eJournals ZNT – Zeitschrift für Neues Testament 8/16

ZNT – Zeitschrift für Neues Testament
znt
1435-2249
2941-0924
Francke Verlag Tübingen
121
2005
816 Dronsch Strecker Vogel

Phänomenologie des Bildes. Ikonographische Zugänge zum Neuen Testament

121
2005
Annette Weissenrieder
Friederike Wendt
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Neues Testament aktuell Annette We issenrieder / Friederike We ndt Phänomenologie des Bildes. Ikonographische Zugänge zum Neuen Testament »Wie bei jeder Wahrnehmung so sind auch bei der Bildwahrnehmung die Zugangsart und der Sachgehalt unauflös lich miteinander verschränkt: Das Was-man-auf-dem-Bild-sieht korreliert mit dem Wie-man-auf-das-Bild-schaut.« ' Neben der Beschäftigung mit textu ellem religionsgeschichtlichem Quellenmaterial ist in jüngster Zeit ein Interesse für die visuellen Quellen der Antike wach geworden. Vorausgese tzt ist, dass kulturell(-religiöse) Bilder und (biblische) Texte zugleich an der Produktion und Rezeption frühchristlicher Texte teilhaben. Beide, visuelle Artefakte und textliche Quellen, sind Teil von Kultur und damit auch Teil eines Zeichensystems, mit dessen Hilfe Menschen sich verstän digen . Religion partizipiert an diesem Zeichensystem. Doch wie kann das Bildmaterial angemessen angewandt werden? L. WIESING beschreibt in seinem Buch »Phänomene im Bild« eine Verhältnisbestimmung von Bild und Bildtheorie, die u.a. auch für eine Deutu ng von antiken Artefakten in der neutestamentlichen Exegese grundlegend sein dürfte: Das Was? des Sehens wird durch ein Wie? bestimmt. Das Wie? qualifiziert sich etwa durch besondere Beachtung schriftlicher Quellen, des visuellen Kontextes, der Zeichendeutung und des Wirklichkeitsverständnisses. matische Konstellation in ihren verschiedenen Ausprägungen (2), die sozialgeschichtlich fokussierte Au slegung (R. BIANCHI BANDINELLI / P. ZANKER) betont die Bedeutung des Kontextes einer visuellen Quelle (3 ), die semiotische Analyse (T. HöLSCHER / F. SAINT-MARTIN) setzt sich die Aufdeckung einer logischen Tiefenstruktur zum Ziel (4) und die konstruktivistische Analyse (R. VAN DER HOFF / ST . S CHMIDT) schließlich frag t nach der Bedeutung des Sehvorgangs im Verhältnis zur visuellen Quelle (5). 1. Bilder als Ausdruck einer Welt symbolischer Werte (Erwin Panofsky) ERWIN PANOFSKY (1892-1968) gilt als einer der bedeutendsten Kunsthistoriker des 20. Jh . Stan den in seiner Arbeit zunächst kunsttheoretische Überlegungen im Vordergrund, so entwickelte Panofsky unter dem Einfluss des Neukantianismus (v.a. E. CASSIRER) ein System apriorischer Grundbegriffe, die im Idealismus fußen und sich auf die formalen Aspekte eines Kunstwerkes beziehen. Wirku ngsgeschichtlich bedeutsam wurde allerdings Panofskys Verständnis von »Ikonologie«, das er in enger Zusam- Grundlegend fü r d as Was? und Wie? ist eine Verhältnisbestimmung von visuellen Quellen zu den Texten. 2 Eine Bildtheorie liefert nach Wiesing dann phänomenologi- »Eine Bildtheorie liefert nach Wiesing dann phänomeno lo gische Beiträge, wenn sie eine A ntwort auf die Frage Wa skann-man-wie-auf-einemmenarbeit mit A. WARBURG und den Wissenschaftlern in der Warburg-Bibliothek entwickelte: »[D]ie Ikonologie [hat] über die Klarstellung des Themas hinaus nach der Besche Beiträge, wenn sie eine Bild-Schauen versucht.« Antwort auf die Frage Was kann-man-wie-auf-einem- Bild-Schauen versucht. Im Folgenden sollen fünf methodische Zugänge zur Ikonographie vorgestellt werden, die z .T. aneinander anschließen, die aber auch ein je eigenständiges Konzept vertreten: Die ikonologische Analyse (E. PANOFSKY) betrachtet eine visu elle Quelle vor dem Hintergrund des geistesgeschichtlichen Wissens ihrer Zeit (1), die motivorientierte Analyse ( 0. KEEL) u ntersucht eine th e- ZNT 16 (8. Jg. 200 5) de utung des Inhalts (als ikonograph. Bildsinn) und dem Warum der bes. Darstellung des Themas zu fragen. Dabei nutzte P.[anofsky] häufig zeitg enöss . literar. und philosoph. Vergleichsmaterial sowie hist.-ikonograph. Reihen von Darstellungen des betreffenden The- ' mas .« Insgesamt verfolgte Panofsky mit seiner Methodik das Ziel, Formanalyse und klassische Ikonograp hie einerseits u nd Kunstgeschichte als 3 Neues Testament akt ell Ausdruck geistesgeschicblicher Ph änomene an dererseits in Beziehung zueinander zu setzen. Den .A! Usgang spunkt jeder Bildinterpretation bildet für ihn das, was m J.11 direkt sieht; es zählt der unmittelbare sinnliche Eindruck. Zunächst ist dies ganz elementar gemeint, nämlich wie Linien und Farben zueim.nder in Beziehung gesetzt sind und wie Material zu Darstellungen konkreter Gegenstände geformt ist.' Dazu ge hören auch aus druckhafte Eigenschaften, die zur Atmc,sphäre einer Darstellung beitragen, Die präzise Beschreibung der im visuellen Medium vorhandenen Motive ist insofern nicht unproblematisch, als sie beim Betrachter eine Kenntnis der verwendeten Darstellungsprinzipien also etwa des Perspektivischen , voraussetzt. Der ZyVeite Blickwinkd, der in Panofskys Methode zur Geltung komrr _t, liegt in der Fr; : ,ge, wie diese zunächst erhobenen Motive mit Themen oder Konzepten Ye rbunden sind. Dazu ist es notwendig, cdie Mot: ve samt ihrer Attribute in den Kontext ih: -er he: -kömmlichen Verwendung einzuordnen und so ihre Bedeutung zu verstehen. Es geht hierbei zentr al um Identifizierung (Wer ist dargestellt? ) und um Klassifizierung (Um was geht es? ). Literarisches Wissen, Kenntnis von Themen ucd Bildprogra: nmen ist für die3en Arbeitsschritt unerlässlich. Nachdem