ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
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1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
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2004
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Dronsch Strecker VogelEine neue paulinische Perspektive
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2004
Michael Wolter
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l Neues Testament Michael Walter ~l<tuell , Eine neue paulinische Perspektive Im Jahre 1969 -veröffentlic hte ERNST KÄSD1ANN unter dem Titel »Paulinische Perspektiven« eine kleine Sammlung von Essays zu unterschiedlichen Texten und Theme r. der paulinischen Briefe. 1 Ob wohl Käsemann au ·drücklich nicht beansprucht, »den Entwurf einer paulinischen The ologie vor legen zu wollen «,' zeichnet sich die Sic ht der paulinischen Theobgie, die den einzelner_ Aufsätzen jeweils zugrunde liegt, durch beeindruckende Kohärenz und Profil bildu n g aus. Vie~en, die wie d er Verfasser dieses Beitrags in jener Zeit studierten, eröffnete Käsemanns Paulusinterpretation eine Sicht auf die paulinische Theologie, der in jener Zeit erh ebliche existentielle Plausibilität zukam. Ein k nappes Vier teljahrhundert sr: 2 ter publizierte der schotti sche NeutestameLtler JAMES D.G. DUNN einen Aufsatz mit dem Titel »The New Perspective on Paul« . 3 Diese Üb erschrift gab einer neuen Pa lu s interpreta t ion ihr en Namen, die sich zuerst in d er angelsächsisch en Paulusforschung durchsetzte und mittlerweile auch in Deutschl a nd z--1ne hm end rezip i ert w : . rd. - Der Ansatz der »New P erspective« setzt ·eh kritisch vor allem mit jener aulusin terpretatio : : i auseinander, die sich seit den 20er Jahren des 2C. Jahr h un derts unter dem Einfluss der Lutherre: : 1aissance in Deutschland durch gese tz t hat und ihre prominentesten Vertreter in UDOLF B ULTMAN N und eben ERNST K ÄSEMAN gefunden h at. Er nimmt dabei freilich auch seinerseits Ansätze auf, wie sie be reits viele Jahrz eh nte vorher z.B . vo n W IL LIAM WREDE und ALBER T SCHWEITZER form·-1liert worden waren .' Inhaltlich geht es dab ei um nicht weniger als um de n Status und die Fu: : iktion der sog. Rechtferti g un gsleh re innerhalb d er paulinischen Theologie bzw. um die systematische Orga nisation der paulinischen Theo logie überhaupt: Macht die pauli nische Rechtfertigungslehre deutlich, dass »die paulinische Theologie z ugleich Anthropo logie (ist) «, wi e es in einer berühmten For mulierung RUDO LF BULTMANNS heißt,5 oder hat sie ihren genuinen O rt gewissermaßen innerhalb der Ekklesiologie, insofern sie näm hch aus der theologischen : : Zeflexion üb er d as Ve: -2iältnis der 2 Gemeinschaft der an Jesus Christus Glaubenden und auf ihn Getauften zu Israel erwachsen ist? Mit diesen systematisch-theologischen Fragen verbinden sich aber auch unterschiedliche historische Ortsbestimmungen: Ist die Rechtfertigungslehre als Ursprung der paulinischen Theologie anzusehen, d.h. wurzelt sie in seiner Bekehrung und ist sie deren Auslegung als »gehorsame Beugung unter das im Kre u z Christi kundgewordene Gericht Gottes über alles menschliche Leisten und Rühmen« 6 und ist dementsprechend die paulinische Heidenmissio n ihre Folge? Ode r ist es eher so, dass Paulus seine Rechtfertigungslehre erst relativ spät entwickelt hat, und zwar als einen theo logischen Begründungszusammenhang, der die Erfahrungen und Konsequenz der paulinischen Heidenmission theologisch reflektiert u nd in eine Theorie überführt, die erstmals im Galaterbrief sprachlich greifbar wird (hier stellt Paulus unter dem Einfluss von Gen 15,6 erstmals den Zusammenhang von Rechtfertigung und Glauben her)? 7 1. Als erster Vertreter der »New Perspective« wird zu Recht der schwedische Neutestamentler und nachmalige Bischof von Stockholm KRISTER STENDAHL angesehen, der bereits 20 Jahre vor Dunn's Aufsatz nicht weniger als die gesamte, von Augustin über Martir _ Luther bis hin zu Rudolf Buhmann reichende »westliche« Paulusinterpretation für unsachgemäß erklärt hatte. 8 Seine Kritik an der aktuellen Paulusinterpretation bezog sich darauf, dass die paulinische Rechtfertigungslehre von Luthers Frage, »Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? «, her interpretiert wurde. Das paulinische Verständnis von Rechtfertigung aus Glauben sei dadurch verstanden worden als »die zeitlose Antwort auf die Nöte und Qualen des ichbezogenen wes tlichen Gewissens«,9 und Paulus wurde so gelesen, »als ob er auf Luthers Gewissensnöte antwortete«. 