eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 7/13

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
61
2004
713 Dronsch Strecker Vogel

Petrus - Bischofsamt - Kirche

61
2004
Axel von Dobbeler
znt7130043
ZNT 13 (7. Jg. 2004) 43 Der Streit um das »Petrusamt« des Papstes gehört zu den klassischen kontroverstheologischen Themen zwischen den Kirchen der Reformation und der Römisch-Katholischen Kirche. Aus exegetischer Sicht steht dabei die Frage im Mittelpunkt, wie die Darstellung des Petrus in den Zeugnissen des Neuen Testaments zu beurteilen ist: Inwiefern lässt sich aus den neutestamentlichen Petrusbildern die Institution des »Petrusamtes« bzw. ein »Petrusdienst« der Kirche begründen? Und welche inhaltlichen und institutionellen Konturen sind aus neutestamentlicher Perspektive für dieses Amt / diesen Dienst zu zeichnen? Nach jahrhundertlangem Streit ist die Diskussion beider Konfessionen um die Petrusgestalt seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in eine neue Phase eingetreten. In zunehmendem Maße tritt an die Stelle des klassischen Streits, der vor allem das Trennende zu benennen bemüht war, die Suche nach Gemeinsamkeiten. Dieses Bemühen um ökumenische Annäherung in einem bisher kontroverstheologisch als Kardinalfrage behandelten Thema, das sich zuletzt in dem von der deutschen Bischofskonferenz und der Kirchenleitung der VELKD herausgegebenen Dokument »Communio Sanctorum« (2003) dokumentiert, hat nachhaltig auch die exegetische Diskussion der letzten Jahre angeregt und bestimmt. 1 Dies spiegelt sich auch in der folgenden »Kontroverse« wider, deren Charme gerade darin liegt, dass sie nicht (im Sinne eines »Schaukampfes«) die hinlänglich bekannten Positionen eines klassischen Streites wiederholt, sondern in ökumenischer Perspektive Einblicke in den Stand der - zumindest in der Exegese - erreichten Gemeinsamkeiten gewährt und damit die Basis für einen weiteren von Johannes Paul II in der Enzyklika »Ut unum sint« (1995) ausdrücklich angeregten Dialog über die Reform des Papstamtes liefert. Dazu gehört die von beiden Gesprächspartner hervorgehobene Wahrnehmung der Pluriformität unterschiedlicher Petrusbilder im NT, die vor exegetischen Kurzschlüssen im Blick auf die Legitimation des päpstlichen Primats bewahrt, ebenso wie die Überzeugung, dass es eines Dienstes an der Einheit der Kirche bedarf und dass sich zur inhaltlichen und institutionellen Ausgestaltung dieses Dienstes die Orientierung an der Figur des Petrus in ihrer unterschiedlichen Darstellung anbietet. Dabei sind sich die Gesprächspartner, deren Beiträge auf einen gemeinsamen Vortragsabend im Vorfeld der 58. Vollversammlung der »Societas Novi Testamenti Studiorum« im Sommer 2003 in Bonn zurückgehen, vor allem über zwei Aspekte einig, die kritisch in die Diskussion um die Reform der geschichtlich gewordenen Gestalt des Petrusamtes einzuführen wären: Zum einen die Einbindung dieses Amtes in ein (die Ökumene repräsentierendes und auch die besondere Beziehung der Kirche zu Israel reflektierendes) Gremium (Ebner) bzw. Kollektiv (Böttrich), die sich neutestamentlich nicht nur aus der Stellung des Petrus im Kreis der drei »Säulen« der Jerusalemer Gemeinde (Gal 2,9) und seiner Zusammenbindung mit den Zebedaiden in der Evangelientradition ergibt, sondern sich auch - darauf weist Martin Ebner hin - aus der Konstruktion des neutestamentlichen Kanons herleiten lässt. Zum anderen die in der Ambivalenz der Petrusfigur (zwischen Auszeichnung und Zurechtweisung) begründete Notwendigkeit eines gesamtkirchlichen Gegengewichts zum Petrusamt. Einer aufmerksamen Lektüre wird freilich nicht entgehen, dass trotz des durchgängig irenischen Grundduktus’ des Gesprächs nach wie vor nicht nur unterschiedliche Akzentsetzungen zu beobachten sind, sondern auch noch eine Reihe von offenen Fragen, die der weiteren Bearbeitung harren, ob dies nun den Sukzessionsgedanken, das Unfehlbarkeitsdogma oder die protestantisch keineswegs durchgängig vorhandene Einsicht in die Notwendigkeit eines die Gesamtkirche repräsentierenden »Petrusamtes« / »Petrusdienstes« betrifft. Die Hürden, die hier noch zu nehmen sind, sind nicht zu unterschätzen. Die konstruktiv-freundliche Atmosphäre des interkonfessionellen Gesprächs, wie sie sich in den Beiträgen von Christfried Böttrich und Martin Ebner äußert, macht freilich Mut, auch vor diesen Hürden nicht zurückzuscheuen. Axel von Dobbeler l Anmerkungen 1 Eine Ausnahme (oder vielleicht doch den Beginn einer neuen Diskussionsphase? ) bildet R. Pesch, Die biblischen Grundlagen des Primats (QD 187), Freiburg / Basel / Wien 2001. Kontroverse Petrus - Bischofsamt - Kirche Eine Einführung zur Kontroverse 004104 ZNT 13 - Inhalt 09.03.2004 14: 46 Uhr Seite 43