ma: i ein Bild seiner Sache und seinen Themen nach untersu : ht hat, schließt sich in PanofskYis Modell die »ikonolog is che Interpretation« an. Unter c.i esem Stichwort wird die Frage beantwortet, weshalb und wozu etwas da: -gestellt ist, wie es dargestellt ist, und damit eben die nach dem Gehalt, dem Sinn und dem geistesgeschichtlichen Stellenwert einer Darstellung. Du: -ch diesen Blick auf den »Wesenssinn,/ einer Darstellung sollen nichts weniger aL die basal en Prinzipien des Weltverstehens, wie ein Künstle r, eine Epoche sie aufgefasst hat, erhellt werden. Daran anschließend ist dann eine Bewertung eines Kunstwerkes möglich, da »die Größe einer küns tlerischen Leistung letzten Endes davm1 abhängig ist, welches Quantum -, on >Weltansc hauungs-Energie< in die gestaltete Materie hineingeleitet worden ist und aus ihr auf den Betrachter hinüberstrahlt.« Die Grenzen de s int erpretatorisch Möglich: ! n setzt hierbei die allgemeine Geistesgeschichte. Erwin Panofsky hat ein dreigliedriges Modell vorgeleg,t, Dars t ellungen zu beschreiben und zu 4 deuten. Dabei handelt es sich letztlich um einen ein zigen Prozess des Verstehe: is, nicht um verschiedene Zugänge zu einer Quelle. Es ist dies ein Modell, das versucht, eine »Totalität« in visuellen Q uellen aufscheinen zu lassen. Dies geschieht durch die Einordnung in eine Geschichte »kulture[er Symptome« bzw. »Symbole«, die transparect werden soll für die weltanschauliche Verfas stheit eines Künstlers bzw. einer Zeit. Als Beispiel für eine Rezeption der Panofsky' sehen Methodik in der neutestamentlichen Exegese mag die Auslegung des Ezechielzyklus' aus Dura Europos von REINHARD VON BENDEMANN dienen.6 Von Bendemann versteht den Zyklus zunächst als Kunstwerk, das ikonographisch beschrieben und ikonologisch interpretiert werden kann, wobei sein besonderes Augenmerk auf einer rezeptionsästhetischen Fragestellung liegt (die »vor-ikonographische Beschreibung«) . So werden Figuren des Bildprogramms t: -ansparent für die Rezipienten, die Synagogenge: -neinde. Weitergehend bezieht von Bendemann die Rezeption von Ez 37 in der Johannesapokalypse in die Deutung mit ein (die »ikonographische Analyse«) und entdeckt Konvergenzen in den Kc-mpositionstechniken von Bild und Text, die beide gleichermaßen als Kunstwerke verstanden werden können . Im Ve rgleich mit dem prophetisc}_en Text zeigt sich, dass beide für sich einen unabhängigen Mehrwert an Sinn transportieren. Die Einordnung in die allgemeine Geistesgeschichte (»ikonologische Interpretation«) ergibt sich hier durch den sozio-politischen Kontext des Bildprogramms: Es zeigt die Rolle einer Minorität in ihrer paganen Umwelt, die implizit die Gegenwart kritisiert und für sich eine heilvolle Zukunft erhofft. 2. Bilder als Ausdruck grundlegender Beziehungsmuster: Die »Freiburger Schule« Das Panofsky'sche Modell, visuelle Quellen zu deuten, ist im Hinblick auf die biblische Bilderwelt zunächst entscheidend von OTHMAR KEEL und seinen Schüler/ innen der sog . »Freiburger Schule« aufgenommen und weiterentwickelt w : )rden. 7 Ihre Forschungen zur altorientalischen Ikonographie lassen sich cum grano salis in zwei ZNT 16 (8. Jg. 2005) Annette Weissenrieder Annette Weissenrieder lehrt als Wissenschaftliche Assistentin Cl für Neues Testament an der Ruprecht -Karls-Universität Heidelberg. Ihr Interesse gilt der Erforschung der Bezüge zwischen frühchristlicher Literatur und der griechisch-römischen Umwelt (antike Medizin, Philosophie und visuelle Artefakte) und der theoretischen Reflexion dieser Bezüge. Ihr besonderes Augenmerk gilt der neutestamentlichen Anthropologie und der philonischen und paulinischen Pneumatologie. Friederike Wendt Friederike Wende lehrte von 2003-2005 als Wissenschaftliche Assistentin für eutestarnentliche Theologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Sie interessiert sich besonders für die Deutung frühchristlicher Literatur im Kontext ihrer gr ie chisch-römischen Umwelt und die methodische Reflexion dieser Verhältnissetzung. Zur Zeit ist Friederike Wendt Vikarin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Phasen einteilen: Stand zunächst das Interesse im Vordergrund, durch außerbiblische Fundstücke, und zwar insbesondere Bilder, die Vorstellungswelt der alttestamentlichen Schriften zu erhellen, ZNT 16 ( 8. Jg. 2005) Ann e tt e W e isse nried er / Frie derik e W e ndt Phänomenologie des Bildes so zielen jüngere Forschungen eher darauf ab, die Bedeutung von Bildern unabhängig von Texten zu untersuchen. Bilder und Texte seien demnach getrennt voneinander zu deuten, um sie bei einem nachgewiesenen Zusammenhang in einem späteren Schritt zueinander in Beziehung zu setzen. 