10 Dementsprechend werde das Gesetz »mit seinen ZNT 14 (7 . Jg . 2004) Michael Walter Prof. Dr. Michael Woher wurde 1950 geboren und studierte Evangelische Theologie in Berlin, Heidelberg und Göttingen. 1977 promovierte er in Heidelberg über »Rechtfertigung und zukünftiges Heil. Untersuchungen zu Röm 5,1-11 «. 1977-1983 leitete er die Redaktion der »Theologischen Realenzyklopädie« (TRE). Habilitation 1986 in Mainz über »Die Pastoralbriefe als Paulustradition«. 1988 -1993 Professor für Biblische Theologie an der Universität Bayreuth; seit 1993 Professor für Neues Testament an der Universität Bonn. Hauptforschungsgebiete: Lukasevangelium und Ethik des Neuen Testaments. spezifischen Forderungen nach Beschne idung und Speisevorschriften« von seinem heilsgeschichtlichen Bezug auf Israel abgelöst und »zu einem generellen Prinzip der ,Gesetzlich keit< in religiösen Angelegenheiten« gemacht. 11 Das sei aber, so Stendahl, eine unhistorische Verallgemeinerung, weil daraus das Missverständnis der paulinischen Rechtfertigungslehre als eines pole mischen Angriffs auf das Judentum als Religion der »Gesetzlichkeit« erwachse. 12 Demgegenüber betont Stendahl, dass Paulus nicht am Individuum interessiert sei, sondern am Gegenüber v on Israel als »Volk« und den Heiden als »Nicht -Volk«: Michael Wolter Eine neue paulinische Perspektive Dementsprechend müsse die pau linische Rechtfertigungslehre apologetisch verstanden werden. Paulus verteidige mit ihr sein Programm der Heidenmission: Ihre theologische Spitze bestehe darin, dass die Heiden in das Gottesvolk aufgenommen werden können (gewissermaßen » den Status ... als Juden ehrenhalber« erhalten 14 ) , ohne dass sie »durch das Gesetz hindurchgehen ... müssen«. 15 Rechtfertigung »aus Glauben, ohne Werke des Gesetzes« (Röm 3,28) ist für Stendahl also der Weg, der den Heiden den Zugang ins Gottesvolk ermöglichen soll. Nach Gal 1, 15 habe Paulus sich als zu der Aufgabe berufen verstanden, den Heiden diesen Weg zum Heil bekannt zu machen. In seinen Briefen habe er dann vor allen Dingen darüber nachgedacht, »wie der Ort der Heiden in der Kirche entsprechend dem Plan Gottes zu definieren ist« ." Demgegenüber habe er das Damaskusgeschehen zu keinem Zeitpun k t als »Bekehrung« v erstanden, 17 denn er habe sich bei dieser Gelegenheit nicht etwa aus einem Juden in einen Christen verwandelt, sondern sei auch als Heidenmissionar immer ein Jude geblieben. Stendahls Vorstoß blieb auch in der fachwissenschaftlichen Debatte noch ohne größere Resonanz. Jedenfalls war er nicht in der Lage, den in Geltung stehenden Konsens zu erschüttern. Das änderte sich erst mit der nächsten der hier vorzustellenden Arbeiten. 2. Zu einem breiteren Durchbruch verhalf der »New Perspective« jedoch erst das im Jahr 1977 erschienene Buch von ED PARISH SA NDERS. 18 In der ersten Hälfte seines Buches entwirft Sanders ein Bild des antiken Judentums, das dessen »Paulus' Lehre von der Rechtfertigung aus Glauben hat ihren theologischen Kontext in seinen Gedanken über die Beziehung zwischen Juden und Heiden; sie steht nicht in Zusammenhang mit der Frage, wie der Mensch erlöst » . . . Sanders entwirft ... ein Bild des antiken Judentums, das dessen weit verbreitetes Bild als Typos allgemein menschlicher Gesetzlichkeit und Werkgerechtigkeit nachhaltig destruiert hat« weit verbreitetes Bild als Ty pos allgemein menschlicher Gesetzlichkeit und Werkgerechtigkeit 19 n achhaltig destruiert hat: Er geht von einem konsequent funktionalen Ansatz aus und fragt danach, wie die Funktion einer Religion von ihren Anhängern wahr werden kann, oder wi e die Werke des Me n sc hen zu bewerten sind, oder ob der freie Wille des Individuums bestätigt oder bestritten wird. «" ZNT 14 (7. Jg. 2004) genommen wird. 20 Hierbei unterscheidet er zwischen zwei grundsätzlichen Aspekten: zum einen werde die Frage beant- 3 N eu e s T estament aktue ll wortet, was man dafür tun muss, um ir_eine Religion hineinzugelangen (»getting in«) und zum anderen die Fra ge, was man tun muss, um in einer Religion drin zu blei en (»staying in«). 