Das erklärt wohl auch, warum dem Machtgedanken innerhalb der Bergpredigt bislang so wenig Aufmerksamkeit zuteil wurde. Denn die sich durch Machtmissbrauch und Unterdrückung, also durch als Gewalt äußernde Macht (vgl. Mt 20,25) ist aufdringlich, sie springt ins Auge. Dagegen ist die Macht Gottes eben deshalb unauffällig, weil sie nicht als Gewalt über andere wirkt, sondern als tätige Fürsorge für die anderen, als dienende Herrschaft (20,26-28). Entsprechend ist diese Macht auch keine, die menschliche Freiheit aufhebt, sondern sie ermöglicht. Es ist kein Zufall, dass gerade in der Bergpredigt das christologische Hoheitsprädikat der Gottessohnschaft den Glaubenden in Aussicht gestellt wird (5,9.45). Von dem Vertrauen in diese uns zugute kommende göttliche Macht lebt die Bergpredigt. 5. Das Licht der Werke Der vertrauensvolle Blick auf den in dieser Wirklichkeit zu Gunsten seiner Geschöpfe wirkenden Gott ist allerdings keineswegs blind für die Widersprüche und Verkehrtheiten in dieser Welt. Im Gegenteil: Der erste Evangelist hat unbestechlich die Wirklichkeit und Wirksamkeit des Bösen wahrgenommen, nicht zuletzt auch innerhalb der christlichen Gemeinden. Zentrales Thema des Herrengebetes von den ersten drei Bitten bis zur letzten ist denn auch das Flehen darum, dass Gott seine gute Herrschaft aufrichtet (Mt 6,10.33; vgl. 5,6) und die Welt und uns selbst vom Bösen erlöst (Mt 6,13). Wie die Lokalisierung im Gebet deutlich macht, ist dies zuerst und vor allem die Sache Gottes. In dieses Geschehen sind nun aber auch die Nachfolger einbezogen. Hier ist der Ort der Weisungen Jesu. Wie eingangs als These bereits vorgestellt: Die Weisungen des Bergpredigers an seine Jünger haben ihre Pointe nicht darin, unsere natürlichen Bedürfnisse wie Sorge und Selbsterhaltung zu diskreditieren und einen ethischen Übermenschen einzufordern; sie wollen vielmehr diese Welt als Ort der gegenwärtigen und anbrechenden Gottesherrschaft, d.h. als Gottes Welt und damit als einen Ort des Lebens erfahrbar machen. Das macht schon der die ethischen Weisungen der Bergpredigt einleitende Zuspruch und Anspruch an die Jünger deutlich, dass diese Salz der Erde und Licht der Welt sein sollten (5,13-16). Salz der Erde und Licht der Welt, das beschreibt das Sein der Jüngerschaft als von der Welt so unterschieden, dass der Unterschied dieser zugute kommt: Diese Erde soll durch das ›Salz‹ der Jünger Jesu wieder genießbar, die unter dem »Schatten des Todes« (Mt 4,16) liegende Welt wieder erhellt werden. In dieser Welt soll die Rede von Gott durch das tätige »Die Bergpredigt spricht nicht von Gottes Ohnmacht. Im Gegenteil ...« 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 38 ZNT 11 (6. Jg. 2003) 39 Reinhard Feldmeier Die Alternative des Allmächtigen - Gottes Herrschaft und menschliches Handeln in der Bergpredigt Zeugnis der Christen Evangelium werden, erfreuliches Wort (Mt 5,16). Solches ist nötig, denn der Blick der Menschen auf diese Welt als Ort der Fürsorge und Güte Gottes ist verzerrt und verdunkelt durch Hass, Gier und Vergeltung, durch Berechnung, Neid und Geltungssucht, durch Sorge, Richtgeist und Erbarmungslosigkeit. Und nicht nur der Blick ist verzerrt; der die Schöpfung