8 Dabei ermögliche die Einbeziehung von Bildmaterial eine Chronologisierung der Texte, da verschiedene Motivausprägungen verschiedenen Epochen der Geschichte Israels zuzuweisen seien. Die vorrangige Leistung von Bildern gegenüber Texten sei die, dass Stereotype und unverwechselbare Eigenheiten zugleich dargestellt werden könnten. Bilder werden in diesem Modell als Abbilder von Wirklichkeit verstanden, deren Regeln auf Konventionen beruhen und dabei eine Mehrleistung gegenüber Texten aufweisen, die in ihrer Stärke, komplexe temporale, lokale und soziale Beziehungen simultan darzustellen, liegt. Der Erkenntnisgewinn von Bildern ist primär auf historische Zusammenhänge bezogen, deren Wirklichkeit durch Motive vermittelt wird. Am Beginn einer Deutung steht folgerichtig in diesem Modell die Erhebung von Motiven, die in einem visuellen Medium anzutreffen sind, und ihre Einordnung in zeitgenössische Darstellungskonventionen und die Motivgeschichte. Anschließend wird die Aussageintention des Bildes bestimmt und gefragt, wie Motivik und Aussage zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dies ist die Frage nach der Komposition des Bildes. Schließlich stellt sich die Frage nach individuellen Zügen (den »Dekorationen« ), die eine Erhebung des »Sitzes im Leben« und darüber hinaus eine mentalitätsgeschichtliche Einordnung des Mediums möglich machen. Ein Beispiel für eine motivorientierte Analyse im Bereich neutestamentlicher Exegese ist die Auslegung des »schwankenden Rohrs « in Mt 11,7 von GE RD THE ISS EN .9 Zeitgenössische Embleme zeigen, dass Herodes Antipas anlässlich der Gründung von Tiberias Schilf auf seine Münzen prägen ließ. Schilf gehörte also zum bekannten, allgemein kommunizierten visuellen Inventar. Für die Auslegung des Logions bedeutet dies: »Wer wollte, konnte in Herodes Antipas, dem Adressaten der prophetischen Gerichtsrede des Täufers, ein >schwankendes Rohr< sehen, das durch von Gott gesandte Schicksalsschläge erschüttert werden würde. Oder er konnte im Lichte der verbrei- 5 Ne u es Testament akt uell teten Fabeltradition in ihm einen klug sich an alle möglichen Umstände anpassenden Politiker sehen, der im Kontrast zum kompromißlos auftretenden Täufer stand.« Durch die Motivanalyse werden Konnotationen aktualisiert, deren Plausibilität für den jeweilige n. literarischen Kontext und »Sitz 1 im Lebe n« geprüft werden könn e n. 3. Bilder und soziale Gegebenheiten: Sozialgeschichtlicher Ansatz 1 E. Panofskys Thearie dient neben der Freiburger Schule auch der s: nialgeschichtlichen Schule, wie sie sich um den Italiener R. BIANCHI BANDINELLI und den Deutscben P AUL ZAN KER gebildet hat, als Sprungbrett methodis cher Refl exion . 10 Ausgangspunk: ist hier die von Panofsky gemachte Unterscheidung zwischen. Ikonographie als sachlicher Bestim mung der Bildthemen und Ikonologie als w esen smäßiger, ideeller Bestimmung der Bedeutung der Bilder. Grundlage f r die Arbeiten des so zialgeschichtlichen Ansatzes ist die Interpretation der visuellen Artefakte in ihren Kontexten: Öffentlichen Plätzen, H eiligtümern, Theatern un: l Thermen, Privathäus ern und ·Nekropolen w ir d dementsprechend große Aufmerksamkeit entgegengebracht. Während die Bild-Analyse auf die Frage nach ihren ideologischen Aussagen zugespitzt wird, tritt die formale Analyse demgegenüber stark zurück od er wird gar nich t mehr beachtet. R. B. IBandinelli hat die sozialgeschichtliche Frageste l'1 ung zu: - Bildkunst un d Architektur auf zwei Pfeiler gestellt: Poliiik und Sozialgeschichte. Grundlage sei zum ein en, dass die »römische Kunst[ ... ] immer eng mit den historischen Gescheh en verbunden« (S. XI) war und zum anderen, dass die gesamte römische Kunst aus der griechischen erwachsen sei, aber freilich auf ein er neuen sozialen Ebene, »: 1icht als Ausdru - : : k eines tief im Bewusstsein der bestimmenden sozialen Gruppen verwurz elten Gefühls« (S. XI). In diesem Sinne war die römische Kunst eklektisch und konnte der Ideologie der Regierend en an gepasst werden. Grundl egend ist: Die Id eologie wurde von Küns tlern erarbeitet, di e in Abhängi; ; keit zu ihren Auftraggebern standen als Sklaven oder Kriegsgefangen e bes aßen si e nich t das römische Bürgerrecht und konnten jederzeit ausgewiesen 6 werden. Exemplarisch zeigt sich dies in den Arbeit en Bandinellis zu Tempelbauten im republikanischen Rom als Ausdruck konkurrierender Staatsmänner und zu Grabbauten als Selbstdarstellung lokaler Eliten. P. Zanker thematisierte vor allem die Repräsentation der Herrscher und der Oberschichten in Portraits und öffentlichen Monumenten; zentral ist für ihn Augustus. Unter Augustus entstehe in Rom ein Herrschaftsmythos, der die gesamte visuelle Kommunikation der Epoche ebenso prägte wie alle Arten sozialer Begegnung: Religiöse Rituale, Staatsakte und soziale Kontakte werden geformt. Visuell lässt sich ein Prozess der Normierung nach festen Standards erkennen: Rom wurde zum Zentrum einer Einhe: tskultur. »In der normierten Bildersprache der Kaiserzeit[...] standen Staat und Kaiser im Mittelpunkt. [... ] Da die konsolidierte, pyramidenförmig strukturierte Gesellschaft sich ganz nach der Spitze ausrichtete, konnte die kaiserliche Selbstdarstellung zum Muster für jedermann werden .«1 1 HARRY 0. MAIER hat diesen Ansatz für seine theologische Studie über den Kolosserbrief, besonders für die Erwähnung der »Barbaren« und Skythen in Kol 3,11, zugrunde gelegt: 12 Darstellungen von Barbaren in unterschiedlichen Stadien der Integration unter die römische Herrschaft, beispielsweise das Sebasteion in Aphrodisias und die Prima Porta des Augustus, können die Bedeutun g der Reihe in Kol 3,11 erklären. Sie ist eine Anspielung auf die universelle Reichweite des Enngeliums. Sebasteion und Gemma Augustea enthüllen beide, dass die Kolosser in der vertikalen ikonographiscl: .en Semantik der Sprache der römischen politiscien Kultur zu Hause waren. 4. Bilder als Zeichen: Semiotische Theorie und Ikonographie Ist es möglich, die plausiblen Anliegen der ikonographischen Formanalyse bzw. die Deutungsmetho de aufzugreifen und sie in eine Fragestellung zt: . transformieren, die zu einem umfangreicheren Verständnis des antiken Bildmaterials im Kontext der antiken Kultur führt? Dieser Fragestellung nimmt sich die semiotische Bildanalyse an, die momentan in der kunsthistorischen und archäologi , chen Bilddeutung häufig herangezogen wird . 