2 1 Auf der Grundlage dieser L nterscheidung fragt Sanders nun nach der Funktion des Gesetzes in der Religionsstruktur des antiken Judentums und kommt zu einer profili erte n Kriti k an der verbreiteten christlichen Wa hrne hmung der jüdis ch en Religionsstruktu r als »Werkgerechtigkeit« oder »Gesetzlichkeit«, die darauf abziele, sich durch Erfüllung des Gesetzes den Weg zum Heil z u erarbeiten bzw. zu verdien n. Hierbei handele es sich um eine Fehlinterp r etation, weil die Funktion des Gesetzes innerhalb der Religionsstruk: ur des Judentums als ein »getting in« verstanden wird. Demgegenüber l ass en die Quellen erkennen, dass der Erfüllung des Gesetzes im Judentum die Funktion des »s ta ing in« zukommt: Die Tora werde befolgt, u m der Zugehörigkeit zum Gottesvolk Ausdruck zu verleihen. Sie sei nicht Heilsweg im Sinne eines Weges, der zum Heil hinführen soll, sond ern sie sei d as Mittel zur Aufrechter altung des undesverhältnisses zwischen Gott und dem von ihm erwählten Vol k. Dementsprechend charakterisiert Sanders die Religionsstruktur des antiken Judentums als »covenantal nomism« (Bundesnomismus), 22 der a-c s acht Ele menten bestehe: (1 ) Gott hat Isr ael erwählt u nd (2) ihm das Gesetz gegeben. Das Gesetz impli ziere (3) Gottes Zusage, an der Erwählung festzuhalten un d (4) die Gehorsamsforderu ng für die Angehörigen des Bundesvolks. (5) GNt belohnt Gehorsam und bes traft Übertretung des Geset zes. (6) Bei Ü bertretungen stellt das Gesetz jedoch Sühnemittel bereit, die (7) der Aufrechterhaltung oder Wiederhers tellung des Bundes verhältnisses dienen. (8) All diejenigen, die durch Gehorsam, Sü hne und Gottes Gnade im Bund verbleiben , werden ,gerettet werden. Die Paulusin: erpretation, die Sanders im zweiten Teil seines Buc h es vorlegt, untersch eidet sich schon in der äußere Struktur von den Paulusdarstellungen, wie sie vor allem RUDOLF BULT- MANN,13 aber auch HANS CON ZELMANN 24 und GÜNTHE R BOR.."T KAMM 25 vorgelegt haben. Sie alle richten ihre eig ene Paulusdarstellung mehr oder weniger am Aufb au des Römerbrie : : s aus und beschreiben ers t die Misere (Röm 1,18-3,20; Buhmann: »Der Mens ch vor der Offen barung der 4 pistis« 26 ) und dann die Lösung (Röm 3,2lff.; Bultmann: »Der Mensch unter der pistis</ 7). Dem hält Sanders entgegen, dass Paulus genau umgekehrt gedacht habe: »Erst die Lösung dann das Problem«. 28 Der Ausgangspunkt sei immer, dass das Heil nur in Christus zu finden ist, und das sei der Maßstab, an dem sich alles andere entscheidet; alles andere ist per definitionem ausgeschlossen. Dementsprechend sei auch die Anthropologie nicht die Basis, sondern lediglich »die Folgerung aus seiner Theologie, Christologie und Soteriologie«. 29 Das heißt dann für das paulinische Rechtfertigungsverständnis: Weil die Gerechtigkeit nur aus dem Glauben an Jesus Christus kommt, kann sie nicht aus Werken des Gesetzes kommen,3° und: »Weil das Heil nur in Christus zu finden ist, sind folglich alle anderen Heilswege falsch.« 3 1 Die paulinische Kritik am Judentum richte sich also nicht dagegen, dass es einen falschen Umgang mit dem Gesetz praktiziert, sondern sei weitaus grundsätzlicher: »Was Paulus am Judentum für falsch hält, ist, auf eine Kurzformel gebracht, daß es kein Christentum ist.« 32 Daraus folgt auch notwendig die Aufhebung des Unterschieds zwischen Israel und den Völkern: Weil die a priori gesetzte Lösung (>Heil gibt es nur durch Glauben an Jesus Christus,) für alle Menschen gleichermaßen gilt und zugänglich ist, muss Paulus den jüdischen Bundesnomismus und die oben beschriebene Funktion des Gesetzes in ihm ablehnen, weil beides auf einem Spezialverhältnis zwischen Gott und Israel beruht: »Paulus polemisiert also ga nicht in erster Linie gegen das dem Judentum angemessene Mittel, in rechter Weise religiös zu sein (,durch Werke des Gesetzes,), sondern gegen die ihm zugrunde liegenden Fundamente des Judentums : gegen Erwählung, Bund und Gesetz.«" Aber auch abgesehen davon konstatiert Sanders zwischen der jüdischen und der paulinischen Religionsstruktur einen fundamentalen Bruch. Er sei dadurch bedingt, dass wir bei Paulus einen gänzlich anderen Religionstypus vorfinden, was bereits in seiner Verwendung der Gerechtigkeitsterminologie deutlich wird: Während »Gerechtigkeit« im antiken Judentum stets auf das bestehende und durch Gott eingerichtete Bundesverhältnis bezogen gewesen sei und dabei ein Handeln unter dem Aspekt des »staying in« bewertet habe, das ZNT 14 (7. Jg. 2004) »die Beibehaltung des Status innerhalb der Gruppe der Erwählten zum Ausdruck bringt«," habe sich dies bei Paulus radikal geändert: »Gerechtigkeit« ist zu einem »Übergangs -Begriff« (»transfer term«) geworden, der den Vorgang des »getting in« beschreibe. 