und den Mitmenschen und selbst Gott zum Material seiner Selbstsicherung und Selbstpotenzierung pervertierende Mensch wirft seinen Schatten auf diese Welt und macht sie so ungenießbar und dunkel, so dass sie zunehmend als das erscheint, als was der Mensch sie sieht: Ein bloßer Ort des bellum omnium contra omnes. Nirgends wird dies abgründiger deutlich als dort, wo diese Sichtweise mit der Berufung auf Gottes eigenen Willen begründet wird, wie die Antithesen (5,21-48) entlarven: Wo mit dem die Frau schützenden Scheidebrief die Scheidung legitimiert wird und mit dem die Wahrheit im Kapitalfall sichernden Verbot des falschen Schwures die Lüge außerhalb des Eides hoffähig gemacht wird, 16 wo das die Maßlosigkeit der Rache durch das Prinzip kontrollierter Verhältnismäßigkeit ersetzende »Auge um Auge, Zahn um Zahn« zur göttlichen Rechtfertigung von Vergeltung pervertiert wird und aus dem Gebot der Nächstenliebe die Erlaubnis zum Hass gegen den Nicht-Nächsten abgeleitet wird, da verdichten sich über diese Welt wieder die ›Schatten des Todes‹. Aber die Erzählung vom Tod des Gottessohnes ist Evangelium, weil dieser Tod nicht das Ende war, sondern ein neuer Anfang. Wenn der erste Evangelist bei seinem Bericht vom Tode Jesu hinzufügt, dass sich Gräber öffnen und Verstorbene auferstehen (Mt 27,52), so drückt er durch diese redaktionelle Hinzufügung die Gewissheit aus, dass dort, wo scheinbar der Tod seinen endgültigen Triumph feiert, in Wahrheit die göttliche Lebensmacht gesiegt hat, so dass der Tod selbst die wieder herausgeben muss, die er schon sicher in seinem Besitz glaubte. Im Blick auf die Machtfrage heißt das: Die Macht der Gewalt, verkörpert im Teufel und manifest in Gestalten wie Herodes, beruht auf Unterwerfung und bewirkt so letztlich den Tod. Dagegen verwirklicht sich in Jesu Leben, das in der Selbsthingabe gipfelt (Mt 20,28; 26,26ff.), die Zuwendung und Fürsorge Gottes und damit seine schöpferische Macht, die nicht nur die Lilien auf dem Feld bekleidet und Vögel unter dem Himmel nährt, sondern die in der Sanftmut und Demut des Gottessohnes auf ihre eigene Weise in diese Welt kommt, um den Drang des Sünders in die Verhältnislosigkeit (E. Jüngel) und damit in den Tod zu unterbrechen und somit in letzter Konsequenz aus dem Tod Leben zu schaffen. Deshalb ist in Jesus Christus denen, die im Land und Schatten des Todes sitzen, ein Licht aufgegangen. 17 Darin verwirklicht sich Gottes Herrschaft, das ist die dynamis des Gottes, der ein Gott der Lebenden und nicht der Toten ist (Mt 22,29-32). So fällt von der Gotteslehre aus neues Licht auf die Worte des Bergpredigers. Gegen eine lange Auslegungstradition, welche in der Bergpredigt nur gebietende und verbietende Ansprüche wahrnahm, mit denen sich das fromme Subjekt konfrontiert sah, ist vor der ethischen zunächst die theologische Bedeutung dieser Rede zu würdigen: Als Einladung zum Einsatz zugunsten des Lebens auf Seiten des himmlischen Vaters. Wo das mobbing geächtet (Mt 5,21f.) und die Frau nicht nur verfügbares Objekt ist (Mt 5,27-32), wo die Lüge nicht mehr legitimiert ist (Mt 5,33-37) und man aus der Spirale von Revanche und Vergeltung, dem ›perpetuum mobile des Teufels‹ (Jean Paul) ausbricht (Mt 