13 Im Zentrum der semiotischen Bildtheorie steht ZNT 16 (8. Jg. 2005) die Vorstellung, dass Menschen sich die Wirklichkeit kommunikativ aneignen: Kulturelle und naturale Zeichenprozesse sind die Grundlage aller Kommunikation. Semiotik als Annette Weissenrieder / Friederike Wendt Phänomenologie des Bildes Ba, Bb, Be usw. zu. Dabei steht die Frage nach redundanten Bildmerkmalen wie Kreisen oder Dreiecken im Vordergrund. Die Regionen und Subregionen werden danach Lehre von den Zeichen im weiteren Sinn umfasst alle Analysen von Zeichen und deren Bedeutung. Im engeren Sinn aber meint sie die Aufdeckung einer hinter der Oberflächenstruktur der bild- »Im Zentrum der semiotischen Bildtheorie steht die durch ein Gitter, welches am Anfang der Bildanalyse steht, lokalisiert: Jedes Bild kann demnach durch ein Gitternetz von fünf mal fünf Quadraten untergliedert werden. Vorstellung, dass Menschen sich die Wirklichkeit kommunikativ aneignen.« liehen Quelle liegenden logischen Tiefenstruktur, die durch die Relation Objekt - Zeichen - Interpretant offengelegt werden kann. Bildlich wird die logische Tiefenstruktur an der Bildoberfläche oft anthropomorphisiert (Gegensätze werden durch Menschen repräsentiert) und dynamisiert (Gegensätze lösen Spannungen für die Bilddimension aus). Wichtige Grundannahmen der Semiotik aus der Perspektive der Ikonographie sind: 1. Die Semiotik ist eine Theorie der Zeichen. Grundlegend ist, dass die dyadische Subjekt- Objekt-Beziehung zu einer triadischen (Objekt- Zeichen - Interpretant) erweitert wird: Repräsentation setzt erstens ein Zeichen voraus, das zweitens für ein Objekt steht und drittens den Interpretanten bestimmt. CH. S. PE IRCES Zeichenlehre basiert auf einer Kategorienlehre, die immer drei mögliche Relationen benennt: Erstheit, Zweitheit, Drittheit. Die Kategorie der Erstheit ist die Kategorie, die ohne externe Relation auskommt. Mit Erstheit umschreibt Peirce die Kategorie des Unmittelbaren. Diese führt unmittelbar zu einer visuellen Empfindung oder einem Gefühl. Beschreiben wir ein Bild unter der Kategorie der Erstheit, so fassen wir es zunächst als abstrakte Möglichkeit und Potentialität: Zu Zeichenmitteln zählen alle Gegenstände, Dinge, Farben und visuellen Ereignisse. In diesem Sinne repräsentiert das Zeichen eine Qualität. Bildanalyse hat so die Qualität einer Textanalyse. Verschiedene Modelle werden diskutiert. An dieser Stelle soll das Modell von F. SAINT-MARTIN vorgestellt werden. 14 Zunächst zerlegt man ein Bild bzw. die visuelle Quelle durch grobes Skizzieren der Umrisse in großflächige Regionen, die man alphabetisch benennt. Sinnvoll ist die Herangehensweise vom äußeren Rand bis zum Mittelpunkt des Bildes. Danach ordnet man die Subregionen des Bildes entsprechend ihrer Zugehörigkeit in Aa, Ab, Ac/ ZNT 16 (8.Jg. 2005) Jedes Quadrat lässt sich nochmals in seine vier Seiten und das Kernstück aufteilen, so dass 125 Bildteile, die sogenannten Koloreme, das Bild segmentieren. Diese visuellen Variablen werden grob durch die vier formbildenden Winkel, welche wiederum eine Kreuzform und eine Raute entstehen lassen, unterteilt. Diese Gliederung ermöglicht eine präzise Ermittlung des Mittelpunkts der visuellen Quelle sowie der Perspektiv- und Distanzflächen. Sechs Dimensionen ermöglichen neben der topographischen Relation eine weitere Klassifikation: (1) Farbe oder Tönung, (2) Textur, (3) Quantität oder Größe, (4) Verortung auf der Ebene, (5) Vektorialität oder Orientierung, ( 6) musterbildende Konturen oder Abgrenzung. Im Moment der Wahrnehmung, der Kategorie der Z w eitheit, dem Objektbezug, der von Peirce auch als unwiederholbare Erfahrung beschrieben werden kann, steht die Differenzierung im Vordergrund: Durch Wahrnehmung der Unterschiede im Hinblick auf Form und Farbe in der Materialität oder Qualität des Bildes werden Informationen über den Gegenstand erzeugt. Das Zeichen im Bild wird unter dem Aspekt betrachtet, wie es sich auf ein Objekt bezieht. Diese Beziehung umfasst die semantische Beziehungsfunktion des Zeichens. In diesem Sinne beschreibt die Kategorie der Zweitheit eine unwiederholbare Erfahrung. Die private Erfahrung, die innere Welt, oder wie Peirce auch sagt: das Ego des Menschen, kann nicht grundsätzlich in Zeichen und Bilderwelten überführt werden. Man kann die Kategorie der Zweitheit auch als eine körperlich erfahrbare, »psychische« oder vorgestellte Kenntnis von Objekten deuten. Die Kategorie der Drittheit ist die der Reflexion: Zeichen und Objekt werden vom Interpretanten verknüpft: In Hinblick auf eine Annäherung an die Wirklichkeit werden individuelle Aussagen 7 Neu e s Test ament akt uell getroffen, die, um sich d er »Wahrheit« anzunähern, mit einer Interpreta i: io nsgemeinschaft abgestimmt werden sollten. In Bezug auf die Interpretation von Bildzeugnissen bedeutet dies: Das Bild ist beispielsweise ein Zeichen für die Repräsentation von Zeichen einer visu al isierten Vorstellung eines Malers oder Bildhauers. Sofern also Bilder durch Drittheit entstandene Zeichen sind, muss der Bildproduzent über ein Repertoire an Zeichen verfügen, das ihm gestatte t., eine Erfahrun5 visualisiert in Zeichen darzustellen. In der Drittheit sind Bilder vom Rezipienten in ihrem gedanklichen Inhalt der Zeichen erfassbar und erzeugen Interpretanten von »etwa: , Anderem«, etwas Realem oder Irrealem in kartographischen arstellungen. Man kann also s; ; .gen : Mit der Deu tung und Interpretation eines Zeichens verwirklicht sich dess en Bedeutung. 