35 Was das paulinische Denken aber vor allem von der Religionsstruktur des palästinischen Judentums unterscheide, sei seme Michael Wolter Eine neue paulinische Perspektive die Bedingung dafür sind, ,drinzubleiben" doch erwerben sie das Heil nicht«. 39 Diese partielle Übereinstimmung bleibe jedoch der grundsätzlichen Differenz nachgeordnet. Trotz mancher Kritik an Einzelheiten hat die von Sanders vorgelegte Analyse der Religionsstruktur des antiken Judentums breite Akzeptanz gefunden. Es ist seitdem nicht mehr möglich, Be- Bestimmtheit durch Katego rien der »Teilh abe« (»participation«).36Es sei die durch die Taufe vermittelte Teilhabe am Tod Christi, das »in Christus Sein«, das den Übergang aus dem Bereich der Sünde in den des Heils und damit die Veränderung der Per son bewirke. Die strukturelle Differenz zwischen dem jüdischen und dem paulinischen »pattern of »Es ist ... nicht mehr möglich, Begriffe wie griffe wie »Werkgerechtigkeit« oder »Gesetzlichkeit« als analytische Kategorien zu verwenden, um das Wesen des Judentums oder auch nur die paulinische Wahrnehmung des Judentums zu be schreiben. Demgegenüber ist seine These vom fundamenta len Bruch des Paulus mit der jüdischen Religionsstruktur >Werkgerech tigkeit< oder >Gesetzlichkeit< als analytische Kategorien zu verwenden, um das Wesen des Judentums oder auch nur die paulinische Wahrnehmung des Judentums zu beschreiben.« religion« sieht Sanders also letztlich darin bestehen, dass diese anders als jene kein »Bundesnomismus« (man könnte auch sagen: keine Religion des »staying in«) sei, sondern auf einer Transfer- Soteriologie basiere und mithin eine Religion des . . . »gettmg m« sei: »Die Mitte des pln. Denkens besteht nicht darin, daß der Mensch einen von Gott angebotenen Bund billigt und bejaht, daß er Mitglied einer Gruppe wird, die eine Bundesbeziehung mit Gott eingegangen ist und in der er unter der Bedingung, sich angemessen zu verhalten, bleibt, sondern darin, daß der Mensch mit Christus stirbt, wodurch er neues Leben und die erste Verwandlung empfängt, die zur Auferstehung und zur letzten Verwandlung führt, daß er ein Glied des Leibes Christi und mit ihm eines Geistes ist und daß er in diesem Status verbleibt es sei denn, er zerbricht die partizipatorische Gemeinschaft dadurch, daß er eine andere eingeht«." Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Sanders trotz dieser ,fundamentalen< Differenz auch »subst antielle Gemeinsamkeiten« 38 zwischen den beiden Religionsstrukturen bestehen sieht: Auch bei Paulus lasse sich erkennen, dass Elemente des jüdischen Bundesnomismus in sein »pattern of religion« Einzug gehalten haben, denn sowohl die paulinische Ethik als auch seine Vorstellung vom Gericht nach den Werken funktionierten nach dem Prinzip des »staying in«. In diesem Sinne stellt er unter Verweis auf Röm 11,22 fest, dass »bei Paulus, wie in der jüd. Literatur, gute Werke ZNT 14 (7 . Jg. 2004) mit großer Zurückhaltung bis Ablehnung aufgenommen worden, wie gleich deutlich wird. 3. Eine noch weitergehende Präzisierung erfuhr dieser Neuansatz durch die Arbeiten von JAMES D. G . DUNN.4° Er akzeptiert das von E . P. Sanders entworfene Bild der Religionsstruktur des antiken Judentums als »Bundesnomismus« . Anders als dieser sieht er in der paulinischen Theologie jedoch keineswegs einen fundamentalen Bruch mit dem jüdischen Bundesdenken; Paulus führe es vielmehr auf seine ursprüngliche Grundlage zurück: den alle Völker einschließenden Abrahambund. 41 Sein Argumentationsgang verläuft in groben Zügen so: Ausgangspunkt ist die Darstellung des antiken Judentums von einem soziologischen Ansatz aus. Dunn fragt nach der Funktion der Tora und verdichtet seine Sicht der Dinge in zwei Begriffen, die einander komplementär ergänzen: Die Tora habe demnach die Funktion, Israel von den »Völkern«, d.h. den Nichtjuden, zu unterscheiden und die Erwählung Israels aus den Völkern sichtbar · und erfahrbar zu machen. In diesem Sinne fungiere die jüdische Torapraxis nach innen als »identity marker«, die die Zusammengehörigkeit aller Juden zum Ausdruck bringe, während sie nach 5 l'i leues Testament ak t uell außen als »boundary marker« wirke, weil sie eben den Unterschied zwischen Juden und N ichtjuden deutlich werden lass e. Genau diese »identity markers« oder »bound ary markers« habe Paulus im Blick, wenn er von den »Werken des Gesetzes« spricht (Röm 3,20.28; Gal 2, 16; 3,2.5.10). In besonderer Weise ge ~te dies für einen Kanon von Torageboten, die in besonderer Weise dazu beitragen würden, die jüdi ~che von einer nichtjüdischen Identität abzugrenzen: die Forderungen der Beschneidung, der Sabbatobservanz und der Beachtung von bestimmten Speisetabus. 