5,38-42), wo man den Feind nicht wieder hasst, sondern liebt (Mt 5,43-48), wo Frömmigkeit Ausdruck aufrichtiger Gottesliebe ist (Mt 6,1-18) und der fehlerhafte Mitmensch nicht abgeurteilt wird (7,1-5), wo ängstliche oder gierige Selbstfixierung durch vertrauensvolle Offenheit ersetzt wird (Mt »Gegen eine lange Auslegungstradition, welche in der Bergpredigt nur gebietende und verbietende Ansprüche wahrnahm, mit denen sich das fromme Subjekt konfrontiert sah, ist vor der ethischen zunächst die theologische Bedeutung dieser Rede zu würdigen« 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 39 40 ZNT 11 (6. Jg. 2003) Kontroverse 6,19-34; 7,7-11), überall da also, wo Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit Menschen bewegen (Mt 6,33 vgl. 5,6), da leuchtet in dieser von der Lüge verdeckten Welt wieder ihre Wahrheit als die durch Gottes Macht erhaltene und bewahrte Schöpfung auf. Da wird sie wieder zum Ort des Zusammenlebens mit Gott und den Menschen, und so wird diese Schöpfung, werden Sonne und Regen (5,45) und Lilien und Vögel (6,26ff.) gleichnisfähig für den hier seine Herrschaft aufrichtenden Gott. Deswegen machen die ›guten Werke‹ der Nachfolger Jesu Christi die Welt hell und führen zum Lobpreis des himmlischen Vaters (5,16). So lassen sie das Vertrauen in Gottes Macht wachsen - angefangen bei den Dingen des alltäglichen Lebens (vgl. Mt 6,11-13a; 7,7-11) bis hin zur Gewissheit endzeitlicher Vollendung im kommenden Reich (Mt 6,9f.13b). 6. Wider die Säuerlichkeit Damit ist die Frage der Erfüllbarkeit der Bergpredigt nicht einfach vom Tisch. Es bleiben die radikalen Forderungen, die einen unbedingten Gegenentwurf zu unserer gewohnten Daseins- und Handlungsorientierung formulieren. Und es wird fraglos vorausgesetzt, dass diese Weisungen ernst zu nehmen sind. Der Evangelist kommt unserem Bedürfnis nach Abmilderung in keiner Weise entgegen - im Gegenteil: Am Beginn seiner Gebote unterstreicht er, dass hier die Einlassbedingungen für das Reich Gottes formuliert werden (Mt 5,20), am Ende hämmern die antithetischen Bildworte von der engen und der breiten Tür, vom bequemen und vom eingeengten Weg, vom guten und vom schlechten Baum und vom Haus auf dem Felsen und auf Sand (7,13-27) noch einmal unüberhörbar ein, dass sich am Tun entscheidet, wer zu Christus gehört und wer verworfen wird: »Nicht jeder, der zu mir ›Herr, Herr‹ sagt, wird ins Reich der Himmel kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut« (Mt 7,21). Dieser Anstoß darf auch nicht beseitigt werden; die Bergpredigt lebt von der Perspektive der Gottesherrschaft und bleibt deshalb für jedes dem Alten verhaftete Leben Provokation, die falsche Selbstzufriedenheit aufstört und den unbedingten göttlichen Liebeswillen gegen alle offenen und verdeckten Formen der lieblosen Selbstbezogenheit kompromisslos zur Geltung bringt. Deswegen kann sich niemand ihrer selbstgerecht bemächtigen, deswegen darf sich aber auch niemand ihrem Anspruch durch theologische oder exegetische Kunstgriffe entziehen. Gewiss muss man gegen zwanghaften Perfektionismus darauf hinweisen, dass die Bergpredigt keine Sündlosigkeit voraus setzt und keinen fehlerlosen Menschen verlangt, sondern sich an