2. Die Analyse der Zeichenrelation hsst sich durch drei Dimensionen des Zeichens vertiefen: die Syntaktik, die Semantik und die Pragmatik. Die Syntaktik benennt die Beziehung vo : 1 einem Zeichen zu anderen Zeichen und umfasst die Qualität. Die Möglichkeiten der Qualität lassen sich nach drei Klassen ihrer syntaktischen E rscheinungsweise semiotisch ordnen: Die visuellen Empfindungen durch Far be nennt Peirce Qualizeichen. Sie verweisen als Zeichen auf die Qualität eines Objekts. Sie sagen nichts über die Qualität der Wirklichkeit aus, sondern über die der wirklichen Bilder. Führen F: ubflecke, -punkte und -Struktur en zu U nterscheidungen, werden sie als Sinzeichen definiert. Wenn Zeichen einem Code folgen, welcher die Wiederholbarkeit gleichförmiger Darstellungsweisen stabilisiert, wie z.B . das christliche Kreuz, dann sind sie L egizeichen. Die Semantik benennt die Beziehung zwischen den Zeichen. Wie O bj ekte in Zeich en vorliegen, unterscheidet Peirce wiedernm in drei Beziehungen: Das Ikon bezeichnet die ,: -Ähnlichkeitsrelation« seines Objektbezugs: d as Bildzeichen gibt mit dem Ikonbezug nur vor, einem Objekt zu ähneln. Der Index beschreibt einen Objektbezug, bei dem der Obj ektbezu g durch hinweisenden, gestischen und anzeigenden Sinn bezeichnet wird. Das Symbol benennt mit Hilfe , ei.nes Codes Merkmale eines Objekts. Die Pragnuitik benennt die Beziehung zwis chen dem Zeichen u nd seinem Benutzer, dem 1Interpreten. Das Geschmacksurteil über die Schönheit wird als Rhema gekennzeichnet. 8 Der Hinweis auf die Existenz eines Objekts oder Subjekts nennt man Dicent. Plausibilität und logische Interpretation werden als Argument bezeichnet . Es ist die Drittheit in der Drittheit. 3. Jeder Gegenstand unserer Wahrnehmung kann als Zeichen fungieren, sei es eine Farbe oder eine Münze. Wenn wir sagen: >-Etwas fungiert als Zeichen«, dann deuten wir schon auf einen Pro zess hin, denn nach Peirce gilt: Nicht das Zeichen an sich ist zentral, sondern der Prozess. Demnach befinden wir uns in einem Interpretationsprozess im Zirkel der Syntaktik, Semantik und Pragmatik. Da die Semiotik sämtliche Ze: .chen zum Gegenstand ihrer Untersuchung macht, ist sie für die Bilddeutung eine akzeptierte Methode. Trotzdem weist gerade Hölscher darauf hin, dass sich visuelle Quellen grundsätzlich von sprachlichen Zeug nissen unterscheiden: Zum einen funktionieren visuelle Zeichen oft ohne Ähnlichkeit zum übermittelten Gegenstand, zum anderen fächert Sprache Gegenstände in definite Einheiten auf, die in einem Bild analog wiedergegeben werden können. Schließlich werden Bildwerke nicht ausschließlich als konventionell definierte Verweise, die außerhalb ihrer selbst liegen, verstanden. Sie seien, so Hölscher, vielmehr »Konstrukte, die ihre Bedeutungen in sich selbst, das heißt in ihren eigenen Formen zum Ausdruck bringen.« 15 4. Die semiotische Theorie verfolgt mit ihren drei Kategorien ein Ziel: Die mannigfaltigen Interpretationsmöglichkeiten werden als Stationen auf dem Weg zur Wahrheit gedeutet. Dieser Weg wird nochmals durch die Unterscheidung von unmittelbarem, dynamischem und finalem Interpretant beschrieben: Der unmittelbare / nterpretant ist eine vage mögliche Bewusstseinsbestimmung. Was ein individueller Interpret einem Zeichen entnimmt, nennt Peirce einen dynamischen Interpretanten: Der finale Interpretant ist die letzte Wirkung des Zeichens, insofern diese von der Beschaffenheit des Zeichens her intendiert oder vorbestimmt ist. Keine Interpretation kann dem nach beanspruchen, die eigentliche und wahre Interpretation zu sein. Sie sind jeweils nur eine »Zwischenstation«. Eine Annäherung an das dynamische Objekt und damit an die Wahrheit kann nur einer Interpretationsgemeinschaft gelingen. 5. Wichtig ist: Bilder korr: .munizieren nichts Sichtbares aus der Welt, sondern sie beziehen sich auf etwas, was sie innerhalb ihrer Gliederung der ZNT 16 (8. Jg. 2005) Zeichenmittel sichtbar machen können. Die Welt bleibt in Bildern unsichtbar. Bilder bilden nicht die Folie, auf der wir die Wirklichkeit nachvollziehen können. Annett e Weisse nrieder / Friederike Wendt Phänomenologie de s Bildes die sich einer tief greifenden, in Jahrtausenden entwickelten Symbolik bedienten. Bilder als Konstrukt der Wirklichkeit: Sozialer Konstruktivismus In erster Linie hat sich T. HöLSCHER um die 5. semiotische Methode verdient gemacht. Hölschers semiotische Umsetzung basiert auf einem dreistufigen Kategoriensystem: In einer ersten Stufe wird ein einzelnes Bildwerk nach den konnotierten Bedeutungen befragt, wobei symboli- Semiotische und konstruktivistische Theorien stimmen insofern überein, als sie davon ausgehen, dass bildliche Quellen keine Abbildungen der Wirklichkeit darstellen, sondern dass sie kulturell kodiert sind. Beide Theorien unterscheiden sich jedoch im Schwerpunkt: Während die Semiotik um das »Was? « bemüht ist, fragt der Konstruktivismus verstärkt nach dem »Wie? « des Sehvorgangs. Die Frage, die der Konstruktivismus stellt, ist die, wie der Vorgang des Sehens »erzeugt« wird. Der Sehvorgang wird somit selbst ein Teil der Interpretation. 19 sche Handlungsformen und Verhaltensweisen als Zeichen einer spezifischen Mentalität gedeutet werden. Auf der zweiten Stufe wird das Repertoire der Bildthemen erfasst. Nach unbewussten Strukturen des Wahrnehmens, Denkens, Verhaltens und Handelns, die sich aus Bildern und den Funktionen erschließen lassen, fragt man schließlich auf der dritten Stufe. 