42 Mit dieser Interpretation ist zugleicl: eine wichti ge Differenz zur r ': : ormatorischen Paulusrezeption markiert: We n Paulus »'Werke des Gesetzes« ablehnt, meint er damit gerade n icht »gute Werke« im Allgemeinen und S ! ) rich: er gerade nicht von »Werkgerechtigkeit« oder »Gesetzlichkeit« . Paulus beziehe sich mit seiner Gesetzeskritik vielmeh r immer nur auf die »-Werke der Tora«, d.h. auf diej er_ igen »Werke«, die Juden von Nichtjuden umers ch eiden und mit deren Hilfe Israel seine Beso nd rheit als Gottesvo lk zur Anschauung bringen wolle; Dunn kann sie darum auch als »Bundesw ': : -ke« (»covenant "'orks«) bezeichnen.'3 Die paulinische Antithese laute also nicht: >\Verke< geg : : 1 >Glaube<, sondern >Werke der Tara< gegen >Glaube an Jesus Chris t us<. Das habe nun aber zur Folge, da ss der Bund Gottes mit Is r ael nicht aufgehoben, sondern seiner ursprünglichen Intention zugeführt werde: Er wird »ausgeweitet« (»b r oadened out«)," und eben damit werde die an Abraham erg .; . ngene Verheißung von G en 12,3 und 18,18 (alle Völker sollen in A braham ge segnet sein), die Pwlus in Gal 3,8 zitiert, erfüllt. Der »identity marker« bzw. »boundary mar ker <•: , der das GotteS""rnlk kennzeichne, sei fü r Paulus dementsprech end allein der Glaube an Jesus Christus . Daraus ergibt sich konsequent, was Paulus am Judentum für falsc h halte. Dunn beruft sich hierfür auf Röm 2, 17 und 3,27, deren beiden Texte er miteinander verbindet: Paulus kritisiert das Judentum, weil es steh »rühmt«, gegenüber den Nichtjuden einen privilgierten Status : : ,ei Gott zu haben und dass es die »Werke des Gesetzes« in der oben beschrie ben en Weise als »Ausdruck eines zu engen atio nalistischen und ethnischen Bundesverständnisses« benutzt und s~e damit ihrer ursprünglichen Bestimmung nämlich 6 »Kennzeichen von Abrahams Glauben« zu sein entfremdet und zu einem Mittel von »Israels Rühmen« gemacht habe .4 5 - Hierin kommt eine charakteristische Veränderung des Verständnisses von »Rühmen« und seiner systematischen Verortung innerhalb der paulinischen Theologie zum Ausdruck: Hatte RUDOLF BULTMANN im Gefolge MARTIN LUTHERS das von Paulus kritisierte »Rühmen« noch als »höchsten Ausdruck der sündig-eigenmächtige(n) Haltung« des Menschen bestimmt, mit dem dieser vor Gott auf seine Verdienste poche,4 6 und Röm 3,27 von lKor 1,29-31 und 4,7 her interpretiert, verknüpft JAMES DUNN Röm 3,27 mit Röm 2,17 und bestimmt als Gegenstand des Rühmens, das Paulus ausgeschlossen wissen will, nicht die Gesetzeserfüllung Israels, sondern die Behauptung einer im Gesetzesbesitz zum Ausdruck kommenden besonderen Gottesbeziehung. 4. Der Ertrag der »New Perspective« für das Gesamtverständnis der paulinischen Theologie lässt sich in drei Punkten zusammenfassen: a) Wenn wir die paulinische Rechtfertigungs lehre als Theorie der paulinischen Völkermission verstehen können, mit deren Hilfe Paulus begründen will, dass und warum es keinen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden gibt (wie Paulus in den beiden komplementären Feststellungen Röm 3,22f. und 10,12 ausdrücklich hervorhebt), wird sie einerseits natürlich auf einen ganz spezifischen historischen Entdeckungszusammenhang hin kontextualisiert. Andererseits eröffnet aber gerade diese historische Fixierung den Blick für einen neuen Zusammenhang der paulinischen Theologie insgesamt und macht die Rechtfertigungslehre als Bestandteil eines übergreifenden christlichen Wirklichkeitsverständnisses identi fizierbar: In Bezug auf das Verhältnis von Juden und Nichtjuden wird hier nämlich dasselbe formuliert wie in Bezug auf das Verhältnis des Herrn zu seinem Sklaven im Philemonbrief (vgl. Phlm 16-17) oder in Bezug auf das Eindringen sozialer Statusdifferenzen in die christliche Gemeinde, wie sie in lKor 1-4 und 11,17-34 greifbar werden: In allen Fällen geht es darum, dass es nichts anderes als der gemeinsame Glaube an Jesus Christus ist, ZNT 14 (7. Jg. 2004) der die Identität der Christen bestimmt und nicht die an anderen Wirklichkeitsverständnissen ausgerichteten sozialen, rechtlichen oder ethnischen Statuszuweisungen. In dieser Hinsicht macht die »New Perspective« darum gerade auch die Kohärenz der paulinischen Theologie in bisher ungewohnter Weise neu sichtbar. b) Wenn es der paulinischen Rechtfertigungslehre um die Begründung der soteriologischen Inklusivität geht (vgl. vor allem Röm 1,16-17; 10,12: Juden und Nichtjuden kommen unterschiedslos durch Glauben zum Heil), lässt sich auch die paulinische Ethik wieder neu in diesen theologischen Zusammenhang integrieren (was ja nicht ganz einfach ist, wenn man die »Werke des Gesetzes« allgemein als »gute Werke« versteht 47 ): Charakteristisch für die ethische Weisung des Apostels ist nämlich gerade ihre Allgemeinheit und angebliche Profillosigkeit (vgl. nur Phil 4,8: »orientiert euch an dem, was wahr, was gerecht, was rein, was liebenswert ist, was einen guten Ruf hat, sei es eine Tugend und ein Lob«). Sie ist jedoch genauso inklusiv ausgerichtet wie die paulinische Soteriologie : Alle ob sie nun Heiden oder Juden sind können den paulinischen Weisungen zustimmen, und insofern kann man sagen, dass Soteriologie und Ethik eng miteinander zusammenhängen: Aufgrund ihrer Inklusivität korreliert die paulinische Paränese insofern ganz unmittelbar mit der paulinischen Soteriologie, denn sie zielt auf eine Lebensführung ab, die zum Ausdruck bringt, dass es zwischen jüdischen und nichtjüdischen Christen keinen Unterschied gibt. So wie die Rechtfertigungslehre die Theorie der paulinischen Ekklesiologie ist, so macht es die »New Perspective« möglich, die paulinische Ethik als angewandte Rechtfertigungslehre zu interpretieren. 48 c) Auch innerhalb der »New Perspective« ist strittig geblieben, ob die paulinische Soteriologie nun einen fundamentalen Bruch mit dem jüdischen Wirklichkeitsverständnis markiert (Sanders) oder nicht (Stendahl; Dunn). Diese Frage lässt sich eindeutig beantworten, denn bei diesem Widerspruch handelt es sich um eine bleibende Aporie innerhalb der paulinischen Theologie selbst, die Paulus bis zum Schluss nicht überwinden konnte. Einerseits steht völlig außer Frage, dass das Postulat, es gebe keinen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden (ob sie nun »Christen« sind oder nicht; vgl. Röm 3,9-20.22f.; ZNT 14 (7. Jg. 2004) Mi chael Wo lter Eine neue paulinische Perspe kt iv e lKor 1,18-25; Gal 5,16; 6,15), mit dem jüdischen Selbstverständnis schlechterdings nicht zu vereinbaren ist.4 9 Hier hat Paulus eine eindeutige Grenze gezogen, die keinen Kompromiss ermöglicht. Andererseits hat er aber auch ebenso unmissverständlich die bleibende Erwählung, und das heißt: die weiterhin bestehende Sonderstellung Israels gegenüber den Völkern betont. Er macht sie in Röm 3,1-8 und 11,29 an der Gottheit Gottes und an der in ihr begründeten absoluten Zuverlässigkeit seiner Verheißungen fest. Diese offenkundige Dissonanz bringt er in Röm 11,28 auf den Punkt: »nach dem Evangelium«, d.h. innerhalb des christlichen Wirklichkeitsverständnisses, sind die nichtchristlichen Juden Gottes »Feinde«; »nach der Erwählung«, d.h. innerhalb des jüdischen Wirklichkeitsverständnisses, sind sie auch weiterhin Gottes »Geliebte«. - Und eben hierin liegt dann auch der eigentliche Gewinn der »New Perspective«: Sie hat nämlich erneut sichtbar ge macht, dass die paulinische Theologie eine Theologie des Übergangs ist: Sie markiert exakt den Punkt, an dem die Geschichte des Christentums umschlägt von einem innerjüdischen Differenzie rungsprozess in einen christlich-jüdischen Trennungsprozess. Anmerkungen ' E. Käsemann, Paulinische Perspektiven, Tübingen 1969 2 1972. 2 Käsemann, Paulinische Perspektiven, 5. 3 J.D.G. Dunn, The New Perspective on Paul, BJRL 65 (1983), 95-122; mit einem Nachtrag wiederabgedruckt in: ders.,Jesus, Paul and the Law, London 1990, 183-214. 4 Vgl. W. Wrede, Paulus, Halle 1904; wiederabgedruckt in: Das Paulusbild in der neueren deutschen Forschung, hg.v. K.H. Rengstorf (WdF 24), Darmstadt 1964 = 1967, 1-97; A. Schweitzer, Die Mystik des Apostels Paulus, Tübingen 1930 = 1981. 5 R. Buhmann, Theologie des Neuen Testaments, durch ges. u. erg. v. 0. Merk, Tübingen ' 1984, 192. 6 Buhmann, Theologie., 189. Vgl. auch G. Klein, Ein Sturmzentrum der Paulusforschung, VuF 33 (1988), 40- 56, hier: 43: »Die Offenbarung Gottes in Christus« habe Paulus bei seiner Bekehrung »als Apokalypse des Menschen erfahren«. 7 Aus Raumgründen können im Folgenden nur einige exemplarische Vertreter der »New Perspective« genannt werden. Es sei darum an dieser Stelle verwiesen auf den ausgezeichnet orientierenden Aufsatz von C. Strecker, Paulus aus einer »neuen Perspektive«. Der Paradigmenwechsel in der jüngeren Paulusforschung, Ku! 11 (1996), 3-18. 