Menschen richtet, die täglich aus der Vergebung leben (s.u.). Aber dieser berechtigte Hinweis darf nicht zur reflexhaften Abwehr des Anspruches des Bergpredigers werden. Denn zu schnell wird hier die Frage in den Vordergrund gestellt, ob und inwieweit diese Forderungen denn ganz erfüllbar sind, und das heißt dann immer auch: wie weit sie eben nicht erfüllt werden können (und möglichst dann auch nicht erfüllt werden müssen). Die Weisungen werden isoliert auf das moralische Individuum bezogen und so im Grunde nur als überfordernde Zumutung verstanden: Ich darf mich nicht wehren, ich muss mich schlagen lassen, ich darf nicht sorgen und muss ohne Sicherung leben etc. Diese Fixierung auf die Frage der Erfüllbarkeit und die oft daraus resultierende zwanghafte Säuerlichkeit bringt einen grundfalschen Ton in die Auslegung; die Bergpredigt hat demgegenüber einen ganz anderen, einen stolzen, lebensbejahenden Klang, weil nicht zuerst zaghaft auf das menschliche Vermögen, sondern vertrauend auf Gottes anbrechende Herrschaft geblickt wird! 7. Das sanfte Joch Zurück zur Ausgangsfrage: Ist die Bergpredigt Handlungsanweisung oder Utopie? Prima facie ist man versucht, der Handlungsanweisung den »Diese Fixierung auf die Frage der Erfüllbarkeit und die oft daraus resultierende zwanghafte Säuerlichkeit bringt einen grundfalschen Ton in die Auslegung« 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 40 ZNT 11 (6. Jg. 2003) 41 Reinhard Feldmeier Die Alternative des Allmächtigen - Gottes Herrschaft und menschliches Handeln in der Bergpredigt l Anmerkungen 1 Letzteres vertritt etwa U. Luz: Das Evangelium nach Matthäus (Mt 1-7), EKK I / 1, 1985, 193. Ich verdanke dem ausgezeichneten Kommentar von Luz wertvolle Anregungen, doch hier soll deutlich werden, wo ich in der Auslegung der Bergpredigt einen anderen Akzent setze. 2 K. Beyschlag: Zur Geschichte der Bergpredigt in der alten Kirche; in: ders.: Evangelium als Schicksal. Fünf Studien zur Geschichte der Alten Kirche, München 1979,77-92, Zitat auf S.80. Dort weitere Ausführungen zu dieser Fragestellung. Der einzige, der die Erfüllbarkeit der radikalen Forderungen Jesu (die Sammelbezeichnung ›Bergpredigt‹ für Mt 5-7 kommt erst mit Augustin auf) bestreitet, ist der Jude Trypho im Dialog mit Justin (Dial 10,2), aber diese Position hat sich die Christenheit nicht zu eigen gemacht, sie nicht einmal als ernsthafte Möglichkeit erwogen. 3 K. Holl: Die Missionsmethode der alten und die der mittelalterlichen Kirche in: Kirchengeschichte als Missionsgeschichte, Band I Die Alte Kirche (Hg. H. Frohnes / U. Knorr), München 1974, 3-17, v.a. S. 9. 4 WA XI, 248-249. 5 Vgl. das nahezu gleichlautende Summarium in Mt 4,23 und 9,35, das den Block der Bergpredigt und der Wunder Jesu umschließt. 6 Religion - entdecken - verstehen - gestalten 9/ 10, Göttingen 2002, 14. 7 Von ca. 1400 Belegstellen in der antiken Literatur für den Begriff pantokrator sind weniger als 1% paganen Ursprungs. 8 Vgl. etwa Jdt 4,13; 8,13; 15,10; 16,5.17; 2Makk 1,25; 3,22.30; 8,24; 15,8; 3Makk 2,2f.; 5,7; 6,18.28; 3Bar 1,3; 4Bar 1,5; 9,5 u.