16 Auch L. GIULIANI nutzt den semiotischen Zugang, indem er diesen auf Portraitkunst anwendet, besonders das des Pompejus: Portraitkunst wird als Zeichensystem gedeutet und in jenem Kommunikationsprozess, in dem es seine ursprüngliche Funktion erfüllte, rekonstruiert. Die Portraits werden als Propagandakunst analysiert, die Leistung und Erfolg des Dargestellten zu erheischen suchten. 17 G. ELSEN- N6VAK und M. N6VAK, beide bekannt durch ihre Ausgrabungen in Qatna, haben die semiotische Methode für die Auslegung von Joh 15, der johanneischen Weinstockrede, zugrunde gelegt. 18 Die herausgehobene Weinstockmetaphorik in J oh 15,1-8 wird vor dem Hintergrund der altorientalischen »Paradies«-Garten-Symbolik bewertet. Diese gründete auf dem von den assyrischen Kö nigen entwickelten und den achämenidischen, parthischen und hellenistischen Herrschern weiter tradierten Typus des Universalgartens, der als »Mikrokosmos« dem Weltherrschaftsanspruch des Königs Ausdruck verlieh. Besonders deutlich wird dies durch das Bild des Weinstocks, das für den zeitgenössischen Hörer mit der Konnotationskette Weinranke - »Paradies« - Garten - Fruchtbarkeit - Herrschaft/ Zivilisation/ Ordnung verbunden gewesen sein dürfte. Damit ein her ging die in der Levante beheimatete Verbindung des Weins mit der zyklisch wiederkehrenden Auferstehung des Fruchtbarkeitsgottes. Vor dem kulturellen Hintergrund des Alten Orients erhält die Weinstockmetaphorik mehrere, zum Teil voneinander unabhängige Bedeutungsebenen, ZNT 16 (8. Jg. 2005) Visuelle Quellen stellen, so die grundlegende These, keine Abbildung der Wirklichkeit dar, sondern sind im Zusammenhang mit dem typischen Rollenverhalten von Menschen (in der Antike), mit philosophisch-medizinischem Wissen vom menschlichen Körper, mit Mentalitäten, Strukturen und Konflikten in sozialen Gruppen und der Gesamtgesellschaft zu deuten. Von daher sind Artefakte immer an Quellen der allgemeinen Strukturgeschichte, d.h. an weitere visuelle und textliche Quellen zu den allgemeinen Verhältnissen der damaligen Zeit anzupassen. Auf diese Weise können konstruktivistische Theorien der Wirklichkeit eines einzelnen Künstlers oder dessen Werkstatt, des einzelnen Betrachters oder des sozialen Kontextes näher kommen. Die verschiedenen konstruktivistischen Theorien bieten keine einheitliche Antwort auf die Frage nach der Deutung visueller Quellen. Sie teilen lediglich die Grundlage, dass es einen ob jektiven Zugang zur Realität nicht geben kann oder dass er bestenfalls indirekt vermittelt wird . In der neueren archäologischen Methodendiskussion wird besonders der sog. »Soziale Konstruktivismus« rezipiert. Der Soziale Konstruktivismus geht von der Möglichkeit aus, dass wir mittels unserer Interaktionen und Kommunikationen soziale Artefakte und Produkte zu schaffen vermögen, die gegen über den individuellen Konstruktionen als selbstbezügliche Entitäten fungieren. Der Wahrneh- 9 Neu es Testament ak t uell mung der Wirklichkeit lie ge demnach im sozialen Austausch begründet: Die · w-elt, die Menschen erschließen, is t die Welt, die sie ge m ei nsam schaffen. Das »Was« und »Wie« d es aktuellen s; : izialen Austausches ist dann wiederum Teil eines se Eistorganisierenden Dis kurses. Aus den jeweiligen Kommunikations abläufe : : - 1lassen sich jede-eh keine stabilen Eigenschaften der kommunizierenden Partner herausschälen. Seefahrer angesichts des Falles der Hure »zitiert«, zwingt er ihnen eine Rolle auf, die nach den moralischen Maßstäbe: : i der römischen Gesellschaft als lächerlich gelten musste. Insofern schlägt er in Offb 18 diejenigen, die bereitwillig mit Rom kooperieren, mit iiren eigenen »moralischen« Waffen. Der Soziale Konscruk tivismus ist gru: : idsätz- 6. Zum guten Schluss lieh auf die sozia: e D.imension des menschlichen Lebens abgestellt . Die vom Einzelnen becutzten, gedachten und gefühlten Prozesse sind letztlich Ergebnis eines so zialen : K onstruktionsprozesses, der sich über Spr ache un d über die Sprache vermittelten Verständigungsfor men re al isiert. Eine besondere Form der so zialen Verstä: : idigung sind visuelle Artefakte wie Münzen, Re liefs oder Votive. Die se erfüllen zwei Funktior_en: d en Aufbau und die F ortfü hrung sozialer Beziehu ngen und die Konstruktion einer eigenen Identität. Häufig sind sie a: s Fortsetzung von Mythen, Erzählungen oder in sc hriftlich en Belegen gedacht. Eines wird dadurch grundsät zlich verändert: Einer kat egorialen Tr enc ung von Text und Sprache auf der einen Seite und Bild und Kategorie des Kunstwerks auf der anderen Seite wird durch den sozialen Kontext der Boden entz ogen. Für die neutestamentl iche Exegese wurde die konstruktivistis che Bild analys e jüngst von H. RoosE fruchtba r gemacht: . 00 Si e fragt nach dem Zusammenhang des Falls d er »Hure Babylon « in Offb 18 und der ·.