7 11 ,l eues Testament aktuell 8 K. Stendahl, Tl: e A osde Paul and the Lltrospective Conscience of the 'iest, HThR 56 (1963), 199-215; dt.: Der Apostel Paulus und das »introspektive« Gewissen des Westens, Kul 11 (1996), 19-33 (im Folgenden zitiert als »Gewissen«; ; ders ., Paul amongJews .: nd Gentiles, Philadelphia 1976; dt.: Der Jude Paulus unc. wir Heiden, München 1978 (im Folgenden zitiert als »Der Jude Paulus«) . Vgl. jetzt auch ders., Final Account. Paul's Letter to the Romans, Min eapolis 1994. 9 Stendahl, Der Ji.: de Paulus, 15; s. auch Stend ahl, Gewissen, 22 . 10 Stendahl, Der Jude Paulus, 12f. 11 Stend ahl, Gewissen , 23. In seiner Ausein.: ndersetzung mit Stendahl be5tätigt Käsemann diesen Vo rwurf noch einmal expressis. verbis: »Wen repräsentier: der jüdisch Nomismus, gegen den Paulus sich wandte? ... Er vertritt jene Gemeinschaft frommer Menschen, w elche ... Gottes Gebote zum Mittel ihrer Selbstheiligung machen« (Paulinische Perspek: iven, 127f.). 12 Stendahl, Der J: 1de Pa ulus, 31. In seiner Auseinandersetzung mit Stendah l macht Käsemann irnnischerweise genau diesem den Vorwurf eines polemischen Missverständnisses der ? aulinischen Rechtfertigungslehre (Paulinische Perspektiven, 109 u .ö.). Das hat seinen Grund darin, dass Käs ~ma nn den Ansatz Stendahls (nicht zu Unrecht) der Pm lu sinterpretation William Wredes an die Seite stellt, der die paulinische Rechtfertigungslehre als eine »Kampf es lehre« bezeichnet hatte, die aus der »Auseinandersetzun g mit dem Judentum und dem Judenchris tentum vers: ändlich und nur für diese gedacht« gewesen sei (Pa: .ilus, 72[67]); vgl. die antikritische Klarstellung bei Stendahl, Paul am ongJews and Gentiles, 130. 13 Stendahl, Der Jude Paulus, 40 . 14 Stendahl, Der Jude Paulus., 15. 15 Stendahl, Der Tu de Paulus, 20. 16 Stendahl, Gev/ 2ssen, 23. 17 Stendahl, Der Jude P aulus, 17ff. 18 E.P. Sanders, Paul and Palestinian Judaism. A Comparison of Patterns of R eligion, London 1977; dt.: Paulus und d as palästinisch e Juden tu m. Ein Vergleich zweier Religionsstrukturen (St UNT 17), Göttingen 1985; vgl. auch ders ., Paul, the Law, and the Jewish People, Philadelphia 1983; ders., l >a ul, Oxford 1991; dt.: Paulus. Eine Einführung, Sti.: ttgart 1995. 19 Vgl. dazu exe □ plarisch die Formulieru r_ g von Ernst Käsemann o. A: : : im. 9. 20 »How a religion is erceived by its adher ents to function« (Paul and PalestinianJudaism, 17). 21 Sanders, Paul and Palestinian Judaism, 1 7. 22 Sand ers, Paulus un d das palästinische Jud entum, 415, 422. 23 Buhmann, Theologie, 187ff. 24 H . Conzelmann, Gru ndriß der Theologie des Neuen Testaments, Mi: nch n 2 1968, 173ff. 25 G . Bornkamm, Paul us , Stuttgart u.a. 7 1993. 26 So lautet die Üben chrift über dem erst rn Teil seiner Paulusdarstellung (Buhmann, Theologie, 191). 27 Überschrift über dem zweiten Teil der Paulusdarstellung Bu! tmanns (ebd. 271 ). 28 Sanders, Paulus und das p al ästinische Judentum 415. 29 Sanders, Paulus und das palästinische Jud entum, 419 . 30 Sanders, Paulus und das palästinische Judentum, 459 . 31 Sanders, Paulus und das palästinische Ju dentum, 457 (Hervorhebung im Or iginal). 8 3 2 Sanders, Paulus und das palästinische Judentum, 513; s. dann auch Paul, the Law, and the Jewish People, 47: »What is wrong wich the law, a: : : id thus wich Judaism, is that it does not provide for God's ultimate purpose, that of saving the entire world through faith in Christ, and without ehe privilege accorded to Jews through the promises, the covenants, and the law.« 33 Sanders, Paulus und das palästinische Judentum, 513 . 34 Sanders, Paulus und das palästinische Judentum, 504 (Hervorhebung im Original). 35 Sanders, Paulus und das paläs tinische Judentum, 504. 36 Vgl. Sanders, Paulus und das palästinische Judentum, 480ff. (engl. Ausg. 502ff. ). 37 Sanders, Paulus und das paläs: inische Judentum, 493 . 38 Sanders, Paulus und das paläs: inische Judentum, 509. 39 Sanders, Paulus und das palästinische Judentum, 496 (Hervorhebung im Original) . Vgl. auch ebd . 492 : »So läßt sich bereits bei Paulus erkennen, wie das Christen tum im Begriff ist, eine neue Form von Bundesnomis mus zu werden, u . zw. eine Bundesreligion, der man durch Taufe beitritt, deren Mit: ; liedschaft Heil eröffnet und die einen spezifischen Katalog von Geboten besitzt; ist man diesen Geboten gehorsam (... ), so bleibt die Bundesbeziehung aufrechterhalten« . 