ö., wo gerade im Erleiden von Gewalt Gott als Herr und König und Allmächtiger angerufen und / oder bekannt wird. 9 Zum ›Allmachtkomplex‹ der Neuzeit vgl. H.E. Richter, Der Gotteskomplex. Die Geburt und Krise des Glaubens an die Allmacht des Menschen, Hamburg 1986. 10 Zur weiteren Diskussion s. R. Feldmeier, Nicht Übermacht noch Impotenz. Zum biblischen Ursprung des Allmachtsbekenntnisses, in: W. Ritter / R. Feldmeier: Der Allmächtige. Annäherungen an ein umstrittenes Gottesprädikat, Göttingen 2 1997, 13-42. 11 Vgl. Mt 5,45 diff Lk 6,35; Mt 6,8 diff Lk 11,2. Mt 5,34f. ist hinzugefügt, Mt 5,5.10 ebenso wie Mt 28,18 Redaktion; siehe auch die folgende Anmerkung. 12 Es ist umstritten, ob ge hier die Erde oder das Land (Israel) meint. Da Himmel und Erde bei Mt häufig einander zugeordnet werden (vgl. 5,16; 6,10; 11,25; 16,19; 18,18; 23,9; 24,35; 28,18) und andererseits beim ›Land Israel‹ der Name hinzugefügt wird (vgl. 2, 20f.), dürfte auch hier die Erde gemeint sein. 13 Der Zusammenhang, wird noch dadurch verstärkt, dass Jesus in Mt 5,48 am Ende der 6. Antithese die Überwindung des Hasses durch Liebe als Entsprechung zu Gottes Vollkommenheit deutet. Sixtinische Kapelle Vorzug geben, denn der Evangelist lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass es hier um eine Anweisungen zum Tun geht. Aber: Die Reduzierung der Bergpredigt auf eine Handlungsanweisung und damit auf Moral blendet aus, wovon die Gebote und Verbote jener ›erschütternden‹ Rede (Mt 7,28) allererst ihre Lebendigkeit und Plausibilität erhalten, ihren mitreißenden Schwung, der jene Rede durchzieht: Von der Wahrnehmung dieser Welt als dem Ort, an dem die schöpferische Allmacht schon immer in Gestalt der Fürsorge und Güte des himmlischen Vaters tätig ist, und die als solche Gleichnis ist für das, was verborgen in der Auferstehung Jesu Christi schon begonnen hat: Der Sieg der Macht der Liebe über die Schatten des Todes. Das soll schon im Verhalten der Nachfolgenden aufblitzen. Es ist letztlich das Osterlicht als Vollendung des Lichtes, das seit der Schöpfung diese Welt erhellt, das die (selbst immer wieder fehlenden Nachfolger Jesu Christi) widerspiegeln sollen. Dies ist die Würde des Gott entsprechenden Menschen, die in dem dafür in Aussicht gestellten christologische Hoheitstitel ›Gottessohn‹ zum Ausdruck kommt (Mt 5,9.45). Wo unser Vermögen je und je dahinter zurückbleibt, ist dies kein Grund, in moralischer Selbstzerfleischung zu erstarren. Die vollkommene Erfüllung der Bergpredigt ist ja erst im Reich Gottes möglich - andernfalls bedürfte es weder der Vergebungsbitte im Herrengebet (das in der Mitte der Bergpredigt steht! ) noch des Sterbens Jesu, bei dessen Deutung beim Abendmahl der Evangelist die Vergebung der Sünden explizit einfügt. 18 Vielmehr mutet die Bergpredigt mit ihren Verheißungen und Zusagen zu, sich immer wieder neu vom Vertrauen in den himmlischen Vater mitreißen und inspirieren zu lassen. 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 41 42 ZNT 11 (6. Jg. 2003) Kontroverse 14 Im patriarchalischen Kontext wird dafür das Bild des Vaters verwendet, welches allerdings, darauf hat schon J. Jeremias hingewiesen, auch »etwas von dem« umschließt, »was bei uns Mutter bedeutet« (Abba, Studien zur neutestamentlichen Theologie und Zeitgeschichte, Göttingen 1966, 15). 