-isuellen Darstellung von alternden Prostituierten in der römischen Gesellsc ia ft. Ihr »typisches« Schicksal ist dur ch Verfall gekennzeichnet: Mit zu nehmendem Alter verliert die Prostituierte ihre sexu elle Attraktivität und damit ihr e (angebliche) 1\l [a cht über die Freier. Sie endet als verarmte »Trun : C.: c·ne Alte«. Dieser »typische« Lebensweg wurd e von der römischen Gesellschaft mit Häme quittiert. In O ffb 18 so die von Roos e vertretene Die antike Welt hat Spuren hinterlassen, die bis in unsere Gegenwart hineinreichen: Es sind neben d en Textquellen au, : h visuelle Artefakte, die wir als Puzzleteile verwenden können, um die Vergangenheit zu re-kc,nstruieren. Die fünf hier darge legten methodischen Zugänge zeigen Wege auf, um die Frage zu erläutern Wie-man-auf-das-Bildschaut. Dabei ist eines deutlich geworden: Neben der Frage, inwiefern die Analyse des Bildes methodisch konzise reflektiert werden kann, steht die Frage, wie das Verhältnis zwischen Text und Bild als zwei QueLen gefasst werden kann. Die verschiedenen Theorien nehmen sich dieser Frage mit unterschiedlicher Intensität an: Panofsky wert et ikonographische Einzelheiten ein es visuellen Mediums als Hinweis auf Grundeinstellungen von Menschen und Epochen aus. D iese Grundeinstellungen werden zwar aus der visuellen Quelle erhoben, anschließend allerdings auf ihre Kohärenz mit anderen, meist textuellen Dokumenten hin überprüft. Sie bilden den normativen Rahmen d er Bilddeutung. Das Kunstw erk wird als verweisendes »Symptom« verstanden, als der Textwelt korrespondierende Aussageform, die die Grundhaltung einer Epoche zum Ausdruck bringt. Die Geschichte der Freiburger Schule, für die der Ansatz Panofskys im Hinblick auf die Exegese biblischer (insbesondere alttestam entlicher) Texte zum methodischen Ausgangspunkt wurde, spiegelt die besondere und wach- These greift Johannes c.i eses Stereotyp auf, um es seinem rhetorischen Anliegen dienstbar zu machen: Der Proz ess des Alterns und damit des » Eine Phänomenologie des Bild? s {..] ist demnach eng 'Verbunden m it einer Phänomenologie des Text es.« sende Bedeutung visueller Medien, die ihnen methodisch zugemessen wird: Wurde das visuelle Medium zunächst als gleichwertiger Partner von Texten entdeckt, so sind es biologis chen u: : id sozia len Verfalls wird als gerechte Strafe gedeutet . Indem der Seher die Klagen der Köni g e, Kaufleute und 10 gegenwärtig primär visuelle A rtefakte, die unmittelbar Fenster zu vergangenen Wirklichkeiten öffnen. Der sozialgeschicht- ZNT 16 (8. Jg. 2005) liehe Ansatz, wie ihn Zanker und Bandinelli vertreten, stimmt der von Panofsky erhobenen Vorordnung des Textes vor dem visuellem Artefakt grundsätzlich zu, ist aber in seiner Deutung durchaus eigens zu würdigen: Er lässt sich grob einteilen in eine Richtung, die sich bildinternen Elementen widmet und Versatzstücke eines Bildes mit Rücksicht auf gesellschaftliche Bezüge erarbeitet, und eine, die ihr Augenmerk eher auf bildexterne gesellschaftliche Bestandteile des Kommunikationssystems richtet. So versuchen die einen das am Kunstwerk zu identifizieren, was auf konkrete gesellschaftliche, politische oder sozialgeschichtliche Textfakten außerhalb des Kunstwerks Bezug nimmt und arbeiten eher bildorientiert, während die anderen sich mit dem soziologischen Rahmen des Kommunikationssystems befassen und stärker textorientiert sind. Die Vorordnung des Textes vor den Bildquellen wird ansatzweise anhand der semiotischen Methode, gänzlich jedoch durch den konstruktivistischen Ansatz aufgehoben, der Texte und visuelle Artefakte als gleichberechtigte Formen sozialer Verständigung deutet. Dadurch wird einer kategorialen Trennung von Text und Sprache auf der einen Seite und Bild und der Kategorie des Kunstwerks auf der anderen Seite der Boden entzogen. Eine Phänomenologie des Bildes, wie sie L. WIESING beschreibt, ist demnach eng verbunden mit einer Phänomenologie des Textes. Nicht allein, »wie« wir »was« sehen, ist durch die textuellen Kontexte des Gesehenen kontaminiert, sondern vielmehr erhält auch das, was wir wie scheinbar selbstverständlich lesen, durch das einen anderen Sinn, was wir sehen. Anmerkungen 1 L. Wiesing, Phänomene im Bild (Bild und Text), München 2000, 61. Ausführlich diskutiert haben wir die folgenden Ansätze in: A. Weissenrieder / F. Wendt, Images as Communication. Introduction into the Methods of Iconography, in: dies./ P.v. Gemünden (Hgg.), Picturing the New Testament. Studies in Ancient Visual Images (WUNT II,193), Tübingen 2005, 3-49. Für die Beratung in ikonographischen Fragestellungen sind wir Frau Prof. Dr. Barbara Borg (University of Exeter) zu Dank verpflichtet. 2 Vgl. den weiterführenden Beitrag von H.-J. Klauck, Die J ohannesoffenbarung und die kleinasiatische Archäologie, den er uns freundlicherweise vor der Drucklegung überlassen hat (Vortrag auf der Jahrestagung der katho- ZNT 16 (8.Jg. 2005) Ann e tt e Weissenri eder / Friederike Wendt Phänomenologie des Bildes lischen deutschsprachigen Neutestamentler in Fribourg / Schweiz 2005). Zusammenfassend stellt er fest: »Die Vergangenheit hat Zeichen und Spuren hinterlassen, die in unsere Vergangenheit hineinragen. Wir benutzen sie, um Geschichte zu rekonstruieren[ ...]. Aber es besteht rein wissenschaftstheoretisch gesehen kein Grund, ein Zeichensystem gegenüber einem anderen zu privilegieren, etwa den Text gegenüber dem Bild, das Pergamentblatt gegenüber dem Stein, [... ].Wir stecken noch mitten in der Debatte um das Konzept der Intertextualität, das in aller Munde ist, ohne dass die Konturen einer angemessenen Methode scharf umrissen wären. Streng genommen müssten wir das alles noch einmal auf eine höhere Ebene verlagern, die man vielleicht als lnsignifikation bezeichnen könnte.« (S. 14) 3 Art. Panofsky, Erwin, Lexikon der Kunst 5 ('2004), 406- 407. Vgl. L. Hajen/ T. Janssen, Die doppelte Heimkehr. Ernst Cassirer und Aby Warburgs Bibliothek, Dialektik (1995), 31-36. 4 E. Panofsky, Ikonographie und Ikonologie, in: E. Kaemmerling (Hg.), Ikonographie und Ikonologie. Theorien - Entwicklung - Probleme. Bildende Kunst als Zeichensystem, Bd. 1, Köln ' 1994, 207-225. 