40 Zu nennen sind vor allem sein in Anm. 3 erwähnter Aufsatz. Wichtig sind darüber hinaus vor allem die beiden Kommentare zum Rörr_erbrief (2 Bde. : Romans 1-8.9-16 [WBC 38A- B], Dallas 1988) und zum Galaterbrief (The Episde to the Galatians, London 1993 ). I n der Einleitung zum ersten Band des Römerbrief-Kom mentars findet sie eine kurze Zusammenfassung von Dunn's Sicht auf die paulinische Theologie (The New Perspective on Paul. Paul ~nd the Law; S. lxiiilxxii), die Wolfgang Stegemann ins Deutsche übersetzt hat: J.D .G . Dunn, Die neue Pnlus-Perspektive, KuI 11 (1996), 34-45. Eine komprehensive Gesamtdarstellung der paulinischen T heologie hat Dunn dann in seinem monumentalen Paulusbuch (808 Seiten! ) vorgelegt (The Theology of Paul the Aposde, Grand Rapids, MI/ Cambridge 1998). 41 In diesem Sinne kann er Paulus dann auch als »Apostel Israels« bezeichnen: J.D .G. Dunn, Paul: Apostate or Apostle of Israel? , ZNW 89 (1998), 256-271. 42 »These identity markers identified J ewishness because they were seen by the Jews themselves as fundamental observances of the covenant. They functioned as badges of covenant memb ership . A member of the covenant people was, by definition, one who observed these practices in particular«; und : •> They are the proper re sponse to God's covenant grace, the minimal commitment for members of God's people« (The New Perspective on Paul, 192.194). 43 »The phrase >works of ehe law< .. . is a fairly restricted one : it refers precisely to these same identity markers described above, covenant works those regulations prescribed by the law which any good Jew would simply take for granted to describe what a good Jew did« (Dunn, The New Perspective cn Paul, 194) . 44 Dunn, The New Perspective on Paul, 197. 45 Dunn, The New Perspectivc on Paul, 200ff.; Zitate 201f.; 202 (meine Übersetzung). 46 Buhmann, Theologie, 242. 47 S.o. - Hierin sah A. Schweitzer bekanntlich die Unmög lichkeit begründet, aus der Rechtfertigungslehre eine ZNT 14 (7. Jg. 2004) M ichael Wolter Eine neue paulini sche Per spe ktive Ethik abzuleiten (Die Mystik des Apostels Paulus, 287: »In der Lehre von der Rechtfertigung aus dem Glauben verhalten sich die Erlösung und die Ethik zueinander wie zwei Straßen, von denen die eine bis zu einer Schlucht und die andere von dieser Schlucht weiter führt. Es fehlt aber die Brücke, um von der einen auf die andere zu gelangen« (s. auch ebd. 220). 48 Vgl. dazu M. Wolter, Die ethische Identität christlicher Gemeinden in neutestamentlicher Zeit, in: W. Härle/ R. Preul (Hgg.), Woran orientiert sich Ethik? . Marburger Jahrbuch Theologie. XIII (MThSt 67), Marburg 2001, 61-90. "' Dass die paulinische »Religionsstruktur« sich von der jüdischen dadurch unterscheide, dass sie, wie Sanders meint, eine Religion nicht des »staying in«, sondern des »getting in« sei, ist nicht maßgeblich, denn das Christentum der paulinischen Zeit ist immer noch eine Bekehrungsreligion, während das Judentum, das in den von Sanders interpretierten Texten erkennbar wird, längst zu einer Traditionsreligion geworden ist, wozu das Christentum dann natürlich auch wird; die ersten Indizien hat Sanders ja schon bei Paulus nachweisen können. TANZ - Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter ~tdan \lkicr, Jürgl'll Zangcnlwrg (lft,g 1 Zeichen aus Text und Stein Sll! dien auf dl'm \\l'g 1u einer \rchiiologil' des \euen Testaml'lllS Stefan Alkier / Jürgen Zangenberg (Hrsg.) Unter Mitarbeit von K. Dronsch und M. Schneider Zeichen aus Text und Stein Studien auf dem Weg zu einer Archäologie des Neuen Testaments Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter 42, 2003, XVI, 535 Seiten, div. Abb. u. Tab.,€ 78,-/ SFr 13 1 ,- ISBN 3-7720-8007-3 Der rapide Fortschritt der archäologischen Forschung im östlichen Mittelmeerraum, vor allem jedoch im Palästina der griechisch-römischen Zeit, ist für fachfremde Personen kaum noch zu überblicken. Nicht nur die Qumran-Forschung hat erwiesen, dass die Ergebnisse von Grabungen, Surveys und von verschiedenen archäologischen Spezialforschungen gerade für die neutestamentliche Wissenschaft Quellen ersten Ranges darstellen, die immer wieder die Art und die Ergebnisse der Textauslegung nachhaltig beeinflussen können. Der Band stellt die Breite der gegenwärtigen archäologischen Forschung zur neutestamentlichen Zeit exemplarisch und auch für Fachfremde verständlich dar und bemüht sich zugleich darum, das hermeneutische Theoriedefizit archäologischer Forschung aufzuarbeiten. Eine prägnante Auswahlbibliographie am Ende jedes Beitrages regt zur eigenen Weiterarbeit an; ein ausführliches Register erleichtert die Orientierung. A. Francke Verlag Tübingen und Basel ZNT 14 (7.Jg. 2004) 9