15 So wird von der Allmacht dann auch im Credo gesprochen, insofern dem Allmachtsprädikat das Bekenntnis zum Vater vor- und das zum Schöpfer nachgeordnet ist. 16 Oder gar innerhalb desselben, sofern dieser in Stufen verschiedener Verbindlichkeit aufgeteilt wird (vgl. Mt 5). 17 Mt 4,16. Das Futur von Jes 9,1 LXX (lampsei) wird von Mt durch den (ingressiven) Aorist (aneteilen) ersetzt. Damit wird die Erfüllung des Verheißenen unterstrichen. 18 Mt 26,28; vgl. auch die Deutung Jesu am Anfang in Mt 1,21. Neues Testament aktuell: Hans Hübner, Neues zur Kanondebatte Zum Thema: Hermut Löhr, Entstehung und Neubegründung des Kanons Ruben Zimmermann, Die Wahrheit falscher Verfasserangaben. Das Phänomen urchristlicher Pseudepigrafie am Beispiel des Kolosserbriefs. Martina Janssen, Der Umgang (ausgewählter) gnostischer Gruppen mit dem Kanon Kontroverse: Kanon: ein dogmatisches Relikt? Matthias Klinghardt versus Manfred Oeming Hermeneutik und Vermittlung: Markus Sasse, Vorstellung neuerer Bibelübersetzungen Buchreport: Günter Röhser Vorschau auf Heft 12 (Themenheft »Kanon«) Die ZNT im Internet www.znt-online.de - ZNTonline - Neues auf der Homepage Seit einigen Wochen stehen in unserer Rubrik »interaktiv / Leseprobe« einige Artikel aus älteren ZNT- Heften zum Download bereit. Im Moment können der Artikel »Neue Trends in der Jesusforschung« von Peter Müller und die Kontroverse - zwei Artikel von Michael Wohlers und Rainer Riesner - aus dem Themenheft »Wunder und Magie« (ZNT 7) gelesen und für den persönlichen Gebrauch gespeichert werden. Die Probeartikel sollen in regelmäßigen Abständen durch andere ersetzt werden. Wenn Sie über aktuelle Neuerungen auf ZNTonline informiert werden wollen, nutzen Sie doch unseren Newsletter-Service. Sie erhalten ca. einmal monatlich Mitteilungen über neue Downloads, Buchrezensionen oder Probeartikel. Weitere Informationen sowie die Anmeldemöglichkeit für unseren Newsletter finden Sie unter der Rubrik »interaktiv / Newsletter«. ZNTonline - im Blickpunkt Wussten Sie, dass Sie über ZNTonline Bücher bestellen können? Wir stellen auf der Homepage Bestellmöglichkeiten für alle bisher in der ZNT rezensierten Bücher zur Verfügung (»interaktiv / Buchbestellung«). Sie können aber auch die auf der Homepage besprochenen Bücher (»interaktiv / Buchtipps«) sowie jedes beliebige Buch (z.B. über die Suchmaschine auf der Startseite) bei unserem Internet-Partner Amazon bestellen. ZNTonline - zum Thema Um mit der Homepage das Angebot der ZNT noch besser zu unterstützen, planen wir in Zukunft - möglichst zu jedem Themenheft - zusätzliche Materialien zum Download bzw. Internet-Verweise zur Verfügung zu stellen. Zum Beitrag von Gerd Buschmann und Uwe Böhm (ZNT 10) finden Sie bereits ein entsprechendes Angebot (»interaktiv / Download«). Wir hoffen bei der Erweiterung dieser Seite auch auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser und freuen uns über Ihre Vorschläge (Unterrichtsentwürfe, Bilder, Internet-Links). Senden Sie Ihre Vorschläge entweder per Email an info@znt-online.de oder nutzen Sie für weitere Fragen unser Kontaktformular (»Service / Anfragen«). Michael Schneider Webmaster www.znt-online.de 011603 ZNT 11 - Inhalt 31.03.2003 15: 02 Uhr Seite 42