5 E. Panofsky, Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung von Werken der bildenden Kunst, in: Kaemmerling, Ikonographie 185-206, 200. Dort auch das folgende Zitat. 6 R. v. Bendemann, »Lebensgeist kam in sie ... « - Der Ezechielzyklus von Dura Europos und die Rezeption von Ez 37 in der Apk des Johannes. Ein Beitrag zum Verhältnisproblem von Ikonizität und Narrativität, in: Picturing the New Testament, 253-286. 7 Vgl. 0. Keel, Das Recht der Bilder, gesehen zu werden. Drei Fallstudien zur Methode der Interpretation altorientalischer Bilder (OBO 122), Freiburg 1992, 267-273; vgl. zum Programm: Ch. Uehlinger, Die »Freiburger Schule«: Ikonographische Forschung am Biblischen Institut der Universität Freiburg, Internetpublikation der Universität Freiburg, Departement für Biblische Studien; Ikonographie, Biblische (S. Schroer) (NBL 2), Düsseldorf/ Zürich 1995, 219-226. Freilich gab es auch vorher schon Ansätze, Bilder und biblische Texte miteinander ins Gespräch zu bringen, vgl. Weissenrieder / Wendt, Images, Anm. 27. Zur Panofskyrezeption in der »Freiburger Schule« vgl. Weissenrieder / Wendt, Images, I.2. 8 Ch. Uehlinger, Bildquellen und »Geschichte Israels«. Grundsätzliche Überlegungen und Fallbeispiele, in: Ch. Hardmeier (Hg.), Steine - Bilder - Texte. Historische Evidenz außerbiblischer und biblischer Quellen (ABG 5), Leipzig 2001, 25-77. 9 G. Theißen, Das »schwankende Rohr« (Mt 11,7) und die Gründungsmünzen von Tiberias, in: ders., Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synoptischen Tradition, Freiburg (Schweiz)/ Göttingen 2 1992, 26-44 ( = überarb. Fassung von: ZDPV 101 [1985] 43-55). Für das Folgende vgl. Theißen, Das »schwankende Rohr«, 32-34.40. 10 Vgl. R. Bianchi Bandinelli, L'arte romana nel centro del potere, Rom 1969 = Rom - Das Zentrum der Macht. Die römische Kunst von den Anfängen bis zur Zeit Marc Aurels, München 1970; F. Coarelli, Classe dirigente romana e arti figurative, Dialoghi di Archaeologia 4-5 (1970/ 71 ), 24 lff.; P. Zanker, Augustus und die Macht 11 Neues Testame nt aktuell der Bild er, : \1ünchen ' 1997; P. Zanker, Hellenismus im Mittelitalien. Kolloquium Göttingen (1 974), Göttingen 1976. 11 Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, 329. 12 H.O . Maier, Barbarians, Scythians and Imperi a_ Iccnography in the Epistle to the Colossians, in: Picturing the New Tes t aoent , 385 -406. 13 T. Hö lsch er, Bilderwelt, F ormensys te m, Lebensku~tur, Studi Ita li ani di Filologia Classica 10 (19 92 ), 460-483 : 472 . Vgl. zum Folgenden auch : C h.S . Peirce, Semiotische Schrif: e n, 3 Bände, Frankfurt a.M . 1986-1 99~; L. Schneide: : - / B . Feh r/ K.-H. N. : e yer, Zeic hen- KommJni kation - Interaktion. Z ur Bedeutung von Zeichen-, Kommunikations- und Interaktionstheo rie für die Klassische A: : -ch äologie, Hephaistos 1 (1979), 7-41 ; K.-H. Meyer, Semiotik, Ko mmunikationswissensch aft und Kun.stgeschichte, H ephaisto: ; 1 (1979), 42-60; A. Schelske, Die kulturelle Bedeutung von Bildern. Soziologi,che und semi ot : sche Überlegungrn zur vtsuellen Ko mmunikation, Wiesbad en 1997, und Weissenrieder ,'Wendt, Images III. Vgl. zu 1. den n ützlichen Überblick bei G . Sonesson, : : )ie Semiotik des Bildes: Zum Forschu: : igsstand am Anfang der 90er Jahre, Semiotik 15 (1 <; 93), 127-160. 14 F. Saint-Martin, Introduction to a Semiology of Visual Language, Toronto 1985 und ders ., Semiologie du langage visuel, Quebec 1987. 15 Hö lscher, Bildwerke: Darstellungen, Funktionen, Botschaften, 164. 16 H ölscher, Bilderwelt. Allerdings lässt sich fragen, ob Hö lschers Umsetzung nicht vielmehr als Anschluss an Panofsky zu deuten ist. 17 L. Guiliani, Bildnis und Botschaft. Hermeneutische Untersuchungen zur Bildniskunst der römischen Republik, Frankfurt a.M. 1986. 18 G. Elsen-Novak/ M. Novak, »Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Weingärtner«. Zur Semio tik des Weinstocks in Joh 15,1-8 aus Sicht der Altorientalistik, in: Picturing the New Testament, 183-206. 19 Vgl. dazu gru ndlegend: R. van de: : r Hoff/ St. Schmidt, Konstruktionen von Wirklichkeit: Bilder im Griechenland des 5. und 4. Jahrhunderts v.Chr ., Stuttgart 2001; Weissenrieder/ Wendt, Images IV. 20 H . Roo se, The Fall of the »Great Harlot« and the Fate of the Aging Prostitute. An Iconographic Approach to Revelation 18, in: Picturing the New Testament, 228- 252 . Jak~obus-Studien 12 Hedwig Röckelein (Hrsg.) Der l(ult des Apostels Jakobus d.Ä. in norddeutschen Hansestädten Jakobus-Studien 15, 2005, IV, 250 Seiten, div. Abb.,€ 42,-/ SFr 72,50 ISBN 3-8.233-6039-6 Band 15 der Ja kobus -S tudien dokumentiert erstmals den Kult um den Apostel Jakobus d.Ä. und die Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela aus norddeutscher Sicht. In den Blick genommen werden v.a. das Bürgertum und die Mittelwie Unterschichten der Hansestädte, die das größte Kontingent der Santiagopilger seit dem 14. Jahrhundert stellten. Ihre spezifischen Reisewege zu Wasser und zu Land entlang der Routen des Fernhandels kommen dabei ebenso zur Sprache wie die für die norddeutschen Städte typische Überlieferung de r t esta: nentarischen Verfügungen. Neben den wirtschaftlich und politisch h erausragenden Hansestädten Hamburg, Lübeck. Rostock und Stralsund richtet sich der Fokus "'"uc.: i auf die kleineren, binnenländischen Hanse=i Duderstadt u nd Göttingen. Mit der Erforschung des Familiennamens »Jakob« und der digita en Karti ernn g des Kultes werden neue Methoden erprobt. Narr Francke Attempto Verlag Disd1ingenveg 5 · D-75070 Tübingen ZNT 16 (8. Jg. 2005)